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Prof. Dr. Gottfried Adolph Die Praxis des handlungsorientierten ...

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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Gottfried</strong> <strong>Adolph</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Praxis</strong> <strong>des</strong> <strong>handlungsorientierten</strong> Unterrichts<br />

[In der fünften Unterrichtseinheit geht es um die Einführung in die elektrotechnischen<br />

Grundbegriffe. Alle diese Begriffe stehen nicht isoliert voneinander. Irgendwie hängen sie<br />

miteinander zusammen. Der technische elektrische Stromkreis liefert den Kontext. In ihm sind<br />

physikalische und technische Grundbegriffe miteinander „vermengt". So weist ein<br />

Installationsschalter Merkmale auf, die aus physikalischen Gründen so sein müssen (z.B. Abstand<br />

der geöffneten Schaltflächen) und andere, die technischer ökonomischer Art sind (z.B. der<br />

Werkstoff der Kontaktflächen). In jedem elektrischen Gerät gibt es Eigenschaften, die aus<br />

physikalischen Gründen unumgänglich sind und solche, die so oder so „gemacht" sein können. Bei<br />

jeder technischen Realität gibt es „naturwissenschaftliche" Zwänge und Gestaltungsspielräume mit<br />

jeweils anderen Zwängen. <strong>Die</strong>sen Zusammenhang durchschauen zu können, ist ein wesentlicher<br />

Faktor allgemeiner und technischer Bildung. Ein rein physikalischer Zugang zu dem Grundbegriff<br />

elektrischer Stromkreis verfehlt diese allgemeine Bildung.<br />

Eine Einführung in die elektrotechnischen Grundbegriffe kommt ohne Belehrung nicht aus.<br />

Niemand kann aus sich heraus Begriffe entwickeln, die sich in einem langen gesellschaftlichen<br />

Prozess inhaltlich und in ihrer sprachlichen Form entwickelt haben. Das Medium der Begriffe und<br />

deren Begreifen ist die Sprache. Werden die Schüler mit der sprachlichen Form eines Begriffes<br />

konfrontiert, bevor sie <strong>des</strong>sen Inhalt begriffen haben, kommt es häufig zu großen Verwirrungen. Da<br />

alles Gesprochene auf ein Vorverständnis stößt, rufen die Begriffsnamen Vorstellungen in das<br />

Bewusstsein, die in der Regel kaum etwas mit den naturwissenschaftlich-technischen<br />

Begriffsinhalten und den ihnen zugrunde liegenden Phänomenen zu tun haben. <strong>Die</strong> zu<br />

vermittelnden naturwissenschaftlich-ökonomisch-technischen Begriffe sind das Ergebnis eines<br />

langen Forschungsprozesses, und Forschen bedeutet Fragen.<br />

Auch das individuelle Eindringen in neue Wissensstrukturen ist ein Frageprozess. Etwas<br />

verstehen, etwas begreifen ist das Antwortfinden auf eine zuvor gestellte Frage. Wenn Schüler im<br />

Unterricht Schwierigkeiten haben, etwas zu verstehen, dann wissen sie in der Regel nicht, um<br />

welche Frage es bei dem zu Verstehenden geht. <strong>Die</strong>sen Zusammenhang nicht zu erkennen,<br />

kennzeichnet weitgehend den heutigen Mathematikunterricht mit der Folge, dass er in der Regel<br />

bei den Schülern keinerlei Bildungswirkung hinterlässt.<br />

Am Beginn je<strong>des</strong> Verstehensprozesses stehen Fragen. Deshalb muss auch jeder<br />

Belehrungsprozess, bei dem es darum geht, geistig verfügbares Wissen zu vermitteln, mit den<br />

Fragen beginnen, die das Wissen an die Phänomene binden.]<br />

„Was hat ein Stromkreis mit einem Kreis zu tun?“ " " Was ist elektrischer Strom?" „Was ist<br />

Stromstärke?" „Was verbraucht ein Verbraucher?" „Warum sind Leitungen aus Kupfer?" „Wie ist<br />

ein normaler Installationsschalter aufgebaut?" „Wie funktioniert sein Schaltmechanismus?"<br />

„Warum hat er diesen Schaltmechanismus?" „Warum sitzt der Schalter in der L1 Leitung?" „Warum<br />

nicht im Neutralleiter?" „Ist OV gefährlich?" „Was bedeutet Volt?" „Was ist elektrische Spannung?"<br />

oder so ähnlich können die Fragen lauten, um deren Bearbeitung es in der fünften<br />

Unterrichtseinheit geht.<br />

[ Wie sollen diese Fragen nun bearbeitet werden? Fragend entwickelnd? Arbeitsteilig in<br />

Kleingruppen? In Einzelarbeit? Durch Lehrervortrag? Alle diese Wege sind gangbar. Welcher<br />

gewählt wird, hängt von zusätzlichen Variablen ab. Erkennt der Lehrer z.B., dass die Schüler von<br />

der Frage: „Wieso eigentlich Stromkreis, wenn die vorliegende Schaltung, (vor allem in aufgelöster<br />

Darstellung), überhaupt nichts mit einem Kreis zu tun hat?" wirklich erfasst sind, wäre ein guter<br />

Lehrervortrag eine gute Wahl. Ob ein Vortrag gut oder schlecht ist, ist leicht daran zu erkennen, ob<br />

die Zuhörer konzentriert bei der Sache bleiben. Merkt der vortragende Lehrer, dass bei einigen<br />

Schülern während <strong>des</strong> Vortrags Fragen auftauchen, kann er den Vortrag vorsichtig zu fragender<br />

Entwicklung hin öffnen. Geht eine Schülerfrage am Thema vorbei, erkennt der Vortragende, dass<br />

er diesen Zuhörer nicht so erreicht, wie er ihn erreichen wollte. An der Reaktion der anderen<br />

Schüler lässt sich erkennen, ob es nur diesen Schüler oder mehrere betrifft.<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Gottfried</strong> <strong>Adolph</strong> <strong>Die</strong> <strong>Praxis</strong> <strong>des</strong> <strong>handlungsorientierten</strong> Unterrichts 11/14

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