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das system der starken verba und die periodisierung im ... - DWC

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MEDEDELINGEN DER KONINKLIJKE NEDERLANDSE<br />

AKADEMIE VAN WETENSCHAPPEN,AFD. LETTERKUNDE<br />

NIEUWE REEKS - DEEL 19 - No. 1<br />

DAS SYSTEM DER STARKEN VERBA UND<br />

DIE PERIODISIERUNG IM ÄLTEREN<br />

GERMANIseREN<br />

FR. VAN COETSEM<br />

N.V. NOORD·HOLLANDSCHE UITGEVERS MAATSCHAPPIJ<br />

AMSTERDAM-1964<br />

ZWEITER DRUCK


Prof Dr L. Grootaers<br />

<strong>und</strong><br />

Prof Dr K. Heeroma<br />

in Dankbarkeit<br />

zugeeignet


Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Herren zu danken, <strong>die</strong><br />

mir auf irgendeine Weise, insbesoll<strong>der</strong>e durch Nachlesen des<br />

Manuskripts, behilftich gewesen sind.<br />

Mein erster Gedanke geht zu Prof. Grootaers, dem väterlichen<br />

Fre<strong>und</strong>, dem ich meine wissenschaftliche Ausbildung verdanke <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> auch nachher <strong>im</strong>mer meinem Weg schützend gefolgt ist. Ihm<br />

zur Seite sehe ich Fre<strong>und</strong> Heeroma, <strong>der</strong> von Anfang an ein enthusiastisches<br />

Interesse für meine Arbeit gezeigt hat; dem hier <strong>im</strong><br />

vierton Abschnitt mitgeteilten Erklärungsversuch <strong>der</strong> redupliûerenden<br />

Klasse liegt sogar eine Suggestion von ihm zugr<strong>und</strong>e.<br />

Auch Dr A. Hakers (Nordhorn-Hesepe, Deutschland) bin ich zu<br />

grossem Dank vel'pftichtet; er hat <strong>die</strong> ganze Schrift mit Rücksicht<br />

auf <strong>die</strong> Sprachpftege durchgelesen.<br />

Prof. Dr G. B. van Haeringen <strong>und</strong> Dr M. Schönfeld verdanke<br />

ich <strong>die</strong> Aufnahme meiner Schrift in den Mededelingen <strong>der</strong> Konink-<br />

1 ij ke N e<strong>der</strong>landse A kademie van Wetenschappen.<br />

Meine Anerkennung ver<strong>die</strong>nen noch: Prof. Dr R. Derolez, <strong>der</strong><br />

mir seine Bemerkungen <strong>und</strong> auch Literatur fre<strong>und</strong>licherweise<br />

mitgeteilt hat ; Prof. Dr K. F okkema, mit dem ich <strong>die</strong> hier begegnenden<br />

friesischon Probleme erörtet habe ; Prof. Dr W. Moulton<br />

(Ithaca, New York), <strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e meine Aufmerksamkeit auf<br />

<strong>die</strong> ihbeiten Twaddells lenkte ; Dr F. de Tollenaere für bibliographische<br />

Auskunft.<br />

Schliesslich gebührt mein Dank Dr R. Lievens, <strong>der</strong> <strong>die</strong> anstrengende<br />

Korrekturarbeit zum grössten Teil übernommen hat.<br />

Zum zweiten Druck<br />

Der erste Druck <strong>die</strong>ser Arbeit wurde 1956 veröffentlicht. Gewisse<br />

Teile ei niger Abschnitte hätten für <strong>die</strong> zweite Auflage geän<strong>der</strong>t<br />

o<strong>der</strong> ergänzt werden müssen. Dazu habe ich nicht <strong>die</strong> Gelegenheit<br />

gehabt, da durch ein Missverständnis <strong>der</strong> zweite, photomechanische<br />

Druck (1964), ohne mein Mitwissen erschienen ist. Für<br />

<strong>die</strong> Forschung nach 1956 wei se ich jetzt auf meine Behandlung<br />

des Germanischen <strong>im</strong> kleinen Gr<strong>und</strong>riss <strong>der</strong> germanischen Philologie<br />

(W. de Gruyter, Berlin) hin, <strong>der</strong> voraussichtlich bald erscheinen<br />

wird.<br />

Februar 1967<br />

FR. VAN COETSEM


EINFüHRUNG<br />

In <strong>die</strong>ser Schrift wird versucht, bekannte Probleme <strong>der</strong> Altgermanistik<br />

auf Gr<strong>und</strong> einer gemässigten strukturalistischen<br />

Methode zu lösen. Amerikanische Fachgenossen haben für <strong>die</strong><br />

phonologische Untersuchung <strong>der</strong> älteren Schichten, insbeson<strong>der</strong>e<br />

des Germanischen, schon eine wirklich zweck<strong>die</strong>nliche Forschungsweise<br />

ausgearbeitet 1). Deutschland ist in <strong>die</strong>sem Teil <strong>der</strong> Germanistik<br />

~~emlich rückständig geblieben; aber auch hier vollzieht sich eine<br />

An<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ansichten. Kennzeichnend für den Umschwung unter<br />

den Forschern <strong>der</strong> Altgermanistik ist jedenfalls <strong>die</strong> Äusserung<br />

Krauses: "Während für eine tote Sprache wie <strong>das</strong> Gotische eine<br />

phonetische Beschreibung <strong>der</strong> Laute ausgeschlossen ist, lässt sich<br />

<strong>das</strong> phonologische System mit einiger Wahrscheinlichkeit aufstellen"<br />

2).<br />

In meiner Orientierung braucht man nicht eine Verneinung <strong>der</strong><br />

früheren Forschung zu sehen, denn ohne <strong>die</strong>se wäre meine Schrift<br />

ganz <strong>und</strong> gar <strong>und</strong>enkbar. Aus meinen Anmerkungen ulld dem<br />

Literaturverzeichnis ist auch deutlich zu entnehmen, wieviel ich<br />

<strong>der</strong> älteren Forschung verdanke; früher geäusserte Gedanken o<strong>der</strong><br />

Ansichten werden hier öfters erwähnt, nicht als Wie<strong>der</strong>holungen,<br />

son<strong>der</strong>n als Bestätigung, <strong>das</strong>s manches schon lange gesagt worden<br />

ist <strong>und</strong> noch gut zu unseren heutigen Ideen passt.<br />

Obschon Karstien, Die redupl. Perf. <strong>und</strong> L. E. van Wijk, Klinkers<br />

Oergerm. Stamsyllaben manches Mal an<strong>der</strong>e Ansichten als ich<br />

verkündigen <strong>und</strong> überhaupt von einer an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>lage als ich<br />

ausgehen, möchte ich hervorheben, daas <strong>die</strong>se Schriften für mich<br />

wertvolle Vorstu<strong>die</strong>n gewesen sind, ohne welche mir <strong>die</strong> Untersuchung<br />

manches Problems sehr erschwert gewesen wäre. Dennoch<br />

wurde mir <strong>der</strong> empfindliche Mangel an phonologischen Gesamtdarstellungen<br />

des Altnordischen, Althochdeutschen, Altenglischen usw.<br />

sehr fühlbar, obgleich <strong>die</strong> Arbeiten von Twaddell <strong>und</strong> Moulton 3)<br />

einigermassen <strong>die</strong> Lücke ausfüllen kOImten. Diese Lücken zu<br />

schliessen sollte doch eine nächstliegende Aufgabe sein! Die<br />

Laryngaltheorie, welche unten noch zur Sprache gebracht wird,<br />

ist schon wie<strong>der</strong>holt zur Lösung alter Pro bIe me <strong>der</strong> Germanistik<br />

herangezogen, so neulich noch von Lehmann in einer wirklich<br />

anregenden Arbeit 4). Vielleicht kann man von <strong>die</strong>ser Theorie viel<br />

halten, wenn ich dab ei auch vermute, <strong>das</strong>s sie in ihrem sehr grossen<br />

Eifer allzu viel erklären möchte, auch fast alle wichtigen Probierne,<br />

urn <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> früheren Germanistengeschlechter vergebens<br />

bemüht haben. Aber "if this were so, it would not disqualify the<br />

5


6<br />

theory. False extensions of a theory do not alter its validity" 6).<br />

Eine zutreffende überschrift zu finden, hat mich wirklich Mühe<br />

gekostet, vor allem deswegen, weil hier Gebiete <strong>der</strong> Laut- <strong>und</strong><br />

Formenlehre herangezogen wurden, <strong>die</strong> <strong>im</strong> allgemeinen nicht<br />

zusammenbehandelt werden. Auf keine an<strong>der</strong>e Weise konnte ich<br />

aber <strong>die</strong> hier vorgeführten Probleme erörtern, denn - so hat<br />

Streitberg angemerkt - "Laut- <strong>und</strong> Formenlehre sind überall eng<br />

mit einan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en. Am engsten in den Sprachen, wo infolge<br />

<strong>der</strong> Zurückziehung des Akzentes <strong>die</strong> sogenannten Auslautgesetze in<br />

höherm Maass zerstörend <strong>und</strong> umgestaltend eingewirkt haben" 6).<br />

Obschon <strong>die</strong> verschiedenen Abschnitte auf den ersten Blick in<br />

keinerlei Beziehung zu einan<strong>der</strong> zu stehen scheinen, wird eine<br />

gründliche Lektüre feststellen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> ersten vier Abschnitte ganz<br />

organisch auseinan<strong>der</strong>gewachsen sind. Der fünfte hat den Zweck,<br />

<strong>der</strong> Periodisierung Urgermanisch-Gemeingermanisch eine konkrete<br />

Unterlage zu verleihen - steht <strong>die</strong>s doch <strong>im</strong> Einklang mit<br />

einer strukturalistischen Methode -, <strong>und</strong> weiter sehen zu lassen,<br />

<strong>das</strong>s meine Resultate gut mit dem zusammenst<strong>im</strong>men, was an<strong>der</strong>swo<br />

erkannt wurde.<br />

Unabhängig von dem Problem <strong>der</strong> Periodisierung ist noch über<br />

<strong>die</strong> hier angewandten <strong>und</strong>, man darf wohl sagen, auch durch <strong>die</strong><br />

Tradition gefestigten Termini U rgermanisch <strong>und</strong> Gemeingermanisch<br />

etwas zu sagen. In zeitlicher Bedeutung erscheint mir aber <strong>die</strong><br />

letzte Benennung wenig glücklich; sie enthält einen Wi<strong>der</strong>spruch,<br />

weil es in dem betreffenden Zeitraum bekanntlich dialektische<br />

Unterschiede gegeben hat. Als Sprachschicht kann deshalb Gemeingermanisch<br />

nur eine mehr o<strong>der</strong> weniger einheitliche Sprache o<strong>der</strong><br />

eine Dialektgemeinschaft bezeichnen, eine Übergangstufe vom<br />

Urgermanischen zu den Einzeldia.lekten; sie ist als <strong>die</strong> Periode zu<br />

betrachten, in <strong>der</strong> best<strong>im</strong>mte Vorgänge, welche nicht mehr zum<br />

Urgermanischen zu zählen sind, wenigstens in ihrem Ansatz <strong>und</strong><br />

nach Ausweis <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte, noch eine allgemein<br />

germanische Verbreitung erreichten. So ist Gemeingermani8ch hier<br />

zu verstehen 7).<br />

Es ist also zu beachten, <strong>das</strong>s ich in <strong>die</strong>ser Schrift mit drei "zeitlichen"<br />

Sprachschichten des älteren Germanischen arbeite, denen<br />

ich <strong>die</strong> traditionellen Etiketten U rgermani8ch, Gemeingermani8ch,<br />

einzeldialekti8ch ( : Urnordisch usw.) gegeben habe, <strong>die</strong> ich aber als<br />

Benennungen geme für bessere preisgebe.<br />

Die gleichfalls traditionelle Einteilung N ord-, West- <strong>und</strong> 08tgermani8ch<br />

habe ich beibehalten, jedoch unter <strong>der</strong> Bedingung, <strong>das</strong>s<br />

sie nicht <strong>im</strong> Sinne einer solchen geschichtlichen Entwicklung aus<br />

dem Gemein- <strong>und</strong> Urgermanischen aufgefasst wird, wie man <strong>das</strong><br />

früher vielfach tat. Nord-, West- <strong>und</strong> 08tgermanisch sind "rein<br />

6


7<br />

geographiseh orientierellde .. . Benennungen, <strong>die</strong> keinen ethno~<br />

graphisehell Wert besitzen" 8). Sie schienen mir jedoch bequemc<br />

Bezeichnungen bei den von mir behandelten Problemen, wie z.B.<br />

<strong>im</strong> Fall <strong>der</strong> reduplizierenden Verba (<strong>im</strong> Vierten Abschnitt), weswegen<br />

ich sie benutzt habe.<br />

Naeh an<strong>der</strong>em Vorgang 9) ha be ich den Terminus Nordseegermanisch<br />

angewandt, wo an<strong>der</strong>e von lngwäonisch reden.<br />

Die Bedeutung <strong>und</strong> Verwendung noch an<strong>der</strong>er Termini wird an<br />

Ort <strong>und</strong> Stelle mitgeteilt.<br />

Wie man sehen wird, habe ich als Längezeichen überall einen<br />

waagerechtell Strich durchgeführt, also nicht nur be<strong>im</strong> Altnordischen<br />

<strong>und</strong> Altenglischen, son<strong>der</strong>n au eh be<strong>im</strong> Altkirchenslavischen<br />

(ë statt des übliehen l) <strong>und</strong> sogar be<strong>im</strong> mo<strong>der</strong>nen Westfriesischen<br />

(MI statt des übliehen hóf), wo doch <strong>der</strong> Zirkumflex als festes<br />

Längezeiehen in <strong>der</strong> Rechtschreibung gilt. Auch hier bin ich also<br />

von meinem System nicht abgewichen.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1. l:îiehe den fünften Abschnitt. Für <strong>das</strong> IndogermanÏf:!che vgl. jetzt LehmaIUl<br />

PIE. Phon.<br />

2. Handb. Got. § 52.<br />

:l. Siehe den fiinften Abschnitt.<br />

4. PIE. Phon., 36 f. (mit Bibliogrllophie). Vgl. auch Verf., Leuv. Bijdr ..<br />

39, 59 f.<br />

5. LehmlloIUl, PIE. Phon., 28.<br />

6. Zur gerot. SprachgfJ8ch., 1.<br />

7. Für <strong>die</strong> Begriffe UrgermaniBch unu Geme'ingerrnanüch vgl. auch L. E. van<br />

Wijk, Klinkers Oergernt. Stamayllaben, 55- 1>6, <strong>und</strong> unt,en den fünften<br />

Absclmitt. - Eine an<strong>der</strong>e BeneIUlung für Gerneingerman'Ïsch iat Spätqermaniach,<br />

nämlich in <strong>der</strong> chronologischen Reihe lndogermanisch,<br />

Gerntanisch, Spätgermanisch, einzeldialektiBch (: UrnordiBch usw.), <strong>die</strong> sich<br />

bei Gutenbrunner (Laut- <strong>und</strong> Forntenl. des AltiBi., 30 pass<strong>im</strong>, auch Tabelle<br />

H. 172) findet. Aber Spätgerrnanisch setzt zur Bezeichnung <strong>der</strong> älteren<br />

Htufe GerrnaniBch voraus, <strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Tenninus besitzt einen so allgemeinen<br />

Inhllolt, <strong>das</strong>s er ZUl" Spezialbezeiehnung des Urgermanisehen kaum<br />

anzuwenden ist. Statt Gem eingermaniBch könnte man freilieh noch von<br />

SpäturgermaniBch (vgl. z.B. Kock, PBB., 27, 187 IInel 190) reden, aber<br />

auch <strong>die</strong>s befriedigt nieht recht. Gemeingermaniach wird auch von einigen<br />

Forsehem (vgl. Rirt, Handb. Urgernt., I, 1.'5, auch § 33, 1 <strong>und</strong> 2; GutenbruIUler,<br />

Laut- <strong>und</strong> FOrntenl. dfJ8 Alti.sl., z.B. S. 30) nieht <strong>im</strong>mer, bzw.<br />

nieht in einer zeitlichen Bedeutung angewandt, f;ondem in Bezug auf<br />

<strong>die</strong>jenigen Vorgänge, welehe <strong>im</strong> Germanisch~ eine allgemeine Verbreitung<br />

aufweisen. Bei einer Bolehen Verwendung des Wortes, in <strong>der</strong> somit <strong>der</strong><br />

geographische Aspekt <strong>und</strong> nicht <strong>der</strong> zeitliche den Vorrang hat, stehen<br />

UrgerrnaniBch <strong>und</strong> Gemeingermaniach einerseits, Gemeingerman'iach <strong>und</strong><br />

einzeldialektiach (: Umordiach usw.) andrerseits, eina.n<strong>der</strong> nicht gegenüber.<br />

S. Krause, Handb. Got., 41. Vgl. auch Sehwarz, Goten, Nordgerot., Angels.<br />

9. 110.110.0., 188 f. <strong>und</strong> sc.hon bei Rooth, Det. pr<strong>im</strong>o i-omljudet [1935] 9: "För<br />

den anglo-friso-saxiskllo gruppen, som jag vill kalla Nordsjögruppen av den<br />

viiBtgerme.nska. folkstammen" usw.<br />

7


I<br />

DIE FUNKTIONELLE GRUPPIERUNG DER SOG. STARKEN<br />

VERBA IM URGERMANISCHEN<br />

§ 1. Die germanisühen Verba werden seit J. Gr<strong>im</strong>m in eine<br />

starke <strong>und</strong> eine schwache Konjugation eingereiht. Bei <strong>der</strong> Behandlung<br />

<strong>der</strong> altgermanischen Dialekte werden <strong>die</strong> <strong>starken</strong> Verba<br />

gewöhnlich eingeteilt in eine ablautende Gruppe (Klasse I bis 6)<br />

<strong>und</strong> eine reduplizierende; hier macht man noch einen weiteren<br />

Unterschied "Zwischen reduplizierenden <strong>und</strong> reduplizierend-ablautenden<br />

Verba. Man erhält also sechs Klassen, zu denen <strong>die</strong> sog.<br />

reduplizierenden Verba hinzuzufügen sind, <strong>die</strong> man als <strong>die</strong> siebente<br />

Klasse betrachtet. Die ersten fünf Klassen gehören bekanntlich zur<br />

indogermanischen e-Reihe <strong>und</strong> zeigen <strong>im</strong> Urgermanischen eine<br />

<strong>system</strong>atische Einteilung auf sehr durchsichtiger Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong><br />

zwarnach<strong>der</strong> Art desdem Stammvokal folgenden Konsonantismus 1 ):<br />

1. e + i + Konsonant;<br />

2. e + tt + Konsonant;<br />

3. e + Liquida/Nasal + Konsonant o<strong>der</strong> e + doppelte Liquida/<br />

doppelter Nasal, gegebenenfalls auch doppelter Konsonant 11);<br />

4. e + Liquida/Nasal;<br />

5. e + Konsonant.<br />

'Vegen des einleuchtenden Charakters <strong>und</strong> <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Bekanntheit <strong>die</strong>ser Systematik in den ersten fünf Klassen brauchen<br />

hier keine Beispiele angeführt zu werden. Doch möchte ich ausdrücklich<br />

darauf hinweisen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Klassen auf Gr<strong>und</strong> des<br />

Präsensvokals e <strong>und</strong> des dazu gehörenden Ablauts (e-a bzw. ei/ai,<br />

eu/au) ein synthetisches Bild, eine Gruppe bildeten: <strong>die</strong> urgermanische<br />

e-Gruppe. Dass e insbeson<strong>der</strong>e als Präsensvokal <strong>im</strong><br />

Urgermanischen auch <strong>im</strong> sog. Diphthong ei noch erhalten war, wird<br />

<strong>im</strong> fölgenden Abschnitt dargetan. In <strong>die</strong>ser Schrift spreche ich also<br />

von <strong>der</strong> (ur)germanischen e-Gruppe<strong>und</strong>, hinsichtlich weiterer<br />

Unterschiede innerhalb <strong>die</strong>ser Gruppe, auch von <strong>der</strong> (ur)germanischen<br />

ei-Reihe (z.B. <strong>im</strong> Gegensatz zur eu-Reihe), welche ich unten<br />

noch speziell aufführen werde. Für <strong>das</strong> Indogermanische mache ich<br />

keinen Unterschied von Gruppe <strong>und</strong> Reihe <strong>und</strong> behalte also <strong>die</strong><br />

Termini e-, ei-Reihe.<br />

Mit Rücksicht auf meine weitere Erörterung ist in <strong>der</strong> e-Gruppe<br />

noch ein untergeordneter Unterschied zu machen, je nachdem ein<br />

einziger Konsonant o<strong>der</strong> i/tt/ Liquida/Nasal + Konsonant, doppelte<br />

8


9<br />

Liquidajdoppelter Nasal, gegebenenfalls auch doppelter Konsonant<br />

dem Stammvokal folgen. Dies stellt also einen Unterschied dar, <strong>der</strong><br />

von <strong>der</strong> Art des Stam mes bedingt ist, nämlich zwischen den<br />

drei ersten Klassen einerseits, <strong>der</strong> vierten <strong>und</strong> fünften andrerseits:<br />

1. e + i/ltjLiquidajNasal + Konsonant, e + doppelte Liquidaj<br />

doppelter Nasal, gegebenenfalls auch doppelter Konsonant; .<br />

2. e + einfache Liquidaj einfacher Nasal o<strong>der</strong> andeter Konsonant.<br />

Man kann <strong>die</strong> e-Gruppe noch weiter schematisieren, wenn man<br />

<strong>die</strong> Sonanten (i, lt, l, r, n usw.) gruppiert:<br />

_1_ [ e + { Sonant + Konsonant (Sonant)<br />

1,2,3 Konsonant + Konsonant<br />

-- II [ e+<br />

4, 5 {<br />

Sonant<br />

Konsonant<br />

Diese Darstellung setzt voraus, <strong>das</strong>s man <strong>die</strong> urgermanischen sog.<br />

Diphthonge als Phonemgruppen (z .E. ei = e + j, wie el = e + 1)<br />

betrachtet 3 ); <strong>die</strong>s wird unten (vor allem § 20) noch dargetan. Derartige<br />

"Zwielaute" hat man zum Unterschied von den echten Diphthongen<br />

auch Stand- o<strong>der</strong> Volldiphthonge genannt 4). Wenn ich somit hier<br />

traditionellerweise von "Diphthongen" spreche, wird man für <strong>das</strong><br />

Urgermanische mit Phonemgruppen o<strong>der</strong> sog. Standdiphthongen zu<br />

rechnen haben.<br />

Durch vokalischen Übergang ist jedoch <strong>das</strong> e-Merkmal <strong>im</strong> jüngeren<br />

Germanischen verschw<strong>und</strong>en, wodurch <strong>die</strong> alte Systematisierung<br />

zerstört wurde. In Wirklichkeit hatten sich schon <strong>im</strong> Gemeingermanischen<br />

<strong>und</strong> auch nachher in den altgermanischen Dialekten eigene<br />

Systeme entwickelt.<br />

§ 2. Wie steht es nun. mit den übrigen Klassen 1 Die sechste<br />

zeigt <strong>das</strong> deutliche Ablautsbild a-ö. Die siebente hat als Kennzeichen<br />

entwe<strong>der</strong> <strong>die</strong> Reduplikation o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e, typisch germanische<br />

Ablautverhältnisse. Die Frage, ob man in <strong>die</strong>sem Fall auch <strong>im</strong><br />

Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen mit reduplizierenden Verba zu tun<br />

hat, wird <strong>im</strong> vierten Abschnitt erörtert; es genügt hier festzustellen,<br />

<strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Klasse sich jedoch einheitlich in allen altgermanischen<br />

Dialekten erhalten hat. Gegen <strong>die</strong> Sieben-Klasseneinteilung möchte<br />

ich vom urgermanischen Standpunkte aus einwenden, <strong>das</strong>s sie nicht<br />

folgerichtig ist <strong>und</strong> <strong>die</strong> strukturellen Kennzeichen völlig unverwendet<br />

lässt. Die Inkonsequenz ergibt sich aus <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s man<br />

<strong>das</strong> deutliche Systematisierungsprinzip <strong>der</strong> ersten fünf Klassen für<br />

<strong>die</strong> sechste <strong>und</strong> siebente nicht durchgeführt hat; entwe<strong>der</strong> hat man<br />

<strong>das</strong> Problem von indogermanischer Seite her angefasst o<strong>der</strong> man<br />

9


10<br />

hat <strong>die</strong> be<strong>im</strong> Studium <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte gebräuchlichen<br />

Einteilungsnormen zum Vorbild gen ommen , nämlich den abweichenden<br />

a-ö-Ablaut <strong>und</strong> <strong>die</strong> Reduplikation, bzw. den Vokalismus,<br />

<strong>der</strong> daflir <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen auftritt. In beiden<br />

Fällen blieb <strong>das</strong> eigene urgermanische System unbeachtet.<br />

Aber <strong>das</strong> urgermanische Systematisierungsprinzip <strong>der</strong> Verba <strong>der</strong><br />

ersten flinf Klassen findet sich doch deutlich in <strong>der</strong> sechsten <strong>und</strong><br />

siebenten wie<strong>der</strong>. In <strong>der</strong> Tat: <strong>im</strong> Gegensatz zu den ersten flinf<br />

Klassen (urgermanische e-Gruppe aus indogermanischer e-Reihe)<br />

bietet <strong>das</strong> Präsens <strong>der</strong> sechsten <strong>und</strong> siebenten Klasse - wenn man<br />

vorläufig <strong>die</strong> langen Präsensvokale bei Seite lässt - als typischen<br />

Stammvokalismus ein a dar. Deswegen kann man <strong>die</strong>se Gruppe <strong>die</strong><br />

urgermanische a-Gruppe nennen. Die Systematisierung geschieht<br />

hier, wie gesagt, auf <strong>der</strong>seJben Gr<strong>und</strong>lage wie bei <strong>der</strong> e-Gruppe,<br />

nach <strong>der</strong> Art des dem Stammvokal folgenden Konsonantismus, d.h.<br />

nach <strong>der</strong> Art des Stam mes 6) :<br />

1. a +ij1LjLiquidajNasal 6) + Konsonant, gegebenenfalls a +<br />

doppelte Liquidajdoppelter Nasal, bei den sog. reduplizierenden<br />

Verba (got. haitan, ·laikan, aukan, "us-hlaupan, "blandan, haldan<br />

UBW.; an. heita, lei ka , auka, hlaupa, blanda, halda, falla usw. ; ahd.<br />

heizan, meizan, hlaufan, Zoufan, stözan, blantan, haltan, fallan uSW. ;<br />

as. hëtan, skëdan, hlöpan, stötan, blandan, haldan, fallan usw.; ae.<br />

hätan, l&an, bëatan, hlëapan, fealdan, bonnan, bannan, feallan usw.;<br />

afri. hëta, skéda, hliipa, stéta, bonna, banna, falla UBW.);<br />

2. a + einfache Liquidajeinfacher Nasal o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Konsonant,<br />

in <strong>der</strong> sechsten Klasse, wobei a-ö-Ablautauftritt (got. swaran,<br />

us-anan, slahan usw.; an. fara, ala, grafa usw.; ahd. faran, spanan.<br />

graban usw.; as. faran, spanan, gralian uSW.; ae. faran, alan, grafan<br />

UBW.; afri. fara, spona, greva usw.). Hier sind noch einige j-Präsentia<br />

hinzugekommen (z.B. got. hafjan, an. hefja, ahd. heffen, as. hebbian,<br />

ae. hebban, afri. heffa) 7).<br />

Auf <strong>die</strong>se Weise entsteht folgende Gruppierung <strong>der</strong> <strong>starken</strong><br />

Verba, ein System, <strong>das</strong> <strong>im</strong> Urgermanischen wirklich funktionellen<br />

Wert gehabt hat, wie sieh <strong>im</strong> vierten Abschnitt noch herausstellen<br />

wird.<br />

I. TABELLE 8)<br />

A. e.Gruppe<br />

I { 1. e + t + Kons.<br />

I I 2. e + l' + Kons.<br />

3 + (Liq.fNas. + Kons.<br />

e - a- • e Kons. + Kons.<br />

B. a-Gruppe<br />

1. a + j + Kons. ) III<br />

2. a + l' +. Kons. Redupl.<br />

3. a + ( Llq·fNas. +Kons. Verba<br />

Kons.+Kons.(1)<br />

Abl. I--------------------~------------- -------------<br />

n ( 4. e + Liq·fNas.<br />

5. Il + Kons.<br />

10<br />

4. a + Liq.fNas.<br />

5. a + Kons.


11<br />

Völlig in übereinst<strong>im</strong>mnng mit ei, eu sind <strong>im</strong> Urgermanischen<br />

ai, au als Phonemgruppen (a + i, a + y) zu betrachten; auch <strong>die</strong>s<br />

findet sich unten (vor allem § 20) bestätigt.<br />

§ 3. Zur Behandlung aller Fälle, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Sieben-Klasseneinteilung<br />

umfasst werden, sind in erster Linie noch Verba mit ë als<br />

Stammvokal <strong>im</strong> Präsens anzuführen. Das Gotische hat <strong>das</strong> reduplizierend-nicht<br />

ablauten de slëpan, saislëp neb st den reduplizierendablautenden<br />

lëtan, lailöt, grëtan, gaigröt u.a. In den an<strong>der</strong>en altgermanischen<br />

Dialekten findet sich <strong>die</strong>se Gruppe wie<strong>der</strong> (an. läta,<br />

lët, bläsa, gräta usw. ; ahd. läzan, liaz, bläsan, brätan usw.; as. lätan,<br />

lët, liet, bläsan, brädan usw.; ae.lretan, lët, slrepan usw.; afri.lëta, lët,<br />

lit, slëpa usw.). Weiter begegnet bei den gotischen reduplizierenden<br />

Verba auch ö als Stammvokal <strong>im</strong> Präsens: lvöpan. Ebenso sind<br />

hier bei <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en altgermanischen Dialekte direkt zu erwähnen<br />

(an. blöta, blët; ahd. (h)ruofan, (h)riof; as. hröpan, hriop; ae.<br />

blötan, blëot; afri. hröpa, röp). Das Altnordische bewahrt bekanntlich<br />

von <strong>die</strong>s en ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen, <strong>und</strong> zwar bei den Verba<br />

pura, formell-reduplizierende Verba: sä, sera, röa, rera, obschon<br />

<strong>die</strong>se vom damaligen nordischen Sprachbewusstsein augenscheinlich<br />

nicht mehr als solche erkannt wurden; hiermit zu vergleichen,<br />

jedoch als wirklich reduplizierendes Verbum, ist got. saian (ë­<br />

Gruppe), saisö. Man wird also noch eine ë- <strong>und</strong> eine ö-Gruppe in<br />

Betracht ziehen müssen, ob schon <strong>die</strong> dazu gehörenden Beispiele<br />

nicht so zahlreich sind 11).<br />

§ 4. In dtm altgermanischen Dialekten <strong>und</strong> mehr noch in den<br />

nachherigen Entwicklungen haben in den ursprünglichen e-, a-, ë-,<br />

ö-Gruppen zahlreiche Verschiebungen <strong>und</strong> übergänge stattgef<strong>und</strong>en.<br />

In <strong>die</strong>ser Hinsicht sind z.B. heranzuziehen: (ggerm.) got. peihan,<br />

ahd. dihan, as. thihan usw., ursprünglich aus <strong>der</strong> dritten Klasse<br />

(pevx- > /Jivx- > pix-); ae. slrepan bietet auchein schwaches Präteritum<br />

dar 10); an. blët (blöta) ist analogisch nach grët (gräta), lët<br />

(läta) entstanden 11).<br />

Vielleicht haben best<strong>im</strong>mte Fälle durch eine doppelsinnige<br />

Struktur bei <strong>der</strong> Systematisierung schon früh Schwierigkeiten gemacht;<br />

ein System ist doch nie abger<strong>und</strong>et. So ist möglicherweise<br />

·waskan zu erwähnen, <strong>das</strong> <strong>im</strong> Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen<br />

(waskan) in <strong>der</strong> sechsten Klasse begegnet, <strong>im</strong> Altenglischen (wascan)<br />

sowohl in <strong>der</strong> siebenten als in <strong>der</strong> sechsten 12), <strong>im</strong> Altnordischen<br />

(vaska) dagegen in <strong>der</strong> schwachen Deklination.<br />

§ 5. Die ë-, ö-Gruppen bilden mit den in <strong>der</strong> obenstehenden<br />

Tabelle genannten a-Verba (lIl. Abt.) auf Gr<strong>und</strong> ihrer Präterita.<br />

i!


12<br />

eine sclbständige Gruppe, <strong>die</strong> sich entwe<strong>der</strong> durch <strong>die</strong> Reduplikation<br />

un<strong>der</strong>scheidet wie <strong>im</strong> Gotischen <strong>und</strong> in einigen Resten des<br />

Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen, o<strong>der</strong> durch einen charakteristischen,<br />

sowohl in <strong>der</strong> a-Gruppe (lIl. Abt.) wie in den ë-, ö-Gruppen begegnenden<br />

Vokalismus wie <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> \Vestgermanischen. Diese<br />

einheitliche Behandlung <strong>der</strong> ë-, ö-Gruppen <strong>und</strong> <strong>der</strong> à-Gruppe (lIl.<br />

Abt.), sowohl <strong>im</strong> Gotischen wie <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen,<br />

ist ein sicherer Anhaltspunkt für <strong>das</strong> hohe Alter <strong>die</strong>ses Zusammentreffens,<br />

<strong>das</strong> best<strong>im</strong>mt vor <strong>der</strong> Spaltung in <strong>die</strong> Dialekte stattgef<strong>und</strong>en<br />

haben muss. übrigens lässt folgende TabelIe (II) deutlich sehen, <strong>das</strong>s<br />

aiJë einerseits, auJö andrerseits, betreffs ihrer Präterita, auch <strong>im</strong><br />

N ord - <strong>und</strong> Westgermanischen zusammengingen.<br />

II. TABELLE 11)<br />

got. an.<br />

I<br />

ahd. 68. Be.<br />

I ( 1. ai haihait 1 het hiaz I hët, hiet Me<br />

2. ë 8aiBlëp lët<br />

.1 8lia! lët, liet 8lëp<br />

{ 1. au aiauk \ hliöp I (h)lio! Ihleop, hliop I hlëop<br />

II 2. ö Ivailvöp blët (h)riof Ihreop , hnop I blëot<br />

(analog.)I<br />

III a + Liq.fNa.s. I haihald I helt hialt I held, hield I /ing<br />

+ Kons.usw.<br />

Man kann also <strong>die</strong> 111. Abt. <strong>der</strong> I. TabelIe folgen<strong>der</strong>massen<br />

ergänzen:<br />

A. a-Gruppe<br />

ai<br />

au<br />

a<br />

lIl. T ABELLE<br />

B. ë-, ö-Gruppen<br />

§ 6. Hiermit ist <strong>das</strong> urgermanische Systematisierungsprinzip<br />

<strong>der</strong> <strong>starken</strong> Verba in <strong>der</strong> Hauptsache aufgestellt. Einzelne Son<strong>der</strong>fälle,<br />

wie z.B. <strong>die</strong> Präteritopräsentia, brauchen in <strong>die</strong>sem synthetischen<br />

Überblick nicht herangezogen zu werden Ho). Es war nur <strong>die</strong><br />

Absicht, <strong>die</strong> e- <strong>und</strong> a-Gruppen (<strong>und</strong> <strong>die</strong> kleineren ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen),<br />

<strong>die</strong> <strong>im</strong> urgermanischen Verbal<strong>system</strong> einen hervorragenden<br />

Anteil hatten, funktionell zu kennzeichnen. Der Charakter <strong>die</strong>ses<br />

urgermanischen Verbal<strong>system</strong>s ist selbstverständlich von indo- <strong>und</strong><br />

vorgermanischen Verhältnissen direkt bedingt <strong>und</strong> daraus gewachsen.<br />

So ist, wie gesagt, in <strong>der</strong> e-Gruppe <strong>die</strong> indogermanische<br />

e-Reihe klar vertreten; <strong>die</strong> a-Gruppe dagegen weist eine Mischung<br />

12<br />

ë<br />

ö


13<br />

verschiedener indogermanischer Reihen auf, wobei <strong>die</strong> ursprüngliche<br />

Betonung <strong>und</strong> <strong>der</strong> auf den Stammvokalismus folgende Konsonantismus<br />

eine best<strong>im</strong>mende Wirkung ausgeübt haben werden 15).<br />

In <strong>die</strong>ser Systematisierung <strong>der</strong> a-Gruppe, wie überhaupt bei je<strong>der</strong><br />

Systematisierung, treten "Wegbereiter" hervor, <strong>die</strong> für <strong>das</strong> System<br />

best<strong>im</strong>mend gewirkt haben; <strong>die</strong>se sind <strong>der</strong> Form nach nur "diachronisch"<br />

zu erklären. Nach ihnen haben sich an<strong>der</strong>e Verba auf<br />

Gr<strong>und</strong> best<strong>im</strong>mter Analogien gerichtet. Diese Verba sind dann <strong>im</strong><br />

urgermanischen System selbst, d.h. "synchronisch", völlig verständlich.<br />

Hierbei braucht <strong>der</strong> Präsensvokal nicht stets pr<strong>im</strong>är gewesen<br />

zu sein ; er kann ebensogut wie <strong>der</strong> Vokalismus eines an<strong>der</strong>en<br />

Tempus auf Analogie beruhen ; in <strong>die</strong>ser Hinsicht ist an a-Präsentia,<br />

wie z. B . faran, zu denken, <strong>die</strong> deutlich zur indogermanischen e-Reihe<br />

gehören: gr. neeáw, nOee-lJO/-laL 18).<br />

Die bei meiner strukturellen Gruppierung <strong>der</strong> <strong>starken</strong> Verba<br />

sich unmittelbar darbietende Frage ist, wie <strong>die</strong> gotischen reduplizierenden<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen nicht-reduplizierenden<br />

Präterita <strong>der</strong> sog. siebenten Klasse sich zu einan<strong>der</strong><br />

verhalten. Die angeführte strukturelle Gruppierung bietet<br />

m.E. den Schlüssel zur Lösung <strong>die</strong>ses Problems, <strong>das</strong> seit dem<br />

Anfang <strong>der</strong> Germanistik eine annehmbare Erklärung vermissen<br />

lässt. Umgekehrt wird<strong>die</strong>se Erklärung vielleicht den triftigen<br />

Beweis für <strong>die</strong> " System "-Richtigkeit meiner Klaesifizierung<br />

<strong>der</strong> <strong>starken</strong> Verba liefern. Bevor ich jedoch an <strong>die</strong> Behandlung<br />

<strong>die</strong>ser wichtigen Aufgabeherantrete, möchte ich in den zwei folgenden<br />

Abschnitten einige vokalische Verhältnisse des Urgermanischen<br />

erörtern <strong>und</strong> vor allem den noch <strong>im</strong>mer rätselhaften Ursprung des<br />

ë 2 - Vokals untersuchen, <strong>der</strong> so vielfach bei den sog. reduplizierenden<br />

Verba <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen begegnet.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1. Um <strong>das</strong> Vorgeführte nicht allzu verwickelt zu machen, wird hier<br />

<strong>das</strong> Wort "Konsonantismus" auch angewandt zur Bezeichnung <strong>der</strong><br />

Gruppen: ·iI-l' + Konsonanten. Diese hatten hier deutlich eine gleiche<br />

Funktion wie ol/on usw. + Konsonant.<br />

2. Betreffs <strong>die</strong>ser Verba mit doppeltem Konsonanten : Prokosch, Oomp.<br />

Germ. (ham., 168, Anm.<br />

3. Die traditionellen "phonetischen" Symbole j <strong>und</strong> l' werden auch hier<br />

beibehalten, obschon sie von phonologischem Standpunkte nicht ganz<br />

richtig erscheinen dürften. Meiner Annahme gemäss repräsentieren<br />

sie hier nur kombinatorische Varianten von zwei Phonemen, wozu auch<br />

i bzw. w gehören; vgl. S. 45, Anm. 74 <strong>und</strong> § 47.<br />

4. N . van Wijk, Phon., 41-42 (mit Bibliographie).<br />

5. Für <strong>das</strong> Wort "Konsonantismus" vgl. oben Anm. 1. - Die Systematisierung<br />

<strong>der</strong> a-Präsentia habe ich schon an<strong>der</strong>swo festgestellt,<br />

obschon ich <strong>die</strong> Übereinst<strong>im</strong>mung mit <strong>der</strong> e-Gruppe damals noch nicht<br />

zur Sprache brachte (Tijdschr., 69, 44). Daas hier eine typisch germa.-<br />

13


14<br />

nische Systematisierung vorliegt, geht daraus hervor, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se a­<br />

Präsentia, unabhängig davon, zu welcher von beiden Klassen sie<br />

gehören, vielfa.ch auf eine gleiche indogermanische Reihe zurückgeführt<br />

werden können (a.a.O., 46).<br />

6. Mit "Liquida/Nasal" habe ich <strong>die</strong> Formulierung allgemein.gehalten; in<br />

Wirklichkeit scheinen hierfür in <strong>die</strong>sem Fall nur l <strong>und</strong> n belegt zu sein.<br />

7. Die "i-Erweiterung" ist alt <strong>und</strong> findet sich auch <strong>im</strong> Griechischen: Hirt,<br />

Idg. Gram., IV, 274> Hirt, Handb. Urgerm., 1I, 148-149. - In betreff<br />

des Ursprunges <strong>die</strong>ser j-Präsentia siehe Brugmann, IF., 32, 181 f.<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>r., 1I, 3, 122; darauf zurück: Boer, Oergerm. Handb. § 102,2<br />

(siehe jedoch auch § 211, 5), Kieckers, Vergl. got. Gram., 219; vgl.<br />

(insbeson<strong>der</strong>e betreffs got. wahsjan) Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60 § 47, b.<br />

An<strong>der</strong>s: Mezger, Lang., 18, 224 f.<br />

Il. Streitberg, Urgerm. Gram. § 95 f. spricht von einer e- <strong>und</strong> einer a-Reihe.<br />

Den Parallelismus <strong>der</strong> beiden Gruppen hat er jedoch nicht el kannt.<br />

Übrigens sieht auch er <strong>die</strong> ganze Sache vom indogermanischen Standpunkt<br />

aus. Vgl. hierbei Hirt, Handb. Urgerm., I, 74 f. Weiter noch:<br />

Loewe, Germ. Spr., Sammlung Göschen [19111] 127-129, <strong>der</strong> dem<br />

"konsonantischen" Parallelismus zwischen den beiden "Reihen" schon<br />

Rechnung getragen hat; weil er aber <strong>die</strong> gotischen Formen anführte<br />

(biudan, bindan usw. statt urgerm. eu, e), entging ihm <strong>die</strong> Bedeutung<br />

<strong>die</strong>ser Übereinst<strong>im</strong>mung für den urgermanischen Vokalismus <strong>und</strong> für<br />

<strong>das</strong> Urgermanische überhaupt. Krahe, Germ. Spr., Sammlung Göschen<br />

[1942] 1I, 100-101 folgte Loewe's Einteilung nicht. Auch Kerns, Lang.,<br />

13, 11 hat "roughly paralleling classes" aufgestellt. Aber bei ihm steht<br />

<strong>die</strong> reduplizierende Klasse den sechs an<strong>der</strong>en gegenüber.<br />

9. Die wenigen ü-Verba pura (an. büa usw.) sind am wahrscheinlichsten<br />

ursprünglich (d.h. für <strong>das</strong> Urgermanische) auch hierher zu rechnen;<br />

vgl. unten § 44.<br />

10. Sievers-Brunner, Altengl. Gram. § 395, 2, a.<br />

11. Für an<strong>der</strong>e Beispiele sehe man <strong>die</strong> Handbücher <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Dialekte.<br />

12. Das Altenglische hat wóx (sechste Klasse) <strong>und</strong> wëocsan (siebente).<br />

Vgl. Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60 § 19, b <strong>und</strong> § 47, <strong>der</strong> (wie Mezger, Lang., 18,<br />

224) <strong>die</strong>ses Verbum als ursprünglich zur siebenten Klasse gehörend<br />

ansieht mit Übergang zur sechsten <strong>im</strong> Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen,<br />

<strong>und</strong> zwar wegen <strong>der</strong> Konsonantengruppe Bk. Umgekehrt<br />

sieht z.B. Girvan, Angelsaks. Handb. § 385, Anm. <strong>die</strong>ses Verbum als<br />

ursprünglich zur sechsten Klasse gehörend an, mit Übergang zur<br />

siebenten <strong>im</strong> Altenglischen; in <strong>die</strong>sem Fall hat gegenüber l/n + Konsonanten<br />

<strong>das</strong> Gefühl für doppelten Konsonanten den Vorrang gehabt.<br />

IS. Zum grössten Teil findet sich <strong>die</strong>se Tabelle schon bei Rirt, Handb.<br />

Urgerm., 1I, 144. Der hier aufgeführte Vokalismus wird <strong>im</strong> vierten<br />

Abschnitt erörtert.<br />

14. Eine Übersicht (auch <strong>der</strong> BOg. Aoristpräsentia) geben z.B. Boer, Oergerm.<br />

Handb., 2'23 f. <strong>und</strong> Prokosch, Comp. Germ. Gram., 144 f. .<br />

15. Eine Übersicht <strong>der</strong> Verba ausgehend von den indogermanischen "Basen"<br />

gibt Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 328 f. Vgl. auch Rirt, Idg. Gram., IV § H8 ><br />

Rirt, Handb. Urgerm., II § 118.<br />

16. Siehe dafür <strong>die</strong> in <strong>der</strong> vorigen Anm. erwähnten Schriften, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser<br />

Hinsicht auf Brugmann, IF., 32, 179 f. zurückzuführen Bind.<br />

14


IJ<br />

DIE URGERMANlSCHE E-A-PERlODE<br />

§ 7. Im vorhergehenden Abschnitt habe ich ohne weitere Erklä-­<br />

mng in allen Stellungen - also auch bei den sog. Diphthongen<br />

ti/ai - urgerm. eneben a (idg. 0 <strong>und</strong> a) angenommen.<br />

Auf <strong>die</strong>se Weise wurde <strong>die</strong> relat.ive Chronologie <strong>der</strong> betreffenden<br />

~ystematisierung angedeutet. Meiner Vorstellung gemä-ss muss<br />

<strong>die</strong>se also stattgef<strong>und</strong>en haben, nachdem idg. 0 <strong>und</strong> a in urgerm. a<br />

zllsammengefallen waren, aber bevor urgerm. e in bedingterPosition<br />

zu i wurde. Meine Beschreibung <strong>der</strong> urgermanischen Systematisie­<br />

J"lIng situiert sich somit zwischen <strong>die</strong>se beiden Pole, <strong>und</strong> deswegen<br />

darf man auch von einer urgerm. e- a-Periode reden.<br />

Es steht fest, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Zusammenfall von idg. a <strong>und</strong> 0 in urgerm.<br />

a ä-Iter ist als <strong>die</strong> bedingte Verän<strong>der</strong>ung von urgerm. e zu i. Alle<br />

Beweisgründe, <strong>die</strong> dazu schon angeführt sind, brauche ich hier nicht<br />

<strong>system</strong>atisch nachzuprüfen 1). lch möchte jedoch ein Paar von<br />

ihnen wie<strong>der</strong> holen , vor allem weil sie noch nicht als ausdrückliche<br />

Beweise <strong>der</strong> e-a-Periode benutzt wurden, aber auch weil sie einen<br />

guten Anlaufzu meiner Beweisführung betreffs des verhältnismässig<br />

spä-ten überganges von ei zu i ermöglichen. Dieser übergang wird<br />

noch stets von manchen für viel älter gehalten, als er wirklich ist;<br />

ein unverän<strong>der</strong>tes ei muss best<strong>im</strong>mt zur e-a-Periode gerechnet<br />

werden. Diese Erörterung wird ausserdem meine <strong>im</strong> dritten Abschnitt<br />

folgende Erklärung des sog. ë 2 einführen.<br />

§ 8. Pürs erste kommen <strong>die</strong> Lehnwörter in Betracht, worunter<br />

hier auch germanische Eigennamen (Völker-, Personen-, Götternan1l'll)<br />

in frem<strong>der</strong> Umgebung, vor allem in lateinischen Texten, zu<br />

verstehen sind. Die Bestätigung von Lautübergängen auf Gr<strong>und</strong><br />

von Lehnwortforschung solI mit grösster Vorsicht geschehen, weil<br />

Lautersatz <strong>und</strong> auch Tradition hier eine bedeutsame Rolle gespielt<br />

haben können, wie vor allem Collitz dargelegt hat 2). Auch <strong>die</strong> Tatsache,<br />

<strong>das</strong>s man mehrfach bei Lehnwortforschung <strong>im</strong> Pinnischen für<br />

germanisch gehalten hat, was sich später als nicht-germanisch erwies,<br />

mahnt zur V orsicht; doch darf <strong>die</strong>s auch nicht zur völligen Skepsis<br />

führen, denn es gibt genügend finnische Lehnwörter, von denen man<br />

den germanischen Ursprung durchaus nicht mehr anzweifeln kann.<br />

Wenn aber <strong>die</strong> Lehnwörter in o<strong>der</strong> aus verschiedenen Sprachen für<br />

<strong>das</strong> Germanische eine gleiche Schlussfolgerung nahelegen <strong>und</strong> vor<br />

Ui


16<br />

allem noch an<strong>der</strong>e Tatsachen <strong>das</strong> Ergebnis <strong>der</strong> Lehnwortforschung<br />

bestätigen, dann darf man den Schluss als sicher hinstellen. Dies<br />

ist nun <strong>der</strong> Fall für daa Bestehen einer urgermanischen e-a-Periode.<br />

Lehnwörter aus dem Keltischen haben den übergang 0> a<br />

mitgemacht: Moguntiacum, ahd. Maginza; Vosegus, ahd. Wascönowalt;<br />

V olcae, ahd. Walha. N ormalerweise kann man hieraus schliessen,<br />

daas zur Zeit des Zusammentreffens <strong>der</strong> Kelten <strong>und</strong> Germanen<br />

<strong>der</strong> betreffende Vorgang noch nicht vollendet war. In <strong>die</strong>sen<br />

Wörtern betrachtet Rirt jedoch 0> a als eine Lautsubstitution,<br />

unter <strong>der</strong> Voraussetzung, <strong>das</strong>s daa Germanische damals kein 0<br />

mehr besass, <strong>und</strong> hält deswegen den übergang von idg. 0> urgerm.<br />

a sogar noch für älter als <strong>das</strong> Zusammentreffen <strong>der</strong> zwei genannten<br />

Völker 3).<br />

Die frühesten Lehnwörter aus dem Latein haben jedoch ihr<br />

oerhalten (lat. coquere, ahd. kochön) 4), woraus folgt, <strong>das</strong>s unter dem<br />

Rauptton <strong>der</strong> übergang 0 > a in <strong>der</strong> Römerzeit vollzogen war, <strong>und</strong><br />

auch daas es jetzt wie<strong>der</strong> ein (neu entstandenes) 0 <strong>im</strong> Germanischen<br />

gab.<br />

Dagegen begegnet e in germanischen Völker- <strong>und</strong> Personennamen<br />

bei lateinischen Schriftstellern: Fenni, Semnones (Tacitus), aber<br />

(/>twOt bei Ptolemaios. Vor n + Guttural : T encteri (Caesar), aber schon<br />

Inguaeones, Ingaevones (Plinius, Tacitus), In:uuiomerus (Tacitus) 5).<br />

Man hat daher auch angenommen, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Ubergang in <strong>der</strong> letzten<br />

Stellung älter sein könne als bei n + an<strong>der</strong>em Konsonanten, resp.<br />

doppeltem n 6). Mit e vor i <strong>der</strong> Folgesilbe hat man: Seg<strong>im</strong>erus<br />

(Tacitus), aber auch Sig<strong>im</strong>erus bei Vellejus (1. Jh. nach Chr.), <strong>der</strong><br />

bei den Germanen gewesen ist 7).<br />

Diesem Material ist jedoch nach Collitz' Ausführungen mit dem<br />

nötigen kritischen Sinne entgegenzutreten. Andrerseits ist z.B. nach<br />

Boer 8) <strong>der</strong> Unsicherheit in <strong>der</strong> lateinisch-griechischen Transkription<br />

<strong>der</strong> betreffenden germanischen Namen nicht grosses Gewicht beizulegen,<br />

weil <strong>die</strong>se ihren Gr<strong>und</strong> haben könne in <strong>der</strong> offenen Aussprache<br />

des germanischen i. Für Schönfeld ist <strong>der</strong> betreffende Wechsel<br />

zwischen e <strong>und</strong> i leicht zu erklären, "wenn man ann<strong>im</strong>mt, daas<br />

ungefähr zu Anfang unserer Zeitrechnung <strong>der</strong> Vokal in best<strong>im</strong>mten<br />

Fällen we<strong>der</strong> ein e o<strong>der</strong> i, son<strong>der</strong>n ein Zwischenlaut gewesen sei, <strong>im</strong><br />

Begriff sich zu i zu entwickeln; dabei könnte allerdings <strong>der</strong> Prozess<br />

in einem Dialekte weiter fortgeschritten sein als zur selben Zeit <strong>im</strong><br />

an<strong>der</strong>en" 9).<br />

Bei all <strong>die</strong>sen Beispielen hat man also möglicherweise mit Lautsubstitution<br />

zu rechnen o<strong>der</strong> jedenfalls mit nicht genauer Wie<strong>der</strong>gabe<br />

<strong>der</strong> Aussprache. Gerade deswegen vermag auch nicht <strong>die</strong><br />

Tatsache, daas einzelne lateinische Wörter <strong>im</strong> Germanischen den<br />

übergang mitgemacht haben (lat. gemma, ae. g<strong>im</strong>, an. g<strong>im</strong>steinn,<br />

16


17<br />

G<strong>im</strong>lë; lat. fJensare, ae. pinsian), in unserer Frage den durchaus<br />

triftigen Beweis zu liefern 10). Immerhin scheint mir wenigstens <strong>der</strong><br />

negative Schluss gestattet, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Lehnwortforschung <strong>der</strong> klassischen<br />

Sprachen sich <strong>der</strong> Annahme einer urgermanischen e-a-Periode<br />

nicht wi<strong>der</strong>setzt.<br />

Dass aber auch <strong>die</strong> ältesten finnischen Lehnwörter (nl. aus den<br />

letzten Jahrhun<strong>der</strong>ten vor unserer Zeitrechnung) aus dem Germanischen<br />

ebenso auf eine urgermanische e-a-Periode hinweisen, ist<br />

in <strong>die</strong>ser Beziehung ein lehrreicher Bef<strong>und</strong>. Unter dem Hauptton<br />

finden sich keine (sicheren) Beispiele mehr mit 0 für urgerm. a,<br />

wohl <strong>im</strong>mer a; dagegen ist e hier noch repräsentiert, z.B. in teljo<br />

<strong>und</strong> rengas. Dasletzte Wort hat übrig'lns a in schwachtoniger Silbe,<br />

<strong>und</strong> man n<strong>im</strong>mt an, <strong>der</strong> übergang 0 zu a sei unter dem Hauptton<br />

noch als älter zu betrachten 11).<br />

Aus <strong>der</strong> Lehnwortforschung darf man schon mit Wahrscheinlichkeit<br />

auf <strong>das</strong> Bestehen einer urgermanischen e-a-Periode schliessen,<br />

<strong>die</strong> annähernd in <strong>die</strong> letzten J ahrhun<strong>der</strong>te vor unserer Zeitrechnung<br />

<strong>und</strong> womöglich auch noch nachher anzusetzen wäre. Später hat<br />

sich e in bedingter Position zu i entwickelt, in <strong>der</strong> einen Stellung<br />

vielleicht eher als in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en.<br />

§ 9. Es gibt jedoch mehr Anhaltspunkte. Wichtiger als <strong>die</strong><br />

Lehnwörter sind <strong>die</strong> germanischen Inschriften. Die Schwierigkeit<br />

ist aber, <strong>das</strong>s sie mit Ausnahme eines einzelnen Falles frühestens<br />

aus dem dritten Jahrhun<strong>der</strong>t unserer Zeitrechnung herrühren. Vor<br />

allem sind bekanntlich <strong>die</strong> urnordischen Runeninschriften zu erwähnen,<br />

<strong>die</strong> eigentlich nicht so viel älter. <strong>und</strong> in vielen Fällen jünger<br />

sind als <strong>die</strong> wulfilanische Bibelübersetzung. Bei ihrem Erscheinen<br />

stehen wir schon in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> getrennten Dialekte.<br />

Es steht aber ein vortreffiicher Zeuge zur Verfügung. Das älteste<br />

schriftliche Denkmal, <strong>das</strong> wir <strong>im</strong> Germanischen kennen, ist <strong>die</strong><br />

Inschrift Harigasti Teiwa, auf einem <strong>der</strong> sog. Negauer Helme<br />

(Steiermark), nl. dem von Marstran<strong>der</strong> genannten Helm B 12).<br />

Diese in einem vorlateinischen (norditalischen) Alphabet abgefasste<br />

Inschrift wird etwa aus dem 2. Jh. vor Chr. stammen, obschon man<br />

sie auch dem 1. o<strong>der</strong> 3. <strong>und</strong> sogar dem 4. Jh. vor Chr. zugeschrieben<br />

hat. Dieser verhältnismässig kleine Datierungsunterschied ist für<br />

unseren Zweck kaum beachtenswert. Der germanische Charakter<br />

<strong>der</strong> Inschrift ist gesichert, wenn man auch über <strong>das</strong> Kasusverhältnis<br />

<strong>der</strong> zwei Komponenten <strong>und</strong> somit über <strong>die</strong> Bedeutung nicht ganz<br />

einigwerdenkonnte. Die zwei ElementeHarigast- <strong>und</strong> Teiw- machen<br />

keine Schwierigkeiten; Teiw- (an. Tyr, alat. deiuos, idg. *dei1UJs)<br />

zeigt den noch nicht zu i monophthongiertcn sog. Diphthong ei,<br />

<strong>der</strong> hier neben Harigast- steht, <strong>das</strong> a aus idg. 0 enthält. Für <strong>das</strong><br />

17


18<br />

Nebeneinall<strong>der</strong> von t-a <strong>im</strong> selben Satz o<strong>der</strong> Wort sei auch an fi.<br />

rengas erinnert. lVIit unserer Inschrift wird jedenfalls <strong>das</strong> Dasein<br />

<strong>der</strong> e-a-Periode einleuchtend bewiesen.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s für idg. ei in allen altgermanischen<br />

Dialekten i begegnet <strong>und</strong> hier also ursprüngliches ei nicht mehr zu<br />

trennen ist von idg. langem i, betrachtet man sehr häufig <strong>die</strong> Entwicklung<br />

von ei zu i als nrgermanisch. Deswegen findet man in<br />

den Handbüchern meistens nUl' eu, ai <strong>und</strong> au als urgermanische<br />

Diphthonge verzeichnet. Aber <strong>das</strong> allgemeine Vorkommen von i<br />

ist noch kein sicherer Anhaltspunkt für eine so frühe Monophthongierung;<br />

i könnte ja erst in <strong>der</strong> gemeingermanischen Periode aus ei<br />

hervorgegangen sein 13). ei in <strong>der</strong> leiw-Form taucht möglicherweise<br />

noch aufin dem nicht gut datierbaren <strong>und</strong> nicht sicheren karelischen<br />

Runkoleivas 14) <strong>und</strong> <strong>im</strong> Namen einer germanischen Göttin n1.<br />

Alaleivia, <strong>der</strong> in einer nie<strong>der</strong>rheinischen Inschrift aus <strong>der</strong> Römerz~it<br />

entdeckt wurde. Auch <strong>im</strong> letzten Fall bietet ei keine völlige<br />

Sicherheit, weil <strong>das</strong> ei-Zeichen mit dem i-Wert <strong>im</strong> damaligen Latein<br />

noch üblich war 15).<br />

§ 10. Durch <strong>die</strong> oben entwickelte Vorstellung <strong>der</strong> Dinge <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> begründete Annahm:e einer e-a-Periode (mit noch in allen<br />

Stellungen unbewegtem e) erhält man jedenfalls ein gleichmässiges<br />

Bild <strong>der</strong> urgermanischen sog. Diphthonge, nämlich ei, eu einerseits<br />

<strong>und</strong> ai, au andrerseits.<br />

ei ist, wie man gesehen hat, in den letzten J ahrhun<strong>der</strong>ten vor<br />

Chr. belegt. ,"Venn man nun sieht, <strong>das</strong>s in den ältesten urnordischen<br />

Inschriften ei zu ï monophthongiert ist (Gis-. vielleicht Personenname,<br />

Hobel von Vi, Dänemark [3. Jh.]; Woduride (-reid-), Dativ<br />

Singular zu * WoduridaR, Personenname, Stein von Tune, N orwegen<br />

[± 400J; minino, Possessivpronomen, Stein von Kj0levig, Norwegen<br />

[Mitte des 5. Jhs.]; minu, Possessivpronomen, Stein von Opedal,<br />

Norwegen [Mitte o<strong>der</strong> erste Hälfte des 5. Jhs.]), aber auch eu vor<br />

i ,u <strong>der</strong> Folgesilbe zu iu wurde <strong>und</strong> in an<strong>der</strong>en Fällen als eu repräsentiert<br />

ist (liubu, Adjektiv, Stein von Opedal; IupingaR, Stein von<br />

Reistad, Norwegen [gegen 500] nebst SkipaleubaR, Personenname,<br />

Stein von Skärkind, Schweden [gegen 450]; LeugaR, Personenname,<br />

Stein von Skääng, Schweden [450-550] 16), dann besteht hier ein<br />

Anlass zu <strong>der</strong> Fragc, ob nicht etwa eine einheitliche Entwicklung<br />

in <strong>die</strong>sen beiden Übergängen (ei > i ; eu > iu) zu erblicken sei; wird<br />

doch in beiden Fällen <strong>das</strong> erste Element e zu i. Die <strong>im</strong> ersten Abschnitt<br />

schon gestreifte <strong>und</strong> unten erörterte Charakterisierung von<br />

ei, eu áls Phonemgruppen e + j, e + y, st<strong>im</strong>mt völlig zu <strong>die</strong>ser<br />

Annahme. Man könnte ja einwenden, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Übergänge sich gar<br />

nicht nebeneinan<strong>der</strong> stellen lassen, weil doch ei > i bekanntlich<br />

18


19<br />

allgemein du{chgeführt wurde <strong>und</strong> eu > iu in bedingter Position<br />

entstand ; betreffs <strong>die</strong>ser Frage solI te hierbei selbstverständlich <strong>die</strong><br />

gotische Entwicklung vorläufig bei Seite gel assen werden. Neben<br />

<strong>die</strong> von alter Tradition kanonisierte Tatsache des allgemein durchgeführten<br />

Wandels von ei zu i möchte ich trotzdem ein Fragezeichen<br />

setzen <strong>und</strong> doch <strong>die</strong> beiden übergänge - sei es denn<br />

vorlällfig als Arbeitshypothese -<br />

als parallel behaupten.<br />

Die zwei Vorgänge sind schon ohne weiteres zwischen den Daten<br />

2. Jh. vor Chr. <strong>und</strong> 3./5. Jh. nach Chr. anzusetzen, wenn man<br />

wenigstens <strong>die</strong> urnordischen Verhältnisse in <strong>die</strong>ser Beziehung für<br />

ein grösseres Gebiet geIten lassen will. Hierbei ist daran zu erinnern,<br />

<strong>das</strong>s auch <strong>das</strong> wulfilanische Gotisch schon, <strong>im</strong> 4. Jh., <strong>das</strong> i-Stadium<br />

aufweist (iu/i (geschr. ei)). Der Annahme gemäss es aeien ei, eu<br />

Phonemgruppen e +i, e + y, muss meine Arbeitshypothese eu ) iu/<br />

ei ) i notwendigerweise geIten für e ) i überhaupt, aber nattirlich<br />

unter den gleichen Bedingungen. Die Chronologie des e-i-überganges<br />

kann in <strong>der</strong> Tat verschieden gewesen sein, je nachdem ob <strong>der</strong><br />

betreffende übergang vor einem verengen den iFaktor <strong>der</strong> Folgesilbe<br />

o<strong>der</strong> vor n + Guttural, resp. n + an<strong>der</strong>em Konsonanten stattfand.<br />

Ferner ist zu bemerken, <strong>das</strong>s hinsichtlich <strong>der</strong> Zeit des überganges<br />

<strong>die</strong> Inschriften <strong>und</strong> <strong>die</strong> Lehnwörter einan<strong>der</strong> nicht wi<strong>der</strong>sprechen.<br />

Mit <strong>der</strong> e-i-Entwicklung wurde aber <strong>das</strong> durchsichtige, <strong>im</strong> ersten<br />

Abschnitt, 1. Tabelle vorgeführte System <strong>der</strong> star ken Verba <strong>der</strong><br />

e-a-Periode als Gesamtheit zerstört, <strong>und</strong> <strong>der</strong> dabei auftretendé<br />

germanische e-a-Ablaut verlor seinen strukturellen Sinn. über <strong>die</strong><br />

zur Frage gestellte einheitliche Entwicklung von e zu i in den<br />

v.erschiedenen Positionen, vor einem verengenden Faktor <strong>der</strong><br />

Folgesilbe, werde ich <strong>im</strong> folgendet;J. Abschnitt noch Wichtiges feststellen<br />

können. lch muss ihm jedoch aus praktischen Gründen eine<br />

Erörterung <strong>der</strong> früheren Erklärungsversuche des ë 2 vorausschicken.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1. Erörtenmg <strong>und</strong> Bibliographie bei L. E. van Wijk, Klinker8 Oergerm.<br />

StamsyUaben, 32 f.<br />

2. JEGPh., 6, 253 f. Dazu noch z.B. L. E. van Wijk, Klinker8 Oergerm.<br />

Stamsyllaben, 59. Vgl. auch Collitz, JEGPh, 1, 220 f. - Man hat schon<br />

früh, wenn auch nicht <strong>im</strong>mer <strong>system</strong>atisch, darauf hingewiesen: Bremer,<br />

IF., 4, 21.<br />

3. PBB., 23, 317-318 > Hirt, Handb. Urgerm., I § 29, 1. Vgl. weiter Karsten,<br />

Germanen § 51. - Vielfach wird idg. 0, a > germ. a in Zusammenhang<br />

gesehen mit idg. ö, ä > germ. ö <strong>und</strong> auch mit bekannten ähnlichen Vorgängen<br />

in an<strong>der</strong>en Sprachen <strong>der</strong> indogermanischen Familie, z.B. <strong>im</strong><br />

Balto·Slavischen. Zu <strong>die</strong>ser Frage: N. van Wijk, Een phon. par. Germ.<br />

Slav. Balt., 29 f., <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erörterung bei L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm.<br />

Stamsyllaben, 32 f. mit Bibliographie S. 44-45.<br />

4. Zu got. alëw: L. E. van Wijk, a.a.O., 33-34 <strong>und</strong> Bibliographie S. 45;<br />

19


20<br />

Feist, Vergl. Wtb. got. Spr., i.v. Alew. Vgl. jetzt noch Schwarz, Goten,<br />

Nordgerm., Angels., 22 f.<br />

5. Vgl. Schönfeld, Wtb. altgerm. Pers. <strong>und</strong> Völkern., i.v. Semnonea, Tencteri<br />

nsw.<br />

(j.<br />

Schon bei Bremer, IF., 4, 18; weitere Erörterung bei L. E. van Wijk,<br />

Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 57, 63; Schwarz, Goten, N ordgerm.,<br />

Angels., 52, lUl. Siehe hierbei jedoch auch Collitz, JEGPh., 6, 271 f.<br />

7. Collitz, a.a.O., 256. - Götternamen wie Baudihillia (urgenn. "'-heldi?),<br />

woneben Alaferhuiae mit erhaltenem e VOl' i (vgl. Gutenbrunner, Die<br />

germ. Göttern., 14 f.; insbeson<strong>der</strong>e für Baudihillia S. 43; mit noch mehr<br />

Material <strong>und</strong> Bibliographie) sind hier auch nicht einwandfrei zu verwerten.<br />

8. Oergerm. Handb. § 40, Anm. 1. An<strong>der</strong>er Ansicht ist Collitz, JEGPh.,<br />

6, 258.<br />

9. Wtb. altgerm. Pers. <strong>und</strong> Völkern., XVIII.<br />

10. Luick, Hiat. Gram. engl. Spr., I § 71, Anm. 3.<br />

11. Zur Frage <strong>der</strong> finnischen Lehnwortforschung: Collin<strong>der</strong>, Urgerm. lehnw.<br />

irn finn. Betreffs des idg. 0> germ. a vgl. Collin<strong>der</strong>s SchlUBS, 80.80.0., 40:<br />

"Ein indoeuropäisches ó <strong>der</strong> wurzelsilbe ist· somit <strong>im</strong> gennanischfinnischen<br />

lehnwortschatz nicht bezeugt". Wohl aber in Endsilben<br />

(0,.0,.0. § 70). Siehe noch Setälä, Herkunft <strong>und</strong> chrono germ. lehnw., 23,<br />

26; Karsten, Germanen § 51; Wikl<strong>und</strong>, lF., 38, 86 f. - Betreffs ft.<br />

rengaa: schon bei Noreen, Urgerm. Lautl., 13, an. hringr, urgerm.<br />

"'hrengaz. Vgl. Setälä, Herkunjt, 7; Collin<strong>der</strong>, Urgerm. lehnw. § 11 <strong>und</strong><br />

§ 223. - Fi. teljo neben an. pilja ist zu beachten als eine Entlehnung<br />

VOl' <strong>der</strong> Zeit des i -Umlauts von e (Setälä, Herkunft, 7; Collin<strong>der</strong>, Urgerm.<br />

lehnw., 12). - Beispiele mit bewahrtem urgermanischen ei sind<br />

nicht lUit Sic her heit nachzuweisen (0,. 11.0. § 10). - lch sche keinen<br />

Gr<strong>und</strong>, mit Collitz, JEGPh., 6, 284 <strong>die</strong> Richtigkeit von ft. rengaa anzuzweifeln.<br />

Auch Collitz' "Pr<strong>im</strong>itive Germanic" Kürzen<strong>system</strong> (i, a, u;<br />

vgl. MLN., 20, 65 f. <strong>und</strong> 33, 321 f.) ist seitdem mit Fug als verfehlt<br />

betrachtet. Zur Kritik siehe u.a. Sverdrup, NTS., I, 192-193 <strong>und</strong><br />

L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 47 f. V gl. jetzt Twaddell,<br />

Lang. 24, 139 f., insbeson<strong>der</strong>e 146 <strong>und</strong> unten den fünften Abschnitt.<br />

12. Marstran<strong>der</strong>, Inscr. caaques de Negau, 37 f.; <strong>der</strong>s., Rem. inacr. caaquea<br />

de Negau et de Watach, 9 f.; Kretschmer, ZfdA., 66, 1 f.; Specht, KZ.,<br />

60, 130f.; Neckel, KZ., 60, 282f.; Krogmann, KZ., 64, 269f.; Lindquist,<br />

HlewagaatiR och Harigaati Teiua, 97 f.; Althe<strong>im</strong>-Trautmann,<br />

Urspr. Runen, 36 f.; Althe<strong>im</strong>-Trautmann-Nehring, K<strong>im</strong>b. <strong>und</strong> Runen,<br />

(35) 36; Reinecke, N egauer H elmj<strong>und</strong>, 117 f. (von archäologischem<br />

iStandpunkt <strong>und</strong> sehr ausführlich) ;Reichardt, Lang., 29, 306 f.<br />

13. Hirt" dandb. Urgerm., l, 37 n<strong>im</strong>mt für <strong>das</strong> Urgennanische <strong>die</strong> unverän<strong>der</strong>ten<br />

Diphthonge ei, eu ani siehe auch S. 31l; auch so Krause, Altwestnord.<br />

Gram. § 7. Vgl. Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 55-56.<br />

14. Collind"r, Urge1'm. lehnw. §§ 55, 60. Karsten, Germ.-finn. Lehnw., 4<br />

sieht hierin idg. ei> Karsten, Germanen, 188. Auch so Reichardt, Lang.,<br />

29, 307: "the Karelian runko-teivaa 'rye god' showed an unmistakable<br />

diphthong". V gl. dagegen Wikl<strong>und</strong>, IF., 38, 96 f.; Toivonen, FuF.,<br />

15, 86.<br />

15. Vgl. Hirt, Handb. Urgerm., l, 38-39. Weiter: Karsten, Germ.-finn.<br />

L ehnw., 4 <strong>und</strong> vor allem Gutenbrunner, Die germ. Göttern., 98-99;<br />

Reichardt, Lang., 29, 307. Der Wert des ei bleibt jedoch unsicher,<br />

so <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Annahme (z.B. Much, PBB., 17, 168; Noreen, Urgerm.<br />

Lautt., 15, Anm. 3), idg. urgerm. ei käme noch vor <strong>im</strong> Gemeingermanischen,<br />

auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> alleinigen Alateivia-Form allerdings als nicht<br />

20


21<br />

überzeugend eracheint. - Zu beachten ist jedenfalla noch, <strong>das</strong>s in den<br />

antiken Inschriften ei <strong>und</strong> i irn selben germanischen Namen wechseln:<br />

Freiatto, Friatto, FriattiUB (Peraonennamen); vgl. Gutenbrunner, Die<br />

Germ. Göttern., 10, 14 mit Bibliographie.<br />

16. Hier werden <strong>die</strong> von Krause, Runeninschr. ält. Futhark, mitgeteilten<br />

Datierungen übernommen, obwohl noch zur Nachprüfung vielfach<br />

an<strong>der</strong>e Arbeiten zu Rate gezogen wurden. Die Datierungsunterschiede<br />

(irn allgemeinen von höchstens einem o<strong>der</strong> zwei Jahrhlm<strong>der</strong>ten; vgl.<br />

hierzu Karaten, Germanen, 160) beeinfiussen meine Schlfusse nicht. Gis­<br />

(Krause, S. 604 f.), Woduride (S. 538 f.), minino (S. 556 f.), minu <strong>und</strong><br />

liubu (S. 552 f.), IujJingaR (S. 545 f.); SkijJaleubaR (S. 586 f.), LeugaR<br />

(S. 569 f.). Bei je<strong>der</strong> Inschrift gibt Krause <strong>die</strong> Literatur. Neben Gisgehört<br />

<strong>der</strong> Peraonenname Asugisalas, Genetiv zu *AnsugislaR, auf dem<br />

Lanzenschaft von Kragehul, Dänemark [500-550J (Krause, S. 482 f.);<br />

bei Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Formenl. des AltisI., Il, 32, ist Kragehul<br />

auf [400J datiert, <strong>und</strong> <strong>das</strong> betreffende Wort ist nebst Woduride [hier<br />

5. Jh.1 als Beispiel für ei> ï erwähnt; bei Jacobsen- Moltke (u.a.),<br />

Danmarks Runeindakr., Text, Sp. 234 (196), ist <strong>die</strong> Datierung von<br />

Kragehul [350-550J ; vgl. <strong>die</strong> TabelIe bei Von Friesen, Rö-stenen, 30. Das<br />

gis-Element ist in Personennamen in den germanischen Sprachen über.<br />

haupt gut bekannt. Dasa hier i aus ei vorliegt, eraieht man aus ablau·<br />

tendem an. Gisle (Mannsname) : geisl, geisle ,.Stock" (Noreen, Altisl.<br />

aUnorw. Gram. § 165; vgl. Br0ndum-Nielsen, Gammeldansk Gram.,<br />

I § 61). Das ablautende gaiza- ist reich repräsentiert; siehe Schönfcld,<br />

Wtb. Altgerm. Per8. <strong>und</strong> Völkern., i.v. Giso. - Auch vor R wurde altes<br />

eu anscheinend schon <strong>im</strong> Urnordischen zu iu; vgl. Noreen, Altisl.<br />

aUnorw. Gram. § 71, 7; HeusIer, Altisl. Elementarb. §§ 49, 63; Krause,<br />

AUwestnord. Gram. § 16.<br />

21


III<br />

DER URSPRUNG DES SOG. ë 2<br />

§ 11. Das Problem des sog. ë 2 ist niemals zur allgemeinen<br />

Befriedigung gelöst worden. Die Benennungen ë 1 <strong>und</strong> ë 2 , <strong>die</strong> man<br />

in den Handbüchern öfters nebeneinan<strong>der</strong> erwähnt findet, sind schon<br />

irreführend, weil sie eine urgermanische Doppeltheit suggerieren,<br />

<strong>der</strong>en Vorkommen in <strong>die</strong>ser Periode gewiss nicht bewiesen ist.<br />

Sicher ist nur, <strong>das</strong>s ë 1 indo- <strong>und</strong> urgermanisch, <strong>und</strong> auch <strong>das</strong>s ë 2<br />

gemeingermanisch ist, denn <strong>der</strong> V okal begegnet <strong>im</strong> ganzen germanischen<br />

Gebiet 1),<br />

Aus einzelnen Formen wie z.B. got. hër, ahd. hër, hear, hiar, got.<br />

tëra, ahd. teara, tiara ist kein zwingen<strong>der</strong> Beweis für den urgermanischen<br />

Charakter des ë 2 zu gewinnen. Ebensowenig weisen <strong>die</strong><br />

Lehnwörter mit ë 2 aus den klassischen Sprachen, insbeson<strong>der</strong>e aus<br />

dem Vulgärlatein (z.B. got. krëks, ahd. kriach, ae. Orëcas; got. mës,<br />

ahd. mias, ae. mëse) auf <strong>die</strong> urgermanische Periode hin. Nur eins ist<br />

daraus deutlich, nämlich <strong>das</strong>s zur Zeit <strong>der</strong> Entlehnung <strong>die</strong>ser<br />

Fremdwörter ë 2 <strong>im</strong> Germanischen schon da war. Auffallend ist jedoeh,<br />

daas ë 2 gerade seine grösste Verbreitung in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />

Klasse kennt. Ebensowenig wie <strong>im</strong> Urgermanischen kann man in<br />

den überlieferten Vokal<strong>system</strong>en <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte von<br />

einem ë 1 -ë 2 -Paare reden. Im Nordgermanischen <strong>und</strong> <strong>im</strong> ëstlichen<br />

Teil des Westgermanischen ist altes ë 1 über re des Gemeingermanischen<br />

zu a geworden. Im westlichen Westgermanischen, also <strong>im</strong><br />

N ordseegermanischen ist höchst wahrscheinlich re erhalten geblieben,<br />

wob ei hier vielleicht eine kom binatorische a-Variante auftrat<br />

(vgl. <strong>die</strong> Entwicklung von altem ë 1 + Nasal <strong>im</strong> Altenglischen <strong>und</strong><br />

Altfriesischen). Die a-Expansion (a < ë 1 ) hat also <strong>das</strong> Nordseegermanische<br />

nicht o<strong>der</strong> kaum erreicht. In best<strong>im</strong>mten Dialekten des<br />

Nordseegermanischen wurde re wie<strong>der</strong> zu ë verengt, <strong>das</strong> dort mit ë 2<br />

zusammenfallen konnte 2). Dies ë 2 setzt seinen Weg als Parallelvokal<br />

des ö fort. Im Gotischen sind ë 1 <strong>und</strong> ë 2 zusammengefallen 3) , <strong>und</strong><br />

hier ist deshalb ë 2 nur auf Gr<strong>und</strong> germanischer Sprachvergleichung<br />

nachzuweisen.<br />

In den altgermanischen Dialekten findet man also für ë 1 <strong>und</strong><br />

ë 2 entwe<strong>der</strong> Zusammenfall o<strong>der</strong> deutlichen Unterschied, wobei<br />

es nicht zweck<strong>die</strong>nlich erscheint, von einem Paare zu sprechen.<br />

Die verschiedene Behandlung in den Dialekten setzt für ë 1 <strong>im</strong><br />

Gemeingermanischen den re-Wert voraus. Zu jener Zeit konnte <strong>die</strong>s<br />

22


23<br />

re <strong>die</strong> Stelle des zu ö verwandelten idg. ä einnehmen. Das bereits in<br />

gemeingermanischer Zeit aus ei, in <strong>der</strong> Stellung ei+n+h entstandene<br />

ä war damals noch nasaliert <strong>und</strong> ist demnach am besten für jene<br />

Zeit als kombinatorische Variante des kurzen a zu betrachten 4).<br />

§ 12. Vor allem soUte man hier <strong>die</strong> intern-germanischen<br />

Verhältnisse <strong>und</strong> Tatsachen in Betracht ûehen, denen man in den<br />

bisherigen Erklärungsversuchen des ë 2 lei<strong>der</strong> allzu wenig Rechnung<br />

getragen hat. Mit Ausnahme von einem sind alle früheren Erklärungsversuche<br />

als offenbare Missgriffe schon wi<strong>der</strong>legt worden <strong>und</strong><br />

hier fernzuhalten 5).<br />

Diejenige Erklärung, <strong>die</strong> sich bis jetzt erhalten hat - sei es für<br />

manchen auch nur als Arbeitshypothese - gab Jellinek, <strong>der</strong> ë2 aua<br />

idg. ëi herrühren liess 6). Seine Hypothese fand eine Stütze bei <strong>der</strong><br />

Brugmannschen Theorie betreffs des ë 2 aus idg. ëi in <strong>der</strong> nord- <strong>und</strong><br />

westgermanischen sog. reduplizierenden Klasse 7). Diese Theorie<br />

wird noch <strong>im</strong> folgenden Abschnitt zur Sprache kommen. Zunächst<br />

möchte ich hier Jellineks Argumentierung erörtern.<br />

Den an<strong>der</strong>en phantasiereichen Erklärungsversuchen steIlte J ellinek<br />

<strong>die</strong> wirklich positive Tatsache gegenüber, <strong>das</strong>s ë 2 in verschiedenen<br />

FäIlen neben l steht (~ot. hër gegenüber h<strong>im</strong>ma, hina; ahd. stiega<br />

gegenüber stiga usw.). Jellinek schlass demnach aus guten Gründen:<br />

"Es scheint also, <strong>das</strong>s man germ. ê 2 als einen ablaut <strong>der</strong> ei-reihe zu<br />

betrachten hat" 8). Der Begriff "Ablaut" hat ihn aber zum Folgenden<br />

geführt: "Es fragt sich nun welche stelle nahm ê 2 in <strong>der</strong> eireihe<br />

ein? Aus <strong>der</strong> vergleichung van ags. hér <strong>und</strong> ]xÉr, d.i. germ.<br />

hë 2 r <strong>und</strong> pë 1 r, scheint sich zu ergeben, <strong>das</strong>s einem ê 1 <strong>der</strong> ejo-reihe<br />

ein ê 2 <strong>der</strong> ei-reihe entspricht. Daraus scheint weiter zu folgen, <strong>das</strong>s<br />

ê 2 <strong>im</strong> germ. aus ëi entstanden ist" 9).<br />

Diese scheinbar bündige Beweisführung ist jedoch falsch <strong>und</strong><br />

fusst auf einer rein theoretisch en Gr<strong>und</strong>lage. Mit <strong>der</strong> Annahme von<br />

ë 2 aus idg. ëi wird zu gleicher Zeit <strong>das</strong> Problem des Weiterlebens <strong>der</strong><br />

sog. indogermanischen Langdiphthonge <strong>im</strong> Germanischen gestellt.<br />

Jellinek erkannte zwar <strong>die</strong> Schwierigkeiten gerade, worauf er selbst<br />

hinwies, weil Schmidts damals schon erschienene Ausführungen 10)<br />

über <strong>die</strong> Langdiphthonge nicht zu Gunsten jener Lösung sprachen.<br />

Es ist wohl begreiflich, <strong>das</strong>s man gegen sie yon varnherein Bedenken<br />

gehegt hat <strong>und</strong> noch vierzig J ahre später Hirt folgendes, richtiges<br />

Urteil über sie bringen konnte: "für ëi ist <strong>im</strong> Germ. wenig Raum,<br />

da es wohl schon <strong>im</strong> ldg. zu ë geworden ist <strong>und</strong> sich <strong>die</strong>ses ë nicht<br />

von dem ursprünglichen ë unterscheidet. Vgl. g. létan, ahd. läzzan:<br />

lito léidz'u . .. Man müsste also annehmen, <strong>das</strong>s sich <strong>der</strong> Diphthong<br />

ëi in einigen Fällen erhalten hat o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Germ. neu entstanden ist.<br />

Anhaltspunkte dafür haben wir nicht. lch hege daher gegen <strong>die</strong>se<br />

23


24<br />

Erklärung grosse Bedenken, vor allem weil wir in keinem einzigen<br />

Fall eine entsprechende Form in einer an<strong>der</strong>en Sprache nachweisen<br />

können" 11).<br />

§ 13. Wie steht es denn eigentlich mit den indogermanischen<br />

Langdiphthongen (d.h. den ursprünglich langen o<strong>der</strong> den gedehnten)<br />

12) <strong>im</strong> Germanischen 1 Zuerst folgendes. Ich kann Lehmann<br />

völlig beipflichten, wenn <strong>die</strong>ser behauptet, <strong>das</strong>s "PIE (Proto-Indo­<br />

European) had no diphthongs, but rather clusters of vowel and<br />

resonant, of resonant and vowel" 13). Wir haben <strong>im</strong> Indogermanischen<br />

deutlich mit Phonemgruppen zu tun, weil z.B. <strong>der</strong>en<br />

Komponenten hier <strong>und</strong> in an<strong>der</strong>er Verbindung eine einheitliche<br />

Entwicklungaufweisen. Illustrierend ist <strong>der</strong> Ubergang von idg.<br />

o zu germ. a, auch in oi ) ai <strong>und</strong> ou ) au.<br />

Die urgermanischen sog. Diphthonge ei, eu, ai, au sind gleichfalls<br />

als Phonemgruppen zu sehen, wie oben (§§ 1-2, 10) schon angenommen<br />

wurde <strong>und</strong> unten (vor allem § 20) noch dargetan wird. In<br />

<strong>die</strong>ser Hinsicht stellt sich eine indogermanisch-urgermanische<br />

Kontinuität heraus. Wenn ich somit hier von "Diphthongen"<br />

spreche, wird man auch für <strong>das</strong> Indogermanische wie für <strong>das</strong> älteste<br />

Germanische mit Phonemgruppen o<strong>der</strong> sog. Standdiphthongen zu<br />

rechnen haben. Auch <strong>der</strong> sog. indogermanische Langdiphthong war<br />

also eine Phonemgruppe (cluster). .<br />

Trotz aller Bemühungen ist man in <strong>der</strong> Frage, wie Bich <strong>die</strong> indogermanischen<br />

Langdiphthonge <strong>im</strong> Germanischen entwickelt haben,<br />

noch nicht zu klarer EinBicht gekommen. Im allgemeinen darf man<br />

wohl folgendes sagen. In <strong>der</strong> indogermanischen Zeit <strong>und</strong> möglicherweise<br />

unter beson<strong>der</strong>en Bedingungen ist in best<strong>im</strong>mten Langdiphthongen<br />

<strong>der</strong> zweite Bestandteil geschw<strong>und</strong>en. Im Germanischen<br />

traten dafür Längen auf, <strong>die</strong> sich nach dem bestehenden, germanischen<br />

Längen<strong>system</strong> gerichtet haben 14); vgl. z.B. got. fWdU8, an.<br />

flöd, ahd. fluot uSW. nebst gr. nÀaJTóç (aus idg. öu) gegenüber an.<br />

fljöta, ahd. fliozan uSW. mit Ablaut (idg. eu) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>em Formans.<br />

Man n<strong>im</strong>mt weiter an, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> erhaltenen Langdiphthonge, zu<br />

denen also ë uSW. + LiquidajN asal zu zählen sind, <strong>im</strong> Germanischen,<br />

in tautosyllabischer Stellung ihren ersten Komponenten gekürzt<br />

haben. Die angeführten Beispiele sind wenig zahlreich <strong>und</strong> sagen<br />

übrigens nicht viel, weil man meistens mit ebensoviel Recht <strong>die</strong><br />

Kürze als ursprünglich ansetzen könnte. Auch <strong>die</strong> Zeit des Vorganges<br />

lässt sich am Material nicht mit Sicherheit best<strong>im</strong>men. Für<br />

<strong>das</strong> ziemlich hohe Alter könnte noch <strong>die</strong> Tatsache sprechen, <strong>das</strong>s<br />

<strong>der</strong> Vorgang auchinan<strong>der</strong>enindogermanischen Sprachen begegnet 16 ).<br />

Gewöhnlich werden folgende Beispiele erwähnt: idg. àu (lat.<br />

nävis, ai. näU{J) gegenüber germ. au (an. naU8t); idg. öi (alat. ploirume<br />

24


25<br />

"plur<strong>im</strong>i", ai. präya- "mehr") gegenüber germ. ai (an. fleiri "mehr") ;<br />

weiter: got. windB usw., lat. ventus (*yëntos) gegenüber ai. väyati;<br />

got. m<strong>im</strong>z gegenüber ai. mä1Jt8am. Man darf hier wohl <strong>die</strong> Tatsache<br />

hervorheben, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se für <strong>das</strong> Germanische hypothetischen<br />

Langdiphthonge <strong>die</strong> übergänge nicht nur <strong>der</strong> Vokale, son<strong>der</strong>n<br />

gegebenenfalls auch <strong>der</strong> Kurzdiphthonge mitgemacht haben. Am<br />

einfachsten lässt sich <strong>die</strong>s so erklären, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> übergang von<br />

Langdiphthong zu Kurzdiphthong bereits geschehen war, bevor<br />

jene übergänge stattfanden, o<strong>der</strong> wenigstens während sie sich vollzogen.<br />

Auch aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> ist <strong>die</strong>se Kürzung mindestens zum<br />

ältesten Urgermanischen o<strong>der</strong> zum Vorgermanischen zu rechnen I8 ).<br />

§ 14. Wenn man <strong>die</strong> Sache strukturell betrachtet, lässt sich<br />

folgendes geItend machen. Eins ist deutlich, nämlich <strong>das</strong>s <strong>die</strong> indogermanischen<br />

Langdiphthonge <strong>im</strong> vokalischen System des Germanischen<br />

aufgegangen sind, ohne Spuren ihres Daseins zu hinterlassen.<br />

Ablautverhältnisse innerhalb des Germanischen können zwar hinweisen<br />

auf ursprüngliche Langdiphthonge (vgl. <strong>das</strong> oben erwähnte<br />

Beispiel got. jlOdus usw.), sind aber noch keine Zeugen für <strong>das</strong><br />

wirkliche Vorkommen <strong>der</strong> Langdiphthonge <strong>im</strong> Germanischen<br />

selbst; <strong>im</strong> betreffenden Beispiel ist ó gerade sicher schon vorgermanisch,<br />

wie a~s gr. nAw't'6ç hervorgeht 17).<br />

. Wenn ich jedoch feststelle, <strong>das</strong>s indogermanische Langdiphthonge<br />

<strong>im</strong> vokalischen System des Germanischen keine Spuren hinterlassen<br />

haben, dann bedeutet <strong>das</strong> hier, <strong>das</strong>s sie <strong>im</strong> historischen Germanischen<br />

keine eigenen Phoneme hervorgebracht haben 18). Die einzige Ausnahme<br />

würde gerade ë 2 aus idg. ëi sein. Dieser Ausnahmecharakter<br />

macht <strong>die</strong> Herleitung des ë2 aus idg. ëi nicht wahrscheinlicher,<br />

zumal <strong>das</strong> Pendant von idg. ëi, nämlich óu keinen AnIass zu einem<br />

eigenen Phonem gab 19). Triftige Gründe für eine solche Abweichung<br />

sind ausserdem nicht zu geben. Man könnte deshalb am besten <strong>die</strong><br />

ganze Sache umkehren <strong>und</strong> sagen, <strong>das</strong>s man idg. ëi <strong>im</strong> Germanischen<br />

als apartes Phonem weiter leben liess "pour Ie besoin de la cause" ,<br />

nämlich wegen des <strong>und</strong>eutlichen .ë2. Ganz <strong>im</strong> Einklang mit <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sog. indogermanischen Langdiphthonge<br />

hätte doch ein indogermanisches ëi - m.E. schon <strong>im</strong> Urgermanischen<br />

- in <strong>der</strong> Stammsilbe als ei (zusammenfallend mit altem<br />

ei> i) o<strong>der</strong> als ë (zusammenfallend mit altem ë,d.h. ë 1 ) erscheinen<br />

müssen. Selbstverständlich konnte auch i auftreten als Schw<strong>und</strong>stufe<br />

zu idg. ëi. Jedenfalls hätte sich auf <strong>die</strong>se Weise <strong>der</strong> Vokalismus<br />

<strong>der</strong> indogermanischen ëi-Reihe <strong>im</strong> germanischen (schon <strong>im</strong> urgermanischen)<br />

System aufgelöst. Dass man in <strong>der</strong> germanischen ei-Reihe<br />

Refiexe <strong>der</strong> indögermanischen ëi-Reihe wie<strong>der</strong>finden wird, aber<br />

nicht als eigene Phoneme, ist also nichts Merkwürdiges 20).<br />

25


26<br />

Dieser Erörterung gemäss konnte ein eventueller übergang ëi > ë 2<br />

nur mittelbar, d.h. durch eine germanische Zwischenstufe, vor sich<br />

gegangen sein, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Konsequenz ist folgende : wenn man sogar den<br />

p- 2 _ Fällen sic here indogermanische Verwandten mit ëi beige ben könnte,<br />

würden <strong>die</strong>se nur <strong>die</strong> Verwandtschaft, aber nicht einen Vorgang ëi > ë2<br />

erweisen können 21). Deswegen muss ich jede Erklärung, <strong>die</strong> ëi > ë2<br />

voraussetzt, von vornherein ablehnen, also auch jene von Lehmann<br />

22), <strong>der</strong> letzthin <strong>die</strong> ë 2 -Frage mit den Ergebnissen <strong>der</strong> Laryngaltheorie<br />

konfrontiert hat.<br />

§ 15. Aus verschiedenen Gründen möchte ich dennoch Lehmanns<br />

Behandlung berücksichtigen. Er machte den üblichen<br />

Unterschied <strong>der</strong> Fälle, in denen sich ë2 findet: A) Bei Substantiven<br />

usw., in denen es von ëi hergeleitet wird ; B) Als Präteritalvokalismus<br />

in <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse; C) Gegenüber iz; D) Bei Pronominalformen<br />

; E) Bei Lehnwörtern.<br />

Für A ging auch er also von Jellineks Erklärung aus, nämlich<br />

ëi > ë 2 , wenn auch schon sein Ausgangspunkt sich von <strong>der</strong> Jellinekschen<br />

Theorie unterscheidet. So schrieb Lehmann: "Jellinek had<br />

already pointed out the presence of i in cognates of words with ë2.<br />

We should not expect to find i if ë 2 had developed from lengthened<br />

grade forms of PIE ei. For IE i developed from short i lengthened<br />

up on loss of a laryngeal .. . Moreover , normal grade forms would be<br />

much more likely than lenghtened grade forms in 0<br />

sterns like<br />

schiet 'crooked'. Morphological evi<strong>der</strong>ice therefore points to<br />

<strong>der</strong>ivation of words with ë 2 from the normal grade of 'originallong<br />

diphthongs', that is, in terms of laryngeal theory, /eXy/ " 23). Die<br />

Sache ist klar : Lehmann konnte nicht mit gedehntem Langdiphthong<br />

ëi rechnen, son<strong>der</strong>n nur mit sog. ursprünglichem Langdiphthong<br />

ëi, d.h. <strong>im</strong> Sinne·<strong>der</strong> Laryngaltheorie e + Laryngal X + y,<br />

zu dem <strong>die</strong> Vérwandten mit i als "reduced grade" gut st<strong>im</strong>men.<br />

Aber <strong>die</strong> von Jellinek berücksichtigten i-Fälle hatten auch i aus<br />

altem ei. Dass Jellinek in erster Linie an <strong>die</strong> ei/oi/i-Reihe dachte,<br />

ersieht man ausserdem aus seiner oben angeführten Proportion :<br />

"ê 1 <strong>der</strong> e/o-reihe" entspricht .,ê 2 <strong>der</strong> ei-reihe". Der Wert <strong>die</strong>ser<br />

Proportion spielt hier weiter keine Rolle.<br />

Nun solI dabei betont werden, <strong>das</strong>s Lehmann von einer unsicheren<br />

Prämisse ausging, wenn er in germanischen i-"cognates" mit<br />

schw<strong>und</strong>stufigem i neben ëi rechnete. So sagte er: "We find the reduced<br />

grade . . . in Gk. xetw "anoint" and OIcel. gr{ma "mask" <strong>und</strong><br />

"we find reduced grade forms with i, e.g. OE wir "wire", OE wil<br />

"trick" 24). Dass i von an. gr<strong>im</strong>a <strong>und</strong> vor allem von ae. wir, wil usw.<br />

schw<strong>und</strong>stufig neben ëi (eXy) stehe <strong>und</strong> nicht aus ei herrühre, mU88<br />

vorläufig dahinstehen.<br />

26


27<br />

Für seinen Zweck konnte Lehmann zwar auch aussergermanisches<br />

i verwenden, <strong>und</strong> <strong>die</strong>s hat er z.B. noch in folgenden FälIen<br />

getan: got. fëra, ahd. fiara neben ai. sphära, sphäyate, 8phita, sphäti;<br />

ahd. stiega usw. neben lat. vestigium. Diese Verwandtschaften sind<br />

nicht nur unsicher; aber wenn man sie noch billigen kann, bleibt in<br />

einem Fall wie vestigium <strong>die</strong> Herkunft des i fraglich.<br />

§ 16. Lehmanns Behandlungsweise des Problems bietet eine<br />

willkommene Gelegenheit, nochmals <strong>die</strong> Zugehörigkeit <strong>der</strong> betreffenden<br />

ë 2 -Fälle zur ei-Reihe hervorzuheben, d.h. meiner Ansicht<br />

nach: zur germanischen ei-Reihe. Diese Zugehörigkeit ist nämlich<br />

<strong>die</strong> einzige Tatsache, <strong>die</strong> ausser Zweifel steht. Beispiele hat schon<br />

Jellinek angeführt. Ich möchte hier, auch <strong>im</strong> Vergleich mit Lehmanns<br />

Material einige Fälle zusammenstellen, aus denen <strong>die</strong><br />

betreffende Zugehörigkeit überdeutlich hervorgeht.<br />

1. Neben dem in allen germanischen Dialekten begegnenden<br />

Verb got. steigan, staig,.stigum, stigans, ahd. stigan usw. findet sich<br />

eine ganze Reihe von Substantiven in den verschiedenen Ablautstufen,<br />

z.B. an. stigr, ae. stig "Steig, Pfad" (i < ei); got. staiga<br />

"Steig. Weg", ahd. steiga "steigen<strong>der</strong> Weg" (ai); an. stigr, mnd.<br />

stëch "Steig, Pfad", ahd. stëg "Steg" (i, auch > ë). Im Althochdeutsc<br />

hen stehen noch schön nebeneinan<strong>der</strong>: stiga "Steig, Pfad" (i < ei),<br />

steiga "steigen<strong>der</strong> Weg" (ai), stiega "Steigung, Treppe" (<strong>das</strong> letzte<br />

mit ë 2 ; vgl. nhd. Stiege). Die Reihe eijaiji mit ë 2 hat hier einen vollständigen<br />

Beleg gef<strong>und</strong>en. Trefflich ist ausserdem, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en<br />

indogermanischen Sprachen mit verschiedenen Ablautstufen sehr<br />

deutlich auf <strong>die</strong>selbe Reihe hinweisen: gr. aTEtXW "ich steige" ,<br />

aks!, po-stignq.ti "erreichen", ai. stighnoti .,er steigt", aks!, stb( d )za,<br />

lito stiga, "Pfad" , gr. Gr:txoç, aToixoç "Reihe".<br />

Hierbei hat Lehmann auch lat. vestigium herangezogen, zwar mit<br />

Vorbehalt, denn <strong>die</strong>se Erklärung des lateinischen W ortes wird nicht<br />

allgemein gebilligt. übrigens, wenn vestigium tatsächlich bei <strong>die</strong>ser<br />

Wortsippe einzureihen wäre, braucht <strong>das</strong> i, wie oben gesagt, noch<br />

nicht als Reflex <strong>der</strong> Schw<strong>und</strong>stufe von ëi zu geIten. Lehmann selbst<br />

sagte: "our evidence for assuming j(s)teXygh-j is smalI" 26).<br />

Bei solchen deutlichen Belegen, wie <strong>die</strong>se <strong>die</strong> Wortfamilie von<br />

(s)teigh- bietet, ist m.E. allein <strong>die</strong> ei-Reihe, sowohl für <strong>das</strong> Indogermanische<br />

wie für <strong>das</strong> Germanische, in Betracht zu ziehen. Vnd<br />

doch begegnet hier ë2 <strong>im</strong> Germanischen! Im Sinne Jellineks wäre<br />

zwar mit einem gedehnten Langdiphthong ëi zu rechnen, aber auch<br />

<strong>die</strong>s ist durchaus hypothetisch 28).<br />

2. Gegenüber mhd. schief "schief" (ë2) ist an. 8keifr, ae. swf,<br />

mhd. (dia!.) scheib, nd!. scheef "schief" (ai) <strong>und</strong> hessÎBch-fränkisch<br />

27


28<br />

8chepp (mit e < i) zu erwähnen. Auch hier ist <strong>die</strong> germanische ei­<br />

Reihe also klar repräsentiert.<br />

3. Obschon man mit <strong>der</strong> Wortgruppe von wiege mehr o<strong>der</strong><br />

weniger in <strong>die</strong> Gefühlssphäre gerät <strong>und</strong> auch <strong>die</strong> Frage des Verhältnisses<br />

zu wägen usw. aufkommt, darf man doch nebeneinan<strong>der</strong><br />

stellen: mhd. nhd. wiege, mnl. wieghe, ndl. wieg "Wiege" (ë2) <strong>und</strong><br />

mhd. weigen "schwanken, wackeln" (ai) <strong>und</strong> ahd. wiga, afri. widze<br />

"Wiege" (i).<br />

4. Neben i steht ai <strong>und</strong> ë 2 : ae. wir, mnd. wire "Metalldraht,<br />

daraus gew<strong>und</strong>ener Schmuck", vgl. an. vira-virki "Arbeit aus<br />

Metalldraht"; ae. wär "Seegras" (ai); ahd. wiara "Gold- o<strong>der</strong> Silberdraht,<br />

feines Gold" (ë 2 ); ndl. wier "Seegras, Tang" kann sowohl<br />

i als ë 2 haben.<br />

5. Neben i tritt ë 2 auf: an. tirr, ae. as. tir "Ehre, Ruhm"; ahd.<br />

zëri, ziari "kostbar, herrlich", ziari "Schönheit, Zier"; ae. wil<br />

"List, Kniff"; an. vël "Kunst, Kniff"; vgl. auch ae. Wëland,<br />

wozu <strong>im</strong> Deutschen Wieland.<br />

6. Neben ë 2 steht i: got. an. ae. Mr, ahd. hiar "hier" usw.;<br />

got. h<strong>im</strong>ma, hina, hidre, ae. hi<strong>der</strong> usw. In afri. hir (woraus vielleicht<br />

as. hir) liegt lokaler ë-i-übergang vor.<br />

Die vorgeführten Beispiele sind für meinen Zweck ausreichend.<br />

§ 17. Lehmann ist auch für <strong>die</strong> Erklärung des ë2 als Präteritalvokalismus<br />

in <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse (B) von idg. ëi (eXy)<br />

ausgegangen. Auch hier gilt <strong>das</strong> Hauptbedenken, <strong>das</strong>s idg. ëi <strong>im</strong><br />

germanischen System kein eigenes Phonem erzeugt hat. Unten<br />

(§ 33) bei meiner Behandlung <strong>der</strong> reduplizierenden Verba werde ich<br />

noch kurz darauf eingehen. .<br />

Die folgenden, bei Lehmann unterschiedenen Kategorien, nl. C<br />

(gegenüber iz), D (bei Pronominalformen), E (bei Lehnwörtern)<br />

sind in <strong>der</strong> Herkunftgeschichte des ë 2 nicht als pr<strong>im</strong>är zu betrachten;<br />

sie haben nicht eine determinierende Rolle in <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

vokalischen Systems gespielt. Diese Kategorien werden noch weiter<br />

unten (§ 28) erwähnt.<br />

In übereinst<strong>im</strong>mung mit <strong>der</strong> Herleitung des ë2 aus idg. ëi hat<br />

Brugmann, für <strong>die</strong> Erklärung eines Teils <strong>der</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen<br />

reduplizierenden Verba, sich wie<strong>der</strong> auf rein theoretischer<br />

Gr<strong>und</strong>lage auf idg. ëu berufen 27). Aus dem jö vor k <strong>und</strong> p <strong>der</strong><br />

altnordischen Präterita jök (auka) <strong>und</strong> hljöp (hlaupa) hat Boer 28)<br />

weiter geschlossen, <strong>das</strong>s urgerm. ëu (idg. ëu) <strong>im</strong> Urnordischen noch<br />

nicht mit urgerm. eu zusammengefallen war. Im Sinne Boers blieb ëu<br />

wohl ein eigenes Phonem <strong>und</strong> sogar bis in ein rein hypothetisches Urnordisch<br />

hinein. Im historischen Germanischen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong><br />

28


29<br />

Altnordischen, ist <strong>die</strong>s nicht wahrscheinlich zu machen. Ausserdem<br />

ist es durchaus unannehmbar, wie man oben gesehen hat, <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />

indogermanischen Langdiphthonge sich <strong>im</strong> Germanischen so lange<br />

erhalten haben. lm folgenden Abschnitt, bei <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong><br />

reduplizierenden Verba, werde ich Gelegenheit finden, mich weiter<br />

mit den von Brugmann <strong>und</strong> Boer gestellten Problemen auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Angesichts <strong>der</strong> Schwächen des Jellinekschen "Postulats"<br />

ë 2 < ëi scheint es mir nicht mehr erwünscht, damit weiter zu arbeiten,<br />

urn so mehr weil <strong>der</strong> urgermanische Vokalismus selbst eine ungezwungene<br />

Erklärung des ë 2 zu geben vermag. Jellineks Ausgangspunkt,<br />

<strong>das</strong>s ë 2 zur éi-Reihe gehöre, ist jedoch beizubehalten <strong>und</strong><br />

wird weiter unten noch eine völlige Best,ätigung finden.<br />

§ 18. Oben (§ 10) wurde festgestellt, d;3,sS man mit vier sog. urgermanischen<br />

Diphthongen zu rechnen hat, nämlich ei, eu, ai, au; gleichzei<br />

tig wurde auf eine möglicherweise gleichläufige Entwicklung<br />

hingewiesen, nämlich ei> i, eu> iu <strong>und</strong> e > i, in den beiden letzten<br />

Fällen bedingt, be<strong>im</strong> übergang ei> i allgemein durchgeführt, wie<br />

man ann<strong>im</strong>mt. Neben <strong>das</strong> letzte habe ich indessen ein Fragezeichen<br />

gesetzt. Eine Einsicht in <strong>die</strong> Entwicklung des eu ist hier von<br />

grossem Gewicht.<br />

Zuerst hebe ich ausdrücklich hervor, was sich aus <strong>der</strong> obigen<br />

Erörterung schon herausgestellt hat, <strong>das</strong>s man <strong>die</strong> urgermanischen<br />

Diphthonge als Paare zu sehen hat <strong>und</strong> zwar ei/eu einerseits, ai/au<br />

andrerseits. Schon in chronologischer Beziehung ist ein Unterschied<br />

zwischen <strong>die</strong>sen Paaren durchzuführen, indem sich <strong>das</strong> erste Element<br />

in ei/eu deutlich in einer älteren Peria,de bewegt als in ai/au;<br />

<strong>die</strong> zwei letzten Diphthonge sind für <strong>die</strong> hi.er gestellte Frage nicht<br />

wichtig, <strong>und</strong> wir können sie hier somit a,usser Betracht lassen.<br />

§ 19. Wie ist <strong>der</strong> urgermanische eu-Diphthong in den altgermanischen<br />

Dialekten vertreten ~ lch gebe zuerst <strong>die</strong> Regeln, wie<br />

sie aus den Handbüchern hervorgehen. Unten werde ich versuchen,<br />

<strong>die</strong> Entwicklung für <strong>die</strong> uns interessierenden älteren Schichten,<br />

nämlich <strong>das</strong> Ur- <strong>und</strong> Gemeingermanische, <strong>im</strong> s',trukturellen Sinne<br />

zu interpretieren. Der eu-Diphthong erscheint <strong>im</strong> ältesten Urnordischen<br />

als iu (vor i, u <strong>der</strong> Folgesilbe <strong>und</strong> anscheinend auch<br />

vor R) <strong>und</strong> als eu (in an<strong>der</strong>en Fällen). Beispieie' dafür sind oben<br />

(§ 10) erwähnt. lm Altnordischen findet sioh 'fi vor i, j <strong>der</strong> Folgesilbe<br />

<strong>und</strong> vor r (R), <strong>und</strong> weiter gibt es eine Spaltung jüfjö, <strong>die</strong> sich<br />

auf Gr<strong>und</strong> des folgenden Konsonantismus herausgebildet hat, <strong>im</strong><br />

allgemeinen jü vor p , f<strong>und</strong> k, g (krjüpa, ljüga) ulld jö in an<strong>der</strong>en<br />

Fällen (bjöda, hljömr, jJjö) 29).<br />

29


30<br />

lm Althochdeutschen steht iu vor i, i <strong>und</strong> u <strong>der</strong> Folgesilbe, eo/io<br />

vor a, e, o. Diese Regel lässt sich nur ohne weiteres erkennen <strong>im</strong><br />

Fränkischen (beotan, biutu, biutis; liogan, liugu, liugis); <strong>im</strong> Oberdeutschen<br />

hingegen erscheint jedes urgermanische eu vor Labial <strong>und</strong><br />

Guttural als iu (liugan, chliuban, liubo8to) 30). Die oberdeutschen<br />

Verhältnisse erinnem starJ:{ an <strong>die</strong> oben erwähnte, altnordische<br />

Spaltung iil/iö, obschon es deutlich U nterschiede gibt 31).<br />

lrn Altsächsischen ist <strong>die</strong> :Regel: iu vor i, i, u <strong>der</strong> Folgesilbe; eo/io<br />

vor a, e, 0 <strong>der</strong> Folgesilbe; IlU vor w, wenn in <strong>der</strong> Folgesilbe a, e, u<br />

steht o<strong>der</strong> gestanden hat 3~).<br />

Auch <strong>das</strong> Altenglische )~eflektiert<br />

einen Unterschied zwischen<br />

iu vor i, j <strong>der</strong> Folgesilbe <strong>und</strong> eu in an<strong>der</strong>en Fällen. Später ist<br />

eu zu ëo geworden (bëod, dëop, sëoc) <strong>und</strong> iu zu io/ëo (liode, lëode)<br />

<strong>und</strong> <strong>im</strong> Westsächsischen zu ie (i, y) bei i-Umlaut 33).<br />

lm Altfriesischen ist gerlm. eu repräsentiert durch iu vor i, i <strong>der</strong><br />

Folgesilbe (diupa < *diupja.n, diure, liude), <strong>das</strong> ausserdem auch vor<br />

westgerm. w erscheint (tri1tWe), durch ia vor a, e, 0 <strong>der</strong> Folgesilbe<br />

(biada, liaga, 8iak) 34).<br />

Wie steht es nun <strong>im</strong> Gütischen? Völlig in übereinst<strong>im</strong>mung mit<br />

<strong>der</strong> Regel, daas jedes alte (! als i erscheint mit Ausnahme vor h, lv, r,<br />

weist <strong>die</strong>se Sprache für aJtes eu keine Spaltung auf, sondem nur<br />

iu (biugan, biudan, niujis usw.). Dass eine gleichartige Spaltung wie<br />

in den an<strong>der</strong>en altgermanischen Dialekten dennoch auch <strong>im</strong> Ostgermanischen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong> Gotischen existiert haben wird, ist<br />

wohl aus einer Tatsaehf: zu entnehmen. Diese kann aber erst in<br />

einem weitèren Stadium <strong>die</strong>ser Erörterung ermittelt werden 26).<br />

Gegenüber iu <strong>im</strong> Bibelgotischen kommt eu jedoch <strong>im</strong> späteren<br />

Ostgermanischen vor <strong>und</strong> zwar, wie Gamillscheg bei seiner Besprechung<br />

<strong>der</strong> gotischen Lehnwörter <strong>im</strong> ltalienischen <strong>und</strong> Spanischen<br />

anmerkt, "wenn nicht Bin -j- nachfolgte" (8iurjö) 35).<br />

Aus dem NamenDlaterial bei Wackemagel 36 ) <strong>und</strong> bei Wrede 37)<br />

geht aber <strong>der</strong> alte l','nterschied nicht hervor. Es steht hier gewöhnlich<br />

eu, eo <strong>und</strong> seltener iu, ohne <strong>das</strong>s dabei ei ne Bedingung durch<br />

den Vokalismus <strong>der</strong>' Follgesilbe erscheint. Aber man hat schon mehrmals<br />

darauf hingewiesen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>s es Eigennamenmaterial für einen<br />

Zweck wie den unHeren kaum o<strong>der</strong> gar nicht verwertbar ist 38).<br />

übrigens könntl~ (siehe jedoch Gamillschegs Schluss) <strong>im</strong> späteren<br />

Ostgermanischen eine alte o<strong>der</strong> ältere Spaltung sich umgebildet<br />

haben, wie <strong>im</strong> Altnordischen <strong>und</strong> Oberdeutschen, o<strong>der</strong> allmählich<br />

geschw<strong>und</strong>en seÎl 1, wie <strong>die</strong> Entwicklung <strong>im</strong> Alt- <strong>und</strong> Mittelenglischen<br />

<strong>und</strong> noch <strong>im</strong> Südwestnie<strong>der</strong>ländischen sehen lässt 39).<br />

Zusammenfas aend darf man sagen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Spaltung des alten<br />

eu - <strong>und</strong> vor1äu fig sehen wir <strong>die</strong>se als bedingte eu-iu-Entwicklung -<br />

allen altgermar lischen Dialekten gemeinsam iat. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

:30


31<br />

Allgemeinheit <strong>die</strong>ser Erscheinung <strong>und</strong> auch des <strong>im</strong> vorig en Abschnitt<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Entwicklung von eu zu iu Ermittelten, ist<br />

sie schon in <strong>die</strong> gemeingermanische Periode zu verlegen.<br />

Im ganzen nord- <strong>und</strong> westgermanischen Gebiet ist <strong>der</strong> übergang<br />

von eu zu iu bedingt vam i, i <strong>der</strong> Folgesilbe, aber <strong>im</strong> Urnordischen,<br />

Althochdeutschen (mit oberdeutscher Durchbrechung) <strong>und</strong> Altsächsischen<br />

steht iu für altes eu nicht nur var i, i, son<strong>der</strong>n auch var<br />

u <strong>der</strong> Folgesilbe. Der übergang vor u hat also nur eine beschränkte<br />

geographische Verbreitung, weil er jünger ist, wie man unten<br />

(§ 24) noch bestät~gt findet.<br />

§ 20. Es soli jetzt noch <strong>die</strong> Entwicklung des "einfachen" e zu<br />

·i herangezogen werden, wobei sich ein treffen<strong>der</strong> Parallelismus mit<br />

eu-iu tatsächlich konstatieren lässt.<br />

Man weiss, <strong>das</strong>s neben dem eu-iu-übergang var i, i <strong>der</strong> Folgesilbe<br />

ein i unter gleicher Bedingung für altes eerscheint. Man stelit auch<br />

eine paraliele Entwicklung von eu > iu <strong>und</strong> e > i <strong>im</strong> Gotischen fest;<br />

für <strong>die</strong>se Sprache nehme ich, wie oben bei eu > iu, eine ursprüngliche<br />

Spaltung von e an, nämlich durch e-i-übergang var verengendem<br />

Faktor <strong>der</strong> Folgesilbe ; den Beweis werde ich ab er erst später<br />

anführen(§ 2û) 40). Wo eu auch var u <strong>der</strong> Folgesilbe als iu auftritt,<br />

erscheint unter gleicher Bedingung auch i für altes e. Demgemäss<br />

solite man i gerade <strong>im</strong> Urnordischen, Althochdeutschen·<strong>und</strong> Altsächsischen<br />

finden. Im Urnordischen ist belegt: gibu, 1. Pers on<br />

Präsens *geban, Brakteat aus Seeland, Dänemark [urn 550] 41).<br />

Im Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen ist <strong>die</strong> Regel sehr deutlich<br />

zu erkennen (ahd. as, gibu -b-, filu). Umgekehrt findet sich <strong>im</strong><br />

Anglo-friesischen, wo eu vor u <strong>der</strong> Folgesilbe nicht als iu (= &8.<br />

io/eo, afri. iu) vorkommt, unter gleicher Bedingung nicht "einfaches"<br />

i, son<strong>der</strong>n e (ae. feolu < *felu; afri. fel(o) 42). Man kann also mit<br />

gutem Fug den Satz aufstellen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> früheste überlieferung<br />

ei ne einheitliche Entwicklung eu > iu <strong>und</strong> e > i aufweist.<br />

Diese Entwicklung hat auch nichts Ungewöhnliches an sich.<br />

Man kann hier zum Vergleich nochmals den älteren o-a-Wandel<br />

heranziehen. In <strong>der</strong> Geschichte des Germanischen gibt es nicht<br />

bloss einen übergang idg. 0> germ. a, son<strong>der</strong>n auch idg. oi > germ.<br />

ai <strong>und</strong> idg. ou > germ. au. Der o-a-Wandel ist also in allen Stellungen<br />

durchgeführt worden 43). Ein bedeuten<strong>der</strong> Unterschied zwischen<br />

dem letzten Vorgang <strong>und</strong> e > i (auch in eu > iu) ist jedoch, <strong>das</strong>s <strong>der</strong><br />

e-i-übergang einen bedingten Lautwandel darstellt. Daher wird sich<br />

bei <strong>die</strong>sem vielfach Analogie <strong>und</strong> Ausgleich vorfinden können.<br />

In <strong>der</strong> van verengendem Faktor <strong>der</strong> Folgesilbe bedingten e-i­<br />

Entwicklung, <strong>die</strong> mit Fug Umlaut genannt wird <strong>und</strong> bei eu <strong>und</strong> e<br />

auftritt, ist jetzt ein triftiger Beweis gef<strong>und</strong>en, <strong>das</strong>s eu eine Phonem-<br />

:n


32<br />

gruppe darstellt, nl. e +y,. Wenn e in eu phonologisch selbständig<br />

ist, dann muss es <strong>die</strong>s auch in ei (= e + i) sein. Meine obige Annahme<br />

- als Arbeitshypothese - einer einheitlichen Entwicklung<br />

des e in eijeuje bekommt hierdurch eine feste Gr<strong>und</strong>lage.<br />

§ 21. Zur Zeitbest<strong>im</strong>mung des bedingten e-i-überganges sind<br />

wohl noch einige Punkte zu erörtern. Dass eu > iu <strong>und</strong> e > i vor<br />

i, i <strong>der</strong> Folgesilbe allgemein verbreitet ist, wenn man <strong>die</strong>s vorläufig<br />

für <strong>das</strong> Vorgotische auch ann<strong>im</strong>mt, weist allerdings auf <strong>die</strong> gemeingermanische<br />

Periode hin.<br />

Die Idee eines frühen, d.h. gemeingermanischen bzw. urgermanischen<br />

übergangs vor i, j <strong>der</strong> Folgesilbe, wenigstens be<strong>im</strong> "einfachen"<br />

e > i, ist schon <strong>im</strong> vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t aufgekommen 44) .<br />

Im Anschluss an eine Ausführung Bugges (6) hat Kock (6) gegen<br />

<strong>die</strong>se Annahme Kritik erhoben. Seitdem ist <strong>der</strong> Gedanke des<br />

Einzeldialektisch-seins des betreffenden Vorgangs wie<strong>der</strong>holt übernommen<br />

o<strong>der</strong> verteidigt worden, so neulich noch von Schwarz 47).<br />

Man muss aber <strong>im</strong> Gedächtnis behalten, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Diskussion bereits<br />

von vornherein getrübt worden ist, weil man manchmal nur mit<br />

zwei Sprachschichten gerechnet hat, nämlich Urgermanisch <strong>und</strong><br />

einzeldialektisch, <strong>der</strong>en Grenzen ausserdem von den verschiedenen<br />

Forschern sehr ungleich gezogen werden. Daher erscheint mir <strong>die</strong><br />

Streitfrage in einzelnen Fällen als eine rein terminologische. Im<br />

Gr<strong>und</strong>e handelt es sich darum, ob <strong>der</strong> betreffende Vorgang, wenigstens<br />

in seinem Ansatz, einem mehr o<strong>der</strong> weniger einheitlichen<br />

Germanischen o<strong>der</strong> den Einzeldialekten zuzuschreiben sei. Die<br />

letzte Ansicht, welche Kock anscheinend für <strong>die</strong> richtigere hält,<br />

ist m.E. abwegig. F:ür <strong>die</strong>sen war "<strong>die</strong> herrschende auffassung<br />

betreffs <strong>der</strong> entwicklung von e zu i vor i, i unhaltbar ... ; <strong>die</strong> entwicklung<br />

kann nicht urgerm. gewesen <strong>und</strong> nicht gleichzeitig in<br />

allen wörtem eingetreten sein, wo sie in den altn. literatursprachen<br />

vorliegt" (8). Dazu wies er hin auf <strong>die</strong> altnordischen Präterita<br />

hleda (·hlewiáO-) zu hl'fija <strong>und</strong> 8ëda (·8ewidö-) zu ·8'fija, wo ein e vor i<br />

<strong>der</strong> Folgesilbe also nicht zu i geworden ist.<br />

Auch <strong>der</strong> Name <strong>der</strong> "Wenden" wurde herangezogen; bei Vindr<br />

kommt <strong>der</strong> Genitiv Venda vor, wenn auch <strong>der</strong> Genetiv Vinda geläufiger<br />

ist; Venedi bei Plinius <strong>und</strong> -Veneti bei Tacitus wurden ebenfalls<br />

erwähnt. Auch <strong>der</strong> verschiedene Male begegnende runennordische<br />

Personenname ErilaR wurde als Zeuge vorgeführt. Für Kock<br />

stellte sich <strong>die</strong> Sache sehr einfach, "wenn man für <strong>die</strong> entwicklung<br />

von e zu i zwei getrennte perioden ann<strong>im</strong>mt, <strong>die</strong> den beiden für<br />

den ('gewöhnlichen') i-umlaut <strong>der</strong> gutturalen vocale in den altn.<br />

sprachen entsprechen" 49).<br />

Seine Beschreibung <strong>der</strong> nordischen Tatsachen hat in ihrer<br />

32


33<br />

Gesamtheit vitlfache Kritik hervorgerufen 50) . Die Frage ist sowieso<br />

gestattet, ob er auf Gr<strong>und</strong> des alleinigen nordischen Materials in <strong>der</strong><br />

Lage war, einen Schluss zu ziehen, <strong>der</strong> doch <strong>das</strong> ganze Germanische<br />

betrifft. Schon Trautmann hat dazu gesagt: " <strong>die</strong> wenigen beispieie,<br />

<strong>die</strong> er gegen <strong>die</strong> vulgatansicht aufführt, können dem erdrückenden<br />

gemeinsamen zeugnis aller germanischen sprachen gegenüber nichts<br />

beweisen ; . .. Wie Kock sich <strong>die</strong> entwicklung <strong>der</strong> übrigen germanischen<br />

sprachen denkt, deutet er nicht an; er bedenkt auch nicht . . . ,<br />

<strong>das</strong>s, wie <strong>die</strong> germanischen sprachen einst<strong>im</strong>mig darauf hinweisen,<br />

<strong>das</strong>s <strong>der</strong> i-umlaut von gutturalen vokalen einzelsprachlich ist, sie<br />

ebenso einst<strong>im</strong>mig darauf deuten, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> i-umlaut von e gemeingermanisch<br />

ist" 51).<br />

Auch Von Friesen hat seine St<strong>im</strong>me gegen <strong>die</strong> Kocksche Theorie<br />

erhoben 52) , indem er betonte, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> i-Umlaut von e älter sei als<br />

<strong>der</strong> i-Umlaut von velaren Vokalen 53) . Dabei hat er nebst an<strong>der</strong>em<br />

Material auch Kocks Beispiele kritisch betrachtet <strong>und</strong> an<strong>der</strong>s gedeutet,<br />

wodurch sie für <strong>die</strong> von Kock vertretenen Ansichten nicht<br />

mehr als beweiskräftig erschienen. Ich möchte hier noch folgendes<br />

hinzufügen. ErilaR lässt sich wegen <strong>der</strong> Unsicherheit <strong>der</strong> Form hier<br />

gar nicht verwerten 54). Neben hleda zu hlyja <strong>und</strong> sëda zu *syja hat<br />

Kock selbst z.B. knïda zu knyja angeführt 55), was seine Theorie<br />

doch nicht stützte <strong>und</strong> wobei er ei ne eigene <strong>und</strong> verwickelte Erklärung<br />

gab. Trautmann 56) <strong>und</strong> Von Friesen 57) sahen aber in<br />

knïda <strong>die</strong> regelrechte Entwicklung aus *kniwidó- 58).<br />

Gerade <strong>die</strong> bedingte Art des betreffenden übergangs macht Kocks<br />

Annahme, <strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> betreffende Zeitbest<strong>im</strong>mung auf Einzelfälle<br />

stützt, nicht überzeugend. Bedingt bedeutet doch, <strong>das</strong>s es auch<br />

Fälle gibt, in denen <strong>der</strong> Lautwandel nicht vorkommt, es sei denn<br />

<strong>das</strong>s ein hemmen<strong>der</strong> Faktor auftritt o<strong>der</strong> <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Bedingung nicht<br />

da ist ; <strong>die</strong>s kann z.B. innerhalb desselben Wortes o<strong>der</strong> Stammes<br />

geschehen, so <strong>das</strong>s gegenseitige Beeinflussung <strong>und</strong> Ausgleich sich<br />

von selbst einstellen. Es ist zwar möglich, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> ursprüngliche<br />

i-Umlaut des e o<strong>der</strong> <strong>die</strong> e-i-Entwicklung nicht <strong>die</strong> Verbreitung<br />

kannte, <strong>die</strong> <strong>die</strong> "altnordischen Sprachen" aufweisen, aber Kock hat<br />

keinen einzigen Beweis geliefert gegen den gemeingermanischen<br />

Ursprung des i-Umlauts von e. In <strong>der</strong> Kockschen Vorstellung gibt<br />

es sonst noch Schwächen, <strong>die</strong> vor allem den Strukturalisten treffen<br />

werden. Bei seiner Behandlung bespricht er auch mit gutem Fug<br />

urgerm. eu <strong>und</strong> ei; ihm schwebte somit auch ein möglicher Zusammenhang<br />

von ei, eu <strong>und</strong> "einfachem" e vor. Betreffs eu schrieb er :<br />

"Da <strong>der</strong> diphthong eu nicht nur vor i , son<strong>der</strong>n auch vor u in iu<br />

übergegangen ist, so ist es selbstverständlich, <strong>das</strong>s wir es hier nicht<br />

mit einem i-umlaut <strong>im</strong> gewöhnlichen sinne zu tun haben. Vielmehr<br />

kann man <strong>die</strong> entwicklung so auffassen, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> diphthong eu in<br />

33


34<br />

urnord. zeit in iu übergegangen ist, wofern <strong>die</strong>se entwicklung nicht<br />

von einem in <strong>der</strong> folgenden silbe stehenden a o<strong>der</strong> ö verhin<strong>der</strong>t<br />

wurde" (9). Sein Auseinan<strong>der</strong>halten des eu, des "einfachen" e <strong>und</strong> ausserdem<br />

noch des ei, van dem er <strong>die</strong> Monophthongierung zu i als späturgermanisch<br />

ansetzte 60), ist jedenfalls als verfehlt zu bezeichnen.<br />

§ 22. Die Kocksche Suggestion einer möglichen Wirkung <strong>der</strong><br />

dunkien Vokale bei <strong>der</strong> eu-Spaltung gibt uns einen guten Anknüpfungspunkt.<br />

Man kann ~ich in <strong>der</strong> Tat fragen, ob <strong>im</strong> Gegensatz zum<br />

verengenden i usw. <strong>der</strong> Folgesilbe zu gleicher Zeit nicht etwa cin<br />

dunkler Vokal in <strong>der</strong>selbcn Stellung eine wi<strong>der</strong>strebende Wirkung<br />

ausgeübt hat. Hier stellt sich als 0 <strong>die</strong> Frage des sog. a-Umlauts.<br />

)1an hat sich schon früh mit <strong>der</strong> Chronologie <strong>die</strong>ser Erscheinung<br />

beschäftigt, <strong>und</strong> auch <strong>die</strong>se hat Schwierigkeiten gemacht. Man hat<br />

File sowohl als urgermanisch (gemeingermanisch) 61) wie als einzeldialektisch<br />

betrachten wollen 62). Der bedeutendste Verfechter <strong>der</strong><br />

Theorie des Einzeldialektisch-seins ist auch Kock gewesen 63). Man<br />

kann gegen seine Auffassung <strong>die</strong> gleichen Einwände erheben wie<br />

oben bei <strong>der</strong> hetreffenden Erörterung des i-Umlauts. Hier ist er<br />

jcdoch bei seinen Schlüssen etwas vorsichtiger gewesen, hat er<br />

<strong>die</strong>scn Aufsatz doch einige Jahre var dem über den i-Umlaut<br />

geschrieben. Sa sagte er: ,,1ch will unten darzulegen versuchen,<br />

<strong>das</strong>s nach dem zeugnis <strong>der</strong> an. sprachen eine solche generelle regel<br />

in urgerm. zeit nicht gegolten hat. Dass wirklich <strong>der</strong> a-umlaut unter<br />

gewissen bedingungen in einer sehr frühen periode <strong>der</strong> urnord.<br />

sprache (vielleicht sogar in urgerm. zeit) eingetreten ist, lehren einige<br />

beispiele des fl-umlauts in den urnord. runeninschriften" 64).<br />

Die a-Umlautserscheinung kommt woW <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />

var, ist abel' sehr unregelmässig vertreten, so <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />

ganze Sache ziemlich verwarren erscheint. Der a-Umlaut von i muss<br />

selbstverständlich in Zusammenhang gesehen werden mit dem von<br />

1~. Beide sind wohl als gleichzeitig anzusetzen, denn sie folgen einer<br />

gleichen Tendenz, obschon <strong>die</strong>se sich dennoch bei u konsequenter<br />

durchgesetzt hat als bei i. Der letzte Vorgang ist nul' in einigen<br />

Wörtern a<strong>der</strong> Stämmen (z.B. ahd. ae. mnd. mnI. nest, idg. *nizdos,<br />

lat. nidus; vg!. an. nedml) allgemein verbreitet.<br />

Für <strong>das</strong> Urnordische gilt; u ist zu 0 geworden "VOl' einem a a<strong>der</strong><br />

o (<strong>das</strong> <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> UTnord. Zeit zu a wurde) <strong>der</strong> folgenden Silbe,<br />

ausser wenn jodel' Nasal + Konsonant dazwischen stand. Allerdings<br />

zeigte sich sehr bald Vermengung, <strong>und</strong> auf den Runeninschriften<br />

steht oft u, wo 0 stehen sollte <strong>und</strong> umgekehrt" 65). Es gibt alte<br />

Bcispiele mit 0: H oltifaR, P ersonenname, horna, Akkusativ Singular<br />

Neutrum, Goldenes Horn van Gallehus, Schleswig [± 400]; dohtriR,<br />

Mehrzahl, Stein van Tune [ ± 400] 66). Van dem paralleien über-<br />

34


35<br />

gang i > e ha~en wir keine sicheren Beispiele 67). Für eu vor a tritt<br />

jedoch in, den Inschriften nie ea auf (vgl. z.B. LeugaR, -leubaR),<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong>s ist zwar eine merkwürdige Tatsache, <strong>die</strong> sich aber, wie man<br />

weiter (§ 24) sehen wird, dennoch begreiflich machen lässt.<br />

In den altgermanischen Dialekten erscheint <strong>der</strong> a-Umlaut an<br />

gewisse Bedingungen geb<strong>und</strong>en. So wird er <strong>im</strong> Altnordischen von<br />

einem vorhergehenden g o<strong>der</strong> k verhin<strong>der</strong>t (skip, gil) . Hier sind<br />

ausserdem <strong>die</strong> ursprünglichen Verhältnisse vielfach ausgeglichen,<br />

<strong>und</strong> daher treten auch oft Doppelformen auf 68) . Im Westgermanischen<br />

ist <strong>die</strong> Verbreitung gleichfalls sehr unregelmässig. Man muss<br />

auch hier rechnen mit Einfluss des umgebenden Konsonantismu8<br />

<strong>und</strong> Ausgleich (vgl. z.B. ahd. quec, ae. cwic, ndl. kwik; auch ahd.<br />

scil nebst scef) 69).<br />

Das Gotische weist gar keine a-Wirkung auf, aber auch <strong>die</strong>s ist<br />

leicht verständlich, da hier we<strong>der</strong> <strong>der</strong> e-i- noch <strong>der</strong> i-e-übergang<br />

vom Vokalismus <strong>der</strong> Folgesilbe bedingt ist. Aber <strong>das</strong> bedeutet noch<br />

nicht, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gotische ursprünglich keine Bedingung <strong>die</strong>ser Art<br />

gekannt hat 70) . Ich werde weiter unten den triftigen Beweis führen,<br />

<strong>das</strong>s Umlaut auch <strong>im</strong> Gotischen gewirkt hat.<br />

Aus <strong>der</strong> allgemeinen Verbreitung <strong>die</strong>ser Erscheinung in den<br />

altgermanischen Dialekten ist jedenfalls <strong>der</strong> Schluss zu ziehen, <strong>das</strong>s<br />

auch ihr Anfang <strong>im</strong> Gemeingermanischen anzusetzen ist.<br />

§ 23. Die Resultate zusammenfassend, ist L. E. van Wijk schon<br />

zum folgenden Schluss gekommen, dem ich in seiner Allgemeinheit<br />

beipflichten kann : "Deze a-Umlaut (nämlich van i) moet ongeveer<br />

gelijktijdig gewerkt hebben met de a-Umlaut van U. Maar toch is de<br />

a-Umlaut van u veel regelmatiger doorgevoerd. Het ligt voor de<br />

hand om de onregelmatigheden bij de a-Umlaut van i toe te schrijven<br />

aan de overgang van de e in i, <strong>die</strong> in veel gevallen plaats had. De<br />

opkomst van de ~-Umlaut zou dan ook meteen de verklaring zijn<br />

voor het feit, dat de vernauwingsbeweging van de e in de noord- en<br />

westgerm. dialekten gestoord wordt. De e zou hier ongeveer tegelijkertijd<br />

on<strong>der</strong> invloed gestaan hebben van een tendenz tot vernauwing<br />

en van een verwijdingstendenz, waardoor enerzijds de<br />

vernauwingsbeweging gestoord werd in zijn voortgang, an<strong>der</strong>zijds<br />

de a-Umlaut geen gelegenheid kreeg zich regelmatig te ontwikkelen<br />

. .. Wanneer de a-Umlaut de overgang van de t in i heeft tegengewerkt,<br />

dan moet het begin van de a-Umlaut liggen ná het begin<br />

van de vernauwing. Uit de grillige verspreiding in de dialekten kan<br />

men reeds opmaken, dat de a-Umlaut in zijn geheel althans niet<br />

oerg. kan zijn. Maar het begin kan het wel zijn" 7J). Statt "urgermanisch"<br />

ist hier in übereinst<strong>im</strong>mung mit meiner Terminologie<br />

"gemeingermanisch" zu setzen 72).<br />

35


36<br />

Betreffs eu, in dem u dem a-Umlaut unterworfen war, sind noch<br />

(,in Paar Punkte heranzuziehen. So <strong>die</strong> Wirkung des a-Umlauts <strong>im</strong><br />

u rnordischen <strong>und</strong> <strong>das</strong> auffälligerweise hier in <strong>der</strong> betreffenden<br />

Stellung allein belegte eu. Schliesslich <strong>die</strong> dreifache - bedingte -<br />

l{epräsentierung von urgerm. eu <strong>im</strong> Altsächsischen.<br />

Dies lässt sich indessen wohl verstehen, wenn man mit einem<br />

ursprünglichen Zustande rechnet, über den sich u.a. Luick in<br />

annehmbarer Weise ausspricht. Ich möchte hier seine Worte anfli.hren<br />

: "Auch konsonantisches u als Bestandteil <strong>der</strong> Diphthonge<br />

wurde von <strong>die</strong>sem Lautwandel (nämlich dem a-Umlaut) erfasst.<br />

Dies ist völlig deutlich bei idg. eu, welches vor Mittelzungenvokal<br />

zu eo wurde : *beodan ,bieten' (zu gr. nev&of.lat) , *deopa- ,tief',<br />

*steorö ,Steuer', gegenüber *biudis,-ip ,bietest, -et', *diupi ,Tiefe',<br />

*stiurjan ,steuern' (mit iu vor i, i <strong>der</strong> Folgesilbe) ... <strong>und</strong> erhaltenem<br />

eu vor u <strong>der</strong> Folgesilbe (einem allerdings nicht häufigen Fall), wie<br />

etwa *beugul ,biegsam'. Doch blieb eu erhalten unmittelbar vor<br />

y, . .. :* trey,y,ö ,Treue'. So entstanden vielfach in nahe verwandten<br />

Formen Varianten des Diphthongs <strong>und</strong> <strong>die</strong>s führte zu Ausgleicllungen.<br />

Namentlich scheint <strong>der</strong> häufige Wechsel von iu zu eo<br />

innerhalb einer Formengruppe dazu geführt zu haben, <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />

unbetonten Komponenten einan<strong>der</strong> angeglichen wurden, <strong>und</strong> zwar<br />

zugunsten des u , so <strong>das</strong>s eo zu eu wurde <strong>und</strong> dessen weitere Entwicklung<br />

teilte. Dagegen hat sich <strong>das</strong> iu <strong>im</strong> allgemeinen gut erhalten"<br />

73). Dabei wird noch darauf hingewiesen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Altsächsische<br />

<strong>die</strong> ursprüngliche Scheidung noch am besten bewahrt. V gl.<br />

breost, diop neben triuwi "treu" <strong>und</strong> treuwa "Treue".<br />

§ 24. Die ursprünglicheSpaltung des eu ist demnach eine dreiteilige<br />

gewesen:<br />

I) eu (u; vor w)<br />

eu 2) iu<br />

{<br />

(i, i)<br />

3) eo (in an<strong>der</strong>en Fällen)<br />

Diese Dreiteilung ist ab er <strong>im</strong> phonologischen Sinne zu interpretieren.<br />

So sollte nach meiner obigen Annahme eu als Phonemgruppe<br />

e + y, betrachtet werden. Unten (§ 50) wird festgestellt, <strong>das</strong>s <strong>im</strong><br />

ältesten Gemeingermanischen i <strong>und</strong> e eine phonologische Opposition<br />

bilden, während u <strong>und</strong> 0 nur kombinatorische Varianten eines<br />

gleichen Phonems sind. Demnach sind <strong>die</strong> Phonemgruppen iu <strong>und</strong><br />

eu als phonologisch verschieden anzusetzen, eu <strong>und</strong> eo dagegen als<br />

phonologisch gleich. Im phonologischen Sinne gilt in <strong>der</strong> betreffenden<br />

Zeit <strong>die</strong> Dreiteilung also als eine Zweiheit, nämlich iu<br />

<strong>und</strong> eu (eo) 74). Durch <strong>die</strong>se Annahme sind <strong>die</strong> einzeldialektischen<br />

Entwicklungen des alten eu <strong>im</strong> allgemeinen klar. Auch lässt sich<br />

36


37<br />

bei <strong>die</strong>ser Voraussetzung <strong>das</strong> neben iu allein auftretende eu des<br />

Urnordischen begreifen, ob schon noch nicht vollständig erklären.<br />

In <strong>die</strong>ser Sprache wie <strong>im</strong> AIthochdeutschen <strong>und</strong> AItsächsischen<br />

muss man übrigens noch rechnen mit dem eu-iu-übergang vor u<br />

<strong>der</strong> Folgesilbe. Dieser Vorgang hat also ganz begreiflicherweise nur<br />

eine beschränkte, geographische Verbreitung, weil er, wie man jetzt<br />

sieht, auch nach <strong>der</strong> Art seiner Bedingung, jünger sein muss. Das<br />

iu (vor i, u <strong>der</strong> Folgesilbe <strong>und</strong> anscheinend auch vor R) <strong>im</strong> Urnordischen<br />

ist <strong>im</strong> Altnordischen zu 1i geworden, während <strong>die</strong>se<br />

Sprache für urn. eu eine Spaltung jüfjö aufweist, <strong>die</strong> bedingt ist von<br />

<strong>der</strong> Art des folgenden Konsonantismus, in <strong>der</strong> man aber den Reflex<br />

<strong>der</strong> Umlautswirkung (eu, eo) erblicken darf 75). Wenn eu (eo) vor<br />

u <strong>der</strong> Folgesilbe zu iu übergegangen war, kam dem restierenden<br />

eu (eo) keine differenzierende Wirkung von <strong>der</strong> Folgesilbe her mehr<br />

zu. Eine Spaltung auf Gr<strong>und</strong> des folgenden Konsonantismus ist<br />

deswegen schon verständlich, ab er auch weil <strong>der</strong> umgebende insbeson<strong>der</strong>e<br />

zwischenstehende Konsonantismus bei <strong>der</strong> Umlautserscheinung,<br />

vor allem bei ihrem Ansatz, ei ne recht bedeutende<br />

Rolle gehabt haben wird. Es ist dabei noch auf <strong>das</strong> AIthochdeutsche<br />

hinzuweisen. Hier ist von <strong>der</strong>selben Gr<strong>und</strong>lage auszugehen, bei<br />

<strong>der</strong> gleichfalls u-Wirkung den übergang eu ) iu hervorgerufen<br />

hat. lm Oberdeutschen spaltete sich eu (eo) auf Gr<strong>und</strong> des<br />

folgenden Konsonantismus in sehr ähnlicher Weise wie <strong>im</strong> AItnordischen.<br />

Mit <strong>der</strong> gemeingermanischen, phoI1ologischen Doppeltheit<br />

iu, eu (eo) erscheinen mir <strong>die</strong> Verhältnisse <strong>im</strong> Altsächsischen,<br />

AItenglischen <strong>und</strong> Altfriesischen ohne weiteres deutlich.<br />

Das AItsächsische reflektiert einen dem ältesten Gemeingermanischen<br />

ziemlich ähnlichen Zustand. As. eu ist kombinatorische<br />

Variante des eo () io).<br />

lm Falie des "einfachen" e konnte unter den gleichen Bedingungen<br />

<strong>und</strong> parallel mit eu nur eine Zweiheit entstehen :<br />

SI) i (i, j)<br />

e ? 2) e (in an<strong>der</strong>en Fällen)<br />

lm Ur-, AItnordischen usw., also einzeldialektisch, ist <strong>der</strong> übergang<br />

von e zu i auch sek<strong>und</strong>är aufgetreten vor u <strong>der</strong> Folgesilbe 78)<br />

(insbeson<strong>der</strong>e jüngerem u aus ö: gibu), völlig in übereinst<strong>im</strong>mung<br />

mit dem eu-iu-Fall.<br />

Auch be<strong>im</strong> urgermanischen sog. ei-Diphthong, den ich ganz<br />

gleichläufig mit eu <strong>und</strong> "einfachem" e habe sehen wollen, konnte<br />

wie<strong>der</strong> unter den gleichen Bedingungen <strong>und</strong> parallel mit eu/e, nur<br />

eine Zweiheit folgen:<br />

l)ii)i<br />

ei ~ 2) ee) ë<br />

37


38<br />

§ 25. Man kann hier also <strong>die</strong> Anfänge <strong>der</strong> eigentlichen Umlautserscheinung<br />

feststellen, <strong>die</strong> sich in dem traditionellen Dreieck<br />

folgen<strong>der</strong>massen darstellen lassen:<br />

i, u<br />

~e 0 JI'<br />

_I a_ I<br />

a ist hier zwar umlautendel' Faktor, erfährt aber selbst <strong>die</strong> Wirkung<br />

noch nicht. In <strong>die</strong>ser ältesten Periode des Umlauts könnte man <strong>im</strong><br />

allgemeinen doch sprechen von einer Verengungs- <strong>und</strong> einer<br />

Erweiterungsbewegung, mit verengen den (i usw.) <strong>und</strong> erweiternden<br />

o<strong>der</strong> öffnenden Faktoren (a usw.). Beide Bewegungen sind, wie<br />

gesagt, in ihrem Anfange in demselben Zeitraum, dem gemeingermanischen,<br />

anzusetzen. In jener Zeit sind beide als wi<strong>der</strong>strebende,<br />

korrelative Kräfte zu betrachten, <strong>die</strong> sich daher auch nur unvollkommen<br />

durchsetzen konnten. So hat Ausgleich <strong>die</strong> alten Verhältnisse<br />

vielfach zerstört. Das Gotische mit seiner bekannten <strong>starken</strong><br />

Tendenz zur Nivellierung führte <strong>die</strong> Verengung durch <strong>und</strong> musste<br />

deswegen <strong>die</strong> korrelative "öffnende" a-Wirkung ausschalten. An<br />

dem Gotischen erscheint also deutlich <strong>die</strong> Korrelationswirkung<br />

<strong>der</strong> beiden Bewegungen.<br />

Dass <strong>die</strong>se sich gerade in <strong>der</strong> gemeingermanischen Periode<br />

einstellten, ist wohl deswegen begreiflich, weil sich dam als ein<br />

starker exspiratorischer Akzent auf <strong>der</strong> Stammsilbe konzentrierte<br />

o<strong>der</strong>, wenn man will, zentralisierte 77), wodurch <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en Silben<br />

<strong>und</strong> somit auch <strong>die</strong> Klangfarbe ihrer Vokale, geschwächt wurden.<br />

In <strong>der</strong> Umfärbung vonz.B. e zu i o<strong>der</strong> von.i zu e unter Einfluss eines<br />

engen bzw. weiten Vokals <strong>der</strong> Folgesilbe ist also eine Kompensierung<br />

<strong>die</strong>ser Schwächung zu erblicken, <strong>die</strong> bedingt ist von <strong>der</strong><br />

Art des Akzents 78). Wie <strong>die</strong> Schwächung <strong>der</strong> nichthaupttonigen<br />

Silben sich nachher noch Jahrhun<strong>der</strong>te fortsetzte, so setzte sich<br />

auch <strong>die</strong> Umlautserscheinung dauernd in jedem Dialekt nach eigener<br />

Art fort 79).<br />

§ 26. Wenn <strong>die</strong>ser Umlaut sich anfänglich möglicherweise nicht<br />

in allen dazu geeigneten Stellen durchsetzen konnte, hat er doch<br />

den urgermanischen Vokalismus geän<strong>der</strong>t. Angenommen, <strong>das</strong> z.B.<br />

eu <strong>im</strong> Gemeingermanischen vor i <strong>der</strong> Folgesilbe etwa unter Einfluss<br />

des umgebenden Konsonantismus, eu geblieben wäre, steht doch<br />

fest, <strong>das</strong>s es wohl an<strong>der</strong>e Fälle gegeben hat, in denen eu sich vor<br />

i <strong>der</strong> Folgesilbe zu iu verwandelte. Dies hatte jedoch ursprünglich<br />

keine funktionellen Folgen. · Die Entwicklung des ei führte aber<br />

zu einer direkten Strukturän<strong>der</strong>ung des Längen<strong>system</strong>s.<br />

38


In <strong>der</strong> urgermanischen Parallelreihe eu/ei/e, in <strong>der</strong> also <strong>das</strong> e­<br />

Phonem in verschiedener U mgebung auftrat, entstand daher unter<br />

best<strong>im</strong>mten Bedingungen eine Spaltung, <strong>die</strong> schliesslich zwei<br />

Reihen ergab, nämlich iU/i/i <strong>und</strong> eu (eo) /{,Ie, <strong>der</strong>en Unterteile nicht<br />

mehr zu einem gleichen System gerechnet werden dürfen.<br />

Wie man <strong>die</strong> aus· jener Spaltung hervorgegangene Zweiheit, z.B.<br />

eli, in den altgermanischen Dialekten verbreitet findet, ist auch <strong>die</strong><br />

ë-ï-Zweiheit aus ei in allen germanischen Dialekten Yertreten. Das<br />

neue i fiel bekanntlich zusammen mit idg. urgerm. ggerm. ï; <strong>das</strong><br />

Belle ë dagegen ist gerade <strong>der</strong> rätselhafte ë 2 -Vokal, dessen<br />

Auftreten schon so "iel Kopfzerbrechen verursacht hat. Bevor ich<br />

<strong>die</strong>sen Bef<strong>und</strong> an an<strong>der</strong>en Tatsachen nachprüfe, möchte ich kurz<br />

einem möglichen Einwand begegnen, nämlich warum <strong>die</strong> ë-i-Zweiheit<br />

<strong>im</strong> Gotischen erhalten ist, abel' nicht eujiu <strong>und</strong> eli.<br />

Man hat bemerkt, <strong>das</strong>s ei sich, je nachdem in <strong>der</strong> Folgesilbe ein<br />

verengen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> erweitern<strong>der</strong> Faktor wirkte, in beiden Richtungen<br />

monophthongiert hat <strong>und</strong> zwar zu i (über ii) <strong>und</strong> zu ë (über ee).<br />

Es dürfte leicht verständlich sèin, <strong>das</strong>s in eu/iu <strong>das</strong> Zusammentreffen<br />

eines palatalen <strong>und</strong> eines velaren Vokals nicht zu einem<br />

Monophthong führte. Wichtig ist, <strong>das</strong>s nach dem Übergang von<br />

ei zu i <strong>und</strong> ë, <strong>die</strong>se beiden Vokale ausserhalb des Kürzen- o<strong>der</strong>,<br />

wenn man will, Diphthong<strong>system</strong>s standen. Das ë (aus ei ) kam in <strong>das</strong><br />

Längen<strong>system</strong> <strong>und</strong> blieb daher selbstverständlich unberührt von den<br />

Vorgängen, <strong>die</strong> sich i~ Kürzen<strong>system</strong> ereigneteh, insbeson<strong>der</strong>e von<br />

dem durchgeführten Übergang von e zu i bei e <strong>und</strong> be<strong>im</strong> sog. eu­<br />

Diphthong <strong>im</strong> Gotischen.<br />

Eine an<strong>der</strong>e sehr bedeutende Feststellung ist, <strong>das</strong>s urngekehrt <strong>die</strong><br />

(gotische) ë-i-Zweiheit (aus ei) einen direkten Reflex <strong>der</strong> alten<br />

Spaltung darstellt, <strong>die</strong> daher auch <strong>im</strong> Gotischen bei altem e <strong>und</strong> eu<br />

gewirkt haben muss, <strong>die</strong> <strong>das</strong> Bibelgotische abel' <strong>im</strong> Kürzen<strong>system</strong><br />

aufgehoben hat. Meine obige Annahme <strong>die</strong>sel' Spaltung für <strong>das</strong><br />

Vorgotische <strong>und</strong> <strong>das</strong> Ostgermanische wird hiermit also bewahrheitet;<br />

ë 2 ist dabei <strong>der</strong> Kronzeuge für <strong>die</strong> Wirkung des Umlauts <strong>im</strong> Gotischen,<br />

bevor hier Nivellierung eintrat.<br />

§ 27. Jetzt möchte ich noch meine Gleichstellung ei> ë, d.h. ë 2<br />

weiter begründen. Dass <strong>das</strong> sog. ë 2 ZUl' ei-Reihe gehöre, hat Jellinek<br />

somit sehr richtig erkannt. Lei<strong>der</strong> hat er ë 2 nicht mit ei identifiziert,<br />

weil doch <strong>der</strong> allgemeinen Auffassung nach <strong>das</strong> alte ei sich in allen<br />

Stellungen zu i verwandelt hat. An eine Spaltung des ei hat er nie<br />

gedacht. Er hat sieh daher naeh einer an<strong>der</strong>en Herkunft umgesehen,<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong>se konnte eigentlich nul' noch ëi sein. Jetzt kann man<br />

sieh ohne Mühe den Anlass <strong>die</strong>sel' entgleisten Folgerung denken.<br />

Dass ei: i <strong>und</strong> ë 2 gleichzustellen sind, ist klar aus den oben ange-<br />

39


40<br />

führten Beispielen (wie ahd. stiega nebst stiga usw.) zu entnehmen.<br />

Es könnte vielieicht <strong>der</strong> Einwand gemacht werden, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se<br />

Beispiele <strong>die</strong> ursprünglichen Bedingungen des Überganges zu i bzw.<br />

ë nicht unmittelbar aufweisen. Das Vorkommen von FälIen wie<br />

ahd. zëri, ziari neben ziara weist aber zweifelsohne auf Ausgleich<br />

hin. Lässt sich doch in gleicher Hinsicht in den altgermanischen<br />

Dialekten auch bei e-i , u-a usw. vielfach Ausgleich nachweisen.<br />

Die Verba <strong>der</strong> 1. K h >ise "greipan usw. sollten <strong>der</strong> Regel nach,<br />

wenn es keine Hemmung gegeben hätte, z.B. <strong>im</strong> lnfinitiv *grëpan,<br />

in <strong>der</strong> 2. <strong>und</strong> 3. Person Singular Präsens *gripis, *gripip, -iá 80)<br />

gelautet haben, aber hier hat sich <strong>der</strong> i-Vokalismus schon früh<br />

siegreich durchgesetzt: ahd. grifan, ae. gripan, an. afri. gripa, got.<br />

greipan. Jedenfalis ist daran zu erinnern, <strong>das</strong>s auch bei eji Umlaut<br />

von e zu i aligemeiner durchgeführt ist als <strong>der</strong> von i zu e.<br />

Überraschend ist auch, <strong>das</strong>s ein Etymologe wie N. van Wijk in<br />

Franck's Etym. Wdb. Ndl. Taal ë 2 rein theoretisch aus idg. ëi herleitet,<br />

aber in einigen Fällen neb en bei gestehen muss, <strong>das</strong>s ëJ- <strong>und</strong><br />

i (ei) doch vielleicht identisch sein können 81). Vgl. i.v. striem:<br />

"ê kan . .. uit êi ontstaan zijn en met i-ablauten, - tenzij de ê- en<br />

î-vormen van huis uit identisch zijn" ; i.v. krijg: "De ablaut ê 2 : î is<br />

wsch. oud (idg. êi: ei). Of zouden wij als bij hij oorspr. identiteit<br />

van de ê- en de i-vormen mogen aannemen" ; i.v. gerief: "Waarschijnlijk<br />

zijn de ê 2 - en de î-vormen oorspr. identisch, ofschoon<br />

het klankverschil moeilijk te verklaren en ablaut êi () ê 2 ) : î<br />

mogelijk is" . Für ndl. hij se he man <strong>das</strong> Wörterbuch selbst, auch<br />

<strong>im</strong> Supplement.<br />

Mit dem Resultat meiner strukturellen Beweisführung bin ich<br />

also einem schon alten Wunsch(!) entgegengekommen, nicht nur<br />

des Etymologen N. van Wijk, son<strong>der</strong>n auch des Grammatikers Hirt;<br />

hat <strong>die</strong>ser doch geschrieben: "Dass ë (= ë 2 ) in <strong>die</strong> i-Reihe gehört,<br />

ist klar. Alles wäre sehr einfach, wenn wir es auf ei zurückführen<br />

könnten. lch erinnere daran, <strong>das</strong>s ei <strong>im</strong> Kelt. zu ë, vgl. Rhënus<br />

< *reinos, <strong>und</strong> <strong>die</strong>s zu ia wird, ir. rian 'Meer'. Vielieicht hat also<br />

eingermanischer Dialekt ei in ë verwandelt (vor r ?)" 82). Noch später<br />

hat Krause gesagt, <strong>das</strong>s "Germ. ë 2 vielieicht aus idg. ei <strong>und</strong> ëi" 83)<br />

stamme. Trotz solcher Vermutungen wurde also <strong>die</strong> ei-Spaltung in<br />

Zusammenhang mit eu <strong>und</strong> e nicht erkannt.<br />

§ 28. Als einmal <strong>das</strong> ë (= ë 2 ) existierte, konnte <strong>der</strong> Vokalismus<br />

best<strong>im</strong>mter Lehnwörter aus den klassischen Sprachen sich damit identifizieren,<br />

z.B. got. krëks, ahd. kriah, ae. Crëcas. Es gibt noch jüngere<br />

Entlehnungen aus dem Vulgärlatein o<strong>der</strong> Romanischen, <strong>die</strong> hier<br />

erwähnt werden können, z.B. ahd. speagal usw.<br />

Ein einzeldialektisches ë 2 gegenüber iz(ez) (z.B. ae. mëd, ahd.<br />

40


41<br />

mëta, miata gegenüher got. mizdó, vgl. gr. flUJ-&ÓÇ; neben normal<br />

ae. meord) 84) wird gewöhnlich als Dehnungsprodukt hei Schw<strong>und</strong><br />

des z erklärt; Lehmann 85) hat dazu eine mich nicht ansprechende<br />

Erklärung mittels <strong>der</strong> Laryngaltheorie gegehen. .<br />

Zum Schluss kann man daran erinnern, <strong>das</strong>s ein jüngeres ë,<br />

zusammenfallend mit ë 2 , sich hei einzelnen Pronomina entwickelt<br />

hat, so he<strong>im</strong> Demonstrativum: got. pai, ahd. tM, dë, dia usw. 86).<br />

In allen <strong>die</strong>sen Fällen ist ë 2 also sek<strong>und</strong>är. Pr<strong>im</strong>är ist ë 2 indessen<br />

noch in <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse, wo es vielleicht am regelmässigsten<br />

vertreten ist. Dass es auch da aus ei herrührt, wie ich<br />

<strong>im</strong> folgenden Ahschnitt dartun will, ist m.E. <strong>der</strong> Hauptzeuge für<br />

<strong>die</strong> Richtigkeit meiner Herkunftserklärung des ë 2 •<br />

ANMERKUNGEN<br />

1. Krause, Altwestnord. Gram. § 7 setzt mit Recht nicht ë' für <strong>das</strong> Urger.<br />

manische an, wohl ë 1 •<br />

2. A;uch für <strong>das</strong> Nordseegermanische haben gewisse Forscher den re-d·<br />

Übergang angenommen mit späterer Rückentwicklung zu re bzw. ë.<br />

Der Gedanke <strong>der</strong> Rückentwicklung findet sich bereits bei Sievers,<br />

PBB., 8, 88. Siehe weiter zur Frage z.B.: Bremer, PBB., 11, 12 f.;<br />

<strong>der</strong>s., IF., 4, 29 f.; N.van Wijk, Tijdschr., 30, 161 f. (wozu <strong>der</strong>s., Phon.,<br />

189 <strong>und</strong> Schönfeld, H ist. Gram. Ndl. § 70); Wolff, ZfdA., 71, 141 f.;<br />

Frings, Stellung <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>l., 35; Bennett, Lang., 26, 232; Schwarz,<br />

Goten, Nordgerm. Angels., 189-190, 252. Vgl. auch <strong>die</strong> Randbücher:<br />

Boer, Oel·germ. Handb. § 54, 3, Anm. 4; Prokosch, Oomp. Germ. Gram.<br />

§ 37; Sievers-Brunner, Altengl. Gram. § 62, Anm. 1.<br />

3.. Man hat ohne genügenden Gr<strong>und</strong> auch angenommen, <strong>das</strong>s ë 1 <strong>und</strong> ë1 <strong>im</strong><br />

Gotischen verschieden lauteten. ZUl' Frage (mit Bibliographie) z.B.:<br />

Streitberg, Got. Elementarb. § 57, Anm. > Jellinek, Gesch. got. Spr. § 85.<br />

Vgl. jetzt auch Moulton, Lang., 24, 81.<br />

4. Vgl. § 50; insbeson<strong>der</strong>e wegen <strong>der</strong> ö1·öl·Zweiheit § 32. - Für <strong>das</strong><br />

nasalierte a (d) aus a + n + h (wie i, u in gleicher Position) <strong>im</strong> Gemein·<br />

germanischen siehe z.B . . Boer, Oergerm. Handb. § 42; Rirt, Handb.<br />

UrgerTn., I § 70, d; Gutenbrunner, Laut· <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 23.<br />

5. Bibliographie bei Trautmann, Germ. Lautg., 32. Angabe <strong>und</strong> Erörterung<br />

<strong>die</strong>ser Erklärungsversuche bei L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stam·<br />

syllaben, 82 f.<br />

6. PBB., 15, 297 f. Vgl. Sievers, PBB., 16, 246 <strong>und</strong> PBB., 18, 409-410.<br />

Kems, Lang., 13, 12 nennt "IE ëi > PGmc ë l " ein "now (d.h. 1937)<br />

current view".<br />

7. IF., 6, 89 f.<br />

8. PBB., 15, 298. Schra<strong>der</strong>, BB., 15, 131 hatte schon auf <strong>das</strong> Neben·<br />

einan<strong>der</strong> von ëJi (hërJ*hi) hingewiesen.<br />

9. PBB., 15, 299.<br />

10. KZ., 27, 369 f. wobei noch hingewiesen wird auf KZ., 27, 305.<br />

11. Handb. Urgerm., I, 34.<br />

12. Vgl. Rirt, Harulb. Urgerm., I § 29, 7 <strong>und</strong> §§ 43, 47; Prokosch, Oamp.<br />

Germ. Gram., 104, 126. - Für <strong>die</strong> Bibliographie über <strong>die</strong> Langdiphthonge<br />

siehe z.B. Trautmann, Germ. Lautg., 17 f.; L. E. van Wijk, Klinkers<br />

Oergerm. Stamsyllaben, 100 f.<br />

41


13.<br />

14.<br />

15.<br />

16.<br />

17.<br />

18.<br />

19.<br />

20.<br />

21.<br />

22.<br />

23.<br />

24.<br />

25.<br />

26.<br />

27.<br />

28.<br />

29.<br />

42<br />

PIE. Phon., 10 f.; Zitat S. 13. Vgl. anch <strong>der</strong>s., JEGPh., 52, 144.<br />

ë 2 würde eine Ausnahme sein; <strong>die</strong>se Frage wird weiter erörtert.<br />

Siehe dazu schon Streitberg, Zur germ. Sprachgesch., 65.<br />

Man dürfte wohl einwenden, <strong>das</strong>s z.B. ai <strong>und</strong> ou (vorausgesetzt <strong>das</strong>s<br />

<strong>die</strong> Kürzung nach dem o- a.übergang stattgef<strong>und</strong>en hat) als Kürzungs.<br />

produkte aus öi <strong>und</strong> öu sich <strong>im</strong> Urgermanischen nicht behaupten<br />

konnten <strong>und</strong> sich deswegen zu ai bzw. au zugesellten. Überzeugend ist<br />

<strong>die</strong>s allerdings nicht. Zwar bestätigt man spätere übergange von ojö<br />

zu a in Endsilben (z.B. got. n<strong>im</strong>a gegenüber ahd. as. ae. n<strong>im</strong>u; got.<br />

dagam gegenüber an. dpgum, ahd. tagum, ae. dagum), aber <strong>die</strong>se übergänge<br />

entbehren je<strong>der</strong> Beweiskraft für einen ähnlichen "früheren"<br />

urgermanischen Vorgang in haupttoniger Silbe; vgl. L. E . van Wijk,<br />

Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 76.<br />

Schon bei Streitberg, Urgerm. Gram. § 85.<br />

Man könnte hier vielleicht got. ai in saian, waian (neben sëps) <strong>und</strong> got.<br />

au in staua, taui (neben stöian, ubiltöiis) als Refiexe von idg. ëi bzw.<br />

öu heranziehen (vgl. Trautmann, Germ. Lautg., 17 f.). Mich hier auf ai<br />

beschränkend, ist anzunehmen, <strong>das</strong>s man hier zwar mit Fug von ëi<br />

ausgeht, allein repräsentiert <strong>die</strong>s: ë + heterosyllabisch en Semivokal<br />

Ui); vgl. dazu aksl. sëiati, vëiati, ai. väyati. Von vornherein ist also je<strong>der</strong><br />

Vergleich mit den ë'-Fällen (ë + tautosyllabischem "i) ausgeschlossen.<br />

übrigens ist got. saian, sëps (aijë ) in Zusammenhang mit den an<strong>der</strong>en<br />

germanischen Dialekten zu sehen (an. sä, sáá; ahd_ säen, sát; as. säian,<br />

säd; ae. säwan, s~d). Got. aiië (auch au/ö) ist deutlich als eine jüngere,<br />

rein kombinatorische Differenzierung des ë 1 (bzw. ö) zu betrachten, <strong>der</strong><br />

Moulton, Lang., 24, 85 mit Recht keinen phonologischen Wert, zuerkannt<br />

hat. Bei got. au kommt noch au, vielleicht mittels ö, aus früherem<br />

ü hinzu (trauan, ahd. trüën; bauan, ahd. büan, an. büa). Vgl. Hirt,<br />

Handb. Urgerm., I, 36 <strong>und</strong> Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 56-57.<br />

165.<br />

L. E . van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 97 f., hat eine Erklärung<br />

für <strong>das</strong> Auseinan<strong>der</strong>gehen von ëi <strong>und</strong> öu versucht.<br />

So ist ein germanischer Vokalwechsel ë1/ei/ai usw. (z.B. got. garëdan,<br />

garaips) ganz verständlich; vgl. Hirt, Handb. Urgerm., I, 67. Jüngst<br />

ist Foerste, Ndl. <strong>und</strong> wndd. Bez. des Klees, 395 f., insbeson<strong>der</strong>e 408,<br />

zu dem m .E. triftigen Schluss gekommen, <strong>das</strong>s in Fällen wie ndl. ndd.<br />

klaver, klever usw. "Qer Vokalwechsel westgerm. ä : a'i in germ. Zeit<br />

zurückreicht <strong>und</strong> nichts mit <strong>der</strong> anglofriesischen Entwicklung von<br />

germ. ai> ä zu tun hat". Er führt noch mehrere Beispiele <strong>die</strong>ses alten<br />

Vokalwechsels an, lässt aber unentschieden, ob man in allen jenen<br />

Fällen "Refiexe eines i-haltigen indogermanischen Langdiphthongs zu<br />

sehen" hat. Der betreffende alte Vokalwechsel (ë1jai) scheint mir in<br />

<strong>der</strong> Hauptsache kaum an<strong>der</strong>s zu verantworten.<br />

Doch hat man <strong>im</strong>mer gem mit <strong>die</strong>ser Methode gearbeitet: vgl. z.B.<br />

Brugmann, IF., 6, 90; Feist, PBB., 32, 502.<br />

PIE. Phon., 66 f.<br />

a.a.O., 67.<br />

a.a.O., 68.<br />

a.a.O.<br />

Vgl. schon Feist, PBB., 32, 502, Anm. 1: "Ahd. stiega neben stîga<br />

gehört zu germ. stîgan, idg. wzl. stejgh, gr. CTTE1lw etc., bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> ëi­<br />

Stufe nicht belegt ist".<br />

IF., 6, 89 f.<br />

Oergerm. Handb_, 113; On. Handb., 32.<br />

Heusier, Altisl. Elementarb. § 49 f.; Noreen, Altisl. altnorw. Gram. §§ 56,<br />

42


43<br />

100, 101; Boer, On. Handb. § 68; Krause, Altwestnord. Gram. § 16.<br />

30. Braune, Ahd. Gram. § 47. In Fällen wie bi,ttu ist ·u, wie man weiss,<br />

spätere Entwicklung aus ö.<br />

31. Der Hinweis auf <strong>die</strong>sen Parallelismus findet sich auch bei Heuslel',<br />

Altisl. Elementarb. § 49.<br />

32. Holthausen, A lts. Elementarb. § 101 f.<br />

33. Luick, Hist. Gram. engl. Spr., I § 72, auch § 125 f.; Sievers-Brunner,<br />

Altengl. Gram. § 78. - Gegen Boers Annahme (Oergerm. Handb. § 63,<br />

3, a), <strong>das</strong>s auch <strong>im</strong> Altenglischen eu zu in wurde vor u <strong>der</strong> Folgesilbe,<br />

hat sich Girvan (Angels. Handb. § 41, Anm. I, 2) mit Fug gewandt.<br />

34. Steller, Alt/ri. Gram. § 20; Van Helten, Altost/ri. Gram. § 24.<br />

35. Rom. Germ., Il, 38. Vgl. auch Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 59.<br />

36. Spr. Burg<strong>und</strong>en, 358. Dazu Kögel, ZfdA., 37, 228.<br />

37. Spr.Ostgoten, 167; siehe dort auch S. 32.<br />

38. Collitz, JEGPh., 6, 254, Anm. 1.<br />

39. Bibliographie in Anrn. 33 <strong>und</strong> weiter : J ordan, H andb. mengl. Gram.<br />

§ 81 f. - Für <strong>die</strong> Entwicklung <strong>im</strong> Südwestnie<strong>der</strong>ländischen: Schönfeld,<br />

Hist. Gram. Ndl. § 57; Mansion, Og. Naamk., 211 f.<br />

40. Vgl. auch Sverdrup, NTS., I, 99. An<strong>der</strong>er Ansicht ist L. E. van Wijk,<br />

Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 64 <strong>und</strong> Schwarz, Goten, Nordgerm.,<br />

Angels., 52-53.<br />

41. J6hannesson, Gram. urn. Runeninschr. § 24: "Im Althochdeutschen <strong>und</strong><br />

Altsächsischen wurde gerrn. e > i, auch VOl' einem u <strong>der</strong> folgenden Silbe,<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> gleiche ist auch <strong>im</strong> Urnordischen <strong>der</strong> Fall (obgleich <strong>die</strong>ses<br />

Gesetz später nicht durchgeführt jst) : g[ i]wu, Brakteat von Overhornbrek<br />

NI'. 30 (500?); - gifJu, Brakteat aus Seeland Nr. 57 (6.)". Dagegen<br />

Krause, Runeninschr. ält. Futhark, 477 betreffs <strong>der</strong> erwähnten urnor·<br />

dischen Fohn gibu: "gibu mit ·i· für zu erwartendes ·e· wohl unter dem<br />

Einfluss <strong>der</strong> 2. <strong>und</strong> 3. Person "'gibiR, gibiá, wo <strong>das</strong> Stammsilben ·i·<br />

d er Endsilbe regelmässig aus ·e· entwickelt ist". Die zwei Erklärungen<br />

sind schon erwähnt bei Noreen, Altisl. altnorw. Gram. § 63, 3; darauf<br />

zurückgehend: Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 254-255. Vgl. auch<br />

Gutenbrunner, Laut· <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 26, Il, Anm. 7.<br />

42. Luick, Hist. Gram. engl. Spr., I § 71, Anrn. 2.<br />

43. Eine ähnliche Betrachtung <strong>der</strong> Dinge, z.B. <strong>die</strong> Zusarnrnenschau des e<br />

in irgendwelchen Stellungen, also auch <strong>im</strong> sog. Diphthong ei, findet<br />

sich schon früh . Vgl. z.B. Paul, PBB., 6, 86-87 [<strong>im</strong> Jahre 1879]: "Der<br />

wechsel zwischen eu <strong>und</strong> iu muss ursprÜllglich dem zwischen einfachen<br />

e <strong>und</strong> i ganz parallel gewesen sein"; Much, PBB., 17, 168 [<strong>im</strong> Jahre<br />

1893] : "Da zu beginn <strong>der</strong> Römerzeit in Deutschland noch Segi. gesprochen<br />

wurde, so dürfte es uns nicht wun<strong>der</strong>n, wenn damals auch idg. ei irn<br />

gerrnanischen noch als ei erhalten war".<br />

44. Schon in einem Aufsatz von L. F. Leffier, Bidrag tilläran om i-omliudet<br />

in dem zweiten Band <strong>der</strong> neuen Reihe von "Nordisk Tidskrift for<br />

Filologi og Paedagogik" [1874] 288, den ich nicht zu Rate ziehen konnte ;<br />

hier deshalb nach Von Borries, Das erste Stad. des i·Uml., 15-16 zitiert.<br />

Auch in unserem Jahrhun<strong>der</strong>t findet sich <strong>die</strong>sel' Gedanke, z.B. bei<br />

Trautmann (siehe unten); Hirt, Handb. Urgerm., I, 15, 44. Vgl. auch<br />

Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 26 <strong>und</strong> Sverdrup,<br />

NTS., I, 99.<br />

45. Arkiv, 8, 9; vgl. dort S. 23.<br />

46. PBB., 27, 166 f. Später: <strong>der</strong>s., umz. <strong>und</strong> Brechung, 44 f., vor allem 55 f.<br />

47. Goten, Nordgerm., Angels., 52-53, 59, 253 f. - Vgl. z.B. Boer, Oergerm.<br />

Handb. § 68; <strong>der</strong>s., On. Handb. § 83 f.; Br0ndum-Nielsen, Gammeldansk<br />

Gram., I § 71, Anrn. 2 <strong>und</strong> § 77.<br />

43


44<br />

48. PBB., 27, 172.<br />

49. 0..0..0.<br />

50. Dabei (d.h. mit nicht nur Kocks erwähnter Schrift, sondem auch seinem<br />

Uml. <strong>und</strong> Brechung als Ansatz) war manches Mal nicht <strong>die</strong> Anfangszeit<br />

des Umlauts eine Streitfrage, sondem <strong>der</strong> physiologische Prozess, <strong>das</strong><br />

Verhältnis des Umlauts zur sog. Brechung u.a. Es wurden dabei vielfach<br />

jüngere Vorgänge <strong>der</strong> Umlautserscheinung zur Sprache gebracht,<br />

z.B. i-Umlaut von a. Vgl. vor allem Van Ha.eringen, De germ. inflexieverschijnselen<br />

; Rooth, N ardfri. Strei/zÜ{Je, 109 f. ; <strong>der</strong>s., Det pr<strong>im</strong>o<br />

i-amljudet; <strong>der</strong>s., Stud. Neoph., 13, 103 f. (wozu Collin<strong>der</strong>, Stud. Neoph.,<br />

13, 291 f.). Siehe auch Svensson, Di/t. med pal. /ÖTSlag; Hesselman,<br />

Omljud och brytning; Svensson, Arkiv, 60, 1 f. Bericht über eine Diskussion<br />

(vor allem betreffs <strong>der</strong> Theorien Hesselmans <strong>und</strong> Svenssons), an<br />

<strong>der</strong> J. Svensson, A. Janzén, H. An<strong>der</strong>sen, J. Br0ndum-Nielsen, N.<br />

Lindqvist, V. Jansson, A. Nordling, P. Wieselgren teilnahmen, in :<br />

APhS., 19, 3 f. Vgl. noch: Samuels, TrPhS., 1952, 30 f. (mit Bibliographie).<br />

Siehe auch unten S. 74, Anm. 119_<br />

51. Germ. Lautg., 10-11. Vgl. Collitz, JEGPh., 6, 281-282.<br />

52. Rö-stenen, 141 f.<br />

53. 0..0..0., 142. Auch iu wird hierzu gerechnet. Meine Erörterung geht aber<br />

von einer an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>lage aus.<br />

54. Siehe z.B. L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 62 f. (mit<br />

Bibliographie); weiter: Von Friesen, Rö-stenen, 74 f., 147-148; Krause,<br />

Runeninschr. ält. Futhark, 476; <strong>der</strong>s., Altwestnord. Gram., 12; Ja.cobsen­<br />

Moltke (u.a.), Danmarks Runeindskr. Text, Sp. 646 (Nielsen) ; Schwarz,<br />

Goten, Nardgerm., Angels., 159-161.<br />

55. PBB., 27,182 f. <strong>und</strong> <strong>der</strong>s., Uml. <strong>und</strong> Brechung, 49-50. Für sëda, hlëda<br />

vgl. jetzt noch Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Farmenl. des Altisl. § 26, Il,<br />

Anm.5.<br />

56. Germ. Lautg., 11.<br />

57. Rö-stenen, 143.<br />

58. Auch gnijJa zu gnyja wird erwähnt. Siehe hierfür jedoch auch 0..0..0.<br />

59. PBB., 27, 188.<br />

60. 0..0..0., 187 <strong>und</strong> 190.<br />

61. z.B. Noreen, Urgerm. Lautl., 18; Streitberg, Urgerm. Gram. §§ 68, 71.<br />

62. Zur Frage siehe L. E. ·van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben, 71.<br />

63. PBB., 23, 484 f.; <strong>der</strong>s., Uml. <strong>und</strong> Brechung, 1 f. Auf Kock zurückgehend<br />

z.B.: Br0ndum-Nielsen, Gammeldansk Gram., I § 71, Anm. 2<br />

<strong>und</strong> § 74 f. Vgl. auch Krause, Altwestnard. Gram. §§ 17-18, <strong>der</strong> a·Umlaut<br />

von i <strong>und</strong> u "frühum." nennt.<br />

64. PBB., 23, 511; vgl. <strong>der</strong>s., PBB., 27, 188: "In <strong>die</strong>sem zusammenhange<br />

erinnere ich an meine untersuchung des a-umlauts ... Ich kam dort,<br />

unter an<strong>der</strong>m zu dem resultat, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> a-umlaut von u <strong>und</strong> i nicht<br />

urgerm., sondem in den verschiedenen germ. sprachen nach <strong>der</strong> spaltung<br />

<strong>der</strong> urgerIn. sprache eingetreten sei".<br />

65. J6hannesson, Gram. urn. Runeninschr. § 27.<br />

66. Krause, Runeninschr. ält. Futhark, 596 f., 534 f. Betreffs HaltijaR (S.<br />

597): "HaltijaR ist wohl am ehesten als patronymische -ia-Ableitung<br />

zu einem Mannesnamen *Halta (anord. Halti) aufzufassen . .. man<br />

beachte <strong>die</strong> Übemahme des -0- aus dem Gr<strong>und</strong>namen (nicht *HultijaR)";<br />

Jacobsen-Moltke (u.a.), Danmarks Runeindskr., Text, Sp. 24 f. (11-12)<br />

<strong>und</strong> Sp. 668 (Nieisen) ; Schwarz, Goten, Nardgerm., Angels., 53-54. Vgl.<br />

noch Krause, Altwestnard. Gram. § 18, 1, jedoch auch Gutenbrunner,<br />

Laut- <strong>und</strong> Farme'lil. des Altisl. § 26, I, Anm. 2.<br />

67. J6hanneBBon, Gram. urn. Runeninschr. § 26, wozu Gutenbrunner, Laut-<br />

44


4F<br />

<strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 26, I, Anm. 4. Vgl. noch Noreen, Altisl.<br />

altnorw. Gram. § 60 (<strong>das</strong> in Anm. wie auch in dessen Gesch. nord. Spr.<br />

§ 29. a, ex vorgeführte urnordische WiwaR wird von Krause, Runeninschr.<br />

ält. Futhark, 538, 656 als WiwaR interpretiert; gegen Krause<br />

jetzt Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 255) <strong>und</strong> Heusier, Altisl.<br />

Elementarb. § 50.<br />

68. Siehe vorige Anm. (Noreen).<br />

69. In einem Fall wie ahd. scif, scef rechnete Von BOITies, Das erste Stad.<br />

des i-Uml., 24 mit "Schwanken zwischen a- <strong>und</strong> i-Flexion".<br />

70. Vgl. Streitberg, IF., 4, 308-309 > Urgerm. Gram. § 71: "Dass <strong>der</strong> a­<br />

Umlaut des u <strong>und</strong> somit auch des i gemeingermanisch, wahrscheinlich<br />

urgermanisch ist trotz des durchgehnden u(i) des wulfilanischen<br />

Gotisch, <strong>das</strong>s also auch <strong>das</strong> ältere Gotisch ihn gekannt hat, lehrt <strong>der</strong><br />

Gotenname selbst". Der Beweis aus dem Gotennamen hat mit Recht<br />

Kritik hervorgerufen (vgl. schon Collitz, JEGPh., I, 220 f. > Bethge<br />

in Dieter, Laut- <strong>und</strong> Formenl. altgerm. Dial., 12-13; beigetreten von<br />

Streitberg selbst, Got. Elementarb., 7) <strong>und</strong> war nicht dazu geeignet,<br />

einen wesentlich richtigen Gedanken zu stützen. - Kock, PBB., 23,<br />

525, schrieb noch hinsichtlich <strong>die</strong>ses Pro bi ems : "Die möglichkeit ist<br />

nicht ausgeschlossen <strong>das</strong>s <strong>das</strong> nebeneinan<strong>der</strong> Got(h)ones: Gutones<br />

darauf hindeute, <strong>das</strong>s bei den Goten <strong>der</strong> a-umlaut in einer best<strong>im</strong>mten<br />

Stellung eingetreten, ab er sonst nicht durchgeführt worden ist". Die<br />

betreffende Stellung ist dann "in semifortissilbe", da <strong>der</strong> Gotenname<br />

vor allem <strong>im</strong> zweiten Kompositionsgliede vorkomme. - Soweit man<br />

be rechtigt ist aus den spärlichen Resten des Kr<strong>im</strong>gotischen etwas zu<br />

folgern, scheint <strong>die</strong>se Sprache jedoch (a-)Umlaut zu kennen. Vgl. jetzt<br />

Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 167-168.<br />

71. Klinkers Oergerm. Starnsyllaben, 70-71.<br />

72. Vgl. oben <strong>die</strong> Einführung.<br />

73. Hist. Gram. engl. Spr., I § 79 <strong>und</strong> Anm. Auch so bei Girvan, Angelsaks.<br />

Handb. § 42, Anm. 1. Vgl. noch, sei es hier nur hinsichtlich des Westgermanischen,<br />

Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 274.<br />

74. Dies setzt für <strong>die</strong> betreffende Periode <strong>die</strong> phonologische Identität<br />

voraus von u(o) <strong>und</strong> y,(w). Für <strong>das</strong> Bibelgotische - also eine jüngere<br />

Schicht(!) - kommt Moulton, Lang., 24, 81 f. zum Bef<strong>und</strong>, <strong>das</strong>s<br />

u phonologisch verschieden ist von y,(w). Doch weist <strong>die</strong>se Sprache eine<br />

phonologische Identität in <strong>der</strong> Parallelreihe i / i:( i) auf. Vorsichtig hat<br />

Moulton, a.a.O., 82 betreffs des uns interessierenden Zeitraums gesagt:<br />

"Our present knowledge does not permit us to state whether [i] and<br />

[j], [u] and [w] in Proto-Germanic remained allophones of only two<br />

phonemes, became four different phonemes / i u j w /, or became three<br />

different phonemes / i u w /, with / i / containing the allophones [i]<br />

and [j]".<br />

75. Vgl. Heusier, Altisl. Elementarb. § 49.<br />

76. Vgl. z.B. schon Van Haeringen, De germ. inflexieverschijnselen, 53.<br />

77. Siehe §§ 49 <strong>und</strong> 53 <strong>und</strong> für <strong>die</strong> Terminologie vgl. Schmidt, AUg. Akzentlehre.<br />

78. Vgl. z.B. Van Haeringen, De germ. inflexieverschijnselen, 142, aber<br />

auch Van Loey, De pr<strong>im</strong>o i-uml., 121 f. (mit Bibliographie); Hansen,<br />

Preserv. of Word-Identity, 48 f., insbesondre 62 f. Den Zusammenhang<br />

mit dem Akzent hatte schon Theodor Jacobi [1843] erkannt; vgl.<br />

Van Loey, a.a.O., 123, Anm. 3. Weiter noch: Brosnahan, Old Engl.<br />

So<strong>und</strong> Ohanges, insbeson<strong>der</strong>e 83 f.<br />

79. So ist beispielsweise daran zu erinnern, <strong>das</strong>s i-Umlaut von a (ni<strong>im</strong>lich zu e)<br />

einige Jahrhun<strong>der</strong>te später auftritt, wie Von Borries, Das erste Stad.<br />

des i-Uml., 81 für <strong>das</strong> Deutsche schon lange erkannt bat.<br />

45


46<br />

80. In .is, .ip bzw. ·ut ist -i erst aus idg. e (esi, eti) entstanden. Vgl. Streitberg,<br />

Urgerm. Gram., 54 ; Boer, Oergerm. Handb. § 73 <strong>und</strong> schon Von<br />

Borries, Das erste Stad. des i-Uml., 18.<br />

81. Vgl. auch N. van Wijk, Phon., 189 wo ë 2 zurückgeführt wird auf ti.<br />

82. Handb. Urgerm., I , 34-35.<br />

83. Altwestnord. Gram. § 10, 1; vgl. auch § 11 <strong>und</strong> <strong>der</strong>s., Handb. Gat. § 35, 2.<br />

84. Hirt, Handb. Urgerm., I, 33.<br />

85. PIE. Phon., 71-72.<br />

86. Soviel ich weiss, hat man noch nicht hingewiesen auf eine parallele Einhol·<br />

Entwicklung o<strong>der</strong> Entgleisung, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> jüngeren Geschichte <strong>die</strong>ses<br />

Pronomens <strong>und</strong> zwar in mo<strong>der</strong>nen flämischen Dialekten stattgef<strong>und</strong>en<br />

hat. Übersichtliches Material gibt Grootaers (Lecoutere---Grootaers,<br />

Inl. tot de Taalk., 155). Siehe schon Colinet, Leuv. Bijdr., 1, 138 <strong>und</strong><br />

vgl. Goemans, Leuv. Bijdr., ~, 44, Grootaers, Leuv. Bijdl'., 8, 164 für<br />

<strong>die</strong> M<strong>und</strong>arten bzw. von Aalst, Löwen <strong>und</strong> Tongeren. Ggerm. i (Stamm<br />

*lib-) wird z.B. in Löwen e~ (le~f "Leib"), in Tongeren ai (lai!). Hiermit<br />

fällt altes ia, ie (aus urgerm. eu, wozu <strong>die</strong> spätere Entwicklung des<br />

ë 2 hinzugekommen ist) in den betref:Ienden Dialekten nicht zusammen<br />

(Löwen diif, deif "Dieb" ; Tongeren dïf; für <strong>das</strong> letzte vgl. Grootaers,<br />

Leuv. Bijdr., 9, 129), doch hat sich hier <strong>der</strong> Vokalismus des Demonstrativpronomens<br />

mit a ltem i identifiziert: Löwen de~, Tongeren ooi.<br />

Der Vorgang findet sich auch <strong>im</strong> Brüsseler Dialekt : d~n dän~ "<strong>der</strong>,<br />

jener" neben läf "Leib" (Mazereel, Brusselsch Dial., 63 <strong>und</strong> § 40, 6).<br />

Vgl. noch Karstien, Die redupl. Perf., 55--56, insbeson<strong>der</strong>e 56, Anm. 2.<br />

46


IV<br />

DIE REDUPLIZIERENDE KLASSE<br />

§ 20. Über <strong>das</strong> Verhalten <strong>der</strong> gotischen reduplizierenrlen <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> entsprechenden nord- <strong>und</strong> westgermanischen reduplikationslosen<br />

Verba ist seit J. Gr<strong>im</strong>m sehr viel <strong>und</strong> Vielartiges geschrieben.<br />

Die Frage ist nämlich, in welcher Beziehung got. haihait, *haihlaup,<br />

haihald <strong>und</strong> an. hët, hljöp, helt, ahd. hiaz, Leot, liol, hialt usw. zu<br />

einan<strong>der</strong> stehen.<br />

Die endgültige Lösung <strong>die</strong>ses Problems, von dem man gesagt hat,<br />

es sei "one of the most difficult problems of Germanic grammar" 1),<br />

ist ab er noch nicht gef<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Herkunft des Vokalismus <strong>der</strong><br />

sog. reduplizierenden Klasse <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen bleibt<br />

dunkei "trotz <strong>der</strong> unendlichen Mühe, <strong>die</strong> darauf verwendet ist" 2) .<br />

Die Forschungsgeschichte <strong>der</strong> Frage sowie <strong>die</strong> Kritik <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Theorien brauche ich nicht methodisch zur Sprache zu<br />

bringen, weil <strong>die</strong>s schon mehrere Male an<strong>der</strong>swo geschehen ist 3).<br />

Immerhin möchte ich zur Einführung meines eigenen Erklärungsversuchs<br />

einige Punkte <strong>der</strong> früheren Forschung erörtern ~nd zwar:<br />

1. <strong>die</strong> Kontraktionstheorie, 2. <strong>die</strong> Erklärung Brugmanns <strong>und</strong> 3. <strong>die</strong>jenige<br />

Karstiens. Dies sind drei hervorragende Momente bei <strong>der</strong><br />

Untersuchung <strong>der</strong> betreffenden Frage gewesen.<br />

Man weiss, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> zahlreichen Deutungsversuch~ des Präteritalvokalismus<br />

<strong>der</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen sog. reduplizierenden<br />

Klasse auf zwei Gr<strong>und</strong>gedanken zurückzuführen sind:<br />

1. Der erste sucht <strong>die</strong> nord- <strong>und</strong> westgermanischen Präteritalformen<br />

mit den gotischen zusammenzubringen. Im allgemeinen<br />

lässt man den betreffenden Präteritalvokalismus durch Kontraktion<br />

<strong>der</strong> Reduplikationssilbe mit dem Stamm entstehen. Karstien aber<br />

nahm keine Kontraktion an, son<strong>der</strong>n Abfall <strong>der</strong> Reduplikationssilbe<br />

durch Funktionslosigkeit.<br />

2. Der zweite führt den nord- <strong>und</strong> westgermanischen Präteritalvokalismus<br />

einerseits <strong>und</strong> den gotischen andrerseits auf verschiedene<br />

indogermanische Ablautstufen zurück; dabei tritt <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong><br />

Westgermanischen eine von alters her reduplikationslose Form auf<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zu einer von alters her reduplizierenden Form des<br />

Gotischen.<br />

§ 30. Die Kontraktionstheorie (* hehait > * hët; * hehlaup > * hleop)<br />

findet sich zuerst bei J. Gr<strong>im</strong>m. Sie wurde von an<strong>der</strong>en (Scherer,<br />

47


48<br />

Schmidt, Kluge, Hoffory, Holthausen, Zarncke, Van Helten usw.) 4)<br />

vielfach umgearbeitet o<strong>der</strong> ergänzt, ohne <strong>das</strong>s man aber dab ei je zu<br />

einer wirklich überzeugenden Erklärung gelangte. Man hat hier<br />

weitgehende Diss<strong>im</strong>ilation o<strong>der</strong> durchgeführten Ausfall des Anlautkonsonanten<br />

des Stammes angenommen o<strong>der</strong> stellte sich den<br />

Anlauf des Vorgangs z.B. bei vokalisch anlautenden Stämmen vor<br />

(*e-aik> *ë 2 k; *e-auk > *eok) mit nachheriger analogischer Verbreitung<br />

des ë 2 -<br />

bzw. eo-Vokalismus. Bei allen <strong>die</strong>sen Konstruktionen<br />

hat man überhaupt reichlich mit <strong>der</strong> Analogie operie'ren müssen.<br />

Gerade wenn man einer Kontraktion vom konsonantischen<br />

Standpunkt zust<strong>im</strong>men könnte, bleibt <strong>die</strong> Monophthongierung zum<br />

geschlossenen ë 2 von e + ë 1 (*lelëlt), e + a (*tetall), e + ai (*hehait)<br />

ein best<strong>im</strong>mt ungewöhnlicher Vorgang 6). Zwar hat man auch an<br />

Ausfall entwe<strong>der</strong> des Stammvokalismus o<strong>der</strong> des Reduplikationsvokals<br />

gedacht. So hat schon Scherer mit <strong>der</strong> ersten Möglichkeit<br />

gerechnet, indem er den Hauptton auf <strong>der</strong> Reduplikation ruhen<br />

liess 6). Dass aber <strong>im</strong> Gegensatz zum *hehait-Fall in *hehlaup <strong>der</strong><br />

Stammvokalismus nicht unterdrückt, son<strong>der</strong>n nur "verkürzt"<br />

wurde, machte <strong>die</strong>se Erklärung schon von vornherein hinfällig.<br />

Dagegen ist Hoffory 7), speziell für <strong>das</strong> Altnordische <strong>und</strong> mit ebensowenig<br />

Erfolg, gerade vom umgekehrten Standpunkt ausgegangen,<br />

indem er den Akzent auf <strong>die</strong> Stammsilbe treten liess, wodurch <strong>das</strong><br />

e<strong>der</strong> Reduplikation unterdrückt wurde <strong>und</strong> auch wie<strong>der</strong> Kontraktion<br />

erfolgte 8).<br />

Die <strong>im</strong> N ord - <strong>und</strong> Westgermanischen auftretenden Reste einer<br />

Kontraktion (z.B. ae. hatan, heht) wurden gleichfalls herangezogen.<br />

Mit Recht hat Prokosch hierbei hervorgehoben: "But the existence<br />

of these forms speaks rather against than for the equating the<br />

hët-type with the haihait-type. If heht was the regular phonetic<br />

development of *hehat = Go. haihait, it seems <strong>im</strong>probable that at<br />

a comparatively late period it should have gone through the altogether<br />

irregular development to hët; if the form had been preserved<br />

at all, it would have remained heht in Anglian, as in reht, cneht, or<br />

become *heoht in West-Saxon, as in reoht, cneoht" 9).<br />

§ 31. Es braucht uns wirklich nicht zu verwun<strong>der</strong>n, <strong>das</strong>s man<br />

sich schon vor mehr als fünfzig J ahren nach einer ganz an<strong>der</strong>en<br />

Erklärung umgesehen hat.<br />

In einem bekannt gebliebenen Aufsatz setzte Brugmann 10) für<br />

<strong>die</strong> reduplikationslosen Formen des Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />

auch in <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>sprache reduplikationslose Formen an neben den<br />

reduplizierenden, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Gotischen weiterleben. So liess er bei<br />

*haitan ein Präteritum an. ae. hët aus *hëit herrühren <strong>und</strong> nahm also<br />

einen alten Ablaut ai/ëi an, wobei ëi <strong>die</strong> Normalstufe sein sollte.<br />

48


49<br />

Für seine Gleichsteliung hëit, an. ae. hët berief er sich auf <strong>die</strong> Jeliineksche<br />

Theorie (ëi ) ë 2 ). In übereinst<strong>im</strong>mung mit ai/ëi steht dann<br />

au/eu in hlaupan, *hlëup (an. hljöp, ae. hlëop). Verba mit ë (got. lëtan)<br />

liess er auch von ëiherrühren, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schwierigkeit <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Entwicklung <strong>die</strong>ses Vokalismus <strong>im</strong> Präsens (el) <strong>und</strong> <strong>im</strong>' Präteritum<br />

(e 2 ) suchte er durch <strong>die</strong> Steliung in offener bzw. geschlossener Silbe<br />

zu erklären; <strong>die</strong> Silbengrenze hätte also <strong>die</strong>sen Unterschied bedingt.<br />

Weniger als bei <strong>der</strong> Kontraktionstheorie wurde hier Analogie<br />

angenommen; doch wurde <strong>der</strong> Präteritalvokalismus ë 2 <strong>der</strong> ai-Verba<br />

auf <strong>das</strong> Präteritum <strong>der</strong> a-Verba übertragen.<br />

Auch Hoffmann trennte <strong>die</strong> nord-, westgermanischen <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

gotischen Präterita <strong>der</strong> redupliziercnden Klasse. Für ihn aber<br />

waren ëi/ëu Dehnstufen zu ai/au, <strong>die</strong> er zur indogermanischen<br />

e-Reihe rechnete. Die doppelte Entwicklung des ëi erklärte er durch<br />

einen Intonationsunterschied (geschleift/gestossen.) Wichtig ist<br />

dab ei seine Konstatierung: "Die Prüfung des Materiales bestätigt<br />

uns <strong>die</strong> schon früher hervorgehobene Tatsache, <strong>das</strong>s zu keinem<br />

<strong>der</strong> Präsentia mit -ai- <strong>und</strong> -au- Stammesformen mit -ëi- <strong>und</strong> -ëusicher<br />

nachzuweisen sind. Wenn wir also -ë- <strong>und</strong> -eu- <strong>im</strong> Präteritum<br />

auf -ëi- <strong>und</strong> -ëu- zurückführen, so dürfen wir uns darüber nicht<br />

täuschen, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Ablautsstufen in jedem Falie Konstruktionen<br />

bleiben" 11).<br />

Rechnend mit Hoffmanns Resultaten hat J anko 12) Brugmanns<br />

Gr<strong>und</strong>gedanken weiter ausgebildet. Für ihn waren <strong>im</strong> Germanischen<br />

vier alte Prototypen zu unterscheiden: 1. <strong>die</strong> reduplizierende Form<br />

(got. haihait); 2. <strong>die</strong> Dehnstufe ëi ) ë 2 (an. ae. hët usw.); 3. <strong>die</strong><br />

Dehnstufe öi ) ai (an. heit) IS); 4. eine Schw<strong>und</strong>stufe <strong>im</strong> Plural (an.<br />

svipom, hlupom). Das e <strong>der</strong> a-Verba (z.B. in an. helt) !iess er, <strong>im</strong> Einklang<br />

mit ëi usw. durch Kürzung aus ël/ën usw. entstehen. Ahd.<br />

hialt, as. hield (*hëld-) entstand dann "durch mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

festen Anschluss an <strong>das</strong> fürs Sprachgefühl überaus charakteristische<br />

Pt. 1 *hët <strong>und</strong> *lët" 14). Für <strong>die</strong> ö-Verba be<strong>die</strong>nte er sich wie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> alten Kontraktionstheorie.<br />

Auch Feist 16) hat sich betreffs des ë 2 -Typus (ëi) <strong>der</strong> ë- <strong>und</strong> ai­<br />

Verba dem Gedanken Brugmanns angeschlossen, aber den eo-Typus<br />

erklärte er wie<strong>der</strong> durch Kontraktion. Merkwürdig ist indes, <strong>das</strong>s<br />

Brugmann <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>r. 16) dem Vermittlungsversuch Feists gefolgt<br />

ist <strong>und</strong> gegen seine eigene Annahme <strong>das</strong> eo-Präteritum also durch<br />

Kontraktion entstehen !iess.<br />

Das Exper<strong>im</strong>ent von Brugmann <strong>und</strong> seinen Nachfolgern 17) ist<br />

insoweit fruchtbar gewesen, <strong>das</strong>s es <strong>die</strong> Aufmerksamkeit auf eine<br />

an<strong>der</strong>e Erklärungsmäglichkeit als <strong>die</strong> Kontraktionstheorie lenkte.<br />

Allein findet sich überhaupt kein Anhaltspunkt für den von Brugmann<br />

angesetzten Ablaut. Damit rechnete schon Hoffmann, wie<br />

49


50<br />

man ob en gesehen hat. Und später hat Hirt dazu bemerkt: "Hätten<br />

wir eine solche Abtönung, wie wir sie brauchen, in einer an<strong>der</strong>n<br />

Sprache, so liesse sich über <strong>die</strong>se Ansicht reden" 18). Abel' sie fehlt.<br />

So schweben <strong>die</strong> Konstruktionen von Brugmann <strong>und</strong> seinen Nachfolgern<br />

in <strong>der</strong> Luft, gerade wie <strong>die</strong> oben erörterte Jellineksche Erklärung<br />

des ë 2 « ëi).<br />

Auf einer Ausführung Gr<strong>im</strong>ms 19) fussend, haben ausserdem<br />

Heuslel' 20), Karstien 21) <strong>und</strong> Hirt 22) m. E. richtig darauf hingewiesen,<br />

<strong>das</strong>s man hier nicht mit einem vorgermanischen Ablaut<br />

zu tun haben könne. Dies "zeigt sich u.a. daran, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Arten<br />

Vokalwechsel auf <strong>die</strong> st arke Verbalflexion beschränkt sind ...<br />

<strong>die</strong> Präteritalvokale fehlen <strong>der</strong> Wortbildung <strong>im</strong> Aisl. ebenso wie <strong>im</strong><br />

Wgerm." 23).<br />

§ 32. Indem er <strong>die</strong> Missgriffe seiner Vorgänger zu vermeiden<br />

~:ersuchte, hat Karstien 24) noch einen an<strong>der</strong>en Weg eingeschlagen.<br />

Mit <strong>der</strong> Kontraktionstheorie arbeitete er nicht, obschon er von<br />

reduplizierenden Formen ausging. Dadurch wandte er sich auch<br />

von den indogermanischen Konstruktionen Brugmanns ab. Seiner<br />

Ansicht nach hat sich <strong>das</strong> ë 2 verbreitet aus dem reduplizierenden<br />

Präteritum <strong>der</strong> ë- <strong>und</strong> ai-Verba (lëtan, haitan). Aus *lelëlt-,<br />

*hehait- wurde in nichthaupttoniger Silbe ë 1 <strong>und</strong> ai zu ë 2 verwandelt<br />

bzw. monophthongiert; für <strong>das</strong> letzte wies er u.a. hin<br />

auf got. ];ai neben ahd. dë, dia, <strong>die</strong> 25).<br />

Völlig in ü bereinst<strong>im</strong>mung hiermit liess er ein 0 2 entstehen <strong>im</strong><br />

reduplizierenden Präteritum <strong>der</strong> 0- <strong>und</strong> au-Verba: *hwéhwop-,<br />

*héhlaup- > *hwéhw0 2 p-, *héh10 2 p-; auch hier hat er eine ParalIele<br />

aufgef<strong>und</strong>en, indem er got. 80, pos, po neben as. thiu, ahd. di 'l~<br />

bzw. deo, dio steIlte 26). Bei den a-Verba nahm er analogisches ë 2 an<br />

(haldan, *hë 2 ld), gelegentlich mit Kürzung (*held) 27). Das Präteritum<br />

all <strong>die</strong>sel' Verba war somit durch seinen Vokalismus vom Präsens<br />

klar unterschieden, wodurch <strong>die</strong> Reduplikationssilbe überflüssig<br />

wurde <strong>und</strong> verschwand. Den nord- <strong>und</strong> westgermanischen Reduplikationsverlust<br />

sah er als <strong>die</strong> Wie<strong>der</strong>holung dessen an, was sich schon<br />

in indogermanischer Zeit in <strong>der</strong> e-Reihe ereignet haben solI te; <strong>das</strong><br />

o in <strong>der</strong> e-o-Abtönung liess er in <strong>der</strong> Tat in nebentoniger Position<br />

be<strong>im</strong> reduplizierenden Perfekt entstehen; durch den e-o-Ablaut<br />

wurde dann <strong>die</strong> funktionslos gewordene Reduplikation aufgegeben<br />

28). Wenn er also ein organisch entstandenes ë 2 <strong>und</strong> 0 2 <strong>im</strong> Nord<strong>und</strong><br />

Westgermanischen als Sek<strong>und</strong>ärablaut anführte, dann fragt<br />

sich sofort, warum sich <strong>die</strong> zwei in ihrer weiteren Entwicklung nicht<br />

gleich betragen haben. Von dem 0 2 ist keine einzige SpUl' mehr<br />

nachzuweisen, "denn <strong>die</strong> diphthongierung des 0 2 • •• ist ... viele<br />

jahrhun<strong>der</strong>te älter als <strong>die</strong>jenige des ë 2 " 29)! Hiermit fälIt jedoch <strong>das</strong><br />

50


51<br />

ganze Gebäude, denn ein Gr<strong>und</strong> für eine verschiedene Behandlullg<br />

<strong>die</strong>ser parall~len Vokale ist nicht vorzubringen. In Wirklichkeit<br />

hat es aber nie ein 0 2 gegeben, <strong>und</strong> in den altgermanischen Dialekten<br />

verhält sich e 2 sonst parallel mit ° (= Ol von Karstien) : an. het/lotr;<br />

ae. as. afri. het/lot; ahd. hiaz/luoz.<br />

Zur Adstruierung seiner Annahme führte er ausserdem dialektisch<br />

englische, deutsche (Finkenwär<strong>der</strong> M<strong>und</strong>art) <strong>und</strong> französische Analoga<br />

an 30). Dies ist gleichfalls als verfehlt anzumerken, gerade weil<br />

er <strong>die</strong> betreffenden Ubergänge nicht in ihreh eigenen Laut<strong>system</strong>en<br />

gesehen hat. Seine Beispiele könnten sogar als Beweis gegen seine<br />

eigene Ansicht verwendet werden, so z.B. wenn er "on{)re > onour ><br />

(französisch) honeur" mit {) > eu anführte <strong>und</strong> dabei den paralleIen<br />

Vorgang (lat. me) *m~ > mei > französisch moi vergass; ein ähnlicher<br />

Parallelisrnus fehlte doch seinem Vorgang.<br />

Obschon <strong>die</strong> Erklärung Karstiens mit Recht als irrig betrachtet<br />

wird 31), bleibt sein Buch für mich eine wichtige Etappe bei <strong>der</strong><br />

Untersuchung <strong>der</strong> betreffenden Frage, wegen <strong>der</strong> Problemstellung<br />

<strong>und</strong> Materialordnung, ab er auch wegen mancher richtiger Detailerklärung.<br />

lch werde deshalb hier noch manchmal darauf verweisen<br />

können.<br />

§ 33. Seit Karstien ist kein wesentlich neues Erklärungsprinzip<br />

gef<strong>und</strong>en worden. In späteren Arbeiten ist man vielfach auf <strong>die</strong><br />

früheren Theorien zurückgefallen, sei es auch mit Detailverbesserungen,<br />

o<strong>der</strong> man hat Kompromisse gesucht 32). So hat Flas<strong>die</strong>ck 33),<br />

ausgehend vom Altenglischen, <strong>die</strong> Kontraktionstheorie wie<strong>der</strong> aufgenommen.<br />

Noch an<strong>der</strong>e wie HeusIer 34) <strong>und</strong> Hirt 35) blieben <strong>die</strong>ser<br />

Theorie treu, obschon gelegentlich mit gebührendem Zweifel,<br />

während dagegen Prokosch 36) mehr zur Brugmannschen Erklärung<br />

neigte.<br />

Neulich hat Lehmann 37) <strong>die</strong> Vorstellung Prokosch's von <strong>der</strong><br />

Brugmannschen Erklärung <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Laryngaltheorie rein terpretiert,<br />

wobei er den, in den betreffenden Verba, hypothetischen<br />

Präteritalvokalismus ei , eu, e in eXy (X = Laryngal), eX w, eX<br />

umsetzte. Ein Bedenken von rein phonologischer Gr<strong>und</strong>lage aus<br />

wurde schon oben (§ 17) formuliert. Der Einwand, <strong>das</strong>s sich für den<br />

von Brugmann (<strong>und</strong> Prokosch) angesetzten Ablaut nirgends ein<br />

Anhaltspunkt nachweisen lässt, wird hier auch nicht behoben. Zwar<br />

suchte Lehmann <strong>die</strong> Erklärung zu <strong>die</strong>ser Tatsache mit Hilfe <strong>der</strong> von<br />

Benveniste gegebenen Charakterisierung <strong>der</strong> indogermanischen<br />

Wurzel <strong>und</strong> sagte: "According to Benveniste's theory, therefore,<br />

such verbs of the seventh class are not made from PIE <strong>verba</strong>l roots;<br />

we cannot then expect them follow the patterns attested in <strong>verba</strong>l<br />

forms of other dialects; nor is the likelihood great th at we shall find<br />

51


52<br />

eognates of the same complex structure in other dialects" 38). Auch<br />

hieraus ist m.E. am besten <strong>der</strong> Schluss zu ziehen, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> betreffende<br />

Ablaut <strong>im</strong> Verbal<strong>system</strong> als ei ne typisch germanische Neuerung zu<br />

geIten hat 39). Es empfiehlt sich demnach, <strong>das</strong> Problem <strong>im</strong> Germanischen<br />

selbst zu betrachten, denn <strong>das</strong> Wie <strong>und</strong> Warum eines solchen<br />

Ablauts <strong>im</strong> Germanischen bleibt nach wie vor eine ungelöste Frage,<br />

wenn auch <strong>der</strong> Vokalismus sich noch aus dem Indogermanischen<br />

einigermassen verantworten liesse.<br />

Keine von den verschiedenen Erklärungen hat sich also als <strong>die</strong><br />

wahrhafte Lösung durchsetzen können. Sie machen vielfach den<br />

Eindruck mühsamer Konstruktionen, <strong>die</strong> sich als wirkliche Sprachentwicklung<br />

kaum denken lassen. 'Die Anhänger <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Erklärungen selbst empfinden oft <strong>das</strong> durchaus "Theoretische"<br />

ihrer Versuche. Wenn ich <strong>die</strong> Forschungsgeschichte hier nur in<br />

ihren Hauptmomenten habe charakterisieren wollen, so findet <strong>die</strong>s<br />

noch einen Gr<strong>und</strong> in <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s ich einen ganz neuen Weg<br />

einschlagen will, <strong>der</strong> uns, hoffe ich, zum Ziel führen wird.<br />

§ 34. Ich möchte jetzt meine I. TabelIe des ersten Abschnitts<br />

(§ 2) heranziehen. Sie weist ein geschlossenes System auf, wobei<br />

Präsens- <strong>und</strong> Präteritalstamm sich durch Ablaut unterscheiden. In<br />

<strong>der</strong> e-Gruppe liegt ein direkt aus dem Indogermanischen entstandener<br />

e-a-Ablaut (idg. e-o) vor. Die a-Gruppe ist als Gruppe nach<br />

ihrem VOl'kommen typisch germanisch <strong>und</strong> jünger als <strong>die</strong> e-Gruppe,<br />

was sich schon dadurch begreifen lässt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> germanische a<br />

sowohl aus idg. 0 als '3 <strong>und</strong> a hervorging 40).<br />

Diese Gruppe hat nur zwei Ablautstufen (got. 1. slahan, slahans ;<br />

2. slöh, slöhum) <strong>im</strong> Gegensatz zur e-Gruppe; <strong>die</strong> <strong>der</strong>en drei o<strong>der</strong> vier<br />

aufweist (got. 1. greipan; 2. graip; 3. gripum, gripans; got. 1. n<strong>im</strong>an;<br />

2. nam; 3. nëmum; 4. numans). Bei <strong>der</strong> e-Gruppe liegen <strong>system</strong>atisierte<br />

Überbleibsel indogermanischer Verhältnisse vor, bei <strong>der</strong> a­<br />

Gruppe konnte - wenigstens teilweise - Anpassung an <strong>die</strong> germanischen<br />

Sprachbedürfnisse stattfinden. Doch gab es schon <strong>im</strong><br />

Indogermanischen hierfür Beispiele mit Perfekt ohne Numerusabstufung,<br />

wie lat. scdbo = scdbi sehen lässt 41). Wie sich <strong>im</strong> ersten<br />

Abschnitt herausstellte, liegt eine urgermanische Systematisierung<br />

<strong>der</strong> jüngeren a-Gruppe vor auf Gr<strong>und</strong> des folgenden Konsonantismus,<br />

<strong>die</strong> sich in <strong>die</strong>ser Hinsicht <strong>der</strong> älteren e-Gruppe gegenüberstellen<br />

lässt. Ein Blick auf meine TabelIe kann uns davon überzeugen.<br />

§ 35. In <strong>der</strong> lIl. Abteilung jener TabelIe blieb dennoch <strong>das</strong><br />

Problem des Präteritums. Das Gotische hat <strong>die</strong> Reduplizierung, <strong>das</strong><br />

52


53<br />

Nord- <strong>und</strong> Westgermanische einen neuen Ablaut, mit noch einigen<br />

Resten <strong>der</strong> Reduplizierung. Auf Gr<strong>und</strong> des einst<strong>im</strong>migen Zeugnisses<br />

des Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen hat man als Vokalismus dafür<br />

schon lange ë 2 (bei ai), eu, eo (bei au) <strong>und</strong> e o<strong>der</strong> ë 2 (bei a) erkannt.<br />

"Es gibt also einen Typus mit ë 2 , einen mit eu, eo, einen dritten mit<br />

e, bei dem dann ë 2 eingeführt wurde", sagte Hirt 42) sehr richtig ;<br />

<strong>das</strong>s ë2 <strong>im</strong> letzten Fall neben e wirklich sek<strong>und</strong>är sei, wird sich unten<br />

(§ 41) noch deutlich herausstellen. 0ben habe ich, unter best<strong>im</strong>mten<br />

Bedingungen, ë 2 aus ei hergeleitet ; <strong>das</strong>selbe gilt von eu, eo für altes<br />

eu <strong>und</strong> e für altes e, <strong>im</strong> letzten Fall wenn nicht Nasal + Konsonant<br />

dazwischen stand. Jedenfalls geht <strong>die</strong> Reihe ë 2 /eu(eo)/e (<strong>die</strong> wie<br />

gesagt, neb en ï/iu/i steht) vor <strong>der</strong> e-Spaltung zurück auf ei/eu/eo<br />

Meine TabelIe zeigt aber gerade den Zustand vor <strong>der</strong> betreffenden<br />

Spaltung; sonst würde in <strong>der</strong> e-Gruppe auch kein ei/eu/e vorliegen,<br />

sondem i/iu usw. Die TabelIe, insbeson<strong>der</strong>e <strong>die</strong> lIl. Abteilung ist<br />

also folgen<strong>der</strong>massen auszufüllen:<br />

e-Gruppe<br />

a-Gruppe<br />

Nord-, West-<br />

Gotisch<br />

germanisch<br />

1. eijaijiji 1. ai j ei Reduplikation,<br />

ohne Ablaut<br />

2. eu / au / u / u 2. au / eu<br />

3.<br />

I el/al en /I{ul) -+ ul usw_<br />

usw_ 3.<br />

I<br />

(u = Vokalrest unbest<strong>im</strong>mter Farbe)<br />

al j el usw.<br />

an usw_<br />

Man bekommt also den merkwürdigen Zustand, daas <strong>die</strong> e- <strong>und</strong><br />

a-Gruppen einan<strong>der</strong> gegenüberstehen, aber in entgegengesetzter<br />

Richtung. Der Vokalismus, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> e-Gruppe <strong>im</strong> Präsens fungiert,<br />

begegnet in <strong>der</strong> a-Gruppe <strong>im</strong> Präteritum <strong>und</strong> umgekehrt. In <strong>der</strong> alten<br />

e-Gruppe haben wir verschiedene indogermanische Ablautstufen,<br />

in <strong>der</strong> jüngeren a-Gruppe, mit Ausnahme von einzelnen weiter zur<br />

Sprache kommenden Fällen, nur zwei (ai/ei; au/eu; ale), was <strong>im</strong><br />

germanischen System (vgl. den a-ö-Ablaut), wie oben schon gesagt,<br />

funktionell durchaus verständlich ist.<br />

§ 36_ Zum völligen Begreifen <strong>die</strong>ser Verhältnisse sollte man jetzt<br />

<strong>das</strong> Problem in Einzelheiten untersuchen. Es haben sich also bereits<br />

<strong>im</strong> Urgermanischen in <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse zwei Bildungsprinzipien<br />

des Präteritums herausgebildet(ich lasse vorläufig <strong>die</strong><br />

ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen ausser Betracht):<br />

1. ein neuer a-e-Ablaut, den man <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />

wie<strong>der</strong>findet;<br />

2. Reduplikation (ohne Ablaut), <strong>die</strong> <strong>system</strong>atisch <strong>im</strong> Gotischen<br />

53


vorkommt <strong>und</strong> nur in Resten <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />

auftaucht.<br />

Ich möchte zuerst daran erinnern, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Reduplizierung, wenn<br />

sie sich <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen nur in Resten findet, doch<br />

eine allgemein germanische Verbreitung kennt. Ausserdem darf man<br />

nicht aus den Augen verlieren, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> sog. reduplizierende Klasse<br />

entwe<strong>der</strong> mit RedupF!{ation o<strong>der</strong> ohne, aber dann mit eigenen<br />

Ablautverhältnissen, d üeh eine einheitliche Klasse bildet, <strong>die</strong> also<br />

älter sein muss als <strong>die</strong> Glie<strong>der</strong>ung in <strong>die</strong> verschiedenen Dialekte.<br />

In <strong>der</strong> Reduplizierung liegt somit in <strong>die</strong>ser Klasse <strong>das</strong> ältere<br />

Bildungspri...'1zip des Präteritums vor.<br />

Bemerkenswert ist aber folgendes: "Verba mit a o<strong>der</strong> 0 <strong>im</strong> Präsens,<br />

auf <strong>die</strong> ein Sonorlaut (i, u, r, l, m, n) + Konsonant folgte, zeigen <strong>im</strong><br />

Lat., Germ. <strong>und</strong> Indischen keinen Ablaut. V gl.<br />

Lat.<br />

curro, cucurri<br />

caedo, cecidi<br />

prandeo, prandi<br />

mando, mandi<br />

Got.<br />

haldan, haihald<br />

haitan, haihait<br />

táhan, taitäh<br />

maitan, mai'l1Ulit<br />

Ai.<br />

mamanda, mamanduli;<br />

vavanda, varand<strong>im</strong>á;<br />

taatambha, tastambhat.<br />

Es ist sehr wohl denkbar, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Fälle aus dem Idg. stammen,<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong>s demnach schon in <strong>der</strong> Ursprache eine Ausgleichung stattgef<strong>und</strong>en<br />

o<strong>der</strong> <strong>das</strong>s ein Ablaut nicht bestanden hat". So schrieb<br />

Hirt 43). Später hat er noch hinzugefügt: "Abstufung könnte in<br />

<strong>die</strong>sem Typus wohl bestanden haben, vgl. g. staistaut = ai. tutöda:<br />

l. tutud<strong>im</strong>us, ai. tutud<strong>im</strong>á. Indessen kann er auch neu aufgekommen<br />

sein" 44). Wenn es jedoch hier eine Abstufung gegeben hätte, so<br />

würde <strong>der</strong> Vokal <strong>im</strong> Perfekt, wenigstens in den meisten Fällen, am<br />

wahrscheinlichsten doch ä o<strong>der</strong> 0 gewesen sein, <strong>das</strong> dann in <strong>der</strong><br />

betreffenden Position jedenfalls zu germ. a gekürzt werden müsste 45).<br />

Es stellt sich somit jedenfalls deutlich heraus, <strong>das</strong>s in <strong>die</strong>ser<br />

Klasse <strong>im</strong> Urgermanischen neben Präsentia "'hait-, "'staut-, "'haldals<br />

Präterita "'hehait-, "'stestaut-, "'hehald- vorlagen. Die Reduplikation<br />

erfüllte hier gerade <strong>die</strong>selbe Funktion wie <strong>der</strong> Ablaut <strong>im</strong> übrigen<br />

System <strong>der</strong> sog. <strong>starken</strong> Verba. Es ist aber ohne weiteres klar, <strong>das</strong>s<br />

<strong>die</strong> reduplizierenden Präterita <strong>im</strong> Germanischen bald eine Min<strong>der</strong>heit<br />

gewesen sein müssen. Wie <strong>die</strong> e-Gruppe (e-a-Ablaut) <strong>und</strong> ein<br />

Teil <strong>der</strong> a-Gruppe (a-o-Ablaut) uns lehren, war Ablaut ein lebendiges<br />

Prinzip in <strong>der</strong> urgermanischen Sprache, <strong>die</strong> noch "mehr als <strong>die</strong><br />

Schwestersprachen regelnd <strong>und</strong> uniformierend war" 46). Die Reduplizierung<br />

war ein vom Indogermanischen ererbtes Prinzip, <strong>das</strong><br />

wenigstens <strong>im</strong> späteren Germanischen allein noch funktionell sein<br />

konnte, wenn es keinen Ablaut gab (got. haihait, haihald usw.) 47).<br />

Aber unter dem Zwang des durchaus grössten Teils <strong>der</strong> sog. <strong>starken</strong><br />

Verba <strong>im</strong> Urgermanischen konnte man in <strong>der</strong> sog. reduplizierenden<br />

54


55<br />

Klasse den produktiven e-a-Ablaut einführen, sei es denn in umgekehrter<br />

Richtung. So iat ai/ei , au/eu <strong>und</strong> ale <strong>der</strong> a-Gruppe als <strong>die</strong><br />

Contrepartie des Ablautspiels in <strong>der</strong> e-Gruppe (ei/ai, eu/au, e/a) zu<br />

betrachten (8).<br />

e-a-Ablaut war also in <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode produktiv;<br />

<strong>die</strong>ser Ablaut wurde zur Unterscheidung .<strong>der</strong> Tempora angewandt,<br />

ohne daas dabei e <strong>und</strong> a. charakteristisch zu sein brauchten für <strong>das</strong><br />

Präsens bzw. <strong>das</strong> Präteritum; nicht <strong>der</strong> Vokalismus an sich, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> betreffende Untersehied <strong>und</strong> Ablaut war funktionell. Das<br />

Nebeneinan<strong>der</strong> von z.B. ie/oo in ndl. ik schiet "ich sehiesse" (Präsens)<br />

<strong>und</strong> ik schoot "ich sehoss" (Präteritum) <strong>und</strong> ik loop "ich laufe"<br />

(Präsens), ik liep "ieh lief" (Präteritum) dürfte eine beweisende<br />

ParalIele dafür bieten.<br />

Wie ich schon hervorhob, haben sich somit <strong>im</strong> Urgermanischen in<br />

dem betreffenden Fall zwei Präteritalformationen gegenüber gestanden:<br />

1. Ablaut; 2. Reduplizierung. Im Nord- <strong>und</strong> Westgerma·<br />

nisehen hat sich mit Ausnahme von einzelnen Fällen <strong>der</strong> Ablaut<br />

allmählich durchgesetzt, <strong>im</strong> Gotischen dagegen <strong>die</strong> Reduplizierung<br />

(9). Dass <strong>das</strong> Gotische keinen Rest <strong>die</strong>s es jüngeren Ablauts in<br />

<strong>der</strong> reduplizierenden Klasse aufweist, steht zwar <strong>im</strong> Einklang mit .<br />

dem Ausgleiehstreben <strong>die</strong>ser Sprache, könnte aber noch so verstanden<br />

werden, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> "neue Ablaut" gegenüber dem alten Reduplizierungsprinzip<br />

<strong>im</strong> Ur- <strong>und</strong> Gemeingermanischen noch keinen <strong>im</strong>ponierenden<br />

Umfang erreicht hatte.<br />

§ 37. Die kleinen e- <strong>und</strong> ö-Gruppen, <strong>die</strong> ich bis jetzt au ss er<br />

Betracht gelassen habe, möchte ich nun noch zur Sprache bringen.<br />

Oben (§ 5) habe ich in <strong>der</strong> lIl. Tabelle eneben ai <strong>und</strong> ö neben<br />

au gestellt. Die Gründe dazu wurden gegeben : e <strong>und</strong> ö fin den sich<br />

sowohl <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen wie <strong>im</strong> Gotischen in<br />

<strong>der</strong>selben Klasse wie ai, au; sie sind also für <strong>das</strong> Urgermanische<br />

zusammenzunehmen.<br />

Es braucht uns nicht zu verwun<strong>der</strong>n, <strong>das</strong>s e mit ai <strong>und</strong> ö mit au<br />

zusammenging. Im urgermanischen Verbal<strong>system</strong> konnten <strong>die</strong> e- <strong>und</strong><br />

ö-Verba sich am besten <strong>der</strong> jüngeren, sich bildenden a-Gruppe einfügen.<br />

Wegen des langen Vokals gehörte~ sie ihrer Stammstruktur<br />

nach auch direkt zusammen mit aibzw. au + Konsonanten <strong>und</strong>nicht<br />

mit a + einfachem Konsonanten (in <strong>der</strong> IV. Abt.: got. slahan).<br />

Die e-Gruppe erscheint vielleicht als Reflex <strong>der</strong> indogermanischen<br />

e-Reihe (got. letan, lailöt, neben lats (~), aschw. löt <strong>und</strong> vielleicht<br />

dänisch lod; got. tekan, taitök, asch w. ,tök) 50). Es lassen sich hier<br />

<strong>die</strong> drei Prinzipe nachweisen: e-ö-Ablaut, Reduplizierung (vgl. auch<br />

an. sera) <strong>und</strong> jüngerer e-ei-Ablaut (z.B. ahd. liaz).<br />

55


56<br />

§ 38. Die Frage, warum be<strong>im</strong> jÜllgeren Ablaut vor allem <strong>die</strong><br />

"dunkle" Reihe (ëljeu (eo)je) <strong>im</strong> Präteritum auftritt, ist leicht zu<br />

beantworten. Es sei hingewiesen auf <strong>die</strong> Endungen <strong>der</strong> ersten drei<br />

Personen des Singulars des Präteritums (z.B. got. nam, namt, nam).<br />

Bei <strong>der</strong> ersten Person ist <strong>der</strong> Vokal <strong>der</strong> Folgesilbe wahrscheinlich<br />

-a gewesen (ai. papiica, gr. xéxAorpa). Zur Zeit <strong>der</strong> e-Spaltung, also<br />

<strong>im</strong> Gemeingermanischen, war <strong>die</strong>ser Vokal vielleicht schon apokopiert.<br />

Möglicherweise hängt <strong>die</strong> Endung <strong>der</strong> zweiten Person zusammen<br />

mit ai.-tha. In <strong>der</strong> dritten Person lag -e vor (ai. papäca, gr.<br />

xÉxAorpe), aber auch <strong>die</strong>s war wahrscheinlich bereits apokopiert, als<br />

sich <strong>die</strong> jüngere e-Spaltung ereignete 61). Die zweite Person des<br />

Westgermanischen (ahd. as. nämi, ae. strele) fällt ausserhalb des hier<br />

betrachteten Systems, zeigt übrigens den Vokalismus des Plurals.<br />

Der Plural (auch <strong>der</strong> Dual) hatte u, woraus später auch 0, in <strong>der</strong><br />

Folgesilbe, aber hier gibt es noch an<strong>der</strong>e Vorgänge, <strong>die</strong> ich unten<br />

heranziehen werde.<br />

Das Auftreten <strong>der</strong> "dunklen" Reihe scheint mir hier jedenfalls<br />

begründet.<br />

§ 39. ai-ei " ë 1 -ei<br />

sn. heOO, hit, hétom, heilenn<br />

a.schw. hëm, hät, häto, hitin<br />

shd. heizan, hiaz, hiazum, giheizan<br />

a.s. hëmn, hët (Met), hitun (hietun), gihëtan<br />

se. hiUan, hit, hëton, hiUan<br />

sfri. hëta, hit (hU), hëton (hUon), hëten<br />

sn. UUa, Ut, létom, l&enn<br />

a.schw. UUa, lät, läto, liUin<br />

shd. ldzan, liaz, liazum, gildzan<br />

a.s. UUan, Ut (liet), Utun (lietun), giUUan<br />

se. lcetan, Ut, léton, läten<br />

afri. lëta, Ut (lU), lëten<br />

In allen Dialekten haben wir deutlich zwei Ablautstufen, <strong>im</strong><br />

Präsens <strong>und</strong> Partizip ai (bzw. ë 1 ), <strong>im</strong> Präteritum ei > ël.<br />

l. Im Präteritum tritt einige Male ai auf (an. heit, sveip usw.) 52).<br />

Wie schon oben (§ 36) deutlich gemacht wurde, liegen hier Verba<br />

vor, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Urgermanischen keinen Ablaut, wohl aber ein reduplizierendes<br />

Präteritum hatten (got. haitan, haihait). Möglicherweise<br />

haben <strong>die</strong>se Präterita nach dem Muster <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Verba <strong>die</strong><br />

Reduplikation aufgegeben 53). Hier kann aber auch <strong>das</strong> Beispiel<br />

<strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden Reihe <strong>der</strong> e-Gruppe (beid j bidom - sveipj<br />

svipom) gewirkt haben. Jedenfalls ist es falsch, mit Hoffmann <strong>und</strong><br />

Janko 64) ai (an. heit, sveip) auf eine indogermanische Dehnstufe<br />

zurückzuführen. Auch bei den ë-Verba begegnen ai-Präterita: an.<br />

greit, leit, reid (neben grët, lët, rU), <strong>die</strong> offenbar eine Nachahmung<br />

56


57<br />

<strong>der</strong> ai-Verba <strong>und</strong> <strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden Reihe <strong>der</strong> e-Gruppe voraussetzen<br />

65). Auch hierbei lässt sich ahd. ratan, reitun völlig begreifen<br />

56).<br />

2. Wie ich schon oben (§§ 34-35) anmerkte, sind <strong>die</strong> Ablautstufen<br />

ai (bzw. ë 1 )/ei den Sprachbedürfnissen des Germanischen<br />

völlig angemessen. Doch begegnet neb en an. 8veipa <strong>im</strong> Präteritum<br />

Plural auch 8vipom, <strong>das</strong> · unverkennbar als Nachbildung von z.B.<br />

bida, beid, bidom (ei/ai/i) <strong>der</strong> e-Gruppe zu betrachten ist. Durchaus<br />

analogisch ist an. litom (vgl. noch leit neben bidom, beid <strong>und</strong> heit) 67).<br />

Man braucht somit bei 8vipom nicht an einen direkten Rest einer<br />

rein hypothetischen, indogermanischen Schw<strong>und</strong>stufe zu denken,<br />

wie J anko 68) u.a. getan haben. Ausser den zitierten Fällen kommt<br />

noch agutn. liko vor.<br />

Das karge Belegt-sein ähnlicher Formen ist wohl ein guter Beweis<br />

für <strong>die</strong> Produktivität des Zwei-Stufenablauts (a-e) <strong>der</strong> urgermanischen<br />

a-Gruppe. Zu <strong>die</strong>ser Frage bringen <strong>die</strong> au-Verba, <strong>die</strong> unten<br />

(§ 40) erörtert werden, noch mehr Material.<br />

3. An. hit (Hauksbök), agutn. hit. Noreen 69) hat hier Einfluss<br />

eines Plurals *hitu angenommen; <strong>die</strong>se Erklärung leuchtet mir nicht<br />

ein. Wenn hier kein dialektischer o<strong>der</strong> sek<strong>und</strong>ärer Vorgang vorliegt<br />

(agutn.1 vgl. afri. ë~i) 60), könnte <strong>die</strong>s i (nach meiner Erklärung des<br />

ë 2 ) aus ei entstanden sein. An. agutn. lit ist auf <strong>die</strong>selbe Weise wie,<br />

o<strong>der</strong> analogisch nach an. agutn. hit zu erklären.<br />

4. ae. 8wapan hat 8wëop als Präteritum, vielleicht, wie schon<br />

Scherer 61) <strong>und</strong> nach ihm auch Karstien 62) annahmen, nach dem<br />

Muster von 8awan, 8ëow u.ä.<br />

§ 40. au-eu; ö-eu 83)<br />

an. hlaupa, hliöp, hliöpom (hlupom), hlaupenn<br />

ausa, iÖ8, iÖ80m (iusom), ausenn<br />

ahd. hlaufan (loufan), leof (lio!), leofum (liofun), giloufan<br />

8.8. hlöpan, hliop, hliopun, gihlöpan<br />

Be. hlëapan, hlëop, hlëopon, J#a'pen<br />

afri. hläpa, hlëp (hlip) , . .. , hlëpen<br />

an. blötan, blët, blëtom, blötenn<br />

ahd. hruofan, hriof, hriofum, gihruofan<br />

8.8. hröpan, hriop, hriopun, gihröpan<br />

Be. hröpan, hrëop, hrëopon, hröpen<br />

afri. hröpa, röp, hrëpen(hröpen)<br />

1. Wenn man <strong>das</strong> Altnordische <strong>und</strong> <strong>das</strong> Altfriesische bei Seite<br />

lässt, ist ohne weiteres klar, <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Präteritalvokalismus <strong>die</strong>ser<br />

Klasse in den altgermanischen Dialekten auf urgerm. eu zurückgeht.<br />

Dem Altenglischen braucht man keine nähere Erörterung zu widmen.<br />

lm Altsächsischen steht eo, io für altes eu vor a, e, ° <strong>der</strong> Folge-<br />

57


58<br />

silbe: thiorna, riomo, thionost; vor w (wenn a, e, 0 in <strong>der</strong> Folgesilbe<br />

steht o<strong>der</strong> gestanden hat) eu: treuwa, hreuwan; bei den sog. reduplizierenden<br />

Präterita kommt durchaus übereinst<strong>im</strong>mend vor: steot,<br />

hliop, hriop <strong>und</strong> heu (Hildebr. heuwun; vgl. ahd. hiowun) bei<br />

hauwan 64).<br />

Im Althochdeutschen steht für eu sowohl in <strong>der</strong> sog. reduplizierenden<br />

Klasse wie an<strong>der</strong>swo eo,io, ia, ie. So ist z.B. hlaulan,<br />

loulan, (h)ruolan, stözan, Präteritum leo/, lio/, riol; liel, stiez (z.B. bei<br />

Notker); lia/, rial (bei Otfrid) völlig <strong>im</strong> Einklang mit beotan, biotan,<br />

leob, liob; bieten, lied (z.B. bei Notker); biatan, liab (bei Otfrid); <strong>der</strong><br />

oberdeutschen Regel gemäss kommt hier in beiden Fällen normal iu<br />

vor (Präteritum <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse: liul; vgl. Infinitiv<br />

<strong>der</strong> e-Gruppe: liugan) 66). Im Plural steht jedoch eo, io wie <strong>im</strong> Singular,<br />

also leolum, liolum, wo <strong>der</strong> Regel nach (vor u) liulum, -un zu erwarten<br />

wäre (vgl. biutu, beotamës). Hier findet kein Wechselinnerhalb<br />

<strong>der</strong> Flexion statt. Ein eventuelles iu des Plurals konnte sonst noch<br />

ein konkurrierendes u (vgl. mhd. luffen <strong>und</strong> unten 2.) neben sich<br />

haben, wodurch seine Position abgeschwächt wurde. Ausserdem ist<br />

<strong>die</strong> Durchführung eines einzigen Vokalismus in dem weniger als <strong>das</strong><br />

Präsens ge brauchte Präteritum begreifiich. Dies werde ich noch unten<br />

(§ 42), mit an<strong>der</strong>en Beispielen, besser begründen können. Jedenfalls<br />

ist auch "<strong>der</strong> Wechsel zwischen eo(io) <strong>und</strong> iu . .'. in <strong>der</strong> Nominaldeklination<br />

ausgeglichen, so <strong>das</strong>s <strong>der</strong> Vokal des Nomin. durchgeht,<br />

ohne Rücksicht auf den Endungsvokal, z.B. diota, D. Sg. diotu; giozo<br />

G. giozun . .. Auch in <strong>der</strong> Ableitung zeigt sich vereinzelt Anlehnung<br />

an <strong>das</strong> Stammwort, z.B. elidheodigün Is." 66).<br />

2. Einige Schwierigkeit können <strong>die</strong> an. Präterita hljöp (hlaupa),<br />

jök (auka) machen. Hätte man doch hier gesetzmässig ""hljüp, ""jük<br />

haben sollen, da urgerm. eu vor p, I <strong>und</strong> k, g <strong>im</strong> Altnordischen<br />

als jü erscheint. Diese Regel findet sich gut ausgebildet bei alleinstehenden<br />

Wörtern; allein es braucht uns nicht zu verwun<strong>der</strong>n,<br />

<strong>das</strong>s sie durchkreuzt wird, wenn <strong>der</strong> Vokalismus <strong>die</strong>ser Wörter<br />

unter irgendeinem Systemzwang steht, wie z.B. in einer Verbalklasse.<br />

Stand doch auch hlaupa, auka neben ausa mit normalem<br />

Präteritum jÖ8; vgl. noch bjö, hjö 67). Hier hat sich ein Präteritalvokalismus<br />

jö durchgesetzt, <strong>und</strong> es ist allerdings nicht nötig, zur<br />

Erklärung <strong>der</strong> hljöp- <strong>und</strong> jök-Formen einen urnordischen· Unterschied<br />

ëujeu zu konstruieren 68), o<strong>der</strong> seine Zuflucht zu kontrahierten<br />

Formen zu nehmen, obgleich <strong>das</strong> letzte in einem Fall wie jök zwar<br />

noch möglich wäre 69). übrigens gibt es noch an<strong>der</strong>e Ausnahmen<br />

WIe . Z'o!c'. u an. PlO J.,;-t r" D' Ie b" 70) •<br />

Man braucht doch nicht jede ähnliche Durchbrechung einer<br />

Regel mit verschiedener Herkunft des betreffenden Vokalismus zu<br />

erklären. 80 kommt <strong>im</strong> Gotischen in <strong>der</strong> ReduplikatiollBsilbe<br />

58


59<br />

ai vor, ohne Rücksicht auf den folgenden Laut (ana-aiauk, lailöt,<br />

at-ma<strong>im</strong>ait, taitäh usw.), während doch <strong>der</strong> bekannten Regel nach<br />

ai nur vor h, lu, r stehen sollte.<br />

3. Das altnordische blötan, bUt hat sich in seinem Präteritum<br />

den ai- <strong>und</strong> ë 1 -Verba deutlich angeschlossen 71). Das ist um so<br />

begreiflicher, weil es mit seinem ö - <strong>die</strong> Verba pura róa usw.<br />

kommen weiterhin (§ 44) noch zur Sprache - vereinzelt steht. Man<br />

vergleiche jedoch noch ae. blëot (zu blötan) , <strong>das</strong> den ursprünglichen<br />

Präteritalvokalismus aufweist, <strong>und</strong> ahd. bluozan (plözzan), <strong>das</strong> (neb en<br />

einem r-Präteritum) ein schwaches Präteritum bei sich hat, nämlich<br />

plözta, <strong>und</strong> weiter noch <strong>das</strong> starke Partizip kaplözan. Auch <strong>im</strong><br />

Altschwedischen ist blöta schwach geworden. Nicht <strong>das</strong> Altnordische<br />

allein hat sich also vom ursprünglichen Zustand entfemt.<br />

4. Auch <strong>das</strong> Altfriesische bietet ein Problem dar. Hier findet<br />

sich bei hläpa durchaus normal <strong>das</strong> Präteritum hUp (hlip) <strong>und</strong><br />

<strong>das</strong> Partizip hlëpen. In hlëp(hlip) liegt deutlich analogische Umbildung<br />

vor, am wahrscheinlichsten nach den ai-, ë-Verba (vgl. hëta,<br />

hët (hit) , hëten). Die sog. reduplizierende Klasse des Altfriesischen<br />

weist überhaupt vielfach Analogie auf, wie Siebs schon gesagt hat 72).<br />

ë (ï ) (= ë 2 ) ist hier also ausserhalb seiner normal entwickelten Stelle<br />

übertragen worden. Man stellt auch Übertritt zur sechsten Klasse<br />

fest : afri. talla, töl, tallen, vgl. nwfri. talle, toel, tallen 73) , hröpa, röp,<br />

hröpen 74). Im letzten Fall kann <strong>das</strong> ö des Partizips in <strong>das</strong> Präteritum<br />

eingedrungen sein (vgl. unten Siebs) o<strong>der</strong> wenigstens mitgewirkt<br />

haben, wodurch <strong>das</strong> Verb nichtsdestoweniger sein Präteritum <strong>der</strong><br />

sechsten Klasse angeglichen hat. Ausserdem sind einige Verba <strong>der</strong><br />

sog. reduplizierenden Klasse auch schwach geworden : afri. stëta,<br />

skëda, wr.öta, sponna, spanna, büwa, gröia.<br />

Im Altfriesischen zeigt <strong>die</strong>se Klasse um so mehr kein ursprüngliches<br />

Bild mehr, weil auch <strong>die</strong> eo- (io- )Präterita untergegangen sind. "Es ist<br />

anzunehmen <strong>das</strong>s <strong>die</strong> se io ~ Präterita ihr ê bezw. î auf analogischem<br />

Wege bekommen haben, sei es in Anlehnung an <strong>die</strong> Praett. an<strong>der</strong>er<br />

Verba o<strong>der</strong> an ihr eigenes Part.-Praet.", hat Siebs dazu gesagt 75).<br />

Doch hat Van Helten 76) bei afri. hläpa auch ein Präteritum<br />

hliöp, hlioep (Optativ Präteritum (h)liope) 77) herangezogen, wonach<br />

sich, wie er wohl richtig ann<strong>im</strong>mt, eine Präsensform hliaept gebildet<br />

hat. Das würde einen Rest eines alten eo- (io-)Präteritums darstellen,<br />

dessen Vokalismus dennoch nicht mit urgerm. eu zusammengefallen<br />

war, hätte <strong>die</strong>s doch <strong>im</strong> Altfriesischen iä ergeben müssen. Dies iö<br />

kann also nur durch eine Kontraktion erzeugt sein, so wenigstens<br />

meinte Van Helten bei seiner Kritik <strong>der</strong> Brugmannschen Theorie.<br />

Sich auf ihn berufend, haben seitdem noch an<strong>der</strong>e 78) <strong>die</strong>s Argument<br />

gem geIten lassen, insbeson<strong>der</strong>e zur Verteidigung <strong>der</strong> Kontraktionstheorie.<br />

59


60<br />

Weil iö in hliöp in <strong>der</strong> Tat nicht <strong>die</strong> gesetzmässige Entwicklung<br />

des urgermanischen eu sein kann, muss ich mich mit Van Heltens<br />

Ausführungen auseinan<strong>der</strong>setzen. Die Frage ist aber: hat er <strong>die</strong><br />

hliöp-Form richtig beurteilt 1<br />

Zuerst möchte ich wie<strong>der</strong>holen, was Siebs 79) <strong>und</strong> nach ihm Steller<br />

80), trotz Van Heltens Annahme, gesagt haben, näm1ich <strong>das</strong>s <strong>die</strong><br />

altfriesischen Spuren <strong>der</strong> eo- (io- )Präterita ver e i n z e 1t <strong>und</strong> u n s i­<br />

cher sind 81). Soviel ich weiss, ist eigentlich doch nur <strong>die</strong> hliöp-Form<br />

belegt! Es scheint mir somit wirklich gefährlich, darauf eine auch<br />

ausserhalb des Friesischen geItende Theorie stützen zu wollen 82).<br />

Ich bin sogar bereit, mit Van Helten in hliöp einen Rest <strong>der</strong> eo­<br />

(io-)Präterita zu sehen, aber dann wird <strong>die</strong>ser, <strong>im</strong> Ursprung, wohl<br />

gesetzmässig *hliap, "hliäp gelautet haben. Ich möchte dann mit<br />

Siebs 83) <strong>die</strong> hliöp-Form neben hloep (vgl. hlioep), <strong>und</strong> hlope als<br />

eine Umbildung nach <strong>der</strong> sechsten Klasse erklären, stand hier doch<br />

ein Präsens mit ä (sei es denn eine Länge) daneben. Die oben erwähnten<br />

Beispiele <strong>die</strong>ses übertritts zeigen doch, <strong>das</strong>s hiermit einer<br />

bestehenden Tendenz gefolgt wurde. Das vorgebrachte Präsens<br />

hliaept hat dann sein i aus dem als hli-öp gefühlten Präteritum<br />

herübergenommen.<br />

Van Helten geht jedoch weiter <strong>und</strong> behauptet, nwfri. röp sei<br />

eine Entwicklung aus afri. "hriöp 84). Im Altfriesischen wird zwar<br />

j in iä, iu (altem eu) nach Liquida auch einige Male synkopiert<br />

(z.B. braste, truwe, lilde neben briast, triuwe, liude) 85). Aber hiermit<br />

ist noch keineswegs <strong>der</strong> Beweis geliefert für <strong>die</strong> Herkunft von<br />

nwfri. röp mittels afri. röp aus einem hypothetischen "hriöp, weil<br />

doch nicht jedes afri. -rö- auf älteres -riö- zurückgeführt zu werden<br />

braucht. ö von nwfri. röp (Präteritum) ist m.E., wie in MI, 8rok u.a.,<br />

durch jüngere Dehnung entstanden 86) o<strong>der</strong> durch Zusammenfall<br />

mit einem gedehnten 0 zu erklären. Man vergleiche dazu nwfri.<br />

roppe, röp, roppengegenüberdrage,droech, dragen (droegen), lalle, loel,<br />

lallen, larre, loer (fear), leam, grave, groeI, graven (groeven), 8keppe,<br />

8koep, skeppen, slaen, sloech, 8lein, stappe, stoep (stapte), stapt,<br />

waeks(j)e, woeks, woeksen, wo <strong>das</strong> präteritale oe normal afri. ö<br />

reflektiert.<br />

Für eine Herleitung des Präteritums nwfri. röp aus "hriöp sehe<br />

ich somit keinen einzigen Anhaltspunkt. Es hat sich also herausgestellt,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> vereinzelte iö-Präteritum we<strong>der</strong> als eine direkte<br />

Entwicklung aus urgerm. eu, noch mit Van Helten als ein Kontraktionsprodukt<br />

zu betrachten ist. Es erscheint als eine typisch altfriesische<br />

Neuerung, <strong>die</strong> am wahrscheinlichsten in <strong>die</strong>ser Sprache <strong>im</strong><br />

Ganzen ihrer sog. reduplizierenden Klasse gedeutet werden kann.<br />

5. Wie bei den ai- <strong>und</strong> ë-Verba (vgl. an. 8vipom, litam), hat man<br />

auch hier <strong>und</strong> zwar in grösserer Menge, sog. schw<strong>und</strong>stufige Plurale<br />

60


61<br />

angeführt. Zu an. ausa (au) tritt nicht nur jÖ8, jösom (eu) , son<strong>der</strong>n<br />

auch jusom auf; weiter jukom neben jökom zu auka, hlupom (vgl.<br />

aschw.lupu) neben hljöpom zu hlaupa. Das u entstand sehr deutlich<br />

nach Analogie <strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden Klasse <strong>der</strong> e-Gruppe 87) .<br />

eujauju<br />

bjöáa, baud, budom<br />

aujeuju<br />

hlaupa, hljöp, hlupom<br />

Man könnte anmerken, 'neben jös, jök sollte doch normal ·usom,<br />

·ukom begegnen. Dass j in <strong>die</strong>sem Fall aus dem Singular übertragen<br />

wurde, ist ohne weiteres klar, steht doch ebenso neben an. hlupom<br />

<strong>im</strong> Altnorwegischen ein liupum 88).<br />

In <strong>der</strong>selben Weise zu erklären sind hjuggom, <strong>im</strong> Singular hjö,<br />

bei hQggva <strong>und</strong> bjuggom, irn Singular bjö, bei büa; man vergleiche<br />

noch <strong>die</strong> von Karstien herangezogene Proportion tlö: tluggom =<br />

hjö: hjuggom 89). An jösom, jökom, hljöpom erscheint <strong>der</strong> labile<br />

Zustand <strong>der</strong> u-Form <strong>und</strong> <strong>die</strong> Wirkung des wi<strong>der</strong>strebenden Zwei­<br />

Stufenablauts.<br />

Auch <strong>im</strong> Westgermanischen taucht eine vermeinte u-Schw<strong>und</strong>stufe<br />

auf: inhd. Pluralluften, Partizip geloften, völlig st<strong>im</strong>mend zu<br />

<strong>der</strong> korrespon<strong>die</strong>renden Klasse <strong>der</strong> e-Gruppe bugen, gebogen zu<br />

biegen, buten, geboten zu bieten. Behaghel 90) hat schon richtig an<br />

eine Analogiebildung nach suften, gesoften zu süten gedacht. Ebenso<br />

fasste Karstien ae. hlupon (einmal in <strong>der</strong> Sachsenchronik) mit gutem<br />

Fug "als analogiebildung nach den verben <strong>der</strong> 2. ablautreihe: <strong>die</strong><br />

augenblicksbildung ae. hlupon hätte sich neben hléop gestellt nach<br />

dem ungefähren Vorbild von créap: erupon zu créopan ,kriechen'<br />

3éap: ~pon zu 3éopan ,in sich aufnehmen'" til).<br />

Bei meiner Erklärung ist es nicht nötig, hier von "Analogie" zu<br />

sprechen, denn <strong>die</strong> a-Gruppe (I. Tabelle, lIl. Abt.) hat sich hier<br />

"<strong>system</strong>atisch" nach dem Munster <strong>der</strong> älteren e-Gruppe herausgebildet,<br />

<strong>und</strong> deswegen sind <strong>die</strong> angeführten einzelnen Analogieerscheinungen<br />

nur als solche einer einheitlichen Entwicklung zu<br />

betrachten.<br />

Die in meinem System völlig natürliche Einwirkung <strong>der</strong> e-Gruppe<br />

auf <strong>die</strong> a-Gruppe (lIl. Abt.) setzte sich durch <strong>im</strong> Einklang mit den<br />

Bedürfnissen <strong>der</strong> Sprache, <strong>die</strong> mit einem Präsens- <strong>und</strong> mit einem<br />

Präteritalvokalismus auskam. Dadurch wird <strong>das</strong> spärliche Vorkommen<br />

<strong>der</strong> sog. schw<strong>und</strong>stufigen u-Plurale (wie auch i-Plurale) ganz<br />

begreiflich. In den früheren Theorien, in denen man <strong>die</strong>se u- (<strong>und</strong> i-)<br />

Plurale als Analogiebildungen erklärte, erschienen sie als alleinstehende<br />

Vorgänge, <strong>die</strong> somit den triftigen Beweis ihres Analogischseins<br />

entbehren mussten. Es ist andrerseits einigermassen begreiflich,<br />

<strong>das</strong>s man auch mit indogermanischen Schw<strong>und</strong>stufen zu operieren<br />

versucht hat. Aber es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt zu<br />

61


62<br />

<strong>der</strong>artigen Konstruktionen, <strong>und</strong> deswegen brauche ich nicht weiter<br />

darauf einzugehen 92) .<br />

§ 41. a-e<br />

an. halda, helt, heldom" haldenn<br />

ganga, gekk, gingom gingenn. gengenn<br />

(später gengom) ,<br />

a.schw. halda. halt (hiolt usw.), hioldo usw., haldin<br />

ahd. haltan, hialt, hialtum, gihaltan<br />

fähan, fiang, fiangum, gifangan<br />

a.s. haldan. held (hield), heldun, gihaldan<br />

fähan, feng (fieng) , fengun, gifangan<br />

a.e. healdan, hlold, hloldon, healdan<br />

fön, flng, flngon, fongen<br />

afri. hlilda, Mlt, Mldon (hlldon) , halden<br />

fä, feng (fing) , fangen<br />

1. Ein unbefangener Blick auf <strong>das</strong> dargebotene Material lässt<br />

uns verschiedene Typen des Präteritalvokalismus sehen, nl. ein<br />

eji, ein ë (ê 2 ) <strong>und</strong> vielleicht noch ein eu. Die früheren Erklärungen,<br />

also <strong>die</strong> Deutung <strong>im</strong> Sinne Brugmanns <strong>und</strong> <strong>die</strong> Kontraktionstheorie,<br />

haben vielfach nur eine Länge als <strong>das</strong> Ursprüngliche voraussetzen<br />

können 93). Doch hat <strong>die</strong>s früh Kritik hervorgerufen. Für <strong>das</strong><br />

Altnordische hat schon 1860 Gislason 94) <strong>die</strong> Kürze des eaus Re<strong>im</strong>en<br />

nachgewiesen. Sich auf ihn berufend, hat 1874 Sievers 95) <strong>die</strong> Kürze<br />

nicht nur für <strong>das</strong> Altnordische, son<strong>der</strong>n auch für <strong>das</strong> Altsächsische<br />

<strong>und</strong> als Hypothese auch für <strong>das</strong> Altenglische angenommen. Reste<br />

des e fand er auch in den ältesten fränkischen Denkmälern (fengin,<br />

gene, gengun usw.). Seitdem sind dafür noch mehrere Beweise vorgebracht.<br />

Die früheren Erklärungsversuche <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse<br />

haben <strong>die</strong>s e nicht leugnen können <strong>und</strong> mussten es durch Kürzung<br />

entstehen lassen. So z.B. sagte Karstien : "Zwar hat man seit Gislaaon<br />

<strong>und</strong> Sievers <strong>die</strong> kürze ""held, ""feng für <strong>die</strong> überlieferten denkmäler<br />

des anord. <strong>und</strong> ags. allgemein zugegeben, jedoch mit <strong>der</strong> einschränkung,<br />

daas sie in vorliterarischer zeit aus den entsprechenden längen<br />

""Mld, ""fêng entstanden sind" 96).<br />

Zwingende Beweise für eine hypothetische Kürzung in. vorliterarischer<br />

Zeit aus einer ebenso hypothetischen Länge wird niemand<br />

geben können! Formen wie ahd. hialt, fiang bringen dab ei sogar neue<br />

Schwierigkeiten. Vertreten sie <strong>die</strong> alte Länge, wie z.B. Karstien R7)<br />

voraussetzte, o<strong>der</strong> sind sie durch jüngere Analogie nach den<br />

Präterita <strong>der</strong> aio, ê-Verba (ahd.: ei-, ä-Verba) entstanden ? Karstien<br />

hat sich mit früheren Forschern 98) also für <strong>die</strong> erste Möglichkeit<br />

erklärt <strong>und</strong> wenig ansprechend angenommen, <strong>die</strong>s Kürzungsgesetz<br />

f,2


63<br />

hätte nicht gleichmässig <strong>im</strong> ganzen Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen<br />

gewirkt: e8 "erschlaffte" nämlich vom Norden nach Süden.<br />

Zur Erklärung des Nebeneinan<strong>der</strong> von ë <strong>und</strong> e hat man, ausgehend<br />

von ë, auch noch angenommen, <strong>das</strong>s ursprünglich <strong>die</strong> Kürze <strong>im</strong><br />

Singular, <strong>die</strong> Länge <strong>im</strong> Plural galt. Die Kürze war dann aus <strong>der</strong><br />

Länge vor Doppelkonsonanz entstanden. Später konnte Ausgleich<br />

stattfinden, entwe<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Kürze o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Länge hin 99).<br />

Sehr einleuchtend sind all <strong>die</strong>se Erklärungen nicht. Unabhängig von<br />

<strong>die</strong>sen Problemen stellt sich noch <strong>die</strong> Frage, woher <strong>das</strong> "vorliterarische"<br />

ë des Präteritums <strong>der</strong> a-Verba stammt. Auch hier hat man<br />

verschiedene Antworten gegeben. So z.B. haben Brugmallll 100) <strong>und</strong><br />

Karstien 101) Analogie nach den ai- <strong>und</strong> ë-Verba angenommen.<br />

Bei je<strong>der</strong> Erklärung hat man Hypothesen aneinan<strong>der</strong>gereiht <strong>und</strong><br />

lst doch <strong>im</strong>mer nur zu einem sehr problematischen Resultat gekommen.<br />

In dem von mir aufgestellten System wird <strong>die</strong> ganze<br />

Frage ohne Mühe gelöst: eist deutlich ursprünglich <strong>und</strong> wurde<br />

gesetzmässig i vor -1Jg; dabei kounte in den Dialekten Ausgleich<br />

auftret.en. Das produktive ë 2 wurde bei den a-Verba (z.B. ia <strong>im</strong><br />

Althochdeutschen) analogisch eingeführt 102). Dialektisch (z.B. <strong>im</strong><br />

Altfriesischen, Altenglischen) trat (später) Dehnung vor Konsonantengruppen<br />

wie -ld auf, wodurch hier <strong>die</strong> Länge in eine begünstigte<br />

Lage versetzt wurde 103). Wir können jetzt meine Erklärung am<br />

Material nachprüfen.<br />

Im Altnordischen liegt best<strong>im</strong>mt kurzes e vor. In gekk (*ging) 104),<br />

gingam hat lautgesetzlicher übergang zu i vor -1Jg stattgef<strong>und</strong>en;<br />

<strong>das</strong> spätere gengom stellt, wie schon allgemein zugegeben wurde,<br />

vokalische Nachbildung des Singulars gekk dar.<br />

Im Altschwedischen geht hwlt, hiolt deutlich zurück auf e; dabei<br />

ist <strong>der</strong> Vokalismus <strong>der</strong> zweiten Form vom Plu ral in den Singular<br />

herübergenommen 105).<br />

Im Altsächsischen ist e<strong>der</strong> durchaus normale Vokalismus (z.B.<br />

held, heldun, leU, lellun, leng, lengun) 106), was noch aus den heutigen<br />

M<strong>und</strong>arten klar hervorgeht. Zu lallan sagte Katara: "Als Ausgangspunkt<br />

für <strong>die</strong> mannigfachen Präteritalvokale von lallen ist<br />

neben voras. kurzem e wohl auch eiu ê wie bei den Verben auf einfache<br />

Konsonanz anzusetzen, obgleich <strong>die</strong> Länge in <strong>der</strong> ältesten<br />

Zeit nicht in Erscheinung tritt. Beide Laute erscheinen entwe<strong>der</strong><br />

erhalten o<strong>der</strong> als lautgesetzlich weiterentwickelt in den jüngeren<br />

Perioden, vielfach bis in <strong>die</strong> heutigen M<strong>und</strong>arten" lO7). Daneben<br />

tritt auch as. ie in lieng u.ä. auf nach Analogie <strong>der</strong> ai-, ë-Verba<br />

(as.: ë-, ä-Verba) (wie <strong>im</strong> Althochdeutschen), wie auch Holthausen<br />

108) ann<strong>im</strong>mt; <strong>die</strong>s lieng könnte später wie<strong>der</strong> gekürzt sein <strong>und</strong><br />

dafür trat nachher gelegentlich auch V-, linc- mit i auf 109). Zwar<br />

findet sich <strong>im</strong> Altsächsischen kein *Iing, son<strong>der</strong>n leng; am wahr-<br />

63


64<br />

seheinliehsten hat <strong>das</strong> überlieferte leng si eh naeh dem Muster von<br />

held gerichtet. lch komme unten (§ 42) darauf zurück. Vergleiche<br />

noch, was Katara zu langan schrieb : "Wie bei holden <strong>und</strong> lallen ist<br />

auch hier vom kurzen e(i) auszugehen. Dieses ist <strong>der</strong> regelrechte<br />

Präteritalvokal <strong>im</strong> As., <strong>der</strong> sich bis in einige mo<strong>der</strong>ne M<strong>und</strong>arten<br />

erhalten hat. Daneben erscheint von Anfang an auflokal begrenztem<br />

Gebiete auch ie (Diphthong), <strong>das</strong> später (<strong>im</strong> Mnd.) häufig i geschrieben<br />

wird. i begegnet <strong>im</strong> Mnd. auch vielfach in Fällen, in<br />

denen es nicht auf ie zurückgeführt werden kann" 110).<br />

lm Althochdeutschen hat <strong>das</strong> Beispiel <strong>der</strong> ai-, ë-Verba über <strong>die</strong><br />

ganze Linie gesiegt: hialt, liang u. ä. Jedoch findet sich <strong>das</strong> alte e,<br />

wie <strong>im</strong> Altsächsischen, noch <strong>im</strong> Altfränkischen wie<strong>der</strong> lll).<br />

lm Altfriesischen sind <strong>die</strong> Verhältnisse ziemlich verworren, obschon<br />

auch hier <strong>der</strong> Kurzvokal mit Sicherheit nachzuweisen ist. Van<br />

Helten setzte überall <strong>die</strong> Kürze an (ej?:) 112): helt, helden, hildon,<br />

wildon, geng, gengin, gingen, leng. Zu bemerken ist, <strong>das</strong>s nach<br />

seiner Angabe <strong>die</strong> i-Formen hauptsächlich zum Rüstringer Dialekt<br />

gehören (Ausnahme ist <strong>das</strong> Fivelgoer gingen) 113), <strong>der</strong>, wie Van<br />

Helten selbst sagte, eine "Vorliebe für i, î statt e, ê" 114) hat. Es<br />

könnte hier also ein lokaler i-übergang vorliegen 115). Auf <strong>die</strong><br />

leng-Form u.ä. statt norm ales *Iing komme ich noch unten (§ 42)<br />

zurück.<br />

Hinweisend auf <strong>die</strong> neuostfriesisehen M<strong>und</strong>arten hat Siebs 116)<br />

dagegen für <strong>die</strong> meisten Präterita <strong>der</strong> a-Verba ë, ï angenommen.<br />

Bei leng, heng, geng schwankte er zwischen Länge <strong>und</strong> Kürze. In<br />

ben, bennon zu bonna <strong>und</strong> lorilelle (Optativ Präteritum) zu lalla sah<br />

auch er ein kurzes e. Falls hëld, hïld vorliegt, ist <strong>der</strong> Vokal vielleicht<br />

noch direkt auf eine Kürze zurückzuführen, weil schon <strong>im</strong> Altfriesischen,<br />

wie man oben gesehen hat, eine Dehnung von e, i z.B.<br />

voor einer Konsonantengruppe wie -ld eingetreten ist. Demgemäss<br />

findet sich bei Steller 117) woW hëld, hïld zu hälda, aber leng, ling zu<br />

lä, heng(hweng) zu hwä, geng, ging zu gän, ben, bennon zu bonna.<br />

Jedenfalls ist also auch hier <strong>die</strong> Kürze mit gutem Fug als pr<strong>im</strong>är<br />

anzusetzen.<br />

Aus dem Altenglischen ist für unsere Frage kein sicherer SChlUBS<br />

zu gewinnen. Die Orthographien sind <strong>und</strong> bleiben zweideutig. lst<br />

z.B. e kurz o<strong>der</strong> lang? Die Anglisten sind <strong>die</strong> sichere Antwort<br />

schuldig geblieben. Zwar ist vor best<strong>im</strong>mten Konsonantengruppen<br />

für <strong>die</strong> spätere Zeit mit Sicherheit eine Länge anzusetzen 118). Ebenso<br />

ist nicht mit Sicherheit zu erschliessen, ob man in Fällen wie<br />

heold, leold mit eo o<strong>der</strong> ëo zu tun hat 119).<br />

Man bemerke jedoch, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> von mir gegebene Lösung<br />

des Problems <strong>der</strong> reduplizierenden Klasse gar nicht wichtig ist,<br />

weil e, eo, ë, ëo sich jedenfalls direkt auf <strong>die</strong> in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />

64


65<br />

Klasse von ruir aufgestellte Reihe e 2 Ieu(eo)le zurückführen lassen.<br />

Ohne Verschiebung hätte <strong>die</strong> ursprünglich reduplzüerende Klasse<br />

ai, e I ei> e 2<br />

au, ö I eu > eo<br />

ale<br />

<strong>im</strong> Altenglischen folgendes ergeben müssen:<br />

ä, re I e<br />

ea, öl eo<br />

a (ea) I e (eo); später in best<strong>im</strong>mter<br />

Position gedehnt.<br />

Der wirkliche Bestand sieht <strong>im</strong> Ganzen genommen jedoch<br />

folgen<strong>der</strong>massen aus:<br />

ä, re (Verba pura äw) I e (V.p. eow)<br />

ea, ö<br />

I eo<br />

a (ea)<br />

I e, eo o<strong>der</strong> e, eo<br />

Sehr viel ist also nicht geän<strong>der</strong>t. Dass <strong>die</strong> ursprünglichen Verhältnisse<br />

einigermassen durcheinan<strong>der</strong> gekommen sind, vor allem<br />

daas eo « eu) hier anscheinend um sich gegriffen hat, wie <strong>die</strong>s in<br />

an<strong>der</strong>en Dialekten e 2 tat, ist kaum etwas Merkwürdiges. Es muss<br />

ab er <strong>der</strong> Anglistik <strong>und</strong> einer Spezialarbiet überlassen bleiben,<br />

festzustellen, wie <strong>die</strong>se Umbildung zu einem eigenen System o<strong>der</strong><br />

zu eigenen Systemen in den altenglischen Dialekten vor sich gegangen<br />

sein wird. Das Altenglische wi<strong>der</strong>setzt sich, bei den betreffenden<br />

a-Verba, jedenfalls r.icht <strong>der</strong> Annahme eines ursprünglichen e als<br />

Präteritalv.okalismus 120).<br />

2. Das altenglische Präteritum gang möchte ich mit Karstien 121)<br />

<strong>und</strong> Flas<strong>die</strong>ck 122) in <strong>der</strong>selben Weise erklären wie oben (§ 39, 1)<br />

<strong>die</strong> altnordischen Formen heit, 8veip usw. nämlich aus *gegang mit<br />

Verlust <strong>der</strong> Reduplikation, o<strong>der</strong> durch Einfluss <strong>der</strong> übereinst<strong>im</strong>menden<br />

Reihe <strong>der</strong> e-Gruppe 123).<br />

§ 42. Der Präteritalvokalismus <strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse<br />

zeigt noch eine auffällige Erscheinung, auf <strong>die</strong> ich schon gelegentlich<br />

hingewiesen habe. Ich möchte sie jetzt noch kurz in ihrer Gesamtheit<br />

behandeln.<br />

Man hat oben (§ 40) bei <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong> au-Verba bemerkt,<br />

<strong>das</strong>s <strong>im</strong> Altnordischen jö als Präteritalvokalismus sich durchgeset.zt<br />

hatte, auch vor Konsonanten, bei denen jü zu erwarten wäre. Der<br />

sonst übliche Wechsel jüjjö war hier also ausgeschaltet.<br />

Für <strong>das</strong> Althochdeutsche liess sich auf etwas ähnliches hinweisen.<br />

65


66<br />

lm Plural des Präteritums tritt eo, io auf wie <strong>im</strong> Singular, also<br />

leo/um, lio/un, obschon es <strong>der</strong> Regel nach (vor u <strong>der</strong> Folgesilbe)<br />

*liulum, -un sein sollte. Gerade wie oben kann man sagen: <strong>der</strong> sonst<br />

übliche Wechsel eo,ioJiu ist hier ausgeschaltet.<br />

Auch bei den a-Verba (<strong>der</strong> a-Gruppe) (§ 41) hat sich etwas übereinst<strong>im</strong>mends<br />

gef<strong>und</strong>en, sei es denn wie<strong>der</strong> in einer an<strong>der</strong>en Dialektgruppe.<br />

Vor -1Jg ist, wie man weiss, <strong>im</strong> Gemeingermanischen e zu ,i<br />

geworden. Deswegen sollte <strong>das</strong> Präterium leng in den altgermanischen<br />

Dialekten als ling reflektiert sein. Dies ist aber nicht <strong>im</strong>mer <strong>der</strong><br />

Fall. In <strong>der</strong> westlichen Gruppe tritt gewöhnlich e auf (ahd. liang ist,<br />

wie gesagt, analogisch nach dem Präteritalvokalismus <strong>der</strong> aio,<br />

ë-Verba). Diese Tatsache ist in ihrer Gesamtheit schon richtig erkannt<br />

<strong>und</strong> erklärt von Kems: "in W gmc. there appears to be a<br />

:;horough restoration of e-vocalism (on the analogy of type "held . .. ),<br />

"leng > OE leng (if so taken), OFrs leng (but also ling . .. ), OS leng,<br />

QHG (rare and archaic) leng" 124). lm Präteritum wurde also ein<br />

Wechsel eJi (heldJling) bei einer als verb<strong>und</strong>en gefühlten Verbalgruppe<br />

ausgeschaltet.<br />

So lässt sich zuerst feststellen, <strong>das</strong>s in den drei Fällen <strong>der</strong> "dunkle"<br />

Vokalismus gesiegt hat: an. jo (nicht jü), ahd. eo, io (nicht iu), as.<br />

usw. e (nicht i). Dieser Vokalismus kommt bekanntlich ebenso<br />

<strong>im</strong> Präsens <strong>der</strong> e-Gruppe vor, in <strong>der</strong> jedoch <strong>der</strong> betreffende Wechsel<br />

bei gleichen Bedingungen begegnet: an. (Inf.) bjOda, rjüla, ahd. biutu,<br />

beotames, as. geldan, 8pringan. Die Sache lässt sich möglicherweise<br />

erklären durch erhöhten Systemzwang bei geringerer Gebrauchsfrequenz<br />

des Präteritums; <strong>die</strong>ses Tempus wird bekanntlich erheblich<br />

weniger gebraucht als <strong>das</strong> Präsens 125). Auf <strong>die</strong>se Weise wird <strong>der</strong><br />

betreffende Gegensatz zwischen den beiden Tempora ganz natürlich<br />

aufgehoben. Ganz ähnlich kann <strong>der</strong> "feste" ai-Vokalismus <strong>der</strong><br />

gotischen Reduplikation (also wie<strong>der</strong> <strong>im</strong> Präteritum!) erklärt<br />

werden 126).<br />

Die sog. Verba pura sollen noch für sich allein einer kurzen<br />

Erörtenmg unterzogen werden.<br />

§ 43.<br />

got.<br />

BIl.<br />

ahd.<br />

as.<br />

ae.<br />

afri.<br />

ë 1 -<br />

ë2 ( ei)<br />

Reduplizierung<br />

Formans aus Reduplizierung o<strong>der</strong> Bchwach<br />

Schwach; Reste <strong>der</strong> <strong>starken</strong> Konjugation<br />

sáian, obar-seu (einmal; weiter schwach sáida)<br />

säwan, sww, sëowon, säwen<br />

blä, blë<br />

wia. wë (auch Bchwach weide)<br />

Neben ë auch ï z.B, <strong>im</strong> RÜBtringer Dialekt<br />

66


67<br />

Wenn aucQ hier deutlich als ältere Präteritalbildung <strong>die</strong> Reduplikation<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ablautende VokalislDus e 2 vorliegt, so haben sich<br />

in den jüngeren Systemen <strong>der</strong> altgermanischen Dialekte wie<strong>der</strong><br />

Verschiebungen eingef<strong>und</strong>en. Man wird auch hier mit übernahme<br />

von bzw. Zusammenfall mit eu-Präterita zu rechnen haben. Es<br />

scheint sogar, wie aus an. sera hervorgeht, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> neue Prinzip des<br />

jüngeren Ablauts gegenüber dem älteren <strong>der</strong> Reduplizierung sich<br />

bei <strong>die</strong>sen Verba <strong>im</strong> Nordgermanischen nicht ganz durchsetzen<br />

konnte. Dies ist jedoch verständlich. Die gegenüber dem neuen<br />

Prinzip <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen allmählich sich vollziehende<br />

Auflösung <strong>der</strong> Reduplizierung liess <strong>das</strong> Nordische *sezö unberührt,<br />

wahrscheinlich weil man darin schon damals nicht eine<br />

reduplizierte Form mehr erkannte, son<strong>der</strong>n eine Art Ableitung, in<br />

<strong>der</strong> (e)zö ((e)ra) als Präteritalformans betrachtet wurde. Im Altnordischen<br />

erweist <strong>die</strong>ses Formans sich als produktiv wie aus nüa, nera,<br />

gnüa, gnera, slä, slera (slera, slerom, slerom; normal släjslö usw.)<br />

u.a. folgen dürfte 127). Man hat also in <strong>die</strong>sem Fall <strong>im</strong> Altnordischen<br />

mit einer Art Suffixierung zu tun, <strong>im</strong> Gegensatz zum Gotischen,<br />

wo eine wirkliche Reduplizierung (saisö) vorliegt. Im Altnordischen<br />

kommen ausserdem schwache Formen, auch bei sä 128) vor, was hier<br />

zu <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Reduplizierung als funktioneller Präteritalbildung<br />

völlig st<strong>im</strong>mt.<br />

Auch <strong>im</strong> Althochdeutschen sind <strong>die</strong>se Verba in <strong>die</strong> schwache<br />

Konjugation übergegangen, · nur <strong>das</strong> starke Partizip von bläan,<br />

z.B. in ziplähanner, ist noch vorhanden 129).<br />

Das Altfriesische bewahrt wahrscheinlich den ursprünglichen<br />

Präteritalvokal des neuen Prinzips e (e 2 ), <strong>und</strong> <strong>die</strong>s hat nichts<br />

Verwun<strong>der</strong>liches, da in <strong>die</strong>sem Dialekt e (i) als Präteritalvokalismus<br />

<strong>der</strong> sog. reduplizierenden Klasse sich siegreich durchgesetzt hat.<br />

Man hat nicht nur heta, het (hit), leta, let (lit), son<strong>der</strong>n auch hläpa,<br />

hlep (hlip) , möglicherweise hälda, held (hild) u.a., zu denen blä, bIe,<br />

wia, we, schön st<strong>im</strong>men. Der übertritt zur schwachen Konjugation<br />

(z.B. weide 130) bei wia) zeigt eine bereits aus den an<strong>der</strong>en Dialekten<br />

bekannte Tendenz.<br />

Das Altsächsische, Altenglische <strong>und</strong> weiter <strong>das</strong> Mittelnie<strong>der</strong>ländische,<br />

<strong>das</strong> u.a. Karstien 131) auch herangezogen hat, möchte ich zusammennehmen,<br />

weil sich hier eine gleichlaufende Entwicklung<br />

offenbart. Im Altsächsischen liegt bei säian als starkes Präteritum<br />

nur obar-seu "super-seminavit" vor; weiter ist <strong>das</strong> Verb schwach 132).<br />

Im Altenglischen hat man bläwan, bleow, cnäwan, eneow, mäwan,<br />

meow, säwan, seow uSW. , also mit eo-Vokalismus (d.h. dem altenglischen<br />

Vertreter des alten eu) , wie gewöhnlich <strong>die</strong> Handbücher m.E.<br />

richtig annehmen, obschon ich <strong>die</strong> dabei angeführten Gründe nicht<br />

<strong>im</strong>mer billigen kann. Neben eo tritt auch e auf: oncnew, -on, sewe<br />

67


68<br />

(Opt.) USW. 133). Im Mittelnie<strong>der</strong>ländischen findet sich saeyen, zieu<br />

(doch meistens schwach), waeyen, wiey, wieu mit gelegentlichem<br />

Übergang zur sog. sechsten Klasse 134).<br />

Bemerkenswert ist folgendes:<br />

ae.<br />

as.<br />

mn!.<br />

säwan, sëow<br />

säian, -seu<br />

saeien, zieu<br />

neben hëow, hëawan<br />

-heu, hauwan<br />

hieu, houwen<br />

In ihrem Präteritalvokalismus haben sich <strong>die</strong>se Verba hier also<br />

zusammengef<strong>und</strong>en 135). Man wird hier rechnen müssen mit gesetzmässigem<br />

Zusammenfall (z.B. <strong>im</strong> Nie<strong>der</strong>ländischen ie (ë 2 <strong>und</strong> ie(eu),<br />

aberauch mit Übernahme bzw. Verbreitung des alten eu-Vokalismus,<br />

wie <strong>im</strong> Altenglischen möglich ist.<br />

Woher <strong>das</strong> -w in ae. säwan, sëow, as. seu, mnl. zieu u.a. stammt,<br />

ist eine Frage für sich, mit <strong>der</strong> ich mich hier nicht beschäftigen<br />

werde 136).<br />

§ 44. ö, ü - eu<br />

Nach <strong>der</strong> kurzen Erörterung <strong>der</strong> ë-Verba pura ist über <strong>die</strong> ö-Verba<br />

pura prinzipiell nichts Neues zu bemerken. So ist z.B. an. rera bei<br />

röa ganz wie sera bei sä zu beurteilen. Für <strong>das</strong> eu-Präteritum vgl. ae.<br />

rëowon bei rowan uSW.<br />

Bei den ü-Verba pura ist aber noch auf folgendes aufmerksam<br />

zu machen. Auf Gr<strong>und</strong> von an. büa, bjö, bjuggom, bjoggom <strong>und</strong><br />

damit rechnend, <strong>das</strong>s in <strong>die</strong>sem Dialekt vor allem Verba <strong>die</strong>ses Typus,<br />

wie z.B. nüa, nera, <strong>der</strong> ,,-era-Suffixierung" unterlagen, sind <strong>die</strong><br />

wenigen ü-Verba pura am wahrscheinlichsten in <strong>der</strong> urgermanischen<br />

reduplizierenden Klasse anzusetzen. Zwar sind got. bauan, ahd. as.<br />

ae. büan, afri. büwa schwach, aber <strong>im</strong> Altenglischen <strong>und</strong> Mittelhochdeutschen<br />

findet sich <strong>das</strong> starke Partizip Präteriti wie<strong>der</strong>. Möglicherweise<br />

ist übrigens ahd. biruun, biruwïs (geschr. biruuuis) 137)<br />

Nachklang einer früheren Reduplizierung. Es könnte <strong>im</strong>merhin<br />

etwas aussagen über seine ursprüngliche Klassenzugehörigkeit. Im<br />

allgemeinen nehme ich daher mit Karstien 138) u.a. an, <strong>das</strong> Altnordische<br />

habe in <strong>die</strong>sem Fall <strong>die</strong> ursprüngliche, d.h. urgermanische<br />

Klassenzugehörigkeit bewahrt. Es ist dennoch nicht ausgeschlossen,<br />

<strong>das</strong>s <strong>die</strong>se ü-Verba schon bei <strong>der</strong> urgermanischen<br />

Systematisierung zwischen <strong>der</strong> <strong>starken</strong> <strong>und</strong> schwachen Konjugation<br />

geschwankt haben.<br />

Der völlige o<strong>der</strong> teilweise Übertritt <strong>der</strong> betreffenden ü-Verba zur<br />

schwachen Konjugation in den altgermanischen Dialekten ist jedoch<br />

nicht als etwas Merkwürdiges zu betrachten. Die urgermanischen<br />

Verba pura auf ë <strong>und</strong> ö (an. sä, röa usw.), obschon sie in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />

Klasse <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en ë- <strong>und</strong> ö-Verba (an. lëta usw.) als<br />

68


69<br />

Stützen hatten, sind doch <strong>im</strong> Althochdeutschen <strong>und</strong> Altsächsischen,<br />

mit A usnahme von Son<strong>der</strong>fällen, zur schwachen Konj ugation ü bergegangen<br />

; dagegen ist <strong>das</strong> Altnordische auch hier konservativ. Die<br />

wenigen Verba pura auf ü (an. büa usw.) standen in <strong>der</strong> reduplizierenden<br />

Klasse jedoch von Anfang an ganz verwaist, denn <strong>die</strong><br />

sog. Aoristpräsentia mit ü (an. lüka usw.), <strong>die</strong> mit ihnen doch <strong>im</strong><br />

Urgermanischen vokalisch übereinst<strong>im</strong>mten, gehörten bekanntlich<br />

zur e-Gruppe 139). Ausserdem ist es nicht sicher, <strong>das</strong>s man mit<br />

Osthoff 140) in *lükan u.a. wirklich Aoristpräsentia zu erblicken hat.<br />

Obschon man lat. sücus neb en an. siiga, ahd. as. ae. siigan stellen<br />

darf, kann man doch auch mit Hirt 141) <strong>und</strong> Prokosch 142) bei ü als<br />

Präsensvokalismus <strong>der</strong> zweiten Klasse an Einfluss <strong>der</strong> ersten Klasse<br />

denkennach einer Proportion ï( < ei)/ai/i : ü/au/u. Demgemäss<br />

würden Verba wie *lükan als ü-Verba zur Zeit <strong>der</strong> urgermanischen<br />

Systematisierung noch nicht da gewesen sein.<br />

§ 45. Wie man weiss, gibt es noch Relikte reduplizierter Formen<br />

<strong>im</strong> Altenglischen, Altnordischen <strong>und</strong> vielleicht <strong>im</strong> Althochdeutschen<br />

143). Daraus ist jedenfalls deutlich, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> reduplizierten<br />

Formen auch <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen, nachdem <strong>das</strong> neue<br />

Prinzip aufgekommen war, noch lange existiert haben; dab ei<br />

konnten sie auf irgendeine Weise eine eigene Funktion ausbilden,<br />

wie z.B. <strong>das</strong> Altnordische bezeugt. Bei Karstien 144) findet sich <strong>das</strong><br />

Material gesammelt.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1. Prokosch, Camp. Germ. Gram., 176.<br />

2. Hirt, Randb. Urgerm., 11, 143.<br />

3. Z.B. bei Feist, PBB., 32, 447 f.; Karstien, Die redupl. Perf., 20 f.;<br />

L. E. van Wijk, Klinker8 Oergerm. Stamsyllaben, 87 f.; Flas<strong>die</strong>ck, Anglia,<br />

60, 241 f. Zusammenfassend: Prokosch, Camp. Germ. Gram., 176-178.<br />

4. Eine Übersicht ~ibt Karstien, Die redupl. Perf., 20 f. .<br />

5. 0..0..0.,49, 120 > Boer, Oergerm. Randb. § 114 > L . E. van Wijk, Klinker8<br />

Oergerm. Stamsyllaben, 92. Dagegen Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 263 f.<br />

Dabei vergleiche man für den Lautwert des ë 2 /ö auch Frings, PBB.,<br />

63, 3 f.<br />

6. ZfÖG., 24, 295 f; <strong>der</strong>s., Zur Gesch. d. d. Spr., 279 f.<br />

7. KZ., 27, 593 f.<br />

8. Vgl. dazu auch Holthausen, KZ., 27, 618 f. Dagegen Karstien, Die<br />

redupl. Perf., 60.<br />

9. Camp. Germ. Gram., 176.<br />

10. IF., 6, 89 f.; Gr<strong>und</strong>r., I, 203. Als Vorgänger in <strong>der</strong> Richtung Brugmanns<br />

ist Ljungstedt zu nennen. Ähnlich wie <strong>und</strong> gleichzeitig mit Brugmann<br />

hat Wood <strong>die</strong> nord-, westgermanischen <strong>und</strong> gotischen Präterita getrennt.<br />

Vgl. Karstien, Die redupl. Perf., 26 f., 31.<br />

11. Das Prät. <strong>der</strong> redupl. Verba, 31 f.; Zitat S. 54.<br />

12_ IF., 20, 229 f. Zum Zitat Hoffmanns vgl. auch Janko, 0..0..0., 262:<br />

69


13.<br />

14.<br />

15.<br />

16.<br />

17.<br />

18.<br />

19.<br />

20.<br />

21.<br />

22.<br />

23.<br />

24.<br />

25.<br />

26.<br />

27.<br />

28.<br />

29.<br />

30.<br />

31.<br />

32.<br />

33.<br />

34.<br />

35.<br />

36.<br />

37.<br />

38.<br />

39.<br />

40.<br />

41.<br />

42.<br />

43.<br />

44.<br />

45.<br />

46.<br />

47.<br />

48.<br />

49.<br />

70<br />

"Zu ebendemselben Postulat dehnstufiger Formen... bekenne ich<br />

mich selbst". Siehe noch Prokosch, Oomp. Germ. Gram., 178.<br />

Für <strong>die</strong> *hait-Form sah er noch eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit (S. 264).<br />

S. 298.<br />

PBB., 32, 447 f.<br />

II, 3, 483.<br />

NebBt den erwähnten noch: Sverdrup, Der Aorist, 321 f.<br />

Haruib. Urgerm., II, 144.<br />

D. Gram., I, 955 (l039).<br />

Altisl. Elementarb. § 127 [1932 8 ). Schon in <strong>der</strong> vorigen Auflage.<br />

Die redupl. Perf., 44.<br />

Handb. Urgerm., II, 144. Vgl. jetzt auch Schwarz, Goten, Nordgerm.,<br />

Angels., 107.<br />

Heusier, am in Anm. 20 angeführten Ort. Vgl. dagegen ProkoBch,<br />

Oomp. Germ. Gram., 177.<br />

Die redupl. Perf.<br />

a.a.O. § 31.<br />

a.a.O. § 62 f. Auch L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. Stamsyllaben,<br />

98 f. hat, durchauB nicht überzeugend, mit einem Ö1/Ö I gerechnet.<br />

Die redupl. Perf. § 90 f.<br />

a.a.O., 1 f.<br />

a.a.O., 159.<br />

a.a.O. § 67. Vgl. auch <strong>die</strong> Einwände Flaa<strong>die</strong>cks, Anglia, 60, 249 f.<br />

Treffend sind <strong>die</strong> Worte seines eigenen Lehrers Hirt, Handb. Urgerm.,<br />

II, 145: "Aber <strong>der</strong> Lautwandel ist trotz allem, wa.'3 Karstien bei·<br />

bringt, sehr son<strong>der</strong>bar <strong>und</strong> daher befriedigt <strong>die</strong> Erklärung nicht<br />

recht".<br />

Vgl. z.B. Boer, Oergerm. Handb. § 114 f. (hauptsächlich Brugmann<br />

<strong>und</strong> Karstien).<br />

Anglia, 60, 241 f.<br />

Altisl. Elementarb. § 313. Auch in späteren Handbüchern wie Krause,<br />

Altweatnord. Gram. § 10, 2 <strong>und</strong> vor allem §§ 143-144; Gutenbrunner,<br />

Lau~· <strong>und</strong> Formenl. des Altisl. § 42.<br />

Handb. Urgerm., II, 145-146.<br />

Oomp. Germ. Gram., 177-178.<br />

PIE. Phon., 58, 69 f.<br />

a.a.O., 69.<br />

Vgl. noch a.a.O., 70: "We can only deal with the development as a<br />

Gmc. Ïnnovation".<br />

Vgl. insbeson<strong>der</strong>e für <strong>die</strong> Herkunft <strong>der</strong> a.Gruppe: Flas<strong>die</strong>ck, Anglia,<br />

60, 328 f.<br />

a.a.O., 333.<br />

Handb. Urgerm., Il, 144. Vgl. Karstien, Die redupl. Perf. § 6.<br />

Idg. Gram., IV, 276.<br />

Handb. Urgerm., II, 149. Vgl. Lehmann, PIE. Phon., 18.<br />

Vgl. Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 333 f.<br />

Brugmann, IF., 6, 91.<br />

Für <strong>die</strong> ë- <strong>und</strong> ö-Gruppen siehe § 37.<br />

Bemerkenswert ist folgende Auslassung Hirts, Handb. Urgerm., Il,<br />

145, wenn Bonst auch <strong>der</strong> Schluss nicht zutrifft: "Mir scheint es ,"or<br />

allem auffallend, daa3 in dem Perfekturn, mag es einer Reihe angehören,<br />

welcher es will, <strong>im</strong>mer ein e-Vokal erscheint, as. Me, *hleop, feng,<br />

<strong>und</strong> d loS legt d )ch <strong>die</strong> vermutung nahe, daas es Bieh urn reduplizierende<br />

Formen handelt".<br />

Vgl. hierbei Brugmann, IF., 6, 92.<br />

70


50.<br />

51.<br />

52.<br />

53.<br />

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59.<br />

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64.<br />

65.<br />

66.<br />

67.<br />

68.<br />

69.<br />

70.<br />

71.<br />

72.<br />

73.<br />

74.<br />

75.<br />

71<br />

Siehe auch Mezger, Archiv, 171, 66 f.<br />

Vgl. z.B. Boer, Oergerm. Handb. § 217: Schwarz, Goten, Nordgerm.,<br />

Angels., 112.<br />

Karstien, Die redupl. Perf. § 35.<br />

0..80.0. Diese Erkliirung findet sich schon bei Bethge in Dieter, Laut·<br />

<strong>und</strong> Fonnenl. altgerm, Dial .• 418.<br />

Siehe oben § 31.<br />

Schon bei Bethge in Dieter, Laut· <strong>und</strong> Formenl. altgerm. Dial., 418:<br />

Heusier, Altisl. Elernentarb. § 315, 2: Karstien. Die redupl. Perf. § 43.<br />

Man braucht also nicht mit, Lehmann PIE. Phon., 71 anzunehmen:<br />

"In forms with i following the ë 2 , the i (nämlich von ëi (eXy)) was<br />

normally lost (but survived in OHG re-itun )".<br />

Vgl. Karstien, Die rednpl. Perf. § 36 <strong>und</strong> § 44. wobei er anmerkt:<br />

"Diese i ·Plurale (näml?'ch <strong>der</strong> ë.Gruppe) sind sehr selten, wohl nur als<br />

augenblickserscheinungen zu betrachten". Siehe noch § 40, 5.<br />

Vgl. oben § 31.<br />

Altschw. Gram. § 541, Anm. I: <strong>der</strong>s., Gesch. n01'd. Spr., 204; auch:<br />

Janko, IF., 20, 267.<br />

Karstien, Die redupl. Perf., 66, <strong>der</strong> auf .Tanko, IF., 20, 267 hin·<br />

weist.<br />

ZfÖG., 24, 299.<br />

Die redupl. Perf. § 38.<br />

Das Altschwedische bleibt hier unerwähnt, weil <strong>die</strong> betreffenden<br />

Formen Neubildungen Bind: Noreen, Altschw. Gram. § 542.<br />

Vgl. Karstien, Die redupl. Perf., 78.<br />

Braune, Ahd. Gram. § 47 f. <strong>und</strong> § 354; Franck, Altfränk. Gram. § 38, 3<br />

<strong>und</strong> § 39: Schatz, Altbair. Gram. § 16 <strong>und</strong> § 139, 2.<br />

Braune, Ahd. Gram. § 47, Anm. 2. Dasselbe gilt vom Altfränkischen<br />

(Franck, Altfränk. Gram. § 37) <strong>und</strong> Altsächsischen (Holthausen, Alts.<br />

Elementarb. § 103, Anm. 2 <strong>und</strong> 3).<br />

Janko, IF., 20, 313 f. V!!,l. Karstien, Die redupl. Perf., 98, Anm. 4.<br />

Man beachte <strong>die</strong> Formulierung <strong>der</strong> Regel bei Krause, Altwestnord.<br />

Gram. § 16, 1: "Im An. entwickelt Bich eu ... vor g, kstets, vor p,<br />

f meiBt zu iu (=;u)".<br />

Siehe oben § 17.<br />

Diese Möglichkeit n<strong>im</strong>mt in <strong>die</strong>sem Fall auch Karstien, Die redupl.<br />

Perf., 97, Anm. 1, an.<br />

Siehe <strong>die</strong> Literatur oben Anm. 67.<br />

Vgl. Karstien, Die redupl. Perf., 114: "aisl. ist <strong>das</strong> einzige hierher<br />

gehörige auf konsonant auslautende verb blóta 'opfern' in <strong>die</strong> analogie<br />

<strong>der</strong> häufigeren ë1.präterita hineingezogen".<br />

Gesch. fri. Spr. § 141. .<br />

Auch in den bekannten "Oorkonden" des Leeuwar<strong>der</strong> "St. Anthony·<br />

Gasthuis" findet Bich <strong>das</strong> Präteritum foel (Boersma, Fri. Oork., 45).<br />

Vgl. auch Fokkema, Stadsfries, 171 <strong>und</strong> <strong>der</strong>s., Fri. Spraakk., 70.<br />

Ebenso <strong>im</strong> Nie<strong>der</strong>deutBchen findet sich bei <strong>die</strong>sem Verb Ubertritt zur<br />

sechsten Klasse: vgl. Lasch, Mnd. Gram. § 434, Anm. 2.<br />

Steller, Altfri. Gram., 64 erwähnt hierbei ausdrücklich <strong>die</strong> soohate<br />

Ablautreihe.<br />

Gesch. fri. Spr. § 141. Für <strong>die</strong> weitere Entwicklun~ <strong>im</strong> Friesischen vgl.<br />

S. 1325: "Die Kla3se <strong>der</strong> reduplizierenden Verben ist <strong>im</strong> F:ie3. am<br />

stärksten dur ~h Analogiebildung be;linflusst worden, da <strong>die</strong> wenig~n<br />

Verba Bich nicht zu festen Gruppen ziJsammenschlossen, son<strong>der</strong>n m ·<br />

den einzelnen M<strong>und</strong>arten nach den verschiedenen Ablautklassen o<strong>der</strong><br />

na.ch den schwachen Verba verän<strong>der</strong>t wurden".<br />

71


76.<br />

77.<br />

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80.<br />

81.<br />

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88.<br />

89.<br />

72<br />

PBB., 19, 405 f.; 21, 446; IF., 23, 109.<br />

hliope findet sich schon bei Von Richthofen. AltIri. Wtb., i.v. hlapa.<br />

Vgl. Karstien, Die redupl. PerI., 43, 44, 95, 114 <strong>und</strong> Flas<strong>die</strong>ck, Anp;lia,<br />

60, 243, 250, 274. Karstien, a.a.O., 95 <strong>und</strong> 114, hinweisend auf Van<br />

Helten, IF., 23, 108 sagte (S. 114): "Neuostfr. Tip, Tip"} zeigen regelrecht<br />

aus älterem io hervorgegangenes i"; vgl. Flas<strong>die</strong>ck, a.a.O.<br />

§ 13, b,«5: "Doch weist nofrs~ rip ebenso wie nwfrs. röp auf *jö". Diese<br />

Annahme von Karstien <strong>und</strong> Flas<strong>die</strong>ck beruht m.E. auf einem Missverständnis;<br />

Van Helten, a.a.O. hat doch geschrieben: "saterlänrlisch<br />

stit, wangeroogisch II p , wang. sat. rip mit i für regelrechtes, aus eo<br />

hervorgegangen es altes iö; man beachte <strong>die</strong> Proportion hëten, lëten,<br />

slëpen, Part.: hit, lit, slip = stëten, (h)lëpen, (h)wëpen (vgl. Aofries. Gr.<br />

§275):stit, (h)lip, (h)rip".SoweitVanHelten.isteht nur für "regelrechtes<br />

altes iö", <strong>und</strong> <strong>die</strong> darauffolgende Proportion will gerade <strong>die</strong><br />

Herkunft <strong>die</strong>ses ï, z.B. in rïp andeuten. Karstien, a .a .O. § 78 hat <strong>die</strong>se<br />

Proporti9n gerade in umgekehrter Richtung gedeutet <strong>und</strong> will daraus<br />

<strong>die</strong> Partizipia stëten, (h)lëpen erklärt sehen. Für nofri. i (Tip) aus<br />

*iö ist sowieso nirgends ein Anhaltspunkt zu finden.<br />

Gesch. lri. Spr. § 141.<br />

AltIri. Gram. § 97.<br />

Jacobs, Oudlri. Werkw., 127 f. setzte bei den au·, o.Verba, in seinen<br />

Paradigmata, als Präteritalvokalismus überall io an, obschon dazu<br />

kein genügen<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> vorlag.<br />

Kems, Lang., 13, 13 bemerkt passend: "the late date of the Ofrs.<br />

documents will hardly justify one in making these few citations<br />

(nämlich von hliöp) a touchstone".<br />

Gesch. lri. Spr. § 141.<br />

PBB., 19,406; für Synkope von j nach Liquida vgl. 351; <strong>der</strong>s., PBB.,<br />

21, 446. Vgl. auch folgende Anm. - Bei Kloosterman, Metslawiersch<br />

§ 147, einem Schüler Van Heltens, findet sich auch rü,oap "rief"<br />

(Präteritum) gleichfalls ohne genügenden Gr<strong>und</strong> zurückgeführt auf<br />

*hriöp; rüoap steht hier sogar schön be<strong>im</strong> lokalen Produkt von westgerm.<br />

ö : blüoat "Blut" u.a.<br />

Siehe Literatur in <strong>der</strong> vorigen Anm. <strong>und</strong> weiter noch Van Helten,<br />

AltostIri. Gram., 27. lm N euwestfriesischen begegnen noch Beispiele<br />

des Vorganges: bidrage neben afri. driäga.<br />

Siebs, Gesch. lri. Spr., 1412, 1414. - Wie ich aus einer brieflichen<br />

Mitteilung ersehe, ist auch Prof. Dr. K. Fokkema zu <strong>die</strong>ser Ansicht<br />

gekommen. Er weist hin auf Fälle wie MI, pöt, swk, ströt, in denen <strong>die</strong><br />

Dehnung zu 0: nicht leicht zu erk1ären ist. Für Fokkema hat sich<br />

afri. ö in räp. (mit dem Wert des westgermanischen ö) zunächst gekürzt<br />

<strong>und</strong> dann zu 0: gedehnt. Die regelrechte Entwicklung afri. röp zu<br />

roep (ü) findet sich jedoch noch dialektisch. Vgl. dazu Siebs, Gesch.<br />

lri. Spr., 1219, 1324, <strong>und</strong> meine obige Anm. 84 (Kloosterman).<br />

Fälle mit nwfri. ö (0:) neben altem bzw. westgerm. ö (wie nwfri.<br />

räp, <strong>das</strong>, wie gesagt, nicht direkt auf afri. röp zurückgeführt werden<br />

darf), sind z.B. nwfri. dröl <strong>und</strong> genöch (0:); vgl. as. dröoi, ae. dröl, <strong>und</strong><br />

für <strong>das</strong> zweite Beispiel afri. (e)nög, <strong>das</strong> durch gesetzmässige Entwicklung<br />

zum altwestfriesischen a-noeg wurde. Auch in nwfri. dröl<br />

<strong>und</strong> genöch kann also nur Dehnung eines kurzen 0 vorliegen.<br />

Vgl. Heusier, Altisl. Elementarb. § 315, 2; Karstien, Die redupl. PerI.,<br />

107.<br />

Noreen, Altisl. aUnorw. Gram. § 493.<br />

Die redupl. PerI., 107, Anm. 6, wo auch hjoggom <strong>und</strong> bfoggom erklärt<br />

werden. Für noch an<strong>der</strong>e Formen siehe a.a.O.<br />

72


90.<br />

91.<br />

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100.<br />

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106.<br />

107.<br />

108.<br />

109.<br />

IlO.<br />

lli.<br />

ll2.<br />

ll3.<br />

ll4.<br />

ll5.<br />

ll6.<br />

ll7.<br />

ll8.<br />

73<br />

Gesch. d. d. Spr., 737 [19012]; schon in <strong>der</strong> vorigen Aufiage. Vgl. noch<br />

Karstien, Die redupl. Perf., 109.<br />

a.a.O., 109-1I0. Vgl. oben § 39, auch S. 71, Arun. 57.<br />

a.a.O., 108; allgemeiner, doch sehr zutreffend, S. 42: "Von rein sach·<br />

lichen gründen abgesehen, halte ich es vor allem für methodisch nicht<br />

richtig, <strong>die</strong> germanischen formen an<strong>der</strong>s als aus dem germanischen<br />

<strong>verba</strong>l<strong>system</strong> heraus erklären zu wollen, solange noch irgend eine<br />

möglichkeit dazu besteht. Es ist letzten endes sehr leicht, bei je<strong>der</strong><br />

schwierigkeit, <strong>die</strong> sich einer einzelsprachlichen untersuchung ent·<br />

gegenstellt, seine zufiucht zu den so mannigfaltigen bildungsmöglich.<br />

kei ten irgend einer <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n idg. sprachen zu nehmen; da wird sich<br />

stets etwas analoges finden lassen"!<br />

Nicht so: Hoffory, KZ., 27, 597 f. <strong>und</strong> Holthausen, KZ., 27, 621 f.<br />

In: Annaler for nordisk oldkyndighed og Historie, 327-330, <strong>die</strong> ich<br />

nicht zu Rate zie hen konnte. Hier nach Karstien, Die redupl. Perf.,<br />

121 zitiert.<br />

PBB., I, 504 f.; 16, 254 f.<br />

Die redupl. Perf., 121-122.<br />

a.a.O., 122.<br />

Vgl. Loewe, KZ., 40, 328.<br />

Franck, Mnl. Gram. § 149; Flas<strong>die</strong>ck, Anglia, 60 § 17; Sievers-Brunner,<br />

Altengl. Gram. § 395, Arun. 1.<br />

IF., 6, 94.<br />

Die redupl. Perf., 121.<br />

Die Produktivität des ë 2 o<strong>der</strong> seiner Entwicklungen lässt sich sehr<br />

leicht feststellen; <strong>die</strong>ser Vokal greift urn sich. So findet sich<br />

später noch ein analogisches ë 2 in <strong>der</strong> sog. sechsten Klasse z.B. <strong>im</strong><br />

Nie<strong>der</strong>ländjschen .9chiep "schuf" zu scheppen "schaffen", wies "wuchs"<br />

zu wassen "wachsen" (Verf., Tijdschr., 69, 47). In <strong>die</strong>sel' Sprache ist<br />

<strong>das</strong> lokale Produkt des ë 2 in <strong>die</strong> aIte e.Gruppe eingedrungen, wie aus<br />

hielp "half" zu helpen "helfen", dialektisch wier(d) "ward" zu worden<br />

"werden", wierp "warf" zu werpen "werfen" u.a. deutlich hervorgeht.<br />

Vgl. Steller, Altfri. Gra11/,. §§ 8, 9, jedesmal Arun. 1; Sievers·Brunner,<br />

Altengl. Gram. § 137,3 <strong>und</strong> § 395, Anm. 1. Für<strong>das</strong> Mittelnie<strong>der</strong>deutsche:<br />

Lasch, Mnd. Gram. § 65: Katara, Redupl. Verba <strong>im</strong> Ndd., 295.<br />

An<strong>der</strong>s: Heusier, Altisl. Elementarb. §§ 315 <strong>und</strong> 64.<br />

Noreen, Altschw. Gram., 448 <strong>und</strong> § 75: vgl. Karstien, Die redupl. Perf·,<br />

139.<br />

Holthausen, Alts. Elementarb. §§ 447-448: Katara, Redupl . . Verba <strong>im</strong><br />

Ndd., 62, ll4. .<br />

a.a.O., 93.<br />

A lts . . Elementarb. § 447.<br />

Lasch, Mnd. Gram. § ll4, Anm. I: Katara, Redupl. Verba <strong>im</strong> Ndd., ll4.<br />

a.a.O.: vgl. Lasch, Mnd. Gram. § 138, an<strong>der</strong>e Beispiele <strong>und</strong> Material<br />

bei Katara, insbeson<strong>der</strong>e seine Zusammenfassung (S. 291), <strong>die</strong> für<br />

meine Lösung spricht. Siehe noch meine Anm. ll5.<br />

Siehe oben (§ 41, I) : Franck, Altfränk. Gram. § 189.<br />

Altostfri. Gram. § 274, 0< <strong>und</strong> § 48. Vgl. <strong>der</strong>s., IF., 23, Ill.<br />

Vgl. auch Karstien, Die redupl. Perf. § 93.<br />

Altostfri. Gram., X.<br />

Ähnlicher (späterer) i.Übergang von e vor n + Konsonanten usw.<br />

findet sich auch <strong>im</strong> Mittelnie<strong>der</strong>1ändischen lmd ·nie<strong>der</strong>deutschen.<br />

Gesch. fri. Spr., 1219.<br />

Altfri. Gram. § 97.<br />

Siehe Literatur oben Anm. 103.<br />

73


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121.<br />

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133.<br />

134.<br />

135.<br />

136.<br />

137.<br />

13l!.<br />

139.<br />

140.<br />

141.<br />

142.<br />

143.<br />

144.<br />

74<br />

Daunt, TrPhS., 1939, 108 f. bricht mit <strong>der</strong> alten Ansicht, aIs seien<br />

se. eo (zuruckgehend auf eine Kürze) <strong>und</strong> èo (zuruckgehend auf einen<br />

Diphthong) UBW. nur durch <strong>die</strong> Quantität verschieden gewesen (für<br />

<strong>die</strong>se Ansicht letztlich: Brosnaha.n, OU Engl. So<strong>und</strong> Changu, 57 f.).<br />

Für Daunt sind eo UBW. nur aIs kombinatoriache Varianten <strong>der</strong> über·<br />

einst<strong>im</strong>menden Kurzvokale zu betrachten. Vgl. MOBSé, Angl. du M. A.,<br />

J1 § 12. Zur Schrift Daunts siehe: Wrenn, TrPhS., 1943,32; SamueIs,<br />

TrPhS., 1952, 15 f. (mit Bibliographie); Daunt, TrPhS., 1952,48 f.;<br />

Brunner, Engl. Stud., 34, 247 f.<br />

Siehe jedoch Fla.s<strong>die</strong>ck, Anglia, 60, 282 f.; dabei Sievers-Brunner,<br />

Altengl. Gram. § 395, Arun. 1 <strong>und</strong> § 396, Arun. 1. Vgl. auch Kema,<br />

Lang., 13, 14: "the convention of printing Mold, a.s aIso bëonn, fëng<br />

etc., ha.s ariaen from a predilection for theories which <strong>der</strong>ive these<br />

forms from Gmc. ·hehald and the like by way of contraction ; there<br />

is no direct evidence in their favor a.s against Mold, flng , , " nor can<br />

anything be lea.rned from the study of their ME. continuants".<br />

Die redupl. Perf. § 101. .<br />

Anglia, 60, 287.<br />

An<strong>der</strong>s: siehe bei Karstien, Die redupl. Perf., <strong>die</strong> in Arun. 117 erwähnte<br />

Stelle; weiter z.B. Krogmann, Anglia, 57, 216 f., <strong>und</strong> 61, 356. Auch<br />

Kluge, Urgerm., 168. .<br />

Lang., 13, 14. Vgl. auch schon Janko, IF., 20 § 63 f.<br />

Ich möchte an <strong>die</strong>ser Stelle hinweisen auf da.s Buch von Sprenger,<br />

Prau. hist. <strong>und</strong> Praet. in <strong>der</strong> altisl. Saga, obschon <strong>die</strong> hier mitgeteilten<br />

Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Resultate nach eirier ganz an<strong>der</strong>en Seite hin zu betrachten<br />

sind.<br />

Diese Ansicht stützt <strong>die</strong> bekannte Erklärung durch Ausgleich, <strong>die</strong><br />

man findet bei Kluge, El. Gat. § 26, 4; Streitberg, Gat. Elementarb.<br />

§ 50 [1910 8 - 4 ] u.a.; vgl. jetzt auch Schwarz, Goten, Nordgerm., Angela.,<br />

106. Jellinek, Guch. gat. Spr. § 81 glaubt <strong>die</strong>s nicht. Auch an<strong>der</strong>s bei:<br />

Streitberg, Gat. Elementarb. § 49 [1920'-1]; Hirt, Handb. Urgerm., 11,<br />

143; Krause, Handb. Gat. § 61, 4.<br />

Kahle, Altisl. Elementarb. § 384, Anm. 1; Noreen, Altisl. altnorw.<br />

Gram. § 496; Karstien, Die redupl. Perf., 60-61, 154.<br />

Noreen, Altisl. altnorw. Gram. § 506, Arun. 1.<br />

Braune, AM. Gram. § 351, Arun. 3.<br />

Steller, Altfri. Gram., 64.<br />

Die redupl. Perf., 78 f.<br />

Holthausen, Alta. Elementarb. § 450; Ka.ratien, Die redupl. Perf., 78.<br />

a.a. 'evers-Brunner, Altengl. Gram. § 396, Anm. 10, auch § 89.<br />

Van Loey, Mnl. Spraakk., I § 75.<br />

Vgl. auch Janko, IF., 20 §§ 45, 46 <strong>und</strong> 48.<br />

Karstien, Die redupl. Perf. § 56.<br />

Braune, AM. Gram. § 354, Arun. 3.<br />

Die redupl. Perf. § 73.<br />

Vgl. Kema, Lang., 13, 13.<br />

PBB., 8, 287 f.<br />

Handb. Urgerm., 11, 163.<br />

Camp. Germ. Gram., 149.<br />

In dem r <strong>der</strong> sog. r·Präterita des Althochdeutschen sieht jetzt Lebmann,<br />

PIE. PIwn., 56 f. den Reflex eines LaryngaIs. Seine Erklärung bleibt<br />

aber sehr hypothetisch.<br />

Die redupl. Perf. §§ 109-121.<br />

74:


V<br />

URGERMANISCH UND GEMEINGERMANISCH<br />

§ 46. Wie man aus meiner obigen Auseinan<strong>der</strong>setzung hat<br />

ersehen können, habe ich "Urgermanisch" <strong>und</strong> "Gemeingermanisch"<br />

deutlich auseinan<strong>der</strong> gehalten. Obschon <strong>die</strong>se Termini schon lange<br />

vielfach gebraucht wurden, sind sie nicht <strong>im</strong>mer fest umschrieben 1),<br />

gerade weil bis jetzt noch zu wenig mit einer strukturellen Periodisierung<br />

o<strong>der</strong> Systemschichtung <strong>im</strong> älteren Germanischen gerechnet<br />

wurde. Durch meine Annahme einer urgermanischen e-a-Periode<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> auch daraus entstandene Erklärung <strong>der</strong> reduplizierenden<br />

Verba, konnte ich <strong>die</strong>sem Problem aber nicht entgehen; ich hatte<br />

mich also mit den vokalischen Systemen des älteren Germanischen<br />

zu beschäftigen. ûber den Vokalismus des vorgeschichtlichen<br />

Germanischen ist viel geschrieben 2), meist jedoch ohne Unterscheidung<br />

<strong>der</strong> Systemschichten. Sehr wichtig ist <strong>die</strong> werlvolle <strong>und</strong><br />

anregende Schrift Twaddells 3) Ü ber <strong>die</strong> strukturellen Systeme <strong>der</strong><br />

Kurzvokale <strong>im</strong> "Prehistoric Germapic". Darauf verweise ich<br />

ausdrücklich in Beziehung auf meine weitere Behandlung <strong>der</strong><br />

Kürzen. Für <strong>das</strong> Gotische kann ich auf eine ähnliche, gleichfalls<br />

wichtige Arbeit Moultons 4) zurückgreifen.<br />

§ 47. In <strong>der</strong> ältesten Zeit verliert sich <strong>das</strong> Urgermanische <strong>im</strong><br />

Indogermanischen; eine scharfe Grenze ist also nic~t zu ziehen.<br />

Einen konkreten Anhaltspunkt bietet erst <strong>die</strong> urgermanische e-a­<br />

Periode, welche durch Zusammenfall von 0, a in a <strong>und</strong> 0, ä, in 0 sehr<br />

deutlich ein Viervokal<strong>system</strong> aufweist:<br />

Kürzen : i, e, a, u<br />

Längen: i , e, 0, Ü<br />

Für <strong>das</strong> Urgermanische nehme ich übrigens <strong>die</strong> phonologische<br />

Identität von i, j (1) einerseits <strong>und</strong> von u, y, (w) andrerseits an 6).<br />

Weil ich <strong>die</strong> sog. Diphthonge <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode<br />

ei, eu (<strong>das</strong>selbe geItend von ai, au) als Phonemgruppen (Standdiphthonge)<br />

e + j, e + y"<br />

a + j, a + y, charakterisierl habe, bedürfen<br />

<strong>die</strong>se in einer phonologischen Darstellung des urgermanischen<br />

Vokalismus ebensowenig einer selbständigen Erwähnung wie z.B.<br />

el (e + l) o<strong>der</strong> an (a + n).<br />

Die überhaupt einfache Struktur des urgermanischen Vokalismus<br />

<strong>der</strong> e-a-Periode weist gegenüber dem indogermanischen, wie er<br />

er zuletzt von Lehmann 8) aufgestellt wurde, einen ausgesprochen<br />

75


76<br />

konservativen Charakter auf. Der urgermanische Vokalismus<br />

unmittelbar vor <strong>der</strong> e-a-Periode wird demnach <strong>im</strong> grossen Ganzen<br />

noch indogermanisch gewesen sein 7) . Wie man unten noch sehen<br />

wird, hat <strong>die</strong> strukturelle Analyse des germanischen Konsonantismus<br />

schon den konservativen Charakter des älteren Germanischen<br />

herausgestellt, <strong>und</strong> zwar gegen <strong>die</strong> frühere Ansicht, als liege mit dem<br />

Germanischen etwas ganz N eues <strong>und</strong> ein von dem Indogermanischen<br />

stark abweichen<strong>der</strong> Typus vor.<br />

§ 48. Dass auch <strong>der</strong> Zusammenfall von idg. ä <strong>und</strong> ö zur urgermanischen<br />

e-a-Periode zu rechnen ist, <strong>und</strong> vielleicht als gleichzeitig<br />

mit dem ähnlichen übergang in dem Kürzen<strong>system</strong> (idg. 0 <strong>und</strong> a zu<br />

a) angesetzt werden darf, erscheint mir <strong>die</strong> beste Lösung.<br />

Zwar hat man auf Gr<strong>und</strong> des bei Caesar vorkommenden Silva<br />

Bäcenis, wozu ahd. Buochunna (vgl. lat. !agus), noch angenommen,<br />

idg. ö <strong>und</strong> ä seien zur Zeit Caesars noch geschieden gewesen 8).<br />

Die Bedeutung <strong>der</strong> Bäcenis-Form für eine solche Annahme wurde<br />

bereits <strong>im</strong> vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t von Hirt mit Recht bestritten;<br />

für ihn lag keltische Lautsubstitution für .. Böcenis vor 9). Dies ist<br />

sehr gut möglich, weil ö damals offen realisiert war. Die beste<br />

Formulierung findet sich jetzt bei Schwarz: "Da noch Caesar <strong>im</strong><br />

l.Jh.v.Ch. Bacenis für einen westdeutschen Wald schreibt, <strong>der</strong> um<br />

Fulda in späterer Zeit Buochunna < .. Bökonia "Buchenwald" heisst,<br />

ist <strong>im</strong> l.Jh.v.Ch. noch ein germ. Laut gesprochen worden, <strong>der</strong> <strong>im</strong><br />

Kelt. o<strong>der</strong> Lat. durch ä wie<strong>der</strong>gegeben werden konnte" 10).<br />

Vielleicht könnte man daran erinnern, <strong>das</strong>s ähnliche Vorgänge<br />

auch in an<strong>der</strong>en indogermanischen Sprachen wie z.B. <strong>im</strong> Balto­<br />

Slavischen nachgewiesen worden sind 11), ab er viel ist m.E. daraus<br />

nicht zu ermitteln. Wichtiger scheint mir, was L. E. van Wijk<br />

inbetreff <strong>der</strong> Gleichzeitigkeit <strong>der</strong> übergänge o/a )a <strong>und</strong> ö/ä ) ö<br />

betont hat, nämlich : "Alles wijst erop, dat deze overgangen vroeg en<br />

gelijktijdig hebben plaats gehad; er zijn geen getuigenissen, <strong>die</strong> op<br />

een late overgang wijzen, terwijl de gelijktijdigheid voortvloeit uit<br />

de kelt. voorbeelden" 12).<br />

§ 49. Eine Charakterisierung <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode<br />

werde ich erst nach einem Vergleich mit <strong>der</strong> folgenden Periode, <strong>der</strong><br />

gemeingermanischen, tiefer durchführen können.<br />

Was ist denn eigentlich gemeingermanisch, <strong>das</strong> best<strong>im</strong>mt nicht<br />

zur urgermanischen e-a-Periode gehört? Diese Frage ist nach allem,<br />

was ich in den ersten drei Abschnitten erörtert habe, sehr leicht zu<br />

beantworten. Die Anfänge <strong>der</strong> Umlautserscheinung (e B- i; 0 ~ u)<br />

gehören selbstverständlich nicht zur urgermanischen e-a-Periode,<br />

sind aber sicher gemeingermanisch; <strong>die</strong> Erscheinung bildet sich<br />

76


77<br />

einzeldialektisch weiter aus. Sie ist <strong>die</strong> Einwirkung eines Vokals bzw.<br />

Semi-vokals <strong>der</strong> Folgesilbe auf <strong>die</strong> Stammsilbe. Es ist demnach eine<br />

bedingte Erscheinung, hervorgerufen durch den <strong>starken</strong> exspiratorischen<br />

Akzent, <strong>der</strong> sich gerade in <strong>der</strong> gemeingermanischen Periode<br />

auf <strong>die</strong> Stammsilbe konzentrierte, woraus sich <strong>die</strong> exspiratorische<br />

Anfangsbetonung entwickelte.<br />

Diese Dinge sind sehr wichtig, weil <strong>die</strong>ser dreiteilige Vorgang<br />

(1. Festlegung des Akzents auf eine best<strong>im</strong>mte Silbe; 2. Schwächung<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Silben ; 3. Einwirkung <strong>der</strong> abschwächenden Silben auf<br />

<strong>die</strong> betonten, d.h. Umlaut) <strong>im</strong> Germanischen ein neues Prinzip<br />

erzeugt, dessen Einfiuss sich bis heute fühlbar macht. lm Gemeingermanischen<br />

werden somit <strong>die</strong> vokalischen Gr<strong>und</strong>lagen ausgebildet,<br />

auf denen <strong>die</strong> altgermanischen Dialekte fussen. Der Übergang<br />

vom Urgermanischen mit seinem freien (indogermanischen)<br />

Akzent zum Gemeingermanischen mit seinem festen (germanischen)<br />

Akzent ist demnach hochbedeutsam. 13).<br />

•<br />

§ 50. Jetzt kann ich auf Twaddells Resultate hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Kürzen eingehen. Es ist jedoch eine vorausgehende Bemerkung zu<br />

machen. Twaddell arbeitet anscheinend mit <strong>der</strong> verbreiteten Ansicht,<br />

<strong>das</strong>s <strong>der</strong> e-i-Übergang unter Einfiuss <strong>der</strong> i-j-Bedingung <strong>der</strong><br />

Folgesilbe zu einer älteren Periode gehört als <strong>der</strong> von i zu e unter<br />

Einfiuss eines dunkien Vokals <strong>der</strong> Folgesilbe. Daher hat-er für <strong>die</strong><br />

älteste Schicht des Gemeingermanischen folgende TabelIe <strong>der</strong><br />

Kürzen aufgestellt 14):<br />

before resonant alone [e]<br />

before nasal consonant [i]<br />

before jr, Ij + consonant [e]<br />

before obstruent ji, jj [i]<br />

before obstruent + ju, aj [i] [e]<br />

Weil ich den Anfang des i-Umlauts <strong>und</strong> des a-Umlauts zu dem<br />

gleichen gemeingermanischen Zeitraum rechne, wenn auch <strong>die</strong><br />

betreffenden Übergänge in ihrem Ursprung nicht ganz synchronisch<br />

zu sein brauchen, möchte ich <strong>die</strong> obige Vorstellung nach meinen<br />

Ansichten folgen<strong>der</strong>massen umarbeiten.<br />

"Before resonant alone" darf als selbständige Position für <strong>die</strong>se<br />

Zeit beseitigt werden, weil - wenn es nicht urn einen doppelten<br />

Konsonantismus geht - <strong>die</strong> Bedingung <strong>der</strong> Folgesilbe jedenfalls als<br />

pr<strong>im</strong>är erscheint. Also :<br />

before nasal + consonant [i]<br />

before jr, Ij + consonant<br />

before obstruent + ji, jj [i]<br />

before obstruent + jaj<br />

before obstruent + juj<br />

77<br />

[e]<br />

[e]<br />

[i] [e]


78<br />

Eine phonologische Opposition bildeten somit i <strong>und</strong> e nur vor u<br />

<strong>der</strong> Folgesilbe. In an<strong>der</strong>en Fällen waren i <strong>und</strong> e in sog. "complementary<br />

distribution". Mein Schluss muss also demjenigen Twaddells<br />

völlig gleich blei ben. Man kann hier daher mit <strong>die</strong>sem fragen :<br />

.,Were jij and jej on the way to becoming a single phoneme?" 15).<br />

Bei ujo liess sich <strong>die</strong> Sache vielleichter lösen. Im Urgermanischen<br />

kam, wie gesagt, nur u als Phonem vor, wobei selbstverständlich<br />

<strong>im</strong>mer eine (kombinatorische) o-Variante auftreten konnte. Durch<br />

<strong>die</strong> Umlautserscheinung ist <strong>im</strong> Gemeingermanischell an <strong>die</strong>s er<br />

phonologischen Situation anfänglich nichts geän<strong>der</strong>t, nur weiss man,<br />

daas jetzt in bedingter Position eine kombinatorische 0-Variante<br />

tatsächlich vorkommen musste. Mit Twaddell kann man also<br />

feststellell, <strong>das</strong>s u <strong>und</strong> 0 nur in sog. "complementary distribution"<br />

stehen, da vor dunklem Vokal nur 0, in allen an<strong>der</strong>en Fällen <strong>im</strong>mer<br />

u auftritt. Sie bilden keine phonologische Opposition. Allein kann<br />

ich auf Gr<strong>und</strong> meiner Erörterung <strong>im</strong> dritten Abschnitt den Anfang<br />

des a-Umlauts zur gemeingermanischen Periode, also auch zum<br />

Vorgotischen rechnen. Diese Frage liess Twaddell noch unbeantwortet,<br />

aber er sagte doch schon sehr vorsichtig: "This development<br />

of a low allophone [0] was a phonetic change, a change<br />

in pronunciation, which involved no structural disturbances. Like<br />

most phonetic changes, it presumably started in one community<br />

and spread: the isogloss expanded. In this case, the isogloss expanded<br />

to the extent of all the Preh. Gmc. dialects except Pre­<br />

Gothic. (Perhaps even Pre-Gothic was affected; we have no way of<br />

telling ... )" 16).<br />

Das Kürzen<strong>system</strong> des Urgermanischen ist somit hier erhalten,<br />

nur scheint <strong>die</strong> Opposition i-e in einen labilen Zustand geraten zu<br />

sein. Wenn e auch vor u <strong>der</strong> Folgesilbe zu i geworden wäre, so hätten<br />

wir ein symmetrisches Bild von drei Phonemen gef<strong>und</strong>en; <strong>die</strong>ser<br />

Übergang findet sich zwar, wie man oben (§ 18 f.) gesehen hat, aber<br />

erst in späterer Zeit, d.h. einzeldialektisch, so daas man für <strong>das</strong><br />

älteste Gemeingermanische doch nur ein Viervokal<strong>system</strong> annehmen<br />

kann.<br />

Hieraus haben sich <strong>die</strong> einzeldialektischen Kürzen<strong>system</strong>e ausgebildet.<br />

Das Gotische setzt ein vorgotisches System voraus, in dem<br />

Zusammenfall von i <strong>und</strong> e zu einem Phonem stattfand. Das vorgotische<br />

Kürzen<strong>system</strong> ist also mit Moulton 17) <strong>und</strong> Twaddel 18 ) als<br />

dreivokalisch (i, a, u) anzusetzen. Die ursprünglichen Bedingungen<br />

zu kombinatorischen Varianten wurden hier durch spätere ersetzt,<br />

nämlich h, Iv, r. Wie Moulton dartut, sind <strong>im</strong> Bibelgotischen <strong>die</strong> vor<br />

h, Iv, rentstandenen e-(ai-) <strong>und</strong> o-(au-)Varianten zu Phonemen<br />

geworden 111) ; hier liegt also wie<strong>der</strong> ein Fünfvokal<strong>system</strong> vor<br />

(i, e, a, 0, u).<br />

78


79<br />

Die nord- <strong>und</strong> westgermanischen Dialekte setzen ein Fünfvokal<strong>system</strong><br />

voraus (i, e, a, 0, u) 20), <strong>das</strong> sich aus dem Viervokal<strong>system</strong><br />

des ältesten Gemeingermanischen entwickelt hat, gerade dadurch<br />

<strong>das</strong>s <strong>die</strong> kombinatorische o-Variante sich zu einem Phonem ausbildete.<br />

Die Entwicklung <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen ist also<br />

an<strong>der</strong>en Wegen gefolgt als <strong>das</strong> Gotische, denn ein Zusammenfall<br />

von e <strong>und</strong> i ist <strong>im</strong> Nord- <strong>und</strong> Westgermanischen nirgendwo <strong>und</strong><br />

durch nichts nachzuweisen. Für jüngere Entwicklungen darf ich<br />

auf <strong>die</strong> Schrift Twaddells·verweisen.<br />

Auch in gemeingermanischer Zeit entstanden <strong>die</strong> ersten germanischen<br />

nasalierten Vokale i, à, U, (i + n + h usw.), <strong>die</strong> m.E. zu<br />

jener Zeit als kombinatorische Varianten <strong>der</strong> Kürzen zu betrachten<br />

sind.<br />

Auch <strong>im</strong> Gemeingermanischen sind iu, eu(eo) usw. als Phonemgruppen<br />

(Standdiphthonge) zu sehen.<br />

§ 5l. Das urgermanische Längen<strong>system</strong> erscheint also als viervokalisch<br />

: i, ë, ö, u. Die Umlautserscheinung hat hier jedoch<br />

eine Umbildung hervorgerufen. In bedingter Position wurde <strong>der</strong><br />

urgermanische sog. Diphthong ei bereits <strong>im</strong> ältesten Gemeingermanischen<br />

zu ë d.h. ë 2 , wodurch <strong>das</strong> System eine neue Länge bekam.<br />

Der Zusammenfall von ë 2 <strong>und</strong> ë 1 ist deutlich einzeldialektisch<br />

(Gotisch <strong>und</strong> teilweise Nordseegermanisch) <strong>und</strong> schon' deswegen<br />

jünger. Man muss also folgendes gemeingermanische Längen<strong>system</strong><br />

a.ufstellen:<br />

i<br />

Ü<br />

(ë2=)ë<br />

ö<br />

(ël=)ái<br />

§ 52. Ein Punkt ist noch zu erörtern. Wenn es richtig ist, <strong>das</strong>s<br />

<strong>der</strong> übergang 0 ) a in nichthaupttoniger Silbe sich später als in<br />

haupttoniger vollzogen hat - <strong>und</strong> wohl hat man GrÜllde zu einer<br />

solchen Annahme 21) - dann musste schon <strong>im</strong> Anfang <strong>der</strong> e-a­<br />

Periode, d.h. als 0 in haupttoniger Position zu a wurde, <strong>die</strong> Stammsilbe<br />

<strong>die</strong> psychologische Schwerkraft bzw. einen stärkeren Akzent<br />

innehaben. Das Vorkommen von 0 neben a erscheint zu jener Zeit<br />

als eine kombinatorische Differenzierung auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Akzentuation.<br />

Wenn sich schon dam als <strong>der</strong> Ansatz <strong>der</strong> neuen Akzentuation<br />

spüren lässt, so ist daraus zu folgern, <strong>das</strong>s be<strong>im</strong> Eintritt <strong>der</strong><br />

e-a-Periode <strong>die</strong> Entwicklungen nach dem Vernerschen (<strong>und</strong> also a.uch<br />

nach dem Gr<strong>im</strong>mschen) Gesetz 22) vollzogen waren o<strong>der</strong> wenigstens<br />

Bich zu vollziehen <strong>im</strong> Begriff waren. Die Bestätigung findet sich in<br />

<strong>der</strong> einzigen Inschrift <strong>der</strong> e-a-Periode, nämlich Harigasti Teiwa.<br />

79


80<br />

Das Stammsilbenbewusstsein <strong>der</strong> urgermanischen e-a-Periode hat<br />

jedoch <strong>das</strong> Silbengleichgewicht nicht wesentlich gestört, was beweisen<br />

könnte, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> alte Intonationsweise noch nicht unmittelbar<br />

aufgegeben wurde. Doch sind <strong>die</strong> frühesten Apokopierungen<br />

wahrscheinlich bereits zu <strong>die</strong>ser Zeit zu rechnen. Jedenfalls könnte<br />

man demnach folgen<strong>der</strong> Aussage Boers zust<strong>im</strong>men: "Er heeft niet<br />

een gewelddadige verspringing of verschuiving van het accent plaats<br />

gehad, maar naast het oude, dat ,op gewoonte berustte, kwam een<br />

nieuw accent op, uit an<strong>der</strong>e behoeften geboren" 23). Man kann sich<br />

jetzt leichter <strong>die</strong> allmähliche Entwicklung von einer Intonationsweise<br />

zu <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, also vom Urgermanischen zum Gemeingermanischen<br />

vorstellen. Wenn auch <strong>das</strong> Urgermanische <strong>und</strong> <strong>das</strong> Gemeingermanische<br />

einan<strong>der</strong> gegenüber stehen, so erscheint <strong>der</strong><br />

übergang von dem einen Zeitraum zu dem an<strong>der</strong>en nicht eine<br />

schroffe Spaltung, ein Bruch zu sein. Man könnte woW sagen: mit<br />

<strong>der</strong> e-a-Periode bereitete sich <strong>das</strong> Urgermanische auf <strong>das</strong> Gemeingermanische<br />

vor.<br />

§ 53. Zusammenfassend sind <strong>die</strong> zwei Perioden folgen<strong>der</strong>massen<br />

zu charakterisieren:<br />

1. Das Urgermanische, in dem <strong>die</strong> e-a-Periode <strong>das</strong> letzte<br />

Stadium vertritt, hatte, vorläufig nur vokalisch gesprochen, seinen<br />

indogermanischen Charakter noch nicht verloren. Die Silben waren<br />

<strong>im</strong> allgemeinen equilibriert <strong>und</strong> autonom, <strong>und</strong> deswegen findet sich<br />

hier nicht <strong>der</strong> bedingte Lautwandel <strong>der</strong> gemeingermanischen<br />

Periode, sondem ein spontaner Lautwandel von 0 zu a <strong>und</strong> ij zu Ö.<br />

Aber <strong>die</strong> Stammsilbe bekam schon in <strong>der</strong> e-a-Periode eine psychologische<br />

Hauptbedeutung, <strong>die</strong> daher allmählich den exspiratorischen<br />

Akzent mehr auf sich konzentrieren konnte. Zum relativ-equilibrierten<br />

Charakter <strong>der</strong> Silben st<strong>im</strong>mt - wenigstens für <strong>die</strong> ältere<br />

Zeit - ein freier Akzent, <strong>der</strong> seine Spuren <strong>im</strong> Vemerschen Gesetz<br />

hinterlassen hat. Dieses wie auch <strong>das</strong> Gr<strong>im</strong>msche Gesetz hat <strong>im</strong><br />

Urgermanischen am wahrscheinlichsten vor <strong>der</strong> e-a-Periode gewirkt.<br />

Schon in <strong>die</strong>sem Zeitraum gab es dialektische Unterschiede.<br />

2. Die gemeingermanische Zeit, in <strong>der</strong> <strong>die</strong> Sprache <strong>im</strong>mer mehr<br />

ihre Einheit einbüsst, kennzeichnet sich durch <strong>die</strong> Vollziehung <strong>der</strong><br />

Akzentrevolution: <strong>die</strong> Festlegung "eines <strong>starken</strong> exspiratorischen<br />

Akzents auf <strong>die</strong> Stammsilbe, welche <strong>die</strong> Anfangsbetonung mit sich<br />

brachte. Daraus entstand eine Schwächung <strong>der</strong> Folgesilbe, insbeson<strong>der</strong>e<br />

ihres Vokalismus, mit Umfärbung des Stammvokalismus als<br />

Korrelationswirkung jener Schwächung (Umlaut). Dies stellt in<br />

erster Linie bedingten Lautwandel dar, obschon selbstverständlich<br />

spontaner Lautwandel nicht ausgescWossen ist. Das Autonom-sein<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> equilibrierte Charakter <strong>der</strong> Silben verschwand. Die Vollzie-<br />

80


81<br />

hung <strong>der</strong> Akzentrevolution, <strong>die</strong> meiner wie an<strong>der</strong>er Erörterung nach<br />

ziemlich spät stattgef<strong>und</strong>en hat, d.h. urn den Anfang unserer<br />

Zeitrechnung, gab alImählich dem germanischen Vokalismus sein<br />

eigenes Gepräge.<br />

'<br />

3. Hinsichtlich <strong>der</strong> Auflösungszeit des "Konsonanten<strong>system</strong>s<br />

von indogermanischem Aufbau" kam Fourquet zu ähnlichen<br />

Schlüssen: "Nicht <strong>die</strong> 1. LV. (Lautverschiebung), sofern man sie auf<br />

<strong>die</strong> zwei ersten Vorgänge beschränkt, ist eine gewaltige Umwälzung,<br />

woraus ein neuer, spezifisch germanischer Typus entsteht. Verners<br />

Gesetz macht uns darauf aufmerksam, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> urg. nach <strong>der</strong> 1. LV.<br />

eine Sprache mit freiem Akzent war. was eben den idg. Typus<br />

kennzeichnet. Die Periode vom Urgerm. zum Altgerm. dagegen ist<br />

nicht nur <strong>die</strong> <strong>der</strong> Auflösung des Konsonanten<strong>system</strong>s von idg. Aufbau,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> <strong>der</strong> Anfangsbetonung <strong>und</strong> einer FülIe von nichtidg.<br />

Erscheinungen, vom Umlaut bis zur Verschiebung <strong>der</strong> Silbengrenze,<br />

<strong>die</strong> vielleicht zusammenhängen ; <strong>die</strong> Periode <strong>der</strong> Geminierung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Lenierung. Hier ist <strong>die</strong> gewaltige Umwälzung". Und<br />

weiter : "Die 1. LV. <strong>im</strong> engeren Sinne m üsste dann <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

dialektischen Differenzierung des noch zusammenhängenden idg.<br />

zugewiesen werden" U).<br />

ANMERKUNGEN<br />

1. Vgl. S. 7, Anm. 7.<br />

2. Siehe z.B. bei L. E. van Wijk, Klinkers Oergerm. StamsyUaben.<br />

3. Lang., 24, 139 f.<br />

4. Lang., 24, 76 f.<br />

5. Vgl. auch S. 4/S. Anm. 74.<br />

6. PIE. Phon., 99; <strong>der</strong>s., JEGPh., 52, 146.<br />

7. Der konservative Charakter des älteren germa.nischen Vokalismus<br />

spricht m. E. am deutlichsten aus <strong>der</strong> phonologischen Natur <strong>der</strong> sog.<br />

Diphthonge.<br />

8. Streitberg, Urgerm. Gram. § 59, a. Auch bei Prokosch, Camp. Germ.<br />

Gram., 94 <strong>und</strong> 103. Vgl. Gutenbrunner, Laut- <strong>und</strong> Formenl. des AUisl.<br />

§ 22 <strong>und</strong> seine TabelIe S. 172.<br />

9. PBB., 23, 318. Vgl. auch Hirt, Handb. Urgerm., J, 32.<br />

10. Goten, Nordgerm., Angels., 21; vgl. auch S. 24, 57.<br />

11. Siehe S. 19, Anm. 3.<br />

12. Klinkers Oergerm. StamsyUaben. 36-37.<br />

13. Die Wichtigkeit <strong>die</strong>ses Vorganges wie such dessen Zeit hat schon<br />

Meillet (Caract. Lang. Germ., 61 f., 72 f.) deutlich erka.nnt, wenn er<br />

auch eine Schichtung des älteren Germanischen nicht "<strong>system</strong>atisch"<br />

durchzuführen versucht hat. Lei<strong>der</strong> hat <strong>die</strong>s zur Ansicht geführt, <strong>das</strong>s<br />

<strong>das</strong> Germanische überhaupt keine konservative Sprache war.<br />

14. Lang., 24, 142. Bei "before resonant alone" wird von Twaddell nur e<br />

angesetzt, doch gibt es einen Fall wie *wiraz, dessen idem System<br />

Twaddells nach hierher gehört; a-Umlaut rechnet er doch zu einer<br />

folgenden Periode. Zwar hat er (S. 141) noch angemerkt: "jij before<br />

81


82<br />

resonants was at beat very rare, if indeed the combination ever occurred ".<br />

15. a.a.O.<br />

16. a.a.O., 144.<br />

17. Lang., 24, 80.<br />

18. Lang., 24, 143.<br />

19. Lang., 24, 80-81.<br />

20. Twaddell, Lang., 24, 143 f.<br />

21. Man folgert <strong>die</strong>s gewöhnlich aus <strong>der</strong> sog. Bewahnmg des alten 0 in <strong>der</strong><br />

Kompositionsfuge <strong>und</strong> "dem Ver~alten finniBcher Lehnwörter" (vgl.<br />

z.B. Schwarz, Goten, Nordgerm., Angels., 39, 48 f., 53), doch sind <strong>die</strong>s<br />

für mich nicht sehr überzeugende Beweise. Ein mehr zutreffendes<br />

Argument könnte <strong>das</strong> Verhalten des altem ·om· <strong>im</strong> Dativ Plural in den<br />

Dialekten sein: an. degom, ahd. tagum, ·om, se. dagum usw. gegenüber<br />

got. dagam. Der betreffende Unterschied ist zu erklären durch ein<br />

längeres Erhaltenbleiben des alten 0 in unbetonter Silbe (vgl. Schwarz,<br />

a.a.O., 74, 260). Daas <strong>die</strong>ser Vorgang hier gerade vor m begegnet, ist<br />

von kainer beson<strong>der</strong>en Bedeutung, da m in <strong>der</strong> Haupttonsilbe keinen<br />

solchen Einfluss aufweist.<br />

22. Daas <strong>das</strong> Vernersche Gesetz den musikaliachen Akzent voraussetzt, iat<br />

unwahrscheinlich; vgl. dazu Russer, Germ. Klankversch., 115 f. (mit<br />

Literatur) 207 f.<br />

23. Oergerm. Handb., 18.<br />

24. ZfM., 22. 32-33. Siehe noch <strong>der</strong>s., Mm. ConB. du germ., 74-75 <strong>und</strong> vgl.<br />

Lehmann, JEGPh., 52, 140 f.<br />

82


LITERATURVERZEICHNIS<br />

Nur <strong>die</strong>jenigen Schriften (auch Teile eines Buches) <strong>und</strong> Ausgaben, welche<br />

oben ausdrücklich erwähnt sind, werden hier aufgenommen; nicht ver·<br />

zeichnet sind jedoch Aufsätze aus Zeitschriften, <strong>die</strong> unter den Abkürzungen<br />

zitiert sind.<br />

F. Althe<strong>im</strong>-E. Trautmann, Vam Ursprung <strong>der</strong> Runen, Frankfurt a.M., 1939.<br />

F. Althe<strong>im</strong>-E. Trautmann-Nehring, K<strong>im</strong>bern <strong>und</strong> Runen, Berlin, 1942.<br />

O. Behaghel, Geschichte <strong>der</strong> deutsclten Sprache [1898 ' ], Gr<strong>und</strong>r., I, Stra.ss·<br />

burg, 19011, 650 f.<br />

R. C. Boer, Oudnoorsch Handboek, Haarlem, 1920.<br />

---, Oergermaansch Handboek, Haarlem, 1924'.<br />

J. S. H. Boersma, De Friesche Oorkonden uit het Archief van het St. Anthony.<br />

Gasthuis te Leeuwarden. 11. Een Bijdrage tot de Kennis <strong>der</strong> historische<br />

Grammatika van het Westfriesch, Diss. Aw.sterdam, 1939.<br />

E. von Borries, Das erste Stadium des i·Umlauts <strong>im</strong> Germanischen, Diss.<br />

Stra.ssburg, 1887.<br />

W. Braune, Althochdeutsche Grammatik, bearbeitet von W. Mitzka, Tübingen,<br />

1953 8 •<br />

J. Brendum-Nielsen, Gammeldansk Grammatik, I, Kebenhavn, 1950'.<br />

L. F. Brosnahan, Sorne OU English So<strong>und</strong> Ohanges, Diss. Leiden, Cambridge,<br />

1953.<br />

K. Brugmann, Gr<strong>und</strong>riss <strong>der</strong> vergleichenden Grammatik <strong>der</strong> indogermanischen<br />

Sprachen, I, Stra.ssburg, 1897; 11, 3 Teile, 1906, 1911, 1916. Zweite<br />

Bea.rbeitung.<br />

B. Collin<strong>der</strong>, Die urgermani8chen lehnwörter <strong>im</strong> finnischen, Skr. utg. av<br />

Kungl. Hum. Vetenskap.Samf<strong>und</strong>et i Uppsala, 28 : 1, 1932. Supple.<br />

ment <strong>und</strong> wortindex, Skr ...., 34 : 3, 1941.<br />

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86


1. ZeiUchriften<br />

ABKüRZUNGEN<br />

Anglia Anglia. Zeitschrift für englische Philologie.<br />

APhS. Acta Philologica Scandinavica. Tidsskrift for nordisk Sprog.<br />

forskning.<br />

Archiv Archiv für <strong>das</strong> Studium <strong>der</strong> neueren Sprachen <strong>und</strong> Litera..<br />

turen.<br />

Arkiv Arkiv for (för) nordisk filologi.<br />

BB.<br />

(Bezzenberger) Beiträge zur K<strong>und</strong>e · <strong>der</strong> indogermanischen<br />

Sprachen.<br />

Eng!. Stud. English Stu<strong>die</strong>s. A Joumal of English Letters and Philology.<br />

FuF. Finnisch-ugrische Forschungen. Zeitschrift für finnischugrische<br />

Sprach. <strong>und</strong> Volksk<strong>und</strong>e.<br />

IF.<br />

Indogermanische Forschungen.<br />

JEGPh. The J ournal of English and Gennamc Philology. In den<br />

ersten fünf Bändem: The J ournal of Germanic Philology.<br />

KZ.<br />

(Kuhn) Zeitschrift für vergleichende Sprachforachung.<br />

Lang. Language. J ournal of the Linguistic Society of America.<br />

Leuv. Bijdr. Leuvensche Bijdragen op het gebied van de Germaansche<br />

Philologie en in 't bijzon<strong>der</strong> van de Ne<strong>der</strong>lsndsche dialektk<strong>und</strong>e;<br />

seit 1921 : Leuvens(ch)e Bijdragen. Tijdschrift voor<br />

Mo<strong>der</strong>ne Philologie.<br />

MLN. Modem Language N otee.<br />

NTS. N orsk Tidsskrüt for Sprogvidenskap.<br />

PBB. (Pau!, Braune) Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> deutschen<br />

Sprache <strong>und</strong> Literatur. .<br />

Stud. Neoph. Studia Neophilologica. A Journal of Gennanic snd Romanic<br />

Tijdschr.<br />

TrPhS.<br />

ZfdA.<br />

ZfM.<br />

ZfÖG.<br />

Philologr..<br />

Tijdschrift voor Ne<strong>der</strong>lands(ch)e Taal-<br />

Transactions of the Philological Society.<br />

Zeitschrift für deutsches Altertum.<br />

Zeitschrift für M<strong>und</strong>artforschung.<br />

Zeitschrift für <strong>die</strong> österreichischen Gymnasien.<br />

2. Sprachen<br />

se. altenglisch.<br />

afri. altfriesisch.<br />

agutn. altgutnisch.<br />

ahd. althochdeutsch.<br />

ai. altindisch.<br />

aks!. altkirchenslavisch.<br />

alat. altlatein.<br />

sn. altnordisch.<br />

as. altsächsisch.<br />

aschw. altschwedisch.<br />

6. finnisch.<br />

genn. gennanisch.<br />

ggenn. gemeingennanisch.<br />

got. gotisch.<br />

87<br />

~.<br />

ldg.<br />

lat.<br />

lito<br />

mhd.<br />

mnd.<br />

mnl.<br />

ndd.<br />

ndl.<br />

nhd.<br />

nofri.<br />

nwfri.<br />

urgenn.'<br />

urn.<br />

westgenn.<br />

en Letterk<strong>und</strong>e.<br />

griechisch.<br />

indogen:nanisch.<br />

latein.<br />

litauisch.<br />

mittelhochdeutsch.<br />

mittelnie<strong>der</strong>deutsch.<br />

mittelnie<strong>der</strong>ländisch.<br />

nie<strong>der</strong>deutsch.<br />

nie<strong>der</strong>ländisch.<br />

neuhochdeutsch.<br />

neuostfriesisch.<br />

neuwestfriesisch.<br />

urgennanisch.<br />

urnordisch.<br />

westgen:nanisch.


INHALT<br />

EINFÜHRUNG . • . . . . . . . • • . . • . . . . . . . . . . '.. 5<br />

s.<br />

I. DIE FUNXTIONELLE GRUPPIERUNG DER BOG. BTARKEN VERBA IM<br />

URGERMANIBCHEN (§§ 1-6) ....... .<br />

11. DIE URGERMANlSCHE e-{z·PERIODE (§§ 7-10)<br />

111. DER URSPRUNG DES SOG. ë l (§§ 11-28) .<br />

IV. DIE REDUPLIZIERENDE KLASSE (§§ 29-45)<br />

V. URGERMANISCH UND GEMEINGERMANlSCH (§§ 46-53) .<br />

LITE.RATURVERZEICHNIS<br />

ABKÜRZUNGEN . • • •<br />

8<br />

15<br />

22<br />

47<br />

75<br />

83<br />

87<br />

88

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