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Unterbezahlt: Assistenten verlassen Uni - Studentische ...

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NLZ Neue Luzerner Zeitung vom 29.09.2012 Seite 21lzhp<br />

Luzern<br />

<strong>Unterbezahlt</strong>: <strong>Assistenten</strong> <strong>verlassen</strong> <strong>Uni</strong><br />

Sasa Rasic<br />

sasa.rasic@luzernerzeitung.ch<br />

Anstellungen an der <strong>Uni</strong>versität sind prestigeträchtig. So ist die landläufige Meinung. Eine<br />

interne Studie der <strong>Uni</strong> Luzern, die im Internet veröffentlicht wurde, zeigt aber: Die hiesigen<br />

Assistenz- und Oberassistenzstellen für Nachwuchswissenschaftler sind derzeit nur<br />

vermeintliche Traumjobs. Insbesondere die Löhne schlagen den jungen Forschern auf den<br />

Magen. Auf den ersten Blick wirkt der Verdienst stattlich: Für die Anstellungen, die in der<br />

Regel mit 50 Stellenprozenten bemessen sind, erhalten sie jährlich rund 50 000 Franken<br />

brutto. Der Haken: Die tatsächliche Arbeitsbelastung liegt im Schnitt bei 41 Stunden pro<br />

Woche, was in etwa einer Vollzeitstelle entspricht. Der so genannte Mittelbau der <strong>Uni</strong>versität<br />

Luzern, mit <strong>Assistenten</strong> und Forschungsmitarbeitenden, zählte Ende 2011 in Luzern 288<br />

Personen. Zum Vergleich: Ein ordentlicher Professor verdient in Luzern laut Zahlen der<br />

Schweizerischen <strong>Uni</strong>versitätskonferenz rund 140 000 bis 185 000 Franken.<br />

Doktorarbeiten in der Freizeit<br />

In Gesprächen wird deutlich: Für viele der sehr gut und lange Ausgebildeten sind die<br />

Anstellungsbedingungen nur schwer tragbar. Besonders betroffen sind Mitarbeitende mit<br />

familiären Verpflichtungen. So hat etwa bei der Studie keine einzige der befragten Personen<br />

den Satz «Die finanzielle Ausstattung akademischer Mittelbaustellen ist ausreichend hoch, um<br />

Familie zu haben oder sich um Angehörige zu kümmern» als zutreffend angekreuzt.<br />

Die Vollzeit-Belastung bei einer Teilzeit-Bezahlung hat folgenden Hintergrund: Neben der<br />

Tätigkeiten am Lehrstuhl sind die Mitarbeitenden verpflichtet, ihre eigenen wissenschaftlichen<br />

Arbeiten zu verfassen. Dazu zählen Dissertationen oder Habilitationsschriften, die als<br />

Voraussetzung für eine weitere akademische Karriere gelten. Dass dafür Zeit während der<br />

bezahlten Arbeitszeit zur Verfügung gestellt wird, ist im Reglement für wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter festgelegt. Doch in der Realität sieht es oft anders aus. «Viele sind so mit ihren<br />

weiteren Aufgaben beschäftigt, dass zu wenig Raum für die eigene Forschungsarbeit bleibt,<br />

sagt Luca Tratschin, Vorsitzender der Mittelbauvereinigung und Assistent am Soziologischen<br />

Seminar der <strong>Uni</strong>versität Luzern.<br />

Die Studie zeigt, dass 63 Prozent der <strong>Assistenten</strong> ihre eigenen Arbeiten ausserhalb der<br />

vertraglichen Arbeitszeit, also in ihrer Freizeit, schreiben. Bei den dienstälteren<br />

Oberassistierenden sind es 47,1 Prozent. Neben der Arbeit für den Lehrstuhl und der eigenen<br />

Forschungstätigkeit ist es somit weitgehend unmöglich, über Nebenverdienste das Gehalt<br />

aufzubessern.<br />

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Der Wert eines Doktortitels<br />

«Die Situation ist problematisch, da die Mitglieder des Mittelbaus, abgesehen von der<br />

Entlöhnung, gerne an der <strong>Uni</strong> beschäftigt sind. Die Zusammenarbeit mit den Professoren wird<br />

in der Regel als sehr gut angesehen», sagt Nadja Miczek, Mitverfasserin der Studie. Der<br />

Mittelbau engagiere sich gerne in Forschung, Lehre und Betreuung der Studenten. Ein<br />

wichtiger Aspekt, wenn man bedenkt, dass Studienanfänger als Entscheidungsgrund für den<br />

Standort Luzern immer wieder das gute Betreuungsverhältnis an der eher kleinen <strong>Uni</strong> nennen.<br />

Miczek: «Die angespannte finanzielle Situation führt dazu, dass viele Mitglieder des Mittelbaus<br />

trotz hoher Motivation bereit sind, die <strong>Uni</strong> Luzern für ein besseres Angebot zu<br />

<strong>verlassen</strong>.» Oder sich gar nicht erst für eine akademische Karriere in Luzern entschieden. So<br />

werde langfristig die Qualität der <strong>Uni</strong> aufs Spiel gesetzt, die auf einen qualifizierten und<br />

engagierten Mittelbau als tragende Säule angewiesen sei. Als sehr problematisch sehen die<br />

Mittelbau-Vertreter die mangelnde Wertschätzung der Dissertation. In Luzern werden<br />

promovierte Mittelbauangehörige üblicherweise als Oberassistierende angestellt. Dieser<br />

Aufstieg wird von der <strong>Uni</strong> mit weniger als 200 Franken Gehaltserhöhung gewürdigt. «Es ist<br />

klar, dass die Privatwirtschaft nicht immer etwas mit Doktortiteln anfangen kann. Aber dass<br />

ausgerechnet der <strong>Uni</strong> eine Promotion derart wenig wert ist, gibt zu denken», sagt der<br />

Mittelbau-Vorsitzende Tratschin.<br />

Michael Bloch, Oberassistent am philosophischen Seminar, bringt die Situation so auf den<br />

Punkt: «Die <strong>Uni</strong> Luzern will sozusagen in der 1. Klasse fahren, ist aber nur bereit für ein 2.-<br />

Klasse-Billett zu zahlen.» Das Sparen beim Mittelbau sei eine kurzfristige Lösung, die sich<br />

rächen könnte. Langfristig gefährde die <strong>Uni</strong>versität mit dieser Strategie die Förderung des<br />

eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />

Noch schweigt die <strong>Uni</strong>-Leitung<br />

Zurzeit laufen mit der <strong>Uni</strong>-Leitung Gespräche über die Situation des Mittelbaus, sagt Nadja<br />

Miczek. Diese würden sich aber immer wieder in die Länge ziehen. «Durch die Fluktuation im<br />

Mittelbau dauert es halt länger, bis die wechselnden Ansprechpartner wieder Verhandlungen<br />

führen können.»<br />

Die Leitung der <strong>Uni</strong>versität richtet aus, dass eine Stellungnahme zur Studie in Arbeit ist und<br />

Mitte nächster Woche vorliegen soll.<br />

[An der <strong>Uni</strong>versität Luzern sind 70 Professoren angestellt.] [An der <strong>Uni</strong>versität Luzern<br />

sind 70 Professoren angestellt.] [An der <strong>Uni</strong>versität Luzern sind 70 Professoren<br />

angestellt.]<br />

Zahlen von 2011<br />

Frauenanteil ungewöhnlich tief<br />

<strong>Assistenten</strong> ras. In einer internen Studie der <strong>Uni</strong> Luzern zeigt sich ein auffallendes<br />

Ergebnis bezüglich des weiblichen akademischen Nachwuchses. Die Zahl der Frauen im<br />

Mittelbau an der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (KSF) beträgt 36 Prozent, an<br />

der Theologischen Fakultät 38 Prozent und an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät 44<br />

Prozent. Der Schweizer Durchschnitt liegt in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit 57<br />

Prozent und in den Rechtswissenschaften mit 50 Prozent deutlich höher.<br />

Mehr Studentinnen<br />

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Ungewöhnlich dabei ist, dass es an der <strong>Uni</strong> Luzern mehr Studentinnen gibt als Studenten (61<br />

Prozent an der KSF und bei Theologie, 53 Prozent bei den Rechtswissenschaften). Die<br />

Ursachen dafür wurden in der Studie nicht herausgefunden.<br />

[An der <strong>Uni</strong>versität Luzern sind 70 Professoren angestellt.] [An der <strong>Uni</strong>versität Luzern<br />

sind 70 Professoren angestellt.] [An der <strong>Uni</strong>versität Luzern sind 70 Professoren<br />

angestellt.]<br />

Sasa Rasic<br />

Quelle:<br />

Ressort:<br />

Dokumentnummer:<br />

NLZ Neue Luzerner Zeitung vom 29.09.2012 Seite 21lzhp<br />

Luzern<br />

JM20120929001583204<br />

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