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mülheimer<br />

MEGA-HERZ e.V.stimmen<br />

HERAUSGEBER:<br />

MÜLHEIMER HUMANISTEN<br />

WWW.MUELHEIMER-STIMMEN.DE<br />

JULI/AUGUST 2013<br />

4000 Exemplare<br />

Ausgabe 195<br />

Kostenlos<br />

Kostenlos<br />

195


Editorial -<br />

Liebe Mülheimerinnen, liebe Mülheimer<br />

Der Sommer ist da!<br />

Bitte halten Sie Ihre Koffer bereit, schnallen Sie sich an<br />

und heben Sie mit uns ab.<br />

Wagen Sie sich mit uns auf einen turbulenten Flug durch<br />

die bunte Themenwelt dieser Sommerausgabe und<br />

wechseln Sie die Tapeten!<br />

Die 1. Etappe führt uns in die bunte und abenteuerreiche<br />

Zirkuswelt. Womit wir beim Thema unserer Titelseite<br />

wären. Da hieß es “Manege frei” für die Schülerinnen und<br />

Schüler der Grundschule Horststraße, die vom 17.- 22.<br />

Juni an einem Zirkusprojekt teilnehmen konnten und<br />

ihre Künste in einem richtigen Zirkuszelt darboten. Wer<br />

immer schon mal wissen wollte, wie man Pantomimin<br />

oder gar Clownin wird, erfährt dies in “Neles Welt”.<br />

195<br />

Wir verlassen die Manege und treten in die Literaturwelt<br />

ein. Wir lassen weiterhin Mülheim blühen und in diesem<br />

Zusammenhang gibt es neue Projekte in Mülheim, wie<br />

den Carlsgarten und den Guilleaumegarten, der durch<br />

eine Nachbarschaftsinitiative entsteht.<br />

Die Reise geht weiter und wie gewohnt gibt es jede Menge<br />

News über Vereine, Initiativen, Termine und<br />

Menschen, die was zu erzählen haben und ohne<br />

die unser Viertel nicht so wäre wie es ist.<br />

Ihre<br />

Karin Geissler


Inhalte<br />

R(h)einkultur_____________________<br />

_________________________________<br />

4<br />

Humanisten<br />

_________________________________<br />

_____________________ 5<br />

Titel<br />

Manege frei______________________ 6<br />

Neles<br />

_________________________________<br />

Welt_ _______________ 7<br />

Mülheim soll blühen<br />

Guilleaume Garten _______________ 8<br />

Wir geben nicht auf _______________ 9<br />

Der Carlsgarten__________________ 10<br />

Was<br />

_________________________________<br />

du wohnst in Mülheim ________ 11<br />

Senioren<br />

Literarische<br />

_________________________________<br />

Reise - forts.___________ 12<br />

Beiträge<br />

2 Minuten Stillstand_ _____________ 14<br />

Blutige<br />

_________________________________<br />

Aussichten _______________ 15<br />

Initiativen und Vereine<br />

Hospizverein Köln-Mülheim e.V._____ 16<br />

_________________________________<br />

CAJ Schäl Sick___________________ 17<br />

Kolumne<br />

„Die Explosion der freien Sicht“_____ 18<br />

Beiträge<br />

Schlosspark<br />

_________________________________<br />

Stammheim_ _________ 19<br />

Initiativen und Vereine<br />

Menschen(s)kinder_______________<br />

_________________________________<br />

20<br />

Beiträge<br />

Bier oder Brot?_ _________________ 21<br />

Hilfe, die Zigeuner kommen________ 22<br />

Gedichte<br />

_________________________________<br />

______________________ 23<br />

Geschichtswerkstatt<br />

100<br />

_________________________________<br />

Jahre Köln-Mülheim -Teil 2_ ____ 24<br />

Initiativen und Vereine___________ 26


R(h)einkultur für Eine Welt<br />

Über uns/ Impressum<br />

An dieser Ausgabe<br />

haben mitgewirkt:<br />

„Lege eine Blüte in mein Haar“ (Liebe, Wirklichkeiten)<br />

In der Aula des Rhein-Gymnasiums wurden Prosa- und Lyriktexte des Kurses „Kreatves<br />

Schreiben“ unter der Leitung von Dr. A. Graf am 25. und 26. Juni 2013 vorgetragen.<br />

Kursteilnehmer:<br />

Verena Baarth, Alexander Dittmar, Sven Huhn, Rojin Jolibagu, Meryem Kayadir, Miranda<br />

Kaziu, Hasret Koc, Annika Mohr, Hannin Nasirat, Stefania Obreja, Judith Oehl, Sigrid Oehler,<br />

Alice Ressel, Angelika Romer, Jessica Schur, Joline Thelen, Buket Uzun, Lena Zöllner<br />

Leitung: Dr. Andreas Graf<br />

Wir werden künftig ausgewählte Texte der Schüler und<br />

Schülerinnen vorstellen.<br />

Worte<br />

von Annika Mohr<br />

Kennst du das Gefühl? Du sitzt vor einem leeren Blatt Papier, doch dir fallen<br />

nicht die richtigen Worte ein um zu beschreiben, was du fühlst. Du willst etwas<br />

Wichtiges erzählen, doch du weißt einfach nicht wie. Statt etwas aufzuschreiben,<br />

starrst du die ganze Zeit das leere Blatt an oder zerreißt die Worte wieder,<br />

die du schon geschrieben hast.<br />

Vielleicht schreibst du die erste Zeile, doch die anderen Worte schwirren in<br />

deinem Kopf umher, wie ein wütender Schwarm Hornissen. Sie wollen sich<br />

einfach nicht zu einem sinnvollen Satz zusammenfügen.<br />

Wahrscheinlich haben sich die meisten Menschen schon einmal so gefühlt.<br />

Einige sind so voll mit unterschiedlichen, geradezu widersprüchlichen<br />

Gedanken, dass sie nicht wissen, welchen sie aufschreiben sollen.<br />

Andere haben in ihrem Leben schon so viel geschrieben, dass nichts mehr von<br />

ihnen übrig ist, das sie noch in Worte fassen könnten. Manche sind so glücklich,<br />

so verliebt oder so verzweifelt, dass sie glauben, kein Wort könne ihre Gefühle<br />

in diesem Moment beschreiben. Andere haben Mist gebaut und keine Ahnung,<br />

wie sie sich entschuldigen sollen.<br />

Die Menschen kämpfen um Worte.<br />

Ich weiß, dass ich den Menschen etwas Besonderes mitteilen will, etwas, dass<br />

sie berührt, sie zum Nachdenken bringt, etwas, dass sie vorher vielleicht noch<br />

nie gehört haben. Ich habe nur keine Ahnung, wo ich danach suchen soll. Ich<br />

habe das Gefühl, alles wäre schon einmal erzählt worden.<br />

Vielleicht machen wir es uns zu schwer und es ist so, dass sich die Worte irgendwann<br />

finden und zu einem Stück der eigenen Persönlichkeit zusammensetzen.<br />

Man müsste nur lange genug darum kämpfen.<br />

Karin Geissler, Brigitte Jaschinski, Brigitte<br />

Milhan, Edith Krosch, Günther Kohl, Anno<br />

Bergmann, Mariana Garcia, Silli, Julia Latzel,<br />

Otto Zimmermann, Marita Simon, Julia<br />

Tauber, Tanja Holtze, Matthias Conrads,<br />

Michaela Kretschmann, Annika Mohr, Heinz<br />

Weinhausen, Kosta D.,Helmut Goldau,<br />

Sabine Wülfing, Gisela Garrasco, Claudia<br />

Over, Tanja Hinz, Kai Eberhardt, Corinna<br />

Faßbender, Susanne Unverdroß, Dorothea<br />

Grießbach, Rainer Kippe, Rosi Janssen,<br />

Sebastian Truxius.<br />

Titel: Günther Kohl<br />

Layout: Dorothea Grießbach, Günther Kohl,<br />

Mariana Garcia.<br />

Auflage / Vertrieb 4000 Exemplare,<br />

in Mülheimer Geschäften<br />

Redaktionsadresse: Tel.: 0221/30 249 733<br />

muelheimer-stimmen@neuer-humanismus.de<br />

V.i.s.d.P. Mariana Garcia - Mega-Herz e.V.<br />

Windmühlenstr. 111a · 51063 Köln<br />

Die “Mülheimer Stimmen” wird ehrenamtlich<br />

von Nachbarn für Nachbarn gemacht.<br />

Die Verantwortlichen der Zeitung sind<br />

Humanisten.<br />

Die Zeitung finanziert sich durch die Anzeigen<br />

von Geschäftsleuten aus dem Stadtviertel,<br />

die damit einen großen Beitrag zur<br />

Realisierung dieser Zeitung geben.<br />

Die Zeitung steht allen Nachbarn aus dem<br />

Stadtviertel zur Verfügung, um darin ihre<br />

Meinung, ihre Kritik, ihre Anekdoten zu<br />

veröffentlichen.<br />

Wir freuen uns sehr darüber, dass die Zeitung<br />

von mehr und mehr Initiativen, Gruppen<br />

und Personen benutzt wird, um sich zu<br />

Wort zu melden, zu berichten oder etwas<br />

vorzuschlagen. Nach wie vor denken wir,<br />

dass noch mehr Mülheimer Interessantes zu<br />

berichten haben, Vorschläge, Leserbriefe,<br />

Fotos, etc.<br />

Die einzige Einschränkung, die wir machen,<br />

ist die, keine Texte mit Inhalt, die zu Intoleranz<br />

oder Gewalt auffordern!<br />

Nächstes Redaktionstreffen<br />

Redaktionstreffen<br />

FREITAG 23.07.10 um 19.00 Uhr<br />

Mittwoch 07.08.13<br />

im Bunkers<br />

Café im Kulturbunker<br />

im Purino um 19:00 Uhr


Humanisten 5<br />

Die Wirtschaft hat<br />

den Menschen zu dienen<br />

und nicht umgekehrt<br />

Ein Auszug aus der Eingangsrede<br />

von Tony<br />

Robinson anlässlich des<br />

jährlichen „Global Media<br />

Forum“, das vom 17. bis 19.<br />

Juni in Bonn stattgefunden<br />

hat. Das Thema des diesjährigen<br />

Forums der Deutschen<br />

Welle lautete: „Die<br />

Zukunft des Wachstums/<br />

Wirtschaftswerte und die<br />

Medien“<br />

In seiner Einleitung erklärte<br />

Tony Robinson, dass er sehr<br />

dankbar für den Titel sei, den<br />

die Deutsche Welle dieses<br />

Jahr gewählt hat. Der Zusammenhang<br />

zwischen den<br />

„wirtschaftlichen Werten<br />

und den Medien“ hätte,<br />

so Robinson, zur Gründung<br />

von Pressenza, einer humanistischen<br />

internationalen<br />

Presseagentur, geführt.<br />

Geld ist der zentrale Wert unseres Wirtschaftsystems,<br />

in dem wir leben. Alles dreht sich um<br />

seine Anhäufung, Spekulation und wie man<br />

sich die eigenen Taschen damit füllen kann. In<br />

diesem System hat sich der Wert des menschlichen<br />

Lebens auf der Prioritäten-Skala nach<br />

unten bewegt.<br />

Es sollte für jeden offensichtlich sein, dass<br />

dieses Wirtschaftssystem nicht funktioniert.<br />

Es genügt, sich die weltweiten Armutstatistiken<br />

anzuschauen, um darin die Wahrheit zu<br />

erkennen.<br />

Obwohl es sich in den westlichen Ländern<br />

so anfühlt, als ob das System aufgrund der<br />

gestiegenen Lebenserwartungen, einer mehr<br />

oder weniger guten Gesundheitsversorgung,<br />

guter Bildungssysteme und Zugängen zu<br />

billigen Konsumgütern und Nahrungsmitteln<br />

aus aller Welt, bis hin zum 24-stündigen TV-<br />

Empfang, funktioniert, geschieht das alles auf<br />

Kosten der restlichen Welt.<br />

Die Armut der westlichen Länder des 19.<br />

Jahrhunderts wurde nach Asien und Afrika<br />

exportiert. Die wachsende Mittelschicht sieht<br />

nicht den Effekt, den ihr wachsender Lebensstandard<br />

in den anderen Ländern hat. Diese<br />

wirtschaftlichen Werte führen zu Kriegen und<br />

zu Gewalt, die meisten militärischen Interventionen<br />

der letzten Zeit fanden im Kampf um<br />

Ressourcen statt.<br />

Hier ein paar Beispiele verschiedener Projekte,<br />

die die Saat für eine zukünftige Weltwirtschaft<br />

sein können, die auf dem Wert<br />

menschlichen Lebens basieren:<br />

Viele Softwareprojekte werden von Freiwilligen<br />

der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt<br />

(Beispiel: das offene Betriebssystem Linux).<br />

Die Time Bank (http://timebank.org.uk/) ist<br />

ein weiteres Projekt, das versucht ohne Geld<br />

Dinge in Bewegung zu setzen. Dort kann<br />

man seine Fähigkeiten und Zeit zur Verfügung<br />

stellen und erhält als Gegenleistung<br />

Zeit und Leistungen einer anderen Person. Es<br />

gibt bereits 300 solcher Banken weltweit.<br />

Es gibt Schulen, in denen jeder, der etwas<br />

kann, sei er nun Schüler oder Lehrer, unterrichten<br />

kann.<br />

Unser Fokus sollte auf Frieden und Gewaltlosigkeit<br />

liegen und im Kampf auf alle Arten<br />

der Diskriminierung und der Entwicklung der<br />

Menschen und Menschheit im Allgemeinen. Es<br />

gibt eine Notwendigkeit dies zu tun, weil gerade<br />

diese Nachrichten von den Mainstream-<br />

Nachrichten nicht genügend verbreitet werden.<br />

Es gibt jedoch viele inspirierende Dinge,<br />

die auf der Welt geschehen.<br />

Anzeige 92 x 45mm 19.11.2008 12:53 Uhr Seite 1<br />

Auffallend Anders.<br />

Eine spekulationsfreie, zinslose Bank nach<br />

dem JAK Modell (www.jak.se).<br />

Der Ökonom Guillermo Sullings, der im<br />

Jahr 2000 das Buch „Über den Kapitalismus<br />

hinaus: Mischökonomien“ geschrieben hat,<br />

führt an, wie die Menschen in der derzeitigen<br />

Wirtschaft dazu angehalten werden, mehr<br />

und mehr zu konsumieren. Diese Vorgehensweise<br />

hat millionen Menschen weltweit<br />

dazu gebracht, sich bis an ihr Lebensende<br />

zu verschulden. Sullings erklärt, dass es in<br />

diesem Moment, in dem alle bekannten Wirtschaftssysteme<br />

sich in der Krise befinden,<br />

notwendig ist, die Wirtschaft wieder in den<br />

Dienst des Menschen zu stellen und nicht<br />

umgekehrt.<br />

(übersetzt von Marita Simon)<br />

Dellbrücker Hauptstrasse 109 · 51069 Köln/Dellbrück<br />

Telefon 0221 . 6 11 9 2 2


6 Titel<br />

Zirkusprojekt<br />

,,Kannst du nicht“ war gestern!<br />

Unter diesem Motto stand die diesjährige<br />

Projektwoche der Kath. Grundschule Horststraße<br />

vom 17.-22. Juni. Bereits im Frühjahr<br />

2009 fand in Zusammenarbeit mit dem<br />

Kinderzirkus Zappzarap ein solches Projekt<br />

statt. Motiviert durch den großen Erfolg und<br />

sehr viel Spaß für die Kinder entschloss sich<br />

die Schulleitung auch in diesem Jahr für das<br />

Zirkusprojekt.<br />

,,Ausflug in die Zirkuswelt!“<br />

Einen Tag lang bekamen die Lehrer und<br />

Betreuer der Schule unter professioneller<br />

Anleitung zahlreiche Tricks und Kunststücke<br />

beigebracht. Diese wiederum zeigten sie<br />

dann den 330 Schülerinnen und Schülern<br />

in einer großen Lehrshow. Danach durften<br />

die Kinder verschiedene Darbietungen<br />

ausprobieren, um sich schließlich für eine<br />

Zirkusnummer zu entscheiden, die sie dann<br />

in der Projektwoche zusammen mit ihren<br />

Lehrern einübten, um diese bei der Vorstellung<br />

den Eltern, Verwandten und Freunden<br />

zu präsentieren.<br />

Unter den Darbietungen waren z.B. Bodenakrobaten,<br />

Clowns, Fakire, Seiltänzer,<br />

Poispieler, Diabolo-Spieler, Jongleure,<br />

Kugelartisten, Trapezkünstler, Feuerkünstler,<br />

Einrad-Fahrer und viele mehr.<br />

Am Sonntag hatten etwa 30 Mütter und<br />

Väter, Betreuer/Innen, Lehrer/Innen auf dem<br />

Schulhof das große Zirkuszelt aufgebaut, in<br />

dem dann eine Woche lang fleißig geprobt<br />

wurde. Nachts wurde das Zelt von mutigen<br />

und unerschrockenen Eltern und Lehrern<br />

bewacht.<br />

Am Freitag, einen Tag vor der Premiere,<br />

machten die Kinder zwei Generalproben,<br />

bevor am Projekttag selbst, dem 22. Juni,<br />

die 4 Aufführungen stattfanden. Auch für<br />

das leibliche Wohl war rundum ausreichend<br />

gesorgt. Viele Eltern brachten Kuchen,<br />

Salate und andere Köstlichkeiten mit und<br />

halfen tatkräftig bei der Ausgabe von Getränken<br />

und Essen mit.<br />

In dieser Woche hatten die Schüler/Innen<br />

die Möglichkeit, den Schulalltag einmal<br />

ganz anders zu erleben.<br />

Der Sinn eines solchen Projektes ist es,<br />

Kinder zu ermutigen, ihre Stärken kennen zu<br />

lernen und ihr Selbstvertrauen zu steigern.<br />

Sie lernen, im Team zu arbeiten, unterstützen<br />

kleinere und schwächere Mitschüler<br />

und üben, sich aufeinander zu verlassen<br />

und selbst Verantwortung zu übernehmen.<br />

So können sich die Kinder gemeinsam über<br />

Erfolge freuen, den Mitschülern zujubeln<br />

und selbst den wohlverdienten Applaus von<br />

über 300 Zuschauern ernten, vor allem aber<br />

Spaß haben und Spaß weitergeben.<br />

Kai Eberhardt


Nele‘s We lt<br />

Titel<br />

7<br />

Unsere Freundin Mariana war hell begeistert,<br />

und mir hat es auch sehr gut gefallen.<br />

Eine künstlerische Darstellung mal ganz<br />

anders. Zurückversetzt in die Zeiten des<br />

Stummfilmes. Ja klar, wir sind noch nicht so<br />

alt, dennoch kenne ich einige Stummfilme<br />

und finde sie sehr gut.<br />

Nachdem Mariana Nele im Bunker als Mimo<br />

gesehen hatte, stand fest, dass ein Interview<br />

her muss. Diese Künstlerin muss in<br />

den Mülheimer-Stimmen erwähnt werden,<br />

zumal sie in Mülheim lebt. Da ich neugierig<br />

war, habe ich mich angeboten, das Interview<br />

zu übernehmen.<br />

Montags erhielt ich eine SMS: „Wenn Sie Zeit<br />

haben, können Sie mich heute Abend in<br />

Ehrenfeld bei „Kunst gegen Bares“ sehen.“<br />

Und ich hatte rein zufällig Zeit.<br />

Bei dieser Veranstaltung gab es insgesamt<br />

7 Künstler, die im Publikum saßen und auf<br />

die Bühne wollten, darunter auch Nele. Auf<br />

die Bühne kam eine sehr lebensfrohe junge<br />

Frau, ganz in schwarz gekleidet, nein, sie<br />

hatte keine Trauer, sie hatte ihre Künstlergarderobe<br />

an.<br />

Als „mimische Karaoke“ hat sie dem<br />

Publikum mit dem Lied von „Die Ärzte“ –<br />

„Perfekt“ eine wunderbare, gefühlsbetonte<br />

Geschichte – ohne Worte - erzählt. Es ist<br />

ein neues Werk von Nele, und es war ihre<br />

eigene ganz private Premiere. Das hatte sie<br />

mir im Vorfeld verraten. Ich fand es toll, und<br />

vor allem hatte ich so etwas noch nie zuvor<br />

gesehen.<br />

Als Zugabe hat sie dem Publikum eines<br />

ihrer bereits bekannten Stücke zum Besten<br />

gegeben.<br />

„Gänseblümchen“, von GanzSchönFeist.<br />

Persönliche Kommentare aus dem<br />

Publikum hatten ihr nach dem<br />

Auftritt geraten, beim nächsten<br />

Mal erst das bekannte Stück zu zeigen und<br />

dann erst ein neues zu präsentieren. Das<br />

hätte den Vorteil, dass die Nervosität schon<br />

mal weg ist. Ich persönlich habe keinen<br />

sehr großen Unterschied an der Qualität<br />

bemerkt, außer vielleicht, dass das zweite<br />

Stück flüssiger präsentiert wurde.<br />

Nach der Veranstaltung habe ich mich<br />

mit Nele unterhalten. Als erstes wollte ich<br />

wissen, wie sie auf die Idee gekommen ist,<br />

„mimische Karaoke“ vorzuführen. Wie sie<br />

überhaupt auf diesen Beruf der Clownin<br />

und Pantomimin gekommen ist und ob sie<br />

davon tatsächlich leben kann.<br />

Nele hat mir dann erzählt:<br />

„Nach dem Abitur in einem kleinen Dörfchen<br />

in der Nähe von Köln bin ich losgelaufen,<br />

mir meinen Kindheitstraum von<br />

der roten Nase zu erfüllen. Nach intensiver<br />

Arbeit, wertvollen Erfahrungen und einer<br />

furiosen Entdeckungsreise zu meiner<br />

Clownin habe ich meine Ausbildung an der<br />

„Schule für Clowns“ erfolgreich abgeschlossen.<br />

Mit Conzilia im Gepäck führte mich<br />

mein Weg nach Berlin auf „Die Etage“, um<br />

dort eine Weiterbildung in der Pantomime<br />

zu machen. Diese ist mein wichtigstes<br />

Handwerkszeug geworden, denn durch sie<br />

kann ich in verschiedene Rollen wechseln<br />

und Geschehnisse sichtbar machen, die<br />

sonst nur in meiner Phantasie existieren.<br />

Mittlerweile habe ich mich, in Berlin und<br />

nun hier in Köln, als freischaffende Clownin<br />

und Mimin etabliert und freue mich immer<br />

auf neues Publikum, welches ich, ob groß,<br />

ob klein, mit meinen Geschichten berühren<br />

darf. Denn als das verstehe ich mich, als<br />

visuelle Geschichtenerzählerin, die aufruft,<br />

die eigenen Augen zu öffnen - für das Reich<br />

der Phantasie.“<br />

In diesem Sinne möchte ich gerne noch ein<br />

– zwei Sätze aus Ihrer Homepage zitieren:<br />

„Ich will nicht die Welt verändern, ich will<br />

Geschichten erzählen.“ Von Otfried Preussler.<br />

Von Nele „Kommen Sie mit. Ich lade Sie ein:<br />

in meine Geschichten, in meine wWelt!“<br />

Und auch das hat mir Nele verraten:<br />

„Wenn sie als Kind in einem Zirkuszelt saß,<br />

hat sie die Clowns mit leuchtenden Augen<br />

bewundert und sich gewünscht, eines Tages<br />

auch Clownin zu sein, um diese leuchtenden<br />

Kinderaugen hervorbringen zu können.<br />

Heute weiß sie, sie hat sich diesen Traum<br />

erfüllt, denn sie hatte bereits das Glück,<br />

nach ihrem Auftritt in solche leuchtenden<br />

Kinderaugen schauen zu dürfen.<br />

Auf meine Frage, was Nele den Lesern und<br />

Leserinnen der Mülheimer-Stimmen mit auf<br />

den Weg geben möchte, habe ich folgende<br />

Antwort erhalten:<br />

„Es ist wichtig, eigene Ideen durchzusetzen,<br />

nicht immer den „normalen“ Weg zu<br />

gehen.“<br />

Sie selbst will im Alter sagen können, dass<br />

sie zu mindestens alles versucht hat, um ihre<br />

Träume zu leben.<br />

Sie findet es sehr wichtig, dass man auch in<br />

schwierigen Zeiten sich nicht ablenken lässt,<br />

sondern dabei bleibt und seine Träume<br />

verwirklicht.<br />

Wann Sie Nele live erleben können, entnehmen<br />

Sie bitte aktuell ihrer Homepage<br />

www.NelesWelt.de<br />

Viel Spaß wünscht Silli


8<br />

Beiträge<br />

Der Guilleaume-Garten entsteht<br />

Nachbarschaftsinitiative für eine verwahrloste Grünfläche<br />

Text: Tanja Holtze<br />

Fotos: Matthias Conrads<br />

„Es hat mich einfach angefallen“, gibt der junge Hobbygärtner<br />

Matthias Conrads preis. Er sei an dem verwilderten Grünstück in seiner<br />

Straße vorbei gegangen, habe gestutzt und sich die hüfthohen<br />

Brennnesseln und den dichten Löwenzahn angeschaut.<br />

Der nach nichts aussehende Platz drängte sich in seiner penedie<br />

gemeinsame Sache begeistern. „Auch, wenn Sie nur ein paar<br />

Setzlinge beisteuern wollen, sind Sie herzlich willkommen!“, erfahren<br />

Neugierige allen Alters. Und in der Tat, bereits jetzt sprießen Fette<br />

Henne, Zitronenmelisse und Ringelblumen aus Dellbrück an Ort<br />

und Stelle. Während eine kleine Dreiergruppe in der Abendhitze der<br />

letzten Tage gräbt, hackt und dabei viel lacht, steuern ältere Damen<br />

mit Einkaufstüten Kräuter bei und immer mehr Nachbarn kündigen<br />

ihre Mithilfe an. Die Beteiligten haben eine Vision: Jeder, der<br />

mitmacht, kann mitträumen, mitgestalten, mitmachen. „Ich stelle<br />

mir ein Schachbrett vor aus Stein“, sinniert Conrads. „Wir könnten auch<br />

einen kurvigen Weg ziehen, der zu hinter Büschen versteckten Orten<br />

führt“, äußert sich eine beteiligte Pädagogin. Von Sitzgelegenheiten<br />

aus Baumstämmen war schon die Rede, von bestreuten Wegen und<br />

einem kleinen Hügel. Auch den Nachbarhunden will man gerecht<br />

werden, indem man Ständer mit Kottüten aufstellen lässt. Ideen und<br />

Motivation sind da, mehr helfende Hände sind immer willkommen.<br />

tranten Verwahrlosung unangenehm auf. „Da kann man doch etwas<br />

draus machen!“, dachte sich Conrads, mobilisierte seine Freundin,<br />

informierte die Stadt Köln und erhielt sofort Unterstützung. Beim<br />

Stichwort Grünflächenpatenschaft gab es sofort grünes Licht.<br />

Nützliche Tipps und Kontakte erhielt er beim NUGK (Netzwerk<br />

Urbanes Grün Köln), das Adressen für Pflanzen-Spender, wie die des<br />

Biogartens Thurner Hof in Dellbrück, vermittelte.<br />

Bald schon flatterten die ersten Rundbriefe mit der Überschrift<br />

„Schön wäre doch viel schöner“ in die Briefkästen der Guilleaumestraße.<br />

Die ersten Interessierten meldeten sich auf der von Conrads<br />

eingestellten Mailadresse guilleaumegarten@web.de . Ein Stadtwinzer<br />

sah vor seinem inneren Auge schon Wein an Palisaden reifen,<br />

eine Landschaftsarchitektin bot sich mit Rat und Tat an, Schaulustige<br />

ließen sich von der offenherzigen Freundin des Initiators für<br />

Wer Lust hat, Teil der Nachbarschaftsinitiative zu werden, melde sich<br />

per E-Mail: guilleaumegarten@web.de<br />

Oder auf Facebook:<br />

www.facebook.com/guilleaumegarten.buchheim


Beiträge 9<br />

Dieses Projekt ist vor fast einem Jahr von Brigitte Milhan ins Leben<br />

gerufen worden. Wir hatten diesbezüglich in der vorherigen Ausgabe<br />

ausführlich berichtet.<br />

Nun war es endlich so weit. Am Samstag, den 25. Mai 2013 wurde<br />

die Wiese besät. Viele Vorbereitungen mussten getroffen werden,<br />

um diesen Tag erfolgreich zu gestalten. Selbst das Wetter hat unsere<br />

positiven Gedanken getragen, sodass uns bis zum späten Nachmittag<br />

die Sonne begleitet hat.<br />

Es trifft mich wie ein Schlag,<br />

mein Herz beginnt zu bluten …<br />

als ich sah, dass unsere heranwachsende, schon mit jungen Blüten<br />

versehene Sommerblumenwiese ratzekahl abgemäht wurde. Selbst<br />

die schon größeren Sonnenblumen. Die ganze Arbeit umsonst. Nun<br />

haben die Blumen keine Chance mehr zu wachsen und ihre Samen<br />

zu vermehren. Wir sind sehr enttäuscht und sehr sehr traurig. Wie<br />

soll da Mülheim blühen können???<br />

Wir geben nicht auf<br />

Bereits in der Ausgabe 194 hatten wir über die 12 Kinder der Kath.<br />

Grundschule Langemaß und ihr Engagement im Rahmen “Mülheim<br />

soll blühen” geschrieben. In der ersten Runde hatten die Kinder<br />

unter schwierigen Bedingungen pro Baumscheibe 2 Pflanzen gepflanzt.<br />

Leider sind diese durch andere Kids wieder herausgerissen<br />

worden bzw. vertrocknet.<br />

Die Stadt Köln hat auf Hinweis die Erde der Baumscheiben gelockert<br />

und somit leider die einzige verbleibende Pflanze weggemacht. In<br />

der nun lockeren Erde konnten die Kids neue und vor allem größere<br />

und mehrere Pflanzen setzen.<br />

Zwei Säcke Saatgut, ein großer Haufen Sand und viele Helfer haben<br />

sich am Samstag um 12 Uhr auf der Wiese Genovevastraße / Clevischer<br />

Ring versammelt. Und wie es bei uns „Mülheimer Stimmen“<br />

so üblich ist, war auch gleich ein wenig Chaos im Gange. Doch<br />

nachdem kurz um Ruhe und Aufmerksamkeit gebeten wurde, erklärte<br />

man uns, wie man am besten sät und was es mit dem Sand<br />

auf sich hat.<br />

Zuerst musste die Erde ein wenig gelockert werden, dann kamen<br />

die Samen und zu guter Letzt der Sand. Die Teams hatten sich<br />

schnell gefunden, und so waren wir binnen 2 Stunden fertig. Der<br />

Samen und der Sand waren gleichmäßig verteilt und wir alle kaputt<br />

und glücklich. Natürlich durften die Gruppenbilder nicht fehlen.<br />

Und was noch super war, wir wurden sogar von einem richtigen<br />

Fernsehteam begleitet. Der Sender „Center-TV“ hat uns gefilmt, hat<br />

Passanten befragt und eine kleine Reportage über unser Projekt<br />

„Mülheim soll blühen“ im Internetfernsehen veröffentlicht.<br />

Nach getaner Arbeit haben wir uns im Kulturbunker zusammengefunden<br />

und gegrillt. Nun warten wir, zusammen mit Euch, auf die<br />

wunderschönen Sommerblumen. Wer genau hinschaut, kann erkennen,<br />

dass derzeit nicht nur Wiese auf der Fläche wächst. Lassen<br />

wir uns überraschen.<br />

Eure Silli<br />

Zusätzlich haben sie Holzschilder gebastelt, um auch die Hundebesitzer<br />

anzusprechen, doch bitte den Kot der Hunde zu entsorgen.<br />

Leider, sind mittlerweile die Schilder zerstört, einige Pflanzen überfahren<br />

und die Hundehaufen wieder reichlich in den bepflanzten<br />

Baumscheiben vorhanden. Dabei sieht doch die Welt mit bunten<br />

Blumen und sauberen Baumscheiben viel schöner aus. Warum<br />

erkennen das die Hundbesitzer und Müllwegwerfer denn nicht?<br />

Nun stehen auch noch die Sommerferien vor der Tür und die<br />

Pflanzen brauchen gerade in dieser Zeit Wasser. Hier bitten die Kids<br />

die Anwohner der Langemaß, auch in ihrem eigenen Interesse, das<br />

Gießen der Pflanzen zu übernehmen.<br />

Es bleibt die Hoffnung, auf blühende und saubere Baumscheiben<br />

der Langemaß und somit darauf, eine saubere Straße / Schulweg zu<br />

haben.<br />

Foto Sebastian Truxius


10<br />

Beiträge<br />

Der CARLsGARTEN<br />

Kraut und Rüben vorm Theater<br />

Von Michaela Kretschmann<br />

Im August 2013 startet der neue Intendant Stefan Bachmann mit<br />

seinem Team in seine erste Spielzeit am Schauspiel Köln. Da das<br />

Schauspielhaus am Kölner Offenbachplatz wegen einer dreijährigen<br />

Sanierungs- und Umbauphase bis Mitte 2015 geschlossen<br />

bleiben wird, beginnt die neue Intendanz mit einem zweijährigen<br />

Interim und einem neuen Ort: Die ersten zwei Spielzeiten wird das<br />

neue Team im rechtsrheinischen Mülheim auf dem Gelände des<br />

ehemaligen Kabelwerkes der Firma „Felten & Guilleaume“ beheimatet<br />

sein. Dort bezieht es mit dem „Depot“ die ehemalige Produktionshalle<br />

des Kabelwerkes, in der zwei Spielstätten eingerichtet sein<br />

werden. Und es errichtet einen Garten! Auf dem Vorplatz zu den<br />

beiden Hallen hat das Schauspiel Köln bereits mit der Einrichtung<br />

des CARLsGARTEN begonnen.<br />

Materialien. Die Projektleiterin Melanie Kretschmann und das<br />

Gartenteam, bestehend aus Mitarbeitern des Theaters und Kölner<br />

Anwohnern, pflegen den Garten.<br />

Der CARLsGARTEN bietet Platz für viele. Und er bietet Platz für Unterschiede.<br />

Die Macher des CARLsGARTEN werden versuchen, allen,<br />

die mitmachen wollen, Raum und Infrastruktur zur Verfügung zu<br />

stellen. Die Mülheimer sind dabei ausdrücklich eingeladen, Pflanzen<br />

aus ihren Herkunftsländern mitzubringen, einzupflanzen und zu<br />

pflegen: vielfältige Bepflanzung einer vielfältigen Anwohnerschaft.<br />

Mit Unterstützung und Expertise der Macher des Berliner Prinzessinnengartens<br />

wurden mehrere hundert Pflanzgefäße aus Paletten,<br />

Holzkisten, Körben und Säcken vorbereitet, mit Erde befüllt und mit<br />

Setzlingen, die zuvor mit Hilfe zahlreicher Mitarbeiter der Kölner<br />

Bühnenbetriebe gezogen wurden, bepflanzt. Die Bühnenbildnerin<br />

Cordula Körber hat eine praktisch-künstlerische Grundgestaltung<br />

des Platzes entworfen, die bereits in Teilen umgesetzt wurde.<br />

So schirmen alte Transportcontainer den offenen Platz etwas ab<br />

und dienen zugleich als Aufbewahrungsort für Gartengeräte und<br />

Natürlich muss das gemeinsame Pflanzen gelernt werden. Nicht<br />

jeder kennt alle Pflanzen, und nicht jeder weiß, welche Pflanze wie<br />

zu pflegen ist. Geplant sind daher regelmäßige Workshops. Workshops<br />

von den Machern des Gartens und den Gartenexperten, aber<br />

auch andersherum: Workshops von den Gartengestaltern aus der<br />

Nachbarschaft, die ihre Pflanzen und ihre Gartenkunst vorstellen.<br />

So entsteht der Garten tatsächlich gemeinsam und in gegenseitiger<br />

Hilfe und mit gegenseitiger Qualifizierung.<br />

Der CARLsGARTEN ist vorwiegend ein Nutzgarten. Und das, was<br />

dort wächst und geerntet werden kann, gehört natürlich denen, die<br />

es angepflanzt und gepflegt haben. Und überhaupt gehört zum urbanen<br />

Gärtnern nicht nur das gemeinsame Pflanzen, sondern auch<br />

das gemeinsame Ernten, Kochen und Essen unbedingt dazu.<br />

Viele dieser Feste sollen gemeinsam ausgerichtet werden und öffentlich<br />

sein, so wie der Garten immer ein öffentlicher Ort ist.<br />

Informationen zu aktuellen Aktionen unter<br />

www.facebook.com/Carlsgarten und<br />

www.schauspielkoeln.de/spielzeit2013/carlsgarten.html


Beiträge 11<br />

Was, du wohnst in Mülheim?<br />

Die Gottesanbeterin<br />

„Oma, Papa meint, zu deinem nächsten<br />

Geburtstag solltest du nur Bienen,<br />

Hummeln, Wespen und Hornissen<br />

einladen.“<br />

„Ach, und will er dann auch kommen?“<br />

„Nöö, das kann ich mir nicht vorstellen, bei<br />

seiner Paranoia gegenüber allem was klein<br />

ist und fliegt.“<br />

„Wir könnten ihm ein Imkernetz<br />

zur Feier des Tages leihen.“<br />

„Du bist gut, mach du deine Witze. Ich bin<br />

sauer auf Papa.“<br />

„Sauer? Warum bist du sauer?“<br />

„ Och, immer diese Leier, du könntest keine<br />

Ruhe geben, du wärst viel zu alt, und er<br />

findet es peinlich, dass seine Mutter sich<br />

noch mit so Sachen beschäftigt, die …..“<br />

„Ach Schatz, ist nicht schlimm,<br />

Papa redet manchmal so. Da musst<br />

du dir keine Gedanken machen.“<br />

„Mach ich mir aber. Ist doch toll<br />

deine Idee, Mülheim soll blühen.“<br />

„Ist ja nicht nur meine Idee.<br />

Da machen ganz viele Leute mit.“<br />

„Ich will auch mitmachen, aber Papa sagt,<br />

wenn ich da mitmache, kauft er sich eine<br />

Spraydose gegen Ungeziefer. Der spinnt<br />

doch!“<br />

„Ich erzähl dir mal was.<br />

Als Papa so alt war wie du, sind wir immer<br />

in ein kleines Dorf in Kroatien gefahren.<br />

Dort verbrachten wir unsere Ferien<br />

auf einem ganz kleinen Höfchen, das<br />

mit einem Weinstock überdacht war.<br />

Die Weintrauben hingen so tief,<br />

dass man sich nur auf die Zehenspitzen<br />

stellen musste, um sie zu pflücken.<br />

Wir wohnten als Menschen alleine in<br />

dem kleinen Hof. Aber mit uns wohnten<br />

ganze Gesellschaften kleiner Tiere, die<br />

in den Blättern des Weinstocks ihr zu<br />

Hause hatten, an den Wänden der uralten<br />

Mauern bis unter die Erde. Eines Tages rief<br />

dein Papa ganz aufgeregt „Mama, komm<br />

mal schnell, da ist eine Gottesanbeterin.“<br />

„Eine was?“<br />

„Eine Gottesanbeterin!“<br />

„Eine Gottesanbeterin?<br />

Genau.“ Ich wusste nicht, was er damit<br />

meinte. Ich kam zu ihm, und er zeigte<br />

mir ein großes Insekt, das auf der<br />

blauen Tür saß.“<br />

„Was für eine blaue Tür?“<br />

„Die gehörte zu dem Höfchen, und<br />

auf ihr saß die Gottesanbeterin.“<br />

„Und Papa hat sich nicht geekelt?“<br />

„Nein, ich wusste nicht einmal,<br />

wieso er dieses Tier erkannt hat.“<br />

„Komisch, Oma. Wenn Papa früher<br />

einmal so war und heute so, werde<br />

ich dann auch so?“<br />

„Du musst nicht immer alles glauben,<br />

was Papa sagt. Wenn das sein Ernst wäre,<br />

würdest du nicht so eine tolle Enkelin sein,<br />

und ich hätte Papa auch nicht mehr lieb.“<br />

„Und was ist aus der Gottes... em, wie hieß<br />

sie noch?“ „ Gottesanbeterin geworden?<br />

Ich weiß es nicht. Sie gehört zu den<br />

Insekten, die hier eigentlich nicht<br />

vorkommen und wenn,<br />

dann sind sie geschützt.“<br />

„Kommt die auch nach Mülheim,<br />

wenn Mülheim blüht?“<br />

„Das weiß ich nicht. Vielleicht? Aber erst<br />

sollen mal all die anderen kommen.“<br />

„Auch die Wespen?“<br />

„Oma, ich hasse Wespen.“<br />

„Klar, auch die Wespen.“<br />

„So ein Pech, dann kann ich dich nicht<br />

zu meinem Geburtstag einladen.“<br />

„Papa hat Recht, Oma, du spinnst.“<br />

Bis die Tage Johanna


12<br />

Senioren<br />

Eine literarische Reise<br />

Friedrich von Schiller<br />

- Fortsetzung<br />

Als nächster großer Literat der Stadt Weimar ist Schiller zu nennen.<br />

Goethe und Schiller sind wie Zwillinge, der Eine wird ohne den<br />

Anderen fast nie genannt.<br />

Während Goethe ein Lebemann war, war Schiller eher ein<br />

Arbeitstier. Er achtete nicht auf sich, arbeitete zu viel und<br />

war sein ganzes Leben lang mit irgendwelchen Krankheiten<br />

behaftet, vor allem mit Tuberkulose.<br />

An seinem Schreibtisch hat er auf jeden Fall die meiste Zeit s<br />

eines Lebens verbracht. Dieser steht hier in seinem Haus in<br />

Weimar. Wenn ich bedenke, wie viel er geschrieben hat,<br />

kommt die Arbeitsfläche mir fast zu klein vor. Ich stelle<br />

mir Stapel von beschriebenem Papier vor, dazwischen<br />

der Aschenbecher mit einer glimmenden Zigarette<br />

oder Zigarre, denn Schillers Laster war neben dem<br />

Spiel der Tabak. Das hätte er besser gelassen,<br />

vielleicht wäre er dann nicht so früh, nämlich mit<br />

46 Jahren, gestorben.<br />

Er hatte ein sehr bewegtes, aber eingeschränktes Leben hinter sich,<br />

bevor er sich der Literatur widmen konnte, so wie er es immer wollte.<br />

Sein erster Aufenthalt in Weimar war<br />

1787. Hier traf er auf Herder und Wieland.<br />

Goethes Bekanntschaft machte er erst<br />

ein Jahr später. Auf beide hat das damals<br />

(noch) keinen großen Eindruck gemacht.<br />

Goethe fühlte sich von dem wachsenden<br />

Ruhm Schillers bedroht. Er fürchtete<br />

wohl um seine Vormachtsstellung. Aber<br />

da brauchte er sich keine Sorgen zu<br />

machen, denn er war der poetische<br />

König von Weimar, war von Wohlstand<br />

umgeben. Schiller hingegen lebte in armen Verhältnissen, hatte<br />

Frau und vier Kinder und war auf Zuwendungen angewiesen. Seine<br />

Frau, Charlotte von Lengefeld, hatte er 1790 geheiratet.<br />

Nach und nach entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zu Goethe<br />

und Schiller siedelte nach Weimar um. Kurz darauf wurde er<br />

aufgrund seiner Verdienste in den Adelsstand erhoben.1805 ist er<br />

gestorben.<br />

Obwohl nach seinem Tod sein Skelett verloren gegangen ist, denn<br />

man stellt fest, dass die Gebeine in dem Sarg nicht die seinen<br />

waren, hat man sich entschlossen,<br />

den leeren Sarg in der Fürstengruft<br />

zu belassen.<br />

Das ist ein Stoff, da könnte man<br />

einen Krimi drüber schreiben. Aber<br />

die Einzelheiten über sein Leben<br />

und seinen Tod hätte ich nie in<br />

Erfahrung gebracht, wenn ich nicht<br />

nach Weimar gefahren wäre.<br />

Anfänge der Weimarer Zeit<br />

Stadtleben<br />

Bevor ich zu meinem nächsten<br />

Literaten komme, möchte<br />

ich euch etwas von der Stadt<br />

Weimar zeigen.<br />

Dies ist das Rathaus. Es wurde<br />

1841 im neugotischen Stil<br />

erbaut. Der Platz davor ist sehr<br />

groß und bietet sich zu Markttagen<br />

an, dann ist hier ein buntes Treiben, und über allem<br />

erklingt das Glockenspiel. Auf dem Platz sind Cafés, in denen ich<br />

das eine oder andere Mal gerne gesessen und mich in das alte<br />

Weimar zurückversetzt gefühlt habe. So viel hat sich ja gar nicht<br />

verändert. Um den Platz herum sind interessante Gebäude.<br />

Kränze<br />

Grabpflege<br />

Grabneuanlagen<br />

Hier z.B. das Lucas-Cranach-<br />

Haus, Renaissance. Cranach<br />

hat von 1552 bis zu seinem Tod<br />

1553 hier gewohnt.<br />

Friedhofsgärtnerei<br />

Werner Schatz<br />

Tel./Fax 0221/ 61 05 66<br />

Berg. Galdbacher Str. 86<br />

51065 Köln-Mülheim


Senioren 13<br />

Rezepte<br />

Das Hotel Elephant, das<br />

schon seit 1696 hier steht,<br />

erfüllt höchste Ansprüche.<br />

An diesem Haus steht die<br />

„sinnvolle Anfrage:<br />

„Wenn Sie das Leben kennen,<br />

geben Sie mir doch bitte<br />

seine Anschrift.“<br />

An vielen Häusern kann man ähnliche Sprüche lesen.<br />

Weimar ist auf jeden Fall eine Stadt, in der Kultur greifbar<br />

nahe ist. Nicht langweilig und theoretisch, nein, ich bin mittendrin,<br />

fühle und erspüre das damalige<br />

Leben, bin allen diesen berühmten<br />

Persönlichkeiten, die hier gelebt<br />

und gearbeitet haben, so nah.<br />

Kaisersalat<br />

2 Pfund gekochte Kartoffeln, 2 gekochte Möhren, 2 gekochte<br />

Sellerieknollen, 2 gekochte Petersilienwurzel, 2 Salzgurken.<br />

Alles in Würfel geschnitten, dann mit Essig, etwas Wasser,<br />

geriebener Zwiebel, etwas Zucker durchziehen lassen. Zuletzt<br />

mit Mayonnaise oder Remouladensauce übergießen.<br />

Gyros-Auflauf „a la“ Rosi<br />

Ich habe mir Zeit gelassen und vieles<br />

entdeckt, was versteckt war: hier eine<br />

Skulptur, dort ein Brunnen oder eine<br />

Inschrift.<br />

In der nächsten Ausgabe gibt es eine<br />

Fortsetzung.<br />

Text und Fotos: Brigitte Jaschinski<br />

1 kg gewürztes Gyrosfleisch anbraten, in eine Auflaufform<br />

füllen. 500 gr Spätzle nach Anweisung kochen, über das<br />

Fleisch geben<br />

1 Becher süße Sahne<br />

1 Becher Joghurt<br />

1 Pk. Thomys Hollandaise<br />

alles miteinander verrühren, und geriebenen Käse über den<br />

Auflauf streuen.<br />

Im Backofen, Umluft 180° C, ca. 35 - 40 Min. backen,<br />

bis der Käse geschmolzen und leicht gebräunt ist<br />

Ristorante Palazzo<br />

Italienische Küche<br />

der besonderen Art<br />

Clevischer Ring 3- 51063 Köln<br />

Tel.: 0221 620-1889<br />

Neue Öffnungszeiten:<br />

Mo-Sa: 12:00 – 23:00 Uhr<br />

So + Feiertage: 14:00 – 23:00 Uhr<br />

Kein Ruhetag<br />

Separate Raucher Zone!<br />

Täglich wechselnde Highligts!<br />

Rat und Hilfe<br />

im Trauerfall bei<br />

Tag und Nacht!<br />

Letzte Wege –<br />

Wir an Ihrer Seite<br />

Das Bestattungshaus<br />

in Köln-Mülheim<br />

E. Maus<br />

seit 1878<br />

Eigene Trauerhalle<br />

und Abschiedsraum<br />

Regentenstraße 85 · 51063 Köln<br />

Telefon 0221 - 613725<br />

info@maus-koeln.de<br />

www.maus-koeln.de


14<br />

Beiträge<br />

Gemeinsam gegen<br />

rassistischen Terror<br />

Überall in den Medien hört man derzeit das Für und Wider um die<br />

Größe des Gerichtsraumes im Neonazi-Prozess. Ein Thema, welches<br />

sicher bei vielen von uns zuvor lange brach gelegen hat. Und nun,<br />

nun ist es in aller Munde.<br />

Gleichzeitig jährt sich nun schon zum zwanzigsten Male der<br />

Anschlag auf das Wohnhaus in Solingen, in dem 5 Menschen<br />

starben. Hier bei uns direkt in der Nachbarschaft, in der Keupstraße,<br />

wurde vor 9 Jahren ein Anschlag mittels einer Nagelbombe verübt.<br />

Die Zeit ist günstig, noch mehr Proteste durchzuführen, noch<br />

mehr Menschen wach zu rütteln, zu gedenken - der vielen Opfer,<br />

die diese Anschläge nicht überlebt haben oder verletzt wurden.<br />

Es ist genau der richtige Zeitpunkt, an dem verschiedene Akteure<br />

sich zusammen getan und eine Erinnerungsveranstaltung in der<br />

Keupstraße durchgeführt haben.<br />

„Zwei Minuten Stillstand“<br />

Mülheim gegen Rassismus<br />

von Claudia Over<br />

„Halt an und denke“ - unter diesem Leitsatz versammelten<br />

sich am Freitag, den 28. Juni um 11.00 Uhr, in der Mülheimer<br />

Keupstraße trotz Dauerregen rund 150 zumeist jüngere Menschen,<br />

um mit zwei Schweigeminuten gemeinsam ein stummes, aber<br />

nichtsdestoweniger machtvolles Zeichen gegen Rassismus und<br />

Gewalt zu setzen. 120 Sekunden Besinnung in Gedenken an die<br />

Opfer von Krieg, Verfolgung, Rassenwahn und Intoleranz. Zwei<br />

Minuten aber auch zur Selbstreflektion, sich aktiv für ein gelebtes<br />

Miteinander der Kulturen und gegen Diskriminierung einzusetzen.<br />

Halte an und handle - sollte das Fazit jedes einzelnen aus dieser<br />

Aktion der israelischen Künstlerin Yael Bartana lauten, das im<br />

Rahmen des Theaterfestivals „Impulse Theater Biennale 2013“ als<br />

konzertiertes öffentliches Projekt, eigentlich ganz Köln umspannen<br />

sollte.<br />

Foto Tanja Hinz<br />

Foto Karin Geissler<br />

Und als ob das Thema nicht schon mies genug wäre, hat es an<br />

diesem Mittwoch, dem 29.05.2013, geschüttet wie aus Eimern.<br />

Und trotzdem sind die Menschen gekommen. Menschen aus den<br />

unterschiedlichsten Nationen. Deutsche, Türken, Persianer und viele<br />

andere, Seite an Seite haben sie gemeinsam unter Regenschirmen<br />

oder in Regenkleidung diese Kundgebung begleitet. Haben<br />

gemeinsam zugehört, getrauert und gehofft. Hoffen auf<br />

bessere Zeiten, auf Zeiten ohne Morde, ohne Fremdenhass und<br />

Ausgrenzung, hoffen auf die Sonne und ein schönes gemeinsames<br />

Miteinander, so wie bei dieser Kundgebung.<br />

Silli<br />

Während die Erwartungen der<br />

Veranstalter am Roncalliplatz<br />

in der Innenstadt ,dem zweiten<br />

zentralen Veranstaltungsort,<br />

wegen der geringen Resonanz<br />

enttäuscht wurden, zeigten<br />

sich die Initiatoren von der<br />

Umsetzung in Mülheim umso<br />

mehr begeistert. Kuratorin<br />

Dr. Stephanie Wenner<br />

befand bei der abendlichen<br />

Podiumsdiskussion im Hörsaalgebäude der Universität die<br />

Aura in der Keupstraße gar als einen „Moment von Schönheit“.<br />

Maßgeblichen Anteil an der wirklich anrührenden Stimmung<br />

hatten insbesondere die zahlreich erschienenen Schülerinnen und<br />

Schüler, sowie das Lehrerkollegium der Mülheimer Elly-Heuss-<br />

Knapp Realschule. In Zusammenarbeit mit der Künstlerin und<br />

dem Projekt Management lag die Umsetzung des Projekts in ihrer<br />

Verantwortung. So verwandelte sich die Keupstraße - untermalt<br />

von sirenenartig heulendem Trompeten- und Saxophongewitter<br />

und einer wahren Flut rot-schwarzer „Denkzettel“ - im Dunst des<br />

Nieselregens für zwei Minuten in ein tönendes Mahnmal.<br />

Durch ihre unvoreingenommene Herangehensweise<br />

an das Thema gelang den Schülern, was der<br />

Intention Yael Bartanas wohl am nächsten kam,<br />

womit sich aber ihre Kritiker schwer taten - der<br />

Übertragung des israelischen Rituals , dem Jom<br />

haSho’a zu Ehren der Opfer des Holocaust, in<br />

einen ganz generellen Appell für Gewaltlosigkeit.<br />

Gedanken wie “Ich frage mich, warum die<br />

Menschheit so weiter macht und nichts aus dem<br />

kriegen gelernt hat. Und ich denke daran, wie ich<br />

als einzelne Person mein eigenes Umfeld positiv<br />

beeinflussen kann, damit die Welt wenigstens etwas<br />

friedlicher wird” (G., 16 Jahre), oder: “Ich denke an<br />

meinen Ur-Opa, den ich noch nie gesehen habe und<br />

der im Krieg gestorben ist. Er war 26 Jahre alt” (T., 12<br />

Jahre), oder auch “Ich denke an die Armen” und “Ich<br />

denke an Obdachlose, die kein Zu hause haben und<br />

in der Kälte schlafen müssen” (M. 15 Jahre) zeigen,<br />

dass die Jugendlichen die Message des Projekts<br />

verstanden haben.


Beiträge 15<br />

Spatenstich zum Umbau<br />

der Frankfurter Straße<br />

in Köln-Mülheim<br />

Blutige<br />

Aussichten<br />

Von Heinz Weinhausen<br />

- Eingekürzter Text<br />

Mit dem ersten Spatenstich am 21.<br />

Mai startete nun offiziell der Umbau<br />

der Frankfurter Straße, der Mülheimer<br />

Geschäftsstraße Nummer 1.<br />

Klar ist schon jetzt, dass es alles<br />

andere als die angekündigte und vom<br />

Kölner Stadtrat noch im Jahre 2009<br />

beschlossene Flaniermeile werden wird,<br />

sondern dass es bei der jetzigen Automeile<br />

bleiben wird.<br />

Statt erhoffter Verbreiterung wird den<br />

Fußgängern sogar noch der Bürgersteig<br />

gekürzt. Klar ist auch, dass sich mit einer<br />

alleinigen Aufhübschung der Rush-Zone<br />

der Niedergang nicht aufhalten lassen wird,<br />

die Trading-Down-Situation wird bleiben.<br />

Dies ist auch den Anwohnern schwer<br />

zu vermitteln, die zu 100 % zur Kasse<br />

gebeten werden, während die Stadt sich<br />

für den Umbau gerne die EU-Fördermittel<br />

auszahlen lässt.<br />

Die Initiative „Planung von unten“ hatte ein<br />

alternatives Konzept - breite Bürgersteige<br />

und shared space, Radfahrer und Autos auf<br />

eine Fahrspur - vorgeschlagen. Nichts von<br />

alledem wurde beschlossen.<br />

Warum eigentlich Radstreifen?<br />

Entgegen dem von Bürgerinnen und<br />

Bürgern entwickelten Alternativkonzept<br />

werden nun beidseitige Radstreifen gebaut.<br />

Generell sind Radwege auf der Fahrbahn<br />

gefährlich, weil sie von den AutofahrerInnen<br />

nicht gut, teils gar nicht eingesehen werden<br />

können. Der 50 cm Sicherheitsabstand zu<br />

den parkenden Autos ist zu gering.<br />

Die sogenannten Rad-Schutzstreifen<br />

werden außerdem zum Halten und zum<br />

Parken missbraucht. Ständig müssen nun<br />

zukünftig RadfahrerInnen notgedrungen<br />

auf die Fahrbahnmitte ausweichen. Zum<br />

Ein- und Ausparken müssen die PKWs den<br />

Radstreifen kreuzen. Hierdurch sind die<br />

RadfahrerInnen der Sorgfalt der Autofahrer<br />

ausgeliefert.<br />

Nun wurde auch noch die Fahrbahnbreite<br />

auf 2,50 m verkürzt. Busse und LKW‘s sind<br />

aber genau so breit. Mit einer Spiegelbreite<br />

von 2,70 m können sie nicht mehr<br />

aneinander vorbeifahren, ohne auf den<br />

sogenannten Schutzstreifen auszuweichen.<br />

Das kann nicht gut gehen.<br />

Heinz Weinhausen gehört zu den Gründern<br />

der Initiative „Rettet unsere Veedel“ in Köln-<br />

Mülheim<br />

Foto Brigitte Jaschinski<br />

Umgestaltung der<br />

Frankfurter Straße<br />

Die Frankfurter Straße wird im Rahmen<br />

des integrierten Handlungskonzeptes<br />

MÜLHEIM 2020 zwischen Wiener Platz<br />

und Mülheimer Bahnhof umgestaltet<br />

und aufgewertet. Außerdem wird auch<br />

der Bahnhofvorplatz neu gestaltet<br />

und aufgewertet. Die umfangreichen<br />

Bauarbeiten haben am 13. Mai 2013<br />

begonnen.<br />

Die Frankfurter Straße wird dann<br />

zwischen Montanusstraße und Wiener<br />

Platz als Einbahnstraße in Fahrtrichtung<br />

Wiener Platz eingerichtet. Der in<br />

südliche Richtung fahrende Verkehr wird<br />

über die Bergisch Gladbacher Straße<br />

und die Montanusstraße umgeleitet. Die<br />

Umleitung ist vor Ort ausgeschildert.<br />

Bei Fragen zum Straßenausbau stehen<br />

wir Ihnen unter der Telefonnummer<br />

0221 / 221-27108 gerne zur Verfügung.<br />

Stadt Köln<br />

Fragen zu Straßenbaubeiträgen<br />

beantworten wir Ihnen gerne unter der<br />

Telefonnummer 0221 / 221-22745.<br />

Stadt Köln<br />

Trading Down<br />

Der Begriff „Trading Down“ beschreibt<br />

einen typischen Entwicklungstrend eines<br />

Stadtteilzentrums vom vollständigen<br />

Angebot mit pulsierendem Leben hin<br />

zu zunehmenden Leerständen und<br />

ausbleibender Kundschaft. Nicht nur<br />

Leerstände sind ein Indikator für einen<br />

Trading-Down- Effekt.<br />

Auch vermietete Gewerbeeinheiten<br />

können problematisch sein, wenn ihre<br />

Nutzung nicht zur Nachfrage und zum<br />

übrigen Angebot des Standortes passt.<br />

Die Chance ist groß, dass sie zu<br />

potenziellen künftigen Leerständen<br />

werden oder nach und nach hochwertige<br />

Angebote durch Billiganbieter ersetzt<br />

werden. Prominente Beispiele dafür sind<br />

Spielhallen oder Ein-Euro-Läden.<br />

Auch das kann zu einem Imageverfall des<br />

Standortes beitragen.


16 Initiativen und Vereine<br />

HospizVerein Köln-Mülheim e.V.<br />

Die Würde des Menschen ist unantastbar,<br />

so steht es im Grundgesetz.<br />

Und so ist es im kollektiven Bewusstsein<br />

verankert. Aber wie definiert sich Würde,<br />

wenn es um die letzten Dinge geht, wenn<br />

all die persönlichen Attribute, Erfolge<br />

und Erfahrungen nicht mehr gelten? Die<br />

Hospiz-Arbeit hat darauf eine überzeugende<br />

Antwort: In Würde sterben heißt,<br />

selbstbestimmt sein Leben in der Hand<br />

halten, nicht alleine sein müssen, im vertrauten<br />

Umfeld oder in behüteter Atmosphäre<br />

Abschied nehmen dürfen, ohne<br />

Schmerzen, umsorgt und getragen von<br />

Liebe und Anteilnahme. Die meisten Menschen<br />

wünschen sich das. Für viel zu viele<br />

bleibt es eine Illusion. Die Lücke, die hier<br />

zwischen Ideal und Wirklichkeit klafft, ist<br />

erschreckend. Hoffnung macht, dass wir<br />

uns zunehmend dieser Kluft bewusst sind,<br />

und durch immer engere Vernetzung der<br />

Hospiz-Arbeit mit Palliativeinrichtungen<br />

ein Wandel sichtbar wird.<br />

Der Hospiz-Verein Köln-Mülheim e.V. ist einer<br />

von 1500 ambulanten Hospiz-Vereinen<br />

in Deutschland, die an Gegenstrategien<br />

arbeiten. Dreißig ehrenamtliche Mitarbeiter<br />

zwischen fünfundzwanzig und achtzig<br />

Jahren begleiten hier jährlich an die sechzig<br />

Familien, kostenfrei und ohne Ansehen<br />

von Staatsangehörigkeit, sozialem Status<br />

oder Religion. Etwa 1150 Stunden Betreuungszeit<br />

kommen da jährlich zusammen.<br />

Eine sorgfältige Schulung, monatliche<br />

Treffen, Diskussionsrunden und Fortbildungen<br />

in Sterbebegleitung und Trauerarbeit<br />

gehören zum Ausbildungsprogramm<br />

für die Begleiter. Die Begleitungen erstrecken<br />

sich manchmal über Tage, meistens<br />

über Wochen und Monate und selten<br />

sogar über Jahre hinweg. Das ist keine<br />

leichte Aufgabe. „Dennoch bekommen wir<br />

mehr zurück als wir geben“, so eine langjährige<br />

ehrenamtliche Mitarbeiterin.<br />

Die Würde<br />

des Menschen<br />

ist unantastbar“<br />

“<br />

Der Hospiz-Gedanke hat eine jahrhundertelange<br />

Tradition: Im Mittelalter war<br />

ein Hospiz eine Herberge für Bedürftige,<br />

Fremde und Kranke. Das 19. Jahrhundert<br />

griff diesen Gedanken wieder auf. In Lyon<br />

(1842) und Dublin (1879) entstanden die<br />

Vorläufer heutiger Hospiz-Einrichtungen.<br />

Das erste deutsche Hospiz gründete sich<br />

1986 in Aachen. Inzwischen gibt es in<br />

Deutschland 179 stationäre Hospize, 231<br />

Palliativstationen in Krankenhäusern und<br />

Kliniken. Alle arbeiten nach den gleichen<br />

Prinzipien: Der Wille des Kranken ist maßgebend.<br />

Palliative care - das Bemühen um<br />

Schmerzfreiheit und Lebensqualität steht<br />

vor Medical care – auf Heilung gerichtete<br />

Behandlung.<br />

Das Ziel der Hospiz-Bewegung: Für jeden<br />

einzelnen der 800.000 Sterbenden in<br />

Deutschland pro Jahr soll der Hospiz-<br />

Gedanke Realität werden: Sterben ist<br />

Leben bis zuletzt. Der Weg zu diesem Ziel<br />

wird nicht einfach sein. Zwar hat sich auch<br />

in der öffentlichen Wahrnehmung einiges<br />

geändert, Tabuthemen bleiben Tod und<br />

Sterben aber nach wie vor. Vielleicht, weil<br />

wir mit jedem erlebten Tod auch mit der<br />

eigenen Endlichkeit konfrontiert werden,<br />

vielleicht aber auch, weil das, was “danach“<br />

kommt, die große Unbekannte in<br />

unserer leistungsorientierten Zeit bleibt.<br />

Aber das Sterben darf nicht zum Programmpunkt<br />

verkommen, nach dem wir<br />

möglichst schnell wieder zur Tagesordnung<br />

übergehen. Geboren werden und<br />

Sterben sind die großen Momente im<br />

Leben eines jeden Menschen. Sie in Würde<br />

zu erleben ist ein Menschenrecht, auf das<br />

wir nicht verzichten wollen, auf das wir<br />

nicht verzichten dürfen.<br />

Gisela Garrasco<br />

Foto: Stadtkind<br />

Nächste Folge:<br />

Hospiz und Trauerarbeit in Köln Mülheim<br />

Letze Folge:<br />

Leben und Sterben in anderen Kulturen<br />

Hospizverein Köln–Mülheim e.V.<br />

Adamstr. 21 – 51063 Köln<br />

(Liebfrauenhaus)<br />

Telefon: 0221/680 025 32<br />

Sprechzeit:<br />

Mittwochs 9.00 – 14.00 Uhr und<br />

Freitags 9.00 – 12.00 Uhr<br />

E-Mail:<br />

info@hospizverein-koeln-muelheim.de<br />

Weitere Informationen im Netz :<br />

hospizverein-koeln-muelheim.de


Initiativen und Vereine 17<br />

Ein Straßenbahntunnel<br />

wird aufgehübscht<br />

Vom 13. bis 16. Juni 2013 hat die CAJ<br />

Schäl Sick im Rahmen der 72 Stunden<br />

Aktion des BDKJ den Straßenbahntunnel<br />

auf der Heidelberger Straße in Köln-<br />

Buchforst künstlerisch gestaltet.<br />

Ca. 300 Kinder und Jugendliche aus<br />

Schulen, Vereinen und Institutionen<br />

haben die 650 qm Tunnelfläche bemalt.<br />

Unterstützt wurden sie dabei von drei<br />

professionellen Künstlern: Andrea Bryan,<br />

Dirk Schmitt und Klaus Tenner.<br />

Wie bereits 2009 an der S-Bahn-Unterführung<br />

in Buchforst wollten sie mit diesem<br />

Projekt auch dieses Jahr die Bewohner<br />

der Stadtteile Buchheim, Buchforst<br />

und Mülheim zusammenführen, um in<br />

der gemeinsamen Arbeit einen Raum für<br />

Begegnung, Freude und Gemeinschaft<br />

zu schaffen.<br />

Fotos Julia Tauber<br />

Farben Herweg<br />

seit 1932 in Köln-Mülheim<br />

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18<br />

Kolumne<br />

Die Explosion der freien Sicht<br />

Von Anno Bergmann<br />

Die Geschichte der Freiheit ist lang und untrennbar an die Geschichte<br />

der Sprache gebunden. In Jahrtausenden erlernen die<br />

Sprachteilnehmer neue Mittel des Ausdrucks: Was gestern als<br />

undifferenzierte Geste beginnt, ist heute audiovisuell dekodierte<br />

Zeichensequenz auf mobilen Endgeräten. Was vorgestern den<br />

Neandertaler überfordert, ist übermorgen interaktiver Kommunikationsstandard,<br />

den bereits Grundschüler souverän handhaben.<br />

Die Geschichte der Sprache und ihrer Teilnehmer ist auch eine<br />

Geschichte der Entbindung und Auslagerung. Die Technik der<br />

Schrift entbindet ihre Nutzer der überlebenswichtigen Strategie<br />

der Erinnerung, und lagert diese in die neue Technik, den Text, aus.<br />

Die Technik des bewegten Bildes verlagert die Imagination innerer<br />

Bilder, die Intuition auf die Leinwand. Jede neue Kompetenz im<br />

Ausdruck entbindet, d.h. befreit, ihre Nutzer von Notwendigkeiten<br />

und überführt diese in den Modus der Möglichkeit. Nach wie vor<br />

erinnern wir uns oder besitzen Fantasie; aber zunehmend weniger<br />

im Modus der Notwendigkeit. Wir alle können mit der Hand<br />

schreiben, Tastaturen entbinden uns jedoch der Pflicht handschriftlich<br />

kommunizieren zu müssen. Freiheit ist die technisch verfügte<br />

Verlagerung des Müssens ins Können.<br />

Wenn aus Müssen Können wird, bedarf es der Orientierung.<br />

Schließlich müssen im Modus optionaler Vielfalt eindeutige<br />

Bewegungen gefunden werden, da Geschichte andernfalls nicht<br />

erzählt werden kann, ihre Teilnehmer teilnahmslos bleiben. Daher<br />

erfindet sich die Geschichte der Freiheit einen Motor, dessen<br />

Treibstoff der sprachliche Wert ist. Der Motor, das ist die Kultur.<br />

Im Bauplan des Motors, diesem fragilen Komplex sprachlich kodierter<br />

Werte, tritt ein formaler Widerspruch zu Tage. Das Wesen<br />

der Sprache besteht darin, eine sinnstiftende Kombination zeitgleicher<br />

Werte und Nicht-Werte sein zu müssen: Wenn wir „Wir“ sagen,<br />

meinen wir auch „Nicht-Ihr“, und implizieren Weite und Differenz in<br />

der Gleichzeitigkeit von Wert und Nicht-Wert, zwischen „Uns“ und<br />

„Nicht-Euch“. Die Möglichkeit gleichzeitiger Zeichen suggeriert die<br />

Gleichzeitigkeit des Bezeichneten. Doch das Bezeichnete existiert<br />

vor oder nach, niemals in den Zeichen. Wir und Ihr, Du und ich –<br />

wir bleiben im Modus der Hoffnung hoffnungslos Getrennte: Der<br />

formale Widerspruch von Freiheit ist der, dass wir im Status des<br />

Könnens das Nicht-Können können müssen.<br />

Dieser Widerspruch vermag Unfrieden zu stiften, führt zu Missverständnis<br />

und Missbrauch – sofern man die Mühen um dieses letzte<br />

Müssen der Freiheit, die Hingabe an Weite und Differenz, einzugehen<br />

nicht bereit ist. Das Nicht-Können können müssen zu wollen<br />

bedeutet hingegen, die Leistungsgrenzen des Motors anzunehmen<br />

und zu respektieren.<br />

Bleibt dieser Respekt aus, folgt dem formalen zwangsläufig der<br />

inhaltliche Widerspruch, der vorübergehend für mediale Empörung<br />

sorgt. Wenn beispielsweise Geheimdienste im Namen der Freiheit<br />

nicht nur Glasfaserkabel, sondern auch das naive Vertrauen der<br />

Nutzer jener Kabel anzapfen. Wenn Freiheit ihre Teilnehmer des<br />

Risikos entbindet, im „Aufklärungsflug“ über andere Codes hinweg,<br />

Leib und Seele unmittelbar beanspruchen zu müssen. Wenn Freiheit<br />

zum bloßen Verfügungsakt über Raum und Zeit zu werden droht,<br />

auf dass mehr oder weniger wichtige Informationen kodiert und<br />

andernorts dekodiert werden können. Wenn Freiheit Tränengas<br />

zum souveränen Wert erhebt (weil man die Mühen des Dialogs<br />

scheut) und in der Bildschirmdiagonale mobiler Endgeräte bequem<br />

Platz findet.<br />

Dann missversteht, nein, missbraucht Freiheit den Bauplan der<br />

eigenen Motorik. Dann schneidet Freiheit ihren Teilnehmern die<br />

Sprache, die Kraft von Frage und Antwort ab. Aus Teilnehmern<br />

werden, Scheibe um Scheibe, normgerechte Nehmer, Nutznießer,<br />

gerade kompetent genug, sich zu Schwärmen formieren zu können,<br />

nein, zu dürfen. Spätestens dann verzweifelt Freiheit daran, das<br />

Nicht-Können können zu müssen.<br />

Die Geschichte der Freiheit droht damit, rasch in die bequemste<br />

aller Zielgeraden einzubiegen, entlang des gegenstandslosen<br />

Tugendwahns absoluter Identität, vorbei am paranoiden Totentanz<br />

nicht erinnerbarer Fragen und Antworten, hinein ins Feuerwerk<br />

gewesener Imagination.<br />

Irgendwann oder vielleicht, nach der Zerschlagung von Weite und<br />

Differenz, der Explosion der freien Sicht, dem Zauber der Sprache.<br />

Poesie allen Seins.


Beiträge 19<br />

Ein Pfingstnachmittag im Schlosspark Stammheim<br />

Text von DB / Fotos Günther Kohl<br />

An Pfingsten öffnete der Skulpturenpark in Stammheim mit<br />

seiner inzwischen 12. Ausstellungsstaffel erneut seine Pforten.<br />

63 Kunstwerke regionaler und internationaler Künstler sowie<br />

das ausgesprochen sommerliche Wetter lockten viele Besucher<br />

in den Schlosspark Stammheim. Live-Musik, Grillbuden und<br />

Getränkestände trugen zur volksfestartigen Atmosphäre bei.<br />

Nach einer Eröffnungsrede der Bürgermeisterin Angela Spizig<br />

führte die Kunsthistorikerin Romana Breuer zu den neuen<br />

Skulpturen.<br />

In Erinnerung blieben insbesondere das marmorne „Hemdchen“<br />

der Berliner Künstlerin Lisa Tiemann. Tiemann spielt hierbei mit<br />

der Ästhetik des Torsos, indem sie die starre Eleganz des Marmors<br />

zwischen zwei Bäumen hängt und im Wind regelrecht wehen lässt.<br />

Als nicht minder beeindruckend erwies sich die Installation<br />

„Besinnung“ des Leichlinger Künstlers Winfried Gille. Gille hat<br />

25.000 Hüllen von Fürbitte-Kerzen zu Schläuchen montiert und<br />

sie derart an Holzbalken gehängt, dass ein begehbarer Raum der<br />

Andacht und Konzentration entsteht. Die Hüllen der Kerzen wurden<br />

seit 2010 von Kirchengemeinden gesammelt und dem Künstler zur<br />

Verfügung gestellt. Hinter jeder Hülle verbirgt sich entsprechend<br />

ein individueller Akt intimsten Glaubens. Mit „Besinnung“ hat Gille<br />

den ersten Preis des jährlich ausgeloteten Wettbewerbs gewonnen.<br />

Die Betonplastik „Die Wa(r)tenden“ des Arnsberger Künstler-Duos<br />

Stephanie Schröter und Peter Marth hingegen geht weniger<br />

abstrakte, aber nicht minder spannende Wege. Gezeigt werden drei<br />

lebensgroße Figuren, die bis zu den Knien im Gras und einander an<br />

den Händen haltend den beschwerlichen Gang zum Rhein suchen.<br />

Ob sie nun waten oder warten, sich bewegen oder verharren – viele<br />

Kunstwerke im Schlosspark entziehen sich eindeutigen Antworten,<br />

und machen damit den Gang durch den Park zu einem reizvollen<br />

Erlebnis.<br />

Der Park und seine Skulpturen sind ganzjährig und eintrittsfrei zu<br />

besuchen. Jeweils im Frühjahr eines Jahres setzen die Organisatoren<br />

des Parks, die Initiative Kultur Raum Rechtsrhein (KRR), eine<br />

Bewerbungsfrist für Künstler. Nähere Infos für Besucher und<br />

Künstler gibt es unter der Website des Parks<br />

(www.schlosspark-stammheim.com).


20<br />

Initiativen und Vereine<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Familienberatungsstelle in Köln Mülheim bietet kostenlose Sprechstunde<br />

für Mütter und Väter mit Babys und kleinen Kindern.<br />

„Menschenskinder! Was für eine Nacht. Wir können einfach nicht<br />

mehr durchschlafen. Ich bin total erschöpft und weiß nicht mehr<br />

weiter“.<br />

„Menschenskinder! Mein Baby schreit so viel, ich kann es kaum<br />

beruhigen. Außerdem überfordert unser Kind uns mit seinen<br />

Wutausbrüchen“.<br />

Mit solchen oder ähnlichen Fragestellungen stehen gestressten<br />

Eltern in Köln-Mülheim nicht mehr allein.<br />

Seit einem Jahr gibt es die kostenlose Sprechstunde „Menschen(s)<br />

kinder!“ für Mütter und Väter mit Babys und Kleinkindern in den<br />

Räumlichkeiten der Familienberatungsstelle der Christlichen Sozialhilfe<br />

in der Knauffstraße in Köln-Mülheim.<br />

Angesprochen sind vor allem gestresste Eltern und Alleinerziehende<br />

aus Köln und Umgebung, deren Kinder unstillbar nicht in<br />

den Schlaf finden, sich schwer beruhigen lassen oder das Essen<br />

verweigern. Auch exzessives Schreien, ausgeprägtes Trotzen oder<br />

Klammern können Fragestellungen sein, die in der Beratungsstelle<br />

behandelt werden.<br />

Neben dem speziellen Beratungsangebot für die notgeplagten<br />

Eltern kleiner Kinder bietet die Beratungsstelle natürlich<br />

weiterhin Beratung und Unterstützung in allen Fragen<br />

der Erziehung, Partnerschaft und Familie. Den Fachkräften<br />

aus Familienzentren, Schulen und sonstigen Einrichtungen<br />

der Kinder- und Jugendhilfe steht ein umfangreiches<br />

Angebot an Hilfestellungen zur Verfügung<br />

in Form von Elternabenden, Infonachmittagen,<br />

Fallbesprechungen oder Supervisionen.<br />

Die Beratungsstelle arbeitet in einem multiprofessionellen<br />

Team und kooperiert mit Kinderärzten, Kinderund<br />

Jugendlichenpsychotherapeuten, Familienzentren<br />

sowie Physiotherapeuten und Ergotherapeuten.<br />

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!<br />

Susanne Unverdroß<br />

Ho l w e i d e r<br />

An t i k-Ma r k t<br />

Berg.Gladb.Str. 616- Holweide<br />

Tel.: (0221) 63 91 30<br />

Inhaber: Karl Effelsberg<br />

Öffnungszeiten:<br />

Di - Fr 10 - 13 Uhr und 14 - 18 Uhr<br />

Sa 9 - 14 Uhr<br />

Menschen(s)kinder<br />

CSH Familienberatung<br />

Knauffstr. 14 - 51063 Köln Mülheim -<br />

Tel: 0221-6470931<br />

E-Mail: familienberatung@csh-koeln.de


Beiträge<br />

21<br />

Bier oder Brot?<br />

Es war im Jahr 6.375 vor unserer Zeitrechnung,<br />

Keramisches Neolithikum.<br />

Man jagte und sammelte. Unten anderem<br />

Wildgetreidekörner.<br />

Wie man Keramik brennen konnte wusste<br />

man schon; mal so’n kleines Töpfchen<br />

machen, usw.<br />

Einer meiner Vorfahren hatte Getreidekörner<br />

in einem Keramiktopf gelagert, aber es<br />

regnete. Die Körner wurden nass, keimten,<br />

dann kam der zweite Regen.<br />

Der Schluderkopp hatte mal wieder nicht<br />

aufgepasst. Das ganze Zeugs fing an zu<br />

gären. Frau war sauer: „Die Blubberbrühe<br />

können wir jetzt wegschütten!“<br />

Der alte Jäger wollte es aber probieren:<br />

„Kann ich diese Blubberbrühe trinken?“<br />

Gesagt, getan, rein mit der Brühe.<br />

„He“, sagte er sich, „is‘ ja juter Stoff, schmeckt<br />

so mehr oder weniger, aber macht echt<br />

lustig.“ Hat gleich noch seine Kumpels zum<br />

Probieren eingeladen – und – alle fanden<br />

das Gebräu super.<br />

Gleich setzte man ein paar mehr Keramik-<br />

Büchsen an.<br />

Nach sechs Wochen gab es ausreichend<br />

Nährbrühe zum Weiterverteilen.<br />

Weitere Test-Brüder wurden eingeladen:<br />

Der Feuersteinmacher, Pyrit-Spezi und<br />

auch die gesamte Abteilung der Säbeltiger-<br />

Abwehr.<br />

„Na nun mal ran – jetzt mal keine Müdigkeit<br />

vorschützen. Probiert das Blubberwasser<br />

und sagt, wie es euch gefällt.“<br />

„Det is‘ ja echt en Super-Stoff! Da wollen<br />

wir mehr von haben!“ war die einstimmige<br />

Meinung.<br />

„Hm – nich‘ so einfach!“ sagte der Wildschwein-Jäger<br />

nachdenklich, „müssten wir<br />

‘ne Menge Körner sammeln gehen.“<br />

„Na dann lass uns doch ein Stückchen Erde<br />

mit ‘nem Stock auflockern. Körner reinschmeißen<br />

und det wächst dann schon,<br />

dann bräuchten wir nicht ewig lange<br />

sammeln, haben dann das Basis-Material für<br />

das Blubberwasser vor der Haustür“, meinte<br />

Pyrit-Spezi.<br />

Also – man grub gemeinsam ein (aber echt<br />

großes) Stücke Land um und spähte die<br />

Wildgetreidekörner, nun war geduldiges<br />

Warten abverlangt.<br />

Auch mussten größere Keramikgefäße<br />

gebrannt werden, da wurde schon etwas<br />

gemeinsame Organisation erforderlich.<br />

Und das End von die Geschicht‘? Wir hatten<br />

es geschafft, die Bierversorgung für den gesamten<br />

Stamm war gesichert. „Prost Leute!<br />

– Haut weg das Zeugs!“<br />

Otto Zimmermann<br />

Das war der Anfang des Ackerbaus.<br />

So war das damals nun mal bei uns.<br />

Brot wurde erst 1.000 Jahre später<br />

gebacken.<br />

Das Bier hält sich übrigens nicht wegen<br />

dem Hopfen, sondern vor allem wegen des<br />

natürlichen Antibiotikums Tetracyclin<br />

das wussten wir damals jedoch noch nicht.


22<br />

Beiträge<br />

„Jenseits des Tales standen ihre Pferde“,<br />

sangen wir in der Jugendgruppe. Wir saßen<br />

tatsächlich in einem Tal, ein Lagerfeuer<br />

loderte, und Peter begleitete uns auf der<br />

Klampfe, wie damals die Gitarre hieß. Aber<br />

Pferde hatten wir keine, und in dem Lied<br />

waren wir auch nicht gemeint, sondern<br />

Zigeuner, über die wir einige romantische<br />

Lieder kannten.<br />

Wer sich ein bisschen gebildet gab, besuchte<br />

die Operette „Der Zigeunerbaron“<br />

von Johann Strauss, und wem der Weg zur<br />

Oper zu fremd war, der aß auf alle Fälle<br />

im Wirtshaus „Zum kupfernen Kessel“ das<br />

„Zigeunerschnitzel“ oder „Fritten mit Zigeunersoße“.<br />

Jahre später wurde ein Hit von Alexandra<br />

zum Ohrwurm, der noch heute in unseren<br />

Gehörgängen nachwirkt:<br />

„Zigeunerjunge, Zigeunerjunge<br />

sie kamen in uns‘re Stadt.<br />

Die Wagen so bunt, die Pferdchen so zottig,<br />

sie zogen die Wagen so schwer,<br />

- Tam ta ta ta ta tam tam ta tam tam ta tam -<br />

und ich lief hinterher,<br />

immer nur hinterher.<br />

Zigeuner in unsere Stadt.<br />

- Tam ta ta ta ta tam tam ta tam tam ta tam -<br />

kamen in uns‘re Stadt.“<br />

Angekommen. Sie sind in unserer Stadt.<br />

Allerdings heißen sie als Volksgruppe<br />

nicht Zigeuner. Als solche werden sie seit<br />

Jahrhunderten einerseits romantisiert,<br />

“Zigeunerjunge...“, andererseits gehasst<br />

und verfolgt. Im deutschen „Dritten Reich“<br />

gehörten sie zu den Menschen, die in die<br />

Vernichtungslager von Auschwitz und Treblinka<br />

geschickt wurden. Noch in jüngster<br />

Zeit wurde mir in Exjugoslawien in Kreisen<br />

gebildeter Akademiker unterbreitet, Hitler<br />

sei schlimm gewesen, aber die Vernichtung<br />

der Gipsies müsse die Welt ihm danken.<br />

Ihr Volk heißt nicht Zigeuner. Sie nennen<br />

sich Roma oder Sinti, wie wir uns Deutsche<br />

nennen. Modern und reich erscheinen sie<br />

uns in Wohnwagen-Kolonnen, die für kurze<br />

Zeit auf größeren Parkplätzen unserer Städte,<br />

auf Rastplätzen der Autobahn oder in<br />

Feriendomizilen auftauchen.<br />

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Hilfe, die<br />

Zigeuner<br />

kommen!!!<br />

Aber an dieser Stelle soll von Menschen gesprochen<br />

werden, von Gestalten der Armut,<br />

die scheinbar unsichtbar den Weg in unsere<br />

Stadt gefunden haben. Wer sie antreffen<br />

will, trifft sie in unserem Viertel, wie zum<br />

Beispiel auf der Keupstraße, Ecke Holweiderstraße<br />

an, abgestempelt als menschliche<br />

Ware auf dem „Arbeiterstrich“.<br />

Aus Befremdung und Angst wird gesagt,<br />

sie seien mit zehn Kindern angekommen,<br />

um Kindergeld einzukassieren, oder seien<br />

angekommen, um zu stehlen, oder seien<br />

angekommen, um für Dumpinglöhne auf<br />

dem Schwarzmarkt zu arbeiten.<br />

Auf alle Fälle sind sie nicht mit Pferdchen<br />

und bunten Wagen gekommen.<br />

Was uns und sehr wahrscheinlich Ihnen<br />

nicht bewusst ist:<br />

Sie sind anerkannte Bürger der Europäischen<br />

Union, ihnen steht ab dem 1. Januar<br />

2014 der Arbeitsmarkt der EU-Länder offen<br />

und alle Rechte wie Pflichten der EU-Bürger.<br />

So einen Status hat es für diese Menschen<br />

noch nie gegeben.<br />

Diesen Status haben sie sich nicht erworben.<br />

Er wurde ihnen von den Politikern geschenkt,<br />

die die europäische Gemeinschaft<br />

erdachten. Ob die damaligen Politiker sich<br />

dessen bewusst waren, sei dahin gestellt.<br />

Lauscht man unserem Innenminister und<br />

anderen Politikern, scheint man diese<br />

Großzügigkeit zu bedauern. Viele würden<br />

gerne den europäischen Gedanken opfern,<br />

die Grenzen zu Rumänien und Bulgarien<br />

schließen, um das Angstgespenst der Armut<br />

dieser Länder vor unseren europäischen<br />

Bürgschaften zu schützen. Es mangelt<br />

nicht an Vorarbeit der Medien, Politik und<br />

sogar der Kirche, diese Angst zu schüren.<br />

So untermauert der Kardinal Meißner das<br />

zweifelhafte Volksempfinden, diese Menschen<br />

kämen nur, um hier das Kindergeld zu<br />

kassieren.<br />

Fest steht, dass Bulgarien und Rumänien<br />

die Armenhäuser unserer Staatengemeinschaft<br />

sind. Der Durchschnittsverdienst<br />

beträgt 300 Euro. Unter dieser Armutsgrenze<br />

werden die Menschen der Roma und<br />

Sinti-Gemeinschaft außen vor gehalten. Ihre<br />

Kinder besuchen in der Regel keine Schule,<br />

für Frauen gibt es als Verdienstmöglichkeit<br />

nur die Prostitution, und der Arbeitsmarkt<br />

für Männer liegt oft außerhalb der Legalität.<br />

Kranken-, Sozial- oder Arbeitslosenversicherung<br />

sind Fremdbegriffe, und ein Leben mit<br />

Hartz 4 hätte den Glanz des Paradieses.<br />

Statt jetzt zu warnen und zu maulen, hätten<br />

die europäischen Politiker und Verbände,<br />

wissend um das Datum des 1. Januar 2014,<br />

dahin insistieren müssen, dass die zwei<br />

Beitrittsländer, trotz Armut, ihre demokratischen<br />

Hausaufgaben machen müssen. Es<br />

kann doch nicht angehen, dass es in einem<br />

europäischen Land keine verbindliche<br />

Schulpflicht gibt. Und die Behauptung, die<br />

Kinder der Roma und Sinti seien nicht „beschulbar“,<br />

wird hier in Köln schon seit Jahren<br />

widerlegt.<br />

Und einmal mehr kommt der Verdacht<br />

auf, dass der europäische Gedanke zu<br />

einem Euro-Gedanken schrumpft, und die<br />

Visionen von kulturellem und sozialem<br />

Reichtum dem kalten Kalkül wirtschaftlicher<br />

Effizienz geopfert werden. Es wird sich zeigen,<br />

wie sich das mangelnde Interesse der<br />

Verantwortlichen auswirken wird, und wie<br />

zum Beispiel der Rechtsradikalismus, durch<br />

unaufgearbeitete Vorurteile, immer mehr in<br />

unserem Staat an Land gewinnt.<br />

Aber eines sollten wir als Chance sehen:<br />

Deutschland schrumpft. Alarmierende Zahlen<br />

des statistischen Bundesamtes. Wer wird<br />

demnächst die Renten einer Generation<br />

bezahlen, die sich auf maximal zwei Kinder<br />

beschränkt hat und deren Anteil an Singlehaushalten<br />

wächst. Statt an Kindergeld zu<br />

geizen, sollten soziale Netze ausgelegt werden,<br />

wenn ein fahrendes Volk aus materieller<br />

Armut in dieses kinderarme, aber materiell<br />

reiche Land kommt. Ihre hungernden<br />

Kinder wären möglicherweise die zukünftigen<br />

Handwerker, Pfleger oder Ingenieure<br />

unseres reich-verarmten Landes.<br />

Brigitte Milhan


Gedichte 23


24<br />

Geschichtswerkstatt<br />

Jahre<br />

Köln-Mülheim<br />

Teil 2<br />

Vorgespräche zwischen<br />

Mülheim und Köln<br />

Mit der Erhebung zur kreisfreien Stadt<br />

konnte Mülheim erste Kölner Bestrebungen<br />

zur Eingemeindung vorerst abwenden.<br />

Diese waren 1898 mit der Gründung der<br />

rechtsrheinischen Kölner Vorortbahnen<br />

entstanden. Der langjährige Mülheimer<br />

Oberbürgermeister Friedrich-Wilhelm<br />

Steinkopf (Bürgermeister von 1876 bis 1908,<br />

ab 1901 Oberbürgermeister) war ein strikter<br />

Befürworter der Mülheimer Selbständigkeit.<br />

Möglicherweise war diese Haltung der<br />

Grund, dass ein rechtzeitiger Zusammenschluss<br />

zwischen Merheim und Mülheim<br />

verpasst wurde.<br />

Die Eingemeindungsverhandlungen<br />

Der damalige Kölner Oberbürgermeister<br />

Wilhelm Becker, der „schwarze Becker“ (OB<br />

Köln 1886-1907) hatte für Köln erfolgreich<br />

die erste Runden der Eingemeindungen<br />

geleitet. Gegen Ende seiner Amtszeit<br />

wurde er 1906 auch bei seinem Mülheimer<br />

Kollegen mit einem 1. Eingemeindungsvorschlag<br />

vorstellig.<br />

Es gab zu dieser Zeit in beiden Städten<br />

Eingemeindungsbestrebungen. In Köln<br />

hatte man große Befürchtungen vor einem<br />

Zusammenschluss von Mülheim und<br />

Merheim. Es war klar, dass die kommunale<br />

Neugliederung noch nicht abgeschlossen<br />

war und die Merheimer Einwohner wollten<br />

angeblich mit Mülheim zusammengehen.<br />

Wegen des großen Flächen- und Finanzbedarfs<br />

für Infrastrukturinvestitionen<br />

und der wachsenden<br />

Vernetzung<br />

der Gemeinden<br />

sprachen vor allen<br />

wirtschaftliche<br />

Gründe für eine<br />

„kommunale Neuordnung“.<br />

Auch<br />

der vor dem 1.<br />

Weltkrieg existierende<br />

Festungsgürtel<br />

behinderte<br />

die industrielle<br />

Entwicklung.<br />

Es gab 3 Verhandlungsrunden bis zum Abschluss des Eingemeindungsvertrages am 27.03.1913.<br />

Als treibende Kraft in Mülheim gründete<br />

sich 1906 die „wirtschaftliche Vereinigung“,<br />

ein Lobbyverein der sich aus Vertretern von<br />

Industrie, Wirtschaft und Stadt zusammensetzte.<br />

Angeblich forderten 700 Mülheimer<br />

Bürger in einer Versammlung im Juli 1906,<br />

die Vereinigung von Köln und Mülheim. Die<br />

vielen anstehenden kommunalen Baumaßnahmen<br />

wie Kanalisation, Schulgebäude,<br />

Krankenhaus, Rheinbrücke... fürchtete man<br />

nur mit erheblichen Zuschlägen zur Einkommensteuer<br />

finanzieren zu können.<br />

Doch der Mülheimer Oberbürgermeister<br />

widersetzte sich dem Ansinnen und blieb<br />

bei seiner strikten Ablehnung. Doch das<br />

Thema der Eingemeindung gärte seitdem<br />

in Mülheim und Köln.<br />

Das ehemalige Rhodiusche Haus Wallstrasse 100/Ecke Ratsstraße. Seit 1834<br />

Mülheimer Rathaus wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Heute ist dort ein Park.<br />

1. Verhandlungsrunde<br />

Oktober 1908 bis 1909<br />

Als Anfang 1908 bekannt wurde, dass<br />

der Oberbürgermeister Steinkopf nach<br />

fast 32 jähriger Amtszeit am 01.04.1908 in<br />

den Ruhestand trete, wollte man vor der<br />

Neuwahl eines Bürgermeisters die Frage<br />

der Eingemeindung prüfen und wählte im<br />

Februar eine Eingemeindungskommission<br />

der Stadtverordnetenversammlung. Diese<br />

stellte bis Oktober einen Forderungskatalog<br />

mit insgesamt 25-Punkten auf. U.a. waren<br />

hierin enthalten:<br />

Neubau von Lyzeum und Gymnasium,<br />

Amtsgericht, Brückenbau in 5 Jahren,<br />

Ausbau des Eisenbahngeländes zum Stadtgarten,<br />

Straßenbahnverbindungen nach<br />

Gladbach und Kalk, sogar der Bau einer<br />

Müllverbrennungsanlage und einer Markthalle<br />

war enthalten. Mülheimer Handwerker<br />

sollten dabei beschäftigt werden, sechs<br />

Mitglieder der Kölner Stadtverordnetenversammlung<br />

sollten aus Mülheim kommen.<br />

Diese Baumaßnahmen sollten aus dem<br />

künftigen gemeinsamen Kölner Haushalt<br />

finanziert werden. Gleichzeitig sollten<br />

die höheren Mülheimer Steuersätze auf<br />

das niedrigere Kölner Maß herabgesetzt<br />

werden.<br />

Die Kölner wurden durch den neuen Oberbürgermeister<br />

Max Wallraf vertreten. Er<br />

lehnte die Mülheimer Forderungen ab und<br />

meinte, selbst mit höheren Steuern könnte<br />

Mülheim seine Wünsche nicht finanzieren,<br />

geschweige denn mit den geforderten<br />

niedrigeren.<br />

Einige Beobachter interpretierten, dass die<br />

Forderungen absichtlich hoch aufgestellt<br />

waren, um ein langfristiges Scheitern herbeizuführen.<br />

Als Folge des Verhandlungsabbruchs<br />

wählten die Mülheimer mit Bernhard<br />

Clostermann für die Dauer von 12 Jahren<br />

einen neuen Bürgermeister. Man ging von<br />

dem Fortbestehen der selbständigen Stadt<br />

Mülheim aus.<br />

2. Verhandlungsrunde<br />

1910 bis 1912<br />

Die Verhandlungen zwischen Kalk, Vingst<br />

und Köln waren im Oktober 1909 erfolgreich,<br />

so dass Köln sich im 2. Schritt rechtsrheinisch<br />

zum 01.04.1910 vergrößerte.<br />

Nach dem Amtsantritt von Bürgermeister<br />

Clostermann im Dezember 1909 verfügte<br />

der Kölner Regierungspräsident die Wiederaufnahme<br />

der Verhandlungen. Ende 1910<br />

trafen sich dann die beiden Oberbürgermeister.<br />

Die Finanzsituation Mülheims hatte<br />

sich hervorragend verbessert und viele der<br />

geforderten Baumaßnahmen waren bereits<br />

von der Stadt Mülheim ausgeführt oder<br />

begonnen worden.<br />

Dennoch gab es letztlich wieder Differenzen<br />

bei der Steuerfrage. Köln forderte<br />

mindesten 5 Jahre die höheren Mülheimer<br />

Steuern, Mülheim war nur zu drei Jahren<br />

bereit. Erstaunlich ist, dass die Sozialdemo-


Geschichtswerkstatt 25<br />

kraten eher zustimmen wollten, da sie mit<br />

einer 4-Jahresfrist zu vermitteln suchten. Ein<br />

weiterer Streitpunkt war die Finanzierung<br />

der zu bauenden Brücke, bei der Köln sich<br />

nur mit einem Drittel beteiligen wollte.<br />

Der Mülheimer Rat (Stadtverordnetenversammlung)<br />

hatte 30 Mitglieder, die sich aus<br />

Zentrum, SPD und Liberalen zusammensetzten.<br />

Liste der Forderungen mit<br />

denen die Mülheimer in die erste<br />

Verhandlungsrunde 1908<br />

gegangen sind.<br />

s<br />

Im rechtsrheinischen gab es weiterhin viel<br />

„Geschachere“ um Teile der Bürgermeisterei<br />

Merheim. Gladbach wollte Dellbrück;<br />

Wiesdorf wollte Flittard und Mülheim wollte<br />

Stammheim, Dünnwald und Holweide.<br />

Doch die Merheimer einigten sich mit Köln<br />

und sollten zum 1.8.1912 komplett mit allen<br />

Ortsteilen nach Köln eingemeindet werden.<br />

Dazu beigetragen habe eine Vereinbarung<br />

mit dem Merheimer Bürgermeister Johann<br />

Wilhelm Bensberg, der auf Lebenszeit eine<br />

jährliche Zahlung von 10.000 Reichsmark<br />

erhalten sollte.<br />

Den Vertrag genehmigte die preußische<br />

Regierung jedoch nicht, weil Mülheim dann<br />

vollständig von Kölner Stadtgebiet<br />

umgeben gewesen wäre.<br />

Die Mülheimer Presse kommentierte<br />

das Scheitern der Verhandlungen<br />

mit Wohlwollen:<br />

„ . . . hier in Mülheim ist mit aller<br />

Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht<br />

worden, dass, wenn mit den jetzigen<br />

Verhandlungen eine Eingemeindung<br />

nicht erzielt werde, die Eingemeindung<br />

ein für allemal erledigt sei…<br />

Lange hat unsere Stadt unter der<br />

Ungewissheit der Lage gelitten. Die<br />

Rücksichtnahme ist vorbei. Freundnachbarliches<br />

Zusammenwirken:<br />

Ja! Aber dabei eine künftige Eingemeindung<br />

ins Auge fassen: Nein!“<br />

Aber auch Kölner Zeitungen kritisierten<br />

die Positionen der Kölner und äußerten<br />

Verständnis für den verletzten<br />

Mülheimer Bürgerstolz.<br />

3. Verhandlungsrunde<br />

6.3.1913 bis 27.3.1913<br />

Mit dem Scheitern der Merheimer Eingemeindung<br />

waren nur theoretisch alle Karten<br />

offen. Einen Zusammenschluss von Mülheim<br />

und Merheim wollten die Merheimer<br />

nicht. Die Kölner baten jetzt den Regierungspräsidenten<br />

um Vermittlung.<br />

Mit seiner Beteiligung und in direkten Verhandlungen<br />

der beiden Oberbürgermeister<br />

wurde der letzte Vertragsentwurf überarbeitet<br />

und in neun Bedingungen gefasst.<br />

Diese waren:<br />

1. Gleichheit von Steuern sowie ein Strompreisprivileg<br />

für 53 Mülheimer Betriebe<br />

2. Die nächste Brücke soll in der Nähe der<br />

Mülheimer Schiffsbrücke gebaut werden<br />

3. Straßenbahnlinien nach Kalk und<br />

Gladbach<br />

4. Bestand von Verwaltungsstellen u.a.<br />

Amtsgericht, Gewerbegericht, Sparkasse<br />

5. Die Zahl der Kölner Stadtverordneten<br />

soll sich um 6 Mülheimer erhöhen.<br />

In einer Zusatzvereinbarung verpflichtete<br />

sich Köln unter anderem:<br />

1. die „Garten-, Schmuck- und Brunnenanlagen<br />

im heutigen Stadtgebiet in durchaus<br />

gutem Zustande zu erhalten und für die<br />

Weiterentwicklung der Anlagen und des<br />

gesamten Ausbaus der Stadt nach Kräften<br />

zu sorgen.“<br />

2. Die Stadt Köln wird für die Erhaltung<br />

der historischen Mülheimer Gottestracht<br />

eintreten“<br />

Die letzten Verhandlungen kamen zügig<br />

zum Abschluß.<br />

Der Eingemeindungsvertrag wurde in<br />

beiden Städten am 27.3.1913 einstimmig<br />

angenommen. In Mülheim waren es 30<br />

Abgeordnete von Zentrum, Liberalen<br />

und Sozialdemokraten.<br />

Helmut Goldau<br />

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26<br />

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