Juni 2013 - Christophorus-Haus
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Müssen am Meer – ein schwieriges Geschäft<br />
Im Urlaub an der Nordsee gehen mein Mann und ich in einem<br />
kleinen Landgasthof essen. Zum regionaltypischen Labskaus<br />
trinke ich genussvoll zwei große Flensburger Pils. Anschließend<br />
geht es mit dem Hund zum Spaziergang an den Strand. Drei<br />
Kilometer schaffen wir in der Regel als abendliches Walking.<br />
Dabei werden Schuhe und Strümpfe ausgezogen und barfuß<br />
durch das Watt gelaufen. Das kalte Wasser umspült die Füße<br />
und – schwupps reagiert meine Blase und meldet Alarm. Zwei<br />
große Bier wollen entsorgt werden und zwar bald.<br />
Was nun? Was tun? Nix ist mehr mit Entspannung. Ich spüre<br />
leichte Panik aufsteigen und mein gehetzter Blick schweift über<br />
Strand und Meer. Wo ist die nächste Toilette? Suchend schaue<br />
ich mich nach Alternativen um: kilometerweit flacher Sandstrand.<br />
Keine Düne, kein Strauch und erst recht kein Baum in<br />
Sicht. Mein Mann meint, es würde doch eh keiner merken,<br />
wenn ich mich mal kurz hinhocke. Ein kurzer Blick überzeugt<br />
mich von der Undurchführbarkeit seines Vorschlags. Es sind<br />
zwar nicht mehr viele Menschen unterwegs, aber genug um<br />
mich vom Hinhocken abzuhalten. Ich kann unmöglich und unbemerkt<br />
im platten Watt eine elegante Notdurft hinlegen.<br />
Mein Mann weist auf ein Toilettenschild. Das Schild wiederum<br />
weist auf einen der hier üblichen hölzernen Pfahlbauten. Ich<br />
klettere also über zwei Treppen in luftige vier Meter Höhe. Alle<br />
können mich sehen wie ich einsam und allein die Stufen der<br />
Bedürfnisanstalt erklimme. Einen Moment bilde ich mir ein,<br />
dass jeder, der hier mit Kind, Hund und Partner unterwegs ist,<br />
sich für meinen Toilettengang interessiert. Das ist natürlich<br />
Blödsinn und nach einer Weile realisiere ich das auch.<br />
Oben angekommen erweist sich die Anlage als ein schlichter,<br />
sandiger Abtritt mit circa 10 Verschlägen auf zwei Seiten. Immerhin,<br />
die simplen Toiletten funktionieren, auch wenn die<br />
Sauberkeit zu wünschen lässt. Ich verschwinde in einem der<br />
Kabinette und erleichtert mache ich mich nach getaner Verrichtung<br />
wieder auf den Rückweg. Keiner guckt blöd, als ich wieder<br />
unten am Strand ankomme. Jetzt steht einer lockeren Fortsetzung<br />
des Spaziergangs am Meer nichts mehr im Weg. Ich re-<br />
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