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24<br />
Geschichtswerkstatt<br />
Jahre<br />
Köln-Mülheim<br />
Teil 2<br />
Vorgespräche zwischen<br />
Mülheim und Köln<br />
Mit der Erhebung zur kreisfreien Stadt<br />
konnte Mülheim erste Kölner Bestrebungen<br />
zur Eingemeindung vorerst abwenden.<br />
Diese waren 1898 mit der Gründung der<br />
rechtsrheinischen Kölner Vorortbahnen<br />
entstanden. Der langjährige Mülheimer<br />
Oberbürgermeister Friedrich-Wilhelm<br />
Steinkopf (Bürgermeister von 1876 bis 1908,<br />
ab 1901 Oberbürgermeister) war ein strikter<br />
Befürworter der Mülheimer Selbständigkeit.<br />
Möglicherweise war diese Haltung der<br />
Grund, dass ein rechtzeitiger Zusammenschluss<br />
zwischen Merheim und Mülheim<br />
verpasst wurde.<br />
Die Eingemeindungsverhandlungen<br />
Der damalige Kölner Oberbürgermeister<br />
Wilhelm Becker, der „schwarze Becker“ (OB<br />
Köln 1886-1907) hatte für Köln erfolgreich<br />
die erste Runden der Eingemeindungen<br />
geleitet. Gegen Ende seiner Amtszeit<br />
wurde er 1906 auch bei seinem Mülheimer<br />
Kollegen mit einem 1. Eingemeindungsvorschlag<br />
vorstellig.<br />
Es gab zu dieser Zeit in beiden Städten<br />
Eingemeindungsbestrebungen. In Köln<br />
hatte man große Befürchtungen vor einem<br />
Zusammenschluss von Mülheim und<br />
Merheim. Es war klar, dass die kommunale<br />
Neugliederung noch nicht abgeschlossen<br />
war und die Merheimer Einwohner wollten<br />
angeblich mit Mülheim zusammengehen.<br />
Wegen des großen Flächen- und Finanzbedarfs<br />
für Infrastrukturinvestitionen<br />
und der wachsenden<br />
Vernetzung<br />
der Gemeinden<br />
sprachen vor allen<br />
wirtschaftliche<br />
Gründe für eine<br />
„kommunale Neuordnung“.<br />
Auch<br />
der vor dem 1.<br />
Weltkrieg existierende<br />
Festungsgürtel<br />
behinderte<br />
die industrielle<br />
Entwicklung.<br />
Es gab 3 Verhandlungsrunden bis zum Abschluss des Eingemeindungsvertrages am 27.03.1913.<br />
Als treibende Kraft in Mülheim gründete<br />
sich 1906 die „wirtschaftliche Vereinigung“,<br />
ein Lobbyverein der sich aus Vertretern von<br />
Industrie, Wirtschaft und Stadt zusammensetzte.<br />
Angeblich forderten 700 Mülheimer<br />
Bürger in einer Versammlung im Juli 1906,<br />
die Vereinigung von Köln und Mülheim. Die<br />
vielen anstehenden kommunalen Baumaßnahmen<br />
wie Kanalisation, Schulgebäude,<br />
Krankenhaus, Rheinbrücke... fürchtete man<br />
nur mit erheblichen Zuschlägen zur Einkommensteuer<br />
finanzieren zu können.<br />
Doch der Mülheimer Oberbürgermeister<br />
widersetzte sich dem Ansinnen und blieb<br />
bei seiner strikten Ablehnung. Doch das<br />
Thema der Eingemeindung gärte seitdem<br />
in Mülheim und Köln.<br />
Das ehemalige Rhodiusche Haus Wallstrasse 100/Ecke Ratsstraße. Seit 1834<br />
Mülheimer Rathaus wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Heute ist dort ein Park.<br />
1. Verhandlungsrunde<br />
Oktober 1908 bis 1909<br />
Als Anfang 1908 bekannt wurde, dass<br />
der Oberbürgermeister Steinkopf nach<br />
fast 32 jähriger Amtszeit am 01.04.1908 in<br />
den Ruhestand trete, wollte man vor der<br />
Neuwahl eines Bürgermeisters die Frage<br />
der Eingemeindung prüfen und wählte im<br />
Februar eine Eingemeindungskommission<br />
der Stadtverordnetenversammlung. Diese<br />
stellte bis Oktober einen Forderungskatalog<br />
mit insgesamt 25-Punkten auf. U.a. waren<br />
hierin enthalten:<br />
Neubau von Lyzeum und Gymnasium,<br />
Amtsgericht, Brückenbau in 5 Jahren,<br />
Ausbau des Eisenbahngeländes zum Stadtgarten,<br />
Straßenbahnverbindungen nach<br />
Gladbach und Kalk, sogar der Bau einer<br />
Müllverbrennungsanlage und einer Markthalle<br />
war enthalten. Mülheimer Handwerker<br />
sollten dabei beschäftigt werden, sechs<br />
Mitglieder der Kölner Stadtverordnetenversammlung<br />
sollten aus Mülheim kommen.<br />
Diese Baumaßnahmen sollten aus dem<br />
künftigen gemeinsamen Kölner Haushalt<br />
finanziert werden. Gleichzeitig sollten<br />
die höheren Mülheimer Steuersätze auf<br />
das niedrigere Kölner Maß herabgesetzt<br />
werden.<br />
Die Kölner wurden durch den neuen Oberbürgermeister<br />
Max Wallraf vertreten. Er<br />
lehnte die Mülheimer Forderungen ab und<br />
meinte, selbst mit höheren Steuern könnte<br />
Mülheim seine Wünsche nicht finanzieren,<br />
geschweige denn mit den geforderten<br />
niedrigeren.<br />
Einige Beobachter interpretierten, dass die<br />
Forderungen absichtlich hoch aufgestellt<br />
waren, um ein langfristiges Scheitern herbeizuführen.<br />
Als Folge des Verhandlungsabbruchs<br />
wählten die Mülheimer mit Bernhard<br />
Clostermann für die Dauer von 12 Jahren<br />
einen neuen Bürgermeister. Man ging von<br />
dem Fortbestehen der selbständigen Stadt<br />
Mülheim aus.<br />
2. Verhandlungsrunde<br />
1910 bis 1912<br />
Die Verhandlungen zwischen Kalk, Vingst<br />
und Köln waren im Oktober 1909 erfolgreich,<br />
so dass Köln sich im 2. Schritt rechtsrheinisch<br />
zum 01.04.1910 vergrößerte.<br />
Nach dem Amtsantritt von Bürgermeister<br />
Clostermann im Dezember 1909 verfügte<br />
der Kölner Regierungspräsident die Wiederaufnahme<br />
der Verhandlungen. Ende 1910<br />
trafen sich dann die beiden Oberbürgermeister.<br />
Die Finanzsituation Mülheims hatte<br />
sich hervorragend verbessert und viele der<br />
geforderten Baumaßnahmen waren bereits<br />
von der Stadt Mülheim ausgeführt oder<br />
begonnen worden.<br />
Dennoch gab es letztlich wieder Differenzen<br />
bei der Steuerfrage. Köln forderte<br />
mindesten 5 Jahre die höheren Mülheimer<br />
Steuern, Mülheim war nur zu drei Jahren<br />
bereit. Erstaunlich ist, dass die Sozialdemo-