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Festschrift evangelische kinder- und jugendhilfe - Evangelisches ...

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Marta Müller-Dieck<br />

Ehrenvorsitzende<br />

„Es ist nicht zu glauben. Es sind schon so<br />

viele Jahre! 47 Jahre war ich im Vorstand<br />

des Heimvereins. Zuerst im Mütter- <strong>und</strong><br />

Säuglingsheim im Wiehagen, dann im<br />

Kinderheim in der Schlosserstraße. 1993<br />

war ich 75 Jahre alt, da bin ich Ehrenvorsitzende<br />

geworden.<br />

D<br />

urch meine Mutter sind mir – heute sagt man<br />

– die Gene zum Lehramt <strong>und</strong> zur Sozialarbeit<br />

in die Wiege gelegt worden. Sie war Lehrerin <strong>und</strong> hat<br />

ehrenamtlich für die Kirche gearbeitet. Auch mein<br />

Vater war kirchlich engagiert. Er war Zechenbeamter<br />

<strong>und</strong> so lange ich denken kann im Presbyterium der<br />

Gemeinde. Mein Elternhaus hat mich zutiefst geprägt,<br />

diese freudige, helfende Art. Ich habe eine fünf Jahre<br />

ältere Schwester. Wir sind beide durch einen christlichen<br />

Jugendb<strong>und</strong> gegangen. Ich war in einer Gruppe,<br />

die gerne sang <strong>und</strong> Instrumente spielte. Das ganze<br />

Jahr haben wir alte <strong>und</strong> kranke Menschen besucht,<br />

gesungen <strong>und</strong> unsere Gedichte aufgesagt. Für andere<br />

Menschen da zu sein, das wurde dort gelebt.<br />

Mein Leben hatte ich mir eigentlich ganz anders vorgestellt.<br />

1941 habe ich mich verheiratet <strong>und</strong> wollte<br />

eigentlich eine Familie. Mein Mann ist im Osten seit<br />

1944 vermisst. Durch meine ehrenamtliche Arbeit im<br />

Heim war ich aber auch ohne eigene Familie voll ausgefüllt.<br />

Meine Bekannten sagen immer, dass ich mit<br />

dem Heimverein verheiratet war. Es war so! Ich hatte<br />

kein Bedürfnis noch mal zu heiraten. Ich war verheiratet<br />

mit meiner Arbeit, mit Schule <strong>und</strong> Heimverein. Ich<br />

bin’s ja heute noch ein bisschen! Ich hatte ganz viele<br />

Kinder. Ich hab das immer gerne getan, obwohl es<br />

viel war. Immerzu schrie hier einer <strong>und</strong> dann schrie da<br />

einer <strong>und</strong> die Müller-Dieck musste hin. Das war mein<br />

zweites Zuhause, da in der Schlossertraße. Ich hatte<br />

immer ganz direkten Kontakt.<br />

Wir als Kuratorium mussten den äußeren Rahmen<br />

halten. Die Leiter der Häuser sagten uns was nötig<br />

war. Und wir besorgten es. Wir mussten uns um die<br />

Mitarbeiter kümmern, besonders wenn es Probleme<br />

gab. Das ist dann leider häufig bei mir hängen<br />

geblieben. Oft kamen Mitarbeiter zu mir, die fühlten<br />

sich ungerecht behandelt von ihren Vorgesetzten. Bei<br />

Konflikten ist meine Devise immer gewesen, beide<br />

Seiten zu hören. Ich habe die Mitarbeiter immer zuerst<br />

angehört <strong>und</strong> dann den verantwortlichen Leiter<br />

dazu genommen. Damit bin ich in meiner Schule <strong>und</strong><br />

auch in meinem Ehrenamt immer gut gefahren. Ich<br />

wüsste keine Sache, die nicht gut für beide Seiten<br />

ausgegangen wäre. In den letzten Jahren hatten wir<br />

dann eine Mitarbeitervertretung. Das war mir eine<br />

ganz große Hilfe.<br />

Die längste Zeit, die ich da war, war es zum Jugendamt<br />

in Gelsenkirchen ein gutes Verhältnis. Das ist<br />

leider in den letzten Jahren anders geworden. Ich<br />

kann nur bedauern, dass Menschen, die eigentlich nur<br />

eine Aufgabe haben, nämlich anderen Menschen zu<br />

helfen, sich nicht verstehen.<br />

Die großen Schlafsäle habe ich noch miterlebt. Das<br />

war schlimm. Das haben wir schnell geändert. So<br />

um 1950 herum. Nicht auf einen Schlag. So wie es<br />

finanziell möglich war wurde umgebaut, wurden<br />

14 <strong>Festschrift</strong> Porträt 15

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