Die Zukunft der Schule_Positionspapier des AKB_FNSt
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AK Bildung Eigenverantwortung, Transparenz, Externe Evaluation – <strong>Die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> Seite 9<br />
wickeln. Aus den daraus resultierenden Erfolgserlebnissen und Entwicklungssprüngen, aus dem erfolgreichen<br />
Einsatz seiner pädagogischen und didaktischen Kompetenz, bezieht er seine Autorität.<br />
Ein solches System funktioniert nur aus einer Haltung <strong>der</strong> ermunternden Herausfor<strong>der</strong>ung, denn Erfolg ohne<br />
Mühe ist wertlos. Anstrengung, Fleiß, Ausdauer und Überwindung sind die Voraussetzungen für nachhaltiges<br />
Lernen. In ihrem eigenen Selbstbewusstsein gestärkte und in ihrer Rolle gefestigte Lehrer fassen wie<strong>der</strong> Mut<br />
zur Zumutung, werden konsequent Grenzen ziehen und unerwünschten Verhaltensweisen mit klaren Reaktionen<br />
begegnen.<br />
Auch bei hoher fachlicher und erzieherischer Kompetenz bleiben Lehr-Lern-Prozesse Beziehungsarbeit und als<br />
solche in hohem Maße frustrationsbesetzt. <strong>Die</strong> Burnout-Gefährdung ist erheblich, Supervision sollte, wie etwa<br />
in Jugendämtern o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Polizei bereits in vielen Regionen üblich, auch für Lehrer zum Erhalt <strong>der</strong> physischen<br />
und psychischen Gesundheit, zur Berufszufriedenheit und Handlungsfähigkeit systematisch als Angebot<br />
eingeführt werden.<br />
3.3. Einstufige Lehrerausbildung<br />
<strong>Die</strong> geän<strong>der</strong>ten Rollenanfor<strong>der</strong>ungen spiegeln sich im Aus- und Weiterbildungssystem für Lehrer nicht wi<strong>der</strong>.<br />
Lehrer werden in Deutschland primär als Fachwissenschaftler ausgebildet. Sie brauchen lange und sind trotzdem<br />
kaum auf den Schulalltag vorbereitet. Unser System <strong>der</strong> Lehrerausbildung ist eine nicht nachvollziehbare<br />
Ressourcenverschwendung.<br />
Nehmen wir das Beispiel eines Lehrers mit <strong>der</strong> sehr verbreiteten Kombination von Mathematik und Physik. In<br />
beiden Fächern ist weitgehend das Pensum <strong>der</strong> Diplom-Studenten zu absolvieren, zusätzlich vielleicht noch<br />
etwas Didaktik und Pädagogik, je nach Bun<strong>des</strong>land. Zumin<strong>des</strong>t im Grundstudium haben wir es also fachlich<br />
gesehen mit einem Doppeldiplom zu tun. Wie viele Studenten sind so begabt, dass sie parallel zwei Diplomstudiengänge<br />
studieren? Von Lehramtsstudenten wird genau das verlangt. Und zur Belohnung werden sie<br />
dann als Studenten zweiter Klasse behandelt, weil sie ja nicht so tief im Stoff stehen wie ihre Diplom-Kollegen.<br />
Dabei haben sie neben organisatorischen Problemen durch sich überlappende Veranstaltungen <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Fachrichtungen noch eine erheblichen Mehrbelastung durch höhere Stundenzahlen und breitere Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
zu bewältigen.<br />
Das Ergebnis eines solchen Studiums sind hervorragend ausgebildete Fachwissenschaftler, die bestenfalls am<br />
Rande etwas darüber mitgenommen haben, wie sie das nun in <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> vermitteln sollen. <strong>Die</strong> jahrelange<br />
Arbeit auf höchstem fachlichen Niveau führt letztlich zu dem Problem, dass die Erklärung einfacher, schulrelevanter<br />
Fragestellungen von den wenigsten in verständlicher Form geleistet werden kann. Im Lehramt für die<br />
Sekundarstufe I verschärft sich die Diskrepanz von Studiumsinhalten und schulischen Lehrinhalten noch einmal<br />
erheblich.<br />
Natürlich soll ein Lehrer in seinen Fächern strukturierter und pointierter denken als seine Schüler. Wenn er<br />
aber nicht weiß, wie er das Wissen vermitteln, wie er mit den erzieherischen Schwierigkeiten in einer Klasse<br />
umgehen soll, bringt das gesammelte Fachwissen nichts. Wer heute ein guter Pädagoge wird, wird dies allzu<br />
oft trotz und nicht wegen <strong>der</strong> Lehrerausbildung.<br />
Lehrer werden bisher nach ihrer Abschlussnote eingestellt. <strong>Die</strong>se richtet sich in <strong>der</strong> Regel nach den Leistungen,<br />
die bei <strong>der</strong> Reproduktion und bei <strong>der</strong> Anwendung von Wissen erzielt wurden. <strong>Die</strong> besten 15% eines Jahrgangs<br />
werden auch in <strong>der</strong> Praxis hervorstechen, <strong>der</strong> Rest hat ganz erhebliche Probleme.<br />
Auch in <strong>der</strong> Erziehungswissenschaft werden Zensuren zumeist danach vergeben, ob jemand einen Text verstehen,<br />
reproduzieren und anwenden kann. Über die pädagogische Kompetenz wird damit nichts ausgesagt. <strong>Die</strong><br />
wird vielfach erst in <strong>der</strong> zweiten Ausbildungsphase relevant, dem Referendariat. Da ist das Studium schon<br />
abgeschlossen, eine Umorientierung fällt schwer. Einige Bun<strong>des</strong>län<strong>der</strong> haben daher begonnen, einen Teil <strong>des</strong><br />
Referendariats in das Studium vorzuziehen, um eine frühzeitige Erprobung <strong>der</strong> pädagogischen und didaktischen<br />
Kompetenzen zu ermöglichen. <strong>Die</strong>ser Schritt ist richtig, kann aus unserer Sicht aber nur ein Anfang sein.<br />
Ziel muss eine integrierte, einstufige Lehrerausbildung – und somit die Abschaffung <strong>des</strong> Referendariats – sein.<br />
Der deutsche Son<strong>der</strong>weg <strong>des</strong> Referendariats war insbeson<strong>der</strong>e zur verwaltungsrechtlichen Legitimation einer<br />
höheren Besoldungsstufe und nicht aus Gründen inhaltlicher Relevanz eingeführt worden. Es ist an <strong>der</strong> Zeit,<br />
diesen Irrweg zu verlassen.