11/1 11. Frau und Beruf 11.1 Frauenbilder – Konstruktionen ...
11/1 11. Frau und Beruf 11.1 Frauenbilder – Konstruktionen ...
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
<strong>11</strong>/1<br />
Seite 1<br />
<strong>11</strong>. <strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
<strong>11</strong>.1 <strong>Frau</strong>enbilder <strong>–</strong> <strong>Konstruktionen</strong>,<br />
Wahrnehmungen, Wünsche<br />
<strong>–</strong> am Beispiel Ingenieurinnen<br />
<strong>11</strong>.1.1 <strong>Frau</strong>en in Männerberufen<br />
Seit vielen Jahren wird die Parole propagiert: <strong>Frau</strong>en in Männerberufe.<br />
Raus aus den weiblichen Leichtlohngruppen hinein in<br />
die karriereträchtige Konkurrenz mit Männern. Am Girls´ Day<br />
werden junge Mädchen in Labors <strong>und</strong> Maschinenhallen geholt<br />
<strong>und</strong> an die <strong>Beruf</strong>sbilder im naturwissenschaftlich technischen<br />
Bereich herangeführt. Geht die Rechnung auf?<br />
Eine Möglichkeit, Einblicke in die Lebensrealitäten von <strong>Frau</strong>en<br />
in technischen <strong>Beruf</strong>en zu bekommen, brachte die Jahrestagung<br />
des Deutschen Ingenieurinnenb<strong>und</strong>es -dib <strong>–</strong> in Dachau, die vom<br />
10. bis 12.<strong>11</strong>.2006 dem Thema Medienbilder <strong>–</strong> Rollenbilder <strong>–</strong><br />
<strong>Frau</strong>enbilder gewidmet war. 1 Es zeigte sich deutlich: Allein die<br />
Wahl eines Männerberufes ist kein Garant für einfachen beruflichen<br />
Erfolg <strong>und</strong> ein hohes Einkommen. Eher im Gegenteil.<br />
Gerade bei Männern in klassischen Männerberufen findet sich<br />
häufig ein traditionelles <strong>Frau</strong>enbild, gegen das die Pionierinnen<br />
im <strong>Beruf</strong> zäh <strong>und</strong> nachhaltig ankämpfen müssen, das sie aber<br />
auch in ihrer Selbsteinschätzung <strong>und</strong> -wahrnehmung beeinflusst.<br />
Dies steht im Einklang mit den Erfahrungen, die sich in<br />
der Geschichte von <strong>Frau</strong>en in anderen qualifizierten <strong>Beruf</strong>en<br />
gezeigt haben. Erst ab einem Anteil von 20 <strong>–</strong> 30% werden sie<br />
eine akzeptierte Normalität, müssen sich nicht mehr auf Biegen<br />
<strong>und</strong> Brechen an männliche Verhaltensstandards anpassen, sondern<br />
können auch Weiblichkeit leben. 2<br />
<strong>Frau</strong>en in naturwissenschaftlich technischen <strong>Beruf</strong>en haben hier<br />
noch aufzuholen. Die Jahrestagung sollte sich mit hinderlichen<br />
1 Informationen dazu auf der Homepage des Deutschen Ingenieurinnenb<strong>und</strong>es<br />
http://www.dibev.de/<br />
2 Dieses ist z.B. für Juristinnen dokumentiert in Schultz, Ulrike <strong>und</strong> Gisela Shaw, Hrsg.:<br />
Women in the World´s Legal Professions. Oxford: Hart 2003.<br />
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
negativen Vorstellungen <strong>und</strong> Clichés befassen, diesen entgegen<br />
arbeiten, <strong>und</strong> es sollten Vorstellungen entwickelt werden, wie<br />
positive Rollenmodelle <strong>und</strong> -bilder entwickelt <strong>und</strong> verbreitet<br />
werden können.<br />
<strong>11</strong>.1.2 <strong>Frau</strong>enbilder von <strong>und</strong> für<br />
Ingenieurinnen<br />
In einem zweistündigen Workshop habe ich bei dem Treffen mit<br />
24 Teilnehmerinnen zu dem Thema „<strong>Frau</strong>enbilder <strong>–</strong> <strong>Konstruktionen</strong>,<br />
Wahrnehmungen, Wünsche“ gearbeitet. Im folgenden<br />
werde ich meine „Inputs“ <strong>und</strong> die Ergebnisse darstellen, die beispielhaft<br />
für eine selbstreflexive, emanzipatorische Arbeit mit<br />
<strong>Frau</strong>engruppen zum Thema Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung<br />
stehen können.<br />
Workshop zum<br />
Thema Bilder<br />
der Ingenieurin<br />
Im Zentrum des Workshops stand die Arbeit am Thema Bilder<br />
der Ingenieurin:<br />
<strong>–</strong> Welche <strong>Konstruktionen</strong> <strong>und</strong> Wahrnehmungen gibt es von diesen<br />
<strong>Frau</strong>en im Männerberuf?<br />
<strong>–</strong> Wie werden sie als <strong>Frau</strong>en, als Familienfrauen <strong>und</strong> <strong>Frau</strong>en im<br />
<strong>Beruf</strong> wahrgenommen?<br />
<strong>–</strong> Wie wollen sie wahrgenommen werden?<br />
In einer Vorstellungsr<strong>und</strong>e wurden die 24 Teilnehmerinnen<br />
gebeten, auf folgende Fragen einzugehen:<br />
1. Warum sind Sie Ingenieurin geworden? (bzw. für die, die<br />
noch in der Ausbildung sind: Warum wollen Sie Ingenieurin<br />
werden?) Welches Bild hatten Sie im Kopf als Sie sich für die<br />
Ausbildung/den <strong>Beruf</strong> entschieden haben?<br />
2. Arbeiten Sie als Ingenieurin? In welcher Funktion? Welches<br />
Bild von Ingenieurin verkörpern Sie?
<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
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3. Was gefällt Ihnen an Ihrem <strong>Beruf</strong>? Was missfällt Ihnen an<br />
Ihrem <strong>Beruf</strong>? Können Sie dem ursprünglichen Bild entsprechend<br />
leben <strong>und</strong> arbeiten?<br />
Bei der <strong>Beruf</strong>swahl waren häufig Väter <strong>und</strong> andere Familienangehörige<br />
als Vorbilder ausschlaggebend oder auch Empfehlungen<br />
von Fre<strong>und</strong>innen. Für viele war auch von Bedeutung, einen<br />
<strong>Beruf</strong> zu wählen, der anders als die brotlose Kunst in einigen<br />
Geisteswissenschaften ein ordentliches Einkommen zu versprechen<br />
schien, eine Erwartung, die sich durchaus nicht rechtfertigen<br />
musste. 1 . Andere hatten den <strong>Beruf</strong> aus Trotz gewählt, weil sie<br />
kein <strong>Frau</strong>encliché erfüllen, keinen <strong>Frau</strong>enberuf wollten. Für<br />
viele stand ein Sachinteresse im Vordergr<strong>und</strong>: Technik/<br />
Naturwissenschaften haben mich immer interessiert; ich habe<br />
gut Mathe gekonnt; ich möchte praktisch arbeiten; die Umwelt<br />
gestalten; habe Interesse an Häusern, am Bauen. Es wurde auch<br />
angegeben: Ich hatte immer mit Jungs zu tun <strong>und</strong> In der DDR<br />
kam anderes nicht in Frage.<br />
Väter als<br />
Vorbild bei<br />
<strong>Beruf</strong>swahl<br />
Die weiteren Aussagen ließen sich unter den Stichworten „Vorteile“,<br />
die der <strong>Beruf</strong> bietet, <strong>und</strong> „Probleme“, die daraus resultieren,<br />
zusammenfassen. Nachdem mit großer Begeisterung viele<br />
Anhaltspunkte für die <strong>Beruf</strong>swahl geliefert worden waren, gab<br />
es nur einige Stichworte zu Vorteilen (viel Neues, viel Bewegung,<br />
Reisen, macht Spaß, bunt, fachliche Kompetenz,Anerkennung<br />
im <strong>Beruf</strong>, praktische Probleme lösen, verdiene gut Geld,<br />
Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong>) <strong>und</strong> auch nur wenig, dafür<br />
heterogene Angaben zu Problemen. (Konfrontation mit Clichés;<br />
keine Vorbilder; männlicher Gruppendruck; Soft Skills bedeutend;<br />
Männer als Ernährer; Vorwurf der Emotionalität; Zeitdruck;<br />
Akquise) Wie massiv die Probleme sind, trat erst später<br />
deutlich zutage. In dieser Eingangsr<strong>und</strong>e zeigte sich, dass<br />
eigentlich alle auf Ihre <strong>Beruf</strong>swahl <strong>und</strong> ihren <strong>Beruf</strong> stolz sind,<br />
auch wenn viele nicht im erlernten Bereich geblieben sind.<br />
1 Insbesondere Architektinnen klagten über schlechtes Einkommen („viel Arbeit, wenig<br />
Lohn“). Im übrigen gaben sie auch an, sich nicht als „echte“ Ingenieurinnen zu fühlen,<br />
sondern zwischen Kunst <strong>und</strong> Technik angesiedelt zu sein.<br />
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Ulrike Schultz<br />
Konstruktion von <strong>Frau</strong>enbildern<br />
Systematisierend haben wir uns dann damit auseinander gesetzt,<br />
wie Bilder von Ingenieurinnen im allgemeinen <strong>und</strong> jeder einzelnen<br />
<strong>Frau</strong> als Ingenieurin zustande kommen.<br />
Wer konstruiert?<br />
JournalistInnen, PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen, Nachbar-<br />
Innen, Fre<strong>und</strong>Innen, ChefInnen, Eltern, Kinder (die eigenen<br />
besonders) usw., <strong>und</strong> natürlich „inszeniert“ sich jede selbst.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der starken Beeinflussung <strong>und</strong> Prägung der Wahrnehmung<br />
durch die Medien, kommt JournalistInnen <strong>und</strong> PolitikerInnen,<br />
aber auch WissenschaftlerInnen eine starke Definitionsmacht<br />
zu.<br />
Was wird konstruiert?<br />
(blieb hier offen als zu Erarbeitendes)<br />
Warum?<br />
Einerseits geht es da um die Konstruktion zur Erfassung von<br />
Realität, z.B. auch um Idealisierung <strong>und</strong> Identifizierung, eher<br />
positiv zu wertende Zwecke, aber auch um negative Absichten:<br />
die absichtsvolle Konstruktion von Bildern zur Ausgrenzung,<br />
Verdrängung oder Fernhalten von Positionen, Stigmatisierung<br />
u.ä.<br />
Wann?<br />
Jederzeit. So wie man nicht nicht kommunizieren kann, werden<br />
Gedanken zu Menschen immer mit bildlichen Wahrnehmungen<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
Wie?<br />
Beim Betrachten, Ansehen, im Gespräch<br />
Wo?<br />
In verbalen <strong>und</strong> bildlichen Abbildungen in den Medien <strong>und</strong> letztlich<br />
im Kopf.
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Ulrike Schultz<br />
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Die Frage ist, ob <strong>Frau</strong>en <strong>und</strong> Männer dieselben Bilder sehen. Die<br />
Frage ist auch, welche sie sehen wollen, welche Selektionsprozesse<br />
stattfinden.<br />
Input: Die Vielfalt der Bilder<br />
Bei <strong>Frau</strong>enbildern gibt es eine Vielfalt von Bildern. Es gibt<br />
Selbstbilder <strong>und</strong> Fremdbilder, wobei die Selbstbilder von den<br />
Rückmeldungen anderer abhängig sind. Immer besteht eine Diskrepanz<br />
zwischen Selbstbild <strong>und</strong> dem Blick eines anderen auf<br />
das Selbst: bei vielen Rückmeldungen <strong>und</strong> guter Wahrnehmung<br />
eine kleinere, bei weniger Rückmeldungen eine größere.<br />
Häufig besteht hier ein Problem bei Ranghöheren <strong>und</strong> Mächtigen.<br />
<strong>Frau</strong>en setzen sich in der Regel intensiver <strong>und</strong> sensibler mit<br />
sich auseinander als Männer, pflegen auch intensiver Wunschbilder.<br />
Ein Problem bei Ingenieurinnen ist der Mangel an Vorbildern<br />
<strong>und</strong> Leitbildern. Gerade im Hinblick auf weibliche Lebenskultur<br />
oder Fragen von Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong> ist es<br />
anstrengend <strong>und</strong> kraftraubend, wenn eine <strong>Frau</strong> als erste ein Feld<br />
für sich erobern <strong>und</strong> bestellen muss, aus dem Status als Außenseiterin<br />
<strong>und</strong> Fremde in den Zustand einer Geduldeten <strong>und</strong> dann<br />
hoffentlich Akzeptierten <strong>und</strong> Integrierten zu kommen.<br />
Diskrepanz<br />
von Selbst<strong>und</strong><br />
Fremdwahrnehmung<br />
Mangel an<br />
Vorbildern<br />
Ein Problem für <strong>Frau</strong>en generell besteht darin, die verschiedenen<br />
Rollenbilder, die sich aus den sozialen Rollen <strong>Frau</strong>, Mutter,<br />
<strong>Beruf</strong>sfrau, aber auch Tochter <strong>–</strong> z.B. bei pflegebedürftigen Angehörigen<br />
<strong>–</strong> ergeben, miteinander zu verbinden <strong>und</strong> in Einklang<br />
zu bringen. Für Ingenieurinnen in Minderheitenposition in<br />
einem männlich geprägten <strong>Beruf</strong>sfeld ist dies vielleicht noch<br />
gravierender.<br />
In Medien werden häufig Zerrbilder konstruiert. Deshalb war ein<br />
weitere Schwerpunkt der Tagung die Auseinandersetzung damit,<br />
was als Bild der Ingenieurin konstruiert, gezeigt, verbreitet werden<br />
soll.<br />
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
Verschiedene<br />
<strong>Frau</strong>en,<br />
verschiedene<br />
Lebensentwürfe<br />
Wichtig ist, dass es nicht das Bild von <strong>Frau</strong> schlechthin gibt, die<br />
ideale <strong>Frau</strong>. 1 Wer sollte es sein: die treusorgende Gattin <strong>und</strong> Mutter?<br />
Auch in der Vergangenheit gab es ein solches einheitliches<br />
Wunschbild von <strong>Frau</strong> nicht, auch wenn es im Rückblick so scheinen<br />
mag <strong>und</strong> entsprechende Propaganda daraufhin zu wirken<br />
sucht. Selbst in der Nachkriegszeit <strong>und</strong> in der Adenauerära, ebenso<br />
wie im Dritten Reich (Thema einer parallelen Morgenveranstaltung)<br />
konnten <strong>Frau</strong>en sehr unterschiedliche Lebensentwürfe leben.<br />
Es gibt keinen typisch weiblichen Lebensentwurf, daher auch<br />
kein typisches Abbild von <strong>Frau</strong>, so wie es auch keinen typisch<br />
männlichen Lebensentwurf gibt. <strong>Frau</strong>enbilder sind <strong>–</strong> wie <strong>Frau</strong>enleben<br />
<strong>–</strong> nichts Monolithisches. Selbst im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
waren nicht alle <strong>Frau</strong>en in Fischbeinmieder mit gebauschtem<br />
Rock eingeschnürte <strong>und</strong> von familiären Pflichten eingeengte<br />
Damen. Es gab auch immer wirtschaftlich unabhängige <strong>Frau</strong>en.<br />
Dazu seien nur einige wenige Namen von berühmten Ahninnen<br />
heutiger selbstbewusster <strong>und</strong> selbst bestimmt lebender <strong>Frau</strong>en<br />
erwähnt: aus hellenistischer Zeit die Philosophin Aspasia,<br />
Mathematikerin <strong>und</strong> Leiterin einer Eliteuniversität 2 ; aus der Zeit<br />
der französischen Revolution Olympe de Gouge <strong>und</strong> Mary Wollstonecraft<br />
3 , die vehement für <strong>Frau</strong>enrechte gefochten haben oder<br />
auch Hedwig Dohm (1831<strong>–</strong>1919) 4 , die eine widersprüchliche<br />
Mischung aus geistiger Unabhängigkeit <strong>und</strong> familiärer Geb<strong>und</strong>enheit<br />
gelebt hat. Eines war den meisten von ihnen allerdings<br />
gemeinsam <strong>–</strong> die auch heute noch ewige Frage der Vereinbarkeit<br />
von Familie <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong>.<br />
1 Vgl. Christiane Eifert: <strong>Frau</strong>enbilder nach 1945: Die „ideale“ <strong>Frau</strong> <strong>und</strong> ihre Arbeit. In:<br />
Reader <strong>Frau</strong>enbilder, hrsg. Vom MGSFF NRW, zusammengestellt von Ulrike Schultz.<br />
Düsseldorf 2004, S. 23; einsehbar unter: http://www.callnrw.de/broschuerenservice/<br />
download/1259/frauenbilder-reader.pdf oder http://www.vings.de/kurse/wissensnetz/<br />
reader/frauenbilder-reader.pdf. Druckexemplare können unentgeltlich bestellt werden<br />
über: info@mgffi.nrw.de bzw. die Maske unter http://www.callnrw.de/broschuerenservice/commons/index.php?lid=15<br />
eingestellt unter „L“ <strong>–</strong> Landesweite Aktionswochen.<br />
2 Ruth Hagengruber: <strong>Frau</strong>en in der Geschichte der Wissenschaft. In: Reader <strong>Frau</strong>enbilder<br />
a.a.O. S. <strong>11</strong><br />
3 Karin Priester: Mary Wollstonecraft: ein Kampf gegen Vorurteile <strong>und</strong> für <strong>Frau</strong>enrechte.<br />
Reader <strong>Frau</strong>enbilder a.a.O. 13<br />
4 Gisela Shaw: Hedwig Dohm (1831 <strong>–</strong> 1919). <strong>Frau</strong>enrechtlerin <strong>und</strong> Schriftstellerin:<br />
„...<strong>und</strong> so war sie die geworden, die sie eben war.“ In: Reader <strong>Frau</strong>enbilder a.a.O. S. 16.
<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
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Input: Wahrnehmungen <strong>und</strong> ihre Bedingungen<br />
Folgende Faktoren sind zu nennen, die in der individuellen <strong>und</strong><br />
auch gruppenweisen <strong>und</strong> kollektiven Wahrnehmung das <strong>Frau</strong>enbild<br />
beeinflussen können:<br />
<strong>–</strong> Herkunft, Ethnie<br />
<strong>–</strong> Wohnort, Region<br />
<strong>–</strong> soziale Schicht<br />
<strong>–</strong> wirtschaftliche Verhältnisse<br />
<strong>–</strong> Alter<br />
<strong>–</strong> Familienstand<br />
<strong>–</strong> Ausbildung<br />
<strong>–</strong> Konfession<br />
<strong>–</strong> Jeweilige Aktivität, <strong>Beruf</strong><br />
So kann der Blick auf dieselbe Person zu sehr unterschiedlichen<br />
Bildern führen. Die Wahrnehmung von <strong>Frau</strong>en ist durch klassische,<br />
überkommene Bilder geprägt. Diese Typisierungen enthalten<br />
einerseits eine Einengung <strong>und</strong> Beschränkung, andererseits<br />
dienen sie der raschen Erfassung komplexer Erscheinungen.<br />
Beispielhaft seien hier folgende<br />
Archetypen <strong>–</strong> Prototypen <strong>–</strong> Stereotypen genannt:<br />
Mythologie<br />
Griech.: Athene, Aphrodite, Demeter, Hera, Persephone etc.<br />
Religion<br />
Maria, Eva, Lilith<br />
Märchen (Sage, Epos)<br />
Böse Stiefmutter, häßliche Alte, schöne Jungfrau, unschuldiges<br />
Kind<br />
C.G. Jung, Psychoanalyse<br />
Die große Mutter (Die Gebärende, Nährende, in der Sexualität<br />
Verschlingende)<br />
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Rechtshandbuch für <strong>Frau</strong>en- <strong>und</strong> Gleichstellungsbeauftragte
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
Abb.: Elemente der großen Mutter: Die Gebärende, Nährende, Verschlingende<br />
Input: Neue Bilder mit kurzer Halbwertszeit<br />
Rollenmodelle:<br />
altersabhängig<br />
<strong>und</strong> kurzlebig<br />
Welche neuen Bilder sind diesen alten entgegenzusetzen? Junge<br />
Mädchen sehen in Mannequins, Sängerinnen, Schauspielerinnen<br />
Rollenmodelle. Die Generation zwischen 20 <strong>und</strong> 30 identifiziert<br />
sich mit den <strong>Frau</strong>en aus „Sex and the City“, wahrscheinlich<br />
weil die heutigen jungen <strong>Frau</strong>en sich auf ihre sexuelle Freiheit<br />
viel zugute halten. Der Generation zwischen 30 <strong>und</strong> 40 gefällt<br />
Ally McBeal, die hyperaktive, jederzeit erreichbare, immer im<br />
Einsatz agierende Anwältin von Ende 30. Ältere bevorzugen<br />
vielleicht Bella Block. Schon an diesen wenigen Beispielen zeigt<br />
sich, dass heutige Bilder vergänglicher sind, eine ganz kurze<br />
Halbwertzeit haben <strong>und</strong> stark durch Medien <strong>und</strong> die Werbung<br />
geprägt sind. Wo bleiben da echte Vorbilder <strong>und</strong> Leitbilder?<br />
Das <strong>Frau</strong>enbild in Medien <strong>und</strong> Werbung 1 ist wegen der Kommerzialisierung<br />
der Medien stark sexualisiert nah dem Motto: Sex<br />
sells. Es werden idealisierte Glanzbilder verkauft. Der Alltag ist<br />
banal. Da nach dem sogenannten „visual turn“ 2 Bildmedien führend<br />
für die Wahrnehmung sind, wird die Körperlichkeit überbetont,<br />
insbesondere die der <strong>Frau</strong>en. Für die weibliche Selbstwahrnehmung<br />
tückisch ist die Vermittlung unrealisierbarer Körper-<br />
1 vgl. Nicole Wilk: Und wen reißen wir jetzt auf?“- Über den pseudoemanzipatorischen<br />
Wandel des <strong>Frau</strong>enbildes in der Werbung. In: Reader <strong>Frau</strong>enbilder a.a.O., S.190<br />
2 Bilder beeinflussen Wahrnehmungen <strong>und</strong> Erkenntnisse. Auch pictorial oder iconic turn<br />
genannt.
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Ulrike Schultz<br />
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ideale, die zu einer bei <strong>Frau</strong>en häufig zu findenden, gefährlichen<br />
Unzufriedenheit mit dem Körper führt. Alles dieses liefert Gründe,<br />
warum Ingenieurinnen in Medien kaum vorkommen: Arbeit, die<br />
nach Mühe oder Schweiß riecht, gilt für Abbildungen als uninteressant.<br />
Ausnahmen sind <strong>Konstruktionen</strong> wie die schicke Architektin<br />
im gestylten Büro, ein Bild, das mit der Realität auch nur<br />
wenig gemein hat. Wichtig ist auch noch einmal hervorzuheben,<br />
dass <strong>Frau</strong>en nicht in gleicher Proportion wie Männer abgebildet<br />
werden <strong>und</strong> dass es einen ganz typischen männlichen Blick auf<br />
<strong>Frau</strong>en gibt, der sich am Prototyp unschuldige <strong>Frau</strong> (Maria) <strong>und</strong><br />
der Verkörperung der <strong>Frau</strong> als Verführerin (Eva, Lilith) orientiert. 1<br />
Diese konstruierten Bilder bergen den Nachteil, dass gewisse<br />
Standarderwartungen daraus resultieren: z.B. häufig die, dass<br />
<strong>Frau</strong>en lieb, brav, gut sind oder sein sollten. Wenn man dann<br />
noch die stereotype Vorstellung hinzunimmt: <strong>Frau</strong>en bekommen<br />
Kinder, <strong>Frau</strong>en sind durch Hausarbeit geb<strong>und</strong>en, kann sich <strong>–</strong><br />
ergänzt um andere der klassischen Wahrnehmungen <strong>–</strong> als logische<br />
Schlussfolgerung ergeben:<br />
<strong>–</strong> <strong>Frau</strong>en sind schwächer<br />
<strong>–</strong> <strong>Frau</strong>en sind (zu) emotional<br />
<strong>–</strong> <strong>Frau</strong>en sind unberechenbar<br />
<strong>–</strong> <strong>Frau</strong>en sind unzuverlässig, wechselhaft<br />
Dass diese Art vermuteter Eigenschaften <strong>Frau</strong>en im <strong>Beruf</strong> das<br />
Leben nicht einfacher machen, liegt auf der Hand.<br />
Durch diese Tour d´Horizon durch Bilder von <strong>Frau</strong>en angeregt,<br />
wurden die Teilnehmerinnen gebeten, am Image der Ingenieurin<br />
(„Ich als Ingenieurin“) zu arbeiten <strong>und</strong> in einer Gruppenarbeit in<br />
3-er Gruppen sich mit folgenden Fragen auseinander zu setzen.<br />
Was verkörpert für Sie eine Ingenieurin?<br />
<strong>–</strong> Wie werden Sie wahrgenommen?<br />
<strong>–</strong> Wie wollen Sie wahrgenommen werden?<br />
<strong>–</strong> Was ist Ihr Wunschbild, wie möchten Sie sein?<br />
Das Bild der<br />
Ingenieurin<br />
1 Vgl. Schultz, Ulrike: <strong>Frau</strong>enbilder in Medien <strong>und</strong> Werbung, hier im Handbuch<br />
VD23<br />
Rechtshandbuch für <strong>Frau</strong>en- <strong>und</strong> Gleichstellungsbeauftragte
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
negative<br />
Zuschreibungen<br />
Es sollten einerseits auf Karten die positiven Eigenschaften <strong>und</strong><br />
Elemente, mit denen die Teilnehmerinnen wahrgenommen werden<br />
wollen, notiert werden <strong>und</strong> andererseits die Zuschreibungen,<br />
die sie als hinderlich empfinden. Das Ergebnis der Gruppenarbeit<br />
sah so aus:<br />
positive<br />
Eigenschaften
<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
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Als positive Eigenschaften wurden besonders hervorgehoben:<br />
Kompetenz, Durchsetzungsvermögen. Diese berufstypisch erworbenen<br />
Eigenschaften stehen also im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Ich hatte vorher aufgr<strong>und</strong> der Ergebnisse einer von mir geleiteten<br />
Arbeitsgruppe, die über Juristinnen arbeitet, 1 folgende Antwortmöglichkeiten<br />
erwogen:<br />
<strong>–</strong> Wie werden Sie (<strong>Frau</strong> im Männerberuf) wahrgenommen?<br />
• als Mannweib, asexuell?<br />
• als unerwünschte Konkurrenz <strong>–</strong> schwächer?<br />
<strong>–</strong> Wie wollen Sie wahrgenommen werden?<br />
• als Ingenieurin, ganz normal?<br />
• als <strong>Frau</strong>, die besonderen Beitrag zum <strong>Beruf</strong> leisten kann?<br />
Erstaunlicherweise wurde die Wahrnehmung „Mannweib, asexuell“,<br />
die von Richterinnen in unseren international vergleichenden<br />
Untersuchungen angegeben wurden, hier nicht erwähnt.<br />
Erwartungen<br />
erhöhen den<br />
Druck<br />
Input: Geschlechtsspezifische Stolpersteine <strong>und</strong> Hindernisse<br />
Die negativen Zuschreibungen <strong>und</strong> Elemente hindern, dass<br />
<strong>Frau</strong>en so wahrgenommen werden, wie Sie wahrgenommen<br />
werden wollen: Dies schafft geschlechtstypische Stolpersteine.<br />
Es gibt, <strong>und</strong> auch dies ist ein Ergebnis aus unseren Juristinnenuntersuchungen,<br />
klare geschlechtsspezifische Verhaltenserwartungen.<br />
In dem im September erschienenen ZEIT-Editorial zum<br />
Feminismus schrieb die Tagesschau-Sprecherin Anne Will: Wir<br />
kämpfen gegen die permanente Charme Erwartung. Erwartete<br />
weibliche Eigenschaften sind üblicherweise:Verständnis, Einfühlungsvermögen,<br />
Zurückhaltung, Nachgiebigkeit, Fleiß.<br />
Diese Erwartungen führen im Reflex zu Erwartungs-Erwartungen.<br />
Intuitiv möchte jede den an sie gerichteten Erwartungen<br />
nachkommen, auch wenn die nicht den typischen Eigenschaften<br />
1 Schultz, Ulrike / Shaw, Gisela, Hrsg.: Women in the World´s Legal Professions. Oxford:<br />
Hart 2003<br />
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
<strong>und</strong> Verhaltensweisen entsprechen, die beruflich mit Erfolg <strong>und</strong><br />
Geld verdienen konnotiert sind. Bei <strong>Frau</strong>en führen sie häufig zu<br />
Selbstzweifeln <strong>und</strong> dem berühmten weiblichen Helferleinsyndrom.<br />
Als weitere aufgr<strong>und</strong> von Erwartungen selbst konstruierte<br />
Hindernisse kommen hinzu: Perfektionismus, Rücksichtnahme<br />
<strong>und</strong> eilfertiges Übernehmen von Schuld bei Mängeln <strong>und</strong> Problemen.<br />
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob<br />
<strong>Frau</strong>en es überhaupt „recht“ machen können: Kommen Sie den<br />
geschlechtsspezifischen Verhaltenserwartungen nach, dekonstruieren<br />
sie sich als tüchtige <strong>Beruf</strong>sfrau. Konterkarieren sie die<br />
Verhaltenserwartungen <strong>und</strong> entsprechen nicht dem weiblichen<br />
Stereotyp sind sie unweiblich <strong>und</strong> damit nicht liebens- <strong>und</strong><br />
begehrenswert. <strong>Frau</strong>en folgen daher einer anderen inneren<br />
Stimme als Männer:<br />
Die inneren Hindernisse<br />
komparativ <strong>–</strong><br />
absolut<br />
<strong>Frau</strong>en denken eher komparativ, Männer eher absolut. Dieses<br />
Sich-selbst-Vergleichen, Relativieren hindert die Tatkraft, entmutigt,<br />
lähmt.<br />
• W: Ich bin schlechter als ... X ist schöner als ich<br />
• M: Ich bin der Größte/Beste<br />
(auch wenn ich es vielleicht nicht bin)<br />
Weitere Beispiele für unterschiedliche innere Stimmen:<br />
• W: Ich muß meine Arbeit besonders gut/sorgfältig/<br />
gewissenhaft/sorgsam erledigen<br />
• M: Es ist schon immer gut gegangen, <strong>und</strong> ich habe<br />
es hinbekommen<br />
• W: Das, was ich tue, ist nichts Besonderes<br />
• M: Ich bin toll, alles was ich tue, ist toll<br />
• W: Ich darf mich nicht anpreisen, vordrängeln,<br />
ich darf nicht auffallen<br />
• M: Ich bin der Größte
<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
<strong>11</strong>/1.2<br />
Seite 13<br />
• W: Man hat mich um einen Gefallen gebeten.<br />
Ich muß helfen, gefallen. 1<br />
• M: Habe leider keine Zeit, bin so wichtig,<br />
frag doch <strong>Frau</strong> X, die wird sich freuen, Dir zu helfen<br />
• W: Ich bin schuld<br />
• M: Die Umstände haben es verursacht. Ich bin richtig<br />
(vgl. I am o.k., you´re o.k. von Thomas Harris)<br />
• W: Ich darf nicht wehtun<br />
• M: Hauptsache ich siege<br />
• W: Ich weiß nicht, ob ich das kann<br />
• M: Ich kann alles<br />
• W: Ich weiß nicht recht, ob ich Karriere machen will,<br />
ich will gefragt, entdeckt werden<br />
• M: Let´s do it<br />
<strong>11</strong>.1.3 <strong>Frau</strong>enbilder: Verändern Ingenieurinnen<br />
den <strong>Beruf</strong>, verändert der <strong>Beruf</strong> die<br />
Ingenieurinnen?<br />
Abschließend haben wir uns mit der Frage auseinender gesetzt,<br />
welche Auswirkungen die <strong>Frau</strong>enbilder <strong>und</strong> ihre Wahrnehmungen<br />
haben, ob also der <strong>Beruf</strong> die Ingenieurinnen ändert oder ob<br />
die Ingenieurinnen den <strong>Beruf</strong> ändern.<br />
Verändert der <strong>Beruf</strong> <strong>Frau</strong>en? <strong>Frau</strong>en heute haben <strong>–</strong> <strong>und</strong> das ist<br />
Folge von Anpassungsprozessen in männlich geprägten <strong>Beruf</strong>sfeldern<br />
<strong>–</strong> eine<br />
<strong>–</strong> tiefere Stimme<br />
<strong>–</strong> veränderte Körpersprache<br />
<strong>–</strong> optisch: andere Kleidung<br />
1 Dies erinnert mich immer daran, dass meine Mutter mich dauernd ermahnt hat: „Sei<br />
gefällig. Die ... ist viel gefälliger als Du.“<br />
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Rechtshandbuch für <strong>Frau</strong>en- <strong>und</strong> Gleichstellungsbeauftragte
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<strong>Frau</strong> <strong>und</strong> <strong>Beruf</strong><br />
Ulrike Schultz<br />
Warum sind Karrierefrauen nicht nur in den Medien so mager?<br />
Gehört auch dieses zu den Änderungen? Magerkeit signalisiert<br />
Selbstbeherrschung, Macht zumindest über sich selbst. Als<br />
Gr<strong>und</strong> angeführt wird auch, dass <strong>Frau</strong>en sich in klassischer<br />
Selbstrücknahme dünne machen, möglichst wenig Platz einnehmen<br />
wollen. Durch Magerkeit wird das Leitbild von Mütterlichkeit<br />
„gelöscht“, <strong>Frau</strong>en werden dadurch ein Gegenmodell zum<br />
Bild der Gebärenden, Nährenden.<br />
Verändern<br />
<strong>Frau</strong>en den<br />
<strong>Beruf</strong>?<br />
Spontan wurde angeführt, dass sie das (emotionale) Klima in<br />
Betrieben <strong>und</strong> Arbeitsgruppen verbessern. Sie stärken die Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Kooperation. <strong>Frau</strong>en legen keinen Wert auf Hierarchien.<br />
Sie bemühen sich um den Abbau von Autorität <strong>und</strong><br />
auch Abbau von Konkurrenz gegenüber KollegInnen. Sie schaffen<br />
Transparenz, hüten nicht Herrschaftswissen.<br />
Ist dies der Weg zur schönen neuen Welt in der <strong>Beruf</strong>sarbeit?<br />
<strong>Beruf</strong>ssoziologische Ergebnisse schütten Essig in den Wein:<br />
Wenn <strong>Frau</strong>en in größerem Maße in <strong>Beruf</strong>sfelder eindringen <strong>und</strong><br />
diese „verweiblichen“ führt dies üblicherweise zu Prestige- <strong>und</strong><br />
Machtverlust <strong>und</strong> gemindertem Einkommen. Die Zunahme an<br />
weiblichen Lehrenden an Universitäten bei gleichzeitiger Einführung<br />
neuer, schlechterer Besoldungsstrukturen könnte dieses<br />
Theorem erneut bestätigen. Allerdings führt nicht nur die Feminisierung<br />
zu veränderten Strukturen im <strong>Beruf</strong>sleben. Es wirken<br />
genauso: die Globalisierung, Europäisierung, die immer weitere<br />
Ökonomisierung des <strong>Beruf</strong>slebens. Insofern sollten die Ingenieurinnen<br />
wie alle <strong>Frau</strong>en sich negative Effekte nicht zuschreiben<br />
lassen, sondern mit Elan <strong>und</strong> Energie weiterkämpfen: um<br />
den ihnen zustehenden Platz in der Gesellschaft, im <strong>Beruf</strong>, in der<br />
Wirtschaft <strong>–</strong> <strong>und</strong> in ihrer Familie. Und auch deshalb ist es so<br />
wichtig, dass die Ingenieurinnen wie alle <strong>Frau</strong>en keine falschen<br />
Bilder von sich zeichnen lassen, sondern auf realistischen Darstellungen<br />
von sich in ihren unterschiedlichen Rollen drängen<br />
<strong>und</strong> an der Konstruktion dieser Bilder mitwirken.