das system der starken verba und die periodisierung im ... - DWC
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MEDEDELINGEN DER KONINKLIJKE NEDERLANDSE<br />
AKADEMIE VAN WETENSCHAPPEN,AFD. LETTERKUNDE<br />
NIEUWE REEKS - DEEL 19 - No. 1<br />
DAS SYSTEM DER STARKEN VERBA UND<br />
DIE PERIODISIERUNG IM ÄLTEREN<br />
GERMANIseREN<br />
FR. VAN COETSEM<br />
N.V. NOORD·HOLLANDSCHE UITGEVERS MAATSCHAPPIJ<br />
AMSTERDAM-1964<br />
ZWEITER DRUCK
Prof Dr L. Grootaers<br />
<strong>und</strong><br />
Prof Dr K. Heeroma<br />
in Dankbarkeit<br />
zugeeignet
Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Herren zu danken, <strong>die</strong><br />
mir auf irgendeine Weise, insbesoll<strong>der</strong>e durch Nachlesen des<br />
Manuskripts, behilftich gewesen sind.<br />
Mein erster Gedanke geht zu Prof. Grootaers, dem väterlichen<br />
Fre<strong>und</strong>, dem ich meine wissenschaftliche Ausbildung verdanke <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> auch nachher <strong>im</strong>mer meinem Weg schützend gefolgt ist. Ihm<br />
zur Seite sehe ich Fre<strong>und</strong> Heeroma, <strong>der</strong> von Anfang an ein enthusiastisches<br />
Interesse für meine Arbeit gezeigt hat; dem hier <strong>im</strong><br />
vierton Abschnitt mitgeteilten Erklärungsversuch <strong>der</strong> redupliûerenden<br />
Klasse liegt sogar eine Suggestion von ihm zugr<strong>und</strong>e.<br />
Auch Dr A. Hakers (Nordhorn-Hesepe, Deutschland) bin ich zu<br />
grossem Dank vel'pftichtet; er hat <strong>die</strong> ganze Schrift mit Rücksicht<br />
auf <strong>die</strong> Sprachpftege durchgelesen.<br />
Prof. Dr G. B. van Haeringen <strong>und</strong> Dr M. Schönfeld verdanke<br />
ich <strong>die</strong> Aufnahme meiner Schrift in den Mededelingen <strong>der</strong> Konink-<br />
1 ij ke N e<strong>der</strong>landse A kademie van Wetenschappen.<br />
Meine Anerkennung ver<strong>die</strong>nen noch: Prof. Dr R. Derolez, <strong>der</strong><br />
mir seine Bemerkungen <strong>und</strong> auch Literatur fre<strong>und</strong>licherweise<br />
mitgeteilt hat ; Prof. Dr K. F okkema, mit dem ich <strong>die</strong> hier begegnenden<br />
friesischon Probleme erörtet habe ; Prof. Dr W. Moulton<br />
(Ithaca, New York), <strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e meine Aufmerksamkeit auf<br />
<strong>die</strong> ihbeiten Twaddells lenkte ; Dr F. de Tollenaere für bibliographische<br />
Auskunft.<br />
Schliesslich gebührt mein Dank Dr R. Lievens, <strong>der</strong> <strong>die</strong> anstrengende<br />
Korrekturarbeit zum grössten Teil übernommen hat.<br />
Zum zweiten Druck<br />
Der erste Druck <strong>die</strong>ser Arbeit wurde 1956 veröffentlicht. Gewisse<br />
Teile ei niger Abschnitte hätten für <strong>die</strong> zweite Auflage geän<strong>der</strong>t<br />
o<strong>der</strong> ergänzt werden müssen. Dazu habe ich nicht <strong>die</strong> Gelegenheit<br />
gehabt, da durch ein Missverständnis <strong>der</strong> zweite, photomechanische<br />
Druck (1964), ohne mein Mitwissen erschienen ist. Für<br />
<strong>die</strong> Forschung nach 1956 wei se ich jetzt auf meine Behandlung<br />
des Germanischen <strong>im</strong> kleinen Gr<strong>und</strong>riss <strong>der</strong> germanischen Philologie<br />
(W. de Gruyter, Berlin) hin, <strong>der</strong> voraussichtlich bald erscheinen<br />
wird.<br />
Februar 1967<br />
FR. VAN COETSEM
EINFüHRUNG<br />
In <strong>die</strong>ser Schrift wird versucht, bekannte Probleme <strong>der</strong> Altgermanistik<br />
auf Gr<strong>und</strong> einer gemässigten strukturalistischen<br />
Methode zu lösen. Amerikanische Fachgenossen haben für <strong>die</strong><br />
phonologische Untersuchung <strong>der</strong> älteren Schichten, insbeson<strong>der</strong>e<br />
des Germanischen, schon eine wirklich zweck<strong>die</strong>nliche Forschungsweise<br />
ausgearbeitet 1). Deutschland ist in <strong>die</strong>sem Teil <strong>der</strong> Germanistik<br />
~~emlich rückständig geblieben; aber auch hier vollzieht sich eine<br />
An<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ansichten. Kennzeichnend für den Umschwung unter<br />
den Forschern <strong>der</strong> Altgermanistik ist jedenfalls <strong>die</strong> Äusserung<br />
Krauses: "Während für eine tote Sprache wie <strong>das</strong> Gotische eine<br />
phonetische Beschreibung <strong>der</strong> Laute ausgeschlossen ist, lässt sich<br />
<strong>das</strong> phonologische System mit einiger Wahrscheinlichkeit aufstellen"<br />
2).<br />
In meiner Orientierung braucht man nicht eine Verneinung <strong>der</strong><br />
früheren Forschung zu sehen, denn ohne <strong>die</strong>se wäre meine Schrift<br />
ganz <strong>und</strong> gar <strong>und</strong>enkbar. Aus meinen Anmerkungen ulld dem<br />
Literaturverzeichnis ist auch deutlich zu entnehmen, wieviel ich<br />
<strong>der</strong> älteren Forschung verdanke; früher geäusserte Gedanken o<strong>der</strong><br />
Ansichten werden hier öfters erwähnt, nicht als Wie<strong>der</strong>holungen,<br />
son<strong>der</strong>n als Bestätigung, <strong>das</strong>s manches schon lange gesagt worden<br />
ist <strong>und</strong> noch gut zu unseren heutigen Ideen passt.<br />
Obschon Karstien, Die redupl. Perf. <strong>und</strong> L. E. van Wijk, Klinkers<br />
Oergerm. Stamsyllaben manches Mal an<strong>der</strong>e Ansichten als ich<br />
verkündigen <strong>und</strong> überhaupt von einer an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>lage als ich<br />
ausgehen, möchte ich hervorheben, daas <strong>die</strong>se Schriften für mich<br />
wertvolle Vorstu<strong>die</strong>n gewesen sind, ohne welche mir <strong>die</strong> Untersuchung<br />
manches Problems sehr erschwert gewesen wäre. Dennoch<br />
wurde mir <strong>der</strong> empfindliche Mangel an phonologischen Gesamtdarstellungen<br />
des Altnordischen, Althochdeutschen, Altenglischen usw.<br />
sehr fühlbar, obgleich <strong>die</strong> Arbeiten von Twaddell <strong>und</strong> Moulton 3)<br />
einigermassen <strong>die</strong> Lücke ausfüllen kOImten. Diese Lücken zu<br />
schliessen sollte doch eine nächstliegende Aufgabe sein! Die<br />
Laryngaltheorie, welche unten noch zur Sprache gebracht wird,<br />
ist schon wie<strong>der</strong>holt zur Lösung alter Pro bIe me <strong>der</strong> Germanistik<br />
herangezogen, so neulich noch von Lehmann in einer wirklich<br />
anregenden Arbeit 4). Vielleicht kann man von <strong>die</strong>ser Theorie viel<br />
halten, wenn ich dab ei auch vermute, <strong>das</strong>s sie in ihrem sehr grossen<br />
Eifer allzu viel erklären möchte, auch fast alle wichtigen Probierne,<br />
urn <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> früheren Germanistengeschlechter vergebens<br />
bemüht haben. Aber "if this were so, it would not disqualify the<br />
5
6<br />
theory. False extensions of a theory do not alter its validity" 6).<br />
Eine zutreffende überschrift zu finden, hat mich wirklich Mühe<br />
gekostet, vor allem deswegen, weil hier Gebiete <strong>der</strong> Laut- <strong>und</strong><br />
Formenlehre herangezogen wurden, <strong>die</strong> <strong>im</strong> allgemeinen nicht<br />
zusammenbehandelt werden. Auf keine an<strong>der</strong>e Weise konnte ich<br />
aber <strong>die</strong> hier vorgeführten Probleme erörtern, denn - so hat<br />
Streitberg angemerkt - "Laut- <strong>und</strong> Formenlehre sind überall eng<br />
mit einan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en. Am engsten in den Sprachen, wo infolge<br />
<strong>der</strong> Zurückziehung des Akzentes <strong>die</strong> sogenannten Auslautgesetze in<br />
höherm Maass zerstörend <strong>und</strong> umgestaltend eingewirkt haben" 6).<br />
Obschon <strong>die</strong> verschiedenen Abschnitte auf den ersten Blick in<br />
keinerlei Beziehung zu einan<strong>der</strong> zu stehen scheinen, wird eine<br />
gründliche Lektüre feststellen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> ersten vier Abschnitte ganz<br />
organisch auseinan<strong>der</strong>gewachsen sind. Der fünfte hat den Zweck,<br />
<strong>der</strong> Periodisierung Urgermanisch-Gemeingermanisch eine konkrete<br />
Unterlage zu verleihen - steht <strong>die</strong>s doch <strong>im</strong> Einklang mit<br />
einer strukturalistischen Methode -, <strong>und</strong> weiter sehen zu lassen,<br />
<strong>das</strong>s meine Resultate gut mit dem zusammenst<strong>im</strong>men, was an<strong>der</strong>swo<br />
erkannt wurde.<br />
Unabhängig von dem Problem <strong>der</strong> Periodisierung ist noch über<br />
<strong>die</strong> hier angewandten <strong>und</strong>, man darf wohl sagen, auch durch <strong>die</strong><br />
Tradition gefestigten Termini U rgermanisch <strong>und</strong> Gemeingermanisch<br />
etwas zu sagen. In zeitlicher Bedeutung erscheint mir aber <strong>die</strong><br />
letzte Benennung wenig glücklich; sie enthält einen Wi<strong>der</strong>spruch,<br />
weil es in dem betreffenden Zeitraum bekanntlich dialektische<br />
Unterschiede gegeben hat. Als Sprachschicht kann deshalb Gemeingermanisch<br />
nur eine mehr o<strong>der</strong> weniger einheitliche Sprache o<strong>der</strong><br />
eine Dialektgemeinschaft bezeichnen, eine Übergangstufe vom<br />
Urgermanischen zu den Einzeldia.lekten; sie ist als <strong>die</strong> Periode zu<br />
betrachten, in <strong>der</strong> best<strong>im</strong>mte Vorgänge, welche nicht mehr zum<br />
Urgermanischen zu zählen sind, wenigstens in ihrem Ansatz <strong>und</strong><br />
nach Ausweis <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte, noch eine allgemein<br />
germanische Verbreitung erreichten. So ist Gemeingermani8ch hier<br />
zu verstehen 7).<br />
Es ist also zu beachten, <strong>das</strong>s ich in <strong>die</strong>ser Schrift mit drei "zeitlichen"<br />
Sprachschichten des älteren Germanischen arbeite, denen<br />
ich <strong>die</strong> traditionellen Etiketten U rgermani8ch, Gemeingermani8ch,<br />
einzeldialekti8ch ( : Urnordisch usw.) gegeben habe, <strong>die</strong> ich aber als<br />
Benennungen geme für bessere preisgebe.<br />
Die gleichfalls traditionelle Einteilung N ord-, West- <strong>und</strong> 08tgermani8ch<br />
habe ich beibehalten, jedoch unter <strong>der</strong> Bedingung, <strong>das</strong>s<br />
sie nicht <strong>im</strong> Sinne einer solchen geschichtlichen Entwicklung aus<br />
dem Gemein- <strong>und</strong> Urgermanischen aufgefasst wird, wie man <strong>das</strong><br />
früher vielfach tat. Nord-, West- <strong>und</strong> 08tgermanisch sind "rein<br />
6
7<br />
geographiseh orientierellde .. . Benennungen, <strong>die</strong> keinen ethno~<br />
graphisehell Wert besitzen" 8). Sie schienen mir jedoch bequemc<br />
Bezeichnungen bei den von mir behandelten Problemen, wie z.B.<br />
<strong>im</strong> Fall <strong>der</strong> reduplizierenden Verba (<strong>im</strong> Vierten Abschnitt), weswegen<br />
ich sie benutzt habe.<br />
Naeh an<strong>der</strong>em Vorgang 9) ha be ich den Terminus Nordseegermanisch<br />
angewandt, wo an<strong>der</strong>e von lngwäonisch reden.<br />
Die Bedeutung <strong>und</strong> Verwendung noch an<strong>der</strong>er Termini wird an<br />
Ort <strong>und</strong> Stelle mitgeteilt.<br />
Wie man sehen wird, habe ich als Längezeichen überall einen<br />
waagerechtell Strich durchgeführt, also nicht nur be<strong>im</strong> Altnordischen<br />
<strong>und</strong> Altenglischen, son<strong>der</strong>n au eh be<strong>im</strong> Altkirchenslavischen<br />
(ë statt des übliehen l) <strong>und</strong> sogar be<strong>im</strong> mo<strong>der</strong>nen Westfriesischen<br />
(MI statt des übliehen hóf), wo doch <strong>der</strong> Zirkumflex als festes<br />
Längezeiehen in <strong>der</strong> Rechtschreibung gilt. Auch hier bin ich also<br />
von meinem System nicht abgewichen.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. l:îiehe den fünften Abschnitt. Für <strong>das</strong> IndogermanÏf:!che vgl. jetzt LehmaIUl<br />
PIE. Phon.<br />
2. Handb. Got. § 52.<br />
:l. Siehe den fiinften Abschnitt.<br />
4. PIE. Phon., 36 f. (mit Bibliogrllophie). Vgl. auch Verf., Leuv. Bijdr ..<br />
39, 59 f.<br />
5. LehmlloIUl, PIE. Phon., 28.<br />
6. Zur gerot. SprachgfJ8ch., 1.<br />
7. Für <strong>die</strong> Begriffe UrgermaniBch unu Geme'ingerrnanüch vgl. auch L. E. van<br />
Wijk, Klinkers Oergernt. Stamayllaben, 55- 1>6, <strong>und</strong> unt,en den fünften<br />
Absclmitt. - Eine an<strong>der</strong>e BeneIUlung für Gerneingerman'Ïsch iat Spätqermaniach,<br />
nämlich in <strong>der</strong> chronologischen Reihe lndogermanisch,<br />
Gerntanisch, Spätgermanisch, einzeldialektiBch (: UrnordiBch usw.), <strong>die</strong> sich<br />
bei Gutenbrunner (Laut- <strong>und</strong> Forntenl. des AltiBi., 30 pass<strong>im</strong>, auch Tabelle<br />
H. 172) findet. Aber Spätgerrnanisch setzt zur Bezeichnung <strong>der</strong> älteren<br />
Htufe GerrnaniBch voraus, <strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Tenninus besitzt einen so allgemeinen<br />
Inhllolt, <strong>das</strong>s er ZUl" Spezialbezeiehnung des Urgermanisehen kaum<br />
anzuwenden ist. Statt Gem eingermaniBch könnte man freilieh noch von<br />
SpäturgermaniBch (vgl. z.B. Kock, PBB., 27, 187 IInel 190) reden, aber<br />
auch <strong>die</strong>s befriedigt nieht recht. Gemeingermaniach wird auch von einigen<br />
Forsehem (vgl. Rirt, Handb. Urgernt., I, 1.'5, auch § 33, 1 <strong>und</strong> 2; GutenbruIUler,<br />
Laut- <strong>und</strong> FOrntenl. dfJ8 Alti.sl., z.B. S. 30) nieht <strong>im</strong>mer, bzw.<br />
nieht in einer zeitlichen Bedeutung angewandt, f;ondem in Bezug auf<br />
<strong>die</strong>jenigen Vorgänge, welehe <strong>im</strong> Germanisch~ eine allgemeine Verbreitung<br />
aufweisen. Bei einer Bolehen Verwendung des Wortes, in <strong>der</strong> somit <strong>der</strong><br />
geographische Aspekt <strong>und</strong> nicht <strong>der</strong> zeitliche den Vorrang hat, stehen<br />
UrgerrnaniBch <strong>und</strong> Gemeingermaniach einerseits, Gemeingerman'iach <strong>und</strong><br />
einzeldialektiach (: Umordiach usw.) andrerseits, eina.n<strong>der</strong> nicht gegenüber.<br />
S. Krause, Handb. Got., 41. Vgl. auch Sehwarz, Goten, Nordgerot., Angels.<br />
9. 110.110.0., 188 f. <strong>und</strong> sc.hon bei Rooth, Det. pr<strong>im</strong>o i-omljudet [1935] 9: "För<br />
den anglo-friso-saxiskllo gruppen, som jag vill kalla Nordsjögruppen av den<br />
viiBtgerme.nska. folkstammen" usw.<br />
7
I<br />
DIE FUNKTIONELLE GRUPPIERUNG DER SOG. STARKEN<br />
VERBA IM URGERMANISCHEN<br />
§ 1. Die germanisühen Verba werden seit J. Gr<strong>im</strong>m in eine<br />
starke <strong>und</strong> eine schwache Konjugation eingereiht. Bei <strong>der</strong> Behandlung<br />
<strong>der</strong> altgermanischen Dialekte werden <strong>die</strong> <strong>starken</strong> Verba<br />
gewöhnlich eingeteilt in eine ablautende Gruppe (Klasse I bis 6)<br />
<strong>und</strong> eine reduplizierende; hier macht man noch einen weiteren<br />
Unterschied "Zwischen reduplizierenden <strong>und</strong> reduplizierend-ablautenden<br />
Verba. Man erhält also sechs Klassen, zu denen <strong>die</strong> sog.<br />
reduplizierenden Verba hinzuzufügen sind, <strong>die</strong> man als <strong>die</strong> siebente<br />
Klasse betrachtet. Die ersten fünf Klassen gehören bekanntlich zur<br />
indogermanischen e-Reihe <strong>und</strong> zeigen <strong>im</strong> Urgermanischen eine<br />
<strong>system</strong>atische Einteilung auf sehr durchsichtiger Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong><br />
zwarnach<strong>der</strong> Art desdem Stammvokal folgenden Konsonantismus 1 ):<br />
1. e + i + Konsonant;<br />
2. e + tt + Konsonant;<br />
3. e + Liquida/Nasal + Konsonant o<strong>der</strong> e + doppelte Liquida/<br />
doppelter Nasal, gegebenenfalls auch doppelter Konsonant 11);<br />
4. e + Liquida/Nasal;<br />
5. e + Konsonant.<br />
'Vegen des einleuchtenden Charakters <strong>und</strong> <strong>der</strong> allgemeinen<br />
Bekanntheit <strong>die</strong>ser Systematik in den ersten fünf Klassen brauchen<br />
hier keine Beispiele angeführt zu werden. Doch möchte ich ausdrücklich<br />
darauf hinweisen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Klassen auf Gr<strong>und</strong> des<br />
Präsensvokals e <strong>und</strong> des dazu gehörenden Ablauts (e-a bzw. ei/ai,<br />
eu/au) ein synthetisches Bild, eine Gruppe bildeten: <strong>die</strong> urgermanische<br />
e-Gruppe. Dass e insbeson<strong>der</strong>e als Präsensvokal <strong>im</strong><br />
Urgermanischen auch <strong>im</strong> sog. Diphthong ei noch erhalten war, wird<br />
<strong>im</strong> fölgenden Abschnitt dargetan. In <strong>die</strong>ser Schrift spreche ich also<br />
von <strong>der</strong> (ur)germanischen e-Gruppe<strong>und</strong>, hinsichtlich weiterer<br />
Unterschiede innerhalb <strong>die</strong>ser Gruppe, auch von <strong>der</strong> (ur)germanischen<br />
ei-Reihe (z.B. <strong>im</strong> Gegensatz zur eu-Reihe), welche ich unten<br />
noch speziell aufführen werde. Für <strong>das</strong> Indogermanische mache ich<br />
keinen Unterschied von Gruppe <strong>und</strong> Reihe <strong>und</strong> behalte also <strong>die</strong><br />
Termini e-, ei-Reihe.<br />
Mit Rücksicht auf meine weitere Erörterung ist in <strong>der</strong> e-Gruppe<br />
noch ein untergeordneter Unterschied zu machen, je nachdem ein<br />
einziger Konsonant o<strong>der</strong> i/tt/ Liquida/Nasal + Konsonant, doppelte<br />
8
9<br />
Liquidajdoppelter Nasal, gegebenenfalls auch doppelter Konsonant<br />
dem Stammvokal folgen. Dies stellt also einen Unterschied dar, <strong>der</strong><br />
von <strong>der</strong> Art des Stam mes bedingt ist, nämlich zwischen den<br />
drei ersten Klassen einerseits, <strong>der</strong> vierten <strong>und</strong> fünften andrerseits:<br />
1. e + i/ltjLiquidajNasal + Konsonant, e + doppelte Liquidaj<br />
doppelter Nasal, gegebenenfalls auch doppelter Konsonant; .<br />
2. e + einfache Liquidaj einfacher Nasal o<strong>der</strong> andeter Konsonant.<br />
Man kann <strong>die</strong> e-Gruppe noch weiter schematisieren, wenn man<br />
<strong>die</strong> Sonanten (i, lt, l, r, n usw.) gruppiert:<br />
_1_ [ e + { Sonant + Konsonant (Sonant)<br />
1,2,3 Konsonant + Konsonant<br />
-- II [ e+<br />
4, 5 {<br />
Sonant<br />
Konsonant<br />
Diese Darstellung setzt voraus, <strong>das</strong>s man <strong>die</strong> urgermanischen sog.<br />
Diphthonge als Phonemgruppen (z .E. ei = e + j, wie el = e + 1)<br />
betrachtet 3 ); <strong>die</strong>s wird unten (vor allem § 20) noch dargetan. Derartige<br />
"Zwielaute" hat man zum Unterschied von den echten Diphthongen<br />
auch Stand- o<strong>der</strong> Volldiphthonge genannt 4). Wenn ich somit hier<br />
traditionellerweise von "Diphthongen" spreche, wird man für <strong>das</strong><br />
Urgermanische mit Phonemgruppen o<strong>der</strong> sog. Standdiphthongen zu<br />
rechnen haben.<br />
Durch vokalischen Übergang ist jedoch <strong>das</strong> e-Merkmal <strong>im</strong> jüngeren<br />
Germanischen verschw<strong>und</strong>en, wodurch <strong>die</strong> alte Systematisierung<br />
zerstört wurde. In Wirklichkeit hatten sich schon <strong>im</strong> Gemeingermanischen<br />
<strong>und</strong> auch nachher in den altgermanischen Dialekten eigene<br />
Systeme entwickelt.<br />
§ 2. Wie steht es nun. mit den übrigen Klassen 1 Die sechste<br />
zeigt <strong>das</strong> deutliche Ablautsbild a-ö. Die siebente hat als Kennzeichen<br />
entwe<strong>der</strong> <strong>die</strong> Reduplikation o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e, typisch germanische<br />
Ablautverhältnisse. Die Frage, ob man in <strong>die</strong>sem Fall auch <strong>im</strong><br />
Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen mit reduplizierenden Verba zu tun<br />
hat, wird <strong>im</strong> vierten Abschnitt erörtert; es genügt hier festzustellen,<br />
<strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Klasse sich jedoch einheitlich in allen altgermanischen<br />
Dialekten erhalten hat. Gegen <strong>die</strong> Sieben-Klasseneinteilung möchte<br />
ich vom urgermanischen Standpunkte aus einwenden, <strong>das</strong>s sie nicht<br />
folgerichtig ist <strong>und</strong> <strong>die</strong> strukturellen Kennzeichen völlig unverwendet<br />
lässt. Die Inkonsequenz ergibt sich aus <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s man<br />
<strong>das</strong> deutliche Systematisierungsprinzip <strong>der</strong> ersten fünf Klassen für<br />
<strong>die</strong> sechste <strong>und</strong> siebente nicht durchgeführt hat; entwe<strong>der</strong> hat man<br />
<strong>das</strong> Problem von indogermanischer Seite her angefasst o<strong>der</strong> man<br />
9
10<br />
hat <strong>die</strong> be<strong>im</strong> Studium <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte gebräuchlichen<br />
Einteilungsnormen zum Vorbild gen ommen , nämlich den abweichenden<br />
a-ö-Ablaut <strong>und</strong> <strong>die</strong> Reduplikation, bzw. den Vokalismus,<br />
<strong>der</strong> daflir <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen auftritt. In beiden<br />
Fällen blieb <strong>das</strong> eigene urgermanische System unbeachtet.<br />
Aber <strong>das</strong> urgermanische Systematisierungsprinzip <strong>der</strong> Verba <strong>der</strong><br />
ersten flinf Klassen findet sich doch deutlich in <strong>der</strong> sechsten <strong>und</strong><br />
siebenten wie<strong>der</strong>. In <strong>der</strong> Tat: <strong>im</strong> Gegensatz zu den ersten flinf<br />
Klassen (urgermanische e-Gruppe aus indogermanischer e-Reihe)<br />
bietet <strong>das</strong> Präsens <strong>der</strong> sechsten <strong>und</strong> siebenten Klasse - wenn man<br />
vorläufig <strong>die</strong> langen Präsensvokale bei Seite lässt - als typischen<br />
Stammvokalismus ein a dar. Deswegen kann man <strong>die</strong>se Gruppe <strong>die</strong><br />
urgermanische a-Gruppe nennen. Die Systematisierung geschieht<br />
hier, wie gesagt, auf <strong>der</strong>seJben Gr<strong>und</strong>lage wie bei <strong>der</strong> e-Gruppe,<br />
nach <strong>der</strong> Art des dem Stammvokal folgenden Konsonantismus, d.h.<br />
nach <strong>der</strong> Art des Stam mes 6) :<br />
1. a +ij1LjLiquidajNasal 6) + Konsonant, gegebenenfalls a +<br />
doppelte Liquidajdoppelter Nasal, bei den sog. reduplizierenden<br />
Verba (got. haitan, ·laikan, aukan, "us-hlaupan, "blandan, haldan<br />
UBW.; an. heita, lei ka , auka, hlaupa, blanda, halda, falla usw. ; ahd.<br />
heizan, meizan, hlaufan, Zoufan, stözan, blantan, haltan, fallan uSW. ;<br />
as. hëtan, skëdan, hlöpan, stötan, blandan, haldan, fallan usw.; ae.<br />
hätan, l&an, bëatan, hlëapan, fealdan, bonnan, bannan, feallan usw.;<br />
afri. hëta, skéda, hliipa, stéta, bonna, banna, falla UBW.);<br />
2. a + einfache Liquidajeinfacher Nasal o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Konsonant,<br />
in <strong>der</strong> sechsten Klasse, wobei a-ö-Ablautauftritt (got. swaran,<br />
us-anan, slahan usw.; an. fara, ala, grafa usw.; ahd. faran, spanan.<br />
graban usw.; as. faran, spanan, gralian uSW.; ae. faran, alan, grafan<br />
UBW.; afri. fara, spona, greva usw.). Hier sind noch einige j-Präsentia<br />
hinzugekommen (z.B. got. hafjan, an. hefja, ahd. heffen, as. hebbian,<br />
ae. hebban, afri. heffa) 7).<br />
Auf <strong>die</strong>se Weise entsteht folgende Gruppierung <strong>der</strong> <strong>starken</strong><br />
Verba, ein System, <strong>das</strong> <strong>im</strong> Urgermanischen wirklich funktionellen<br />
Wert gehabt hat, wie sieh <strong>im</strong> vierten Abschnitt noch herausstellen<br />
wird.<br />
I. TABELLE 8)<br />
A. e.Gruppe<br />
I { 1. e + t + Kons.<br />
I I 2. e + l' + Kons.<br />
3 + (Liq.fNas. + Kons.<br />
e - a- • e Kons. + Kons.<br />
B. a-Gruppe<br />
1. a + j + Kons. ) III<br />
2. a + l' +. Kons. Redupl.<br />
3. a + ( Llq·fNas. +Kons. Verba<br />
Kons.+Kons.(1)<br />
Abl. I--------------------~------------- -------------<br />
n ( 4. e + Liq·fNas.<br />
5. Il + Kons.<br />
10<br />
4. a + Liq.fNas.<br />
5. a + Kons.
11<br />
Völlig in übereinst<strong>im</strong>mnng mit ei, eu sind <strong>im</strong> Urgermanischen<br />
ai, au als Phonemgruppen (a + i, a + y) zu betrachten; auch <strong>die</strong>s<br />
findet sich unten (vor allem § 20) bestätigt.<br />
§ 3. Zur Behandlung aller Fälle, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Sieben-Klasseneinteilung<br />
umfasst werden, sind in erster Linie noch Verba mit ë als<br />
Stammvokal <strong>im</strong> Präsens anzuführen. Das Gotische hat <strong>das</strong> reduplizierend-nicht<br />
ablauten de slëpan, saislëp neb st den reduplizierendablautenden<br />
lëtan, lailöt, grëtan, gaigröt u.a. In den an<strong>der</strong>en altgermanischen<br />
Dialekten findet sich <strong>die</strong>se Gruppe wie<strong>der</strong> (an. läta,<br />
lët, bläsa, gräta usw. ; ahd. läzan, liaz, bläsan, brätan usw.; as. lätan,<br />
lët, liet, bläsan, brädan usw.; ae.lretan, lët, slrepan usw.; afri.lëta, lët,<br />
lit, slëpa usw.). Weiter begegnet bei den gotischen reduplizierenden<br />
Verba auch ö als Stammvokal <strong>im</strong> Präsens: lvöpan. Ebenso sind<br />
hier bei <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en altgermanischen Dialekte direkt zu erwähnen<br />
(an. blöta, blët; ahd. (h)ruofan, (h)riof; as. hröpan, hriop; ae.<br />
blötan, blëot; afri. hröpa, röp). Das Altnordische bewahrt bekanntlich<br />
von <strong>die</strong>s en ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen, <strong>und</strong> zwar bei den Verba<br />
pura, formell-reduplizierende Verba: sä, sera, röa, rera, obschon<br />
<strong>die</strong>se vom damaligen nordischen Sprachbewusstsein augenscheinlich<br />
nicht mehr als solche erkannt wurden; hiermit zu vergleichen,<br />
jedoch als wirklich reduplizierendes Verbum, ist got. saian (ë<br />
Gruppe), saisö. Man wird also noch eine ë- <strong>und</strong> eine ö-Gruppe in<br />
Betracht ziehen müssen, ob schon <strong>die</strong> dazu gehörenden Beispiele<br />
nicht so zahlreich sind 11).<br />
§ 4. In dtm altgermanischen Dialekten <strong>und</strong> mehr noch in den<br />
nachherigen Entwicklungen haben in den ursprünglichen e-, a-, ë-,<br />
ö-Gruppen zahlreiche Verschiebungen <strong>und</strong> übergänge stattgef<strong>und</strong>en.<br />
In <strong>die</strong>ser Hinsicht sind z.B. heranzuziehen: (ggerm.) got. peihan,<br />
ahd. dihan, as. thihan usw., ursprünglich aus <strong>der</strong> dritten Klasse<br />
(pevx- > /Jivx- > pix-); ae. slrepan bietet auchein schwaches Präteritum<br />
dar 10); an. blët (blöta) ist analogisch nach grët (gräta), lët<br />
(läta) entstanden 11).<br />
Vielleicht haben best<strong>im</strong>mte Fälle durch eine doppelsinnige<br />
Struktur bei <strong>der</strong> Systematisierung schon früh Schwierigkeiten gemacht;<br />
ein System ist doch nie abger<strong>und</strong>et. So ist möglicherweise<br />
·waskan zu erwähnen, <strong>das</strong> <strong>im</strong> Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen<br />
(waskan) in <strong>der</strong> sechsten Klasse begegnet, <strong>im</strong> Altenglischen (wascan)<br />
sowohl in <strong>der</strong> siebenten als in <strong>der</strong> sechsten 12), <strong>im</strong> Altnordischen<br />
(vaska) dagegen in <strong>der</strong> schwachen Deklination.<br />
§ 5. Die ë-, ö-Gruppen bilden mit den in <strong>der</strong> obenstehenden<br />
Tabelle genannten a-Verba (lIl. Abt.) auf Gr<strong>und</strong> ihrer Präterita.<br />
i!
12<br />
eine sclbständige Gruppe, <strong>die</strong> sich entwe<strong>der</strong> durch <strong>die</strong> Reduplikation<br />
un<strong>der</strong>scheidet wie <strong>im</strong> Gotischen <strong>und</strong> in einigen Resten des<br />
Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen, o<strong>der</strong> durch einen charakteristischen,<br />
sowohl in <strong>der</strong> a-Gruppe (lIl. Abt.) wie in den ë-, ö-Gruppen begegnenden<br />
Vokalismus wie <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> \Vestgermanischen. Diese<br />
einheitliche Behandlung <strong>der</strong> ë-, ö-Gruppen <strong>und</strong> <strong>der</strong> à-Gruppe (lIl.<br />
Abt.), sowohl <strong>im</strong> Gotischen wie <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen,<br />
ist ein sicherer Anhaltspunkt für <strong>das</strong> hohe Alter <strong>die</strong>ses Zusammentreffens,<br />
<strong>das</strong> best<strong>im</strong>mt vor <strong>der</strong> Spaltung in <strong>die</strong> Dialekte stattgef<strong>und</strong>en<br />
haben muss. übrigens lässt folgende TabelIe (II) deutlich sehen, <strong>das</strong>s<br />
aiJë einerseits, auJö andrerseits, betreffs ihrer Präterita, auch <strong>im</strong><br />
N ord - <strong>und</strong> Westgermanischen zusammengingen.<br />
II. TABELLE 11)<br />
got. an.<br />
I<br />
ahd. 68. Be.<br />
I ( 1. ai haihait 1 het hiaz I hët, hiet Me<br />
2. ë 8aiBlëp lët<br />
.1 8lia! lët, liet 8lëp<br />
{ 1. au aiauk \ hliöp I (h)lio! Ihleop, hliop I hlëop<br />
II 2. ö Ivailvöp blët (h)riof Ihreop , hnop I blëot<br />
(analog.)I<br />
III a + Liq.fNa.s. I haihald I helt hialt I held, hield I /ing<br />
+ Kons.usw.<br />
Man kann also <strong>die</strong> 111. Abt. <strong>der</strong> I. TabelIe folgen<strong>der</strong>massen<br />
ergänzen:<br />
A. a-Gruppe<br />
ai<br />
au<br />
a<br />
lIl. T ABELLE<br />
B. ë-, ö-Gruppen<br />
§ 6. Hiermit ist <strong>das</strong> urgermanische Systematisierungsprinzip<br />
<strong>der</strong> <strong>starken</strong> Verba in <strong>der</strong> Hauptsache aufgestellt. Einzelne Son<strong>der</strong>fälle,<br />
wie z.B. <strong>die</strong> Präteritopräsentia, brauchen in <strong>die</strong>sem synthetischen<br />
Überblick nicht herangezogen zu werden Ho). Es war nur <strong>die</strong><br />
Absicht, <strong>die</strong> e- <strong>und</strong> a-Gruppen (<strong>und</strong> <strong>die</strong> kleineren ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen),<br />
<strong>die</strong> <strong>im</strong> urgermanischen Verbal<strong>system</strong> einen hervorragenden<br />
Anteil hatten, funktionell zu kennzeichnen. Der Charakter <strong>die</strong>ses<br />
urgermanischen Verbal<strong>system</strong>s ist selbstverständlich von indo- <strong>und</strong><br />
vorgermanischen Verhältnissen direkt bedingt <strong>und</strong> daraus gewachsen.<br />
So ist, wie gesagt, in <strong>der</strong> e-Gruppe <strong>die</strong> indogermanische<br />
e-Reihe klar vertreten; <strong>die</strong> a-Gruppe dagegen weist eine Mischung<br />
12<br />
ë<br />
ö
13<br />
verschiedener indogermanischer Reihen auf, wobei <strong>die</strong> ursprüngliche<br />
Betonung <strong>und</strong> <strong>der</strong> auf den Stammvokalismus folgende Konsonantismus<br />
eine best<strong>im</strong>mende Wirkung ausgeübt haben werden 15).<br />
In <strong>die</strong>ser Systematisierung <strong>der</strong> a-Gruppe, wie überhaupt bei je<strong>der</strong><br />
Systematisierung, treten "Wegbereiter" hervor, <strong>die</strong> für <strong>das</strong> System<br />
best<strong>im</strong>mend gewirkt haben; <strong>die</strong>se sind <strong>der</strong> Form nach nur "diachronisch"<br />
zu erklären. Nach ihnen haben sich an<strong>der</strong>e Verba auf<br />
Gr<strong>und</strong> best<strong>im</strong>mter Analogien gerichtet. Diese Verba sind dann <strong>im</strong><br />
urgermanischen System selbst, d.h. "synchronisch", völlig verständlich.<br />
Hierbei braucht <strong>der</strong> Präsensvokal nicht stets pr<strong>im</strong>är gewesen<br />
zu sein ; er kann ebensogut wie <strong>der</strong> Vokalismus eines an<strong>der</strong>en<br />
Tempus auf Analogie beruhen ; in <strong>die</strong>ser Hinsicht ist an a-Präsentia,<br />
wie z. B . faran, zu denken, <strong>die</strong> deutlich zur indogermanischen e-Reihe<br />
gehören: gr. neeáw, nOee-lJO/-laL 18).<br />
Die bei meiner strukturellen Gruppierung <strong>der</strong> <strong>starken</strong> Verba<br />
sich unmittelbar darbietende Frage ist, wie <strong>die</strong> gotischen reduplizierenden<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen nicht-reduplizierenden<br />
Präterita <strong>der</strong> sog. siebenten Klasse sich zu einan<strong>der</strong><br />
verhalten. Die angeführte strukturelle Gruppierung bietet<br />
m.E. den Schlüssel zur Lösung <strong>die</strong>ses Problems, <strong>das</strong> seit dem<br />
Anfang <strong>der</strong> Germanistik eine annehmbare Erklärung vermissen<br />
lässt. Umgekehrt wird<strong>die</strong>se Erklärung vielleicht den triftigen<br />
Beweis für <strong>die</strong> " System "-Richtigkeit meiner Klaesifizierung<br />
<strong>der</strong> <strong>starken</strong> Verba liefern. Bevor ich jedoch an <strong>die</strong> Behandlung<br />
<strong>die</strong>ser wichtigen Aufgabeherantrete, möchte ich in den zwei folgenden<br />
Abschnitten einige vokalische Verhältnisse des Urgermanischen<br />
erörtern <strong>und</strong> vor allem den noch <strong>im</strong>mer rätselhaften Ursprung des<br />
ë 2 - Vokals untersuchen, <strong>der</strong> so vielfach bei den sog. reduplizierenden<br />
Verba <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen begegnet.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. Um <strong>das</strong> Vorgeführte nicht allzu verwickelt zu machen, wird hier<br />
<strong>das</strong> Wort "Konsonantismus" auch angewandt zur Bezeichnung <strong>der</strong><br />
Gruppen: ·iI-l' + Konsonanten. Diese hatten hier deutlich eine gleiche<br />
Funktion wie ol/on usw. + Konsonant.<br />
2. Betreffs <strong>die</strong>ser Verba mit doppeltem Konsonanten : Prokosch, Oomp.<br />
Germ. (ham., 168, Anm.<br />
3. Die traditionellen "phonetischen" Symbole j <strong>und</strong> l' werden auch hier<br />
beibehalten, obschon sie von phonologischem Standpunkte nicht ganz<br />
richtig erscheinen dürften. Meiner Annahme gemäss repräsentieren<br />
sie hier nur kombinatorische Varianten von zwei Phonemen, wozu auch<br />
i bzw. w gehören; vgl. S. 45, Anm. 74 <strong>und</strong> § 47.<br />
4. N . van Wijk, Phon., 41-42 (mit Bibliographie).<br />
5. Für <strong>das</strong> Wort "Konsonantismus" vgl. oben Anm. 1. - Die Systematisierung<br />
<strong>der</strong> a-Präsentia habe ich schon an<strong>der</strong>swo festgestellt,<br />
obschon ich <strong>die</strong> Übereinst<strong>im</strong>mung mit <strong>der</strong> e-Gruppe damals noch nicht<br />
zur Sprache brachte (Tijdschr., 69, 44). Daas hier eine typisch germa.-<br />
13
14<br />
nische Systematisierung vorliegt, geht daraus hervor, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se a<br />
Präsentia, unabhängig davon, zu welcher von beiden Klassen sie<br />
gehören, vielfa.ch auf eine gleiche indogermanische Reihe zurückgeführt<br />
werden können (a.a.O., 46).<br />
6. Mit "Liquida/Nasal" habe ich <strong>die</strong> Formulierung allgemein.gehalten; in<br />
Wirklichkeit scheinen hierfür in <strong>die</strong>sem Fall nur l <strong>und</strong> n belegt zu sein.<br />
7. Die "i-Erweiterung" ist alt <strong>und</strong> findet sich auch <strong>im</strong> Griechischen: Hirt,<br />
Idg. Gram., IV, 274> Hirt, Handb. Urgerm., 1I, 148-149. - In betreff<br />
des Ursprunges <strong>die</strong>ser j-Präsentia siehe Brugmann, IF., 32, 181 f.<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>r., 1I, 3, 122; darauf zurück: Boer, Oergerm. Handb. § 102,2<br />
(siehe jedoch auch § 211, 5), Kieckers, Vergl. got. Gram., 219; vgl.<br />
(insbeson<strong>der</strong>e betreffs got. wahsjan) Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60 § 47, b.<br />
An<strong>der</strong>s: Mezger, Lang., 18, 224 f.<br />
Il. Streitberg, Urgerm. Gram. § 95 f. spricht von einer e- <strong>und</strong> einer a-Reihe.<br />
Den Parallelismus <strong>der</strong> beiden Gruppen hat er jedoch nicht el kannt.<br />
Übrigens sieht auch er <strong>die</strong> ganze Sache vom indogermanischen Standpunkt<br />
aus. Vgl. hierbei Hirt, Handb. Urgerm., I, 74 f. Weiter noch:<br />
Loewe, Germ. Spr., Sammlung Göschen [19111] 127-129, <strong>der</strong> dem<br />
"konsonantischen" Parallelismus zwischen den beiden "Reihen" schon<br />
Rechnung getragen hat; weil er aber <strong>die</strong> gotischen Formen anführte<br />
(biudan, bindan usw. statt urgerm. eu, e), entging ihm <strong>die</strong> Bedeutung<br />
<strong>die</strong>ser Übereinst<strong>im</strong>mung für den urgermanischen Vokalismus <strong>und</strong> für<br />
<strong>das</strong> Urgermanische überhaupt. Krahe, Germ. Spr., Sammlung Göschen<br />
[1942] 1I, 100-101 folgte Loewe's Einteilung nicht. Auch Kerns, Lang.,<br />
13, 11 hat "roughly paralleling classes" aufgestellt. Aber bei ihm steht<br />
<strong>die</strong> reduplizierende Klasse den sechs an<strong>der</strong>en gegenüber.<br />
9. Die wenigen ü-Verba pura (an. büa usw.) sind am wahrscheinlichsten<br />
ursprünglich (d.h. für <strong>das</strong> Urgermanische) auch hierher zu rechnen;<br />
vgl. unten § 44.<br />
10. Sievers-Brunner, Altengl. Gram. § 395, 2, a.<br />
11. Für an<strong>der</strong>e Beispiele sehe man <strong>die</strong> Handbücher <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Dialekte.<br />
12. Das Altenglische hat wóx (sechste Klasse) <strong>und</strong> wëocsan (siebente).<br />
Vgl. Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60 § 19, b <strong>und</strong> § 47, <strong>der</strong> (wie Mezger, Lang., 18,<br />
224) <strong>die</strong>ses Verbum als ursprünglich zur siebenten Klasse gehörend<br />
ansieht mit Übergang zur sechsten <strong>im</strong> Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen,<br />
<strong>und</strong> zwar wegen <strong>der</strong> Konsonantengruppe Bk. Umgekehrt<br />
sieht z.B. Girvan, Angelsaks. Handb. § 385, Anm. <strong>die</strong>ses Verbum als<br />
ursprünglich zur sechsten Klasse gehörend an, mit Übergang zur<br />
siebenten <strong>im</strong> Altenglischen; in <strong>die</strong>sem Fall hat gegenüber l/n + Konsonanten<br />
<strong>das</strong> Gefühl für doppelten Konsonanten den Vorrang gehabt.<br />
IS. Zum grössten Teil findet sich <strong>die</strong>se Tabelle schon bei Rirt, Handb.<br />
Urgerm., 1I, 144. Der hier aufgeführte Vokalismus wird <strong>im</strong> vierten<br />
Abschnitt erörtert.<br />
14. Eine Übersicht (auch <strong>der</strong> BOg. Aoristpräsentia) geben z.B. Boer, Oergerm.<br />
Handb., 2'23 f. <strong>und</strong> Prokosch, Comp. Germ. Gram., 144 f. .<br />
15. Eine Übersicht <strong>der</strong> Verba ausgehend von den indogermanischen "Basen"<br />
gibt Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 328 f. Vgl. auch Rirt, Idg. Gram., IV § H8 ><br />
Rirt, Handb. Urgerm., II § 118.<br />
16. Siehe dafür <strong>die</strong> in <strong>der</strong> vorigen Anm. erwähnten Schriften, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser<br />
Hinsicht auf Brugmann, IF., 32, 179 f. zurückzuführen Bind.<br />
14
IJ<br />
DIE URGERMANlSCHE E-A-PERlODE<br />
§ 7. Im vorhergehenden Abschnitt habe ich ohne weitere Erklä-<br />
mng in allen Stellungen - also auch bei den sog. Diphthongen<br />
ti/ai - urgerm. eneben a (idg. 0 <strong>und</strong> a) angenommen.<br />
Auf <strong>die</strong>se Weise wurde <strong>die</strong> relat.ive Chronologie <strong>der</strong> betreffenden<br />
~ystematisierung angedeutet. Meiner Vorstellung gemä-ss muss<br />
<strong>die</strong>se also stattgef<strong>und</strong>en haben, nachdem idg. 0 <strong>und</strong> a in urgerm. a<br />
zllsammengefallen waren, aber bevor urgerm. e in bedingterPosition<br />
zu i wurde. Meine Beschreibung <strong>der</strong> urgermanischen Systematisie<br />
J"lIng situiert sich somit zwischen <strong>die</strong>se beiden Pole, <strong>und</strong> deswegen<br />
darf man auch von einer urgerm. e- a-Periode reden.<br />
Es steht fest, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Zusammenfall von idg. a <strong>und</strong> 0 in urgerm.<br />
a ä-Iter ist als <strong>die</strong> bedingte Verän<strong>der</strong>ung von urgerm. e zu i. Alle<br />
Beweisgründe, <strong>die</strong> dazu schon angeführt sind, brauche ich hier nicht<br />
<strong>system</strong>atisch nachzuprüfen 1). lch möchte jedoch ein Paar von<br />
ihnen wie<strong>der</strong> holen , vor allem weil sie noch nicht als ausdrückliche<br />
Beweise <strong>der</strong> e-a-Periode benutzt wurden, aber auch weil sie einen<br />
guten Anlaufzu meiner Beweisführung betreffs des verhältnismässig<br />
spä-ten überganges von ei zu i ermöglichen. Dieser übergang wird<br />
noch stets von manchen für viel älter gehalten, als er wirklich ist;<br />
ein unverän<strong>der</strong>tes ei muss best<strong>im</strong>mt zur e-a-Periode gerechnet<br />
werden. Diese Erörterung wird ausserdem meine <strong>im</strong> dritten Abschnitt<br />
folgende Erklärung des sog. ë 2 einführen.<br />
§ 8. Pürs erste kommen <strong>die</strong> Lehnwörter in Betracht, worunter<br />
hier auch germanische Eigennamen (Völker-, Personen-, Götternan1l'll)<br />
in frem<strong>der</strong> Umgebung, vor allem in lateinischen Texten, zu<br />
verstehen sind. Die Bestätigung von Lautübergängen auf Gr<strong>und</strong><br />
von Lehnwortforschung solI mit grösster Vorsicht geschehen, weil<br />
Lautersatz <strong>und</strong> auch Tradition hier eine bedeutsame Rolle gespielt<br />
haben können, wie vor allem Collitz dargelegt hat 2). Auch <strong>die</strong> Tatsache,<br />
<strong>das</strong>s man mehrfach bei Lehnwortforschung <strong>im</strong> Pinnischen für<br />
germanisch gehalten hat, was sich später als nicht-germanisch erwies,<br />
mahnt zur V orsicht; doch darf <strong>die</strong>s auch nicht zur völligen Skepsis<br />
führen, denn es gibt genügend finnische Lehnwörter, von denen man<br />
den germanischen Ursprung durchaus nicht mehr anzweifeln kann.<br />
Wenn aber <strong>die</strong> Lehnwörter in o<strong>der</strong> aus verschiedenen Sprachen für<br />
<strong>das</strong> Germanische eine gleiche Schlussfolgerung nahelegen <strong>und</strong> vor<br />
Ui
16<br />
allem noch an<strong>der</strong>e Tatsachen <strong>das</strong> Ergebnis <strong>der</strong> Lehnwortforschung<br />
bestätigen, dann darf man den Schluss als sicher hinstellen. Dies<br />
ist nun <strong>der</strong> Fall für daa Bestehen einer urgermanischen e-a-Periode.<br />
Lehnwörter aus dem Keltischen haben den übergang 0> a<br />
mitgemacht: Moguntiacum, ahd. Maginza; Vosegus, ahd. Wascönowalt;<br />
V olcae, ahd. Walha. N ormalerweise kann man hieraus schliessen,<br />
daas zur Zeit des Zusammentreffens <strong>der</strong> Kelten <strong>und</strong> Germanen<br />
<strong>der</strong> betreffende Vorgang noch nicht vollendet war. In <strong>die</strong>sen<br />
Wörtern betrachtet Rirt jedoch 0> a als eine Lautsubstitution,<br />
unter <strong>der</strong> Voraussetzung, <strong>das</strong>s daa Germanische damals kein 0<br />
mehr besass, <strong>und</strong> hält deswegen den übergang von idg. 0> urgerm.<br />
a sogar noch für älter als <strong>das</strong> Zusammentreffen <strong>der</strong> zwei genannten<br />
Völker 3).<br />
Die frühesten Lehnwörter aus dem Latein haben jedoch ihr<br />
oerhalten (lat. coquere, ahd. kochön) 4), woraus folgt, <strong>das</strong>s unter dem<br />
Rauptton <strong>der</strong> übergang 0 > a in <strong>der</strong> Römerzeit vollzogen war, <strong>und</strong><br />
auch daas es jetzt wie<strong>der</strong> ein (neu entstandenes) 0 <strong>im</strong> Germanischen<br />
gab.<br />
Dagegen begegnet e in germanischen Völker- <strong>und</strong> Personennamen<br />
bei lateinischen Schriftstellern: Fenni, Semnones (Tacitus), aber<br />
(/>twOt bei Ptolemaios. Vor n + Guttural : T encteri (Caesar), aber schon<br />
Inguaeones, Ingaevones (Plinius, Tacitus), In:uuiomerus (Tacitus) 5).<br />
Man hat daher auch angenommen, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Ubergang in <strong>der</strong> letzten<br />
Stellung älter sein könne als bei n + an<strong>der</strong>em Konsonanten, resp.<br />
doppeltem n 6). Mit e vor i <strong>der</strong> Folgesilbe hat man: Seg<strong>im</strong>erus<br />
(Tacitus), aber auch Sig<strong>im</strong>erus bei Vellejus (1. Jh. nach Chr.), <strong>der</strong><br />
bei den Germanen gewesen ist 7).<br />
Diesem Material ist jedoch nach Collitz' Ausführungen mit dem<br />
nötigen kritischen Sinne entgegenzutreten. Andrerseits ist z.B. nach<br />
Boer 8) <strong>der</strong> Unsicherheit in <strong>der</strong> lateinisch-griechischen Transkription<br />
<strong>der</strong> betreffenden germanischen Namen nicht grosses Gewicht beizulegen,<br />
weil <strong>die</strong>se ihren Gr<strong>und</strong> haben könne in <strong>der</strong> offenen Aussprache<br />
des germanischen i. Für Schönfeld ist <strong>der</strong> betreffende Wechsel<br />
zwischen e <strong>und</strong> i leicht zu erklären, "wenn man ann<strong>im</strong>mt, daas<br />
ungefähr zu Anfang unserer Zeitrechnung <strong>der</strong> Vokal in best<strong>im</strong>mten<br />
Fällen we<strong>der</strong> ein e o<strong>der</strong> i, son<strong>der</strong>n ein Zwischenlaut gewesen sei, <strong>im</strong><br />
Begriff sich zu i zu entwickeln; dabei könnte allerdings <strong>der</strong> Prozess<br />
in einem Dialekte weiter fortgeschritten sein als zur selben Zeit <strong>im</strong><br />
an<strong>der</strong>en" 9).<br />
Bei all <strong>die</strong>sen Beispielen hat man also möglicherweise mit Lautsubstitution<br />
zu rechnen o<strong>der</strong> jedenfalls mit nicht genauer Wie<strong>der</strong>gabe<br />
<strong>der</strong> Aussprache. Gerade deswegen vermag auch nicht <strong>die</strong><br />
Tatsache, daas einzelne lateinische Wörter <strong>im</strong> Germanischen den<br />
übergang mitgemacht haben (lat. gemma, ae. g<strong>im</strong>, an. g<strong>im</strong>steinn,<br />
16
17<br />
G<strong>im</strong>lë; lat. fJensare, ae. pinsian), in unserer Frage den durchaus<br />
triftigen Beweis zu liefern 10). Immerhin scheint mir wenigstens <strong>der</strong><br />
negative Schluss gestattet, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Lehnwortforschung <strong>der</strong> klassischen<br />
Sprachen sich <strong>der</strong> Annahme einer urgermanischen e-a-Periode<br />
nicht wi<strong>der</strong>setzt.<br />
Dass aber auch <strong>die</strong> ältesten finnischen Lehnwörter (nl. aus den<br />
letzten Jahrhun<strong>der</strong>ten vor unserer Zeitrechnung) aus dem Germanischen<br />
ebenso auf eine urgermanische e-a-Periode hinweisen, ist<br />
in <strong>die</strong>ser Beziehung ein lehrreicher Bef<strong>und</strong>. Unter dem Hauptton<br />
finden sich keine (sicheren) Beispiele mehr mit 0 für urgerm. a,<br />
wohl <strong>im</strong>mer a; dagegen ist e hier noch repräsentiert, z.B. in teljo<br />
<strong>und</strong> rengas. Dasletzte Wort hat übrig'lns a in schwachtoniger Silbe,<br />
<strong>und</strong> man n<strong>im</strong>mt an, <strong>der</strong> übergang 0 zu a sei unter dem Hauptton<br />
noch als älter zu betrachten 11).<br />
Aus <strong>der</strong> Lehnwortforschung darf man schon mit Wahrscheinlichkeit<br />
auf <strong>das</strong> Bestehen einer urgermanischen e-a-Periode schliessen,<br />
<strong>die</strong> annähernd in <strong>die</strong> letzten J ahrhun<strong>der</strong>te vor unserer Zeitrechnung<br />
<strong>und</strong> womöglich auch noch nachher anzusetzen wäre. Später hat<br />
sich e in bedingter Position zu i entwickelt, in <strong>der</strong> einen Stellung<br />
vielleicht eher als in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en.<br />
§ 9. Es gibt jedoch mehr Anhaltspunkte. Wichtiger als <strong>die</strong><br />
Lehnwörter sind <strong>die</strong> germanischen Inschriften. Die Schwierigkeit<br />
ist aber, <strong>das</strong>s sie mit Ausnahme eines einzelnen Falles frühestens<br />
aus dem dritten Jahrhun<strong>der</strong>t unserer Zeitrechnung herrühren. Vor<br />
allem sind bekanntlich <strong>die</strong> urnordischen Runeninschriften zu erwähnen,<br />
<strong>die</strong> eigentlich nicht so viel älter. <strong>und</strong> in vielen Fällen jünger<br />
sind als <strong>die</strong> wulfilanische Bibelübersetzung. Bei ihrem Erscheinen<br />
stehen wir schon in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> getrennten Dialekte.<br />
Es steht aber ein vortreffiicher Zeuge zur Verfügung. Das älteste<br />
schriftliche Denkmal, <strong>das</strong> wir <strong>im</strong> Germanischen kennen, ist <strong>die</strong><br />
Inschrift Harigasti Teiwa, auf einem <strong>der</strong> sog. Negauer Helme<br />
(Steiermark), nl. dem von Marstran<strong>der</strong> genannten Helm B 12).<br />
Diese in einem vorlateinischen (norditalischen) Alphabet abgefasste<br />
Inschrift wird etwa aus dem 2. Jh. vor Chr. stammen, obschon man<br />
sie auch dem 1. o<strong>der</strong> 3. <strong>und</strong> sogar dem 4. Jh. vor Chr. zugeschrieben<br />
hat. Dieser verhältnismässig kleine Datierungsunterschied ist für<br />
unseren Zweck kaum beachtenswert. Der germanische Charakter<br />
<strong>der</strong> Inschrift ist gesichert, wenn man auch über <strong>das</strong> Kasusverhältnis<br />
<strong>der</strong> zwei Komponenten <strong>und</strong> somit über <strong>die</strong> Bedeutung nicht ganz<br />
einigwerdenkonnte. Die zwei ElementeHarigast- <strong>und</strong> Teiw- machen<br />
keine Schwierigkeiten; Teiw- (an. Tyr, alat. deiuos, idg. *dei1UJs)<br />
zeigt den noch nicht zu i monophthongiertcn sog. Diphthong ei,<br />
<strong>der</strong> hier neben Harigast- steht, <strong>das</strong> a aus idg. 0 enthält. Für <strong>das</strong><br />
17
18<br />
Nebeneinall<strong>der</strong> von t-a <strong>im</strong> selben Satz o<strong>der</strong> Wort sei auch an fi.<br />
rengas erinnert. lVIit unserer Inschrift wird jedenfalls <strong>das</strong> Dasein<br />
<strong>der</strong> e-a-Periode einleuchtend bewiesen.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s für idg. ei in allen altgermanischen<br />
Dialekten i begegnet <strong>und</strong> hier also ursprüngliches ei nicht mehr zu<br />
trennen ist von idg. langem i, betrachtet man sehr häufig <strong>die</strong> Entwicklung<br />
von ei zu i als nrgermanisch. Deswegen findet man in<br />
den Handbüchern meistens nUl' eu, ai <strong>und</strong> au als urgermanische<br />
Diphthonge verzeichnet. Aber <strong>das</strong> allgemeine Vorkommen von i<br />
ist noch kein sicherer Anhaltspunkt für eine so frühe Monophthongierung;<br />
i könnte ja erst in <strong>der</strong> gemeingermanischen Periode aus ei<br />
hervorgegangen sein 13). ei in <strong>der</strong> leiw-Form taucht möglicherweise<br />
noch aufin dem nicht gut datierbaren <strong>und</strong> nicht sicheren karelischen<br />
Runkoleivas 14) <strong>und</strong> <strong>im</strong> Namen einer germanischen Göttin n1.<br />
Alaleivia, <strong>der</strong> in einer nie<strong>der</strong>rheinischen Inschrift aus <strong>der</strong> Römerz~it<br />
entdeckt wurde. Auch <strong>im</strong> letzten Fall bietet ei keine völlige<br />
Sicherheit, weil <strong>das</strong> ei-Zeichen mit dem i-Wert <strong>im</strong> damaligen Latein<br />
noch üblich war 15).<br />
§ 10. Durch <strong>die</strong> oben entwickelte Vorstellung <strong>der</strong> Dinge <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> begründete Annahm:e einer e-a-Periode (mit noch in allen<br />
Stellungen unbewegtem e) erhält man jedenfalls ein gleichmässiges<br />
Bild <strong>der</strong> urgermanischen sog. Diphthonge, nämlich ei, eu einerseits<br />
<strong>und</strong> ai, au andrerseits.<br />
ei ist, wie man gesehen hat, in den letzten J ahrhun<strong>der</strong>ten vor<br />
Chr. belegt. ,"Venn man nun sieht, <strong>das</strong>s in den ältesten urnordischen<br />
Inschriften ei zu ï monophthongiert ist (Gis-. vielleicht Personenname,<br />
Hobel von Vi, Dänemark [3. Jh.]; Woduride (-reid-), Dativ<br />
Singular zu * WoduridaR, Personenname, Stein von Tune, N orwegen<br />
[± 400J; minino, Possessivpronomen, Stein von Kj0levig, Norwegen<br />
[Mitte des 5. Jhs.]; minu, Possessivpronomen, Stein von Opedal,<br />
Norwegen [Mitte o<strong>der</strong> erste Hälfte des 5. Jhs.]), aber auch eu vor<br />
i ,u <strong>der</strong> Folgesilbe zu iu wurde <strong>und</strong> in an<strong>der</strong>en Fällen als eu repräsentiert<br />
ist (liubu, Adjektiv, Stein von Opedal; IupingaR, Stein von<br />
Reistad, Norwegen [gegen 500] nebst SkipaleubaR, Personenname,<br />
Stein von Skärkind, Schweden [gegen 450]; LeugaR, Personenname,<br />
Stein von Skääng, Schweden [450-550] 16), dann besteht hier ein<br />
Anlass zu <strong>der</strong> Fragc, ob nicht etwa eine einheitliche Entwicklung<br />
in <strong>die</strong>sen beiden Übergängen (ei > i ; eu > iu) zu erblicken sei; wird<br />
doch in beiden Fällen <strong>das</strong> erste Element e zu i. Die <strong>im</strong> ersten Abschnitt<br />
schon gestreifte <strong>und</strong> unten erörterte Charakterisierung von<br />
ei, eu áls Phonemgruppen e + j, e + y, st<strong>im</strong>mt völlig zu <strong>die</strong>ser<br />
Annahme. Man könnte ja einwenden, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Übergänge sich gar<br />
nicht nebeneinan<strong>der</strong> stellen lassen, weil doch ei > i bekanntlich<br />
18
19<br />
allgemein du{chgeführt wurde <strong>und</strong> eu > iu in bedingter Position<br />
entstand ; betreffs <strong>die</strong>ser Frage solI te hierbei selbstverständlich <strong>die</strong><br />
gotische Entwicklung vorläufig bei Seite gel assen werden. Neben<br />
<strong>die</strong> von alter Tradition kanonisierte Tatsache des allgemein durchgeführten<br />
Wandels von ei zu i möchte ich trotzdem ein Fragezeichen<br />
setzen <strong>und</strong> doch <strong>die</strong> beiden übergänge - sei es denn<br />
vorlällfig als Arbeitshypothese -<br />
als parallel behaupten.<br />
Die zwei Vorgänge sind schon ohne weiteres zwischen den Daten<br />
2. Jh. vor Chr. <strong>und</strong> 3./5. Jh. nach Chr. anzusetzen, wenn man<br />
wenigstens <strong>die</strong> urnordischen Verhältnisse in <strong>die</strong>ser Beziehung für<br />
ein grösseres Gebiet geIten lassen will. Hierbei ist daran zu erinnern,<br />
<strong>das</strong>s auch <strong>das</strong> wulfilanische Gotisch schon, <strong>im</strong> 4. Jh., <strong>das</strong> i-Stadium<br />
aufweist (iu/i (geschr. ei)). Der Annahme gemäss es aeien ei, eu<br />
Phonemgruppen e +i, e + y, muss meine Arbeitshypothese eu ) iu/<br />
ei ) i notwendigerweise geIten für e ) i überhaupt, aber nattirlich<br />
unter den gleichen Bedingungen. Die Chronologie des e-i-überganges<br />
kann in <strong>der</strong> Tat verschieden gewesen sein, je nachdem ob <strong>der</strong><br />
betreffende übergang vor einem verengen den iFaktor <strong>der</strong> Folgesilbe<br />
o<strong>der</strong> vor n + Guttural, resp. n + an<strong>der</strong>em Konsonanten stattfand.<br />
Ferner ist zu bemerken, <strong>das</strong>s hinsichtlich <strong>der</strong> Zeit des überganges<br />
<strong>die</strong> Inschriften <strong>und</strong> <strong>die</strong> Lehnwörter einan<strong>der</strong> nicht wi<strong>der</strong>sprechen.<br />
Mit <strong>der</strong> e-i-Entwicklung wurde aber <strong>das</strong> durchsichtige, <strong>im</strong> ersten<br />
Abschnitt, 1. Tabelle vorgeführte System <strong>der</strong> star ken Verba <strong>der</strong><br />
e-a-Periode als Gesamtheit zerstört, <strong>und</strong> <strong>der</strong> dabei auftretendé<br />
germanische e-a-Ablaut verlor seinen strukturellen Sinn. über <strong>die</strong><br />
zur Frage gestellte einheitliche Entwicklung von e zu i in den<br />
v.erschiedenen Positionen, vor einem verengenden Faktor <strong>der</strong><br />
Folgesilbe, werde ich <strong>im</strong> folgendet;J. Abschnitt noch Wichtiges feststellen<br />
können. lch muss ihm jedoch aus praktischen Gründen eine<br />
Erörterung <strong>der</strong> früheren Erklärungsversuche des ë 2 vorausschicken.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. Erörtenmg <strong>und</strong> Bibliographie bei L. E. van Wijk, Klinker8 Oergerm.<br />
StamsyUaben, 32 f.<br />
2. JEGPh., 6, 253 f. Dazu noch z.B. L. E. van Wijk, Klinker8 Oergerm.<br />
Stamsyllaben, 59. Vgl. auch Collitz, JEGPh, 1, 220 f. - Man hat schon<br />
früh, wenn auch nicht <strong>im</strong>mer <strong>system</strong>atisch, darauf hingewiesen: Bremer,<br />
IF., 4, 21.<br />
3. PBB., 23, 317-318 > Hirt, Handb. Urgerm., I § 29, 1. Vgl. weiter Karsten,<br />
Germanen § 51. - Vielfach wird idg. 0, a > germ. a in Zusammenhang<br />
gesehen mit idg. ö, ä > germ. ö <strong>und</strong> auch mit bekannten ähnlichen Vorgängen<br />
in an<strong>der</strong>en Sprachen <strong>der</strong> indogermanischen Familie, z.B. <strong>im</strong><br />
Balto·Slavischen. Zu <strong>die</strong>ser Frage: N. van Wijk, Een phon. par. Germ.<br />
Slav. Balt., 29 f., <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erörterung bei L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm.<br />
Stamsyllaben, 32 f. mit Bibliographie S. 44-45.<br />
4. Zu got. alëw: L. E. van Wijk, a.a.O., 33-34 <strong>und</strong> Bibliographie S. 45;<br />
19
20<br />
Feist, Vergl. Wtb. got. Spr., i.v. Alew. Vgl. jetzt noch Schwarz, Goten,<br />
Nordgerm., Angels., 22 f.<br />
5. Vgl. Schönfeld, Wtb. altgerm. Pers. <strong>und</strong> Völkern., i.v. Semnonea, Tencteri<br />
nsw.<br />
(j.<br />
Schon bei Bremer, IF., 4, 18; weitere Erörterung bei L. E. van Wijk,<br />
Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 57, 63; Schwarz, Goten, N ordgerm.,<br />
Angels., 52, lUl. Siehe hierbei jedoch auch Collitz, JEGPh., 6, 271 f.<br />
7. Collitz, a.a.O., 256. - Götternamen wie Baudihillia (urgenn. "'-heldi?),<br />
woneben Alaferhuiae mit erhaltenem e VOl' i (vgl. Gutenbrunner, Die<br />
germ. Göttern., 14 f.; insbeson<strong>der</strong>e für Baudihillia S. 43; mit noch mehr<br />
Material <strong>und</strong> Bibliographie) sind hier auch nicht einwandfrei zu verwerten.<br />
8. Oergerm. Handb. § 40, Anm. 1. An<strong>der</strong>er Ansicht ist Collitz, JEGPh.,<br />
6, 258.<br />
9. Wtb. altgerm. Pers. <strong>und</strong> Völkern., XVIII.<br />
10. Luick, Hiat. Gram. engl. Spr., I § 71, Anm. 3.<br />
11. Zur Frage <strong>der</strong> finnischen Lehnwortforschung: Collin<strong>der</strong>, Urgerm. lehnw.<br />
irn finn. Betreffs des idg. 0> germ. a vgl. Collin<strong>der</strong>s SchlUBS, 80.80.0., 40:<br />
"Ein indoeuropäisches ó <strong>der</strong> wurzelsilbe ist· somit <strong>im</strong> gennanischfinnischen<br />
lehnwortschatz nicht bezeugt". Wohl aber in Endsilben<br />
(0,.0,.0. § 70). Siehe noch Setälä, Herkunft <strong>und</strong> chrono germ. lehnw., 23,<br />
26; Karsten, Germanen § 51; Wikl<strong>und</strong>, lF., 38, 86 f. - Betreffs ft.<br />
rengaa: schon bei Noreen, Urgerm. Lautl., 13, an. hringr, urgerm.<br />
"'hrengaz. Vgl. Setälä, Herkunjt, 7; Collin<strong>der</strong>, Urgerm. lehnw. § 11 <strong>und</strong><br />
§ 223. - Fi. teljo neben an. pilja ist zu beachten als eine Entlehnung<br />
VOl' <strong>der</strong> Zeit des i -Umlauts von e (Setälä, Herkunft, 7; Collin<strong>der</strong>, Urgerm.<br />
lehnw., 12). - Beispiele mit bewahrtem urgermanischen ei sind<br />
nicht lUit Sic her heit nachzuweisen (0,. 11.0. § 10). - lch sche keinen<br />
Gr<strong>und</strong>, mit Collitz, JEGPh., 6, 284 <strong>die</strong> Richtigkeit von ft. rengaa anzuzweifeln.<br />
Auch Collitz' "Pr<strong>im</strong>itive Germanic" Kürzen<strong>system</strong> (i, a, u;<br />
vgl. MLN., 20, 65 f. <strong>und</strong> 33, 321 f.) ist seitdem mit Fug als verfehlt<br />
betrachtet. Zur Kritik siehe u.a. Sverdrup, NTS., I, 192-193 <strong>und</strong><br />
L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 47 f. V gl. jetzt Twaddell,<br />
Lang. 24, 139 f., insbeson<strong>der</strong>e 146 <strong>und</strong> unten den fünften Abschnitt.<br />
12. Marstran<strong>der</strong>, Inscr. caaques de Negau, 37 f.; <strong>der</strong>s., Rem. inacr. caaquea<br />
de Negau et de Watach, 9 f.; Kretschmer, ZfdA., 66, 1 f.; Specht, KZ.,<br />
60, 130f.; Neckel, KZ., 60, 282f.; Krogmann, KZ., 64, 269f.; Lindquist,<br />
HlewagaatiR och Harigaati Teiua, 97 f.; Althe<strong>im</strong>-Trautmann,<br />
Urspr. Runen, 36 f.; Althe<strong>im</strong>-Trautmann-Nehring, K<strong>im</strong>b. <strong>und</strong> Runen,<br />
(35) 36; Reinecke, N egauer H elmj<strong>und</strong>, 117 f. (von archäologischem<br />
iStandpunkt <strong>und</strong> sehr ausführlich) ;Reichardt, Lang., 29, 306 f.<br />
13. Hirt" dandb. Urgerm., l, 37 n<strong>im</strong>mt für <strong>das</strong> Urgennanische <strong>die</strong> unverän<strong>der</strong>ten<br />
Diphthonge ei, eu ani siehe auch S. 31l; auch so Krause, Altwestnord.<br />
Gram. § 7. Vgl. Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 55-56.<br />
14. Collind"r, Urge1'm. lehnw. §§ 55, 60. Karsten, Germ.-finn. Lehnw., 4<br />
sieht hierin idg. ei> Karsten, Germanen, 188. Auch so Reichardt, Lang.,<br />
29, 307: "the Karelian runko-teivaa 'rye god' showed an unmistakable<br />
diphthong". V gl. dagegen Wikl<strong>und</strong>, IF., 38, 96 f.; Toivonen, FuF.,<br />
15, 86.<br />
15. Vgl. Hirt, Handb. Urgerm., l, 38-39. Weiter: Karsten, Germ.-finn.<br />
L ehnw., 4 <strong>und</strong> vor allem Gutenbrunner, Die germ. Göttern., 98-99;<br />
Reichardt, Lang., 29, 307. Der Wert des ei bleibt jedoch unsicher,<br />
so <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Annahme (z.B. Much, PBB., 17, 168; Noreen, Urgerm.<br />
Lautt., 15, Anm. 3), idg. urgerm. ei käme noch vor <strong>im</strong> Gemeingermanischen,<br />
auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> alleinigen Alateivia-Form allerdings als nicht<br />
20
21<br />
überzeugend eracheint. - Zu beachten ist jedenfalla noch, <strong>das</strong>s in den<br />
antiken Inschriften ei <strong>und</strong> i irn selben germanischen Namen wechseln:<br />
Freiatto, Friatto, FriattiUB (Peraonennamen); vgl. Gutenbrunner, Die<br />
Germ. Göttern., 10, 14 mit Bibliographie.<br />
16. Hier werden <strong>die</strong> von Krause, Runeninschr. ält. Futhark, mitgeteilten<br />
Datierungen übernommen, obwohl noch zur Nachprüfung vielfach<br />
an<strong>der</strong>e Arbeiten zu Rate gezogen wurden. Die Datierungsunterschiede<br />
(irn allgemeinen von höchstens einem o<strong>der</strong> zwei Jahrhlm<strong>der</strong>ten; vgl.<br />
hierzu Karaten, Germanen, 160) beeinfiussen meine Schlfusse nicht. Gis<br />
(Krause, S. 604 f.), Woduride (S. 538 f.), minino (S. 556 f.), minu <strong>und</strong><br />
liubu (S. 552 f.), IujJingaR (S. 545 f.); SkijJaleubaR (S. 586 f.), LeugaR<br />
(S. 569 f.). Bei je<strong>der</strong> Inschrift gibt Krause <strong>die</strong> Literatur. Neben Gisgehört<br />
<strong>der</strong> Peraonenname Asugisalas, Genetiv zu *AnsugislaR, auf dem<br />
Lanzenschaft von Kragehul, Dänemark [500-550J (Krause, S. 482 f.);<br />
bei Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Formenl. des AltisI., Il, 32, ist Kragehul<br />
auf [400J datiert, <strong>und</strong> <strong>das</strong> betreffende Wort ist nebst Woduride [hier<br />
5. Jh.1 als Beispiel für ei> ï erwähnt; bei Jacobsen- Moltke (u.a.),<br />
Danmarks Runeindakr., Text, Sp. 234 (196), ist <strong>die</strong> Datierung von<br />
Kragehul [350-550J ; vgl. <strong>die</strong> TabelIe bei Von Friesen, Rö-stenen, 30. Das<br />
gis-Element ist in Personennamen in den germanischen Sprachen über.<br />
haupt gut bekannt. Dasa hier i aus ei vorliegt, eraieht man aus ablau·<br />
tendem an. Gisle (Mannsname) : geisl, geisle ,.Stock" (Noreen, Altisl.<br />
aUnorw. Gram. § 165; vgl. Br0ndum-Nielsen, Gammeldansk Gram.,<br />
I § 61). Das ablautende gaiza- ist reich repräsentiert; siehe Schönfcld,<br />
Wtb. Altgerm. Per8. <strong>und</strong> Völkern., i.v. Giso. - Auch vor R wurde altes<br />
eu anscheinend schon <strong>im</strong> Urnordischen zu iu; vgl. Noreen, Altisl.<br />
aUnorw. Gram. § 71, 7; HeusIer, Altisl. Elementarb. §§ 49, 63; Krause,<br />
AUwestnord. Gram. § 16.<br />
21
III<br />
DER URSPRUNG DES SOG. ë 2<br />
§ 11. Das Problem des sog. ë 2 ist niemals zur allgemeinen<br />
Befriedigung gelöst worden. Die Benennungen ë 1 <strong>und</strong> ë 2 , <strong>die</strong> man<br />
in den Handbüchern öfters nebeneinan<strong>der</strong> erwähnt findet, sind schon<br />
irreführend, weil sie eine urgermanische Doppeltheit suggerieren,<br />
<strong>der</strong>en Vorkommen in <strong>die</strong>ser Periode gewiss nicht bewiesen ist.<br />
Sicher ist nur, <strong>das</strong>s ë 1 indo- <strong>und</strong> urgermanisch, <strong>und</strong> auch <strong>das</strong>s ë 2<br />
gemeingermanisch ist, denn <strong>der</strong> V okal begegnet <strong>im</strong> ganzen germanischen<br />
Gebiet 1),<br />
Aus einzelnen Formen wie z.B. got. hër, ahd. hër, hear, hiar, got.<br />
tëra, ahd. teara, tiara ist kein zwingen<strong>der</strong> Beweis für den urgermanischen<br />
Charakter des ë 2 zu gewinnen. Ebensowenig weisen <strong>die</strong><br />
Lehnwörter mit ë 2 aus den klassischen Sprachen, insbeson<strong>der</strong>e aus<br />
dem Vulgärlatein (z.B. got. krëks, ahd. kriach, ae. Orëcas; got. mës,<br />
ahd. mias, ae. mëse) auf <strong>die</strong> urgermanische Periode hin. Nur eins ist<br />
daraus deutlich, nämlich <strong>das</strong>s zur Zeit <strong>der</strong> Entlehnung <strong>die</strong>ser<br />
Fremdwörter ë 2 <strong>im</strong> Germanischen schon da war. Auffallend ist jedoeh,<br />
daas ë 2 gerade seine grösste Verbreitung in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />
Klasse kennt. Ebensowenig wie <strong>im</strong> Urgermanischen kann man in<br />
den überlieferten Vokal<strong>system</strong>en <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte von<br />
einem ë 1 -ë 2 -Paare reden. Im Nordgermanischen <strong>und</strong> <strong>im</strong> ëstlichen<br />
Teil des Westgermanischen ist altes ë 1 über re des Gemeingermanischen<br />
zu a geworden. Im westlichen Westgermanischen, also <strong>im</strong><br />
N ordseegermanischen ist höchst wahrscheinlich re erhalten geblieben,<br />
wob ei hier vielleicht eine kom binatorische a-Variante auftrat<br />
(vgl. <strong>die</strong> Entwicklung von altem ë 1 + Nasal <strong>im</strong> Altenglischen <strong>und</strong><br />
Altfriesischen). Die a-Expansion (a < ë 1 ) hat also <strong>das</strong> Nordseegermanische<br />
nicht o<strong>der</strong> kaum erreicht. In best<strong>im</strong>mten Dialekten des<br />
Nordseegermanischen wurde re wie<strong>der</strong> zu ë verengt, <strong>das</strong> dort mit ë 2<br />
zusammenfallen konnte 2). Dies ë 2 setzt seinen Weg als Parallelvokal<br />
des ö fort. Im Gotischen sind ë 1 <strong>und</strong> ë 2 zusammengefallen 3) , <strong>und</strong><br />
hier ist deshalb ë 2 nur auf Gr<strong>und</strong> germanischer Sprachvergleichung<br />
nachzuweisen.<br />
In den altgermanischen Dialekten findet man also für ë 1 <strong>und</strong><br />
ë 2 entwe<strong>der</strong> Zusammenfall o<strong>der</strong> deutlichen Unterschied, wobei<br />
es nicht zweck<strong>die</strong>nlich erscheint, von einem Paare zu sprechen.<br />
Die verschiedene Behandlung in den Dialekten setzt für ë 1 <strong>im</strong><br />
Gemeingermanischen den re-Wert voraus. Zu jener Zeit konnte <strong>die</strong>s<br />
22
23<br />
re <strong>die</strong> Stelle des zu ö verwandelten idg. ä einnehmen. Das bereits in<br />
gemeingermanischer Zeit aus ei, in <strong>der</strong> Stellung ei+n+h entstandene<br />
ä war damals noch nasaliert <strong>und</strong> ist demnach am besten für jene<br />
Zeit als kombinatorische Variante des kurzen a zu betrachten 4).<br />
§ 12. Vor allem soUte man hier <strong>die</strong> intern-germanischen<br />
Verhältnisse <strong>und</strong> Tatsachen in Betracht ûehen, denen man in den<br />
bisherigen Erklärungsversuchen des ë 2 lei<strong>der</strong> allzu wenig Rechnung<br />
getragen hat. Mit Ausnahme von einem sind alle früheren Erklärungsversuche<br />
als offenbare Missgriffe schon wi<strong>der</strong>legt worden <strong>und</strong><br />
hier fernzuhalten 5).<br />
Diejenige Erklärung, <strong>die</strong> sich bis jetzt erhalten hat - sei es für<br />
manchen auch nur als Arbeitshypothese - gab Jellinek, <strong>der</strong> ë2 aua<br />
idg. ëi herrühren liess 6). Seine Hypothese fand eine Stütze bei <strong>der</strong><br />
Brugmannschen Theorie betreffs des ë 2 aus idg. ëi in <strong>der</strong> nord- <strong>und</strong><br />
westgermanischen sog. reduplizierenden Klasse 7). Diese Theorie<br />
wird noch <strong>im</strong> folgenden Abschnitt zur Sprache kommen. Zunächst<br />
möchte ich hier Jellineks Argumentierung erörtern.<br />
Den an<strong>der</strong>en phantasiereichen Erklärungsversuchen steIlte J ellinek<br />
<strong>die</strong> wirklich positive Tatsache gegenüber, <strong>das</strong>s ë 2 in verschiedenen<br />
FäIlen neben l steht (~ot. hër gegenüber h<strong>im</strong>ma, hina; ahd. stiega<br />
gegenüber stiga usw.). Jellinek schlass demnach aus guten Gründen:<br />
"Es scheint also, <strong>das</strong>s man germ. ê 2 als einen ablaut <strong>der</strong> ei-reihe zu<br />
betrachten hat" 8). Der Begriff "Ablaut" hat ihn aber zum Folgenden<br />
geführt: "Es fragt sich nun welche stelle nahm ê 2 in <strong>der</strong> eireihe<br />
ein? Aus <strong>der</strong> vergleichung van ags. hér <strong>und</strong> ]xÉr, d.i. germ.<br />
hë 2 r <strong>und</strong> pë 1 r, scheint sich zu ergeben, <strong>das</strong>s einem ê 1 <strong>der</strong> ejo-reihe<br />
ein ê 2 <strong>der</strong> ei-reihe entspricht. Daraus scheint weiter zu folgen, <strong>das</strong>s<br />
ê 2 <strong>im</strong> germ. aus ëi entstanden ist" 9).<br />
Diese scheinbar bündige Beweisführung ist jedoch falsch <strong>und</strong><br />
fusst auf einer rein theoretisch en Gr<strong>und</strong>lage. Mit <strong>der</strong> Annahme von<br />
ë 2 aus idg. ëi wird zu gleicher Zeit <strong>das</strong> Problem des Weiterlebens <strong>der</strong><br />
sog. indogermanischen Langdiphthonge <strong>im</strong> Germanischen gestellt.<br />
Jellinek erkannte zwar <strong>die</strong> Schwierigkeiten gerade, worauf er selbst<br />
hinwies, weil Schmidts damals schon erschienene Ausführungen 10)<br />
über <strong>die</strong> Langdiphthonge nicht zu Gunsten jener Lösung sprachen.<br />
Es ist wohl begreiflich, <strong>das</strong>s man gegen sie yon varnherein Bedenken<br />
gehegt hat <strong>und</strong> noch vierzig J ahre später Hirt folgendes, richtiges<br />
Urteil über sie bringen konnte: "für ëi ist <strong>im</strong> Germ. wenig Raum,<br />
da es wohl schon <strong>im</strong> ldg. zu ë geworden ist <strong>und</strong> sich <strong>die</strong>ses ë nicht<br />
von dem ursprünglichen ë unterscheidet. Vgl. g. létan, ahd. läzzan:<br />
lito léidz'u . .. Man müsste also annehmen, <strong>das</strong>s sich <strong>der</strong> Diphthong<br />
ëi in einigen Fällen erhalten hat o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Germ. neu entstanden ist.<br />
Anhaltspunkte dafür haben wir nicht. lch hege daher gegen <strong>die</strong>se<br />
23
24<br />
Erklärung grosse Bedenken, vor allem weil wir in keinem einzigen<br />
Fall eine entsprechende Form in einer an<strong>der</strong>en Sprache nachweisen<br />
können" 11).<br />
§ 13. Wie steht es denn eigentlich mit den indogermanischen<br />
Langdiphthongen (d.h. den ursprünglich langen o<strong>der</strong> den gedehnten)<br />
12) <strong>im</strong> Germanischen 1 Zuerst folgendes. Ich kann Lehmann<br />
völlig beipflichten, wenn <strong>die</strong>ser behauptet, <strong>das</strong>s "PIE (Proto-Indo<br />
European) had no diphthongs, but rather clusters of vowel and<br />
resonant, of resonant and vowel" 13). Wir haben <strong>im</strong> Indogermanischen<br />
deutlich mit Phonemgruppen zu tun, weil z.B. <strong>der</strong>en<br />
Komponenten hier <strong>und</strong> in an<strong>der</strong>er Verbindung eine einheitliche<br />
Entwicklungaufweisen. Illustrierend ist <strong>der</strong> Ubergang von idg.<br />
o zu germ. a, auch in oi ) ai <strong>und</strong> ou ) au.<br />
Die urgermanischen sog. Diphthonge ei, eu, ai, au sind gleichfalls<br />
als Phonemgruppen zu sehen, wie oben (§§ 1-2, 10) schon angenommen<br />
wurde <strong>und</strong> unten (vor allem § 20) noch dargetan wird. In<br />
<strong>die</strong>ser Hinsicht stellt sich eine indogermanisch-urgermanische<br />
Kontinuität heraus. Wenn ich somit hier von "Diphthongen"<br />
spreche, wird man auch für <strong>das</strong> Indogermanische wie für <strong>das</strong> älteste<br />
Germanische mit Phonemgruppen o<strong>der</strong> sog. Standdiphthongen zu<br />
rechnen haben. Auch <strong>der</strong> sog. indogermanische Langdiphthong war<br />
also eine Phonemgruppe (cluster). .<br />
Trotz aller Bemühungen ist man in <strong>der</strong> Frage, wie Bich <strong>die</strong> indogermanischen<br />
Langdiphthonge <strong>im</strong> Germanischen entwickelt haben,<br />
noch nicht zu klarer EinBicht gekommen. Im allgemeinen darf man<br />
wohl folgendes sagen. In <strong>der</strong> indogermanischen Zeit <strong>und</strong> möglicherweise<br />
unter beson<strong>der</strong>en Bedingungen ist in best<strong>im</strong>mten Langdiphthongen<br />
<strong>der</strong> zweite Bestandteil geschw<strong>und</strong>en. Im Germanischen<br />
traten dafür Längen auf, <strong>die</strong> sich nach dem bestehenden, germanischen<br />
Längen<strong>system</strong> gerichtet haben 14); vgl. z.B. got. fWdU8, an.<br />
flöd, ahd. fluot uSW. nebst gr. nÀaJTóç (aus idg. öu) gegenüber an.<br />
fljöta, ahd. fliozan uSW. mit Ablaut (idg. eu) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>em Formans.<br />
Man n<strong>im</strong>mt weiter an, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> erhaltenen Langdiphthonge, zu<br />
denen also ë uSW. + LiquidajN asal zu zählen sind, <strong>im</strong> Germanischen,<br />
in tautosyllabischer Stellung ihren ersten Komponenten gekürzt<br />
haben. Die angeführten Beispiele sind wenig zahlreich <strong>und</strong> sagen<br />
übrigens nicht viel, weil man meistens mit ebensoviel Recht <strong>die</strong><br />
Kürze als ursprünglich ansetzen könnte. Auch <strong>die</strong> Zeit des Vorganges<br />
lässt sich am Material nicht mit Sicherheit best<strong>im</strong>men. Für<br />
<strong>das</strong> ziemlich hohe Alter könnte noch <strong>die</strong> Tatsache sprechen, <strong>das</strong>s<br />
<strong>der</strong> Vorgang auchinan<strong>der</strong>enindogermanischen Sprachen begegnet 16 ).<br />
Gewöhnlich werden folgende Beispiele erwähnt: idg. àu (lat.<br />
nävis, ai. näU{J) gegenüber germ. au (an. naU8t); idg. öi (alat. ploirume<br />
24
25<br />
"plur<strong>im</strong>i", ai. präya- "mehr") gegenüber germ. ai (an. fleiri "mehr") ;<br />
weiter: got. windB usw., lat. ventus (*yëntos) gegenüber ai. väyati;<br />
got. m<strong>im</strong>z gegenüber ai. mä1Jt8am. Man darf hier wohl <strong>die</strong> Tatsache<br />
hervorheben, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se für <strong>das</strong> Germanische hypothetischen<br />
Langdiphthonge <strong>die</strong> übergänge nicht nur <strong>der</strong> Vokale, son<strong>der</strong>n<br />
gegebenenfalls auch <strong>der</strong> Kurzdiphthonge mitgemacht haben. Am<br />
einfachsten lässt sich <strong>die</strong>s so erklären, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> übergang von<br />
Langdiphthong zu Kurzdiphthong bereits geschehen war, bevor<br />
jene übergänge stattfanden, o<strong>der</strong> wenigstens während sie sich vollzogen.<br />
Auch aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> ist <strong>die</strong>se Kürzung mindestens zum<br />
ältesten Urgermanischen o<strong>der</strong> zum Vorgermanischen zu rechnen I8 ).<br />
§ 14. Wenn man <strong>die</strong> Sache strukturell betrachtet, lässt sich<br />
folgendes geItend machen. Eins ist deutlich, nämlich <strong>das</strong>s <strong>die</strong> indogermanischen<br />
Langdiphthonge <strong>im</strong> vokalischen System des Germanischen<br />
aufgegangen sind, ohne Spuren ihres Daseins zu hinterlassen.<br />
Ablautverhältnisse innerhalb des Germanischen können zwar hinweisen<br />
auf ursprüngliche Langdiphthonge (vgl. <strong>das</strong> oben erwähnte<br />
Beispiel got. jlOdus usw.), sind aber noch keine Zeugen für <strong>das</strong><br />
wirkliche Vorkommen <strong>der</strong> Langdiphthonge <strong>im</strong> Germanischen<br />
selbst; <strong>im</strong> betreffenden Beispiel ist ó gerade sicher schon vorgermanisch,<br />
wie a~s gr. nAw't'6ç hervorgeht 17).<br />
. Wenn ich jedoch feststelle, <strong>das</strong>s indogermanische Langdiphthonge<br />
<strong>im</strong> vokalischen System des Germanischen keine Spuren hinterlassen<br />
haben, dann bedeutet <strong>das</strong> hier, <strong>das</strong>s sie <strong>im</strong> historischen Germanischen<br />
keine eigenen Phoneme hervorgebracht haben 18). Die einzige Ausnahme<br />
würde gerade ë 2 aus idg. ëi sein. Dieser Ausnahmecharakter<br />
macht <strong>die</strong> Herleitung des ë2 aus idg. ëi nicht wahrscheinlicher,<br />
zumal <strong>das</strong> Pendant von idg. ëi, nämlich óu keinen AnIass zu einem<br />
eigenen Phonem gab 19). Triftige Gründe für eine solche Abweichung<br />
sind ausserdem nicht zu geben. Man könnte deshalb am besten <strong>die</strong><br />
ganze Sache umkehren <strong>und</strong> sagen, <strong>das</strong>s man idg. ëi <strong>im</strong> Germanischen<br />
als apartes Phonem weiter leben liess "pour Ie besoin de la cause" ,<br />
nämlich wegen des <strong>und</strong>eutlichen .ë2. Ganz <strong>im</strong> Einklang mit <strong>der</strong><br />
Entwicklung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sog. indogermanischen Langdiphthonge<br />
hätte doch ein indogermanisches ëi - m.E. schon <strong>im</strong> Urgermanischen<br />
- in <strong>der</strong> Stammsilbe als ei (zusammenfallend mit altem<br />
ei> i) o<strong>der</strong> als ë (zusammenfallend mit altem ë,d.h. ë 1 ) erscheinen<br />
müssen. Selbstverständlich konnte auch i auftreten als Schw<strong>und</strong>stufe<br />
zu idg. ëi. Jedenfalls hätte sich auf <strong>die</strong>se Weise <strong>der</strong> Vokalismus<br />
<strong>der</strong> indogermanischen ëi-Reihe <strong>im</strong> germanischen (schon <strong>im</strong> urgermanischen)<br />
System aufgelöst. Dass man in <strong>der</strong> germanischen ei-Reihe<br />
Refiexe <strong>der</strong> indögermanischen ëi-Reihe wie<strong>der</strong>finden wird, aber<br />
nicht als eigene Phoneme, ist also nichts Merkwürdiges 20).<br />
25
26<br />
Dieser Erörterung gemäss konnte ein eventueller übergang ëi > ë 2<br />
nur mittelbar, d.h. durch eine germanische Zwischenstufe, vor sich<br />
gegangen sein, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Konsequenz ist folgende : wenn man sogar den<br />
p- 2 _ Fällen sic here indogermanische Verwandten mit ëi beige ben könnte,<br />
würden <strong>die</strong>se nur <strong>die</strong> Verwandtschaft, aber nicht einen Vorgang ëi > ë2<br />
erweisen können 21). Deswegen muss ich jede Erklärung, <strong>die</strong> ëi > ë2<br />
voraussetzt, von vornherein ablehnen, also auch jene von Lehmann<br />
22), <strong>der</strong> letzthin <strong>die</strong> ë 2 -Frage mit den Ergebnissen <strong>der</strong> Laryngaltheorie<br />
konfrontiert hat.<br />
§ 15. Aus verschiedenen Gründen möchte ich dennoch Lehmanns<br />
Behandlung berücksichtigen. Er machte den üblichen<br />
Unterschied <strong>der</strong> Fälle, in denen sich ë2 findet: A) Bei Substantiven<br />
usw., in denen es von ëi hergeleitet wird ; B) Als Präteritalvokalismus<br />
in <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse; C) Gegenüber iz; D) Bei Pronominalformen<br />
; E) Bei Lehnwörtern.<br />
Für A ging auch er also von Jellineks Erklärung aus, nämlich<br />
ëi > ë 2 , wenn auch schon sein Ausgangspunkt sich von <strong>der</strong> Jellinekschen<br />
Theorie unterscheidet. So schrieb Lehmann: "Jellinek had<br />
already pointed out the presence of i in cognates of words with ë2.<br />
We should not expect to find i if ë 2 had developed from lengthened<br />
grade forms of PIE ei. For IE i developed from short i lengthened<br />
up on loss of a laryngeal .. . Moreover , normal grade forms would be<br />
much more likely than lenghtened grade forms in 0<br />
sterns like<br />
schiet 'crooked'. Morphological evi<strong>der</strong>ice therefore points to<br />
<strong>der</strong>ivation of words with ë 2 from the normal grade of 'originallong<br />
diphthongs', that is, in terms of laryngeal theory, /eXy/ " 23). Die<br />
Sache ist klar : Lehmann konnte nicht mit gedehntem Langdiphthong<br />
ëi rechnen, son<strong>der</strong>n nur mit sog. ursprünglichem Langdiphthong<br />
ëi, d.h. <strong>im</strong> Sinne·<strong>der</strong> Laryngaltheorie e + Laryngal X + y,<br />
zu dem <strong>die</strong> Vérwandten mit i als "reduced grade" gut st<strong>im</strong>men.<br />
Aber <strong>die</strong> von Jellinek berücksichtigten i-Fälle hatten auch i aus<br />
altem ei. Dass Jellinek in erster Linie an <strong>die</strong> ei/oi/i-Reihe dachte,<br />
ersieht man ausserdem aus seiner oben angeführten Proportion :<br />
"ê 1 <strong>der</strong> e/o-reihe" entspricht .,ê 2 <strong>der</strong> ei-reihe". Der Wert <strong>die</strong>ser<br />
Proportion spielt hier weiter keine Rolle.<br />
Nun solI dabei betont werden, <strong>das</strong>s Lehmann von einer unsicheren<br />
Prämisse ausging, wenn er in germanischen i-"cognates" mit<br />
schw<strong>und</strong>stufigem i neben ëi rechnete. So sagte er: "We find the reduced<br />
grade . . . in Gk. xetw "anoint" and OIcel. gr{ma "mask" <strong>und</strong><br />
"we find reduced grade forms with i, e.g. OE wir "wire", OE wil<br />
"trick" 24). Dass i von an. gr<strong>im</strong>a <strong>und</strong> vor allem von ae. wir, wil usw.<br />
schw<strong>und</strong>stufig neben ëi (eXy) stehe <strong>und</strong> nicht aus ei herrühre, mU88<br />
vorläufig dahinstehen.<br />
26
27<br />
Für seinen Zweck konnte Lehmann zwar auch aussergermanisches<br />
i verwenden, <strong>und</strong> <strong>die</strong>s hat er z.B. noch in folgenden FälIen<br />
getan: got. fëra, ahd. fiara neben ai. sphära, sphäyate, 8phita, sphäti;<br />
ahd. stiega usw. neben lat. vestigium. Diese Verwandtschaften sind<br />
nicht nur unsicher; aber wenn man sie noch billigen kann, bleibt in<br />
einem Fall wie vestigium <strong>die</strong> Herkunft des i fraglich.<br />
§ 16. Lehmanns Behandlungsweise des Problems bietet eine<br />
willkommene Gelegenheit, nochmals <strong>die</strong> Zugehörigkeit <strong>der</strong> betreffenden<br />
ë 2 -Fälle zur ei-Reihe hervorzuheben, d.h. meiner Ansicht<br />
nach: zur germanischen ei-Reihe. Diese Zugehörigkeit ist nämlich<br />
<strong>die</strong> einzige Tatsache, <strong>die</strong> ausser Zweifel steht. Beispiele hat schon<br />
Jellinek angeführt. Ich möchte hier, auch <strong>im</strong> Vergleich mit Lehmanns<br />
Material einige Fälle zusammenstellen, aus denen <strong>die</strong><br />
betreffende Zugehörigkeit überdeutlich hervorgeht.<br />
1. Neben dem in allen germanischen Dialekten begegnenden<br />
Verb got. steigan, staig,.stigum, stigans, ahd. stigan usw. findet sich<br />
eine ganze Reihe von Substantiven in den verschiedenen Ablautstufen,<br />
z.B. an. stigr, ae. stig "Steig, Pfad" (i < ei); got. staiga<br />
"Steig. Weg", ahd. steiga "steigen<strong>der</strong> Weg" (ai); an. stigr, mnd.<br />
stëch "Steig, Pfad", ahd. stëg "Steg" (i, auch > ë). Im Althochdeutsc<br />
hen stehen noch schön nebeneinan<strong>der</strong>: stiga "Steig, Pfad" (i < ei),<br />
steiga "steigen<strong>der</strong> Weg" (ai), stiega "Steigung, Treppe" (<strong>das</strong> letzte<br />
mit ë 2 ; vgl. nhd. Stiege). Die Reihe eijaiji mit ë 2 hat hier einen vollständigen<br />
Beleg gef<strong>und</strong>en. Trefflich ist ausserdem, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en<br />
indogermanischen Sprachen mit verschiedenen Ablautstufen sehr<br />
deutlich auf <strong>die</strong>selbe Reihe hinweisen: gr. aTEtXW "ich steige" ,<br />
aks!, po-stignq.ti "erreichen", ai. stighnoti .,er steigt", aks!, stb( d )za,<br />
lito stiga, "Pfad" , gr. Gr:txoç, aToixoç "Reihe".<br />
Hierbei hat Lehmann auch lat. vestigium herangezogen, zwar mit<br />
Vorbehalt, denn <strong>die</strong>se Erklärung des lateinischen W ortes wird nicht<br />
allgemein gebilligt. übrigens, wenn vestigium tatsächlich bei <strong>die</strong>ser<br />
Wortsippe einzureihen wäre, braucht <strong>das</strong> i, wie oben gesagt, noch<br />
nicht als Reflex <strong>der</strong> Schw<strong>und</strong>stufe von ëi zu geIten. Lehmann selbst<br />
sagte: "our evidence for assuming j(s)teXygh-j is smalI" 26).<br />
Bei solchen deutlichen Belegen, wie <strong>die</strong>se <strong>die</strong> Wortfamilie von<br />
(s)teigh- bietet, ist m.E. allein <strong>die</strong> ei-Reihe, sowohl für <strong>das</strong> Indogermanische<br />
wie für <strong>das</strong> Germanische, in Betracht zu ziehen. Vnd<br />
doch begegnet hier ë2 <strong>im</strong> Germanischen! Im Sinne Jellineks wäre<br />
zwar mit einem gedehnten Langdiphthong ëi zu rechnen, aber auch<br />
<strong>die</strong>s ist durchaus hypothetisch 28).<br />
2. Gegenüber mhd. schief "schief" (ë2) ist an. 8keifr, ae. swf,<br />
mhd. (dia!.) scheib, nd!. scheef "schief" (ai) <strong>und</strong> hessÎBch-fränkisch<br />
27
28<br />
8chepp (mit e < i) zu erwähnen. Auch hier ist <strong>die</strong> germanische ei<br />
Reihe also klar repräsentiert.<br />
3. Obschon man mit <strong>der</strong> Wortgruppe von wiege mehr o<strong>der</strong><br />
weniger in <strong>die</strong> Gefühlssphäre gerät <strong>und</strong> auch <strong>die</strong> Frage des Verhältnisses<br />
zu wägen usw. aufkommt, darf man doch nebeneinan<strong>der</strong><br />
stellen: mhd. nhd. wiege, mnl. wieghe, ndl. wieg "Wiege" (ë2) <strong>und</strong><br />
mhd. weigen "schwanken, wackeln" (ai) <strong>und</strong> ahd. wiga, afri. widze<br />
"Wiege" (i).<br />
4. Neben i steht ai <strong>und</strong> ë 2 : ae. wir, mnd. wire "Metalldraht,<br />
daraus gew<strong>und</strong>ener Schmuck", vgl. an. vira-virki "Arbeit aus<br />
Metalldraht"; ae. wär "Seegras" (ai); ahd. wiara "Gold- o<strong>der</strong> Silberdraht,<br />
feines Gold" (ë 2 ); ndl. wier "Seegras, Tang" kann sowohl<br />
i als ë 2 haben.<br />
5. Neben i tritt ë 2 auf: an. tirr, ae. as. tir "Ehre, Ruhm"; ahd.<br />
zëri, ziari "kostbar, herrlich", ziari "Schönheit, Zier"; ae. wil<br />
"List, Kniff"; an. vël "Kunst, Kniff"; vgl. auch ae. Wëland,<br />
wozu <strong>im</strong> Deutschen Wieland.<br />
6. Neben ë 2 steht i: got. an. ae. Mr, ahd. hiar "hier" usw.;<br />
got. h<strong>im</strong>ma, hina, hidre, ae. hi<strong>der</strong> usw. In afri. hir (woraus vielleicht<br />
as. hir) liegt lokaler ë-i-übergang vor.<br />
Die vorgeführten Beispiele sind für meinen Zweck ausreichend.<br />
§ 17. Lehmann ist auch für <strong>die</strong> Erklärung des ë2 als Präteritalvokalismus<br />
in <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse (B) von idg. ëi (eXy)<br />
ausgegangen. Auch hier gilt <strong>das</strong> Hauptbedenken, <strong>das</strong>s idg. ëi <strong>im</strong><br />
germanischen System kein eigenes Phonem erzeugt hat. Unten<br />
(§ 33) bei meiner Behandlung <strong>der</strong> reduplizierenden Verba werde ich<br />
noch kurz darauf eingehen. .<br />
Die folgenden, bei Lehmann unterschiedenen Kategorien, nl. C<br />
(gegenüber iz), D (bei Pronominalformen), E (bei Lehnwörtern)<br />
sind in <strong>der</strong> Herkunftgeschichte des ë 2 nicht als pr<strong>im</strong>är zu betrachten;<br />
sie haben nicht eine determinierende Rolle in <strong>der</strong> Entwicklung des<br />
vokalischen Systems gespielt. Diese Kategorien werden noch weiter<br />
unten (§ 28) erwähnt.<br />
In übereinst<strong>im</strong>mung mit <strong>der</strong> Herleitung des ë2 aus idg. ëi hat<br />
Brugmann, für <strong>die</strong> Erklärung eines Teils <strong>der</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen<br />
reduplizierenden Verba, sich wie<strong>der</strong> auf rein theoretischer<br />
Gr<strong>und</strong>lage auf idg. ëu berufen 27). Aus dem jö vor k <strong>und</strong> p <strong>der</strong><br />
altnordischen Präterita jök (auka) <strong>und</strong> hljöp (hlaupa) hat Boer 28)<br />
weiter geschlossen, <strong>das</strong>s urgerm. ëu (idg. ëu) <strong>im</strong> Urnordischen noch<br />
nicht mit urgerm. eu zusammengefallen war. Im Sinne Boers blieb ëu<br />
wohl ein eigenes Phonem <strong>und</strong> sogar bis in ein rein hypothetisches Urnordisch<br />
hinein. Im historischen Germanischen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong><br />
28
29<br />
Altnordischen, ist <strong>die</strong>s nicht wahrscheinlich zu machen. Ausserdem<br />
ist es durchaus unannehmbar, wie man oben gesehen hat, <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />
indogermanischen Langdiphthonge sich <strong>im</strong> Germanischen so lange<br />
erhalten haben. lm folgenden Abschnitt, bei <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong><br />
reduplizierenden Verba, werde ich Gelegenheit finden, mich weiter<br />
mit den von Brugmann <strong>und</strong> Boer gestellten Problemen auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />
Angesichts <strong>der</strong> Schwächen des Jellinekschen "Postulats"<br />
ë 2 < ëi scheint es mir nicht mehr erwünscht, damit weiter zu arbeiten,<br />
urn so mehr weil <strong>der</strong> urgermanische Vokalismus selbst eine ungezwungene<br />
Erklärung des ë 2 zu geben vermag. Jellineks Ausgangspunkt,<br />
<strong>das</strong>s ë 2 zur éi-Reihe gehöre, ist jedoch beizubehalten <strong>und</strong><br />
wird weiter unten noch eine völlige Best,ätigung finden.<br />
§ 18. Oben (§ 10) wurde festgestellt, d;3,sS man mit vier sog. urgermanischen<br />
Diphthongen zu rechnen hat, nämlich ei, eu, ai, au; gleichzei<br />
tig wurde auf eine möglicherweise gleichläufige Entwicklung<br />
hingewiesen, nämlich ei> i, eu> iu <strong>und</strong> e > i, in den beiden letzten<br />
Fällen bedingt, be<strong>im</strong> übergang ei> i allgemein durchgeführt, wie<br />
man ann<strong>im</strong>mt. Neben <strong>das</strong> letzte habe ich indessen ein Fragezeichen<br />
gesetzt. Eine Einsicht in <strong>die</strong> Entwicklung des eu ist hier von<br />
grossem Gewicht.<br />
Zuerst hebe ich ausdrücklich hervor, was sich aus <strong>der</strong> obigen<br />
Erörterung schon herausgestellt hat, <strong>das</strong>s man <strong>die</strong> urgermanischen<br />
Diphthonge als Paare zu sehen hat <strong>und</strong> zwar ei/eu einerseits, ai/au<br />
andrerseits. Schon in chronologischer Beziehung ist ein Unterschied<br />
zwischen <strong>die</strong>sen Paaren durchzuführen, indem sich <strong>das</strong> erste Element<br />
in ei/eu deutlich in einer älteren Peria,de bewegt als in ai/au;<br />
<strong>die</strong> zwei letzten Diphthonge sind für <strong>die</strong> hi.er gestellte Frage nicht<br />
wichtig, <strong>und</strong> wir können sie hier somit a,usser Betracht lassen.<br />
§ 19. Wie ist <strong>der</strong> urgermanische eu-Diphthong in den altgermanischen<br />
Dialekten vertreten ~ lch gebe zuerst <strong>die</strong> Regeln, wie<br />
sie aus den Handbüchern hervorgehen. Unten werde ich versuchen,<br />
<strong>die</strong> Entwicklung für <strong>die</strong> uns interessierenden älteren Schichten,<br />
nämlich <strong>das</strong> Ur- <strong>und</strong> Gemeingermanische, <strong>im</strong> s',trukturellen Sinne<br />
zu interpretieren. Der eu-Diphthong erscheint <strong>im</strong> ältesten Urnordischen<br />
als iu (vor i, u <strong>der</strong> Folgesilbe <strong>und</strong> anscheinend auch<br />
vor R) <strong>und</strong> als eu (in an<strong>der</strong>en Fällen). Beispieie' dafür sind oben<br />
(§ 10) erwähnt. lm Altnordischen findet sioh 'fi vor i, j <strong>der</strong> Folgesilbe<br />
<strong>und</strong> vor r (R), <strong>und</strong> weiter gibt es eine Spaltung jüfjö, <strong>die</strong> sich<br />
auf Gr<strong>und</strong> des folgenden Konsonantismus herausgebildet hat, <strong>im</strong><br />
allgemeinen jü vor p , f<strong>und</strong> k, g (krjüpa, ljüga) ulld jö in an<strong>der</strong>en<br />
Fällen (bjöda, hljömr, jJjö) 29).<br />
29
30<br />
lm Althochdeutschen steht iu vor i, i <strong>und</strong> u <strong>der</strong> Folgesilbe, eo/io<br />
vor a, e, o. Diese Regel lässt sich nur ohne weiteres erkennen <strong>im</strong><br />
Fränkischen (beotan, biutu, biutis; liogan, liugu, liugis); <strong>im</strong> Oberdeutschen<br />
hingegen erscheint jedes urgermanische eu vor Labial <strong>und</strong><br />
Guttural als iu (liugan, chliuban, liubo8to) 30). Die oberdeutschen<br />
Verhältnisse erinnem starJ:{ an <strong>die</strong> oben erwähnte, altnordische<br />
Spaltung iil/iö, obschon es deutlich U nterschiede gibt 31).<br />
lrn Altsächsischen ist <strong>die</strong> :Regel: iu vor i, i, u <strong>der</strong> Folgesilbe; eo/io<br />
vor a, e, 0 <strong>der</strong> Folgesilbe; IlU vor w, wenn in <strong>der</strong> Folgesilbe a, e, u<br />
steht o<strong>der</strong> gestanden hat 3~).<br />
Auch <strong>das</strong> Altenglische )~eflektiert<br />
einen Unterschied zwischen<br />
iu vor i, j <strong>der</strong> Folgesilbe <strong>und</strong> eu in an<strong>der</strong>en Fällen. Später ist<br />
eu zu ëo geworden (bëod, dëop, sëoc) <strong>und</strong> iu zu io/ëo (liode, lëode)<br />
<strong>und</strong> <strong>im</strong> Westsächsischen zu ie (i, y) bei i-Umlaut 33).<br />
lm Altfriesischen ist gerlm. eu repräsentiert durch iu vor i, i <strong>der</strong><br />
Folgesilbe (diupa < *diupja.n, diure, liude), <strong>das</strong> ausserdem auch vor<br />
westgerm. w erscheint (tri1tWe), durch ia vor a, e, 0 <strong>der</strong> Folgesilbe<br />
(biada, liaga, 8iak) 34).<br />
Wie steht es nun <strong>im</strong> Gütischen? Völlig in übereinst<strong>im</strong>mung mit<br />
<strong>der</strong> Regel, daas jedes alte (! als i erscheint mit Ausnahme vor h, lv, r,<br />
weist <strong>die</strong>se Sprache für aJtes eu keine Spaltung auf, sondem nur<br />
iu (biugan, biudan, niujis usw.). Dass eine gleichartige Spaltung wie<br />
in den an<strong>der</strong>en altgermanischen Dialekten dennoch auch <strong>im</strong> Ostgermanischen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong> Gotischen existiert haben wird, ist<br />
wohl aus einer Tatsaehf: zu entnehmen. Diese kann aber erst in<br />
einem weitèren Stadium <strong>die</strong>ser Erörterung ermittelt werden 26).<br />
Gegenüber iu <strong>im</strong> Bibelgotischen kommt eu jedoch <strong>im</strong> späteren<br />
Ostgermanischen vor <strong>und</strong> zwar, wie Gamillscheg bei seiner Besprechung<br />
<strong>der</strong> gotischen Lehnwörter <strong>im</strong> ltalienischen <strong>und</strong> Spanischen<br />
anmerkt, "wenn nicht Bin -j- nachfolgte" (8iurjö) 35).<br />
Aus dem NamenDlaterial bei Wackemagel 36 ) <strong>und</strong> bei Wrede 37)<br />
geht aber <strong>der</strong> alte l','nterschied nicht hervor. Es steht hier gewöhnlich<br />
eu, eo <strong>und</strong> seltener iu, ohne <strong>das</strong>s dabei ei ne Bedingung durch<br />
den Vokalismus <strong>der</strong>' Follgesilbe erscheint. Aber man hat schon mehrmals<br />
darauf hingewiesen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>s es Eigennamenmaterial für einen<br />
Zweck wie den unHeren kaum o<strong>der</strong> gar nicht verwertbar ist 38).<br />
übrigens könntl~ (siehe jedoch Gamillschegs Schluss) <strong>im</strong> späteren<br />
Ostgermanischen eine alte o<strong>der</strong> ältere Spaltung sich umgebildet<br />
haben, wie <strong>im</strong> Altnordischen <strong>und</strong> Oberdeutschen, o<strong>der</strong> allmählich<br />
geschw<strong>und</strong>en seÎl 1, wie <strong>die</strong> Entwicklung <strong>im</strong> Alt- <strong>und</strong> Mittelenglischen<br />
<strong>und</strong> noch <strong>im</strong> Südwestnie<strong>der</strong>ländischen sehen lässt 39).<br />
Zusammenfas aend darf man sagen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Spaltung des alten<br />
eu - <strong>und</strong> vor1äu fig sehen wir <strong>die</strong>se als bedingte eu-iu-Entwicklung -<br />
allen altgermar lischen Dialekten gemeinsam iat. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
:30
31<br />
Allgemeinheit <strong>die</strong>ser Erscheinung <strong>und</strong> auch des <strong>im</strong> vorig en Abschnitt<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Entwicklung von eu zu iu Ermittelten, ist<br />
sie schon in <strong>die</strong> gemeingermanische Periode zu verlegen.<br />
Im ganzen nord- <strong>und</strong> westgermanischen Gebiet ist <strong>der</strong> übergang<br />
von eu zu iu bedingt vam i, i <strong>der</strong> Folgesilbe, aber <strong>im</strong> Urnordischen,<br />
Althochdeutschen (mit oberdeutscher Durchbrechung) <strong>und</strong> Altsächsischen<br />
steht iu für altes eu nicht nur var i, i, son<strong>der</strong>n auch var<br />
u <strong>der</strong> Folgesilbe. Der übergang vor u hat also nur eine beschränkte<br />
geographische Verbreitung, weil er jünger ist, wie man unten<br />
(§ 24) noch bestät~gt findet.<br />
§ 20. Es soli jetzt noch <strong>die</strong> Entwicklung des "einfachen" e zu<br />
·i herangezogen werden, wobei sich ein treffen<strong>der</strong> Parallelismus mit<br />
eu-iu tatsächlich konstatieren lässt.<br />
Man weiss, <strong>das</strong>s neben dem eu-iu-übergang var i, i <strong>der</strong> Folgesilbe<br />
ein i unter gleicher Bedingung für altes eerscheint. Man stelit auch<br />
eine paraliele Entwicklung von eu > iu <strong>und</strong> e > i <strong>im</strong> Gotischen fest;<br />
für <strong>die</strong>se Sprache nehme ich, wie oben bei eu > iu, eine ursprüngliche<br />
Spaltung von e an, nämlich durch e-i-übergang var verengendem<br />
Faktor <strong>der</strong> Folgesilbe ; den Beweis werde ich ab er erst später<br />
anführen(§ 2û) 40). Wo eu auch var u <strong>der</strong> Folgesilbe als iu auftritt,<br />
erscheint unter gleicher Bedingung auch i für altes e. Demgemäss<br />
solite man i gerade <strong>im</strong> Urnordischen, Althochdeutschen·<strong>und</strong> Altsächsischen<br />
finden. Im Urnordischen ist belegt: gibu, 1. Pers on<br />
Präsens *geban, Brakteat aus Seeland, Dänemark [urn 550] 41).<br />
Im Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen ist <strong>die</strong> Regel sehr deutlich<br />
zu erkennen (ahd. as, gibu -b-, filu). Umgekehrt findet sich <strong>im</strong><br />
Anglo-friesischen, wo eu vor u <strong>der</strong> Folgesilbe nicht als iu (= &8.<br />
io/eo, afri. iu) vorkommt, unter gleicher Bedingung nicht "einfaches"<br />
i, son<strong>der</strong>n e (ae. feolu < *felu; afri. fel(o) 42). Man kann also mit<br />
gutem Fug den Satz aufstellen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> früheste überlieferung<br />
ei ne einheitliche Entwicklung eu > iu <strong>und</strong> e > i aufweist.<br />
Diese Entwicklung hat auch nichts Ungewöhnliches an sich.<br />
Man kann hier zum Vergleich nochmals den älteren o-a-Wandel<br />
heranziehen. In <strong>der</strong> Geschichte des Germanischen gibt es nicht<br />
bloss einen übergang idg. 0> germ. a, son<strong>der</strong>n auch idg. oi > germ.<br />
ai <strong>und</strong> idg. ou > germ. au. Der o-a-Wandel ist also in allen Stellungen<br />
durchgeführt worden 43). Ein bedeuten<strong>der</strong> Unterschied zwischen<br />
dem letzten Vorgang <strong>und</strong> e > i (auch in eu > iu) ist jedoch, <strong>das</strong>s <strong>der</strong><br />
e-i-übergang einen bedingten Lautwandel darstellt. Daher wird sich<br />
bei <strong>die</strong>sem vielfach Analogie <strong>und</strong> Ausgleich vorfinden können.<br />
In <strong>der</strong> van verengendem Faktor <strong>der</strong> Folgesilbe bedingten e-i<br />
Entwicklung, <strong>die</strong> mit Fug Umlaut genannt wird <strong>und</strong> bei eu <strong>und</strong> e<br />
auftritt, ist jetzt ein triftiger Beweis gef<strong>und</strong>en, <strong>das</strong>s eu eine Phonem-<br />
:n
32<br />
gruppe darstellt, nl. e +y,. Wenn e in eu phonologisch selbständig<br />
ist, dann muss es <strong>die</strong>s auch in ei (= e + i) sein. Meine obige Annahme<br />
- als Arbeitshypothese - einer einheitlichen Entwicklung<br />
des e in eijeuje bekommt hierdurch eine feste Gr<strong>und</strong>lage.<br />
§ 21. Zur Zeitbest<strong>im</strong>mung des bedingten e-i-überganges sind<br />
wohl noch einige Punkte zu erörtern. Dass eu > iu <strong>und</strong> e > i vor<br />
i, i <strong>der</strong> Folgesilbe allgemein verbreitet ist, wenn man <strong>die</strong>s vorläufig<br />
für <strong>das</strong> Vorgotische auch ann<strong>im</strong>mt, weist allerdings auf <strong>die</strong> gemeingermanische<br />
Periode hin.<br />
Die Idee eines frühen, d.h. gemeingermanischen bzw. urgermanischen<br />
übergangs vor i, j <strong>der</strong> Folgesilbe, wenigstens be<strong>im</strong> "einfachen"<br />
e > i, ist schon <strong>im</strong> vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t aufgekommen 44) .<br />
Im Anschluss an eine Ausführung Bugges (6) hat Kock (6) gegen<br />
<strong>die</strong>se Annahme Kritik erhoben. Seitdem ist <strong>der</strong> Gedanke des<br />
Einzeldialektisch-seins des betreffenden Vorgangs wie<strong>der</strong>holt übernommen<br />
o<strong>der</strong> verteidigt worden, so neulich noch von Schwarz 47).<br />
Man muss aber <strong>im</strong> Gedächtnis behalten, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Diskussion bereits<br />
von vornherein getrübt worden ist, weil man manchmal nur mit<br />
zwei Sprachschichten gerechnet hat, nämlich Urgermanisch <strong>und</strong><br />
einzeldialektisch, <strong>der</strong>en Grenzen ausserdem von den verschiedenen<br />
Forschern sehr ungleich gezogen werden. Daher erscheint mir <strong>die</strong><br />
Streitfrage in einzelnen Fällen als eine rein terminologische. Im<br />
Gr<strong>und</strong>e handelt es sich darum, ob <strong>der</strong> betreffende Vorgang, wenigstens<br />
in seinem Ansatz, einem mehr o<strong>der</strong> weniger einheitlichen<br />
Germanischen o<strong>der</strong> den Einzeldialekten zuzuschreiben sei. Die<br />
letzte Ansicht, welche Kock anscheinend für <strong>die</strong> richtigere hält,<br />
ist m.E. abwegig. F:ür <strong>die</strong>sen war "<strong>die</strong> herrschende auffassung<br />
betreffs <strong>der</strong> entwicklung von e zu i vor i, i unhaltbar ... ; <strong>die</strong> entwicklung<br />
kann nicht urgerm. gewesen <strong>und</strong> nicht gleichzeitig in<br />
allen wörtem eingetreten sein, wo sie in den altn. literatursprachen<br />
vorliegt" (8). Dazu wies er hin auf <strong>die</strong> altnordischen Präterita<br />
hleda (·hlewiáO-) zu hl'fija <strong>und</strong> 8ëda (·8ewidö-) zu ·8'fija, wo ein e vor i<br />
<strong>der</strong> Folgesilbe also nicht zu i geworden ist.<br />
Auch <strong>der</strong> Name <strong>der</strong> "Wenden" wurde herangezogen; bei Vindr<br />
kommt <strong>der</strong> Genitiv Venda vor, wenn auch <strong>der</strong> Genetiv Vinda geläufiger<br />
ist; Venedi bei Plinius <strong>und</strong> -Veneti bei Tacitus wurden ebenfalls<br />
erwähnt. Auch <strong>der</strong> verschiedene Male begegnende runennordische<br />
Personenname ErilaR wurde als Zeuge vorgeführt. Für Kock<br />
stellte sich <strong>die</strong> Sache sehr einfach, "wenn man für <strong>die</strong> entwicklung<br />
von e zu i zwei getrennte perioden ann<strong>im</strong>mt, <strong>die</strong> den beiden für<br />
den ('gewöhnlichen') i-umlaut <strong>der</strong> gutturalen vocale in den altn.<br />
sprachen entsprechen" 49).<br />
Seine Beschreibung <strong>der</strong> nordischen Tatsachen hat in ihrer<br />
32
33<br />
Gesamtheit vitlfache Kritik hervorgerufen 50) . Die Frage ist sowieso<br />
gestattet, ob er auf Gr<strong>und</strong> des alleinigen nordischen Materials in <strong>der</strong><br />
Lage war, einen Schluss zu ziehen, <strong>der</strong> doch <strong>das</strong> ganze Germanische<br />
betrifft. Schon Trautmann hat dazu gesagt: " <strong>die</strong> wenigen beispieie,<br />
<strong>die</strong> er gegen <strong>die</strong> vulgatansicht aufführt, können dem erdrückenden<br />
gemeinsamen zeugnis aller germanischen sprachen gegenüber nichts<br />
beweisen ; . .. Wie Kock sich <strong>die</strong> entwicklung <strong>der</strong> übrigen germanischen<br />
sprachen denkt, deutet er nicht an; er bedenkt auch nicht . . . ,<br />
<strong>das</strong>s, wie <strong>die</strong> germanischen sprachen einst<strong>im</strong>mig darauf hinweisen,<br />
<strong>das</strong>s <strong>der</strong> i-umlaut von gutturalen vokalen einzelsprachlich ist, sie<br />
ebenso einst<strong>im</strong>mig darauf deuten, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> i-umlaut von e gemeingermanisch<br />
ist" 51).<br />
Auch Von Friesen hat seine St<strong>im</strong>me gegen <strong>die</strong> Kocksche Theorie<br />
erhoben 52) , indem er betonte, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> i-Umlaut von e älter sei als<br />
<strong>der</strong> i-Umlaut von velaren Vokalen 53) . Dabei hat er nebst an<strong>der</strong>em<br />
Material auch Kocks Beispiele kritisch betrachtet <strong>und</strong> an<strong>der</strong>s gedeutet,<br />
wodurch sie für <strong>die</strong> von Kock vertretenen Ansichten nicht<br />
mehr als beweiskräftig erschienen. Ich möchte hier noch folgendes<br />
hinzufügen. ErilaR lässt sich wegen <strong>der</strong> Unsicherheit <strong>der</strong> Form hier<br />
gar nicht verwerten 54). Neben hleda zu hlyja <strong>und</strong> sëda zu *syja hat<br />
Kock selbst z.B. knïda zu knyja angeführt 55), was seine Theorie<br />
doch nicht stützte <strong>und</strong> wobei er ei ne eigene <strong>und</strong> verwickelte Erklärung<br />
gab. Trautmann 56) <strong>und</strong> Von Friesen 57) sahen aber in<br />
knïda <strong>die</strong> regelrechte Entwicklung aus *kniwidó- 58).<br />
Gerade <strong>die</strong> bedingte Art des betreffenden übergangs macht Kocks<br />
Annahme, <strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> betreffende Zeitbest<strong>im</strong>mung auf Einzelfälle<br />
stützt, nicht überzeugend. Bedingt bedeutet doch, <strong>das</strong>s es auch<br />
Fälle gibt, in denen <strong>der</strong> Lautwandel nicht vorkommt, es sei denn<br />
<strong>das</strong>s ein hemmen<strong>der</strong> Faktor auftritt o<strong>der</strong> <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Bedingung nicht<br />
da ist ; <strong>die</strong>s kann z.B. innerhalb desselben Wortes o<strong>der</strong> Stammes<br />
geschehen, so <strong>das</strong>s gegenseitige Beeinflussung <strong>und</strong> Ausgleich sich<br />
von selbst einstellen. Es ist zwar möglich, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> ursprüngliche<br />
i-Umlaut des e o<strong>der</strong> <strong>die</strong> e-i-Entwicklung nicht <strong>die</strong> Verbreitung<br />
kannte, <strong>die</strong> <strong>die</strong> "altnordischen Sprachen" aufweisen, aber Kock hat<br />
keinen einzigen Beweis geliefert gegen den gemeingermanischen<br />
Ursprung des i-Umlauts von e. In <strong>der</strong> Kockschen Vorstellung gibt<br />
es sonst noch Schwächen, <strong>die</strong> vor allem den Strukturalisten treffen<br />
werden. Bei seiner Behandlung bespricht er auch mit gutem Fug<br />
urgerm. eu <strong>und</strong> ei; ihm schwebte somit auch ein möglicher Zusammenhang<br />
von ei, eu <strong>und</strong> "einfachem" e vor. Betreffs eu schrieb er :<br />
"Da <strong>der</strong> diphthong eu nicht nur vor i , son<strong>der</strong>n auch vor u in iu<br />
übergegangen ist, so ist es selbstverständlich, <strong>das</strong>s wir es hier nicht<br />
mit einem i-umlaut <strong>im</strong> gewöhnlichen sinne zu tun haben. Vielmehr<br />
kann man <strong>die</strong> entwicklung so auffassen, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> diphthong eu in<br />
33
34<br />
urnord. zeit in iu übergegangen ist, wofern <strong>die</strong>se entwicklung nicht<br />
von einem in <strong>der</strong> folgenden silbe stehenden a o<strong>der</strong> ö verhin<strong>der</strong>t<br />
wurde" (9). Sein Auseinan<strong>der</strong>halten des eu, des "einfachen" e <strong>und</strong> ausserdem<br />
noch des ei, van dem er <strong>die</strong> Monophthongierung zu i als späturgermanisch<br />
ansetzte 60), ist jedenfalls als verfehlt zu bezeichnen.<br />
§ 22. Die Kocksche Suggestion einer möglichen Wirkung <strong>der</strong><br />
dunkien Vokale bei <strong>der</strong> eu-Spaltung gibt uns einen guten Anknüpfungspunkt.<br />
Man kann ~ich in <strong>der</strong> Tat fragen, ob <strong>im</strong> Gegensatz zum<br />
verengenden i usw. <strong>der</strong> Folgesilbe zu gleicher Zeit nicht etwa cin<br />
dunkler Vokal in <strong>der</strong>selbcn Stellung eine wi<strong>der</strong>strebende Wirkung<br />
ausgeübt hat. Hier stellt sich als 0 <strong>die</strong> Frage des sog. a-Umlauts.<br />
)1an hat sich schon früh mit <strong>der</strong> Chronologie <strong>die</strong>ser Erscheinung<br />
beschäftigt, <strong>und</strong> auch <strong>die</strong>se hat Schwierigkeiten gemacht. Man hat<br />
File sowohl als urgermanisch (gemeingermanisch) 61) wie als einzeldialektisch<br />
betrachten wollen 62). Der bedeutendste Verfechter <strong>der</strong><br />
Theorie des Einzeldialektisch-seins ist auch Kock gewesen 63). Man<br />
kann gegen seine Auffassung <strong>die</strong> gleichen Einwände erheben wie<br />
oben bei <strong>der</strong> hetreffenden Erörterung des i-Umlauts. Hier ist er<br />
jcdoch bei seinen Schlüssen etwas vorsichtiger gewesen, hat er<br />
<strong>die</strong>scn Aufsatz doch einige Jahre var dem über den i-Umlaut<br />
geschrieben. Sa sagte er: ,,1ch will unten darzulegen versuchen,<br />
<strong>das</strong>s nach dem zeugnis <strong>der</strong> an. sprachen eine solche generelle regel<br />
in urgerm. zeit nicht gegolten hat. Dass wirklich <strong>der</strong> a-umlaut unter<br />
gewissen bedingungen in einer sehr frühen periode <strong>der</strong> urnord.<br />
sprache (vielleicht sogar in urgerm. zeit) eingetreten ist, lehren einige<br />
beispiele des fl-umlauts in den urnord. runeninschriften" 64).<br />
Die a-Umlautserscheinung kommt woW <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />
var, ist abel' sehr unregelmässig vertreten, so <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />
ganze Sache ziemlich verwarren erscheint. Der a-Umlaut von i muss<br />
selbstverständlich in Zusammenhang gesehen werden mit dem von<br />
1~. Beide sind wohl als gleichzeitig anzusetzen, denn sie folgen einer<br />
gleichen Tendenz, obschon <strong>die</strong>se sich dennoch bei u konsequenter<br />
durchgesetzt hat als bei i. Der letzte Vorgang ist nul' in einigen<br />
Wörtern a<strong>der</strong> Stämmen (z.B. ahd. ae. mnd. mnI. nest, idg. *nizdos,<br />
lat. nidus; vg!. an. nedml) allgemein verbreitet.<br />
Für <strong>das</strong> Urnordische gilt; u ist zu 0 geworden "VOl' einem a a<strong>der</strong><br />
o (<strong>das</strong> <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> UTnord. Zeit zu a wurde) <strong>der</strong> folgenden Silbe,<br />
ausser wenn jodel' Nasal + Konsonant dazwischen stand. Allerdings<br />
zeigte sich sehr bald Vermengung, <strong>und</strong> auf den Runeninschriften<br />
steht oft u, wo 0 stehen sollte <strong>und</strong> umgekehrt" 65). Es gibt alte<br />
Bcispiele mit 0: H oltifaR, P ersonenname, horna, Akkusativ Singular<br />
Neutrum, Goldenes Horn van Gallehus, Schleswig [± 400]; dohtriR,<br />
Mehrzahl, Stein van Tune [ ± 400] 66). Van dem paralleien über-<br />
34
35<br />
gang i > e ha~en wir keine sicheren Beispiele 67). Für eu vor a tritt<br />
jedoch in, den Inschriften nie ea auf (vgl. z.B. LeugaR, -leubaR),<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong>s ist zwar eine merkwürdige Tatsache, <strong>die</strong> sich aber, wie man<br />
weiter (§ 24) sehen wird, dennoch begreiflich machen lässt.<br />
In den altgermanischen Dialekten erscheint <strong>der</strong> a-Umlaut an<br />
gewisse Bedingungen geb<strong>und</strong>en. So wird er <strong>im</strong> Altnordischen von<br />
einem vorhergehenden g o<strong>der</strong> k verhin<strong>der</strong>t (skip, gil) . Hier sind<br />
ausserdem <strong>die</strong> ursprünglichen Verhältnisse vielfach ausgeglichen,<br />
<strong>und</strong> daher treten auch oft Doppelformen auf 68) . Im Westgermanischen<br />
ist <strong>die</strong> Verbreitung gleichfalls sehr unregelmässig. Man muss<br />
auch hier rechnen mit Einfluss des umgebenden Konsonantismu8<br />
<strong>und</strong> Ausgleich (vgl. z.B. ahd. quec, ae. cwic, ndl. kwik; auch ahd.<br />
scil nebst scef) 69).<br />
Das Gotische weist gar keine a-Wirkung auf, aber auch <strong>die</strong>s ist<br />
leicht verständlich, da hier we<strong>der</strong> <strong>der</strong> e-i- noch <strong>der</strong> i-e-übergang<br />
vom Vokalismus <strong>der</strong> Folgesilbe bedingt ist. Aber <strong>das</strong> bedeutet noch<br />
nicht, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gotische ursprünglich keine Bedingung <strong>die</strong>ser Art<br />
gekannt hat 70) . Ich werde weiter unten den triftigen Beweis führen,<br />
<strong>das</strong>s Umlaut auch <strong>im</strong> Gotischen gewirkt hat.<br />
Aus <strong>der</strong> allgemeinen Verbreitung <strong>die</strong>ser Erscheinung in den<br />
altgermanischen Dialekten ist jedenfalls <strong>der</strong> Schluss zu ziehen, <strong>das</strong>s<br />
auch ihr Anfang <strong>im</strong> Gemeingermanischen anzusetzen ist.<br />
§ 23. Die Resultate zusammenfassend, ist L. E. van Wijk schon<br />
zum folgenden Schluss gekommen, dem ich in seiner Allgemeinheit<br />
beipflichten kann : "Deze a-Umlaut (nämlich van i) moet ongeveer<br />
gelijktijdig gewerkt hebben met de a-Umlaut van U. Maar toch is de<br />
a-Umlaut van u veel regelmatiger doorgevoerd. Het ligt voor de<br />
hand om de onregelmatigheden bij de a-Umlaut van i toe te schrijven<br />
aan de overgang van de e in i, <strong>die</strong> in veel gevallen plaats had. De<br />
opkomst van de ~-Umlaut zou dan ook meteen de verklaring zijn<br />
voor het feit, dat de vernauwingsbeweging van de e in de noord- en<br />
westgerm. dialekten gestoord wordt. De e zou hier ongeveer tegelijkertijd<br />
on<strong>der</strong> invloed gestaan hebben van een tendenz tot vernauwing<br />
en van een verwijdingstendenz, waardoor enerzijds de<br />
vernauwingsbeweging gestoord werd in zijn voortgang, an<strong>der</strong>zijds<br />
de a-Umlaut geen gelegenheid kreeg zich regelmatig te ontwikkelen<br />
. .. Wanneer de a-Umlaut de overgang van de t in i heeft tegengewerkt,<br />
dan moet het begin van de a-Umlaut liggen ná het begin<br />
van de vernauwing. Uit de grillige verspreiding in de dialekten kan<br />
men reeds opmaken, dat de a-Umlaut in zijn geheel althans niet<br />
oerg. kan zijn. Maar het begin kan het wel zijn" 7J). Statt "urgermanisch"<br />
ist hier in übereinst<strong>im</strong>mung mit meiner Terminologie<br />
"gemeingermanisch" zu setzen 72).<br />
35
36<br />
Betreffs eu, in dem u dem a-Umlaut unterworfen war, sind noch<br />
(,in Paar Punkte heranzuziehen. So <strong>die</strong> Wirkung des a-Umlauts <strong>im</strong><br />
u rnordischen <strong>und</strong> <strong>das</strong> auffälligerweise hier in <strong>der</strong> betreffenden<br />
Stellung allein belegte eu. Schliesslich <strong>die</strong> dreifache - bedingte -<br />
l{epräsentierung von urgerm. eu <strong>im</strong> Altsächsischen.<br />
Dies lässt sich indessen wohl verstehen, wenn man mit einem<br />
ursprünglichen Zustande rechnet, über den sich u.a. Luick in<br />
annehmbarer Weise ausspricht. Ich möchte hier seine Worte anfli.hren<br />
: "Auch konsonantisches u als Bestandteil <strong>der</strong> Diphthonge<br />
wurde von <strong>die</strong>sem Lautwandel (nämlich dem a-Umlaut) erfasst.<br />
Dies ist völlig deutlich bei idg. eu, welches vor Mittelzungenvokal<br />
zu eo wurde : *beodan ,bieten' (zu gr. nev&of.lat) , *deopa- ,tief',<br />
*steorö ,Steuer', gegenüber *biudis,-ip ,bietest, -et', *diupi ,Tiefe',<br />
*stiurjan ,steuern' (mit iu vor i, i <strong>der</strong> Folgesilbe) ... <strong>und</strong> erhaltenem<br />
eu vor u <strong>der</strong> Folgesilbe (einem allerdings nicht häufigen Fall), wie<br />
etwa *beugul ,biegsam'. Doch blieb eu erhalten unmittelbar vor<br />
y, . .. :* trey,y,ö ,Treue'. So entstanden vielfach in nahe verwandten<br />
Formen Varianten des Diphthongs <strong>und</strong> <strong>die</strong>s führte zu Ausgleicllungen.<br />
Namentlich scheint <strong>der</strong> häufige Wechsel von iu zu eo<br />
innerhalb einer Formengruppe dazu geführt zu haben, <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />
unbetonten Komponenten einan<strong>der</strong> angeglichen wurden, <strong>und</strong> zwar<br />
zugunsten des u , so <strong>das</strong>s eo zu eu wurde <strong>und</strong> dessen weitere Entwicklung<br />
teilte. Dagegen hat sich <strong>das</strong> iu <strong>im</strong> allgemeinen gut erhalten"<br />
73). Dabei wird noch darauf hingewiesen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Altsächsische<br />
<strong>die</strong> ursprüngliche Scheidung noch am besten bewahrt. V gl.<br />
breost, diop neben triuwi "treu" <strong>und</strong> treuwa "Treue".<br />
§ 24. Die ursprünglicheSpaltung des eu ist demnach eine dreiteilige<br />
gewesen:<br />
I) eu (u; vor w)<br />
eu 2) iu<br />
{<br />
(i, i)<br />
3) eo (in an<strong>der</strong>en Fällen)<br />
Diese Dreiteilung ist ab er <strong>im</strong> phonologischen Sinne zu interpretieren.<br />
So sollte nach meiner obigen Annahme eu als Phonemgruppe<br />
e + y, betrachtet werden. Unten (§ 50) wird festgestellt, <strong>das</strong>s <strong>im</strong><br />
ältesten Gemeingermanischen i <strong>und</strong> e eine phonologische Opposition<br />
bilden, während u <strong>und</strong> 0 nur kombinatorische Varianten eines<br />
gleichen Phonems sind. Demnach sind <strong>die</strong> Phonemgruppen iu <strong>und</strong><br />
eu als phonologisch verschieden anzusetzen, eu <strong>und</strong> eo dagegen als<br />
phonologisch gleich. Im phonologischen Sinne gilt in <strong>der</strong> betreffenden<br />
Zeit <strong>die</strong> Dreiteilung also als eine Zweiheit, nämlich iu<br />
<strong>und</strong> eu (eo) 74). Durch <strong>die</strong>se Annahme sind <strong>die</strong> einzeldialektischen<br />
Entwicklungen des alten eu <strong>im</strong> allgemeinen klar. Auch lässt sich<br />
36
37<br />
bei <strong>die</strong>ser Voraussetzung <strong>das</strong> neben iu allein auftretende eu des<br />
Urnordischen begreifen, ob schon noch nicht vollständig erklären.<br />
In <strong>die</strong>ser Sprache wie <strong>im</strong> AIthochdeutschen <strong>und</strong> AItsächsischen<br />
muss man übrigens noch rechnen mit dem eu-iu-übergang vor u<br />
<strong>der</strong> Folgesilbe. Dieser Vorgang hat also ganz begreiflicherweise nur<br />
eine beschränkte, geographische Verbreitung, weil er, wie man jetzt<br />
sieht, auch nach <strong>der</strong> Art seiner Bedingung, jünger sein muss. Das<br />
iu (vor i, u <strong>der</strong> Folgesilbe <strong>und</strong> anscheinend auch vor R) <strong>im</strong> Urnordischen<br />
ist <strong>im</strong> Altnordischen zu 1i geworden, während <strong>die</strong>se<br />
Sprache für urn. eu eine Spaltung jüfjö aufweist, <strong>die</strong> bedingt ist von<br />
<strong>der</strong> Art des folgenden Konsonantismus, in <strong>der</strong> man aber den Reflex<br />
<strong>der</strong> Umlautswirkung (eu, eo) erblicken darf 75). Wenn eu (eo) vor<br />
u <strong>der</strong> Folgesilbe zu iu übergegangen war, kam dem restierenden<br />
eu (eo) keine differenzierende Wirkung von <strong>der</strong> Folgesilbe her mehr<br />
zu. Eine Spaltung auf Gr<strong>und</strong> des folgenden Konsonantismus ist<br />
deswegen schon verständlich, ab er auch weil <strong>der</strong> umgebende insbeson<strong>der</strong>e<br />
zwischenstehende Konsonantismus bei <strong>der</strong> Umlautserscheinung,<br />
vor allem bei ihrem Ansatz, ei ne recht bedeutende<br />
Rolle gehabt haben wird. Es ist dabei noch auf <strong>das</strong> AIthochdeutsche<br />
hinzuweisen. Hier ist von <strong>der</strong>selben Gr<strong>und</strong>lage auszugehen, bei<br />
<strong>der</strong> gleichfalls u-Wirkung den übergang eu ) iu hervorgerufen<br />
hat. lm Oberdeutschen spaltete sich eu (eo) auf Gr<strong>und</strong> des<br />
folgenden Konsonantismus in sehr ähnlicher Weise wie <strong>im</strong> AItnordischen.<br />
Mit <strong>der</strong> gemeingermanischen, phoI1ologischen Doppeltheit<br />
iu, eu (eo) erscheinen mir <strong>die</strong> Verhältnisse <strong>im</strong> Altsächsischen,<br />
AItenglischen <strong>und</strong> Altfriesischen ohne weiteres deutlich.<br />
Das AItsächsische reflektiert einen dem ältesten Gemeingermanischen<br />
ziemlich ähnlichen Zustand. As. eu ist kombinatorische<br />
Variante des eo () io).<br />
lm Falie des "einfachen" e konnte unter den gleichen Bedingungen<br />
<strong>und</strong> parallel mit eu nur eine Zweiheit entstehen :<br />
SI) i (i, j)<br />
e ? 2) e (in an<strong>der</strong>en Fällen)<br />
lm Ur-, AItnordischen usw., also einzeldialektisch, ist <strong>der</strong> übergang<br />
von e zu i auch sek<strong>und</strong>är aufgetreten vor u <strong>der</strong> Folgesilbe 78)<br />
(insbeson<strong>der</strong>e jüngerem u aus ö: gibu), völlig in übereinst<strong>im</strong>mung<br />
mit dem eu-iu-Fall.<br />
Auch be<strong>im</strong> urgermanischen sog. ei-Diphthong, den ich ganz<br />
gleichläufig mit eu <strong>und</strong> "einfachem" e habe sehen wollen, konnte<br />
wie<strong>der</strong> unter den gleichen Bedingungen <strong>und</strong> parallel mit eu/e, nur<br />
eine Zweiheit folgen:<br />
l)ii)i<br />
ei ~ 2) ee) ë<br />
37
38<br />
§ 25. Man kann hier also <strong>die</strong> Anfänge <strong>der</strong> eigentlichen Umlautserscheinung<br />
feststellen, <strong>die</strong> sich in dem traditionellen Dreieck<br />
folgen<strong>der</strong>massen darstellen lassen:<br />
i, u<br />
~e 0 JI'<br />
_I a_ I<br />
a ist hier zwar umlautendel' Faktor, erfährt aber selbst <strong>die</strong> Wirkung<br />
noch nicht. In <strong>die</strong>ser ältesten Periode des Umlauts könnte man <strong>im</strong><br />
allgemeinen doch sprechen von einer Verengungs- <strong>und</strong> einer<br />
Erweiterungsbewegung, mit verengen den (i usw.) <strong>und</strong> erweiternden<br />
o<strong>der</strong> öffnenden Faktoren (a usw.). Beide Bewegungen sind, wie<br />
gesagt, in ihrem Anfange in demselben Zeitraum, dem gemeingermanischen,<br />
anzusetzen. In jener Zeit sind beide als wi<strong>der</strong>strebende,<br />
korrelative Kräfte zu betrachten, <strong>die</strong> sich daher auch nur unvollkommen<br />
durchsetzen konnten. So hat Ausgleich <strong>die</strong> alten Verhältnisse<br />
vielfach zerstört. Das Gotische mit seiner bekannten <strong>starken</strong><br />
Tendenz zur Nivellierung führte <strong>die</strong> Verengung durch <strong>und</strong> musste<br />
deswegen <strong>die</strong> korrelative "öffnende" a-Wirkung ausschalten. An<br />
dem Gotischen erscheint also deutlich <strong>die</strong> Korrelationswirkung<br />
<strong>der</strong> beiden Bewegungen.<br />
Dass <strong>die</strong>se sich gerade in <strong>der</strong> gemeingermanischen Periode<br />
einstellten, ist wohl deswegen begreiflich, weil sich dam als ein<br />
starker exspiratorischer Akzent auf <strong>der</strong> Stammsilbe konzentrierte<br />
o<strong>der</strong>, wenn man will, zentralisierte 77), wodurch <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en Silben<br />
<strong>und</strong> somit auch <strong>die</strong> Klangfarbe ihrer Vokale, geschwächt wurden.<br />
In <strong>der</strong> Umfärbung vonz.B. e zu i o<strong>der</strong> von.i zu e unter Einfluss eines<br />
engen bzw. weiten Vokals <strong>der</strong> Folgesilbe ist also eine Kompensierung<br />
<strong>die</strong>ser Schwächung zu erblicken, <strong>die</strong> bedingt ist von <strong>der</strong><br />
Art des Akzents 78). Wie <strong>die</strong> Schwächung <strong>der</strong> nichthaupttonigen<br />
Silben sich nachher noch Jahrhun<strong>der</strong>te fortsetzte, so setzte sich<br />
auch <strong>die</strong> Umlautserscheinung dauernd in jedem Dialekt nach eigener<br />
Art fort 79).<br />
§ 26. Wenn <strong>die</strong>ser Umlaut sich anfänglich möglicherweise nicht<br />
in allen dazu geeigneten Stellen durchsetzen konnte, hat er doch<br />
den urgermanischen Vokalismus geän<strong>der</strong>t. Angenommen, <strong>das</strong> z.B.<br />
eu <strong>im</strong> Gemeingermanischen vor i <strong>der</strong> Folgesilbe etwa unter Einfluss<br />
des umgebenden Konsonantismus, eu geblieben wäre, steht doch<br />
fest, <strong>das</strong>s es wohl an<strong>der</strong>e Fälle gegeben hat, in denen eu sich vor<br />
i <strong>der</strong> Folgesilbe zu iu verwandelte. Dies hatte jedoch ursprünglich<br />
keine funktionellen Folgen. · Die Entwicklung des ei führte aber<br />
zu einer direkten Strukturän<strong>der</strong>ung des Längen<strong>system</strong>s.<br />
38
In <strong>der</strong> urgermanischen Parallelreihe eu/ei/e, in <strong>der</strong> also <strong>das</strong> e<br />
Phonem in verschiedener U mgebung auftrat, entstand daher unter<br />
best<strong>im</strong>mten Bedingungen eine Spaltung, <strong>die</strong> schliesslich zwei<br />
Reihen ergab, nämlich iU/i/i <strong>und</strong> eu (eo) /{,Ie, <strong>der</strong>en Unterteile nicht<br />
mehr zu einem gleichen System gerechnet werden dürfen.<br />
Wie man <strong>die</strong> aus· jener Spaltung hervorgegangene Zweiheit, z.B.<br />
eli, in den altgermanischen Dialekten verbreitet findet, ist auch <strong>die</strong><br />
ë-ï-Zweiheit aus ei in allen germanischen Dialekten Yertreten. Das<br />
neue i fiel bekanntlich zusammen mit idg. urgerm. ggerm. ï; <strong>das</strong><br />
Belle ë dagegen ist gerade <strong>der</strong> rätselhafte ë 2 -Vokal, dessen<br />
Auftreten schon so "iel Kopfzerbrechen verursacht hat. Bevor ich<br />
<strong>die</strong>sen Bef<strong>und</strong> an an<strong>der</strong>en Tatsachen nachprüfe, möchte ich kurz<br />
einem möglichen Einwand begegnen, nämlich warum <strong>die</strong> ë-i-Zweiheit<br />
<strong>im</strong> Gotischen erhalten ist, abel' nicht eujiu <strong>und</strong> eli.<br />
Man hat bemerkt, <strong>das</strong>s ei sich, je nachdem in <strong>der</strong> Folgesilbe ein<br />
verengen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> erweitern<strong>der</strong> Faktor wirkte, in beiden Richtungen<br />
monophthongiert hat <strong>und</strong> zwar zu i (über ii) <strong>und</strong> zu ë (über ee).<br />
Es dürfte leicht verständlich sèin, <strong>das</strong>s in eu/iu <strong>das</strong> Zusammentreffen<br />
eines palatalen <strong>und</strong> eines velaren Vokals nicht zu einem<br />
Monophthong führte. Wichtig ist, <strong>das</strong>s nach dem Übergang von<br />
ei zu i <strong>und</strong> ë, <strong>die</strong>se beiden Vokale ausserhalb des Kürzen- o<strong>der</strong>,<br />
wenn man will, Diphthong<strong>system</strong>s standen. Das ë (aus ei ) kam in <strong>das</strong><br />
Längen<strong>system</strong> <strong>und</strong> blieb daher selbstverständlich unberührt von den<br />
Vorgängen, <strong>die</strong> sich i~ Kürzen<strong>system</strong> ereigneteh, insbeson<strong>der</strong>e von<br />
dem durchgeführten Übergang von e zu i bei e <strong>und</strong> be<strong>im</strong> sog. eu<br />
Diphthong <strong>im</strong> Gotischen.<br />
Eine an<strong>der</strong>e sehr bedeutende Feststellung ist, <strong>das</strong>s urngekehrt <strong>die</strong><br />
(gotische) ë-i-Zweiheit (aus ei) einen direkten Reflex <strong>der</strong> alten<br />
Spaltung darstellt, <strong>die</strong> daher auch <strong>im</strong> Gotischen bei altem e <strong>und</strong> eu<br />
gewirkt haben muss, <strong>die</strong> <strong>das</strong> Bibelgotische abel' <strong>im</strong> Kürzen<strong>system</strong><br />
aufgehoben hat. Meine obige Annahme <strong>die</strong>sel' Spaltung für <strong>das</strong><br />
Vorgotische <strong>und</strong> <strong>das</strong> Ostgermanische wird hiermit also bewahrheitet;<br />
ë 2 ist dabei <strong>der</strong> Kronzeuge für <strong>die</strong> Wirkung des Umlauts <strong>im</strong> Gotischen,<br />
bevor hier Nivellierung eintrat.<br />
§ 27. Jetzt möchte ich noch meine Gleichstellung ei> ë, d.h. ë 2<br />
weiter begründen. Dass <strong>das</strong> sog. ë 2 ZUl' ei-Reihe gehöre, hat Jellinek<br />
somit sehr richtig erkannt. Lei<strong>der</strong> hat er ë 2 nicht mit ei identifiziert,<br />
weil doch <strong>der</strong> allgemeinen Auffassung nach <strong>das</strong> alte ei sich in allen<br />
Stellungen zu i verwandelt hat. An eine Spaltung des ei hat er nie<br />
gedacht. Er hat sieh daher naeh einer an<strong>der</strong>en Herkunft umgesehen,<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong>se konnte eigentlich nul' noch ëi sein. Jetzt kann man<br />
sieh ohne Mühe den Anlass <strong>die</strong>sel' entgleisten Folgerung denken.<br />
Dass ei: i <strong>und</strong> ë 2 gleichzustellen sind, ist klar aus den oben ange-<br />
39
40<br />
führten Beispielen (wie ahd. stiega nebst stiga usw.) zu entnehmen.<br />
Es könnte vielieicht <strong>der</strong> Einwand gemacht werden, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se<br />
Beispiele <strong>die</strong> ursprünglichen Bedingungen des Überganges zu i bzw.<br />
ë nicht unmittelbar aufweisen. Das Vorkommen von FälIen wie<br />
ahd. zëri, ziari neben ziara weist aber zweifelsohne auf Ausgleich<br />
hin. Lässt sich doch in gleicher Hinsicht in den altgermanischen<br />
Dialekten auch bei e-i , u-a usw. vielfach Ausgleich nachweisen.<br />
Die Verba <strong>der</strong> 1. K h >ise "greipan usw. sollten <strong>der</strong> Regel nach,<br />
wenn es keine Hemmung gegeben hätte, z.B. <strong>im</strong> lnfinitiv *grëpan,<br />
in <strong>der</strong> 2. <strong>und</strong> 3. Person Singular Präsens *gripis, *gripip, -iá 80)<br />
gelautet haben, aber hier hat sich <strong>der</strong> i-Vokalismus schon früh<br />
siegreich durchgesetzt: ahd. grifan, ae. gripan, an. afri. gripa, got.<br />
greipan. Jedenfalis ist daran zu erinnern, <strong>das</strong>s auch bei eji Umlaut<br />
von e zu i aligemeiner durchgeführt ist als <strong>der</strong> von i zu e.<br />
Überraschend ist auch, <strong>das</strong>s ein Etymologe wie N. van Wijk in<br />
Franck's Etym. Wdb. Ndl. Taal ë 2 rein theoretisch aus idg. ëi herleitet,<br />
aber in einigen Fällen neb en bei gestehen muss, <strong>das</strong>s ëJ- <strong>und</strong><br />
i (ei) doch vielleicht identisch sein können 81). Vgl. i.v. striem:<br />
"ê kan . .. uit êi ontstaan zijn en met i-ablauten, - tenzij de ê- en<br />
î-vormen van huis uit identisch zijn" ; i.v. krijg: "De ablaut ê 2 : î is<br />
wsch. oud (idg. êi: ei). Of zouden wij als bij hij oorspr. identiteit<br />
van de ê- en de i-vormen mogen aannemen" ; i.v. gerief: "Waarschijnlijk<br />
zijn de ê 2 - en de î-vormen oorspr. identisch, ofschoon<br />
het klankverschil moeilijk te verklaren en ablaut êi () ê 2 ) : î<br />
mogelijk is" . Für ndl. hij se he man <strong>das</strong> Wörterbuch selbst, auch<br />
<strong>im</strong> Supplement.<br />
Mit dem Resultat meiner strukturellen Beweisführung bin ich<br />
also einem schon alten Wunsch(!) entgegengekommen, nicht nur<br />
des Etymologen N. van Wijk, son<strong>der</strong>n auch des Grammatikers Hirt;<br />
hat <strong>die</strong>ser doch geschrieben: "Dass ë (= ë 2 ) in <strong>die</strong> i-Reihe gehört,<br />
ist klar. Alles wäre sehr einfach, wenn wir es auf ei zurückführen<br />
könnten. lch erinnere daran, <strong>das</strong>s ei <strong>im</strong> Kelt. zu ë, vgl. Rhënus<br />
< *reinos, <strong>und</strong> <strong>die</strong>s zu ia wird, ir. rian 'Meer'. Vielieicht hat also<br />
eingermanischer Dialekt ei in ë verwandelt (vor r ?)" 82). Noch später<br />
hat Krause gesagt, <strong>das</strong>s "Germ. ë 2 vielieicht aus idg. ei <strong>und</strong> ëi" 83)<br />
stamme. Trotz solcher Vermutungen wurde also <strong>die</strong> ei-Spaltung in<br />
Zusammenhang mit eu <strong>und</strong> e nicht erkannt.<br />
§ 28. Als einmal <strong>das</strong> ë (= ë 2 ) existierte, konnte <strong>der</strong> Vokalismus<br />
best<strong>im</strong>mter Lehnwörter aus den klassischen Sprachen sich damit identifizieren,<br />
z.B. got. krëks, ahd. kriah, ae. Crëcas. Es gibt noch jüngere<br />
Entlehnungen aus dem Vulgärlatein o<strong>der</strong> Romanischen, <strong>die</strong> hier<br />
erwähnt werden können, z.B. ahd. speagal usw.<br />
Ein einzeldialektisches ë 2 gegenüber iz(ez) (z.B. ae. mëd, ahd.<br />
40
41<br />
mëta, miata gegenüher got. mizdó, vgl. gr. flUJ-&ÓÇ; neben normal<br />
ae. meord) 84) wird gewöhnlich als Dehnungsprodukt hei Schw<strong>und</strong><br />
des z erklärt; Lehmann 85) hat dazu eine mich nicht ansprechende<br />
Erklärung mittels <strong>der</strong> Laryngaltheorie gegehen. .<br />
Zum Schluss kann man daran erinnern, <strong>das</strong>s ein jüngeres ë,<br />
zusammenfallend mit ë 2 , sich hei einzelnen Pronomina entwickelt<br />
hat, so he<strong>im</strong> Demonstrativum: got. pai, ahd. tM, dë, dia usw. 86).<br />
In allen <strong>die</strong>sen Fällen ist ë 2 also sek<strong>und</strong>är. Pr<strong>im</strong>är ist ë 2 indessen<br />
noch in <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse, wo es vielleicht am regelmässigsten<br />
vertreten ist. Dass es auch da aus ei herrührt, wie ich<br />
<strong>im</strong> folgenden Ahschnitt dartun will, ist m.E. <strong>der</strong> Hauptzeuge für<br />
<strong>die</strong> Richtigkeit meiner Herkunftserklärung des ë 2 •<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. Krause, Altwestnord. Gram. § 7 setzt mit Recht nicht ë' für <strong>das</strong> Urger.<br />
manische an, wohl ë 1 •<br />
2. A;uch für <strong>das</strong> Nordseegermanische haben gewisse Forscher den re-d·<br />
Übergang angenommen mit späterer Rückentwicklung zu re bzw. ë.<br />
Der Gedanke <strong>der</strong> Rückentwicklung findet sich bereits bei Sievers,<br />
PBB., 8, 88. Siehe weiter zur Frage z.B.: Bremer, PBB., 11, 12 f.;<br />
<strong>der</strong>s., IF., 4, 29 f.; N.van Wijk, Tijdschr., 30, 161 f. (wozu <strong>der</strong>s., Phon.,<br />
189 <strong>und</strong> Schönfeld, H ist. Gram. Ndl. § 70); Wolff, ZfdA., 71, 141 f.;<br />
Frings, Stellung <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>l., 35; Bennett, Lang., 26, 232; Schwarz,<br />
Goten, Nordgerm. Angels., 189-190, 252. Vgl. auch <strong>die</strong> Randbücher:<br />
Boer, Oel·germ. Handb. § 54, 3, Anm. 4; Prokosch, Oomp. Germ. Gram.<br />
§ 37; Sievers-Brunner, Altengl. Gram. § 62, Anm. 1.<br />
3.. Man hat ohne genügenden Gr<strong>und</strong> auch angenommen, <strong>das</strong>s ë 1 <strong>und</strong> ë1 <strong>im</strong><br />
Gotischen verschieden lauteten. ZUl' Frage (mit Bibliographie) z.B.:<br />
Streitberg, Got. Elementarb. § 57, Anm. > Jellinek, Gesch. got. Spr. § 85.<br />
Vgl. jetzt auch Moulton, Lang., 24, 81.<br />
4. Vgl. § 50; insbeson<strong>der</strong>e wegen <strong>der</strong> ö1·öl·Zweiheit § 32. - Für <strong>das</strong><br />
nasalierte a (d) aus a + n + h (wie i, u in gleicher Position) <strong>im</strong> Gemein·<br />
germanischen siehe z.B . . Boer, Oergerm. Handb. § 42; Rirt, Handb.<br />
UrgerTn., I § 70, d; Gutenbrunner, Laut· <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 23.<br />
5. Bibliographie bei Trautmann, Germ. Lautg., 32. Angabe <strong>und</strong> Erörterung<br />
<strong>die</strong>ser Erklärungsversuche bei L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stam·<br />
syllaben, 82 f.<br />
6. PBB., 15, 297 f. Vgl. Sievers, PBB., 16, 246 <strong>und</strong> PBB., 18, 409-410.<br />
Kems, Lang., 13, 12 nennt "IE ëi > PGmc ë l " ein "now (d.h. 1937)<br />
current view".<br />
7. IF., 6, 89 f.<br />
8. PBB., 15, 298. Schra<strong>der</strong>, BB., 15, 131 hatte schon auf <strong>das</strong> Neben·<br />
einan<strong>der</strong> von ëJi (hërJ*hi) hingewiesen.<br />
9. PBB., 15, 299.<br />
10. KZ., 27, 369 f. wobei noch hingewiesen wird auf KZ., 27, 305.<br />
11. Handb. Urgerm., I, 34.<br />
12. Vgl. Rirt, Harulb. Urgerm., I § 29, 7 <strong>und</strong> §§ 43, 47; Prokosch, Oamp.<br />
Germ. Gram., 104, 126. - Für <strong>die</strong> Bibliographie über <strong>die</strong> Langdiphthonge<br />
siehe z.B. Trautmann, Germ. Lautg., 17 f.; L. E. van Wijk, Klinkers<br />
Oergerm. Stamsyllaben, 100 f.<br />
41
13.<br />
14.<br />
15.<br />
16.<br />
17.<br />
18.<br />
19.<br />
20.<br />
21.<br />
22.<br />
23.<br />
24.<br />
25.<br />
26.<br />
27.<br />
28.<br />
29.<br />
42<br />
PIE. Phon., 10 f.; Zitat S. 13. Vgl. anch <strong>der</strong>s., JEGPh., 52, 144.<br />
ë 2 würde eine Ausnahme sein; <strong>die</strong>se Frage wird weiter erörtert.<br />
Siehe dazu schon Streitberg, Zur germ. Sprachgesch., 65.<br />
Man dürfte wohl einwenden, <strong>das</strong>s z.B. ai <strong>und</strong> ou (vorausgesetzt <strong>das</strong>s<br />
<strong>die</strong> Kürzung nach dem o- a.übergang stattgef<strong>und</strong>en hat) als Kürzungs.<br />
produkte aus öi <strong>und</strong> öu sich <strong>im</strong> Urgermanischen nicht behaupten<br />
konnten <strong>und</strong> sich deswegen zu ai bzw. au zugesellten. Überzeugend ist<br />
<strong>die</strong>s allerdings nicht. Zwar bestätigt man spätere übergange von ojö<br />
zu a in Endsilben (z.B. got. n<strong>im</strong>a gegenüber ahd. as. ae. n<strong>im</strong>u; got.<br />
dagam gegenüber an. dpgum, ahd. tagum, ae. dagum), aber <strong>die</strong>se übergänge<br />
entbehren je<strong>der</strong> Beweiskraft für einen ähnlichen "früheren"<br />
urgermanischen Vorgang in haupttoniger Silbe; vgl. L. E . van Wijk,<br />
Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 76.<br />
Schon bei Streitberg, Urgerm. Gram. § 85.<br />
Man könnte hier vielleicht got. ai in saian, waian (neben sëps) <strong>und</strong> got.<br />
au in staua, taui (neben stöian, ubiltöiis) als Refiexe von idg. ëi bzw.<br />
öu heranziehen (vgl. Trautmann, Germ. Lautg., 17 f.). Mich hier auf ai<br />
beschränkend, ist anzunehmen, <strong>das</strong>s man hier zwar mit Fug von ëi<br />
ausgeht, allein repräsentiert <strong>die</strong>s: ë + heterosyllabisch en Semivokal<br />
Ui); vgl. dazu aksl. sëiati, vëiati, ai. väyati. Von vornherein ist also je<strong>der</strong><br />
Vergleich mit den ë'-Fällen (ë + tautosyllabischem "i) ausgeschlossen.<br />
übrigens ist got. saian, sëps (aijë ) in Zusammenhang mit den an<strong>der</strong>en<br />
germanischen Dialekten zu sehen (an. sä, sáá; ahd_ säen, sát; as. säian,<br />
säd; ae. säwan, s~d). Got. aiië (auch au/ö) ist deutlich als eine jüngere,<br />
rein kombinatorische Differenzierung des ë 1 (bzw. ö) zu betrachten, <strong>der</strong><br />
Moulton, Lang., 24, 85 mit Recht keinen phonologischen Wert, zuerkannt<br />
hat. Bei got. au kommt noch au, vielleicht mittels ö, aus früherem<br />
ü hinzu (trauan, ahd. trüën; bauan, ahd. büan, an. büa). Vgl. Hirt,<br />
Handb. Urgerm., I, 36 <strong>und</strong> Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 56-57.<br />
165.<br />
L. E . van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 97 f., hat eine Erklärung<br />
für <strong>das</strong> Auseinan<strong>der</strong>gehen von ëi <strong>und</strong> öu versucht.<br />
So ist ein germanischer Vokalwechsel ë1/ei/ai usw. (z.B. got. garëdan,<br />
garaips) ganz verständlich; vgl. Hirt, Handb. Urgerm., I, 67. Jüngst<br />
ist Foerste, Ndl. <strong>und</strong> wndd. Bez. des Klees, 395 f., insbeson<strong>der</strong>e 408,<br />
zu dem m .E. triftigen Schluss gekommen, <strong>das</strong>s in Fällen wie ndl. ndd.<br />
klaver, klever usw. "Qer Vokalwechsel westgerm. ä : a'i in germ. Zeit<br />
zurückreicht <strong>und</strong> nichts mit <strong>der</strong> anglofriesischen Entwicklung von<br />
germ. ai> ä zu tun hat". Er führt noch mehrere Beispiele <strong>die</strong>ses alten<br />
Vokalwechsels an, lässt aber unentschieden, ob man in allen jenen<br />
Fällen "Refiexe eines i-haltigen indogermanischen Langdiphthongs zu<br />
sehen" hat. Der betreffende alte Vokalwechsel (ë1jai) scheint mir in<br />
<strong>der</strong> Hauptsache kaum an<strong>der</strong>s zu verantworten.<br />
Doch hat man <strong>im</strong>mer gem mit <strong>die</strong>ser Methode gearbeitet: vgl. z.B.<br />
Brugmann, IF., 6, 90; Feist, PBB., 32, 502.<br />
PIE. Phon., 66 f.<br />
a.a.O., 67.<br />
a.a.O., 68.<br />
a.a.O.<br />
Vgl. schon Feist, PBB., 32, 502, Anm. 1: "Ahd. stiega neben stîga<br />
gehört zu germ. stîgan, idg. wzl. stejgh, gr. CTTE1lw etc., bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> ëi<br />
Stufe nicht belegt ist".<br />
IF., 6, 89 f.<br />
Oergerm. Handb_, 113; On. Handb., 32.<br />
Heusier, Altisl. Elementarb. § 49 f.; Noreen, Altisl. altnorw. Gram. §§ 56,<br />
42
43<br />
100, 101; Boer, On. Handb. § 68; Krause, Altwestnord. Gram. § 16.<br />
30. Braune, Ahd. Gram. § 47. In Fällen wie bi,ttu ist ·u, wie man weiss,<br />
spätere Entwicklung aus ö.<br />
31. Der Hinweis auf <strong>die</strong>sen Parallelismus findet sich auch bei Heuslel',<br />
Altisl. Elementarb. § 49.<br />
32. Holthausen, A lts. Elementarb. § 101 f.<br />
33. Luick, Hist. Gram. engl. Spr., I § 72, auch § 125 f.; Sievers-Brunner,<br />
Altengl. Gram. § 78. - Gegen Boers Annahme (Oergerm. Handb. § 63,<br />
3, a), <strong>das</strong>s auch <strong>im</strong> Altenglischen eu zu in wurde vor u <strong>der</strong> Folgesilbe,<br />
hat sich Girvan (Angels. Handb. § 41, Anm. I, 2) mit Fug gewandt.<br />
34. Steller, Alt/ri. Gram. § 20; Van Helten, Altost/ri. Gram. § 24.<br />
35. Rom. Germ., Il, 38. Vgl. auch Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 59.<br />
36. Spr. Burg<strong>und</strong>en, 358. Dazu Kögel, ZfdA., 37, 228.<br />
37. Spr.Ostgoten, 167; siehe dort auch S. 32.<br />
38. Collitz, JEGPh., 6, 254, Anm. 1.<br />
39. Bibliographie in Anrn. 33 <strong>und</strong> weiter : J ordan, H andb. mengl. Gram.<br />
§ 81 f. - Für <strong>die</strong> Entwicklung <strong>im</strong> Südwestnie<strong>der</strong>ländischen: Schönfeld,<br />
Hist. Gram. Ndl. § 57; Mansion, Og. Naamk., 211 f.<br />
40. Vgl. auch Sverdrup, NTS., I, 99. An<strong>der</strong>er Ansicht ist L. E. van Wijk,<br />
Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 64 <strong>und</strong> Schwarz, Goten, Nordgerm.,<br />
Angels., 52-53.<br />
41. J6hannesson, Gram. urn. Runeninschr. § 24: "Im Althochdeutschen <strong>und</strong><br />
Altsächsischen wurde gerrn. e > i, auch VOl' einem u <strong>der</strong> folgenden Silbe,<br />
<strong>und</strong> <strong>das</strong> gleiche ist auch <strong>im</strong> Urnordischen <strong>der</strong> Fall (obgleich <strong>die</strong>ses<br />
Gesetz später nicht durchgeführt jst) : g[ i]wu, Brakteat von Overhornbrek<br />
NI'. 30 (500?); - gifJu, Brakteat aus Seeland Nr. 57 (6.)". Dagegen<br />
Krause, Runeninschr. ält. Futhark, 477 betreffs <strong>der</strong> erwähnten urnor·<br />
dischen Fohn gibu: "gibu mit ·i· für zu erwartendes ·e· wohl unter dem<br />
Einfluss <strong>der</strong> 2. <strong>und</strong> 3. Person "'gibiR, gibiá, wo <strong>das</strong> Stammsilben ·i·<br />
d er Endsilbe regelmässig aus ·e· entwickelt ist". Die zwei Erklärungen<br />
sind schon erwähnt bei Noreen, Altisl. altnorw. Gram. § 63, 3; darauf<br />
zurückgehend: Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 254-255. Vgl. auch<br />
Gutenbrunner, Laut· <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 26, Il, Anm. 7.<br />
42. Luick, Hist. Gram. engl. Spr., I § 71, Anrn. 2.<br />
43. Eine ähnliche Betrachtung <strong>der</strong> Dinge, z.B. <strong>die</strong> Zusarnrnenschau des e<br />
in irgendwelchen Stellungen, also auch <strong>im</strong> sog. Diphthong ei, findet<br />
sich schon früh . Vgl. z.B. Paul, PBB., 6, 86-87 [<strong>im</strong> Jahre 1879]: "Der<br />
wechsel zwischen eu <strong>und</strong> iu muss ursprÜllglich dem zwischen einfachen<br />
e <strong>und</strong> i ganz parallel gewesen sein"; Much, PBB., 17, 168 [<strong>im</strong> Jahre<br />
1893] : "Da zu beginn <strong>der</strong> Römerzeit in Deutschland noch Segi. gesprochen<br />
wurde, so dürfte es uns nicht wun<strong>der</strong>n, wenn damals auch idg. ei irn<br />
gerrnanischen noch als ei erhalten war".<br />
44. Schon in einem Aufsatz von L. F. Leffier, Bidrag tilläran om i-omliudet<br />
in dem zweiten Band <strong>der</strong> neuen Reihe von "Nordisk Tidskrift for<br />
Filologi og Paedagogik" [1874] 288, den ich nicht zu Rate ziehen konnte ;<br />
hier deshalb nach Von Borries, Das erste Stad. des i·Uml., 15-16 zitiert.<br />
Auch in unserem Jahrhun<strong>der</strong>t findet sich <strong>die</strong>sel' Gedanke, z.B. bei<br />
Trautmann (siehe unten); Hirt, Handb. Urgerm., I, 15, 44. Vgl. auch<br />
Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 26 <strong>und</strong> Sverdrup,<br />
NTS., I, 99.<br />
45. Arkiv, 8, 9; vgl. dort S. 23.<br />
46. PBB., 27, 166 f. Später: <strong>der</strong>s., umz. <strong>und</strong> Brechung, 44 f., vor allem 55 f.<br />
47. Goten, Nordgerm., Angels., 52-53, 59, 253 f. - Vgl. z.B. Boer, Oergerm.<br />
Handb. § 68; <strong>der</strong>s., On. Handb. § 83 f.; Br0ndum-Nielsen, Gammeldansk<br />
Gram., I § 71, Anrn. 2 <strong>und</strong> § 77.<br />
43
44<br />
48. PBB., 27, 172.<br />
49. 0..0..0.<br />
50. Dabei (d.h. mit nicht nur Kocks erwähnter Schrift, sondem auch seinem<br />
Uml. <strong>und</strong> Brechung als Ansatz) war manches Mal nicht <strong>die</strong> Anfangszeit<br />
des Umlauts eine Streitfrage, sondem <strong>der</strong> physiologische Prozess, <strong>das</strong><br />
Verhältnis des Umlauts zur sog. Brechung u.a. Es wurden dabei vielfach<br />
jüngere Vorgänge <strong>der</strong> Umlautserscheinung zur Sprache gebracht,<br />
z.B. i-Umlaut von a. Vgl. vor allem Van Ha.eringen, De germ. inflexieverschijnselen<br />
; Rooth, N ardfri. Strei/zÜ{Je, 109 f. ; <strong>der</strong>s., Det pr<strong>im</strong>o<br />
i-amljudet; <strong>der</strong>s., Stud. Neoph., 13, 103 f. (wozu Collin<strong>der</strong>, Stud. Neoph.,<br />
13, 291 f.). Siehe auch Svensson, Di/t. med pal. /ÖTSlag; Hesselman,<br />
Omljud och brytning; Svensson, Arkiv, 60, 1 f. Bericht über eine Diskussion<br />
(vor allem betreffs <strong>der</strong> Theorien Hesselmans <strong>und</strong> Svenssons), an<br />
<strong>der</strong> J. Svensson, A. Janzén, H. An<strong>der</strong>sen, J. Br0ndum-Nielsen, N.<br />
Lindqvist, V. Jansson, A. Nordling, P. Wieselgren teilnahmen, in :<br />
APhS., 19, 3 f. Vgl. noch: Samuels, TrPhS., 1952, 30 f. (mit Bibliographie).<br />
Siehe auch unten S. 74, Anm. 119_<br />
51. Germ. Lautg., 10-11. Vgl. Collitz, JEGPh., 6, 281-282.<br />
52. Rö-stenen, 141 f.<br />
53. 0..0..0., 142. Auch iu wird hierzu gerechnet. Meine Erörterung geht aber<br />
von einer an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>lage aus.<br />
54. Siehe z.B. L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 62 f. (mit<br />
Bibliographie); weiter: Von Friesen, Rö-stenen, 74 f., 147-148; Krause,<br />
Runeninschr. ält. Futhark, 476; <strong>der</strong>s., Altwestnord. Gram., 12; Ja.cobsen<br />
Moltke (u.a.), Danmarks Runeindskr. Text, Sp. 646 (Nielsen) ; Schwarz,<br />
Goten, Nardgerm., Angels., 159-161.<br />
55. PBB., 27,182 f. <strong>und</strong> <strong>der</strong>s., Uml. <strong>und</strong> Brechung, 49-50. Für sëda, hlëda<br />
vgl. jetzt noch Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Farmenl. des Altisl. § 26, Il,<br />
Anm.5.<br />
56. Germ. Lautg., 11.<br />
57. Rö-stenen, 143.<br />
58. Auch gnijJa zu gnyja wird erwähnt. Siehe hierfür jedoch auch 0..0..0.<br />
59. PBB., 27, 188.<br />
60. 0..0..0., 187 <strong>und</strong> 190.<br />
61. z.B. Noreen, Urgerm. Lautl., 18; Streitberg, Urgerm. Gram. §§ 68, 71.<br />
62. Zur Frage siehe L. E. ·van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 71.<br />
63. PBB., 23, 484 f.; <strong>der</strong>s., Uml. <strong>und</strong> Brechung, 1 f. Auf Kock zurückgehend<br />
z.B.: Br0ndum-Nielsen, Gammeldansk Gram., I § 71, Anm. 2<br />
<strong>und</strong> § 74 f. Vgl. auch Krause, Altwestnard. Gram. §§ 17-18, <strong>der</strong> a·Umlaut<br />
von i <strong>und</strong> u "frühum." nennt.<br />
64. PBB., 23, 511; vgl. <strong>der</strong>s., PBB., 27, 188: "In <strong>die</strong>sem zusammenhange<br />
erinnere ich an meine untersuchung des a-umlauts ... Ich kam dort,<br />
unter an<strong>der</strong>m zu dem resultat, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> a-umlaut von u <strong>und</strong> i nicht<br />
urgerm., sondem in den verschiedenen germ. sprachen nach <strong>der</strong> spaltung<br />
<strong>der</strong> urgerIn. sprache eingetreten sei".<br />
65. J6hannesson, Gram. urn. Runeninschr. § 27.<br />
66. Krause, Runeninschr. ält. Futhark, 596 f., 534 f. Betreffs HaltijaR (S.<br />
597): "HaltijaR ist wohl am ehesten als patronymische -ia-Ableitung<br />
zu einem Mannesnamen *Halta (anord. Halti) aufzufassen . .. man<br />
beachte <strong>die</strong> Übemahme des -0- aus dem Gr<strong>und</strong>namen (nicht *HultijaR)";<br />
Jacobsen-Moltke (u.a.), Danmarks Runeindskr., Text, Sp. 24 f. (11-12)<br />
<strong>und</strong> Sp. 668 (Nieisen) ; Schwarz, Goten, Nardgerm., Angels., 53-54. Vgl.<br />
noch Krause, Altwestnard. Gram. § 18, 1, jedoch auch Gutenbrunner,<br />
Laut- <strong>und</strong> Farme'lil. des Altisl. § 26, I, Anm. 2.<br />
67. J6hanneBBon, Gram. urn. Runeninschr. § 26, wozu Gutenbrunner, Laut-<br />
44
4F<br />
<strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 26, I, Anm. 4. Vgl. noch Noreen, Altisl.<br />
altnorw. Gram. § 60 (<strong>das</strong> in Anm. wie auch in dessen Gesch. nord. Spr.<br />
§ 29. a, ex vorgeführte urnordische WiwaR wird von Krause, Runeninschr.<br />
ält. Futhark, 538, 656 als WiwaR interpretiert; gegen Krause<br />
jetzt Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 255) <strong>und</strong> Heusier, Altisl.<br />
Elementarb. § 50.<br />
68. Siehe vorige Anm. (Noreen).<br />
69. In einem Fall wie ahd. scif, scef rechnete Von BOITies, Das erste Stad.<br />
des i-Uml., 24 mit "Schwanken zwischen a- <strong>und</strong> i-Flexion".<br />
70. Vgl. Streitberg, IF., 4, 308-309 > Urgerm. Gram. § 71: "Dass <strong>der</strong> a<br />
Umlaut des u <strong>und</strong> somit auch des i gemeingermanisch, wahrscheinlich<br />
urgermanisch ist trotz des durchgehnden u(i) des wulfilanischen<br />
Gotisch, <strong>das</strong>s also auch <strong>das</strong> ältere Gotisch ihn gekannt hat, lehrt <strong>der</strong><br />
Gotenname selbst". Der Beweis aus dem Gotennamen hat mit Recht<br />
Kritik hervorgerufen (vgl. schon Collitz, JEGPh., I, 220 f. > Bethge<br />
in Dieter, Laut- <strong>und</strong> Formenl. altgerm. Dial., 12-13; beigetreten von<br />
Streitberg selbst, Got. Elementarb., 7) <strong>und</strong> war nicht dazu geeignet,<br />
einen wesentlich richtigen Gedanken zu stützen. - Kock, PBB., 23,<br />
525, schrieb noch hinsichtlich <strong>die</strong>ses Pro bi ems : "Die möglichkeit ist<br />
nicht ausgeschlossen <strong>das</strong>s <strong>das</strong> nebeneinan<strong>der</strong> Got(h)ones: Gutones<br />
darauf hindeute, <strong>das</strong>s bei den Goten <strong>der</strong> a-umlaut in einer best<strong>im</strong>mten<br />
Stellung eingetreten, ab er sonst nicht durchgeführt worden ist". Die<br />
betreffende Stellung ist dann "in semifortissilbe", da <strong>der</strong> Gotenname<br />
vor allem <strong>im</strong> zweiten Kompositionsgliede vorkomme. - Soweit man<br />
be rechtigt ist aus den spärlichen Resten des Kr<strong>im</strong>gotischen etwas zu<br />
folgern, scheint <strong>die</strong>se Sprache jedoch (a-)Umlaut zu kennen. Vgl. jetzt<br />
Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 167-168.<br />
71. Klinkers Oergerm. Starnsyllaben, 70-71.<br />
72. Vgl. oben <strong>die</strong> Einführung.<br />
73. Hist. Gram. engl. Spr., I § 79 <strong>und</strong> Anm. Auch so bei Girvan, Angelsaks.<br />
Handb. § 42, Anm. 1. Vgl. noch, sei es hier nur hinsichtlich des Westgermanischen,<br />
Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 274.<br />
74. Dies setzt für <strong>die</strong> betreffende Periode <strong>die</strong> phonologische Identität<br />
voraus von u(o) <strong>und</strong> y,(w). Für <strong>das</strong> Bibelgotische - also eine jüngere<br />
Schicht(!) - kommt Moulton, Lang., 24, 81 f. zum Bef<strong>und</strong>, <strong>das</strong>s<br />
u phonologisch verschieden ist von y,(w). Doch weist <strong>die</strong>se Sprache eine<br />
phonologische Identität in <strong>der</strong> Parallelreihe i / i:( i) auf. Vorsichtig hat<br />
Moulton, a.a.O., 82 betreffs des uns interessierenden Zeitraums gesagt:<br />
"Our present knowledge does not permit us to state whether [i] and<br />
[j], [u] and [w] in Proto-Germanic remained allophones of only two<br />
phonemes, became four different phonemes / i u j w /, or became three<br />
different phonemes / i u w /, with / i / containing the allophones [i]<br />
and [j]".<br />
75. Vgl. Heusier, Altisl. Elementarb. § 49.<br />
76. Vgl. z.B. schon Van Haeringen, De germ. inflexieverschijnselen, 53.<br />
77. Siehe §§ 49 <strong>und</strong> 53 <strong>und</strong> für <strong>die</strong> Terminologie vgl. Schmidt, AUg. Akzentlehre.<br />
78. Vgl. z.B. Van Haeringen, De germ. inflexieverschijnselen, 142, aber<br />
auch Van Loey, De pr<strong>im</strong>o i-uml., 121 f. (mit Bibliographie); Hansen,<br />
Preserv. of Word-Identity, 48 f., insbesondre 62 f. Den Zusammenhang<br />
mit dem Akzent hatte schon Theodor Jacobi [1843] erkannt; vgl.<br />
Van Loey, a.a.O., 123, Anm. 3. Weiter noch: Brosnahan, Old Engl.<br />
So<strong>und</strong> Ohanges, insbeson<strong>der</strong>e 83 f.<br />
79. So ist beispielsweise daran zu erinnern, <strong>das</strong>s i-Umlaut von a (ni<strong>im</strong>lich zu e)<br />
einige Jahrhun<strong>der</strong>te später auftritt, wie Von Borries, Das erste Stad.<br />
des i-Uml., 81 für <strong>das</strong> Deutsche schon lange erkannt bat.<br />
45
46<br />
80. In .is, .ip bzw. ·ut ist -i erst aus idg. e (esi, eti) entstanden. Vgl. Streitberg,<br />
Urgerm. Gram., 54 ; Boer, Oergerm. Handb. § 73 <strong>und</strong> schon Von<br />
Borries, Das erste Stad. des i-Uml., 18.<br />
81. Vgl. auch N. van Wijk, Phon., 189 wo ë 2 zurückgeführt wird auf ti.<br />
82. Handb. Urgerm., I , 34-35.<br />
83. Altwestnord. Gram. § 10, 1; vgl. auch § 11 <strong>und</strong> <strong>der</strong>s., Handb. Gat. § 35, 2.<br />
84. Hirt, Handb. Urgerm., I, 33.<br />
85. PIE. Phon., 71-72.<br />
86. Soviel ich weiss, hat man noch nicht hingewiesen auf eine parallele Einhol·<br />
Entwicklung o<strong>der</strong> Entgleisung, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> jüngeren Geschichte <strong>die</strong>ses<br />
Pronomens <strong>und</strong> zwar in mo<strong>der</strong>nen flämischen Dialekten stattgef<strong>und</strong>en<br />
hat. Übersichtliches Material gibt Grootaers (Lecoutere---Grootaers,<br />
Inl. tot de Taalk., 155). Siehe schon Colinet, Leuv. Bijdr., 1, 138 <strong>und</strong><br />
vgl. Goemans, Leuv. Bijdr., ~, 44, Grootaers, Leuv. Bijdl'., 8, 164 für<br />
<strong>die</strong> M<strong>und</strong>arten bzw. von Aalst, Löwen <strong>und</strong> Tongeren. Ggerm. i (Stamm<br />
*lib-) wird z.B. in Löwen e~ (le~f "Leib"), in Tongeren ai (lai!). Hiermit<br />
fällt altes ia, ie (aus urgerm. eu, wozu <strong>die</strong> spätere Entwicklung des<br />
ë 2 hinzugekommen ist) in den betref:Ienden Dialekten nicht zusammen<br />
(Löwen diif, deif "Dieb" ; Tongeren dïf; für <strong>das</strong> letzte vgl. Grootaers,<br />
Leuv. Bijdr., 9, 129), doch hat sich hier <strong>der</strong> Vokalismus des Demonstrativpronomens<br />
mit a ltem i identifiziert: Löwen de~, Tongeren ooi.<br />
Der Vorgang findet sich auch <strong>im</strong> Brüsseler Dialekt : d~n dän~ "<strong>der</strong>,<br />
jener" neben läf "Leib" (Mazereel, Brusselsch Dial., 63 <strong>und</strong> § 40, 6).<br />
Vgl. noch Karstien, Die redupl. Perf., 55--56, insbeson<strong>der</strong>e 56, Anm. 2.<br />
46
IV<br />
DIE REDUPLIZIERENDE KLASSE<br />
§ 20. Über <strong>das</strong> Verhalten <strong>der</strong> gotischen reduplizierenrlen <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> entsprechenden nord- <strong>und</strong> westgermanischen reduplikationslosen<br />
Verba ist seit J. Gr<strong>im</strong>m sehr viel <strong>und</strong> Vielartiges geschrieben.<br />
Die Frage ist nämlich, in welcher Beziehung got. haihait, *haihlaup,<br />
haihald <strong>und</strong> an. hët, hljöp, helt, ahd. hiaz, Leot, liol, hialt usw. zu<br />
einan<strong>der</strong> stehen.<br />
Die endgültige Lösung <strong>die</strong>ses Problems, von dem man gesagt hat,<br />
es sei "one of the most difficult problems of Germanic grammar" 1),<br />
ist ab er noch nicht gef<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Herkunft des Vokalismus <strong>der</strong><br />
sog. reduplizierenden Klasse <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen bleibt<br />
dunkei "trotz <strong>der</strong> unendlichen Mühe, <strong>die</strong> darauf verwendet ist" 2) .<br />
Die Forschungsgeschichte <strong>der</strong> Frage sowie <strong>die</strong> Kritik <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Theorien brauche ich nicht methodisch zur Sprache zu<br />
bringen, weil <strong>die</strong>s schon mehrere Male an<strong>der</strong>swo geschehen ist 3).<br />
Immerhin möchte ich zur Einführung meines eigenen Erklärungsversuchs<br />
einige Punkte <strong>der</strong> früheren Forschung erörtern ~nd zwar:<br />
1. <strong>die</strong> Kontraktionstheorie, 2. <strong>die</strong> Erklärung Brugmanns <strong>und</strong> 3. <strong>die</strong>jenige<br />
Karstiens. Dies sind drei hervorragende Momente bei <strong>der</strong><br />
Untersuchung <strong>der</strong> betreffenden Frage gewesen.<br />
Man weiss, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> zahlreichen Deutungsversuch~ des Präteritalvokalismus<br />
<strong>der</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen sog. reduplizierenden<br />
Klasse auf zwei Gr<strong>und</strong>gedanken zurückzuführen sind:<br />
1. Der erste sucht <strong>die</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen Präteritalformen<br />
mit den gotischen zusammenzubringen. Im allgemeinen<br />
lässt man den betreffenden Präteritalvokalismus durch Kontraktion<br />
<strong>der</strong> Reduplikationssilbe mit dem Stamm entstehen. Karstien aber<br />
nahm keine Kontraktion an, son<strong>der</strong>n Abfall <strong>der</strong> Reduplikationssilbe<br />
durch Funktionslosigkeit.<br />
2. Der zweite führt den nord- <strong>und</strong> westgermanischen Präteritalvokalismus<br />
einerseits <strong>und</strong> den gotischen andrerseits auf verschiedene<br />
indogermanische Ablautstufen zurück; dabei tritt <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong><br />
Westgermanischen eine von alters her reduplikationslose Form auf<br />
<strong>im</strong> Gegensatz zu einer von alters her reduplizierenden Form des<br />
Gotischen.<br />
§ 30. Die Kontraktionstheorie (* hehait > * hët; * hehlaup > * hleop)<br />
findet sich zuerst bei J. Gr<strong>im</strong>m. Sie wurde von an<strong>der</strong>en (Scherer,<br />
47
48<br />
Schmidt, Kluge, Hoffory, Holthausen, Zarncke, Van Helten usw.) 4)<br />
vielfach umgearbeitet o<strong>der</strong> ergänzt, ohne <strong>das</strong>s man aber dab ei je zu<br />
einer wirklich überzeugenden Erklärung gelangte. Man hat hier<br />
weitgehende Diss<strong>im</strong>ilation o<strong>der</strong> durchgeführten Ausfall des Anlautkonsonanten<br />
des Stammes angenommen o<strong>der</strong> stellte sich den<br />
Anlauf des Vorgangs z.B. bei vokalisch anlautenden Stämmen vor<br />
(*e-aik> *ë 2 k; *e-auk > *eok) mit nachheriger analogischer Verbreitung<br />
des ë 2 -<br />
bzw. eo-Vokalismus. Bei allen <strong>die</strong>sen Konstruktionen<br />
hat man überhaupt reichlich mit <strong>der</strong> Analogie operie'ren müssen.<br />
Gerade wenn man einer Kontraktion vom konsonantischen<br />
Standpunkt zust<strong>im</strong>men könnte, bleibt <strong>die</strong> Monophthongierung zum<br />
geschlossenen ë 2 von e + ë 1 (*lelëlt), e + a (*tetall), e + ai (*hehait)<br />
ein best<strong>im</strong>mt ungewöhnlicher Vorgang 6). Zwar hat man auch an<br />
Ausfall entwe<strong>der</strong> des Stammvokalismus o<strong>der</strong> des Reduplikationsvokals<br />
gedacht. So hat schon Scherer mit <strong>der</strong> ersten Möglichkeit<br />
gerechnet, indem er den Hauptton auf <strong>der</strong> Reduplikation ruhen<br />
liess 6). Dass aber <strong>im</strong> Gegensatz zum *hehait-Fall in *hehlaup <strong>der</strong><br />
Stammvokalismus nicht unterdrückt, son<strong>der</strong>n nur "verkürzt"<br />
wurde, machte <strong>die</strong>se Erklärung schon von vornherein hinfällig.<br />
Dagegen ist Hoffory 7), speziell für <strong>das</strong> Altnordische <strong>und</strong> mit ebensowenig<br />
Erfolg, gerade vom umgekehrten Standpunkt ausgegangen,<br />
indem er den Akzent auf <strong>die</strong> Stammsilbe treten liess, wodurch <strong>das</strong><br />
e<strong>der</strong> Reduplikation unterdrückt wurde <strong>und</strong> auch wie<strong>der</strong> Kontraktion<br />
erfolgte 8).<br />
Die <strong>im</strong> N ord - <strong>und</strong> Westgermanischen auftretenden Reste einer<br />
Kontraktion (z.B. ae. hatan, heht) wurden gleichfalls herangezogen.<br />
Mit Recht hat Prokosch hierbei hervorgehoben: "But the existence<br />
of these forms speaks rather against than for the equating the<br />
hët-type with the haihait-type. If heht was the regular phonetic<br />
development of *hehat = Go. haihait, it seems <strong>im</strong>probable that at<br />
a comparatively late period it should have gone through the altogether<br />
irregular development to hët; if the form had been preserved<br />
at all, it would have remained heht in Anglian, as in reht, cneht, or<br />
become *heoht in West-Saxon, as in reoht, cneoht" 9).<br />
§ 31. Es braucht uns wirklich nicht zu verwun<strong>der</strong>n, <strong>das</strong>s man<br />
sich schon vor mehr als fünfzig J ahren nach einer ganz an<strong>der</strong>en<br />
Erklärung umgesehen hat.<br />
In einem bekannt gebliebenen Aufsatz setzte Brugmann 10) für<br />
<strong>die</strong> reduplikationslosen Formen des Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />
auch in <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>sprache reduplikationslose Formen an neben den<br />
reduplizierenden, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Gotischen weiterleben. So liess er bei<br />
*haitan ein Präteritum an. ae. hët aus *hëit herrühren <strong>und</strong> nahm also<br />
einen alten Ablaut ai/ëi an, wobei ëi <strong>die</strong> Normalstufe sein sollte.<br />
48
49<br />
Für seine Gleichsteliung hëit, an. ae. hët berief er sich auf <strong>die</strong> Jeliineksche<br />
Theorie (ëi ) ë 2 ). In übereinst<strong>im</strong>mung mit ai/ëi steht dann<br />
au/eu in hlaupan, *hlëup (an. hljöp, ae. hlëop). Verba mit ë (got. lëtan)<br />
liess er auch von ëiherrühren, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schwierigkeit <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Entwicklung <strong>die</strong>ses Vokalismus <strong>im</strong> Präsens (el) <strong>und</strong> <strong>im</strong>' Präteritum<br />
(e 2 ) suchte er durch <strong>die</strong> Steliung in offener bzw. geschlossener Silbe<br />
zu erklären; <strong>die</strong> Silbengrenze hätte also <strong>die</strong>sen Unterschied bedingt.<br />
Weniger als bei <strong>der</strong> Kontraktionstheorie wurde hier Analogie<br />
angenommen; doch wurde <strong>der</strong> Präteritalvokalismus ë 2 <strong>der</strong> ai-Verba<br />
auf <strong>das</strong> Präteritum <strong>der</strong> a-Verba übertragen.<br />
Auch Hoffmann trennte <strong>die</strong> nord-, westgermanischen <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
gotischen Präterita <strong>der</strong> redupliziercnden Klasse. Für ihn aber<br />
waren ëi/ëu Dehnstufen zu ai/au, <strong>die</strong> er zur indogermanischen<br />
e-Reihe rechnete. Die doppelte Entwicklung des ëi erklärte er durch<br />
einen Intonationsunterschied (geschleift/gestossen.) Wichtig ist<br />
dab ei seine Konstatierung: "Die Prüfung des Materiales bestätigt<br />
uns <strong>die</strong> schon früher hervorgehobene Tatsache, <strong>das</strong>s zu keinem<br />
<strong>der</strong> Präsentia mit -ai- <strong>und</strong> -au- Stammesformen mit -ëi- <strong>und</strong> -ëusicher<br />
nachzuweisen sind. Wenn wir also -ë- <strong>und</strong> -eu- <strong>im</strong> Präteritum<br />
auf -ëi- <strong>und</strong> -ëu- zurückführen, so dürfen wir uns darüber nicht<br />
täuschen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Ablautsstufen in jedem Falie Konstruktionen<br />
bleiben" 11).<br />
Rechnend mit Hoffmanns Resultaten hat J anko 12) Brugmanns<br />
Gr<strong>und</strong>gedanken weiter ausgebildet. Für ihn waren <strong>im</strong> Germanischen<br />
vier alte Prototypen zu unterscheiden: 1. <strong>die</strong> reduplizierende Form<br />
(got. haihait); 2. <strong>die</strong> Dehnstufe ëi ) ë 2 (an. ae. hët usw.); 3. <strong>die</strong><br />
Dehnstufe öi ) ai (an. heit) IS); 4. eine Schw<strong>und</strong>stufe <strong>im</strong> Plural (an.<br />
svipom, hlupom). Das e <strong>der</strong> a-Verba (z.B. in an. helt) !iess er, <strong>im</strong> Einklang<br />
mit ëi usw. durch Kürzung aus ël/ën usw. entstehen. Ahd.<br />
hialt, as. hield (*hëld-) entstand dann "durch mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
festen Anschluss an <strong>das</strong> fürs Sprachgefühl überaus charakteristische<br />
Pt. 1 *hët <strong>und</strong> *lët" 14). Für <strong>die</strong> ö-Verba be<strong>die</strong>nte er sich wie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> alten Kontraktionstheorie.<br />
Auch Feist 16) hat sich betreffs des ë 2 -Typus (ëi) <strong>der</strong> ë- <strong>und</strong> ai<br />
Verba dem Gedanken Brugmanns angeschlossen, aber den eo-Typus<br />
erklärte er wie<strong>der</strong> durch Kontraktion. Merkwürdig ist indes, <strong>das</strong>s<br />
Brugmann <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>r. 16) dem Vermittlungsversuch Feists gefolgt<br />
ist <strong>und</strong> gegen seine eigene Annahme <strong>das</strong> eo-Präteritum also durch<br />
Kontraktion entstehen !iess.<br />
Das Exper<strong>im</strong>ent von Brugmann <strong>und</strong> seinen Nachfolgern 17) ist<br />
insoweit fruchtbar gewesen, <strong>das</strong>s es <strong>die</strong> Aufmerksamkeit auf eine<br />
an<strong>der</strong>e Erklärungsmäglichkeit als <strong>die</strong> Kontraktionstheorie lenkte.<br />
Allein findet sich überhaupt kein Anhaltspunkt für den von Brugmann<br />
angesetzten Ablaut. Damit rechnete schon Hoffmann, wie<br />
49
50<br />
man ob en gesehen hat. Und später hat Hirt dazu bemerkt: "Hätten<br />
wir eine solche Abtönung, wie wir sie brauchen, in einer an<strong>der</strong>n<br />
Sprache, so liesse sich über <strong>die</strong>se Ansicht reden" 18). Abel' sie fehlt.<br />
So schweben <strong>die</strong> Konstruktionen von Brugmann <strong>und</strong> seinen Nachfolgern<br />
in <strong>der</strong> Luft, gerade wie <strong>die</strong> oben erörterte Jellineksche Erklärung<br />
des ë 2 « ëi).<br />
Auf einer Ausführung Gr<strong>im</strong>ms 19) fussend, haben ausserdem<br />
Heuslel' 20), Karstien 21) <strong>und</strong> Hirt 22) m. E. richtig darauf hingewiesen,<br />
<strong>das</strong>s man hier nicht mit einem vorgermanischen Ablaut<br />
zu tun haben könne. Dies "zeigt sich u.a. daran, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Arten<br />
Vokalwechsel auf <strong>die</strong> st arke Verbalflexion beschränkt sind ...<br />
<strong>die</strong> Präteritalvokale fehlen <strong>der</strong> Wortbildung <strong>im</strong> Aisl. ebenso wie <strong>im</strong><br />
Wgerm." 23).<br />
§ 32. Indem er <strong>die</strong> Missgriffe seiner Vorgänger zu vermeiden<br />
~:ersuchte, hat Karstien 24) noch einen an<strong>der</strong>en Weg eingeschlagen.<br />
Mit <strong>der</strong> Kontraktionstheorie arbeitete er nicht, obschon er von<br />
reduplizierenden Formen ausging. Dadurch wandte er sich auch<br />
von den indogermanischen Konstruktionen Brugmanns ab. Seiner<br />
Ansicht nach hat sich <strong>das</strong> ë 2 verbreitet aus dem reduplizierenden<br />
Präteritum <strong>der</strong> ë- <strong>und</strong> ai-Verba (lëtan, haitan). Aus *lelëlt-,<br />
*hehait- wurde in nichthaupttoniger Silbe ë 1 <strong>und</strong> ai zu ë 2 verwandelt<br />
bzw. monophthongiert; für <strong>das</strong> letzte wies er u.a. hin<br />
auf got. ];ai neben ahd. dë, dia, <strong>die</strong> 25).<br />
Völlig in ü bereinst<strong>im</strong>mung hiermit liess er ein 0 2 entstehen <strong>im</strong><br />
reduplizierenden Präteritum <strong>der</strong> 0- <strong>und</strong> au-Verba: *hwéhwop-,<br />
*héhlaup- > *hwéhw0 2 p-, *héh10 2 p-; auch hier hat er eine ParalIele<br />
aufgef<strong>und</strong>en, indem er got. 80, pos, po neben as. thiu, ahd. di 'l~<br />
bzw. deo, dio steIlte 26). Bei den a-Verba nahm er analogisches ë 2 an<br />
(haldan, *hë 2 ld), gelegentlich mit Kürzung (*held) 27). Das Präteritum<br />
all <strong>die</strong>sel' Verba war somit durch seinen Vokalismus vom Präsens<br />
klar unterschieden, wodurch <strong>die</strong> Reduplikationssilbe überflüssig<br />
wurde <strong>und</strong> verschwand. Den nord- <strong>und</strong> westgermanischen Reduplikationsverlust<br />
sah er als <strong>die</strong> Wie<strong>der</strong>holung dessen an, was sich schon<br />
in indogermanischer Zeit in <strong>der</strong> e-Reihe ereignet haben solI te; <strong>das</strong><br />
o in <strong>der</strong> e-o-Abtönung liess er in <strong>der</strong> Tat in nebentoniger Position<br />
be<strong>im</strong> reduplizierenden Perfekt entstehen; durch den e-o-Ablaut<br />
wurde dann <strong>die</strong> funktionslos gewordene Reduplikation aufgegeben<br />
28). Wenn er also ein organisch entstandenes ë 2 <strong>und</strong> 0 2 <strong>im</strong> Nord<strong>und</strong><br />
Westgermanischen als Sek<strong>und</strong>ärablaut anführte, dann fragt<br />
sich sofort, warum sich <strong>die</strong> zwei in ihrer weiteren Entwicklung nicht<br />
gleich betragen haben. Von dem 0 2 ist keine einzige SpUl' mehr<br />
nachzuweisen, "denn <strong>die</strong> diphthongierung des 0 2 • •• ist ... viele<br />
jahrhun<strong>der</strong>te älter als <strong>die</strong>jenige des ë 2 " 29)! Hiermit fälIt jedoch <strong>das</strong><br />
50
51<br />
ganze Gebäude, denn ein Gr<strong>und</strong> für eine verschiedene Behandlullg<br />
<strong>die</strong>ser parall~len Vokale ist nicht vorzubringen. In Wirklichkeit<br />
hat es aber nie ein 0 2 gegeben, <strong>und</strong> in den altgermanischen Dialekten<br />
verhält sich e 2 sonst parallel mit ° (= Ol von Karstien) : an. het/lotr;<br />
ae. as. afri. het/lot; ahd. hiaz/luoz.<br />
Zur Adstruierung seiner Annahme führte er ausserdem dialektisch<br />
englische, deutsche (Finkenwär<strong>der</strong> M<strong>und</strong>art) <strong>und</strong> französische Analoga<br />
an 30). Dies ist gleichfalls als verfehlt anzumerken, gerade weil<br />
er <strong>die</strong> betreffenden Ubergänge nicht in ihreh eigenen Laut<strong>system</strong>en<br />
gesehen hat. Seine Beispiele könnten sogar als Beweis gegen seine<br />
eigene Ansicht verwendet werden, so z.B. wenn er "on{)re > onour ><br />
(französisch) honeur" mit {) > eu anführte <strong>und</strong> dabei den paralleIen<br />
Vorgang (lat. me) *m~ > mei > französisch moi vergass; ein ähnlicher<br />
Parallelisrnus fehlte doch seinem Vorgang.<br />
Obschon <strong>die</strong> Erklärung Karstiens mit Recht als irrig betrachtet<br />
wird 31), bleibt sein Buch für mich eine wichtige Etappe bei <strong>der</strong><br />
Untersuchung <strong>der</strong> betreffenden Frage, wegen <strong>der</strong> Problemstellung<br />
<strong>und</strong> Materialordnung, ab er auch wegen mancher richtiger Detailerklärung.<br />
lch werde deshalb hier noch manchmal darauf verweisen<br />
können.<br />
§ 33. Seit Karstien ist kein wesentlich neues Erklärungsprinzip<br />
gef<strong>und</strong>en worden. In späteren Arbeiten ist man vielfach auf <strong>die</strong><br />
früheren Theorien zurückgefallen, sei es auch mit Detailverbesserungen,<br />
o<strong>der</strong> man hat Kompromisse gesucht 32). So hat Flas<strong>die</strong>ck 33),<br />
ausgehend vom Altenglischen, <strong>die</strong> Kontraktionstheorie wie<strong>der</strong> aufgenommen.<br />
Noch an<strong>der</strong>e wie HeusIer 34) <strong>und</strong> Hirt 35) blieben <strong>die</strong>ser<br />
Theorie treu, obschon gelegentlich mit gebührendem Zweifel,<br />
während dagegen Prokosch 36) mehr zur Brugmannschen Erklärung<br />
neigte.<br />
Neulich hat Lehmann 37) <strong>die</strong> Vorstellung Prokosch's von <strong>der</strong><br />
Brugmannschen Erklärung <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Laryngaltheorie rein terpretiert,<br />
wobei er den, in den betreffenden Verba, hypothetischen<br />
Präteritalvokalismus ei , eu, e in eXy (X = Laryngal), eX w, eX<br />
umsetzte. Ein Bedenken von rein phonologischer Gr<strong>und</strong>lage aus<br />
wurde schon oben (§ 17) formuliert. Der Einwand, <strong>das</strong>s sich für den<br />
von Brugmann (<strong>und</strong> Prokosch) angesetzten Ablaut nirgends ein<br />
Anhaltspunkt nachweisen lässt, wird hier auch nicht behoben. Zwar<br />
suchte Lehmann <strong>die</strong> Erklärung zu <strong>die</strong>ser Tatsache mit Hilfe <strong>der</strong> von<br />
Benveniste gegebenen Charakterisierung <strong>der</strong> indogermanischen<br />
Wurzel <strong>und</strong> sagte: "According to Benveniste's theory, therefore,<br />
such verbs of the seventh class are not made from PIE <strong>verba</strong>l roots;<br />
we cannot then expect them follow the patterns attested in <strong>verba</strong>l<br />
forms of other dialects; nor is the likelihood great th at we shall find<br />
51
52<br />
eognates of the same complex structure in other dialects" 38). Auch<br />
hieraus ist m.E. am besten <strong>der</strong> Schluss zu ziehen, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> betreffende<br />
Ablaut <strong>im</strong> Verbal<strong>system</strong> als ei ne typisch germanische Neuerung zu<br />
geIten hat 39). Es empfiehlt sich demnach, <strong>das</strong> Problem <strong>im</strong> Germanischen<br />
selbst zu betrachten, denn <strong>das</strong> Wie <strong>und</strong> Warum eines solchen<br />
Ablauts <strong>im</strong> Germanischen bleibt nach wie vor eine ungelöste Frage,<br />
wenn auch <strong>der</strong> Vokalismus sich noch aus dem Indogermanischen<br />
einigermassen verantworten liesse.<br />
Keine von den verschiedenen Erklärungen hat sich also als <strong>die</strong><br />
wahrhafte Lösung durchsetzen können. Sie machen vielfach den<br />
Eindruck mühsamer Konstruktionen, <strong>die</strong> sich als wirkliche Sprachentwicklung<br />
kaum denken lassen. 'Die Anhänger <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Erklärungen selbst empfinden oft <strong>das</strong> durchaus "Theoretische"<br />
ihrer Versuche. Wenn ich <strong>die</strong> Forschungsgeschichte hier nur in<br />
ihren Hauptmomenten habe charakterisieren wollen, so findet <strong>die</strong>s<br />
noch einen Gr<strong>und</strong> in <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s ich einen ganz neuen Weg<br />
einschlagen will, <strong>der</strong> uns, hoffe ich, zum Ziel führen wird.<br />
§ 34. Ich möchte jetzt meine I. TabelIe des ersten Abschnitts<br />
(§ 2) heranziehen. Sie weist ein geschlossenes System auf, wobei<br />
Präsens- <strong>und</strong> Präteritalstamm sich durch Ablaut unterscheiden. In<br />
<strong>der</strong> e-Gruppe liegt ein direkt aus dem Indogermanischen entstandener<br />
e-a-Ablaut (idg. e-o) vor. Die a-Gruppe ist als Gruppe nach<br />
ihrem VOl'kommen typisch germanisch <strong>und</strong> jünger als <strong>die</strong> e-Gruppe,<br />
was sich schon dadurch begreifen lässt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> germanische a<br />
sowohl aus idg. 0 als '3 <strong>und</strong> a hervorging 40).<br />
Diese Gruppe hat nur zwei Ablautstufen (got. 1. slahan, slahans ;<br />
2. slöh, slöhum) <strong>im</strong> Gegensatz zur e-Gruppe; <strong>die</strong> <strong>der</strong>en drei o<strong>der</strong> vier<br />
aufweist (got. 1. greipan; 2. graip; 3. gripum, gripans; got. 1. n<strong>im</strong>an;<br />
2. nam; 3. nëmum; 4. numans). Bei <strong>der</strong> e-Gruppe liegen <strong>system</strong>atisierte<br />
Überbleibsel indogermanischer Verhältnisse vor, bei <strong>der</strong> a<br />
Gruppe konnte - wenigstens teilweise - Anpassung an <strong>die</strong> germanischen<br />
Sprachbedürfnisse stattfinden. Doch gab es schon <strong>im</strong><br />
Indogermanischen hierfür Beispiele mit Perfekt ohne Numerusabstufung,<br />
wie lat. scdbo = scdbi sehen lässt 41). Wie sich <strong>im</strong> ersten<br />
Abschnitt herausstellte, liegt eine urgermanische Systematisierung<br />
<strong>der</strong> jüngeren a-Gruppe vor auf Gr<strong>und</strong> des folgenden Konsonantismus,<br />
<strong>die</strong> sich in <strong>die</strong>ser Hinsicht <strong>der</strong> älteren e-Gruppe gegenüberstellen<br />
lässt. Ein Blick auf meine TabelIe kann uns davon überzeugen.<br />
§ 35. In <strong>der</strong> lIl. Abteilung jener TabelIe blieb dennoch <strong>das</strong><br />
Problem des Präteritums. Das Gotische hat <strong>die</strong> Reduplizierung, <strong>das</strong><br />
52
53<br />
Nord- <strong>und</strong> Westgermanische einen neuen Ablaut, mit noch einigen<br />
Resten <strong>der</strong> Reduplizierung. Auf Gr<strong>und</strong> des einst<strong>im</strong>migen Zeugnisses<br />
des Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen hat man als Vokalismus dafür<br />
schon lange ë 2 (bei ai), eu, eo (bei au) <strong>und</strong> e o<strong>der</strong> ë 2 (bei a) erkannt.<br />
"Es gibt also einen Typus mit ë 2 , einen mit eu, eo, einen dritten mit<br />
e, bei dem dann ë 2 eingeführt wurde", sagte Hirt 42) sehr richtig ;<br />
<strong>das</strong>s ë2 <strong>im</strong> letzten Fall neben e wirklich sek<strong>und</strong>är sei, wird sich unten<br />
(§ 41) noch deutlich herausstellen. 0ben habe ich, unter best<strong>im</strong>mten<br />
Bedingungen, ë 2 aus ei hergeleitet ; <strong>das</strong>selbe gilt von eu, eo für altes<br />
eu <strong>und</strong> e für altes e, <strong>im</strong> letzten Fall wenn nicht Nasal + Konsonant<br />
dazwischen stand. Jedenfalls geht <strong>die</strong> Reihe ë 2 /eu(eo)/e (<strong>die</strong> wie<br />
gesagt, neb en ï/iu/i steht) vor <strong>der</strong> e-Spaltung zurück auf ei/eu/eo<br />
Meine TabelIe zeigt aber gerade den Zustand vor <strong>der</strong> betreffenden<br />
Spaltung; sonst würde in <strong>der</strong> e-Gruppe auch kein ei/eu/e vorliegen,<br />
sondem i/iu usw. Die TabelIe, insbeson<strong>der</strong>e <strong>die</strong> lIl. Abteilung ist<br />
also folgen<strong>der</strong>massen auszufüllen:<br />
e-Gruppe<br />
a-Gruppe<br />
Nord-, West-<br />
Gotisch<br />
germanisch<br />
1. eijaijiji 1. ai j ei Reduplikation,<br />
ohne Ablaut<br />
2. eu / au / u / u 2. au / eu<br />
3.<br />
I el/al en /I{ul) -+ ul usw_<br />
usw_ 3.<br />
I<br />
(u = Vokalrest unbest<strong>im</strong>mter Farbe)<br />
al j el usw.<br />
an usw_<br />
Man bekommt also den merkwürdigen Zustand, daas <strong>die</strong> e- <strong>und</strong><br />
a-Gruppen einan<strong>der</strong> gegenüberstehen, aber in entgegengesetzter<br />
Richtung. Der Vokalismus, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> e-Gruppe <strong>im</strong> Präsens fungiert,<br />
begegnet in <strong>der</strong> a-Gruppe <strong>im</strong> Präteritum <strong>und</strong> umgekehrt. In <strong>der</strong> alten<br />
e-Gruppe haben wir verschiedene indogermanische Ablautstufen,<br />
in <strong>der</strong> jüngeren a-Gruppe, mit Ausnahme von einzelnen weiter zur<br />
Sprache kommenden Fällen, nur zwei (ai/ei; au/eu; ale), was <strong>im</strong><br />
germanischen System (vgl. den a-ö-Ablaut), wie oben schon gesagt,<br />
funktionell durchaus verständlich ist.<br />
§ 36_ Zum völligen Begreifen <strong>die</strong>ser Verhältnisse sollte man jetzt<br />
<strong>das</strong> Problem in Einzelheiten untersuchen. Es haben sich also bereits<br />
<strong>im</strong> Urgermanischen in <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse zwei Bildungsprinzipien<br />
des Präteritums herausgebildet(ich lasse vorläufig <strong>die</strong><br />
ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen ausser Betracht):<br />
1. ein neuer a-e-Ablaut, den man <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />
wie<strong>der</strong>findet;<br />
2. Reduplikation (ohne Ablaut), <strong>die</strong> <strong>system</strong>atisch <strong>im</strong> Gotischen<br />
53
vorkommt <strong>und</strong> nur in Resten <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />
auftaucht.<br />
Ich möchte zuerst daran erinnern, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Reduplizierung, wenn<br />
sie sich <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen nur in Resten findet, doch<br />
eine allgemein germanische Verbreitung kennt. Ausserdem darf man<br />
nicht aus den Augen verlieren, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> sog. reduplizierende Klasse<br />
entwe<strong>der</strong> mit RedupF!{ation o<strong>der</strong> ohne, aber dann mit eigenen<br />
Ablautverhältnissen, d üeh eine einheitliche Klasse bildet, <strong>die</strong> also<br />
älter sein muss als <strong>die</strong> Glie<strong>der</strong>ung in <strong>die</strong> verschiedenen Dialekte.<br />
In <strong>der</strong> Reduplizierung liegt somit in <strong>die</strong>ser Klasse <strong>das</strong> ältere<br />
Bildungspri...'1zip des Präteritums vor.<br />
Bemerkenswert ist aber folgendes: "Verba mit a o<strong>der</strong> 0 <strong>im</strong> Präsens,<br />
auf <strong>die</strong> ein Sonorlaut (i, u, r, l, m, n) + Konsonant folgte, zeigen <strong>im</strong><br />
Lat., Germ. <strong>und</strong> Indischen keinen Ablaut. V gl.<br />
Lat.<br />
curro, cucurri<br />
caedo, cecidi<br />
prandeo, prandi<br />
mando, mandi<br />
Got.<br />
haldan, haihald<br />
haitan, haihait<br />
táhan, taitäh<br />
maitan, mai'l1Ulit<br />
Ai.<br />
mamanda, mamanduli;<br />
vavanda, varand<strong>im</strong>á;<br />
taatambha, tastambhat.<br />
Es ist sehr wohl denkbar, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Fälle aus dem Idg. stammen,<br />
<strong>und</strong> <strong>das</strong>s demnach schon in <strong>der</strong> Ursprache eine Ausgleichung stattgef<strong>und</strong>en<br />
o<strong>der</strong> <strong>das</strong>s ein Ablaut nicht bestanden hat". So schrieb<br />
Hirt 43). Später hat er noch hinzugefügt: "Abstufung könnte in<br />
<strong>die</strong>sem Typus wohl bestanden haben, vgl. g. staistaut = ai. tutöda:<br />
l. tutud<strong>im</strong>us, ai. tutud<strong>im</strong>á. Indessen kann er auch neu aufgekommen<br />
sein" 44). Wenn es jedoch hier eine Abstufung gegeben hätte, so<br />
würde <strong>der</strong> Vokal <strong>im</strong> Perfekt, wenigstens in den meisten Fällen, am<br />
wahrscheinlichsten doch ä o<strong>der</strong> 0 gewesen sein, <strong>das</strong> dann in <strong>der</strong><br />
betreffenden Position jedenfalls zu germ. a gekürzt werden müsste 45).<br />
Es stellt sich somit jedenfalls deutlich heraus, <strong>das</strong>s in <strong>die</strong>ser<br />
Klasse <strong>im</strong> Urgermanischen neben Präsentia "'hait-, "'staut-, "'haldals<br />
Präterita "'hehait-, "'stestaut-, "'hehald- vorlagen. Die Reduplikation<br />
erfüllte hier gerade <strong>die</strong>selbe Funktion wie <strong>der</strong> Ablaut <strong>im</strong> übrigen<br />
System <strong>der</strong> sog. <strong>starken</strong> Verba. Es ist aber ohne weiteres klar, <strong>das</strong>s<br />
<strong>die</strong> reduplizierenden Präterita <strong>im</strong> Germanischen bald eine Min<strong>der</strong>heit<br />
gewesen sein müssen. Wie <strong>die</strong> e-Gruppe (e-a-Ablaut) <strong>und</strong> ein<br />
Teil <strong>der</strong> a-Gruppe (a-o-Ablaut) uns lehren, war Ablaut ein lebendiges<br />
Prinzip in <strong>der</strong> urgermanischen Sprache, <strong>die</strong> noch "mehr als <strong>die</strong><br />
Schwestersprachen regelnd <strong>und</strong> uniformierend war" 46). Die Reduplizierung<br />
war ein vom Indogermanischen ererbtes Prinzip, <strong>das</strong><br />
wenigstens <strong>im</strong> späteren Germanischen allein noch funktionell sein<br />
konnte, wenn es keinen Ablaut gab (got. haihait, haihald usw.) 47).<br />
Aber unter dem Zwang des durchaus grössten Teils <strong>der</strong> sog. <strong>starken</strong><br />
Verba <strong>im</strong> Urgermanischen konnte man in <strong>der</strong> sog. reduplizierenden<br />
54
55<br />
Klasse den produktiven e-a-Ablaut einführen, sei es denn in umgekehrter<br />
Richtung. So iat ai/ei , au/eu <strong>und</strong> ale <strong>der</strong> a-Gruppe als <strong>die</strong><br />
Contrepartie des Ablautspiels in <strong>der</strong> e-Gruppe (ei/ai, eu/au, e/a) zu<br />
betrachten (8).<br />
e-a-Ablaut war also in <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode produktiv;<br />
<strong>die</strong>ser Ablaut wurde zur Unterscheidung .<strong>der</strong> Tempora angewandt,<br />
ohne daas dabei e <strong>und</strong> a. charakteristisch zu sein brauchten für <strong>das</strong><br />
Präsens bzw. <strong>das</strong> Präteritum; nicht <strong>der</strong> Vokalismus an sich, son<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> betreffende Untersehied <strong>und</strong> Ablaut war funktionell. Das<br />
Nebeneinan<strong>der</strong> von z.B. ie/oo in ndl. ik schiet "ich sehiesse" (Präsens)<br />
<strong>und</strong> ik schoot "ich sehoss" (Präteritum) <strong>und</strong> ik loop "ich laufe"<br />
(Präsens), ik liep "ieh lief" (Präteritum) dürfte eine beweisende<br />
ParalIele dafür bieten.<br />
Wie ich schon hervorhob, haben sich somit <strong>im</strong> Urgermanischen in<br />
dem betreffenden Fall zwei Präteritalformationen gegenüber gestanden:<br />
1. Ablaut; 2. Reduplizierung. Im Nord- <strong>und</strong> Westgerma·<br />
nisehen hat sich mit Ausnahme von einzelnen Fällen <strong>der</strong> Ablaut<br />
allmählich durchgesetzt, <strong>im</strong> Gotischen dagegen <strong>die</strong> Reduplizierung<br />
(9). Dass <strong>das</strong> Gotische keinen Rest <strong>die</strong>s es jüngeren Ablauts in<br />
<strong>der</strong> reduplizierenden Klasse aufweist, steht zwar <strong>im</strong> Einklang mit .<br />
dem Ausgleiehstreben <strong>die</strong>ser Sprache, könnte aber noch so verstanden<br />
werden, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> "neue Ablaut" gegenüber dem alten Reduplizierungsprinzip<br />
<strong>im</strong> Ur- <strong>und</strong> Gemeingermanischen noch keinen <strong>im</strong>ponierenden<br />
Umfang erreicht hatte.<br />
§ 37. Die kleinen e- <strong>und</strong> ö-Gruppen, <strong>die</strong> ich bis jetzt au ss er<br />
Betracht gelassen habe, möchte ich nun noch zur Sprache bringen.<br />
Oben (§ 5) habe ich in <strong>der</strong> lIl. Tabelle eneben ai <strong>und</strong> ö neben<br />
au gestellt. Die Gründe dazu wurden gegeben : e <strong>und</strong> ö fin den sich<br />
sowohl <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen wie <strong>im</strong> Gotischen in<br />
<strong>der</strong>selben Klasse wie ai, au; sie sind also für <strong>das</strong> Urgermanische<br />
zusammenzunehmen.<br />
Es braucht uns nicht zu verwun<strong>der</strong>n, <strong>das</strong>s e mit ai <strong>und</strong> ö mit au<br />
zusammenging. Im urgermanischen Verbal<strong>system</strong> konnten <strong>die</strong> e- <strong>und</strong><br />
ö-Verba sich am besten <strong>der</strong> jüngeren, sich bildenden a-Gruppe einfügen.<br />
Wegen des langen Vokals gehörte~ sie ihrer Stammstruktur<br />
nach auch direkt zusammen mit aibzw. au + Konsonanten <strong>und</strong>nicht<br />
mit a + einfachem Konsonanten (in <strong>der</strong> IV. Abt.: got. slahan).<br />
Die e-Gruppe erscheint vielleicht als Reflex <strong>der</strong> indogermanischen<br />
e-Reihe (got. letan, lailöt, neben lats (~), aschw. löt <strong>und</strong> vielleicht<br />
dänisch lod; got. tekan, taitök, asch w. ,tök) 50). Es lassen sich hier<br />
<strong>die</strong> drei Prinzipe nachweisen: e-ö-Ablaut, Reduplizierung (vgl. auch<br />
an. sera) <strong>und</strong> jüngerer e-ei-Ablaut (z.B. ahd. liaz).<br />
55
56<br />
§ 38. Die Frage, warum be<strong>im</strong> jÜllgeren Ablaut vor allem <strong>die</strong><br />
"dunkle" Reihe (ëljeu (eo)je) <strong>im</strong> Präteritum auftritt, ist leicht zu<br />
beantworten. Es sei hingewiesen auf <strong>die</strong> Endungen <strong>der</strong> ersten drei<br />
Personen des Singulars des Präteritums (z.B. got. nam, namt, nam).<br />
Bei <strong>der</strong> ersten Person ist <strong>der</strong> Vokal <strong>der</strong> Folgesilbe wahrscheinlich<br />
-a gewesen (ai. papiica, gr. xéxAorpa). Zur Zeit <strong>der</strong> e-Spaltung, also<br />
<strong>im</strong> Gemeingermanischen, war <strong>die</strong>ser Vokal vielleicht schon apokopiert.<br />
Möglicherweise hängt <strong>die</strong> Endung <strong>der</strong> zweiten Person zusammen<br />
mit ai.-tha. In <strong>der</strong> dritten Person lag -e vor (ai. papäca, gr.<br />
xÉxAorpe), aber auch <strong>die</strong>s war wahrscheinlich bereits apokopiert, als<br />
sich <strong>die</strong> jüngere e-Spaltung ereignete 61). Die zweite Person des<br />
Westgermanischen (ahd. as. nämi, ae. strele) fällt ausserhalb des hier<br />
betrachteten Systems, zeigt übrigens den Vokalismus des Plurals.<br />
Der Plural (auch <strong>der</strong> Dual) hatte u, woraus später auch 0, in <strong>der</strong><br />
Folgesilbe, aber hier gibt es noch an<strong>der</strong>e Vorgänge, <strong>die</strong> ich unten<br />
heranziehen werde.<br />
Das Auftreten <strong>der</strong> "dunklen" Reihe scheint mir hier jedenfalls<br />
begründet.<br />
§ 39. ai-ei " ë 1 -ei<br />
sn. heOO, hit, hétom, heilenn<br />
a.schw. hëm, hät, häto, hitin<br />
shd. heizan, hiaz, hiazum, giheizan<br />
a.s. hëmn, hët (Met), hitun (hietun), gihëtan<br />
se. hiUan, hit, hëton, hiUan<br />
sfri. hëta, hit (hU), hëton (hUon), hëten<br />
sn. UUa, Ut, létom, l&enn<br />
a.schw. UUa, lät, läto, liUin<br />
shd. ldzan, liaz, liazum, gildzan<br />
a.s. UUan, Ut (liet), Utun (lietun), giUUan<br />
se. lcetan, Ut, léton, läten<br />
afri. lëta, Ut (lU), lëten<br />
In allen Dialekten haben wir deutlich zwei Ablautstufen, <strong>im</strong><br />
Präsens <strong>und</strong> Partizip ai (bzw. ë 1 ), <strong>im</strong> Präteritum ei > ël.<br />
l. Im Präteritum tritt einige Male ai auf (an. heit, sveip usw.) 52).<br />
Wie schon oben (§ 36) deutlich gemacht wurde, liegen hier Verba<br />
vor, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Urgermanischen keinen Ablaut, wohl aber ein reduplizierendes<br />
Präteritum hatten (got. haitan, haihait). Möglicherweise<br />
haben <strong>die</strong>se Präterita nach dem Muster <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Verba <strong>die</strong><br />
Reduplikation aufgegeben 53). Hier kann aber auch <strong>das</strong> Beispiel<br />
<strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden Reihe <strong>der</strong> e-Gruppe (beid j bidom - sveipj<br />
svipom) gewirkt haben. Jedenfalls ist es falsch, mit Hoffmann <strong>und</strong><br />
Janko 64) ai (an. heit, sveip) auf eine indogermanische Dehnstufe<br />
zurückzuführen. Auch bei den ë-Verba begegnen ai-Präterita: an.<br />
greit, leit, reid (neben grët, lët, rU), <strong>die</strong> offenbar eine Nachahmung<br />
56
57<br />
<strong>der</strong> ai-Verba <strong>und</strong> <strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden Reihe <strong>der</strong> e-Gruppe voraussetzen<br />
65). Auch hierbei lässt sich ahd. ratan, reitun völlig begreifen<br />
56).<br />
2. Wie ich schon oben (§§ 34-35) anmerkte, sind <strong>die</strong> Ablautstufen<br />
ai (bzw. ë 1 )/ei den Sprachbedürfnissen des Germanischen<br />
völlig angemessen. Doch begegnet neb en an. 8veipa <strong>im</strong> Präteritum<br />
Plural auch 8vipom, <strong>das</strong> · unverkennbar als Nachbildung von z.B.<br />
bida, beid, bidom (ei/ai/i) <strong>der</strong> e-Gruppe zu betrachten ist. Durchaus<br />
analogisch ist an. litom (vgl. noch leit neben bidom, beid <strong>und</strong> heit) 67).<br />
Man braucht somit bei 8vipom nicht an einen direkten Rest einer<br />
rein hypothetischen, indogermanischen Schw<strong>und</strong>stufe zu denken,<br />
wie J anko 68) u.a. getan haben. Ausser den zitierten Fällen kommt<br />
noch agutn. liko vor.<br />
Das karge Belegt-sein ähnlicher Formen ist wohl ein guter Beweis<br />
für <strong>die</strong> Produktivität des Zwei-Stufenablauts (a-e) <strong>der</strong> urgermanischen<br />
a-Gruppe. Zu <strong>die</strong>ser Frage bringen <strong>die</strong> au-Verba, <strong>die</strong> unten<br />
(§ 40) erörtert werden, noch mehr Material.<br />
3. An. hit (Hauksbök), agutn. hit. Noreen 69) hat hier Einfluss<br />
eines Plurals *hitu angenommen; <strong>die</strong>se Erklärung leuchtet mir nicht<br />
ein. Wenn hier kein dialektischer o<strong>der</strong> sek<strong>und</strong>ärer Vorgang vorliegt<br />
(agutn.1 vgl. afri. ë~i) 60), könnte <strong>die</strong>s i (nach meiner Erklärung des<br />
ë 2 ) aus ei entstanden sein. An. agutn. lit ist auf <strong>die</strong>selbe Weise wie,<br />
o<strong>der</strong> analogisch nach an. agutn. hit zu erklären.<br />
4. ae. 8wapan hat 8wëop als Präteritum, vielleicht, wie schon<br />
Scherer 61) <strong>und</strong> nach ihm auch Karstien 62) annahmen, nach dem<br />
Muster von 8awan, 8ëow u.ä.<br />
§ 40. au-eu; ö-eu 83)<br />
an. hlaupa, hliöp, hliöpom (hlupom), hlaupenn<br />
ausa, iÖ8, iÖ80m (iusom), ausenn<br />
ahd. hlaufan (loufan), leof (lio!), leofum (liofun), giloufan<br />
8.8. hlöpan, hliop, hliopun, gihlöpan<br />
Be. hlëapan, hlëop, hlëopon, J#a'pen<br />
afri. hläpa, hlëp (hlip) , . .. , hlëpen<br />
an. blötan, blët, blëtom, blötenn<br />
ahd. hruofan, hriof, hriofum, gihruofan<br />
8.8. hröpan, hriop, hriopun, gihröpan<br />
Be. hröpan, hrëop, hrëopon, hröpen<br />
afri. hröpa, röp, hrëpen(hröpen)<br />
1. Wenn man <strong>das</strong> Altnordische <strong>und</strong> <strong>das</strong> Altfriesische bei Seite<br />
lässt, ist ohne weiteres klar, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Präteritalvokalismus <strong>die</strong>ser<br />
Klasse in den altgermanischen Dialekten auf urgerm. eu zurückgeht.<br />
Dem Altenglischen braucht man keine nähere Erörterung zu widmen.<br />
lm Altsächsischen steht eo, io für altes eu vor a, e, ° <strong>der</strong> Folge-<br />
57
58<br />
silbe: thiorna, riomo, thionost; vor w (wenn a, e, 0 in <strong>der</strong> Folgesilbe<br />
steht o<strong>der</strong> gestanden hat) eu: treuwa, hreuwan; bei den sog. reduplizierenden<br />
Präterita kommt durchaus übereinst<strong>im</strong>mend vor: steot,<br />
hliop, hriop <strong>und</strong> heu (Hildebr. heuwun; vgl. ahd. hiowun) bei<br />
hauwan 64).<br />
Im Althochdeutschen steht für eu sowohl in <strong>der</strong> sog. reduplizierenden<br />
Klasse wie an<strong>der</strong>swo eo,io, ia, ie. So ist z.B. hlaulan,<br />
loulan, (h)ruolan, stözan, Präteritum leo/, lio/, riol; liel, stiez (z.B. bei<br />
Notker); lia/, rial (bei Otfrid) völlig <strong>im</strong> Einklang mit beotan, biotan,<br />
leob, liob; bieten, lied (z.B. bei Notker); biatan, liab (bei Otfrid); <strong>der</strong><br />
oberdeutschen Regel gemäss kommt hier in beiden Fällen normal iu<br />
vor (Präteritum <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse: liul; vgl. Infinitiv<br />
<strong>der</strong> e-Gruppe: liugan) 66). Im Plural steht jedoch eo, io wie <strong>im</strong> Singular,<br />
also leolum, liolum, wo <strong>der</strong> Regel nach (vor u) liulum, -un zu erwarten<br />
wäre (vgl. biutu, beotamës). Hier findet kein Wechselinnerhalb<br />
<strong>der</strong> Flexion statt. Ein eventuelles iu des Plurals konnte sonst noch<br />
ein konkurrierendes u (vgl. mhd. luffen <strong>und</strong> unten 2.) neben sich<br />
haben, wodurch seine Position abgeschwächt wurde. Ausserdem ist<br />
<strong>die</strong> Durchführung eines einzigen Vokalismus in dem weniger als <strong>das</strong><br />
Präsens ge brauchte Präteritum begreifiich. Dies werde ich noch unten<br />
(§ 42), mit an<strong>der</strong>en Beispielen, besser begründen können. Jedenfalls<br />
ist auch "<strong>der</strong> Wechsel zwischen eo(io) <strong>und</strong> iu . .'. in <strong>der</strong> Nominaldeklination<br />
ausgeglichen, so <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Vokal des Nomin. durchgeht,<br />
ohne Rücksicht auf den Endungsvokal, z.B. diota, D. Sg. diotu; giozo<br />
G. giozun . .. Auch in <strong>der</strong> Ableitung zeigt sich vereinzelt Anlehnung<br />
an <strong>das</strong> Stammwort, z.B. elidheodigün Is." 66).<br />
2. Einige Schwierigkeit können <strong>die</strong> an. Präterita hljöp (hlaupa),<br />
jök (auka) machen. Hätte man doch hier gesetzmässig ""hljüp, ""jük<br />
haben sollen, da urgerm. eu vor p, I <strong>und</strong> k, g <strong>im</strong> Altnordischen<br />
als jü erscheint. Diese Regel findet sich gut ausgebildet bei alleinstehenden<br />
Wörtern; allein es braucht uns nicht zu verwun<strong>der</strong>n,<br />
<strong>das</strong>s sie durchkreuzt wird, wenn <strong>der</strong> Vokalismus <strong>die</strong>ser Wörter<br />
unter irgendeinem Systemzwang steht, wie z.B. in einer Verbalklasse.<br />
Stand doch auch hlaupa, auka neben ausa mit normalem<br />
Präteritum jÖ8; vgl. noch bjö, hjö 67). Hier hat sich ein Präteritalvokalismus<br />
jö durchgesetzt, <strong>und</strong> es ist allerdings nicht nötig, zur<br />
Erklärung <strong>der</strong> hljöp- <strong>und</strong> jök-Formen einen urnordischen· Unterschied<br />
ëujeu zu konstruieren 68), o<strong>der</strong> seine Zuflucht zu kontrahierten<br />
Formen zu nehmen, obgleich <strong>das</strong> letzte in einem Fall wie jök zwar<br />
noch möglich wäre 69). übrigens gibt es noch an<strong>der</strong>e Ausnahmen<br />
WIe . Z'o!c'. u an. PlO J.,;-t r" D' Ie b" 70) •<br />
Man braucht doch nicht jede ähnliche Durchbrechung einer<br />
Regel mit verschiedener Herkunft des betreffenden Vokalismus zu<br />
erklären. 80 kommt <strong>im</strong> Gotischen in <strong>der</strong> ReduplikatiollBsilbe<br />
58
59<br />
ai vor, ohne Rücksicht auf den folgenden Laut (ana-aiauk, lailöt,<br />
at-ma<strong>im</strong>ait, taitäh usw.), während doch <strong>der</strong> bekannten Regel nach<br />
ai nur vor h, lu, r stehen sollte.<br />
3. Das altnordische blötan, bUt hat sich in seinem Präteritum<br />
den ai- <strong>und</strong> ë 1 -Verba deutlich angeschlossen 71). Das ist um so<br />
begreiflicher, weil es mit seinem ö - <strong>die</strong> Verba pura róa usw.<br />
kommen weiterhin (§ 44) noch zur Sprache - vereinzelt steht. Man<br />
vergleiche jedoch noch ae. blëot (zu blötan) , <strong>das</strong> den ursprünglichen<br />
Präteritalvokalismus aufweist, <strong>und</strong> ahd. bluozan (plözzan), <strong>das</strong> (neb en<br />
einem r-Präteritum) ein schwaches Präteritum bei sich hat, nämlich<br />
plözta, <strong>und</strong> weiter noch <strong>das</strong> starke Partizip kaplözan. Auch <strong>im</strong><br />
Altschwedischen ist blöta schwach geworden. Nicht <strong>das</strong> Altnordische<br />
allein hat sich also vom ursprünglichen Zustand entfemt.<br />
4. Auch <strong>das</strong> Altfriesische bietet ein Problem dar. Hier findet<br />
sich bei hläpa durchaus normal <strong>das</strong> Präteritum hUp (hlip) <strong>und</strong><br />
<strong>das</strong> Partizip hlëpen. In hlëp(hlip) liegt deutlich analogische Umbildung<br />
vor, am wahrscheinlichsten nach den ai-, ë-Verba (vgl. hëta,<br />
hët (hit) , hëten). Die sog. reduplizierende Klasse des Altfriesischen<br />
weist überhaupt vielfach Analogie auf, wie Siebs schon gesagt hat 72).<br />
ë (ï ) (= ë 2 ) ist hier also ausserhalb seiner normal entwickelten Stelle<br />
übertragen worden. Man stellt auch Übertritt zur sechsten Klasse<br />
fest : afri. talla, töl, tallen, vgl. nwfri. talle, toel, tallen 73) , hröpa, röp,<br />
hröpen 74). Im letzten Fall kann <strong>das</strong> ö des Partizips in <strong>das</strong> Präteritum<br />
eingedrungen sein (vgl. unten Siebs) o<strong>der</strong> wenigstens mitgewirkt<br />
haben, wodurch <strong>das</strong> Verb nichtsdestoweniger sein Präteritum <strong>der</strong><br />
sechsten Klasse angeglichen hat. Ausserdem sind einige Verba <strong>der</strong><br />
sog. reduplizierenden Klasse auch schwach geworden : afri. stëta,<br />
skëda, wr.öta, sponna, spanna, büwa, gröia.<br />
Im Altfriesischen zeigt <strong>die</strong>se Klasse um so mehr kein ursprüngliches<br />
Bild mehr, weil auch <strong>die</strong> eo- (io- )Präterita untergegangen sind. "Es ist<br />
anzunehmen <strong>das</strong>s <strong>die</strong> se io ~ Präterita ihr ê bezw. î auf analogischem<br />
Wege bekommen haben, sei es in Anlehnung an <strong>die</strong> Praett. an<strong>der</strong>er<br />
Verba o<strong>der</strong> an ihr eigenes Part.-Praet.", hat Siebs dazu gesagt 75).<br />
Doch hat Van Helten 76) bei afri. hläpa auch ein Präteritum<br />
hliöp, hlioep (Optativ Präteritum (h)liope) 77) herangezogen, wonach<br />
sich, wie er wohl richtig ann<strong>im</strong>mt, eine Präsensform hliaept gebildet<br />
hat. Das würde einen Rest eines alten eo- (io-)Präteritums darstellen,<br />
dessen Vokalismus dennoch nicht mit urgerm. eu zusammengefallen<br />
war, hätte <strong>die</strong>s doch <strong>im</strong> Altfriesischen iä ergeben müssen. Dies iö<br />
kann also nur durch eine Kontraktion erzeugt sein, so wenigstens<br />
meinte Van Helten bei seiner Kritik <strong>der</strong> Brugmannschen Theorie.<br />
Sich auf ihn berufend, haben seitdem noch an<strong>der</strong>e 78) <strong>die</strong>s Argument<br />
gem geIten lassen, insbeson<strong>der</strong>e zur Verteidigung <strong>der</strong> Kontraktionstheorie.<br />
59
60<br />
Weil iö in hliöp in <strong>der</strong> Tat nicht <strong>die</strong> gesetzmässige Entwicklung<br />
des urgermanischen eu sein kann, muss ich mich mit Van Heltens<br />
Ausführungen auseinan<strong>der</strong>setzen. Die Frage ist aber: hat er <strong>die</strong><br />
hliöp-Form richtig beurteilt 1<br />
Zuerst möchte ich wie<strong>der</strong>holen, was Siebs 79) <strong>und</strong> nach ihm Steller<br />
80), trotz Van Heltens Annahme, gesagt haben, näm1ich <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />
altfriesischen Spuren <strong>der</strong> eo- (io- )Präterita ver e i n z e 1t <strong>und</strong> u n s i<br />
cher sind 81). Soviel ich weiss, ist eigentlich doch nur <strong>die</strong> hliöp-Form<br />
belegt! Es scheint mir somit wirklich gefährlich, darauf eine auch<br />
ausserhalb des Friesischen geItende Theorie stützen zu wollen 82).<br />
Ich bin sogar bereit, mit Van Helten in hliöp einen Rest <strong>der</strong> eo<br />
(io-)Präterita zu sehen, aber dann wird <strong>die</strong>ser, <strong>im</strong> Ursprung, wohl<br />
gesetzmässig *hliap, "hliäp gelautet haben. Ich möchte dann mit<br />
Siebs 83) <strong>die</strong> hliöp-Form neben hloep (vgl. hlioep), <strong>und</strong> hlope als<br />
eine Umbildung nach <strong>der</strong> sechsten Klasse erklären, stand hier doch<br />
ein Präsens mit ä (sei es denn eine Länge) daneben. Die oben erwähnten<br />
Beispiele <strong>die</strong>ses übertritts zeigen doch, <strong>das</strong>s hiermit einer<br />
bestehenden Tendenz gefolgt wurde. Das vorgebrachte Präsens<br />
hliaept hat dann sein i aus dem als hli-öp gefühlten Präteritum<br />
herübergenommen.<br />
Van Helten geht jedoch weiter <strong>und</strong> behauptet, nwfri. röp sei<br />
eine Entwicklung aus afri. "hriöp 84). Im Altfriesischen wird zwar<br />
j in iä, iu (altem eu) nach Liquida auch einige Male synkopiert<br />
(z.B. braste, truwe, lilde neben briast, triuwe, liude) 85). Aber hiermit<br />
ist noch keineswegs <strong>der</strong> Beweis geliefert für <strong>die</strong> Herkunft von<br />
nwfri. röp mittels afri. röp aus einem hypothetischen "hriöp, weil<br />
doch nicht jedes afri. -rö- auf älteres -riö- zurückgeführt zu werden<br />
braucht. ö von nwfri. röp (Präteritum) ist m.E., wie in MI, 8rok u.a.,<br />
durch jüngere Dehnung entstanden 86) o<strong>der</strong> durch Zusammenfall<br />
mit einem gedehnten 0 zu erklären. Man vergleiche dazu nwfri.<br />
roppe, röp, roppengegenüberdrage,droech, dragen (droegen), lalle, loel,<br />
lallen, larre, loer (fear), leam, grave, groeI, graven (groeven), 8keppe,<br />
8koep, skeppen, slaen, sloech, 8lein, stappe, stoep (stapte), stapt,<br />
waeks(j)e, woeks, woeksen, wo <strong>das</strong> präteritale oe normal afri. ö<br />
reflektiert.<br />
Für eine Herleitung des Präteritums nwfri. röp aus "hriöp sehe<br />
ich somit keinen einzigen Anhaltspunkt. Es hat sich also herausgestellt,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> vereinzelte iö-Präteritum we<strong>der</strong> als eine direkte<br />
Entwicklung aus urgerm. eu, noch mit Van Helten als ein Kontraktionsprodukt<br />
zu betrachten ist. Es erscheint als eine typisch altfriesische<br />
Neuerung, <strong>die</strong> am wahrscheinlichsten in <strong>die</strong>ser Sprache <strong>im</strong><br />
Ganzen ihrer sog. reduplizierenden Klasse gedeutet werden kann.<br />
5. Wie bei den ai- <strong>und</strong> ë-Verba (vgl. an. 8vipom, litam), hat man<br />
auch hier <strong>und</strong> zwar in grösserer Menge, sog. schw<strong>und</strong>stufige Plurale<br />
60
61<br />
angeführt. Zu an. ausa (au) tritt nicht nur jÖ8, jösom (eu) , son<strong>der</strong>n<br />
auch jusom auf; weiter jukom neben jökom zu auka, hlupom (vgl.<br />
aschw.lupu) neben hljöpom zu hlaupa. Das u entstand sehr deutlich<br />
nach Analogie <strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden Klasse <strong>der</strong> e-Gruppe 87) .<br />
eujauju<br />
bjöáa, baud, budom<br />
aujeuju<br />
hlaupa, hljöp, hlupom<br />
Man könnte anmerken, 'neben jös, jök sollte doch normal ·usom,<br />
·ukom begegnen. Dass j in <strong>die</strong>sem Fall aus dem Singular übertragen<br />
wurde, ist ohne weiteres klar, steht doch ebenso neben an. hlupom<br />
<strong>im</strong> Altnorwegischen ein liupum 88).<br />
In <strong>der</strong>selben Weise zu erklären sind hjuggom, <strong>im</strong> Singular hjö,<br />
bei hQggva <strong>und</strong> bjuggom, irn Singular bjö, bei büa; man vergleiche<br />
noch <strong>die</strong> von Karstien herangezogene Proportion tlö: tluggom =<br />
hjö: hjuggom 89). An jösom, jökom, hljöpom erscheint <strong>der</strong> labile<br />
Zustand <strong>der</strong> u-Form <strong>und</strong> <strong>die</strong> Wirkung des wi<strong>der</strong>strebenden Zwei<br />
Stufenablauts.<br />
Auch <strong>im</strong> Westgermanischen taucht eine vermeinte u-Schw<strong>und</strong>stufe<br />
auf: inhd. Pluralluften, Partizip geloften, völlig st<strong>im</strong>mend zu<br />
<strong>der</strong> korrespon<strong>die</strong>renden Klasse <strong>der</strong> e-Gruppe bugen, gebogen zu<br />
biegen, buten, geboten zu bieten. Behaghel 90) hat schon richtig an<br />
eine Analogiebildung nach suften, gesoften zu süten gedacht. Ebenso<br />
fasste Karstien ae. hlupon (einmal in <strong>der</strong> Sachsenchronik) mit gutem<br />
Fug "als analogiebildung nach den verben <strong>der</strong> 2. ablautreihe: <strong>die</strong><br />
augenblicksbildung ae. hlupon hätte sich neben hléop gestellt nach<br />
dem ungefähren Vorbild von créap: erupon zu créopan ,kriechen'<br />
3éap: ~pon zu 3éopan ,in sich aufnehmen'" til).<br />
Bei meiner Erklärung ist es nicht nötig, hier von "Analogie" zu<br />
sprechen, denn <strong>die</strong> a-Gruppe (I. Tabelle, lIl. Abt.) hat sich hier<br />
"<strong>system</strong>atisch" nach dem Munster <strong>der</strong> älteren e-Gruppe herausgebildet,<br />
<strong>und</strong> deswegen sind <strong>die</strong> angeführten einzelnen Analogieerscheinungen<br />
nur als solche einer einheitlichen Entwicklung zu<br />
betrachten.<br />
Die in meinem System völlig natürliche Einwirkung <strong>der</strong> e-Gruppe<br />
auf <strong>die</strong> a-Gruppe (lIl. Abt.) setzte sich durch <strong>im</strong> Einklang mit den<br />
Bedürfnissen <strong>der</strong> Sprache, <strong>die</strong> mit einem Präsens- <strong>und</strong> mit einem<br />
Präteritalvokalismus auskam. Dadurch wird <strong>das</strong> spärliche Vorkommen<br />
<strong>der</strong> sog. schw<strong>und</strong>stufigen u-Plurale (wie auch i-Plurale) ganz<br />
begreiflich. In den früheren Theorien, in denen man <strong>die</strong>se u- (<strong>und</strong> i-)<br />
Plurale als Analogiebildungen erklärte, erschienen sie als alleinstehende<br />
Vorgänge, <strong>die</strong> somit den triftigen Beweis ihres Analogischseins<br />
entbehren mussten. Es ist andrerseits einigermassen begreiflich,<br />
<strong>das</strong>s man auch mit indogermanischen Schw<strong>und</strong>stufen zu operieren<br />
versucht hat. Aber es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt zu<br />
61
62<br />
<strong>der</strong>artigen Konstruktionen, <strong>und</strong> deswegen brauche ich nicht weiter<br />
darauf einzugehen 92) .<br />
§ 41. a-e<br />
an. halda, helt, heldom" haldenn<br />
ganga, gekk, gingom gingenn. gengenn<br />
(später gengom) ,<br />
a.schw. halda. halt (hiolt usw.), hioldo usw., haldin<br />
ahd. haltan, hialt, hialtum, gihaltan<br />
fähan, fiang, fiangum, gifangan<br />
a.s. haldan. held (hield), heldun, gihaldan<br />
fähan, feng (fieng) , fengun, gifangan<br />
a.e. healdan, hlold, hloldon, healdan<br />
fön, flng, flngon, fongen<br />
afri. hlilda, Mlt, Mldon (hlldon) , halden<br />
fä, feng (fing) , fangen<br />
1. Ein unbefangener Blick auf <strong>das</strong> dargebotene Material lässt<br />
uns verschiedene Typen des Präteritalvokalismus sehen, nl. ein<br />
eji, ein ë (ê 2 ) <strong>und</strong> vielleicht noch ein eu. Die früheren Erklärungen,<br />
also <strong>die</strong> Deutung <strong>im</strong> Sinne Brugmanns <strong>und</strong> <strong>die</strong> Kontraktionstheorie,<br />
haben vielfach nur eine Länge als <strong>das</strong> Ursprüngliche voraussetzen<br />
können 93). Doch hat <strong>die</strong>s früh Kritik hervorgerufen. Für <strong>das</strong><br />
Altnordische hat schon 1860 Gislason 94) <strong>die</strong> Kürze des eaus Re<strong>im</strong>en<br />
nachgewiesen. Sich auf ihn berufend, hat 1874 Sievers 95) <strong>die</strong> Kürze<br />
nicht nur für <strong>das</strong> Altnordische, son<strong>der</strong>n auch für <strong>das</strong> Altsächsische<br />
<strong>und</strong> als Hypothese auch für <strong>das</strong> Altenglische angenommen. Reste<br />
des e fand er auch in den ältesten fränkischen Denkmälern (fengin,<br />
gene, gengun usw.). Seitdem sind dafür noch mehrere Beweise vorgebracht.<br />
Die früheren Erklärungsversuche <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse<br />
haben <strong>die</strong>s e nicht leugnen können <strong>und</strong> mussten es durch Kürzung<br />
entstehen lassen. So z.B. sagte Karstien : "Zwar hat man seit Gislaaon<br />
<strong>und</strong> Sievers <strong>die</strong> kürze ""held, ""feng für <strong>die</strong> überlieferten denkmäler<br />
des anord. <strong>und</strong> ags. allgemein zugegeben, jedoch mit <strong>der</strong> einschränkung,<br />
daas sie in vorliterarischer zeit aus den entsprechenden längen<br />
""Mld, ""fêng entstanden sind" 96).<br />
Zwingende Beweise für eine hypothetische Kürzung in. vorliterarischer<br />
Zeit aus einer ebenso hypothetischen Länge wird niemand<br />
geben können! Formen wie ahd. hialt, fiang bringen dab ei sogar neue<br />
Schwierigkeiten. Vertreten sie <strong>die</strong> alte Länge, wie z.B. Karstien R7)<br />
voraussetzte, o<strong>der</strong> sind sie durch jüngere Analogie nach den<br />
Präterita <strong>der</strong> aio, ê-Verba (ahd.: ei-, ä-Verba) entstanden ? Karstien<br />
hat sich mit früheren Forschern 98) also für <strong>die</strong> erste Möglichkeit<br />
erklärt <strong>und</strong> wenig ansprechend angenommen, <strong>die</strong>s Kürzungsgesetz<br />
f,2
63<br />
hätte nicht gleichmässig <strong>im</strong> ganzen Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />
gewirkt: e8 "erschlaffte" nämlich vom Norden nach Süden.<br />
Zur Erklärung des Nebeneinan<strong>der</strong> von ë <strong>und</strong> e hat man, ausgehend<br />
von ë, auch noch angenommen, <strong>das</strong>s ursprünglich <strong>die</strong> Kürze <strong>im</strong><br />
Singular, <strong>die</strong> Länge <strong>im</strong> Plural galt. Die Kürze war dann aus <strong>der</strong><br />
Länge vor Doppelkonsonanz entstanden. Später konnte Ausgleich<br />
stattfinden, entwe<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Kürze o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Länge hin 99).<br />
Sehr einleuchtend sind all <strong>die</strong>se Erklärungen nicht. Unabhängig von<br />
<strong>die</strong>sen Problemen stellt sich noch <strong>die</strong> Frage, woher <strong>das</strong> "vorliterarische"<br />
ë des Präteritums <strong>der</strong> a-Verba stammt. Auch hier hat man<br />
verschiedene Antworten gegeben. So z.B. haben Brugmallll 100) <strong>und</strong><br />
Karstien 101) Analogie nach den ai- <strong>und</strong> ë-Verba angenommen.<br />
Bei je<strong>der</strong> Erklärung hat man Hypothesen aneinan<strong>der</strong>gereiht <strong>und</strong><br />
lst doch <strong>im</strong>mer nur zu einem sehr problematischen Resultat gekommen.<br />
In dem von mir aufgestellten System wird <strong>die</strong> ganze<br />
Frage ohne Mühe gelöst: eist deutlich ursprünglich <strong>und</strong> wurde<br />
gesetzmässig i vor -1Jg; dabei kounte in den Dialekten Ausgleich<br />
auftret.en. Das produktive ë 2 wurde bei den a-Verba (z.B. ia <strong>im</strong><br />
Althochdeutschen) analogisch eingeführt 102). Dialektisch (z.B. <strong>im</strong><br />
Altfriesischen, Altenglischen) trat (später) Dehnung vor Konsonantengruppen<br />
wie -ld auf, wodurch hier <strong>die</strong> Länge in eine begünstigte<br />
Lage versetzt wurde 103). Wir können jetzt meine Erklärung am<br />
Material nachprüfen.<br />
Im Altnordischen liegt best<strong>im</strong>mt kurzes e vor. In gekk (*ging) 104),<br />
gingam hat lautgesetzlicher übergang zu i vor -1Jg stattgef<strong>und</strong>en;<br />
<strong>das</strong> spätere gengom stellt, wie schon allgemein zugegeben wurde,<br />
vokalische Nachbildung des Singulars gekk dar.<br />
Im Altschwedischen geht hwlt, hiolt deutlich zurück auf e; dabei<br />
ist <strong>der</strong> Vokalismus <strong>der</strong> zweiten Form vom Plu ral in den Singular<br />
herübergenommen 105).<br />
Im Altsächsischen ist e<strong>der</strong> durchaus normale Vokalismus (z.B.<br />
held, heldun, leU, lellun, leng, lengun) 106), was noch aus den heutigen<br />
M<strong>und</strong>arten klar hervorgeht. Zu lallan sagte Katara: "Als Ausgangspunkt<br />
für <strong>die</strong> mannigfachen Präteritalvokale von lallen ist<br />
neben voras. kurzem e wohl auch eiu ê wie bei den Verben auf einfache<br />
Konsonanz anzusetzen, obgleich <strong>die</strong> Länge in <strong>der</strong> ältesten<br />
Zeit nicht in Erscheinung tritt. Beide Laute erscheinen entwe<strong>der</strong><br />
erhalten o<strong>der</strong> als lautgesetzlich weiterentwickelt in den jüngeren<br />
Perioden, vielfach bis in <strong>die</strong> heutigen M<strong>und</strong>arten" lO7). Daneben<br />
tritt auch as. ie in lieng u.ä. auf nach Analogie <strong>der</strong> ai-, ë-Verba<br />
(as.: ë-, ä-Verba) (wie <strong>im</strong> Althochdeutschen), wie auch Holthausen<br />
108) ann<strong>im</strong>mt; <strong>die</strong>s lieng könnte später wie<strong>der</strong> gekürzt sein <strong>und</strong><br />
dafür trat nachher gelegentlich auch V-, linc- mit i auf 109). Zwar<br />
findet sich <strong>im</strong> Altsächsischen kein *Iing, son<strong>der</strong>n leng; am wahr-<br />
63
64<br />
seheinliehsten hat <strong>das</strong> überlieferte leng si eh naeh dem Muster von<br />
held gerichtet. lch komme unten (§ 42) darauf zurück. Vergleiche<br />
noch, was Katara zu langan schrieb : "Wie bei holden <strong>und</strong> lallen ist<br />
auch hier vom kurzen e(i) auszugehen. Dieses ist <strong>der</strong> regelrechte<br />
Präteritalvokal <strong>im</strong> As., <strong>der</strong> sich bis in einige mo<strong>der</strong>ne M<strong>und</strong>arten<br />
erhalten hat. Daneben erscheint von Anfang an auflokal begrenztem<br />
Gebiete auch ie (Diphthong), <strong>das</strong> später (<strong>im</strong> Mnd.) häufig i geschrieben<br />
wird. i begegnet <strong>im</strong> Mnd. auch vielfach in Fällen, in<br />
denen es nicht auf ie zurückgeführt werden kann" 110).<br />
lm Althochdeutschen hat <strong>das</strong> Beispiel <strong>der</strong> ai-, ë-Verba über <strong>die</strong><br />
ganze Linie gesiegt: hialt, liang u. ä. Jedoch findet sich <strong>das</strong> alte e,<br />
wie <strong>im</strong> Altsächsischen, noch <strong>im</strong> Altfränkischen wie<strong>der</strong> lll).<br />
lm Altfriesischen sind <strong>die</strong> Verhältnisse ziemlich verworren, obschon<br />
auch hier <strong>der</strong> Kurzvokal mit Sicherheit nachzuweisen ist. Van<br />
Helten setzte überall <strong>die</strong> Kürze an (ej?:) 112): helt, helden, hildon,<br />
wildon, geng, gengin, gingen, leng. Zu bemerken ist, <strong>das</strong>s nach<br />
seiner Angabe <strong>die</strong> i-Formen hauptsächlich zum Rüstringer Dialekt<br />
gehören (Ausnahme ist <strong>das</strong> Fivelgoer gingen) 113), <strong>der</strong>, wie Van<br />
Helten selbst sagte, eine "Vorliebe für i, î statt e, ê" 114) hat. Es<br />
könnte hier also ein lokaler i-übergang vorliegen 115). Auf <strong>die</strong><br />
leng-Form u.ä. statt norm ales *Iing komme ich noch unten (§ 42)<br />
zurück.<br />
Hinweisend auf <strong>die</strong> neuostfriesisehen M<strong>und</strong>arten hat Siebs 116)<br />
dagegen für <strong>die</strong> meisten Präterita <strong>der</strong> a-Verba ë, ï angenommen.<br />
Bei leng, heng, geng schwankte er zwischen Länge <strong>und</strong> Kürze. In<br />
ben, bennon zu bonna <strong>und</strong> lorilelle (Optativ Präteritum) zu lalla sah<br />
auch er ein kurzes e. Falls hëld, hïld vorliegt, ist <strong>der</strong> Vokal vielleicht<br />
noch direkt auf eine Kürze zurückzuführen, weil schon <strong>im</strong> Altfriesischen,<br />
wie man oben gesehen hat, eine Dehnung von e, i z.B.<br />
voor einer Konsonantengruppe wie -ld eingetreten ist. Demgemäss<br />
findet sich bei Steller 117) woW hëld, hïld zu hälda, aber leng, ling zu<br />
lä, heng(hweng) zu hwä, geng, ging zu gän, ben, bennon zu bonna.<br />
Jedenfalls ist also auch hier <strong>die</strong> Kürze mit gutem Fug als pr<strong>im</strong>är<br />
anzusetzen.<br />
Aus dem Altenglischen ist für unsere Frage kein sicherer SChlUBS<br />
zu gewinnen. Die Orthographien sind <strong>und</strong> bleiben zweideutig. lst<br />
z.B. e kurz o<strong>der</strong> lang? Die Anglisten sind <strong>die</strong> sichere Antwort<br />
schuldig geblieben. Zwar ist vor best<strong>im</strong>mten Konsonantengruppen<br />
für <strong>die</strong> spätere Zeit mit Sicherheit eine Länge anzusetzen 118). Ebenso<br />
ist nicht mit Sicherheit zu erschliessen, ob man in Fällen wie<br />
heold, leold mit eo o<strong>der</strong> ëo zu tun hat 119).<br />
Man bemerke jedoch, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> von mir gegebene Lösung<br />
des Problems <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse gar nicht wichtig ist,<br />
weil e, eo, ë, ëo sich jedenfalls direkt auf <strong>die</strong> in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />
64
65<br />
Klasse von ruir aufgestellte Reihe e 2 Ieu(eo)le zurückführen lassen.<br />
Ohne Verschiebung hätte <strong>die</strong> ursprünglich reduplzüerende Klasse<br />
ai, e I ei> e 2<br />
au, ö I eu > eo<br />
ale<br />
<strong>im</strong> Altenglischen folgendes ergeben müssen:<br />
ä, re I e<br />
ea, öl eo<br />
a (ea) I e (eo); später in best<strong>im</strong>mter<br />
Position gedehnt.<br />
Der wirkliche Bestand sieht <strong>im</strong> Ganzen genommen jedoch<br />
folgen<strong>der</strong>massen aus:<br />
ä, re (Verba pura äw) I e (V.p. eow)<br />
ea, ö<br />
I eo<br />
a (ea)<br />
I e, eo o<strong>der</strong> e, eo<br />
Sehr viel ist also nicht geän<strong>der</strong>t. Dass <strong>die</strong> ursprünglichen Verhältnisse<br />
einigermassen durcheinan<strong>der</strong> gekommen sind, vor allem<br />
daas eo « eu) hier anscheinend um sich gegriffen hat, wie <strong>die</strong>s in<br />
an<strong>der</strong>en Dialekten e 2 tat, ist kaum etwas Merkwürdiges. Es muss<br />
ab er <strong>der</strong> Anglistik <strong>und</strong> einer Spezialarbiet überlassen bleiben,<br />
festzustellen, wie <strong>die</strong>se Umbildung zu einem eigenen System o<strong>der</strong><br />
zu eigenen Systemen in den altenglischen Dialekten vor sich gegangen<br />
sein wird. Das Altenglische wi<strong>der</strong>setzt sich, bei den betreffenden<br />
a-Verba, jedenfalls r.icht <strong>der</strong> Annahme eines ursprünglichen e als<br />
Präteritalv.okalismus 120).<br />
2. Das altenglische Präteritum gang möchte ich mit Karstien 121)<br />
<strong>und</strong> Flas<strong>die</strong>ck 122) in <strong>der</strong>selben Weise erklären wie oben (§ 39, 1)<br />
<strong>die</strong> altnordischen Formen heit, 8veip usw. nämlich aus *gegang mit<br />
Verlust <strong>der</strong> Reduplikation, o<strong>der</strong> durch Einfluss <strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden<br />
Reihe <strong>der</strong> e-Gruppe 123).<br />
§ 42. Der Präteritalvokalismus <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse<br />
zeigt noch eine auffällige Erscheinung, auf <strong>die</strong> ich schon gelegentlich<br />
hingewiesen habe. Ich möchte sie jetzt noch kurz in ihrer Gesamtheit<br />
behandeln.<br />
Man hat oben (§ 40) bei <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong> au-Verba bemerkt,<br />
<strong>das</strong>s <strong>im</strong> Altnordischen jö als Präteritalvokalismus sich durchgeset.zt<br />
hatte, auch vor Konsonanten, bei denen jü zu erwarten wäre. Der<br />
sonst übliche Wechsel jüjjö war hier also ausgeschaltet.<br />
Für <strong>das</strong> Althochdeutsche liess sich auf etwas ähnliches hinweisen.<br />
65
66<br />
lm Plural des Präteritums tritt eo, io auf wie <strong>im</strong> Singular, also<br />
leo/um, lio/un, obschon es <strong>der</strong> Regel nach (vor u <strong>der</strong> Folgesilbe)<br />
*liulum, -un sein sollte. Gerade wie oben kann man sagen: <strong>der</strong> sonst<br />
übliche Wechsel eo,ioJiu ist hier ausgeschaltet.<br />
Auch bei den a-Verba (<strong>der</strong> a-Gruppe) (§ 41) hat sich etwas übereinst<strong>im</strong>mends<br />
gef<strong>und</strong>en, sei es denn wie<strong>der</strong> in einer an<strong>der</strong>en Dialektgruppe.<br />
Vor -1Jg ist, wie man weiss, <strong>im</strong> Gemeingermanischen e zu ,i<br />
geworden. Deswegen sollte <strong>das</strong> Präterium leng in den altgermanischen<br />
Dialekten als ling reflektiert sein. Dies ist aber nicht <strong>im</strong>mer <strong>der</strong><br />
Fall. In <strong>der</strong> westlichen Gruppe tritt gewöhnlich e auf (ahd. liang ist,<br />
wie gesagt, analogisch nach dem Präteritalvokalismus <strong>der</strong> aio,<br />
ë-Verba). Diese Tatsache ist in ihrer Gesamtheit schon richtig erkannt<br />
<strong>und</strong> erklärt von Kems: "in W gmc. there appears to be a<br />
:;horough restoration of e-vocalism (on the analogy of type "held . .. ),<br />
"leng > OE leng (if so taken), OFrs leng (but also ling . .. ), OS leng,<br />
QHG (rare and archaic) leng" 124). lm Präteritum wurde also ein<br />
Wechsel eJi (heldJling) bei einer als verb<strong>und</strong>en gefühlten Verbalgruppe<br />
ausgeschaltet.<br />
So lässt sich zuerst feststellen, <strong>das</strong>s in den drei Fällen <strong>der</strong> "dunkle"<br />
Vokalismus gesiegt hat: an. jo (nicht jü), ahd. eo, io (nicht iu), as.<br />
usw. e (nicht i). Dieser Vokalismus kommt bekanntlich ebenso<br />
<strong>im</strong> Präsens <strong>der</strong> e-Gruppe vor, in <strong>der</strong> jedoch <strong>der</strong> betreffende Wechsel<br />
bei gleichen Bedingungen begegnet: an. (Inf.) bjOda, rjüla, ahd. biutu,<br />
beotames, as. geldan, 8pringan. Die Sache lässt sich möglicherweise<br />
erklären durch erhöhten Systemzwang bei geringerer Gebrauchsfrequenz<br />
des Präteritums; <strong>die</strong>ses Tempus wird bekanntlich erheblich<br />
weniger gebraucht als <strong>das</strong> Präsens 125). Auf <strong>die</strong>se Weise wird <strong>der</strong><br />
betreffende Gegensatz zwischen den beiden Tempora ganz natürlich<br />
aufgehoben. Ganz ähnlich kann <strong>der</strong> "feste" ai-Vokalismus <strong>der</strong><br />
gotischen Reduplikation (also wie<strong>der</strong> <strong>im</strong> Präteritum!) erklärt<br />
werden 126).<br />
Die sog. Verba pura sollen noch für sich allein einer kurzen<br />
Erörtenmg unterzogen werden.<br />
§ 43.<br />
got.<br />
BIl.<br />
ahd.<br />
as.<br />
ae.<br />
afri.<br />
ë 1 -<br />
ë2 ( ei)<br />
Reduplizierung<br />
Formans aus Reduplizierung o<strong>der</strong> Bchwach<br />
Schwach; Reste <strong>der</strong> <strong>starken</strong> Konjugation<br />
sáian, obar-seu (einmal; weiter schwach sáida)<br />
säwan, sww, sëowon, säwen<br />
blä, blë<br />
wia. wë (auch Bchwach weide)<br />
Neben ë auch ï z.B, <strong>im</strong> RÜBtringer Dialekt<br />
66
67<br />
Wenn aucQ hier deutlich als ältere Präteritalbildung <strong>die</strong> Reduplikation<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ablautende VokalislDus e 2 vorliegt, so haben sich<br />
in den jüngeren Systemen <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte wie<strong>der</strong><br />
Verschiebungen eingef<strong>und</strong>en. Man wird auch hier mit übernahme<br />
von bzw. Zusammenfall mit eu-Präterita zu rechnen haben. Es<br />
scheint sogar, wie aus an. sera hervorgeht, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> neue Prinzip des<br />
jüngeren Ablauts gegenüber dem älteren <strong>der</strong> Reduplizierung sich<br />
bei <strong>die</strong>sen Verba <strong>im</strong> Nordgermanischen nicht ganz durchsetzen<br />
konnte. Dies ist jedoch verständlich. Die gegenüber dem neuen<br />
Prinzip <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen allmählich sich vollziehende<br />
Auflösung <strong>der</strong> Reduplizierung liess <strong>das</strong> Nordische *sezö unberührt,<br />
wahrscheinlich weil man darin schon damals nicht eine<br />
reduplizierte Form mehr erkannte, son<strong>der</strong>n eine Art Ableitung, in<br />
<strong>der</strong> (e)zö ((e)ra) als Präteritalformans betrachtet wurde. Im Altnordischen<br />
erweist <strong>die</strong>ses Formans sich als produktiv wie aus nüa, nera,<br />
gnüa, gnera, slä, slera (slera, slerom, slerom; normal släjslö usw.)<br />
u.a. folgen dürfte 127). Man hat also in <strong>die</strong>sem Fall <strong>im</strong> Altnordischen<br />
mit einer Art Suffixierung zu tun, <strong>im</strong> Gegensatz zum Gotischen,<br />
wo eine wirkliche Reduplizierung (saisö) vorliegt. Im Altnordischen<br />
kommen ausserdem schwache Formen, auch bei sä 128) vor, was hier<br />
zu <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Reduplizierung als funktioneller Präteritalbildung<br />
völlig st<strong>im</strong>mt.<br />
Auch <strong>im</strong> Althochdeutschen sind <strong>die</strong>se Verba in <strong>die</strong> schwache<br />
Konjugation übergegangen, · nur <strong>das</strong> starke Partizip von bläan,<br />
z.B. in ziplähanner, ist noch vorhanden 129).<br />
Das Altfriesische bewahrt wahrscheinlich den ursprünglichen<br />
Präteritalvokal des neuen Prinzips e (e 2 ), <strong>und</strong> <strong>die</strong>s hat nichts<br />
Verwun<strong>der</strong>liches, da in <strong>die</strong>sem Dialekt e (i) als Präteritalvokalismus<br />
<strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse sich siegreich durchgesetzt hat.<br />
Man hat nicht nur heta, het (hit), leta, let (lit), son<strong>der</strong>n auch hläpa,<br />
hlep (hlip) , möglicherweise hälda, held (hild) u.a., zu denen blä, bIe,<br />
wia, we, schön st<strong>im</strong>men. Der übertritt zur schwachen Konjugation<br />
(z.B. weide 130) bei wia) zeigt eine bereits aus den an<strong>der</strong>en Dialekten<br />
bekannte Tendenz.<br />
Das Altsächsische, Altenglische <strong>und</strong> weiter <strong>das</strong> Mittelnie<strong>der</strong>ländische,<br />
<strong>das</strong> u.a. Karstien 131) auch herangezogen hat, möchte ich zusammennehmen,<br />
weil sich hier eine gleichlaufende Entwicklung<br />
offenbart. Im Altsächsischen liegt bei säian als starkes Präteritum<br />
nur obar-seu "super-seminavit" vor; weiter ist <strong>das</strong> Verb schwach 132).<br />
Im Altenglischen hat man bläwan, bleow, cnäwan, eneow, mäwan,<br />
meow, säwan, seow uSW. , also mit eo-Vokalismus (d.h. dem altenglischen<br />
Vertreter des alten eu) , wie gewöhnlich <strong>die</strong> Handbücher m.E.<br />
richtig annehmen, obschon ich <strong>die</strong> dabei angeführten Gründe nicht<br />
<strong>im</strong>mer billigen kann. Neben eo tritt auch e auf: oncnew, -on, sewe<br />
67
68<br />
(Opt.) USW. 133). Im Mittelnie<strong>der</strong>ländischen findet sich saeyen, zieu<br />
(doch meistens schwach), waeyen, wiey, wieu mit gelegentlichem<br />
Übergang zur sog. sechsten Klasse 134).<br />
Bemerkenswert ist folgendes:<br />
ae.<br />
as.<br />
mn!.<br />
säwan, sëow<br />
säian, -seu<br />
saeien, zieu<br />
neben hëow, hëawan<br />
-heu, hauwan<br />
hieu, houwen<br />
In ihrem Präteritalvokalismus haben sich <strong>die</strong>se Verba hier also<br />
zusammengef<strong>und</strong>en 135). Man wird hier rechnen müssen mit gesetzmässigem<br />
Zusammenfall (z.B. <strong>im</strong> Nie<strong>der</strong>ländischen ie (ë 2 <strong>und</strong> ie(eu),<br />
aberauch mit Übernahme bzw. Verbreitung des alten eu-Vokalismus,<br />
wie <strong>im</strong> Altenglischen möglich ist.<br />
Woher <strong>das</strong> -w in ae. säwan, sëow, as. seu, mnl. zieu u.a. stammt,<br />
ist eine Frage für sich, mit <strong>der</strong> ich mich hier nicht beschäftigen<br />
werde 136).<br />
§ 44. ö, ü - eu<br />
Nach <strong>der</strong> kurzen Erörterung <strong>der</strong> ë-Verba pura ist über <strong>die</strong> ö-Verba<br />
pura prinzipiell nichts Neues zu bemerken. So ist z.B. an. rera bei<br />
röa ganz wie sera bei sä zu beurteilen. Für <strong>das</strong> eu-Präteritum vgl. ae.<br />
rëowon bei rowan uSW.<br />
Bei den ü-Verba pura ist aber noch auf folgendes aufmerksam<br />
zu machen. Auf Gr<strong>und</strong> von an. büa, bjö, bjuggom, bjoggom <strong>und</strong><br />
damit rechnend, <strong>das</strong>s in <strong>die</strong>sem Dialekt vor allem Verba <strong>die</strong>ses Typus,<br />
wie z.B. nüa, nera, <strong>der</strong> ,,-era-Suffixierung" unterlagen, sind <strong>die</strong><br />
wenigen ü-Verba pura am wahrscheinlichsten in <strong>der</strong> urgermanischen<br />
reduplizierenden Klasse anzusetzen. Zwar sind got. bauan, ahd. as.<br />
ae. büan, afri. büwa schwach, aber <strong>im</strong> Altenglischen <strong>und</strong> Mittelhochdeutschen<br />
findet sich <strong>das</strong> starke Partizip Präteriti wie<strong>der</strong>. Möglicherweise<br />
ist übrigens ahd. biruun, biruwïs (geschr. biruuuis) 137)<br />
Nachklang einer früheren Reduplizierung. Es könnte <strong>im</strong>merhin<br />
etwas aussagen über seine ursprüngliche Klassenzugehörigkeit. Im<br />
allgemeinen nehme ich daher mit Karstien 138) u.a. an, <strong>das</strong> Altnordische<br />
habe in <strong>die</strong>sem Fall <strong>die</strong> ursprüngliche, d.h. urgermanische<br />
Klassenzugehörigkeit bewahrt. Es ist dennoch nicht ausgeschlossen,<br />
<strong>das</strong>s <strong>die</strong>se ü-Verba schon bei <strong>der</strong> urgermanischen<br />
Systematisierung zwischen <strong>der</strong> <strong>starken</strong> <strong>und</strong> schwachen Konjugation<br />
geschwankt haben.<br />
Der völlige o<strong>der</strong> teilweise Übertritt <strong>der</strong> betreffenden ü-Verba zur<br />
schwachen Konjugation in den altgermanischen Dialekten ist jedoch<br />
nicht als etwas Merkwürdiges zu betrachten. Die urgermanischen<br />
Verba pura auf ë <strong>und</strong> ö (an. sä, röa usw.), obschon sie in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />
Klasse <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en ë- <strong>und</strong> ö-Verba (an. lëta usw.) als<br />
68
69<br />
Stützen hatten, sind doch <strong>im</strong> Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen,<br />
mit A usnahme von Son<strong>der</strong>fällen, zur schwachen Konj ugation ü bergegangen<br />
; dagegen ist <strong>das</strong> Altnordische auch hier konservativ. Die<br />
wenigen Verba pura auf ü (an. büa usw.) standen in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />
Klasse jedoch von Anfang an ganz verwaist, denn <strong>die</strong><br />
sog. Aoristpräsentia mit ü (an. lüka usw.), <strong>die</strong> mit ihnen doch <strong>im</strong><br />
Urgermanischen vokalisch übereinst<strong>im</strong>mten, gehörten bekanntlich<br />
zur e-Gruppe 139). Ausserdem ist es nicht sicher, <strong>das</strong>s man mit<br />
Osthoff 140) in *lükan u.a. wirklich Aoristpräsentia zu erblicken hat.<br />
Obschon man lat. sücus neb en an. siiga, ahd. as. ae. siigan stellen<br />
darf, kann man doch auch mit Hirt 141) <strong>und</strong> Prokosch 142) bei ü als<br />
Präsensvokalismus <strong>der</strong> zweiten Klasse an Einfluss <strong>der</strong> ersten Klasse<br />
denkennach einer Proportion ï( < ei)/ai/i : ü/au/u. Demgemäss<br />
würden Verba wie *lükan als ü-Verba zur Zeit <strong>der</strong> urgermanischen<br />
Systematisierung noch nicht da gewesen sein.<br />
§ 45. Wie man weiss, gibt es noch Relikte reduplizierter Formen<br />
<strong>im</strong> Altenglischen, Altnordischen <strong>und</strong> vielleicht <strong>im</strong> Althochdeutschen<br />
143). Daraus ist jedenfalls deutlich, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> reduplizierten<br />
Formen auch <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen, nachdem <strong>das</strong> neue<br />
Prinzip aufgekommen war, noch lange existiert haben; dab ei<br />
konnten sie auf irgendeine Weise eine eigene Funktion ausbilden,<br />
wie z.B. <strong>das</strong> Altnordische bezeugt. Bei Karstien 144) findet sich <strong>das</strong><br />
Material gesammelt.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. Prokosch, Camp. Germ. Gram., 176.<br />
2. Hirt, Randb. Urgerm., 11, 143.<br />
3. Z.B. bei Feist, PBB., 32, 447 f.; Karstien, Die redupl. Perf., 20 f.;<br />
L. E. van Wijk, Klinker8 Oergerm. Stamsyllaben, 87 f.; Flas<strong>die</strong>ck, Anglia,<br />
60, 241 f. Zusammenfassend: Prokosch, Camp. Germ. Gram., 176-178.<br />
4. Eine Übersicht ~ibt Karstien, Die redupl. Perf., 20 f. .<br />
5. 0..0..0.,49, 120 > Boer, Oergerm. Randb. § 114 > L . E. van Wijk, Klinker8<br />
Oergerm. Stamsyllaben, 92. Dagegen Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 263 f.<br />
Dabei vergleiche man für den Lautwert des ë 2 /ö auch Frings, PBB.,<br />
63, 3 f.<br />
6. ZfÖG., 24, 295 f; <strong>der</strong>s., Zur Gesch. d. d. Spr., 279 f.<br />
7. KZ., 27, 593 f.<br />
8. Vgl. dazu auch Holthausen, KZ., 27, 618 f. Dagegen Karstien, Die<br />
redupl. Perf., 60.<br />
9. Camp. Germ. Gram., 176.<br />
10. IF., 6, 89 f.; Gr<strong>und</strong>r., I, 203. Als Vorgänger in <strong>der</strong> Richtung Brugmanns<br />
ist Ljungstedt zu nennen. Ähnlich wie <strong>und</strong> gleichzeitig mit Brugmann<br />
hat Wood <strong>die</strong> nord-, westgermanischen <strong>und</strong> gotischen Präterita getrennt.<br />
Vgl. Karstien, Die redupl. Perf., 26 f., 31.<br />
11. Das Prät. <strong>der</strong> redupl. Verba, 31 f.; Zitat S. 54.<br />
12_ IF., 20, 229 f. Zum Zitat Hoffmanns vgl. auch Janko, 0..0..0., 262:<br />
69
13.<br />
14.<br />
15.<br />
16.<br />
17.<br />
18.<br />
19.<br />
20.<br />
21.<br />
22.<br />
23.<br />
24.<br />
25.<br />
26.<br />
27.<br />
28.<br />
29.<br />
30.<br />
31.<br />
32.<br />
33.<br />
34.<br />
35.<br />
36.<br />
37.<br />
38.<br />
39.<br />
40.<br />
41.<br />
42.<br />
43.<br />
44.<br />
45.<br />
46.<br />
47.<br />
48.<br />
49.<br />
70<br />
"Zu ebendemselben Postulat dehnstufiger Formen... bekenne ich<br />
mich selbst". Siehe noch Prokosch, Oomp. Germ. Gram., 178.<br />
Für <strong>die</strong> *hait-Form sah er noch eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit (S. 264).<br />
S. 298.<br />
PBB., 32, 447 f.<br />
II, 3, 483.<br />
NebBt den erwähnten noch: Sverdrup, Der Aorist, 321 f.<br />
Haruib. Urgerm., II, 144.<br />
D. Gram., I, 955 (l039).<br />
Altisl. Elementarb. § 127 [1932 8 ). Schon in <strong>der</strong> vorigen Auflage.<br />
Die redupl. Perf., 44.<br />
Handb. Urgerm., II, 144. Vgl. jetzt auch Schwarz, Goten, Nordgerm.,<br />
Angels., 107.<br />
Heusier, am in Anm. 20 angeführten Ort. Vgl. dagegen ProkoBch,<br />
Oomp. Germ. Gram., 177.<br />
Die redupl. Perf.<br />
a.a.O. § 31.<br />
a.a.O. § 62 f. Auch L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben,<br />
98 f. hat, durchauB nicht überzeugend, mit einem Ö1/Ö I gerechnet.<br />
Die redupl. Perf. § 90 f.<br />
a.a.O., 1 f.<br />
a.a.O., 159.<br />
a.a.O. § 67. Vgl. auch <strong>die</strong> Einwände Flaa<strong>die</strong>cks, Anglia, 60, 249 f.<br />
Treffend sind <strong>die</strong> Worte seines eigenen Lehrers Hirt, Handb. Urgerm.,<br />
II, 145: "Aber <strong>der</strong> Lautwandel ist trotz allem, wa.'3 Karstien bei·<br />
bringt, sehr son<strong>der</strong>bar <strong>und</strong> daher befriedigt <strong>die</strong> Erklärung nicht<br />
recht".<br />
Vgl. z.B. Boer, Oergerm. Handb. § 114 f. (hauptsächlich Brugmann<br />
<strong>und</strong> Karstien).<br />
Anglia, 60, 241 f.<br />
Altisl. Elementarb. § 313. Auch in späteren Handbüchern wie Krause,<br />
Altweatnord. Gram. § 10, 2 <strong>und</strong> vor allem §§ 143-144; Gutenbrunner,<br />
Lau~· <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 42.<br />
Handb. Urgerm., II, 145-146.<br />
Oomp. Germ. Gram., 177-178.<br />
PIE. Phon., 58, 69 f.<br />
a.a.O., 69.<br />
Vgl. noch a.a.O., 70: "We can only deal with the development as a<br />
Gmc. Ïnnovation".<br />
Vgl. insbeson<strong>der</strong>e für <strong>die</strong> Herkunft <strong>der</strong> a.Gruppe: Flas<strong>die</strong>ck, Anglia,<br />
60, 328 f.<br />
a.a.O., 333.<br />
Handb. Urgerm., Il, 144. Vgl. Karstien, Die redupl. Perf. § 6.<br />
Idg. Gram., IV, 276.<br />
Handb. Urgerm., II, 149. Vgl. Lehmann, PIE. Phon., 18.<br />
Vgl. Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 333 f.<br />
Brugmann, IF., 6, 91.<br />
Für <strong>die</strong> ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen siehe § 37.<br />
Bemerkenswert ist folgende Auslassung Hirts, Handb. Urgerm., Il,<br />
145, wenn Bonst auch <strong>der</strong> Schluss nicht zutrifft: "Mir scheint es ,"or<br />
allem auffallend, daa3 in dem Perfekturn, mag es einer Reihe angehören,<br />
welcher es will, <strong>im</strong>mer ein e-Vokal erscheint, as. Me, *hleop, feng,<br />
<strong>und</strong> d loS legt d )ch <strong>die</strong> vermutung nahe, daas es Bieh urn reduplizierende<br />
Formen handelt".<br />
Vgl. hierbei Brugmann, IF., 6, 92.<br />
70
50.<br />
51.<br />
52.<br />
53.<br />
54.<br />
55.<br />
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57.<br />
58.<br />
59.<br />
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61.<br />
62.<br />
63.<br />
64.<br />
65.<br />
66.<br />
67.<br />
68.<br />
69.<br />
70.<br />
71.<br />
72.<br />
73.<br />
74.<br />
75.<br />
71<br />
Siehe auch Mezger, Archiv, 171, 66 f.<br />
Vgl. z.B. Boer, Oergerm. Handb. § 217: Schwarz, Goten, Nordgerm.,<br />
Angels., 112.<br />
Karstien, Die redupl. Perf. § 35.<br />
0..80.0. Diese Erkliirung findet sich schon bei Bethge in Dieter, Laut·<br />
<strong>und</strong> Fonnenl. altgerm, Dial .• 418.<br />
Siehe oben § 31.<br />
Schon bei Bethge in Dieter, Laut· <strong>und</strong> Formenl. altgerm. Dial., 418:<br />
Heusier, Altisl. Elernentarb. § 315, 2: Karstien. Die redupl. Perf. § 43.<br />
Man braucht also nicht mit, Lehmann PIE. Phon., 71 anzunehmen:<br />
"In forms with i following the ë 2 , the i (nämlich von ëi (eXy)) was<br />
normally lost (but survived in OHG re-itun )".<br />
Vgl. Karstien, Die rednpl. Perf. § 36 <strong>und</strong> § 44. wobei er anmerkt:<br />
"Diese i ·Plurale (näml?'ch <strong>der</strong> ë.Gruppe) sind sehr selten, wohl nur als<br />
augenblickserscheinungen zu betrachten". Siehe noch § 40, 5.<br />
Vgl. oben § 31.<br />
Altschw. Gram. § 541, Anm. I: <strong>der</strong>s., Gesch. n01'd. Spr., 204; auch:<br />
Janko, IF., 20, 267.<br />
Karstien, Die redupl. Perf., 66, <strong>der</strong> auf .Tanko, IF., 20, 267 hin·<br />
weist.<br />
ZfÖG., 24, 299.<br />
Die redupl. Perf. § 38.<br />
Das Altschwedische bleibt hier unerwähnt, weil <strong>die</strong> betreffenden<br />
Formen Neubildungen Bind: Noreen, Altschw. Gram. § 542.<br />
Vgl. Karstien, Die redupl. Perf., 78.<br />
Braune, Ahd. Gram. § 47 f. <strong>und</strong> § 354; Franck, Altfränk. Gram. § 38, 3<br />
<strong>und</strong> § 39: Schatz, Altbair. Gram. § 16 <strong>und</strong> § 139, 2.<br />
Braune, Ahd. Gram. § 47, Anm. 2. Dasselbe gilt vom Altfränkischen<br />
(Franck, Altfränk. Gram. § 37) <strong>und</strong> Altsächsischen (Holthausen, Alts.<br />
Elementarb. § 103, Anm. 2 <strong>und</strong> 3).<br />
Janko, IF., 20, 313 f. V!!,l. Karstien, Die redupl. Perf., 98, Anm. 4.<br />
Man beachte <strong>die</strong> Formulierung <strong>der</strong> Regel bei Krause, Altwestnord.<br />
Gram. § 16, 1: "Im An. entwickelt Bich eu ... vor g, kstets, vor p,<br />
f meiBt zu iu (=;u)".<br />
Siehe oben § 17.<br />
Diese Möglichkeit n<strong>im</strong>mt in <strong>die</strong>sem Fall auch Karstien, Die redupl.<br />
Perf., 97, Anm. 1, an.<br />
Siehe <strong>die</strong> Literatur oben Anm. 67.<br />
Vgl. Karstien, Die redupl. Perf., 114: "aisl. ist <strong>das</strong> einzige hierher<br />
gehörige auf konsonant auslautende verb blóta 'opfern' in <strong>die</strong> analogie<br />
<strong>der</strong> häufigeren ë1.präterita hineingezogen".<br />
Gesch. fri. Spr. § 141. .<br />
Auch in den bekannten "Oorkonden" des Leeuwar<strong>der</strong> "St. Anthony·<br />
Gasthuis" findet Bich <strong>das</strong> Präteritum foel (Boersma, Fri. Oork., 45).<br />
Vgl. auch Fokkema, Stadsfries, 171 <strong>und</strong> <strong>der</strong>s., Fri. Spraakk., 70.<br />
Ebenso <strong>im</strong> Nie<strong>der</strong>deutBchen findet sich bei <strong>die</strong>sem Verb Ubertritt zur<br />
sechsten Klasse: vgl. Lasch, Mnd. Gram. § 434, Anm. 2.<br />
Steller, Altfri. Gram., 64 erwähnt hierbei ausdrücklich <strong>die</strong> soohate<br />
Ablautreihe.<br />
Gesch. fri. Spr. § 141. Für <strong>die</strong> weitere Entwicklun~ <strong>im</strong> Friesischen vgl.<br />
S. 1325: "Die Kla3se <strong>der</strong> reduplizierenden Verben ist <strong>im</strong> F:ie3. am<br />
stärksten dur ~h Analogiebildung be;linflusst worden, da <strong>die</strong> wenig~n<br />
Verba Bich nicht zu festen Gruppen ziJsammenschlossen, son<strong>der</strong>n m ·<br />
den einzelnen M<strong>und</strong>arten nach den verschiedenen Ablautklassen o<strong>der</strong><br />
na.ch den schwachen Verba verän<strong>der</strong>t wurden".<br />
71
76.<br />
77.<br />
78.<br />
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81.<br />
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84.<br />
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88.<br />
89.<br />
72<br />
PBB., 19, 405 f.; 21, 446; IF., 23, 109.<br />
hliope findet sich schon bei Von Richthofen. AltIri. Wtb., i.v. hlapa.<br />
Vgl. Karstien, Die redupl. PerI., 43, 44, 95, 114 <strong>und</strong> Flas<strong>die</strong>ck, Anp;lia,<br />
60, 243, 250, 274. Karstien, a.a.O., 95 <strong>und</strong> 114, hinweisend auf Van<br />
Helten, IF., 23, 108 sagte (S. 114): "Neuostfr. Tip, Tip"} zeigen regelrecht<br />
aus älterem io hervorgegangenes i"; vgl. Flas<strong>die</strong>ck, a.a.O.<br />
§ 13, b,«5: "Doch weist nofrs~ rip ebenso wie nwfrs. röp auf *jö". Diese<br />
Annahme von Karstien <strong>und</strong> Flas<strong>die</strong>ck beruht m.E. auf einem Missverständnis;<br />
Van Helten, a.a.O. hat doch geschrieben: "saterlänrlisch<br />
stit, wangeroogisch II p , wang. sat. rip mit i für regelrechtes, aus eo<br />
hervorgegangen es altes iö; man beachte <strong>die</strong> Proportion hëten, lëten,<br />
slëpen, Part.: hit, lit, slip = stëten, (h)lëpen, (h)wëpen (vgl. Aofries. Gr.<br />
§275):stit, (h)lip, (h)rip".SoweitVanHelten.isteht nur für "regelrechtes<br />
altes iö", <strong>und</strong> <strong>die</strong> darauffolgende Proportion will gerade <strong>die</strong><br />
Herkunft <strong>die</strong>ses ï, z.B. in rïp andeuten. Karstien, a .a .O. § 78 hat <strong>die</strong>se<br />
Proporti9n gerade in umgekehrter Richtung gedeutet <strong>und</strong> will daraus<br />
<strong>die</strong> Partizipia stëten, (h)lëpen erklärt sehen. Für nofri. i (Tip) aus<br />
*iö ist sowieso nirgends ein Anhaltspunkt zu finden.<br />
Gesch. lri. Spr. § 141.<br />
AltIri. Gram. § 97.<br />
Jacobs, Oudlri. Werkw., 127 f. setzte bei den au·, o.Verba, in seinen<br />
Paradigmata, als Präteritalvokalismus überall io an, obschon dazu<br />
kein genügen<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> vorlag.<br />
Kems, Lang., 13, 13 bemerkt passend: "the late date of the Ofrs.<br />
documents will hardly justify one in making these few citations<br />
(nämlich von hliöp) a touchstone".<br />
Gesch. lri. Spr. § 141.<br />
PBB., 19,406; für Synkope von j nach Liquida vgl. 351; <strong>der</strong>s., PBB.,<br />
21, 446. Vgl. auch folgende Anm. - Bei Kloosterman, Metslawiersch<br />
§ 147, einem Schüler Van Heltens, findet sich auch rü,oap "rief"<br />
(Präteritum) gleichfalls ohne genügenden Gr<strong>und</strong> zurückgeführt auf<br />
*hriöp; rüoap steht hier sogar schön be<strong>im</strong> lokalen Produkt von westgerm.<br />
ö : blüoat "Blut" u.a.<br />
Siehe Literatur in <strong>der</strong> vorigen Anm. <strong>und</strong> weiter noch Van Helten,<br />
AltostIri. Gram., 27. lm N euwestfriesischen begegnen noch Beispiele<br />
des Vorganges: bidrage neben afri. driäga.<br />
Siebs, Gesch. lri. Spr., 1412, 1414. - Wie ich aus einer brieflichen<br />
Mitteilung ersehe, ist auch Prof. Dr. K. Fokkema zu <strong>die</strong>ser Ansicht<br />
gekommen. Er weist hin auf Fälle wie MI, pöt, swk, ströt, in denen <strong>die</strong><br />
Dehnung zu 0: nicht leicht zu erk1ären ist. Für Fokkema hat sich<br />
afri. ö in räp. (mit dem Wert des westgermanischen ö) zunächst gekürzt<br />
<strong>und</strong> dann zu 0: gedehnt. Die regelrechte Entwicklung afri. röp zu<br />
roep (ü) findet sich jedoch noch dialektisch. Vgl. dazu Siebs, Gesch.<br />
lri. Spr., 1219, 1324, <strong>und</strong> meine obige Anm. 84 (Kloosterman).<br />
Fälle mit nwfri. ö (0:) neben altem bzw. westgerm. ö (wie nwfri.<br />
räp, <strong>das</strong>, wie gesagt, nicht direkt auf afri. röp zurückgeführt werden<br />
darf), sind z.B. nwfri. dröl <strong>und</strong> genöch (0:); vgl. as. dröoi, ae. dröl, <strong>und</strong><br />
für <strong>das</strong> zweite Beispiel afri. (e)nög, <strong>das</strong> durch gesetzmässige Entwicklung<br />
zum altwestfriesischen a-noeg wurde. Auch in nwfri. dröl<br />
<strong>und</strong> genöch kann also nur Dehnung eines kurzen 0 vorliegen.<br />
Vgl. Heusier, Altisl. Elementarb. § 315, 2; Karstien, Die redupl. PerI.,<br />
107.<br />
Noreen, Altisl. aUnorw. Gram. § 493.<br />
Die redupl. PerI., 107, Anm. 6, wo auch hjoggom <strong>und</strong> bfoggom erklärt<br />
werden. Für noch an<strong>der</strong>e Formen siehe a.a.O.<br />
72
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91.<br />
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106.<br />
107.<br />
108.<br />
109.<br />
IlO.<br />
lli.<br />
ll2.<br />
ll3.<br />
ll4.<br />
ll5.<br />
ll6.<br />
ll7.<br />
ll8.<br />
73<br />
Gesch. d. d. Spr., 737 [19012]; schon in <strong>der</strong> vorigen Aufiage. Vgl. noch<br />
Karstien, Die redupl. Perf., 109.<br />
a.a.O., 109-1I0. Vgl. oben § 39, auch S. 71, Arun. 57.<br />
a.a.O., 108; allgemeiner, doch sehr zutreffend, S. 42: "Von rein sach·<br />
lichen gründen abgesehen, halte ich es vor allem für methodisch nicht<br />
richtig, <strong>die</strong> germanischen formen an<strong>der</strong>s als aus dem germanischen<br />
<strong>verba</strong>l<strong>system</strong> heraus erklären zu wollen, solange noch irgend eine<br />
möglichkeit dazu besteht. Es ist letzten endes sehr leicht, bei je<strong>der</strong><br />
schwierigkeit, <strong>die</strong> sich einer einzelsprachlichen untersuchung ent·<br />
gegenstellt, seine zufiucht zu den so mannigfaltigen bildungsmöglich.<br />
kei ten irgend einer <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n idg. sprachen zu nehmen; da wird sich<br />
stets etwas analoges finden lassen"!<br />
Nicht so: Hoffory, KZ., 27, 597 f. <strong>und</strong> Holthausen, KZ., 27, 621 f.<br />
In: Annaler for nordisk oldkyndighed og Historie, 327-330, <strong>die</strong> ich<br />
nicht zu Rate zie hen konnte. Hier nach Karstien, Die redupl. Perf.,<br />
121 zitiert.<br />
PBB., I, 504 f.; 16, 254 f.<br />
Die redupl. Perf., 121-122.<br />
a.a.O., 122.<br />
Vgl. Loewe, KZ., 40, 328.<br />
Franck, Mnl. Gram. § 149; Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60 § 17; Sievers-Brunner,<br />
Altengl. Gram. § 395, Arun. 1.<br />
IF., 6, 94.<br />
Die redupl. Perf., 121.<br />
Die Produktivität des ë 2 o<strong>der</strong> seiner Entwicklungen lässt sich sehr<br />
leicht feststellen; <strong>die</strong>ser Vokal greift urn sich. So findet sich<br />
später noch ein analogisches ë 2 in <strong>der</strong> sog. sechsten Klasse z.B. <strong>im</strong><br />
Nie<strong>der</strong>ländjschen .9chiep "schuf" zu scheppen "schaffen", wies "wuchs"<br />
zu wassen "wachsen" (Verf., Tijdschr., 69, 47). In <strong>die</strong>sel' Sprache ist<br />
<strong>das</strong> lokale Produkt des ë 2 in <strong>die</strong> aIte e.Gruppe eingedrungen, wie aus<br />
hielp "half" zu helpen "helfen", dialektisch wier(d) "ward" zu worden<br />
"werden", wierp "warf" zu werpen "werfen" u.a. deutlich hervorgeht.<br />
Vgl. Steller, Altfri. Gra11/,. §§ 8, 9, jedesmal Arun. 1; Sievers·Brunner,<br />
Altengl. Gram. § 137,3 <strong>und</strong> § 395, Anm. 1. Für<strong>das</strong> Mittelnie<strong>der</strong>deutsche:<br />
Lasch, Mnd. Gram. § 65: Katara, Redupl. Verba <strong>im</strong> Ndd., 295.<br />
An<strong>der</strong>s: Heusier, Altisl. Elementarb. §§ 315 <strong>und</strong> 64.<br />
Noreen, Altschw. Gram., 448 <strong>und</strong> § 75: vgl. Karstien, Die redupl. Perf·,<br />
139.<br />
Holthausen, Alts. Elementarb. §§ 447-448: Katara, Redupl . . Verba <strong>im</strong><br />
Ndd., 62, ll4. .<br />
a.a.O., 93.<br />
A lts . . Elementarb. § 447.<br />
Lasch, Mnd. Gram. § ll4, Anm. I: Katara, Redupl. Verba <strong>im</strong> Ndd., ll4.<br />
a.a.O.: vgl. Lasch, Mnd. Gram. § 138, an<strong>der</strong>e Beispiele <strong>und</strong> Material<br />
bei Katara, insbeson<strong>der</strong>e seine Zusammenfassung (S. 291), <strong>die</strong> für<br />
meine Lösung spricht. Siehe noch meine Anm. ll5.<br />
Siehe oben (§ 41, I) : Franck, Altfränk. Gram. § 189.<br />
Altostfri. Gram. § 274, 0< <strong>und</strong> § 48. Vgl. <strong>der</strong>s., IF., 23, Ill.<br />
Vgl. auch Karstien, Die redupl. Perf. § 93.<br />
Altostfri. Gram., X.<br />
Ähnlicher (späterer) i.Übergang von e vor n + Konsonanten usw.<br />
findet sich auch <strong>im</strong> Mittelnie<strong>der</strong>1ändischen lmd ·nie<strong>der</strong>deutschen.<br />
Gesch. fri. Spr., 1219.<br />
Altfri. Gram. § 97.<br />
Siehe Literatur oben Anm. 103.<br />
73
119.<br />
120.<br />
121.<br />
122.<br />
123.<br />
124.<br />
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136.<br />
137.<br />
13l!.<br />
139.<br />
140.<br />
141.<br />
142.<br />
143.<br />
144.<br />
74<br />
Daunt, TrPhS., 1939, 108 f. bricht mit <strong>der</strong> alten Ansicht, aIs seien<br />
se. eo (zuruckgehend auf eine Kürze) <strong>und</strong> èo (zuruckgehend auf einen<br />
Diphthong) UBW. nur durch <strong>die</strong> Quantität verschieden gewesen (für<br />
<strong>die</strong>se Ansicht letztlich: Brosnaha.n, OU Engl. So<strong>und</strong> Changu, 57 f.).<br />
Für Daunt sind eo UBW. nur aIs kombinatoriache Varianten <strong>der</strong> über·<br />
einst<strong>im</strong>menden Kurzvokale zu betrachten. Vgl. MOBSé, Angl. du M. A.,<br />
J1 § 12. Zur Schrift Daunts siehe: Wrenn, TrPhS., 1943,32; SamueIs,<br />
TrPhS., 1952, 15 f. (mit Bibliographie); Daunt, TrPhS., 1952,48 f.;<br />
Brunner, Engl. Stud., 34, 247 f.<br />
Siehe jedoch Fla.s<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 282 f.; dabei Sievers-Brunner,<br />
Altengl. Gram. § 395, Arun. 1 <strong>und</strong> § 396, Arun. 1. Vgl. auch Kema,<br />
Lang., 13, 14: "the convention of printing Mold, a.s aIso bëonn, fëng<br />
etc., ha.s ariaen from a predilection for theories which <strong>der</strong>ive these<br />
forms from Gmc. ·hehald and the like by way of contraction ; there<br />
is no direct evidence in their favor a.s against Mold, flng , , " nor can<br />
anything be lea.rned from the study of their ME. continuants".<br />
Die redupl. Perf. § 101. .<br />
Anglia, 60, 287.<br />
An<strong>der</strong>s: siehe bei Karstien, Die redupl. Perf., <strong>die</strong> in Arun. 117 erwähnte<br />
Stelle; weiter z.B. Krogmann, Anglia, 57, 216 f., <strong>und</strong> 61, 356. Auch<br />
Kluge, Urgerm., 168. .<br />
Lang., 13, 14. Vgl. auch schon Janko, IF., 20 § 63 f.<br />
Ich möchte an <strong>die</strong>ser Stelle hinweisen auf da.s Buch von Sprenger,<br />
Prau. hist. <strong>und</strong> Praet. in <strong>der</strong> altisl. Saga, obschon <strong>die</strong> hier mitgeteilten<br />
Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Resultate nach eirier ganz an<strong>der</strong>en Seite hin zu betrachten<br />
sind.<br />
Diese Ansicht stützt <strong>die</strong> bekannte Erklärung durch Ausgleich, <strong>die</strong><br />
man findet bei Kluge, El. Gat. § 26, 4; Streitberg, Gat. Elementarb.<br />
§ 50 [1910 8 - 4 ] u.a.; vgl. jetzt auch Schwarz, Goten, Nordgerm., Angela.,<br />
106. Jellinek, Guch. gat. Spr. § 81 glaubt <strong>die</strong>s nicht. Auch an<strong>der</strong>s bei:<br />
Streitberg, Gat. Elementarb. § 49 [1920'-1]; Hirt, Handb. Urgerm., 11,<br />
143; Krause, Handb. Gat. § 61, 4.<br />
Kahle, Altisl. Elementarb. § 384, Anm. 1; Noreen, Altisl. altnorw.<br />
Gram. § 496; Karstien, Die redupl. Perf., 60-61, 154.<br />
Noreen, Altisl. altnorw. Gram. § 506, Arun. 1.<br />
Braune, AM. Gram. § 351, Arun. 3.<br />
Steller, Altfri. Gram., 64.<br />
Die redupl. Perf., 78 f.<br />
Holthausen, Alta. Elementarb. § 450; Ka.ratien, Die redupl. Perf., 78.<br />
a.a. 'evers-Brunner, Altengl. Gram. § 396, Anm. 10, auch § 89.<br />
Van Loey, Mnl. Spraakk., I § 75.<br />
Vgl. auch Janko, IF., 20 §§ 45, 46 <strong>und</strong> 48.<br />
Karstien, Die redupl. Perf. § 56.<br />
Braune, AM. Gram. § 354, Arun. 3.<br />
Die redupl. Perf. § 73.<br />
Vgl. Kema, Lang., 13, 13.<br />
PBB., 8, 287 f.<br />
Handb. Urgerm., 11, 163.<br />
Camp. Germ. Gram., 149.<br />
In dem r <strong>der</strong> sog. r·Präterita des Althochdeutschen sieht jetzt Lebmann,<br />
PIE. PIwn., 56 f. den Reflex eines LaryngaIs. Seine Erklärung bleibt<br />
aber sehr hypothetisch.<br />
Die redupl. Perf. §§ 109-121.<br />
74:
V<br />
URGERMANISCH UND GEMEINGERMANISCH<br />
§ 46. Wie man aus meiner obigen Auseinan<strong>der</strong>setzung hat<br />
ersehen können, habe ich "Urgermanisch" <strong>und</strong> "Gemeingermanisch"<br />
deutlich auseinan<strong>der</strong> gehalten. Obschon <strong>die</strong>se Termini schon lange<br />
vielfach gebraucht wurden, sind sie nicht <strong>im</strong>mer fest umschrieben 1),<br />
gerade weil bis jetzt noch zu wenig mit einer strukturellen Periodisierung<br />
o<strong>der</strong> Systemschichtung <strong>im</strong> älteren Germanischen gerechnet<br />
wurde. Durch meine Annahme einer urgermanischen e-a-Periode<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> auch daraus entstandene Erklärung <strong>der</strong> reduplizierenden<br />
Verba, konnte ich <strong>die</strong>sem Problem aber nicht entgehen; ich hatte<br />
mich also mit den vokalischen Systemen des älteren Germanischen<br />
zu beschäftigen. ûber den Vokalismus des vorgeschichtlichen<br />
Germanischen ist viel geschrieben 2), meist jedoch ohne Unterscheidung<br />
<strong>der</strong> Systemschichten. Sehr wichtig ist <strong>die</strong> werlvolle <strong>und</strong><br />
anregende Schrift Twaddells 3) Ü ber <strong>die</strong> strukturellen Systeme <strong>der</strong><br />
Kurzvokale <strong>im</strong> "Prehistoric Germapic". Darauf verweise ich<br />
ausdrücklich in Beziehung auf meine weitere Behandlung <strong>der</strong><br />
Kürzen. Für <strong>das</strong> Gotische kann ich auf eine ähnliche, gleichfalls<br />
wichtige Arbeit Moultons 4) zurückgreifen.<br />
§ 47. In <strong>der</strong> ältesten Zeit verliert sich <strong>das</strong> Urgermanische <strong>im</strong><br />
Indogermanischen; eine scharfe Grenze ist also nic~t zu ziehen.<br />
Einen konkreten Anhaltspunkt bietet erst <strong>die</strong> urgermanische e-a<br />
Periode, welche durch Zusammenfall von 0, a in a <strong>und</strong> 0, ä, in 0 sehr<br />
deutlich ein Viervokal<strong>system</strong> aufweist:<br />
Kürzen : i, e, a, u<br />
Längen: i , e, 0, Ü<br />
Für <strong>das</strong> Urgermanische nehme ich übrigens <strong>die</strong> phonologische<br />
Identität von i, j (1) einerseits <strong>und</strong> von u, y, (w) andrerseits an 6).<br />
Weil ich <strong>die</strong> sog. Diphthonge <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode<br />
ei, eu (<strong>das</strong>selbe geItend von ai, au) als Phonemgruppen (Standdiphthonge)<br />
e + j, e + y"<br />
a + j, a + y, charakterisierl habe, bedürfen<br />
<strong>die</strong>se in einer phonologischen Darstellung des urgermanischen<br />
Vokalismus ebensowenig einer selbständigen Erwähnung wie z.B.<br />
el (e + l) o<strong>der</strong> an (a + n).<br />
Die überhaupt einfache Struktur des urgermanischen Vokalismus<br />
<strong>der</strong> e-a-Periode weist gegenüber dem indogermanischen, wie er<br />
er zuletzt von Lehmann 8) aufgestellt wurde, einen ausgesprochen<br />
75
76<br />
konservativen Charakter auf. Der urgermanische Vokalismus<br />
unmittelbar vor <strong>der</strong> e-a-Periode wird demnach <strong>im</strong> grossen Ganzen<br />
noch indogermanisch gewesen sein 7) . Wie man unten noch sehen<br />
wird, hat <strong>die</strong> strukturelle Analyse des germanischen Konsonantismus<br />
schon den konservativen Charakter des älteren Germanischen<br />
herausgestellt, <strong>und</strong> zwar gegen <strong>die</strong> frühere Ansicht, als liege mit dem<br />
Germanischen etwas ganz N eues <strong>und</strong> ein von dem Indogermanischen<br />
stark abweichen<strong>der</strong> Typus vor.<br />
§ 48. Dass auch <strong>der</strong> Zusammenfall von idg. ä <strong>und</strong> ö zur urgermanischen<br />
e-a-Periode zu rechnen ist, <strong>und</strong> vielleicht als gleichzeitig<br />
mit dem ähnlichen übergang in dem Kürzen<strong>system</strong> (idg. 0 <strong>und</strong> a zu<br />
a) angesetzt werden darf, erscheint mir <strong>die</strong> beste Lösung.<br />
Zwar hat man auf Gr<strong>und</strong> des bei Caesar vorkommenden Silva<br />
Bäcenis, wozu ahd. Buochunna (vgl. lat. !agus), noch angenommen,<br />
idg. ö <strong>und</strong> ä seien zur Zeit Caesars noch geschieden gewesen 8).<br />
Die Bedeutung <strong>der</strong> Bäcenis-Form für eine solche Annahme wurde<br />
bereits <strong>im</strong> vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t von Hirt mit Recht bestritten;<br />
für ihn lag keltische Lautsubstitution für .. Böcenis vor 9). Dies ist<br />
sehr gut möglich, weil ö damals offen realisiert war. Die beste<br />
Formulierung findet sich jetzt bei Schwarz: "Da noch Caesar <strong>im</strong><br />
l.Jh.v.Ch. Bacenis für einen westdeutschen Wald schreibt, <strong>der</strong> um<br />
Fulda in späterer Zeit Buochunna < .. Bökonia "Buchenwald" heisst,<br />
ist <strong>im</strong> l.Jh.v.Ch. noch ein germ. Laut gesprochen worden, <strong>der</strong> <strong>im</strong><br />
Kelt. o<strong>der</strong> Lat. durch ä wie<strong>der</strong>gegeben werden konnte" 10).<br />
Vielleicht könnte man daran erinnern, <strong>das</strong>s ähnliche Vorgänge<br />
auch in an<strong>der</strong>en indogermanischen Sprachen wie z.B. <strong>im</strong> Balto<br />
Slavischen nachgewiesen worden sind 11), ab er viel ist m.E. daraus<br />
nicht zu ermitteln. Wichtiger scheint mir, was L. E. van Wijk<br />
inbetreff <strong>der</strong> Gleichzeitigkeit <strong>der</strong> übergänge o/a )a <strong>und</strong> ö/ä ) ö<br />
betont hat, nämlich : "Alles wijst erop, dat deze overgangen vroeg en<br />
gelijktijdig hebben plaats gehad; er zijn geen getuigenissen, <strong>die</strong> op<br />
een late overgang wijzen, terwijl de gelijktijdigheid voortvloeit uit<br />
de kelt. voorbeelden" 12).<br />
§ 49. Eine Charakterisierung <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode<br />
werde ich erst nach einem Vergleich mit <strong>der</strong> folgenden Periode, <strong>der</strong><br />
gemeingermanischen, tiefer durchführen können.<br />
Was ist denn eigentlich gemeingermanisch, <strong>das</strong> best<strong>im</strong>mt nicht<br />
zur urgermanischen e-a-Periode gehört? Diese Frage ist nach allem,<br />
was ich in den ersten drei Abschnitten erörtert habe, sehr leicht zu<br />
beantworten. Die Anfänge <strong>der</strong> Umlautserscheinung (e B- i; 0 ~ u)<br />
gehören selbstverständlich nicht zur urgermanischen e-a-Periode,<br />
sind aber sicher gemeingermanisch; <strong>die</strong> Erscheinung bildet sich<br />
76
77<br />
einzeldialektisch weiter aus. Sie ist <strong>die</strong> Einwirkung eines Vokals bzw.<br />
Semi-vokals <strong>der</strong> Folgesilbe auf <strong>die</strong> Stammsilbe. Es ist demnach eine<br />
bedingte Erscheinung, hervorgerufen durch den <strong>starken</strong> exspiratorischen<br />
Akzent, <strong>der</strong> sich gerade in <strong>der</strong> gemeingermanischen Periode<br />
auf <strong>die</strong> Stammsilbe konzentrierte, woraus sich <strong>die</strong> exspiratorische<br />
Anfangsbetonung entwickelte.<br />
Diese Dinge sind sehr wichtig, weil <strong>die</strong>ser dreiteilige Vorgang<br />
(1. Festlegung des Akzents auf eine best<strong>im</strong>mte Silbe; 2. Schwächung<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Silben ; 3. Einwirkung <strong>der</strong> abschwächenden Silben auf<br />
<strong>die</strong> betonten, d.h. Umlaut) <strong>im</strong> Germanischen ein neues Prinzip<br />
erzeugt, dessen Einfiuss sich bis heute fühlbar macht. lm Gemeingermanischen<br />
werden somit <strong>die</strong> vokalischen Gr<strong>und</strong>lagen ausgebildet,<br />
auf denen <strong>die</strong> altgermanischen Dialekte fussen. Der Übergang<br />
vom Urgermanischen mit seinem freien (indogermanischen)<br />
Akzent zum Gemeingermanischen mit seinem festen (germanischen)<br />
Akzent ist demnach hochbedeutsam. 13).<br />
•<br />
§ 50. Jetzt kann ich auf Twaddells Resultate hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Kürzen eingehen. Es ist jedoch eine vorausgehende Bemerkung zu<br />
machen. Twaddell arbeitet anscheinend mit <strong>der</strong> verbreiteten Ansicht,<br />
<strong>das</strong>s <strong>der</strong> e-i-Übergang unter Einfiuss <strong>der</strong> i-j-Bedingung <strong>der</strong><br />
Folgesilbe zu einer älteren Periode gehört als <strong>der</strong> von i zu e unter<br />
Einfiuss eines dunkien Vokals <strong>der</strong> Folgesilbe. Daher hat-er für <strong>die</strong><br />
älteste Schicht des Gemeingermanischen folgende TabelIe <strong>der</strong><br />
Kürzen aufgestellt 14):<br />
before resonant alone [e]<br />
before nasal consonant [i]<br />
before jr, Ij + consonant [e]<br />
before obstruent ji, jj [i]<br />
before obstruent + ju, aj [i] [e]<br />
Weil ich den Anfang des i-Umlauts <strong>und</strong> des a-Umlauts zu dem<br />
gleichen gemeingermanischen Zeitraum rechne, wenn auch <strong>die</strong><br />
betreffenden Übergänge in ihrem Ursprung nicht ganz synchronisch<br />
zu sein brauchen, möchte ich <strong>die</strong> obige Vorstellung nach meinen<br />
Ansichten folgen<strong>der</strong>massen umarbeiten.<br />
"Before resonant alone" darf als selbständige Position für <strong>die</strong>se<br />
Zeit beseitigt werden, weil - wenn es nicht urn einen doppelten<br />
Konsonantismus geht - <strong>die</strong> Bedingung <strong>der</strong> Folgesilbe jedenfalls als<br />
pr<strong>im</strong>är erscheint. Also :<br />
before nasal + consonant [i]<br />
before jr, Ij + consonant<br />
before obstruent + ji, jj [i]<br />
before obstruent + jaj<br />
before obstruent + juj<br />
77<br />
[e]<br />
[e]<br />
[i] [e]
78<br />
Eine phonologische Opposition bildeten somit i <strong>und</strong> e nur vor u<br />
<strong>der</strong> Folgesilbe. In an<strong>der</strong>en Fällen waren i <strong>und</strong> e in sog. "complementary<br />
distribution". Mein Schluss muss also demjenigen Twaddells<br />
völlig gleich blei ben. Man kann hier daher mit <strong>die</strong>sem fragen :<br />
.,Were jij and jej on the way to becoming a single phoneme?" 15).<br />
Bei ujo liess sich <strong>die</strong> Sache vielleichter lösen. Im Urgermanischen<br />
kam, wie gesagt, nur u als Phonem vor, wobei selbstverständlich<br />
<strong>im</strong>mer eine (kombinatorische) o-Variante auftreten konnte. Durch<br />
<strong>die</strong> Umlautserscheinung ist <strong>im</strong> Gemeingermanischell an <strong>die</strong>s er<br />
phonologischen Situation anfänglich nichts geän<strong>der</strong>t, nur weiss man,<br />
daas jetzt in bedingter Position eine kombinatorische 0-Variante<br />
tatsächlich vorkommen musste. Mit Twaddell kann man also<br />
feststellell, <strong>das</strong>s u <strong>und</strong> 0 nur in sog. "complementary distribution"<br />
stehen, da vor dunklem Vokal nur 0, in allen an<strong>der</strong>en Fällen <strong>im</strong>mer<br />
u auftritt. Sie bilden keine phonologische Opposition. Allein kann<br />
ich auf Gr<strong>und</strong> meiner Erörterung <strong>im</strong> dritten Abschnitt den Anfang<br />
des a-Umlauts zur gemeingermanischen Periode, also auch zum<br />
Vorgotischen rechnen. Diese Frage liess Twaddell noch unbeantwortet,<br />
aber er sagte doch schon sehr vorsichtig: "This development<br />
of a low allophone [0] was a phonetic change, a change<br />
in pronunciation, which involved no structural disturbances. Like<br />
most phonetic changes, it presumably started in one community<br />
and spread: the isogloss expanded. In this case, the isogloss expanded<br />
to the extent of all the Preh. Gmc. dialects except Pre<br />
Gothic. (Perhaps even Pre-Gothic was affected; we have no way of<br />
telling ... )" 16).<br />
Das Kürzen<strong>system</strong> des Urgermanischen ist somit hier erhalten,<br />
nur scheint <strong>die</strong> Opposition i-e in einen labilen Zustand geraten zu<br />
sein. Wenn e auch vor u <strong>der</strong> Folgesilbe zu i geworden wäre, so hätten<br />
wir ein symmetrisches Bild von drei Phonemen gef<strong>und</strong>en; <strong>die</strong>ser<br />
Übergang findet sich zwar, wie man oben (§ 18 f.) gesehen hat, aber<br />
erst in späterer Zeit, d.h. einzeldialektisch, so daas man für <strong>das</strong><br />
älteste Gemeingermanische doch nur ein Viervokal<strong>system</strong> annehmen<br />
kann.<br />
Hieraus haben sich <strong>die</strong> einzeldialektischen Kürzen<strong>system</strong>e ausgebildet.<br />
Das Gotische setzt ein vorgotisches System voraus, in dem<br />
Zusammenfall von i <strong>und</strong> e zu einem Phonem stattfand. Das vorgotische<br />
Kürzen<strong>system</strong> ist also mit Moulton 17) <strong>und</strong> Twaddel 18 ) als<br />
dreivokalisch (i, a, u) anzusetzen. Die ursprünglichen Bedingungen<br />
zu kombinatorischen Varianten wurden hier durch spätere ersetzt,<br />
nämlich h, Iv, r. Wie Moulton dartut, sind <strong>im</strong> Bibelgotischen <strong>die</strong> vor<br />
h, Iv, rentstandenen e-(ai-) <strong>und</strong> o-(au-)Varianten zu Phonemen<br />
geworden 111) ; hier liegt also wie<strong>der</strong> ein Fünfvokal<strong>system</strong> vor<br />
(i, e, a, 0, u).<br />
78
79<br />
Die nord- <strong>und</strong> westgermanischen Dialekte setzen ein Fünfvokal<strong>system</strong><br />
voraus (i, e, a, 0, u) 20), <strong>das</strong> sich aus dem Viervokal<strong>system</strong><br />
des ältesten Gemeingermanischen entwickelt hat, gerade dadurch<br />
<strong>das</strong>s <strong>die</strong> kombinatorische o-Variante sich zu einem Phonem ausbildete.<br />
Die Entwicklung <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen ist also<br />
an<strong>der</strong>en Wegen gefolgt als <strong>das</strong> Gotische, denn ein Zusammenfall<br />
von e <strong>und</strong> i ist <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen nirgendwo <strong>und</strong><br />
durch nichts nachzuweisen. Für jüngere Entwicklungen darf ich<br />
auf <strong>die</strong> Schrift Twaddells·verweisen.<br />
Auch in gemeingermanischer Zeit entstanden <strong>die</strong> ersten germanischen<br />
nasalierten Vokale i, à, U, (i + n + h usw.), <strong>die</strong> m.E. zu<br />
jener Zeit als kombinatorische Varianten <strong>der</strong> Kürzen zu betrachten<br />
sind.<br />
Auch <strong>im</strong> Gemeingermanischen sind iu, eu(eo) usw. als Phonemgruppen<br />
(Standdiphthonge) zu sehen.<br />
§ 5l. Das urgermanische Längen<strong>system</strong> erscheint also als viervokalisch<br />
: i, ë, ö, u. Die Umlautserscheinung hat hier jedoch<br />
eine Umbildung hervorgerufen. In bedingter Position wurde <strong>der</strong><br />
urgermanische sog. Diphthong ei bereits <strong>im</strong> ältesten Gemeingermanischen<br />
zu ë d.h. ë 2 , wodurch <strong>das</strong> System eine neue Länge bekam.<br />
Der Zusammenfall von ë 2 <strong>und</strong> ë 1 ist deutlich einzeldialektisch<br />
(Gotisch <strong>und</strong> teilweise Nordseegermanisch) <strong>und</strong> schon' deswegen<br />
jünger. Man muss also folgendes gemeingermanische Längen<strong>system</strong><br />
a.ufstellen:<br />
i<br />
Ü<br />
(ë2=)ë<br />
ö<br />
(ël=)ái<br />
§ 52. Ein Punkt ist noch zu erörtern. Wenn es richtig ist, <strong>das</strong>s<br />
<strong>der</strong> übergang 0 ) a in nichthaupttoniger Silbe sich später als in<br />
haupttoniger vollzogen hat - <strong>und</strong> wohl hat man GrÜllde zu einer<br />
solchen Annahme 21) - dann musste schon <strong>im</strong> Anfang <strong>der</strong> e-a<br />
Periode, d.h. als 0 in haupttoniger Position zu a wurde, <strong>die</strong> Stammsilbe<br />
<strong>die</strong> psychologische Schwerkraft bzw. einen stärkeren Akzent<br />
innehaben. Das Vorkommen von 0 neben a erscheint zu jener Zeit<br />
als eine kombinatorische Differenzierung auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Akzentuation.<br />
Wenn sich schon dam als <strong>der</strong> Ansatz <strong>der</strong> neuen Akzentuation<br />
spüren lässt, so ist daraus zu folgern, <strong>das</strong>s be<strong>im</strong> Eintritt <strong>der</strong><br />
e-a-Periode <strong>die</strong> Entwicklungen nach dem Vernerschen (<strong>und</strong> also a.uch<br />
nach dem Gr<strong>im</strong>mschen) Gesetz 22) vollzogen waren o<strong>der</strong> wenigstens<br />
Bich zu vollziehen <strong>im</strong> Begriff waren. Die Bestätigung findet sich in<br />
<strong>der</strong> einzigen Inschrift <strong>der</strong> e-a-Periode, nämlich Harigasti Teiwa.<br />
79
80<br />
Das Stammsilbenbewusstsein <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode hat<br />
jedoch <strong>das</strong> Silbengleichgewicht nicht wesentlich gestört, was beweisen<br />
könnte, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> alte Intonationsweise noch nicht unmittelbar<br />
aufgegeben wurde. Doch sind <strong>die</strong> frühesten Apokopierungen<br />
wahrscheinlich bereits zu <strong>die</strong>ser Zeit zu rechnen. Jedenfalls könnte<br />
man demnach folgen<strong>der</strong> Aussage Boers zust<strong>im</strong>men: "Er heeft niet<br />
een gewelddadige verspringing of verschuiving van het accent plaats<br />
gehad, maar naast het oude, dat ,op gewoonte berustte, kwam een<br />
nieuw accent op, uit an<strong>der</strong>e behoeften geboren" 23). Man kann sich<br />
jetzt leichter <strong>die</strong> allmähliche Entwicklung von einer Intonationsweise<br />
zu <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, also vom Urgermanischen zum Gemeingermanischen<br />
vorstellen. Wenn auch <strong>das</strong> Urgermanische <strong>und</strong> <strong>das</strong> Gemeingermanische<br />
einan<strong>der</strong> gegenüber stehen, so erscheint <strong>der</strong><br />
übergang von dem einen Zeitraum zu dem an<strong>der</strong>en nicht eine<br />
schroffe Spaltung, ein Bruch zu sein. Man könnte woW sagen: mit<br />
<strong>der</strong> e-a-Periode bereitete sich <strong>das</strong> Urgermanische auf <strong>das</strong> Gemeingermanische<br />
vor.<br />
§ 53. Zusammenfassend sind <strong>die</strong> zwei Perioden folgen<strong>der</strong>massen<br />
zu charakterisieren:<br />
1. Das Urgermanische, in dem <strong>die</strong> e-a-Periode <strong>das</strong> letzte<br />
Stadium vertritt, hatte, vorläufig nur vokalisch gesprochen, seinen<br />
indogermanischen Charakter noch nicht verloren. Die Silben waren<br />
<strong>im</strong> allgemeinen equilibriert <strong>und</strong> autonom, <strong>und</strong> deswegen findet sich<br />
hier nicht <strong>der</strong> bedingte Lautwandel <strong>der</strong> gemeingermanischen<br />
Periode, sondem ein spontaner Lautwandel von 0 zu a <strong>und</strong> ij zu Ö.<br />
Aber <strong>die</strong> Stammsilbe bekam schon in <strong>der</strong> e-a-Periode eine psychologische<br />
Hauptbedeutung, <strong>die</strong> daher allmählich den exspiratorischen<br />
Akzent mehr auf sich konzentrieren konnte. Zum relativ-equilibrierten<br />
Charakter <strong>der</strong> Silben st<strong>im</strong>mt - wenigstens für <strong>die</strong> ältere<br />
Zeit - ein freier Akzent, <strong>der</strong> seine Spuren <strong>im</strong> Vemerschen Gesetz<br />
hinterlassen hat. Dieses wie auch <strong>das</strong> Gr<strong>im</strong>msche Gesetz hat <strong>im</strong><br />
Urgermanischen am wahrscheinlichsten vor <strong>der</strong> e-a-Periode gewirkt.<br />
Schon in <strong>die</strong>sem Zeitraum gab es dialektische Unterschiede.<br />
2. Die gemeingermanische Zeit, in <strong>der</strong> <strong>die</strong> Sprache <strong>im</strong>mer mehr<br />
ihre Einheit einbüsst, kennzeichnet sich durch <strong>die</strong> Vollziehung <strong>der</strong><br />
Akzentrevolution: <strong>die</strong> Festlegung "eines <strong>starken</strong> exspiratorischen<br />
Akzents auf <strong>die</strong> Stammsilbe, welche <strong>die</strong> Anfangsbetonung mit sich<br />
brachte. Daraus entstand eine Schwächung <strong>der</strong> Folgesilbe, insbeson<strong>der</strong>e<br />
ihres Vokalismus, mit Umfärbung des Stammvokalismus als<br />
Korrelationswirkung jener Schwächung (Umlaut). Dies stellt in<br />
erster Linie bedingten Lautwandel dar, obschon selbstverständlich<br />
spontaner Lautwandel nicht ausgescWossen ist. Das Autonom-sein<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> equilibrierte Charakter <strong>der</strong> Silben verschwand. Die Vollzie-<br />
80
81<br />
hung <strong>der</strong> Akzentrevolution, <strong>die</strong> meiner wie an<strong>der</strong>er Erörterung nach<br />
ziemlich spät stattgef<strong>und</strong>en hat, d.h. urn den Anfang unserer<br />
Zeitrechnung, gab alImählich dem germanischen Vokalismus sein<br />
eigenes Gepräge.<br />
'<br />
3. Hinsichtlich <strong>der</strong> Auflösungszeit des "Konsonanten<strong>system</strong>s<br />
von indogermanischem Aufbau" kam Fourquet zu ähnlichen<br />
Schlüssen: "Nicht <strong>die</strong> 1. LV. (Lautverschiebung), sofern man sie auf<br />
<strong>die</strong> zwei ersten Vorgänge beschränkt, ist eine gewaltige Umwälzung,<br />
woraus ein neuer, spezifisch germanischer Typus entsteht. Verners<br />
Gesetz macht uns darauf aufmerksam, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> urg. nach <strong>der</strong> 1. LV.<br />
eine Sprache mit freiem Akzent war. was eben den idg. Typus<br />
kennzeichnet. Die Periode vom Urgerm. zum Altgerm. dagegen ist<br />
nicht nur <strong>die</strong> <strong>der</strong> Auflösung des Konsonanten<strong>system</strong>s von idg. Aufbau,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> <strong>der</strong> Anfangsbetonung <strong>und</strong> einer FülIe von nichtidg.<br />
Erscheinungen, vom Umlaut bis zur Verschiebung <strong>der</strong> Silbengrenze,<br />
<strong>die</strong> vielleicht zusammenhängen ; <strong>die</strong> Periode <strong>der</strong> Geminierung<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Lenierung. Hier ist <strong>die</strong> gewaltige Umwälzung". Und<br />
weiter : "Die 1. LV. <strong>im</strong> engeren Sinne m üsste dann <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />
dialektischen Differenzierung des noch zusammenhängenden idg.<br />
zugewiesen werden" U).<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. Vgl. S. 7, Anm. 7.<br />
2. Siehe z.B. bei L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. StamsyUaben.<br />
3. Lang., 24, 139 f.<br />
4. Lang., 24, 76 f.<br />
5. Vgl. auch S. 4/S. Anm. 74.<br />
6. PIE. Phon., 99; <strong>der</strong>s., JEGPh., 52, 146.<br />
7. Der konservative Charakter des älteren germa.nischen Vokalismus<br />
spricht m. E. am deutlichsten aus <strong>der</strong> phonologischen Natur <strong>der</strong> sog.<br />
Diphthonge.<br />
8. Streitberg, Urgerm. Gram. § 59, a. Auch bei Prokosch, Camp. Germ.<br />
Gram., 94 <strong>und</strong> 103. Vgl. Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Formenl. des AUisl.<br />
§ 22 <strong>und</strong> seine TabelIe S. 172.<br />
9. PBB., 23, 318. Vgl. auch Hirt, Handb. Urgerm., J, 32.<br />
10. Goten, Nordgerm., Angels., 21; vgl. auch S. 24, 57.<br />
11. Siehe S. 19, Anm. 3.<br />
12. Klinkers Oergerm. StamsyUaben. 36-37.<br />
13. Die Wichtigkeit <strong>die</strong>ses Vorganges wie such dessen Zeit hat schon<br />
Meillet (Caract. Lang. Germ., 61 f., 72 f.) deutlich erka.nnt, wenn er<br />
auch eine Schichtung des älteren Germanischen nicht "<strong>system</strong>atisch"<br />
durchzuführen versucht hat. Lei<strong>der</strong> hat <strong>die</strong>s zur Ansicht geführt, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> Germanische überhaupt keine konservative Sprache war.<br />
14. Lang., 24, 142. Bei "before resonant alone" wird von Twaddell nur e<br />
angesetzt, doch gibt es einen Fall wie *wiraz, dessen idem System<br />
Twaddells nach hierher gehört; a-Umlaut rechnet er doch zu einer<br />
folgenden Periode. Zwar hat er (S. 141) noch angemerkt: "jij before<br />
81
82<br />
resonants was at beat very rare, if indeed the combination ever occurred ".<br />
15. a.a.O.<br />
16. a.a.O., 144.<br />
17. Lang., 24, 80.<br />
18. Lang., 24, 143.<br />
19. Lang., 24, 80-81.<br />
20. Twaddell, Lang., 24, 143 f.<br />
21. Man folgert <strong>die</strong>s gewöhnlich aus <strong>der</strong> sog. Bewahnmg des alten 0 in <strong>der</strong><br />
Kompositionsfuge <strong>und</strong> "dem Ver~alten finniBcher Lehnwörter" (vgl.<br />
z.B. Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 39, 48 f., 53), doch sind <strong>die</strong>s<br />
für mich nicht sehr überzeugende Beweise. Ein mehr zutreffendes<br />
Argument könnte <strong>das</strong> Verhalten des altem ·om· <strong>im</strong> Dativ Plural in den<br />
Dialekten sein: an. degom, ahd. tagum, ·om, se. dagum usw. gegenüber<br />
got. dagam. Der betreffende Unterschied ist zu erklären durch ein<br />
längeres Erhaltenbleiben des alten 0 in unbetonter Silbe (vgl. Schwarz,<br />
a.a.O., 74, 260). Daas <strong>die</strong>ser Vorgang hier gerade vor m begegnet, ist<br />
von kainer beson<strong>der</strong>en Bedeutung, da m in <strong>der</strong> Haupttonsilbe keinen<br />
solchen Einfluss aufweist.<br />
22. Daas <strong>das</strong> Vernersche Gesetz den musikaliachen Akzent voraussetzt, iat<br />
unwahrscheinlich; vgl. dazu Russer, Germ. Klankversch., 115 f. (mit<br />
Literatur) 207 f.<br />
23. Oergerm. Handb., 18.<br />
24. ZfM., 22. 32-33. Siehe noch <strong>der</strong>s., Mm. ConB. du germ., 74-75 <strong>und</strong> vgl.<br />
Lehmann, JEGPh., 52, 140 f.<br />
82
LITERATURVERZEICHNIS<br />
Nur <strong>die</strong>jenigen Schriften (auch Teile eines Buches) <strong>und</strong> Ausgaben, welche<br />
oben ausdrücklich erwähnt sind, werden hier aufgenommen; nicht ver·<br />
zeichnet sind jedoch Aufsätze aus Zeitschriften, <strong>die</strong> unter den Abkürzungen<br />
zitiert sind.<br />
F. Althe<strong>im</strong>-E. Trautmann, Vam Ursprung <strong>der</strong> Runen, Frankfurt a.M., 1939.<br />
F. Althe<strong>im</strong>-E. Trautmann-Nehring, K<strong>im</strong>bern <strong>und</strong> Runen, Berlin, 1942.<br />
O. Behaghel, Geschichte <strong>der</strong> deutsclten Sprache [1898 ' ], Gr<strong>und</strong>r., I, Stra.ss·<br />
burg, 19011, 650 f.<br />
R. C. Boer, Oudnoorsch Handboek, Haarlem, 1920.<br />
---, Oergermaansch Handboek, Haarlem, 1924'.<br />
J. S. H. Boersma, De Friesche Oorkonden uit het Archief van het St. Anthony.<br />
Gasthuis te Leeuwarden. 11. Een Bijdrage tot de Kennis <strong>der</strong> historische<br />
Grammatika van het Westfriesch, Diss. Aw.sterdam, 1939.<br />
E. von Borries, Das erste Stadium des i·Umlauts <strong>im</strong> Germanischen, Diss.<br />
Stra.ssburg, 1887.<br />
W. Braune, Althochdeutsche Grammatik, bearbeitet von W. Mitzka, Tübingen,<br />
1953 8 •<br />
J. Brendum-Nielsen, Gammeldansk Grammatik, I, Kebenhavn, 1950'.<br />
L. F. Brosnahan, Sorne OU English So<strong>und</strong> Ohanges, Diss. Leiden, Cambridge,<br />
1953.<br />
K. Brugmann, Gr<strong>und</strong>riss <strong>der</strong> vergleichenden Grammatik <strong>der</strong> indogermanischen<br />
Sprachen, I, Stra.ssburg, 1897; 11, 3 Teile, 1906, 1911, 1916. Zweite<br />
Bea.rbeitung.<br />
B. Collin<strong>der</strong>, Die urgermani8chen lehnwörter <strong>im</strong> finnischen, Skr. utg. av<br />
Kungl. Hum. Vetenskap.Samf<strong>und</strong>et i Uppsala, 28 : 1, 1932. Supple.<br />
ment <strong>und</strong> wortindex, Skr ...., 34 : 3, 1941.<br />
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1. ZeiUchriften<br />
ABKüRZUNGEN<br />
Anglia Anglia. Zeitschrift für englische Philologie.<br />
APhS. Acta Philologica Scandinavica. Tidsskrift for nordisk Sprog.<br />
forskning.<br />
Archiv Archiv für <strong>das</strong> Studium <strong>der</strong> neueren Sprachen <strong>und</strong> Litera..<br />
turen.<br />
Arkiv Arkiv for (för) nordisk filologi.<br />
BB.<br />
(Bezzenberger) Beiträge zur K<strong>und</strong>e · <strong>der</strong> indogermanischen<br />
Sprachen.<br />
Eng!. Stud. English Stu<strong>die</strong>s. A Joumal of English Letters and Philology.<br />
FuF. Finnisch-ugrische Forschungen. Zeitschrift für finnischugrische<br />
Sprach. <strong>und</strong> Volksk<strong>und</strong>e.<br />
IF.<br />
Indogermanische Forschungen.<br />
JEGPh. The J ournal of English and Gennamc Philology. In den<br />
ersten fünf Bändem: The J ournal of Germanic Philology.<br />
KZ.<br />
(Kuhn) Zeitschrift für vergleichende Sprachforachung.<br />
Lang. Language. J ournal of the Linguistic Society of America.<br />
Leuv. Bijdr. Leuvensche Bijdragen op het gebied van de Germaansche<br />
Philologie en in 't bijzon<strong>der</strong> van de Ne<strong>der</strong>lsndsche dialektk<strong>und</strong>e;<br />
seit 1921 : Leuvens(ch)e Bijdragen. Tijdschrift voor<br />
Mo<strong>der</strong>ne Philologie.<br />
MLN. Modem Language N otee.<br />
NTS. N orsk Tidsskrüt for Sprogvidenskap.<br />
PBB. (Pau!, Braune) Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> deutschen<br />
Sprache <strong>und</strong> Literatur. .<br />
Stud. Neoph. Studia Neophilologica. A Journal of Gennanic snd Romanic<br />
Tijdschr.<br />
TrPhS.<br />
ZfdA.<br />
ZfM.<br />
ZfÖG.<br />
Philologr..<br />
Tijdschrift voor Ne<strong>der</strong>lands(ch)e Taal-<br />
Transactions of the Philological Society.<br />
Zeitschrift für deutsches Altertum.<br />
Zeitschrift für M<strong>und</strong>artforschung.<br />
Zeitschrift für <strong>die</strong> österreichischen Gymnasien.<br />
2. Sprachen<br />
se. altenglisch.<br />
afri. altfriesisch.<br />
agutn. altgutnisch.<br />
ahd. althochdeutsch.<br />
ai. altindisch.<br />
aks!. altkirchenslavisch.<br />
alat. altlatein.<br />
sn. altnordisch.<br />
as. altsächsisch.<br />
aschw. altschwedisch.<br />
6. finnisch.<br />
genn. gennanisch.<br />
ggenn. gemeingennanisch.<br />
got. gotisch.<br />
87<br />
~.<br />
ldg.<br />
lat.<br />
lito<br />
mhd.<br />
mnd.<br />
mnl.<br />
ndd.<br />
ndl.<br />
nhd.<br />
nofri.<br />
nwfri.<br />
urgenn.'<br />
urn.<br />
westgenn.<br />
en Letterk<strong>und</strong>e.<br />
griechisch.<br />
indogen:nanisch.<br />
latein.<br />
litauisch.<br />
mittelhochdeutsch.<br />
mittelnie<strong>der</strong>deutsch.<br />
mittelnie<strong>der</strong>ländisch.<br />
nie<strong>der</strong>deutsch.<br />
nie<strong>der</strong>ländisch.<br />
neuhochdeutsch.<br />
neuostfriesisch.<br />
neuwestfriesisch.<br />
urgennanisch.<br />
urnordisch.<br />
westgen:nanisch.
INHALT<br />
EINFÜHRUNG . • . . . . . . . • • . . • . . . . . . . . . . '.. 5<br />
s.<br />
I. DIE FUNXTIONELLE GRUPPIERUNG DER BOG. BTARKEN VERBA IM<br />
URGERMANIBCHEN (§§ 1-6) ....... .<br />
11. DIE URGERMANlSCHE e-{z·PERIODE (§§ 7-10)<br />
111. DER URSPRUNG DES SOG. ë l (§§ 11-28) .<br />
IV. DIE REDUPLIZIERENDE KLASSE (§§ 29-45)<br />
V. URGERMANISCH UND GEMEINGERMANlSCH (§§ 46-53) .<br />
LITE.RATURVERZEICHNIS<br />
ABKÜRZUNGEN . • • •<br />
8<br />
15<br />
22<br />
47<br />
75<br />
83<br />
87<br />
88