CineCity Nr.59 - City Kinos
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Start: 27.10.11<br />
Diesen Film zeigen wir in<br />
der deutschen Fassung<br />
Regie Eva Ionesco<br />
Filmographie<br />
2006 La loi de la forêt<br />
Buch Eva Ionesco<br />
Marc Cholodenko<br />
Philippe Le Guay<br />
Jahr 2010<br />
Land Frankreich<br />
I‘m Not a F**king Princess<br />
Originaltitel: My Little Princess<br />
Darsteller<br />
Isabelle Huppert<br />
Anamaria Vartolomei<br />
Georgetta Leahu<br />
Denis Lavant<br />
Pascal Bongard<br />
Jethro Cave<br />
Louis-Do de Lencquesaing<br />
Kamera Jeanne Lapoirie<br />
Musik Bertrand Burgalat<br />
Länge 104 min<br />
Eine erfolglose Malerin, die sich mit anspruchsvoller<br />
erotischer Fotografie finanziell über Wasser<br />
hält, entdeckt irgendwann ihre kleine Tochter<br />
als Aktmodell und landet damit auf dem<br />
Kunstmarkt einen Volltreffer.<br />
Baudelaires Blumen des Bösen treffen Pretty<br />
Baby im Pariser Künstlerprekariat der 70er – Eva<br />
Ionesco schildert in ihrem Mutter-Tochter-Drama<br />
einen Mißbrauchsfall der besonderen Art und verarbeitet<br />
damit ihre eigene Geschichte.<br />
Raffiniert nutzt Hannah (Isabelle Huppert) die<br />
Sehnsucht ihrer Tochter Violetta nach Liebe und<br />
Aufmerksamkeit, um ihre Nacktheit in opulenten<br />
Blumenarrangements und Requisiten aus der religiösen<br />
Vanitas-Malerei zu inszenieren. Spielerisch<br />
kopiert die Kleine die lasziven Posen der Mutter<br />
und räkelt sich als verführerische Elfe zwischen<br />
Schädeln, Marienbildern und ausgestopften Tieren.<br />
La Huppert gibt ihrer Domina Hannah genau<br />
die Prise Intellekt, Verwegenheit und erotischer<br />
Eleganz, die das Böse so unwiderstehlich macht.<br />
Ohne menschliche Regung geht sie über die<br />
Bedürfnisse ihrer Tochter hinweg und kontert<br />
maliziös jede Kritik: ICH BIN KÜNSTLERIN!<br />
MEINE BILDER SIND GROSSE KUNST. Dabei<br />
beruft sich das Selbstvermarktungsgenie schlau<br />
auf die Surrealisten, zitiert Alice in Wonderland,<br />
ruft die sexuelle Befreiung aus und die Freiheit<br />
der Kunst an. Die Pariser Kunstwelt ist entzückt<br />
über das schillernde Mutter-Tochter-Gespann im<br />
Rauschgoldengel-Look und bald raunt man in<br />
Kunstkreisen: „Un peu comme Bellmer“, „Theater<br />
der Grausamkeit“, Skandal, Poesie, Perversité, Liberté!<br />
Und der Franc rollt ...<br />
Doch die Freiheit der Kunst ist Violettas Unfreiheit.<br />
Sie will normal sein, aber ihre Mutter läßt sie<br />
nicht. Grotesk, wie Violetta als weibliche Versuchung<br />
kostümiert auf viel zu hohen Absätzen ins<br />
Klassenzimmer stöckelt, wo sie im Kreis ihrer kindlichen<br />
Mitschüler die Schulbank drückt. Je mehr<br />
sie sich innerlich von ihrer Mutter entfernt, desto<br />
trotziger verteidigt sie das ihr aufgezwungene Anderssein<br />
gegenüber den hänselnden, neidischen<br />
Klassenkameraden.<br />
Anamaria Vartolomei als Violetta ist eine stille<br />
Wucht. Sie war bei den Dreharbeiten erst zehn<br />
Jahre alt und hatte das Glück, an eine Regisseurin<br />
zu geraten, die nicht wiederholen wollte, was<br />
ihr selbst von der Mutter angetan worden war.<br />
So entschied sich Eva Ionesco gegen Nacktaufnahmen<br />
und bereitete ihre Elevin mit Improvisationen<br />
intensiv auf die Rolle vor. Es hat sich<br />
gelohnt: Die Auseinandersetzungen zwischen<br />
Mutter und Tochter gehören zu den stärksten Szenen<br />
des Films. Als Hannah ihre Tochter zwingen<br />
will, sich vor einem Popstar auszuziehen, kommt<br />
es zum Eklat.<br />
Ein Film wie eine unerfüllte Liebe – schmerzhaft,<br />
verführerisch und bittersüß.<br />
nal<br />
<strong>Cine<strong>City</strong></strong> 59<br />
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