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Über assimilatorische Induktion in der dorsalen Urmundlippe ... - DWC

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1109<br />

erlangen (wie es auch bezüglich se<strong>in</strong>er Differenzierungs- und Organisationspotenzen<br />

dem umgebenden Material gleichgeschaltet wird, SPEMANN<br />

und GEINITZ l.c.) und die Glykogenolyse könnte für die dabei auftretende<br />

Formän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> ZeIlen e<strong>in</strong>e notwendige Vorbed<strong>in</strong>gung se<strong>in</strong> (Bildung<br />

osmotisch wirksamer Substanzen?) . Daher sagt dieses Experiment nichts<br />

über die vorliegenden ursächlichen Zusammenhänge aus. Wir müssen uns<br />

demnach vorläufig damit begnügen, festzusteIlen, dass <strong>der</strong> Glykogenschwund<br />

e<strong>in</strong>e konstante Begleitersche<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>rollung um den Urmundrand<br />

ist.<br />

Anat.-Embryol. lnst. d. Universität<br />

Amsterdam.<br />

Embryology. - abel' <strong>assimilatorische</strong> lnduktion <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>dorsalen</strong> <strong>Urmundlippe</strong><br />

<strong>der</strong> Amphibiengastrula. Von CHR. P. RAVEN. (Communicated<br />

by Prof. M. W. WOERDEMAN.)<br />

(Communicated at the meet<strong>in</strong>g of November 30, 1935) .<br />

In <strong>der</strong> vorstehenden Mitteilung 1) wurde gezeigt, dass präsumptive<br />

Ekto<strong>der</strong>mzeIlen, welche nach Transplantation <strong>in</strong> die dorsale <strong>Urmundlippe</strong><br />

e<strong>in</strong>er frühen GastruIa um den Urmundrand des Wirtes <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere<br />

e<strong>in</strong>gerollt werden, dab ei e<strong>in</strong>en Teil des <strong>in</strong> ihnen enthaltenen Glykogens<br />

verlieren. Bei <strong>der</strong> Besprechung dieses Befundes mit Rücksicht auf die<br />

Beziehung zwischen E<strong>in</strong>rollung und Glykogenverlust wurde die Frage<br />

aufgeworfen, ob die E<strong>in</strong>rollung des transplantierten Materiales um den<br />

Urmundrand des Wirtes e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> passive ist o<strong>der</strong> ob <strong>in</strong> demselben unter<br />

dem E<strong>in</strong>flusz <strong>der</strong> Umgebung die Fähigkeit zur aktiven E<strong>in</strong>rollunggeweckt<br />

wird. Die bisherigen Versuche geben auf diese Frage kei ne Antwort.<br />

Zur Lösung <strong>der</strong>selben wurden neue Versuche angesteIlt, wobei das <strong>in</strong><br />

die dorsale <strong>Urmundlippe</strong> transplantierte Ekto<strong>der</strong>mmateriaI. bevor es um<br />

den Urmundrand des Wirtes <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere e<strong>in</strong>gerollt war, wie<strong>der</strong> ausgeschnitten<br />

und e<strong>in</strong>em dritten Keime <strong>in</strong> die präsumptive Ventralseite<br />

e<strong>in</strong>gesetzt wurde. Sollte das Material während se<strong>in</strong>es Aufenthaltes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>dorsalen</strong> <strong>Urmundlippe</strong> das Vermögen zur aktiven E<strong>in</strong>rollung erlangt<br />

haben, so musste sich dies es aus se<strong>in</strong>em Verhalten <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen Umgebung<br />

ableiten lassen.<br />

Zugleich lieferten diese Versuche e<strong>in</strong>en Beitrag zur Lösung e<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en Frage. Von MANGOLD 2) wurde nachgewiesen, dass <strong>in</strong> die dorsale<br />

<strong>Urmundlippe</strong> transplantiertes Ekto<strong>der</strong>mmateriaI. wenn es um den Urmundrand<br />

e<strong>in</strong>gerollt wird, zu Chorda, Ursegmenten und Niere werden kann.<br />

1) CHR. P. RAVEN, Proc. Kon. Akad. Wetenseh. Amsterdam, 38, 1107, 1935.<br />

2) O. MANGOLD, Arch. mikro Anat. U. Entw. mech. 100, 198, 1924.<br />

Proceed<strong>in</strong>gs Royal Acad. Amsterdam, Vol. XXXVIII, 1935.


1110<br />

Esist ,al50 ,' <strong>Induktion</strong>swh'kun'gen von seiten <strong>der</strong> Umgebung ausgesetzt,<br />

welche e<strong>in</strong>e ' ortsgemäsze Differenzierung erzw<strong>in</strong>gen. SPEMANN und<br />

GEINITZ I) zeigten dann, dass das Material unter diesen Umständen auch<br />

<strong>Induktion</strong>svermögen erlangt hatte und nach E<strong>in</strong>stecken <strong>in</strong> die Furchungs~<br />

höhle e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Keirnes im Ekto<strong>der</strong>m <strong>der</strong>selben e<strong>in</strong>e Neuralplatte<br />

<strong>in</strong>duzieren konnte. Dieses lnduktionsvermögen ist also <strong>in</strong> dem ursprünglich<br />

ekto<strong>der</strong>malenMaterial während se<strong>in</strong>es Aufenthaltes <strong>in</strong> dem Organisator~<br />

bereich des "Zwischenwirtes" geweckt worden.<br />

Es fragte sich nun, ob für die Determ<strong>in</strong>ation sowie für die Weckung<br />

<strong>der</strong> <strong>Induktion</strong>sfähigkeit die E<strong>in</strong>rollung urn den Urmundrand des Wirtes<br />

e<strong>in</strong>e unerläszliche Bed<strong>in</strong>gung ist, o<strong>der</strong> ob dazu e<strong>in</strong> relativ kurzdauern<strong>der</strong><br />

Aufenthalt <strong>in</strong> dem äusseren Blatt <strong>der</strong> <strong>Urmundlippe</strong> genügt. SPEMANN und<br />

GEINITZ versuchten an diese Frage h<strong>in</strong>anzutreten, <strong>in</strong>dem sie das <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>rollung begriffene Ekto<strong>der</strong>mtransplantat, <strong>in</strong>nen~ und aussenliegenden<br />

Teil zusammen, <strong>in</strong> die Furchungshöhle e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Keirnes e<strong>in</strong>steckten.<br />

Dieser Versuch lieferte aber ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigen Ergebnisse: Aus dem<br />

äusseren Blatt des Transplantates bildete sich oftmals e<strong>in</strong>e Neuralanlage;<br />

e<strong>in</strong>e sekundäre Neuralplatte wurde bisweilen <strong>in</strong>duziert; ob diese Induk~<br />

tionswirkung von dem <strong>in</strong>neren o<strong>der</strong> äusseren Blatt des Transplantates<br />

ausg<strong>in</strong>g ist jedoch ungewisz.<br />

Bei me<strong>in</strong>en Versuchen wurde dagegen nur <strong>der</strong> noch aussenliegende Teil<br />

des Transplantates auf se<strong>in</strong>em Gestaltungs~, Differenzierungs~ und<br />

<strong>Induktion</strong>svermögen geprüft. Das Experiment ~erlief folgen<strong>der</strong>maszen:<br />

E<strong>in</strong>er ganz frühen GastruIa von Axolotl o<strong>der</strong> Triton wurde e<strong>in</strong> relativ<br />

groszes Stück aus <strong>der</strong> präsumptiven Epi<strong>der</strong>mis e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en frühen<br />

GastruIa median <strong>in</strong> den Bereich <strong>der</strong> oberen <strong>Urmundlippe</strong> e<strong>in</strong>g'esetzt. Es<br />

wurde dabei entwe<strong>der</strong> xenoplastisch transplantiert (Axolotl -7 Triton)<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Spen<strong>der</strong>keim war vorher <strong>in</strong> toto mit Nilblausulfat gefärbt worden.<br />

Nach 19-24 Stunden, wenn das Transplantat <strong>in</strong> den meisten Fällen erst<br />

eben teilweise e<strong>in</strong>gerollt war, wurde se<strong>in</strong> aussenliegen<strong>der</strong> Teil wie<strong>der</strong><br />

ausgeschnitten. Der Urmundrand, soweit er vom Transplantat gebildet<br />

war, wurde mit entnommen, <strong>der</strong> bereits e<strong>in</strong>gerollte Teil des Transplantates<br />

aber nicht; auch wurde pe<strong>in</strong>lichst darauf geachtet, dass dem entnommenen<br />

Material ke<strong>in</strong>e Wirtszellen anh<strong>in</strong>gen. Dasselbe wurde nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en dritten<br />

Keim entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> die präsumptive Epi<strong>der</strong>mis o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die ventrale Randzone<br />

implantiert ; es wurde dab ei 50 orientiert, dass die Urmundseite des<br />

Implantates wie<strong>der</strong> urmundwärts gerichtet war.<br />

Die Anzahl <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Frühjahre ausgeführten Versuche ist vorläufig<br />

ziemlich kle<strong>in</strong> (22 gelungene Fälle); weil aber die bisherigen Ergebnisse<br />

ganz e<strong>in</strong>deutig s<strong>in</strong>d und <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht bemerkenswert, ersche<strong>in</strong>t<br />

es mir angebracht schon jetzt kurz darüber zu berichten.<br />

Die Gestaltungspotenz <strong>der</strong> Transplantate. Die Transplalltate wurden <strong>in</strong><br />

1) H. SPEMANN und B. GEINITZ, Roux' Archiv 109, 129, 1927.


1111<br />

15 Fällen <strong>in</strong> die ventrale Randzone des Wirtskeimes e<strong>in</strong>gesetzt. Bei 2<br />

dieser Keimen blieb das Transplantat völlig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aussenseite des Wirtes<br />

liegen; <strong>in</strong> 10 Fällen wurde es aber teilweise urn den ventralen Urmundrand<br />

des Wirtes <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere e<strong>in</strong>gerollt. Gastrulationsschwierigkeiten machten<br />

sich bei vielen dieser Keimen dadurch bemerkbar, dass <strong>der</strong> Dotterpfropf<br />

nicht ganz umwachsen wurde, so dasz später im Schwanzknospenstadium<br />

noch e<strong>in</strong> Teil des Dotterfeldes oEfen zu Tage lag. In 3 Fällen<br />

schlieszlich verschwand das Transplantat im Laufe e<strong>in</strong>iger Tage vollständig<br />

von <strong>der</strong> Oberfläche, <strong>in</strong>dem es urn den ventralen Urmundrand des<br />

Wirtes e<strong>in</strong>gerollt wurde.<br />

Von den 7 Transplantaten, welche <strong>in</strong> die präsumptive Epi<strong>der</strong>mis des<br />

Wirtes implantiert WUl'den, blieben 6 ganz an <strong>der</strong> Keimesoberfläche liegen;<br />

jedoch liesz sieh die Beobachtung, dass sie sich meistens nicht glatt <strong>in</strong> den<br />

Verband des Wirtsekto<strong>der</strong>ms e<strong>in</strong>fügten, son<strong>der</strong>n Buckel und tiefe Gruben<br />

aufwiesen, vielleicht als e<strong>in</strong>e Tendenz zur E<strong>in</strong>rollung deutell, welche sich<br />

aber nicht durchzusetzen vermochte. In e<strong>in</strong>em Falie ist aber im 3ereich<br />

des Implantates e<strong>in</strong> deutlicher sekundärer Urmund entstanden, urn dessen<br />

Rand sich e<strong>in</strong>, allerd<strong>in</strong>gs kle<strong>in</strong>er, Teil des Implantates <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere<br />

e<strong>in</strong>gerollt ha t (Abb. 1).<br />

Zum guten Verständnis dieser Befunde müssen wir sie vergleichen mit<br />

Abb. 1:<br />

Das <strong>in</strong> die präsumptive Epi<strong>der</strong>mis e<strong>in</strong>gesetzte Transplantat hat<br />

e<strong>in</strong>en sekundären Urmund gebildet.<br />

dem Verhalten <strong>der</strong> <strong>dorsalen</strong> <strong>Urmundlippe</strong> e<strong>in</strong>erseits, <strong>der</strong> präsumptiven<br />

Epi<strong>der</strong>mis an<strong>der</strong>erseits nach entsprechen<strong>der</strong> Transplantation. Transplantate<br />

aus <strong>der</strong> <strong>dorsalen</strong> <strong>Urmundlippe</strong> verschw<strong>in</strong>den <strong>in</strong> <strong>der</strong> präsumptiven Epi<strong>der</strong>mis<br />

fast immer unter Bildung e<strong>in</strong>es sekundären Urmundes vollständig <strong>in</strong> die<br />

Tiefe 1); nach Transplantation <strong>in</strong> die ventrale Randzone rollen sie sich,<br />

wie ich aus eigener Erfahrung weiss, meistens urn den ventralen Urmundrand<br />

<strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere 2). Transplantate aus <strong>der</strong> präsumptiven Epi<strong>der</strong>mis<br />

fügen sich <strong>in</strong> die präsumptive Epi<strong>der</strong>mis des Wirtes immer glatt e<strong>in</strong> und<br />

zei gen niemals E<strong>in</strong>rollungstendenz; über ihr Verhalten <strong>in</strong> <strong>der</strong> ventralen<br />

Randzone s<strong>in</strong>d mir ke<strong>in</strong>e Versuche bekannt; doch lässt sich erwarten,<br />

1) O. MANGOLD, Arch. mikro Anat. U. Entw. mech. UlO, 198, 1924.<br />

2) F. E. LEHMANN, Roux' Archiv 125, 566, 1932; CHR. P. RAVEN, Proc. Kon. Akad.<br />

Wetenseh. Amsterdam 36, 566, 1933.


1112<br />

dass sie hier <strong>der</strong> E<strong>in</strong>rollung urn den Urmundrand beträchtliche Schwierigkeiten<br />

entgegensetzen würden.<br />

Aus alledem lässt sich schlieszen. dass me<strong>in</strong>e Transplantate nach etwa<br />

24-stündigem Verweilen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>dorsalen</strong> <strong>Urmundlippe</strong> e<strong>in</strong>e schwache<br />

E<strong>in</strong>rollungstendenz erhalten haben. welche allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong>jenigen des<br />

<strong>Urmundlippe</strong>nmaterials selbst erheblich nachsteht.<br />

Die Differenzierungspotenz <strong>der</strong> Transplantate. In 4 FäIlen. <strong>in</strong> denen<br />

die Transplantate sich ganz o<strong>der</strong> fast ganz urn den ventralen Urmundrand<br />

des Wirtes <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere e<strong>in</strong>gerollt haben. lieferten sie <strong>in</strong> übere<strong>in</strong>stimmen<strong>der</strong><br />

Weise Chorda. llrsegmente und Niere. Letztgenannte Differenzierung<br />

fand sich allerd<strong>in</strong>gs nur im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Wirtsniere;<br />

Chorda und Urwirbel bilde ten sich aber auch ganz unabhängig von <strong>der</strong><br />

primären Embryonalanlage <strong>in</strong> <strong>der</strong> ventralen Wirtsregion. Das gleiche<br />

zeigten 10 FäIle. <strong>in</strong> denen die Transplantate sich teilweise urn den primären<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en sekundären Urmundrand e<strong>in</strong>gerollt hatten; auch hier differenzierten<br />

sich die e<strong>in</strong>gerollten Teile zu Chorda und Meso<strong>der</strong>m (Abb. 3).<br />

Sieben Transplantate. welche ganz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Keimesoberfläche liegen geblieben<br />

waren. hatten sich zu Epi<strong>der</strong>mis differenziert; dieselbe war oftmals<br />

etwas atypisch o<strong>der</strong> verdickt. zeigte aber niemals Andeutungen e<strong>in</strong>er<br />

neuralen Struktur. In e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Falie aber hat sich bei e<strong>in</strong>em Transplantat<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> präsumptiven Epi<strong>der</strong>mis e<strong>in</strong> Teil des Implantatmateriales von<br />

<strong>der</strong> oberflächlichen Schicht abgespalten. ist also auf direktem Wege <strong>in</strong> die<br />

Tiefe gelangt und hat sich hier zu Chorda und Meso<strong>der</strong>m differenziert<br />

(Abb. 2).<br />

N<br />

Ch.<br />

Abb. 2: Aus <strong>der</strong> oberflächlichen Schicht des Transplantates hat sich e<strong>in</strong>e<br />

Chorda (Ch) ahgespalten. Oaneben e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>duzierte Neuralanlage (N).<br />

Aus diesen Befunden können wir schlieszen. dass die ZeIlen <strong>der</strong><br />

Transplantate die Differenzierungstendenz zu Chorda und Meso<strong>der</strong>m<br />

besitzen. Diese Tendenz kann sich aber nur auswirken. wenn das Material<br />

entwe<strong>der</strong> durch E<strong>in</strong>rollung urn e<strong>in</strong>en Urmundrand o<strong>der</strong> durch direkte<br />

Abspaltung aus den tiefen Schichten des Transplantates <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere<br />

versetzt wird; bleibt es dagegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Keimesoberfläche liegen. so wird<br />

diese Chordameso<strong>der</strong>mtendenz unterdrückt und es differenziert sich das


1113<br />

Material zu Epi<strong>der</strong>mis. Wir haben hier also e<strong>in</strong> schönes Beispiel des von<br />

mir 1) an<strong>der</strong>norts postulierten Sachverhaltes. wobei sich im gleichen<br />

Keimmaterial mehrere Differenzierungstendenzen bef<strong>in</strong>den und es durch<br />

unspezifische Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen bestimmt wird. welche dieser<br />

Tendenzen das <strong>Über</strong>gewicht bekommt.<br />

Die <strong>Induktion</strong>sfähigkeit <strong>der</strong> Transplantate. In den 4 Fällen. <strong>in</strong> denen<br />

die Transplantate sich ganz o<strong>der</strong> fast ganz <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere e<strong>in</strong>gerollt<br />

haben. zeigen sich ke<strong>in</strong>erlei Anzeichen e<strong>in</strong>er vom Transplantatmaterial<br />

auf das Wirtsekto<strong>der</strong>m ausgeübten <strong>Induktion</strong>swirkung. Dies ist um so<br />

bemerkenswerter. als die zu Chorda und Meso<strong>der</strong>m differenzierten Trans~<br />

plantate ausnahmslos unmittelbar unter dem Wirtsekto<strong>der</strong>m liegen.<br />

Trotzdem hat dieses e<strong>in</strong>en vollkommen normalen Epi<strong>der</strong>mischarakter. zeigt<br />

sogar ke<strong>in</strong>e nennenswerte Verdickung an <strong>der</strong> Stelle. wo es vom Implantat~<br />

chorda meso<strong>der</strong>m unterlagert wird. Dagegen zeigt <strong>der</strong> Befund. dass im<br />

Aufbau <strong>der</strong> vom Implantat gebildeten Urwirbel bisweilen benachbartes<br />

Seitenplattenmeso<strong>der</strong>m des Wirtes e<strong>in</strong>bezogen wird. dass das Transplantat<br />

auf das Wirtsmeso<strong>der</strong>m wohl <strong>in</strong>duzierende E<strong>in</strong>flüsse ausgeübt hat.<br />

In allen 11 Fällen. <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> Teil des Implantates entwe<strong>der</strong> durch<br />

E<strong>in</strong>rollung o<strong>der</strong> durch Abspaltung <strong>in</strong> die Tiefe gelangt ist und sich zu<br />

Chorda und Meso<strong>der</strong>m differenziert hat. lieferte <strong>der</strong> aussengebliebene<br />

Teil des Implantates e<strong>in</strong>e deutliche Neuralanlage. Fast immer bildete sich<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Neuralplatte. welche von deutlichen Wülsten umgeben war<br />

und sich <strong>in</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger normaler Weise zum Rohr umbildete.<br />

Auf den Schnitten fanden sich schöne Neuralrohre. welche <strong>in</strong> Anwesenheit<br />

von Chorda und Urwirbel e<strong>in</strong>en fast normalen Querschnitt aufweisen<br />

konnten. Meistens hatten sie die Form e<strong>in</strong>es Rückenmarkes, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Fällen wurden aber Neuralanlagen von Hirncharakter <strong>in</strong>duziert (Abb. 3).<br />

In 2 Fällen fanden sich Ganglienleisten <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em Neural~<br />

rohr (Abb. 3). e<strong>in</strong>mal sogar e<strong>in</strong>e H örblase neben e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>duzierten Gehirn.<br />

Das bemerkenswerte an diesem <strong>Induktion</strong>seffekt ist nun aber. dass fast<br />

immer sich <strong>der</strong> aussengebliebene Teil des Implantates im ganzen zu e<strong>in</strong>er<br />

Neuralplatte umbildete. dass aber im Aufbau <strong>der</strong>selben niemals Wirtszellen<br />

e<strong>in</strong>bezogen wurden. In allen Fällen. <strong>in</strong> denen die Bildung e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />

Neuralplatte beobachtet wurde. fiel die äussere Umgrenzung <strong>der</strong>selben<br />

ganz scha rf mit <strong>der</strong> Grenze des an se<strong>in</strong>er Farbe erkennbaren Transplantat~<br />

materiales zusammen; <strong>der</strong> die Neuralplatte umgebende Wulst war von<br />

ungefärbtem Wirtsekto<strong>der</strong>m überdeckt. welches sich bis an die Pigment~<br />

grube an <strong>der</strong> Innenseite des Wulstes erstreckte. Auch <strong>in</strong> den Schnitt~<br />

präparaten zeigt es sich noch <strong>in</strong> vielen Fällen deutlich. dass die<br />

Neuralanlagen ausschlieszlich aus Implantatzellen bestehen. Die Unter~<br />

lagerung dies er Neuralanlagen durch e<strong>in</strong>gerolltes und zu Chorda und<br />

Meso<strong>der</strong>m differenziertes Implantatmaterial ist aber <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Fällen<br />

1) CHR. P. RAVEN. Roux' Archiv 132. 509. 1935.


1114<br />

e<strong>in</strong>e sehr verschiedene; <strong>in</strong> vielen FälIen war nul' e<strong>in</strong> sehr kle<strong>in</strong>er Teil<br />

<strong>der</strong>selben von Chorda o<strong>der</strong> Urwirbelmaterial unterlagert. Daraus geht<br />

Abb. 3: Das Implantat hat e<strong>in</strong>e Chorda (Ch.). UrwirbeI (U, eben angeschnitten),<br />

Neuralgewebe (N) und Ganglienleiste (G) gebildet.<br />

hervor, dass die Ausdehnung <strong>der</strong> Neuralplatte <strong>in</strong> diesem FalIe weniger<br />

durch den lnduktor (Implantatchordameso<strong>der</strong>m) als durch das Reaktionssystem<br />

(aussengebliebener Teil des Transplantates) bestimmt wird.<br />

Aus diesen Befunden ergeben sich nun e<strong>in</strong>ige weiteren E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong><br />

die Eigenschaften <strong>der</strong> Transplantate :<br />

1. Wenn die Transplantate ganz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Keimesoberfläche liegen<br />

bleiben, werden sie zu Epi<strong>der</strong>mis; wenn aber e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong>selben durch<br />

E<strong>in</strong>rollung o<strong>der</strong> Abspaltung <strong>in</strong>s Keim<strong>in</strong>nere gerät, differenziert sich <strong>der</strong><br />

aussenliegende Teil zu Neuralge\ /ebe. Der zu Chorda und Meso<strong>der</strong>m<br />

differenzierte <strong>in</strong>nere Teil des Transplantates übt also auf den aussenliegenden<br />

Teil e<strong>in</strong>e lnduktionswirkung aus.<br />

2. Diese <strong>Induktion</strong>swirkung ist nur schwach, denn sie reicht nicht<br />

aus, Wirtsekto<strong>der</strong>m zur Bildung e<strong>in</strong>er Neuralplatte bzw. zur Mitbeteiligung<br />

am Aufbau <strong>der</strong> Implantatneuralplatte zu veranlassen.<br />

3. Weil aber das aussenliegende Implantatgewebe auf diesen<br />

schwachen <strong>Induktion</strong>sreiz wohi anspricht und entsprechend reagiert, musz<br />

dem Implantatgewebe e<strong>in</strong>e im vergleich zu unvorbehandelter präsumptiver<br />

Epi<strong>der</strong>mis stark erhöhte Reaktionsbereitschaft gegenüber neuralen<br />

<strong>Induktion</strong>sreizen zugesprochen werden. Demzufolge genügen schon unbeträchtliche<br />

Mengen von aus dem Implantat entstandenem Chordame-


1115<br />

so<strong>der</strong>m. damit <strong>der</strong> ganze aussenliegende Implantatteil zur Bildung e<strong>in</strong>er<br />

Neuralplatte gebracht wird. Dennoch kann nicht von e<strong>in</strong>er Tendenz des<br />

Implantatmaterials zur neuralen Differenzierung gesprochen werden. weil<br />

dasselbe beim gänzlichen Fehlen von Chorda o<strong>der</strong> Urwirbelmaterial ke<strong>in</strong>e<br />

N euralpla tte. son<strong>der</strong>n nur Epi<strong>der</strong>mis liefert 1) .<br />

Zusammenfassend können wir demnach sagen. dass das Material aus<br />

<strong>der</strong> präsumptiven Epi<strong>der</strong>mis e<strong>in</strong>er frühen GastruIa nach etwa 24~stündigem<br />

Verweilen <strong>in</strong> dem äusseren Blatt <strong>der</strong> <strong>dorsalen</strong> <strong>Urmundlippe</strong> 1. e<strong>in</strong>e<br />

schwache E<strong>in</strong>rol'ungstendenz. 2. die Differenzierungstendenzen zu Chorda<br />

und Urwirbel. 3. e<strong>in</strong>e erhöhte neurale Reaktionsbereitschaft. 4. sehwaches<br />

lnduktionsvermögen. erhalten hat. In bezug auf die unter 1. 2 und 4<br />

genannten Eigenschaften hat es sich also dem <strong>Urmundlippe</strong>nmaterial<br />

angenähert. Die auf das Transplantat <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Urmundlippe</strong> ausgeübte<br />

Wirkung kann somit als e<strong>in</strong> Beispiel <strong>assimilatorische</strong>r lnduktion bezeichnet<br />

werden.<br />

Die Frage. von <strong>der</strong> diese Untersuehung ihren Ausgang genommen hat.<br />

kann auf Grund <strong>der</strong> Versuehe folgen<strong>der</strong>maszen beantwortet werden: Das<br />

<strong>in</strong> die dorsale <strong>Urmundlippe</strong> e<strong>in</strong>gepflanzte präsumptive Ekto<strong>der</strong>m verhält<br />

sieh wahrsehe<strong>in</strong>lich bei se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>rollung urn den Urmundrand nicht völlig<br />

passiv. son<strong>der</strong>n beteiligt sich aktiv dabei kraft e<strong>in</strong>E1r <strong>in</strong> ihm geweekten<br />

E<strong>in</strong>rollungstendenz. Es kann somit nicht als bewiesen betraehtet werden.<br />

dass <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>rollung stattf<strong>in</strong>dende Glykogenverlust e<strong>in</strong>e Folge~<br />

ersehe<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>rollung ist.<br />

Anat.~Embryol. Institut <strong>der</strong> Universität Amsterdam.<br />

1) Zum Begriff <strong>der</strong> Differenzierungstendenz vgl. CHR. P. RA VEN. Roux' Archiv 132.<br />

509. 1935. In <strong>der</strong> daselbst benutzten Term<strong>in</strong>ologie könnten wir sagen: Die Reaktionsmöglichkeit:<br />

Neuralgewebe. hat sich im Transplantat verstärkt,hat aber die "Schwelle"<br />

noch eben nicht überschritten.

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