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ZGB I: Zusammenfassung Personenrecht - studunilu.ch

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Das <strong>Personenre<strong>ch</strong>t</strong> des S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Zivilgesetzbu<strong>ch</strong>es <br />

Heinz Hausheer <br />

Regina E. Aebi-­‐Müller <br />

§ 1 Einleitung <br />

Personen: <br />

• Subjekte der Re<strong>ch</strong>tsordnung <br />

• Akteure, Träger von Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

-­‐> natürli<strong>ch</strong>e und juristis<strong>ch</strong>e Personen <br />

<strong>Personenre<strong>ch</strong>t</strong>: <br />

• Ums<strong>ch</strong>reibung der Re<strong>ch</strong>tssubjekte <br />

• Re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Status der Re<strong>ch</strong>tssubjekte <br />

• Allgemeiner Teil des <strong>ZGB</strong> und regelt: <br />

o Handlungs-­‐ bzw. Ges<strong>ch</strong>äftsfähigkeit <br />

o Anfang und Ende der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

o Wohnsitz <br />

o Wesentli<strong>ch</strong>e Teile des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

o Namenss<strong>ch</strong>utz <br />

§ 2 Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit <br />

Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit: <br />

• Mögli<strong>ch</strong>keit einer Person, Träger von Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten zu sein <br />

• Zure<strong>ch</strong>enbarkeit von Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

• Re<strong>ch</strong>tsfähige Person = Subjekt der Privatre<strong>ch</strong>tsordnung <br />

-­‐> au<strong>ch</strong> handlungsunfähige Personen sind re<strong>ch</strong>tsfähig! <br />

Aktive Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit: Mögli<strong>ch</strong>keit, Träger von Re<strong>ch</strong>ten zu sein <br />

Passive Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit: Mögli<strong>ch</strong>keit, Träger von Pfli<strong>ch</strong>ten zu sein <br />

Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit na<strong>ch</strong> Bedeutung von Art. 11 <strong>ZGB</strong>: <br />

• jedermann ist ohne weitere Voraussetzungen re<strong>ch</strong>tsfähig -­‐> Fähigkeit! <br />

• Glei<strong>ch</strong>heit der Re<strong>ch</strong>te und Pfli<strong>ch</strong>ten; alle Bürger haben glei<strong>ch</strong>e privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Ausgangslage, <br />

glei<strong>ch</strong>e Mögli<strong>ch</strong>keiten (≠ absolute Glei<strong>ch</strong>heit (Bsp. wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>)) <br />

a) Alter; Bsp. Mutter ents<strong>ch</strong>eidet für Kleinkind <br />

b) Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t; glei<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit von Mann und Frau <br />

c) Gesundheit/Urteilsfähigkeit; Bes<strong>ch</strong>ränkung in der Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit (evt. keine Ehe mögli<strong>ch</strong>) <br />

d) Ehre; früher Mögli<strong>ch</strong>keit der Aberkennung <br />

e) Kindsverhältnis; Bsp. in anderen Ländern haben aussereheli<strong>ch</strong>e Kinder kein Erbre<strong>ch</strong>t <br />

f) Ausländis<strong>ch</strong>e Nationalität oder Wohnsitz im Ausland; Erwerb von Grundstücken in CH ist an <br />

s<strong>ch</strong>weiz. Nationalität geknüpft, bei Doppelbürger z.B. Erbre<strong>ch</strong>t von GB in CH anwendbar <br />

• ausländis<strong>ch</strong>e Personen in CH sind insoweit re<strong>ch</strong>tsfähig, als es ihr Re<strong>ch</strong>t vorsieht <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person wird dur<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>tsordnung erst als Re<strong>ch</strong>tssubjekt ges<strong>ch</strong>affen indem es Re<strong>ch</strong>te <br />

und Pfli<strong>ch</strong>ten erhält <br />

• Tiere, Umwelt, verstorbene natürli<strong>ch</strong>e Personen, jenseitige Wesen, Kollektive-­‐ und Kommandit-­gesells<strong>ch</strong>aften<br />

verfügen über keine Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit! <br />

<br />

1


Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit = Persönli<strong>ch</strong>keit oder Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

Re<strong>ch</strong>tsfähige Person = Re<strong>ch</strong>tssubjekt, Person, Akteur, muss ni<strong>ch</strong>t handlungsfähig/mündig sein <br />

Person/Persönli<strong>ch</strong>keit = glei<strong>ch</strong>zeitig Subjekt sowie Objekt der Re<strong>ch</strong>tsordnung <br />

§ 3 Anfang und Ende der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

I. Beginn der Persönli<strong>ch</strong>keit bzw. der Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit bzw. der Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te: <br />

• Festlegung des Beginns über Ob und Wann der Persönli<strong>ch</strong>keit (Auswirkungen auf <br />

Steuerre<strong>ch</strong>t, Erbre<strong>ch</strong>t, ...) <br />

• Beginn mit Leben na<strong>ch</strong> vollendeter Geburt: <br />

o vollständig aus Mutterleib ausgetreten <br />

o „Leben“ = geringstes Lebenszei<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> Austritt <br />

o Überlebens<strong>ch</strong>ancen müssen ni<strong>ch</strong>t vorhanden sein <br />

II. Re<strong>ch</strong>tsstellung des ungeborenen Kindes <br />

• Ungeborenes Kind = Nasciturus <br />

Ist unter Vorbehalt, dass lebend geboren, re<strong>ch</strong>tsfähig (also bereits im Bau<strong>ch</strong>, seit Zeugung) <br />

Suspensivbedingung: Re<strong>ch</strong>tsverhältnis tritt rückwirkend ein (Lebendgeburt) <br />

Resolutivbedingung: Re<strong>ch</strong>tsverhältnis wird rückwirkend aufgelöst (Totgeburt) <br />

-­‐> Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit des Nasciturus ist geburtsbedingt! <br />

• Totgeburt erlangt nie das Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>t <br />

-­‐> ob (kurze) Lebendgeburt oder Totgeburt hat viele Auswirkungen betreff. Familienre<strong>ch</strong>t, Erb-­re<strong>ch</strong>t,<br />

S<strong>ch</strong>uldre<strong>ch</strong>t, Strafre<strong>ch</strong>t, ... <br />

• Nondum Conceptus (no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gezeugtes Kind) ist ni<strong>ch</strong>t re<strong>ch</strong>tsfähig <br />

III. Ende der Persönli<strong>ch</strong>keit: <br />

• Wesentli<strong>ch</strong>keit des Endes/Todes über Ob und Wann -­‐> Erbre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Folgen <br />

• Mit Tod endet die Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit einer Person <br />

(postmortale Bestimmungsre<strong>ch</strong>te des Toten betreff. Bestattung, Organentnahme und Pietätsge-­fühl<br />

der nahen Angehörigen) <br />

Absoluter Todeszeitpunkt: Angaben von Jahr, Tag und Stunde des Todes <br />

Gehirntod gilt als absoluter Tod <br />

Relativer Todeszeitpunkt: Bestimmung der Reihenfolge des Ablebens mehrerer Mens<strong>ch</strong>en <br />

(Wer überlebt wen? –> erb-­‐/versi<strong>ch</strong>erungs-­‐ und sozialversi<strong>ch</strong>erungs-­‐ <br />

re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> von Bedeutung) <br />

Kommorientenvermutung = Reihenfolge des Ablebens mehrerer Per-­sonen<br />

unklar, Vermutung des glei<strong>ch</strong>zeitigen Todes, wenn ni<strong>ch</strong>ts an-­deres<br />

bewiesen werden kann <br />

§ 4 Beweis von Leben und Tod <br />

Beweisre<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> Art. 8 <strong>ZGB</strong> (objektive Beweislast); <br />

• Beweis bezieht si<strong>ch</strong> auf Sa<strong>ch</strong>umstände, ni<strong>ch</strong>t auf Re<strong>ch</strong>tsnorm <br />

(Bsp: I<strong>ch</strong> muss Verwandts<strong>ch</strong>aft beweisen, damit i<strong>ch</strong> erbe.) <br />

• Re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>en ergeben si<strong>ch</strong> aus materiellem Re<strong>ch</strong>t (Tatbestände der Norm) <br />

• Sondernormen/Spezielle Beweislastverteilung in folg. Fällen: <br />

o Gesetzli<strong>ch</strong>e Anordnung; Art. 97 OR (S<strong>ch</strong>adenersatzleistung, falls Gegenteil/Uns<strong>ch</strong>uld <br />

ni<strong>ch</strong>t bewiesen werden kann) <br />

o Gesetzli<strong>ch</strong>e Vermutung; Art. 255.1 <strong>ZGB</strong> (Kind wird während Ehe geboren, Ehemann als <br />

Vater vermutet) <br />

o Ri<strong>ch</strong>terre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e/natürli<strong>ch</strong>e Vermutung (Ri<strong>ch</strong>ter ents<strong>ch</strong>eidet/vermutet na<strong>ch</strong> GMV) <br />

<br />

2


objektive Beweislast: Regelung der Folgen der Beweislosigkeit („wer bezahlt, wenn er Geri<strong>ch</strong>t verliert“) <br />

subjektive Beweislast: = Beweisführungslast, wer muss Tatsa<strong>ch</strong>en beweisen (Zeugen, Urkunden zeigen) <br />

Vermutung = S<strong>ch</strong>luss von Bekanntem auf Unbekanntes <br />

a) gesetzli<strong>ch</strong>/allgemein: <br />

-­‐ widerlegbar; = Tatsa<strong>ch</strong>en-­‐/Re<strong>ch</strong>tsvermutung (Vaters<strong>ch</strong>aftsvermutung, Kommorientenvermutung) <br />

-­‐ unwiderlegbar; = Fiktion, Gesetz sagt wie es ist und so ist es, basta! (So tun als ob man es wüsste) <br />

b) natürli<strong>ch</strong>/geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>: <br />

= Beweiswürdigung, tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Vermutung <br />

Aufgrund der Umstände ents<strong>ch</strong>eidet/vermutet Ri<strong>ch</strong>ter mit GMV (nackt, im glei<strong>ch</strong>en Bett -­‐> Sex!) <br />

Beweisarten: <br />

• Hauptbeweis: beweislastende Partei beweist Ri<strong>ch</strong>ter die Tatsa<strong>ch</strong>e <br />

(Kind geboren während Ehe, Ehemann ist Vater -­‐> Beweis der Ehe) <br />

• Gegenbeweis: Gegner beweist, dass Hauptbeweis ni<strong>ch</strong>t stimmt <br />

(es bestand keine Ehe zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes) <br />

• Beweis des Gegenteils: Umstossung des vermuteten Hauptbeweises <br />

(Beweis, dass Ehemann ni<strong>ch</strong>t Vater ist (DNA-­‐Test)) <br />

Beweismittel für Geburt und Tod: <br />

besonders/amtli<strong>ch</strong>: Zivilstandsurkunden (Eintragung von Geburt und Tod) <br />

allgemein: Zeugenbeweis, Lei<strong>ch</strong>enuntersu<strong>ch</strong>ung <br />

• Todeserklärung: Eintragung in Todesregister nur bei absolut si<strong>ch</strong>erem Todeseintritt (Explosion) <br />

• Gestaltungsklage: falls Lei<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t auffindbar, Tod aber si<strong>ch</strong>er ist, beim Geri<strong>ch</strong>t eingeben <br />

Wenn Geri<strong>ch</strong>t Gestaltungsklage gutheisst, Eintragung ins Totenregister gewährt <br />

-­‐> direkte Eintragung ohne Gestaltungsklage ist unzulässig <br />

• Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung: wenn Tod nur hö<strong>ch</strong>stwahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> ist, bloss vermutet (Seenot) <br />

Zivilstandswesen unterliegt kt. Aufsi<strong>ch</strong>t und eidg. Oberaufsi<strong>ch</strong>t <br />

Zivilstandsregister wird elektronis<strong>ch</strong> geführt, Privatpersonen haben aber weiterhin Anzeigepfli<strong>ch</strong>t (zur <br />

Beri<strong>ch</strong>tigung des Registers) <br />

§ 5 Vers<strong>ch</strong>ollenheit <br />

Re<strong>ch</strong>tszustand einer Person, deren Tod hö<strong>ch</strong>stwahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>, jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t absolut si<strong>ch</strong>er ist <br />

• Vers<strong>ch</strong>winden in hoher Todesgefahr (Erdbeben, Deportation, Flugzeugabsturz) <br />

• Lange na<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>tenlose Abwesenheit <br />

Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung (auf Antrag Privater, die Re<strong>ch</strong>te ableiten können): <br />

Na<strong>ch</strong> 1 Jahr (bei Vers<strong>ch</strong>winden in hoher Lebensgefahr) bzw. na<strong>ch</strong> 5 Jahren (na<strong>ch</strong> langer, na<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>ten-­loser<br />

Abwesenheit) Gesu<strong>ch</strong> um Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung. <br />

Während mind. 1 Jahr öffentli<strong>ch</strong>e Aufforderung (Zeugen, Informationen) des Ri<strong>ch</strong>ters. <br />

Na<strong>ch</strong> abgelaufener Zeit, Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung dur<strong>ch</strong> Ri<strong>ch</strong>ter, Eintritt der re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Wirkungen. <br />

Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung von Amtes wegen (auf Gesu<strong>ch</strong> Privater): <br />

Wenn Vermisster Vermögen zurückliess, ihm eine Erbs<strong>ch</strong>aft zugefallen ist, er inzwis<strong>ch</strong>en 100 jährigen <br />

geworden wäre. <br />

<br />

3


Wirkungen der Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung: <br />

• Bestehende Ehe wird dur<strong>ch</strong> Vers<strong>ch</strong>ollenheitserklärung ohne weiteres aufgelöst <br />

• Elterli<strong>ch</strong>e Sorge des Vers<strong>ch</strong>ollenen erlis<strong>ch</strong>t mit Vers<strong>ch</strong>ollenheitserklärung <br />

• Erbgang erfolgt mit Vers<strong>ch</strong>ollenheitserklärung (rückbezügli<strong>ch</strong> auf Zeitpunkt der Todesge-­fahr/letzte<br />

Na<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>t; Erben müssen Si<strong>ch</strong>erheit leisten, falls Vers<strong>ch</strong>ollener zurückkehrt <br />

§ 6 Handlungsfähigkeit im Allgemeinen <br />

Handlungsfähigkeit: <br />

Träger von Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

Mögli<strong>ch</strong>keit der eigenen Re<strong>ch</strong>tsgestaltung, dur<strong>ch</strong> eigenes VerhaltenRe<strong>ch</strong>tswirkungen auslösen <br />

Voll handlungsfähig ist, wer volljährig und urteilsfähig ist <br />

Urteilsfähigkeit: <br />

Fähigkeit, vernunftmässig zu handeln, ohne Urteilsfähigkeit keine Re<strong>ch</strong>tswirkung <br />

re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>es Handeln fordert Urteilsfähigkeit <br />

Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit: <br />

Verwaltungs-­‐/Verfügungsfreiheit seiner Re<strong>ch</strong>te und Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

Alles-­‐oder-­‐ni<strong>ch</strong>ts-­‐Prinzip: für konkretes Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft, ist Person entweder voll handlungsfähig oder <br />

ni<strong>ch</strong>t (gilt für Zivilre<strong>ch</strong>t!) <br />

= S<strong>ch</strong>warz-­‐weiss-­‐Prinzip (kein Grau) <br />

Neue Begriffe ab 1.1.2013 im Erwa<strong>ch</strong>senens<strong>ch</strong>utzgesetz: <br />

Unmündigkeit > Minderjährigkeit <br />

Mündigkeit > Volljährigkeit <br />

Vormunds<strong>ch</strong>aft > Umfassende Beistands<strong>ch</strong>aft <br />

Geisteskrankheit > Psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Störung <br />

Geistess<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>e > Geistige Behinderung <br />

Formen der Handlungsfähigkeit: <br />

a) Deliktfähigkeit: Person muss für unerlaubte Handlung zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> einstehen <br />

(Einsi<strong>ch</strong>t in die „Gefährli<strong>ch</strong>keit“ des Verhaltens, Unre<strong>ch</strong>tsbewusstsein) <br />

b) Ges<strong>ch</strong>äftsfähigkeit: Person kann verbindli<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>e Handlungen vornehmen <br />

(Vertragsfähigkeit, Testierfähigkeit, Stiftungserri<strong>ch</strong>tung) <br />

Voraussetzungen der Handlungsfähigkeit/Ges<strong>ch</strong>äftsfähigkeit: <br />

a) Willensbildungsfähigkeit <br />

• Verstandsgemässes Urteilsvermögen <br />

• Realitätsbezug des Urteilsvermögen <br />

• Fähigkeit zur na<strong>ch</strong>vollziehbaren Motivbildung/Willensbildung <br />

• Verhaltens-­‐/Selbstkontrolle <br />

b) Willensumsetzungsfähigkeit <br />

• Gemäss gebildetem Willen zu handlen <br />

• Widerstehung fremder Willensbeeinflussung <br />

⇒ nur wenn Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, ist Urteilsfähigkeit gewährleistet! <br />

<br />

4


Urteilsfähigkeit bei Delikts-­‐/Vers<strong>ch</strong>uldensfähigkeit: <br />

• Fähigkeit, S<strong>ch</strong>ädigungsmögli<strong>ch</strong>keit einsehen <br />

• Fähigkeit, Unre<strong>ch</strong>t der S<strong>ch</strong>adenszufügung erkennen <br />

• Willenskraft, s<strong>ch</strong>ädigendes Verhalten zu unterlassen <br />

Grundlagen der Urteilsunfähigkeit (objektiv): <br />

a) Kindesalter: je na<strong>ch</strong> Entwicklungsstufe ist Kind urteilsfähig, <br />

bei Ges<strong>ch</strong>äftsfähigkeit ist Alter höher angesetzt als bei Deliktsfähigkeit <br />

b) Psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Störung: Krankheitsbilder der Psy<strong>ch</strong>iatrie, Su<strong>ch</strong>tkrankheiten <br />

re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Feststellung der geistigen Beeinträ<strong>ch</strong>tigung führt in bestimmtem Fall zu fehlender Ur-­teilsfähigkeit<br />

<br />

c) Geistige Behinderung: angeborene/erworbene (unfallbedingt) geistige S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>e <br />

psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Störung muss aber ni<strong>ch</strong>t in jedem Fall Urteilsunfähigkeit bedeuten <br />

d) Raus<strong>ch</strong> und ähnli<strong>ch</strong>e Zustände: Alkohol/Drogen; bei S<strong>ch</strong>aden ist Person ersatzpfli<strong>ch</strong>tig, wenn er <br />

seine Uns<strong>ch</strong>uld seines Zustandes ni<strong>ch</strong>t beweisen kann (K.O.-­‐Tropfen?) <br />

Geistige Fähigkeit betagter Mens<strong>ch</strong>en kann Urteilsfähigkeit beeinträ<strong>ch</strong>tigen <br />

Relativität der Urteilsfähigkeit: <br />

• Urteilsfähigkeit wird auf konkretes Handeln einer Person beurteilt (bestimmter Fall) <br />

• Urteilsunfähigkeit kann somit zeitli<strong>ch</strong> und sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> begrenzt sein <br />

• Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Komplexität/Tragweite): je bedeutender die Auswirkung auf die <br />

Handlung, desto höher die Anforderung an die Urteilsfähigkeit <br />

(Testament vs. Bröt<strong>ch</strong>en kaufen) <br />

• Urteilsfähigkeit wird grundsätzli<strong>ch</strong> vermutet; Umkehr der Beweislast zum Beweis der Urteilsun-­fähigkeit<br />

(psy<strong>ch</strong>. Guta<strong>ch</strong>ten) <br />

-­‐> keine Vermutung, wenn objektive Zweifel an Urteilsfähigkeit vorhanden <br />

• Prozessuale Urteilsfähigkeit; abnormale Reaktionen (psy<strong>ch</strong>opathis<strong>ch</strong>er Querulant) <br />

• Versi<strong>ch</strong>erung s<strong>ch</strong>liesst aus oder kürzt Anspru<strong>ch</strong> des Versi<strong>ch</strong>erten, wenn dieser bei bestimmter <br />

Handlung urteilsfähig war, die Tat aber absi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>/grobfahrlässig herbeiführte <br />

Beweislast: <br />

Na<strong>ch</strong> Art. 16 <strong>ZGB</strong>: Urteilsfähig ist Normalfall und wird vermutet. <br />

Wird Urteilsunfähigkeit behauptet, muss diese bewiesen werden -­‐> Umkehr der Beweislast <br />

<strong>Zusammenfassung</strong>: <br />

Fähigkeit Ausserhalb des Prozesses Im Prozess <br />

Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit <br />

Wer kann Träger von Re<strong>ch</strong>ten und <br />

Pfli<strong>ch</strong>ten sein? <br />

Parteifähigkeit <br />

Wer kann Kläger oder Beklagter <br />

sein? <br />

Handlungsfähigkeit Wer kann dur<strong>ch</strong> eigenes Verhalten <br />

Re<strong>ch</strong>te und Pfli<strong>ch</strong>ten begründen, <br />

ändern, aufheben? <br />

Prozessfähigkeit <br />

Wer kann „Angriff“ und „Ver-­teidigung“<br />

ausüben? <br />

Verfügungsfähigkeit <br />

(= Dispositionsfähigkeit) <br />

Wer darf über seine Re<strong>ch</strong>te verfü-­gen?<br />

<br />

Prozessführungsbefugnis <br />

Wer kann über einen streitigen <br />

Anspru<strong>ch</strong> im Prozess verfügen? <br />

<br />

5


§ 7 Vers<strong>ch</strong>iedene Stufen der Handlungsfähigkeit <br />

Stufen der Handlungsfähigkeit: <br />

Zustand der Person Volljährig <br />

Minderjährig <br />

(bzgl. konkrete Handlung) <br />

Urteilsfähig Volle Handlungsfähigkeit Bes<strong>ch</strong>ränkte Handlungsunfähig-­keit,<br />

nur gewisse Handlungsty-­pen/-­‐berei<strong>ch</strong>e<br />

sind re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> <br />

wirksam <br />

Ni<strong>ch</strong>t urteilsfähig Handlungsunfähigkeit Handlungsunfähigkeit <br />

Bes<strong>ch</strong>ränkte Handlungsfähigkeit: volljährig, urteilsunfähig mit Beistands<strong>ch</strong>aft <br />

Bes<strong>ch</strong>ränkte Handlungsunfähigkeit: minderjährig, urteilsfähig <br />

Handlungstypen: <br />

• Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>e Willensäusserung: für mehrseitiges Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft müssen alle Vertrags-­partner<br />

handlungsfähig sein, bei einseitigem Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft (Testament) muss Willensäusserer <br />

handlungsfähig sein. <br />

• Erwerb unentgeltli<strong>ch</strong>er (ohne Bezahlung) Vorteile: Urteilsfähigkeit wird vorausgesetzt. <br />

• Geringfügige Angelegenheiten des tägli<strong>ch</strong>en Lebens: Urteilsfähigkeit vorausgesetzt. <br />

• Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftsähnli<strong>ch</strong>e Willensäusserungen: willensorientierte Verhaltensweisen, Wille führt <br />

keine Re<strong>ch</strong>tsfolge herbei, volle Handlungsfähigkeit als Voraussetzung. <br />

• Tathandlungen/Realakte: Handlungsfähigkeit ni<strong>ch</strong>t vorausgesetzt, Ausnahme: Realakte mit <br />

re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>er Wirkung. <br />

• Unerlaubte Handlungen (Deliktsfähigkeit): Urteilsfähigkeit als Voraussetzung, i.w.S. Vers<strong>ch</strong>ul-­densfähigkeit<br />

<br />

• Hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te: Re<strong>ch</strong>te, die mit Person als Träger des Re<strong>ch</strong>ts untrennbar verbunden <br />

sind; dafür rei<strong>ch</strong>t Urteilsfähigkeit. <br />

Vollständige Handlungsunfähigkeit: <br />

-­‐ Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte von handlungsunfähigen Personen sind ni<strong>ch</strong>tig. <br />

-­‐ Ausservertragli<strong>ch</strong>e Ansprü<strong>ch</strong>e bei Ni<strong>ch</strong>tigkeit in folgenden Fällen: <br />

• Vindikation; Klage des Besitzers auf Eigentumsherausgabe <br />

• Kondiktion; Klage wegen ungere<strong>ch</strong>tfertigter Berei<strong>ch</strong>erung <br />

• Vertragsverletzung (OR 54) <br />

• Billigkeitshaftung (Culpa in contrahendo) <br />

• Irreführung <br />

-­‐ Vertragsni<strong>ch</strong>tigkeit erst, wenn Urteilsunfähigkeit geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> geltend gema<strong>ch</strong>t, wenn Re<strong>ch</strong>tsmissbrau<strong>ch</strong> <br />

bei Berufung auf Handlungsunfähigkeit -­‐> keine Ni<strong>ch</strong>tigkeit <br />

Vertretung: <br />

-­‐ gesetzli<strong>ch</strong>er Vertreter (Eltern/Inhaber der elterli<strong>ch</strong>en Sorge) bzw. Vormund bei Minderjährigen <br />

-­‐ Beistands<strong>ch</strong>aft bei volljähriger, urteilsunfähiger Person <br />

-­‐> Re<strong>ch</strong>tswirkung des Vertreterhandelns tritt unmittelbar beim Vertretenen ein! <br />

Vertreter handelt grundsätzli<strong>ch</strong> alleine für den Handlungsunfähigen <br />

A<strong>ch</strong>tung: -­‐ absolut hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te kann Vertreter ni<strong>ch</strong>t ausführen <br />

-­‐ Eltern dürfen keine Bürgs<strong>ch</strong>aften eingehen, Stiftungen erri<strong>ch</strong>ten, S<strong>ch</strong>enkungen <br />

vornehmen <br />

-­‐ Vormund des Minderjährigen muss bei gewissen Ges<strong>ch</strong>äften Genehmigung der <br />

Erwa<strong>ch</strong>senens<strong>ch</strong>utzbehörde einholen <br />

-­‐ gesetzli<strong>ch</strong>e Vertretung dur<strong>ch</strong> Ehegatten, falls Partner urteilsunfähig wird (gemeinsamer Haushalt) <br />

<br />

6


Vertretungsre<strong>ch</strong>t für: <br />

• Re<strong>ch</strong>tshandlungen betreffend Unterhaltsbedarf <br />

• Ordentli<strong>ch</strong>e Verwaltung des Einkommens <br />

• Befugnis zur Postöffnung <br />

-­‐> ausserordentli<strong>ch</strong>e Vermögensverwaltung bedarf Zustimmung der Erwa<strong>ch</strong>senens<strong>ch</strong>utzbehörde <br />

-­‐ Patientenverfügung; Person, wel<strong>ch</strong>e medizinis<strong>ch</strong>en Massnahmen (ni<strong>ch</strong>t) zustimmt bei <br />

Urteilsunfähigkeit des Patienten <br />

-­‐ Fehlen eines Vertreters; Erwa<strong>ch</strong>senen-­‐/Kindess<strong>ch</strong>utzbehörde ernennt Beistand oder handelt selber <br />

Bes<strong>ch</strong>ränkte Handlungsunfähigkeit: <br />

Urteilsfähige minderjährige Person ist in einzelnen Handlungen einges<strong>ch</strong>ränkt <br />

Mit Zustimmung des gesetzli<strong>ch</strong>en Vertreters kann sie alle Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte vornehmen <br />

Folgende Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte sind ohne Zustimmung mögli<strong>ch</strong>; <br />

• Erledigung geringfügiger Angelegenheiten des Alltags (Migros, Busfahren, Heftli) <br />

• Ausüben hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>te (bei relativhö.p.R; gesetzl. Vertr. zur Handlung bere<strong>ch</strong>tigt) <br />

• Erlangen von unentgeltli<strong>ch</strong>en Vorteilen (S<strong>ch</strong>enkung, ohne zusätzl. Auflagen/Bedingungen) <br />

• Handlungen, die nur Urteilsfähigkeit verlangen (Deliktsfähigkeit) <br />

• Vertretung Dritter (12jähriger ma<strong>ch</strong>t Einkäufe für Mutter) <br />

Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>es Handeln mit Zustimmung des gesetzli<strong>ch</strong>en Vertreters: <br />

• Zustimmung als „Nebenre<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft“; Hauptre<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft ist erst wirksam, wenn Zustim-­mung<br />

erfolgt ist, bleibt Zustimmung aus, ist Ges<strong>ch</strong>äft ni<strong>ch</strong>tig. <br />

• Zeitli<strong>ch</strong>e Unters<strong>ch</strong>iede der Zustimmung: <br />

o Ermä<strong>ch</strong>tigung; vorgängige Zustimmung <br />

o<br />

o<br />

Mitwirkung; glei<strong>ch</strong>zeitige Zustimmung zum Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft <br />

Genehmigung; na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>e Zustimmung, rückwirkende Wirksamkeit des Ges<strong>ch</strong>äfts <br />

-­‐> Genehmigung hat innert angemessener Frist zu erfolgen! <br />

Beistands<strong>ch</strong>aften: <br />

Behördli<strong>ch</strong>e Massnahmen, zum Wohl und S<strong>ch</strong>utz hilfsbedürftiger Personen <br />

Mündig, urteilsunfähig -­‐> umfassende Beistands<strong>ch</strong>aft (handlungsunfähig) <br />

Mündig, teilweise urteilsunfähig -­‐> einges<strong>ch</strong>ränkte Beistands<strong>ch</strong>aft (bes<strong>ch</strong>ränkt handlungsfähig) <br />

Einges<strong>ch</strong>ränkte Beistands<strong>ch</strong>aften: <br />

Beistand einer Person handelt in Regel alleine, für gewisse Ges<strong>ch</strong>äft ist Genehmigung dur<strong>ch</strong> Erwa<strong>ch</strong>sen-­s<strong>ch</strong>utzbehörde<br />

nötig: <br />

• Kündigung eines Mietvertrages <br />

• Abs<strong>ch</strong>luss eines Erbvertrages <br />

• Aufnahme eines Darlehens <br />

Bei bes<strong>ch</strong>ränkter Handlungsfähigkeit kann verbeiständete Person mit oder teilweise ohne Zustimmung <br />

sogar selber handeln (wie urteilsfähiger Minderjähriger); keine Zustimmung bedarf es in folgenden Fäl-­len:<br />

<br />

• Vertretung Dritter <br />

• Erlangen unentgeltli<strong>ch</strong>er Vorteile <br />

• Besorgung geringfügiger Angelegenheiten des tägli<strong>ch</strong>en Alltags <br />

• Ausüben hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>er Re<strong>ch</strong>te <br />

Begleitbeistands<strong>ch</strong>aft: <br />

Unterstützung zur Erledigung bestimmter Angelegenheiten <br />

Keine Eins<strong>ch</strong>ränkung der Handlungsfähigkeit <br />

Vertretungsbeistands<strong>ch</strong>aft: <br />

Bestimmte Angelegenheiten können ni<strong>ch</strong>t selber wahrgenommen werden, Vertretung der Person <br />

<br />

7


Bes<strong>ch</strong>ränkte Handlungsfähigkeit falls nötig <br />

Mitwirkungsbeistands<strong>ch</strong>aft: <br />

Zum S<strong>ch</strong>utz der Person, Handlungen mit Zustimmung des Beistandes (Verkauf einer Liegens<strong>ch</strong>aft) <br />

-­‐> im entspre<strong>ch</strong>enden Berei<strong>ch</strong> ist Person in Handlungsfähigkeit einges<strong>ch</strong>ränkt <br />

Umfassende Beistands<strong>ch</strong>aft: <br />

Bei dauerhafter Urteilsunfähigkeit <br />

Handlungsfähigkeit entfällt von Gesetzes wegen ganz <br />

→ Kombinationen der vers<strong>ch</strong>iedenen Beistands<strong>ch</strong>aften mögli<strong>ch</strong>! <br />

!umfassende Beistands<strong>ch</strong>aft ist ni<strong>ch</strong>t „kombinationsfähig“! <br />

§ 8 Verwandts<strong>ch</strong>aft und S<strong>ch</strong>wägers<strong>ch</strong>aft <br />

Verwandts<strong>ch</strong>aft: <br />

Oberbegriff für natürli<strong>ch</strong>e und Adoptivverwandts<strong>ch</strong>aft; <br />

• natürli<strong>ch</strong>e Verwands<strong>ch</strong>aft: Re<strong>ch</strong>tsverhältnis beruhend auf Blutsgemeins<strong>ch</strong>aft -­‐> natürli<strong>ch</strong>e <br />

Abstammung (Nasciturus gehört au<strong>ch</strong> dazu!) <br />

• Adoptivverwandts<strong>ch</strong>aft: Entstehung neuer gesetzli<strong>ch</strong>er Verwandts<strong>ch</strong>aft –> gesetzli<strong>ch</strong>e Fiktion <br />

(so wie wenn Adoption Eltern/Kind-­‐Verhältnis dur<strong>ch</strong> Geburt begründet hätte) <br />

a) Blutsverwandts<strong>ch</strong>aft: <br />

-­‐ gerade Linie: die eine Person stammt von der anderen ab (Grossvater-­‐Enkel/Mutter-­‐To<strong>ch</strong>ter) <br />

-­‐ Seitenlinie: gemeinsame Vorfahren und ni<strong>ch</strong>t in gerader Linie verwandt (Cousins, Onkel, Bruder) <br />

b) Stiefverwandts<strong>ch</strong>aft: <br />

zwis<strong>ch</strong>en eingebra<strong>ch</strong>ten Kindern der Ehegatten besteht re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> keine Verwandts<strong>ch</strong>aft <br />

Verwandts<strong>ch</strong>aftsbeziehung na<strong>ch</strong> Gradnähe; <br />

a) na<strong>ch</strong> römis<strong>ch</strong>-­‐re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Anknüpfung: Gradnähe na<strong>ch</strong> Anzahl Geburten (1. Grad: Verwandt-­s<strong>ch</strong>aft<br />

zwis<strong>ch</strong>en Eltern/Kind, 2. Grad: zwis<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>wistern) <br />

b) germanis<strong>ch</strong>e Parentelenordnung; erbre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Bedeutung <br />

S<strong>ch</strong>wägers<strong>ch</strong>aft: <br />

Re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Beziehung zwis<strong>ch</strong>en Ehegatten und eheli<strong>ch</strong> oder aussereheli<strong>ch</strong> geborene Verwandte des an-­deren<br />

Ehegatten (Bruder des Ehegatten ist S<strong>ch</strong>wager der Ehegattin) <br />

-­‐> keine S<strong>ch</strong>wägers<strong>ch</strong>aft zwis<strong>ch</strong>en Ehegatten zweier Ges<strong>ch</strong>wister <br />

Voraussetzung und Dauer: <br />

a) Bestehen eines Verwandts<strong>ch</strong>aftsverhältnisses <br />

b) Bestehen einer Ehe <br />

-­‐> S<strong>ch</strong>wägers<strong>ch</strong>aft bleibt au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Auflösung der Ehe bestehen; keine Entstehung neuer <br />

S<strong>ch</strong>wägers<strong>ch</strong>aften <br />

§ 9 Wohnsitz und Heimat <br />

Wohnsitz und Heimat als re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Individualisierungseigens<strong>ch</strong>aften, örtli<strong>ch</strong>e Verknüpfung einer Person <br />

Heimat: <br />

Heimat = Bürgerre<strong>ch</strong>t <br />

• National; Gemeinde-­‐ und Kantonsbürgerre<strong>ch</strong>t <br />

<br />

8


• International; Heimatstaat <br />

Bei mehreren Bürgerre<strong>ch</strong>ten; Heimat = Bürgerort mit engster Beziehung dazu <br />

• Wohnsitz einer der Bürgerorte, gilt dieser Ort als Heimat <br />

• Wohnsitz ni<strong>ch</strong>t an einem der Bürgerorte, gilt Bürgerort, wel<strong>ch</strong>en Betreffenden bzw. Vorfahren <br />

zuletzt erworben haben als Heimat <br />

Erwerb des Bürgerre<strong>ch</strong>tes: <br />

a) Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Normen <br />

-­‐ jeder Ehegatte behält bei Heirat Kantons-­‐ und Gemeindebürgerre<strong>ch</strong>t bei <br />

-­‐ Kind erhält Kantons-­‐ und Gemeindebürgerre<strong>ch</strong>t des Elternteils, dessen Namen es trägt <br />

-­‐ Adoptivkind erhält Bürgerre<strong>ch</strong>t des Adoptivelternteils dessen Name es trägt <br />

b) Öffentli<strong>ch</strong>e Normen <br />

-­‐ Dreistufigkeit; jeder S<strong>ch</strong>weizer besitzt ein Gemeinde-­‐/Kantons-­‐ und Staatsbürgerre<strong>ch</strong>t <br />

Wohnsitz: <br />

Wohnsitz ist wie Heimat ein örtli<strong>ch</strong>er Anknüpfungspunkt für bestimmte Re<strong>ch</strong>tsfolgen <br />

-­‐ Wohnsitz ist notwendig betreffend Re<strong>ch</strong>te und Pfli<strong>ch</strong>ten (Steuern) und diverse Zuständigkeiten (finan-­zielle<br />

Unterstützung) <br />

-­‐ natürli<strong>ch</strong>e Person kann glei<strong>ch</strong>zeitig nur einen zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Wohnsitz haben <br />

Wohnsitzarten: <br />

-­‐ selbständiger/unselbständiger Wohnsitz (unselbständig, Beziehung zu Person/Behörde) <br />

-­‐ primärer/subsidiärer Wohnsitz (subsidiär nur wenn kein primär Wohnsitz vorhanden) <br />

-­‐ materialer/formaler Wohnsitz (material = tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Lebensmittelpunkt/Aufenthaltsort) <br />

-­‐ freiwilliger/gesetzli<strong>ch</strong>er Wohnsitz (gesetzli<strong>ch</strong> wegen Bsp. Abhängigkeit ≈ formal) <br />

Selbständiger Wohnsitz: <br />

Freiwilliger primärer Wohnsitz = Ort, mit Absi<strong>ch</strong>t dauernden Verbleibens, Mittelpunkt der <br />

Lebensverhältnisse <br />

Körperli<strong>ch</strong>e Anwesenheit an einem Ort ist zur Begründung, ni<strong>ch</strong>t aber zur Aufre<strong>ch</strong>terhaltung eines <br />

Wohnsitzes erforderli<strong>ch</strong>. <br />

Absi<strong>ch</strong>t eines dauerhaften Aufenthaltes an besagtem Ort (dauern ≠ permanent, immer -­‐> auf Weiteres) <br />

Konkurrenz Wohnort/Arbeitsort: <br />

Zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Wohnsitz ist Wohnort, solange, Person regelmässig von Arbeit dorthin zurückkehrt <br />

-­‐> persönli<strong>ch</strong>e Beziehung notwendig <br />

sobald engere Beziehung zum Arbeitsort herrs<strong>ch</strong>t (Kaderposition, Arbeitsort als Lebensmittelpunkt) <br />

-­‐> Arbeitsort wird zu Wohnsitz <br />

Aufenthalt zu Sonderzwecken: <br />

„Aufenthalt zum Ausbildungs-­‐/Unterbringungs-­‐/Erziehungs-­‐/Pflegezweck, Spital, Strafanstalt gilt ni<strong>ch</strong>t <br />

als Wohnsitz“ <br />

Alters-­‐/Pflegeheim als neuen Wohnsitz betra<strong>ch</strong>tbar, solange Person urteilsfähig ents<strong>ch</strong>ieden hat <br />

Aufenthalt zu Studienzwecken; widerlegbare Vermutung, dass keine Wohnsitzänderung besteht <br />

-­‐> bei dauerndem Aufenthalt (au<strong>ch</strong> in Ferien), Erwerbstätigkeit und Absi<strong>ch</strong>t des Bleibens kann Vermu-­tung<br />

widerlegt werden <br />

Ges<strong>ch</strong>äftsniederlassung: <br />

Zweck; damit Person (Einzelkaufmann mit Unternehmen an anderen Ort als seinem Wohnort) neben <br />

ihrem Wohnsitz au<strong>ch</strong> am Ort der Ges<strong>ch</strong>äftsniederlassung re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> belangt werden kann. <br />

Wohnsitztatbestände na<strong>ch</strong> Art. 24 <strong>ZGB</strong>: <br />

Notwendigkeit eines Wohnsitzes <br />

Vermeidung mehrerer Wohnsitze <br />

<br />

9


Beweislastumkehr; Behauptung eines neuen Wohnsitzes muss bewiesen werden <br />

Aufenthaltsort = Ort des tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Aufenthaltes einer Person <br />

Abgeleiteter Wohnsitz na<strong>ch</strong> Art. 25 <strong>ZGB</strong>: <br />

-­‐ Eheleute können getrennte Wohnungen haben; Begründung eines selbständigen, neuen Wohnsitzes, <br />

wenn Absi<strong>ch</strong>t des dauernden Verbleibens des Ehegatten am neuen Wohnort erfüllt. <br />

-­‐ Wohnsitz des Kindes ist derjenige der Eltern bzw. Obhutsinhabers (bei bevormundeten Kindern ist <br />

Wohnsitz der Sitz der Kindess<strong>ch</strong>utzbehörde) <br />

-­‐ Wohnsitz des Volljährigen unter umfassender Beistands<strong>ch</strong>aft stehenden ist Sitz der Erwa<strong>ch</strong>senen-­s<strong>ch</strong>utzbehörde<br />

<br />

Zweck des Wohnsitzes sind Zuteilung vers<strong>ch</strong>iedenster Zuständigkeiten: <br />

-­‐ Behördenzuständigkeit (Namensänderung, Adoption) <br />

-­‐ Anknüpfung beim Wohnsitz im <strong>ZGB</strong> (Vaters<strong>ch</strong>aftsanfe<strong>ch</strong>tung) <br />

-­‐ Anknüpfung an Wohnsitz im OR (Revisor einer AG, subsidiärer Erfüllungsort einer Partei) <br />

-­‐ Anknüpfung an Wohnsitz im Prozessre<strong>ch</strong>t (Erbre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Klagen, Ehere<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Gesu<strong>ch</strong>e) <br />

§ 10 Allgemeines zum Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz <br />

I. Begriff <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keit = Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit (Art. 31 <strong>ZGB</strong>) <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keit = Gesamtheit der individuellen Grundwerte einer Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te sind untrennbar mit Person verknüpft <br />

• bedeutendste Persönli<strong>ch</strong>keitsberei<strong>ch</strong>e, die aber ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>liessend gesetzli<strong>ch</strong> verankert sind <br />

o Leben/Gesundheit, Persönli<strong>ch</strong>e Freiheit, Ehre, Identität, Name, Bild/Stimme <br />

II. Grundsätze des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz als Garantie bzw. S<strong>ch</strong>utz einer Lebenswirkli<strong>ch</strong>keit (ni<strong>ch</strong>t als Gewährung ei-­nes<br />

Re<strong>ch</strong>ts) <br />

• Re<strong>ch</strong>tsquellen des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes sind Art. 27 und 28 ff. <strong>ZGB</strong>, der S<strong>ch</strong>utz des Individu-­ums<br />

erstreckt si<strong>ch</strong> aber auf gesamte Re<strong>ch</strong>tsordnung <br />

• Dur<strong>ch</strong> Art. 27/28 ff. <strong>ZGB</strong> wird Individuum unmittelbar ges<strong>ch</strong>ützt (anders bei S<strong>ch</strong>utzfunktion der <br />

übrigen Re<strong>ch</strong>tsordnung) <br />

• Art. 27/28 ff. <strong>ZGB</strong> sind Generalklauseln und konkretisierungsbedürftig <br />

• dur<strong>ch</strong> weite te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>e Entwicklung sind neue Eingriffe in Persönli<strong>ch</strong>keit mögli<strong>ch</strong> geworden, <br />

der Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz ist sehr heterogen, da er viele komplexe Lebensberei<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>ützen muss <br />

III. Charakterisierung der Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te <br />

• eigenständige Kategorie von Re<strong>ch</strong>ten <br />

• allg. subj. Re<strong>ch</strong>te vs. Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te: Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te sind unverzi<strong>ch</strong>tbar mit der Per-­son<br />

verknüpft <br />

• S<strong>ch</strong>utz der ideellen Güter, dur<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>adenersatz/Genugtuung kann jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <br />

Komponente dazukommen <br />

• relativ hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, sie sind i.d.R. vertretungsfeindli<strong>ch</strong> <br />

• sie sind absolute Re<strong>ch</strong>te und gegen alle anderen Re<strong>ch</strong>tssubjekte ri<strong>ch</strong>tbar („erga omnes“) <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te haben negatoris<strong>ch</strong>e Wirkung (Abwehr von faktis<strong>ch</strong>en Eingriffen und re<strong>ch</strong>tli-­<strong>ch</strong>em<br />

Zugriff dur<strong>ch</strong> Dritte) <br />

• sie können grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verjähren (Re<strong>ch</strong>tsmissbrau<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Art. 2 <strong>ZGB</strong> und Einhaltung der <br />

Verjährungsfristen bleiben aber vorbehalten) <br />

• grundsätzli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t übertragbare Re<strong>ch</strong>te, Vermögensre<strong>ch</strong>t können jedo<strong>ch</strong> abgetreten werden <br />

<br />

10


• Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te erlös<strong>ch</strong>en mit Tod der Person, Vermögensansprü<strong>ch</strong>e können jedo<strong>ch</strong> auf die <br />

Erben übergehen sowie au<strong>ch</strong> Urheberre<strong>ch</strong>te übertragen/vererbt werden können <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te als unverzi<strong>ch</strong>tbar; Einwilligung in Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung mögli<strong>ch</strong> <br />

IV. Subjekte des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

• natürli<strong>ch</strong>e Personen <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Personen na<strong>ch</strong> Art. 53 <strong>ZGB</strong> <br />

• Anspru<strong>ch</strong> auf Genugtuung bei juristis<strong>ch</strong>en Personen ist umstritten, da juristis<strong>ch</strong>e Person selbst <br />

keinen „seelis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>merz“ empfinden kann, hö<strong>ch</strong>stens die dahinter stehenden Organpersonen <br />

V. Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en privat-­‐ und öffentli<strong>ch</strong>em Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz <br />

1. Allgemeines <br />

• im öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Verhältnis kann ni<strong>ch</strong>t mehr auf Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong> abgestellt werden, <br />

hier muss auf Grundre<strong>ch</strong>t der persönli<strong>ch</strong>en Freiheit Bezug genommen werden <br />

• im Völkerre<strong>ch</strong>t gewährleisten Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te den S<strong>ch</strong>utz gewisser Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te <br />

2. Abgrenzung zwis<strong>ch</strong>en privat-­‐ und öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>em Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz (Beispiele) <br />

• Freiheitsentzug: ni<strong>ch</strong>t auf Eins<strong>ch</strong>ränkung der körperli<strong>ch</strong>en Bewegungsfreiheit berufen, öf-­fentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es<br />

Verhältnis gegenüber Staat; Respektierung der Grundre<strong>ch</strong>te <br />

• S<strong>ch</strong>reiben an Bundesbehörden: öffentli<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Angelegenheiten, bei Gefühl einer <br />

Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung kann si<strong>ch</strong> Verletzter gegenüber Behörde ni<strong>ch</strong>t auf Art. 28 ff. <br />

<strong>ZGB</strong> berufen <br />

• Privatspital: Patient kann si<strong>ch</strong> gegenüber Arzt auf Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te na<strong>ch</strong> Art. 28 ff. <br />

<strong>ZGB</strong> berufen, der Arzt muss Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund für Eingriff vorlegen, bei Unfall und <br />

zwangsweisen Blutalkoholkontrolle (öff. Re<strong>ch</strong>t) ist Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong> erfolglos <br />

• öffentli<strong>ch</strong>es Spital: je na<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>tsverhältnis unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tslage <br />

o privates Auftragsverhältnis (Chefarzt): Einwilligung des Patienten zwingend nötig <br />

na<strong>ch</strong> Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong> <br />

o Dienstverhältnis zu Spital (Belegarzt): Einwilligung wegen dessen Grundre<strong>ch</strong>t der <br />

persönli<strong>ch</strong>en Freiheit <br />

• Impfzwang: Abgrenzung ob hausärztli<strong>ch</strong>e Impfung oder kantonaler Impfzwang <br />

à Abgrenzung auf Grund der Re<strong>ch</strong>tsfolge wi<strong>ch</strong>tig: Privatarzt vor Zivilgeri<strong>ch</strong>t, öff. Spital dur<strong>ch</strong> <br />

Kanton/Gemeinde vor Geri<strong>ch</strong>t vertreten <br />

3. Verfassungsre<strong>ch</strong>t als Grundlage des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes im öffentli<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong> <br />

Im öff. Re<strong>ch</strong>t wird Persönli<strong>ch</strong>keit primär dur<strong>ch</strong> Grundre<strong>ch</strong>te der Verfassung ges<strong>ch</strong>ützt. Zusätzli<strong>ch</strong> <br />

wirken au<strong>ch</strong> Verwaltungs-­‐ und Prozessre<strong>ch</strong>t, indem sie Befugnisse der Staatsorgane bes<strong>ch</strong>ränken <br />

a. S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> der persönli<strong>ch</strong>en Freiheit <br />

• persönli<strong>ch</strong>e Freiheit als Grundre<strong>ch</strong>t zum S<strong>ch</strong>utz der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

• sie ist Mindestmass zur persönli<strong>ch</strong>en Entfaltungsmögli<strong>ch</strong>keit <br />

• das Grundre<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>ützt Bewegungsfreiheit, körperli<strong>ch</strong>e/geistige Integrität; alle Frei-­heiten,<br />

die für Persönli<strong>ch</strong>keitsentfaltung notwendig sind <br />

b. Eins<strong>ch</strong>ränkung dieser Re<strong>ch</strong>te <br />

• wenn Bes<strong>ch</strong>ränkung auf gesetzli<strong>ch</strong>er Grundlage beruht <br />

• sie im öffentli<strong>ch</strong>en Interesse liegt <br />

• sie verhältnismässig ist <br />

• die verfassungsmässigen Freiheitsre<strong>ch</strong>te ni<strong>ch</strong>t beeinträ<strong>ch</strong>tigt werden <br />

•<br />

c. Hinweis auf weitere, persönli<strong>ch</strong>keitsrelevante Grundre<strong>ch</strong>te <br />

<br />

11


• Meinungsäusserungsfreiheit, Presse-­‐, Kunst-­‐ und Wissens<strong>ch</strong>aftsfreiheit, Handels-­‐ <br />

und Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit à öff. re<strong>ch</strong>tl. Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz <br />

4. Ausstrahlung verfassungsmässiger Re<strong>ch</strong>t auf das Privatre<strong>ch</strong>t und umgekehrt <br />

• alle Re<strong>ch</strong>tsnormen müssen verfassungskonform ausgelegt werden <br />

• Interessenabwägung beider Parteien (indirekte Drittwirkung der Grundre<strong>ch</strong>te) <br />

• man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> Ausstrahlung des Privatre<strong>ch</strong>ts auf öff. Re<strong>ch</strong>ts <br />

5. S<strong>ch</strong>utz der Persönli<strong>ch</strong>keit im Strafre<strong>ch</strong>t <br />

• „nulla poena sine lege“ (nur punktueller Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz mögli<strong>ch</strong>) <br />

• wenn Verhalten in zivil-­‐ und strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t persönli<strong>ch</strong>keitsverletzend ist, werden <br />

Massnahmen kumuliert <br />

6. Eins<strong>ch</strong>ränkung (privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er) Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te <br />

• Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> wird dur<strong>ch</strong> öff. Re<strong>ch</strong>t im Sinne einer besonderen Re<strong>ch</strong>t-­fertigung<br />

einges<strong>ch</strong>ränkt <br />

• Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en Staat und Bürger, Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong> ni<strong>ch</strong>t anwendbar <br />

VI. Abgrenzung von Art. 27 und 28 ff. <strong>ZGB</strong> <br />

1. Na<strong>ch</strong> Art der Beeinträ<strong>ch</strong>tigung <br />

• Art. 27 <strong>ZGB</strong>: S<strong>ch</strong>utz des Individuums/jur. Person vor re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>en Bindungen, die <br />

die persönli<strong>ch</strong>e Freiheit sittenwidrig bes<strong>ch</strong>ränken <br />

à S<strong>ch</strong>utz vor übermässiger re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>er Bindung <br />

(S<strong>ch</strong>utz auf Ebene der Normative, d.h. Bes<strong>ch</strong>ränkungen der Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfts-­‐<br />

/Vertragsfreiheit) <br />

• Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong>: S<strong>ch</strong>utz der Person vor faktis<strong>ch</strong>en Beeinträ<strong>ch</strong>tigungen dur<strong>ch</strong> Dritte inner-­halb<br />

des S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong>es der Persönli<strong>ch</strong>keit. <br />

(S<strong>ch</strong>utz auf Ebene des Faktis<strong>ch</strong>en, Bsp: ehrverletzende Äusserungen, Medizinis<strong>ch</strong>e Eingrif-­fe<br />

ohne Einwilligung, Verletzung der Privat-­‐/Geheimsphäre dur<strong>ch</strong> Spione/Wanze) <br />

2. Na<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>utzri<strong>ch</strong>tung <br />

• Art. 27 <strong>ZGB</strong>: „interner S<strong>ch</strong>utz“, S<strong>ch</strong>utz der Person vor si<strong>ch</strong> selbst <br />

• Art. 28 <strong>ZGB</strong>: „externer S<strong>ch</strong>utz“, S<strong>ch</strong>utz der Person vor Dritten <br />

à Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz eigentli<strong>ch</strong> immer, S<strong>ch</strong>utz der Person gegen Dritte’, do<strong>ch</strong> Art. 27 <strong>ZGB</strong> <br />

kommt nur zur Anwendung, wenn Vertragspartner auf Dur<strong>ch</strong>setzung des verpönten Vertrags <br />

beharrt und somit den Betroffenen in seiner Persönli<strong>ch</strong>keit beeinträ<strong>ch</strong>tigt. <br />

VII. Verhältnis des allgemeinen Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes von Art. 27/28 ff. <strong>ZGB</strong> zu Sondervors<strong>ch</strong>riften <br />

Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz <br />

Im engeren Sinn <br />

Im weiteren Sinn <br />

Form des S<strong>ch</strong>utzes <br />

Art. 27/28 ff. <strong>ZGB</strong>: genereller und umfassender <br />

S<strong>ch</strong>utz dur<strong>ch</strong> Generalklauseln <br />

Weitere Normen (neben Art. 27/28 ff. <strong>ZGB</strong>), die <br />

bestimmte Tatbestände konkret regeln <br />

We<strong>ch</strong>selwirkung zwis<strong>ch</strong>en Art. 27/28 ff. <strong>ZGB</strong> und Sondervors<strong>ch</strong>riften: <br />

Sondervors<strong>ch</strong>riften gründen in allgemeinen Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz, sind aber au<strong>ch</strong> zur Auslegung der Ge-­neralklauseln<br />

in analogen Fällen heranzuziehen. <br />

<br />

12


• Sonderbestimmungen zu Art. 27 <strong>ZGB</strong>: <br />

o Re<strong>ch</strong>t auf Austritt aus Vereinen (Art. 70 <strong>ZGB</strong>): Verhinderung der übermässigen Bindung an <br />

einen Verein <br />

o Mögli<strong>ch</strong>keit des Widerrufs von S<strong>ch</strong>enkungsverspre<strong>ch</strong>en (Art. 250 OR) <br />

• Sonderbestimmungen zu Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong>: <br />

o Re<strong>ch</strong>t des Adoptivkindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung (Art. 268 <strong>ZGB</strong>) <br />

o Genugtuungsanspru<strong>ch</strong> im Falle von Tötung oder Körperverletzung (Art. 47 OR) <br />

§ 11 Der Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz na<strong>ch</strong> Art. 27 <strong>ZGB</strong> <br />

I. Inhalt und S<strong>ch</strong>utzzweck von Art. 27 <strong>ZGB</strong> <br />

• Abs. 1: S<strong>ch</strong>utz der Dispositionsfähigkeit, Verzi<strong>ch</strong>t auf Re<strong>ch</strong>ts-­‐ und Handlungsfähigkeit <br />

unzulässig <br />

• Abs. 2: Gewährleistung der zukunftsorientierten, lebensgestaltenden Ents<strong>ch</strong>ei-­dungsfreiheit,<br />

Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte mit übermässiger Bindung verstossen gegen Persön-­li<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te<br />

<br />

II. S<strong>ch</strong>utz der Dispositionsfähigkeit na<strong>ch</strong> Art. 27 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> <br />

• niemand kann dur<strong>ch</strong> Vertrag oder einseitig re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>e Erklärung auf die <br />

grundsätzli<strong>ch</strong>e Mögli<strong>ch</strong>keit verzi<strong>ch</strong>ten, Pfli<strong>ch</strong>ten zu begründen oder über Bestand-­teile<br />

seines Vermögens zu verfügen <br />

• der Ges<strong>ch</strong>ützte kann ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>uldre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verpfli<strong>ch</strong>tung auf seine sa<strong>ch</strong>-­‐ und <br />

personenbezogene Re<strong>ch</strong>tsstellung verzi<strong>ch</strong>ten <br />

(Bsp: Verspre<strong>ch</strong>en, einen Erbvertrag abzus<strong>ch</strong>liessen, ist na<strong>ch</strong> Art. 27 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> <br />

ni<strong>ch</strong>tig) <br />

III. S<strong>ch</strong>utz der – zukunftsgeri<strong>ch</strong>teten, lebengestaltenden – <br />

Ents<strong>ch</strong>eidungsfreiheit na<strong>ch</strong> Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

1. Allgemeines <br />

• bea<strong>ch</strong>tet s<strong>ch</strong>uldre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verträge (Verpfli<strong>ch</strong>tungsges<strong>ch</strong>äfte), wel<strong>ch</strong>e die Le-­bensgestaltung<br />

des Betroffenen wesentli<strong>ch</strong> beeinflussen <br />

o wegen besonders langer Dauer des Vertrages oder <br />

o wegen Persönli<strong>ch</strong>keitsrelevanz (Bsp. Intimsphäre) der Bindung <br />

• befasst si<strong>ch</strong> mit Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äften, die die Ents<strong>ch</strong>eidungsfreiheit für die Zukunft <br />

bes<strong>ch</strong>ränken sollen <br />

• solange Verhalten dem Willen des Verpfli<strong>ch</strong>teten entspri<strong>ch</strong>t, steht Art. 27 Abs. 2 <br />

<strong>ZGB</strong> ni<strong>ch</strong>t in Frage <br />

• bei diesem Artikel/Absatz handelt es si<strong>ch</strong> um Generalklausel, die nur mit Rück-­si<strong>ch</strong>t<br />

auf die konkreten Umstände des Einzelfalls umzusetzen ist <br />

2. Fallgruppen zu Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

• der S<strong>ch</strong>utz ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> zwei Seiten <br />

o Kernberei<strong>ch</strong> der ges<strong>ch</strong>ützten Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

o Übermass einer re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>en Bindung <br />

• der gewährte S<strong>ch</strong>utz betrifft neben vertragli<strong>ch</strong>en Verpfli<strong>ch</strong>tungen au<strong>ch</strong> Ver-­pfli<strong>ch</strong>tungen,<br />

die dur<strong>ch</strong> Vereinsstatuten/Lizenzverträgen den Sportlern auferlegt <br />

werden <br />

<br />

13


3. Unzulässigkeit zufolge des Gegenstands der Bindung <br />

• einzelne Verpfli<strong>ch</strong>tungen deshalb unzulässig, weil betroffener Berei<strong>ch</strong> gar keine <br />

gültige Verpfli<strong>ch</strong>tung (für Zukunft) zulässt <br />

o Vereinbarungen, die Kernberei<strong>ch</strong> der Persönli<strong>ch</strong>keit tangieren (Bsp: <br />

körperli<strong>ch</strong>e Bewegungsfreiheit, psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Integrität, Intimsphäre) <br />

o Vereinbarungen, die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Freiräume der Person bes<strong>ch</strong>nei-­den<br />

(Bsp. Vereinsfreiheit) <br />

4. Unzulässigkeit zufolge des Ausmasses der Bindung <br />

a) Allgemeines <br />

• Übermass an Bindung in dreifa<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t ers<strong>ch</strong>einbar <br />

o Übermass der Intensität <br />

o Überlange Dauer der Bindung <br />

o Übermass in sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t <br />

b) Beurteilung des Bindungsmasses <br />

• Beurteilung ist eine Frage des no<strong>ch</strong> verbleibenden Spielraumes hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der <br />

Zukunftsgestaltung <br />

• je persönli<strong>ch</strong>keitsnaher die Verpfli<strong>ch</strong>tung, desto grösser muss Spielraum sein <br />

• ents<strong>ch</strong>eidend für die Beurteilung des Übermasses einer Verpfli<strong>ch</strong>tung sind die <br />

Verhältnisse im Zeitpunkt der Geltendma<strong>ch</strong>ung des S<strong>ch</strong>utzes, ni<strong>ch</strong>t jene des <br />

Vertragss<strong>ch</strong>luss <br />

c) Geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Überprüfung des Bindungs(über)masses im S<strong>ch</strong>eidungsre<strong>ch</strong>t als Beispiel <br />

einer gesetzli<strong>ch</strong>en Konkretisierung von Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

• Ehe als besonders s<strong>ch</strong>utzwürdige familiale Versorgungsgemeins<strong>ch</strong>aft <br />

• Einigung der Ehegatten über Unterhaltsbeiträge und Aufgabenteilung <br />

• bei S<strong>ch</strong>eidung sollen si<strong>ch</strong> die Ehegatten über die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Nebenfol-­gen<br />

der Eheauflösung so weit mögli<strong>ch</strong> selber einigen <br />

à S<strong>ch</strong>utz der Ehegatten, dass einer dur<strong>ch</strong> Verzi<strong>ch</strong>t auf seinen gesetzli<strong>ch</strong>en <br />

Anspru<strong>ch</strong>, ni<strong>ch</strong>t seine wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Grundlage gefährdet <br />

5. Insbesondere zum Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en Art. 27 <strong>ZGB</strong> und Art. 2 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> (Re<strong>ch</strong>tsmiss-­brau<strong>ch</strong>)<br />

<br />

• Verträge sollten ni<strong>ch</strong>t auf unbegrenzte Zeit abges<strong>ch</strong>lossen werden können <br />

o Art. 27 <strong>ZGB</strong>; keine übermässige persönli<strong>ch</strong>e und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Ein-­s<strong>ch</strong>ränkung<br />

der Handlungsfreiheit <br />

o Art. 2 Abs. 2 <strong>ZGB</strong>; als Partei auf übermässiger Bindung beharren gilt als <br />

zweckwidrige Re<strong>ch</strong>tsausübung <br />

à Re<strong>ch</strong>tsmissbrau<strong>ch</strong>verbot <br />

IV. Re<strong>ch</strong>tsfolgen einer im Sinne von Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> unzulässigen Bindung <br />

1. Überblick <br />

a) Hintergrund <br />

• bei Art. 27 Abs. 2 geht es um eine personenre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verselbständigung ge-­genüber<br />

Art. 19 und 20 OR <br />

• Art. 27 Abs. 2 verzi<strong>ch</strong>tet auf besondere Re<strong>ch</strong>tsfolgen (anders als Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong>) <br />

• Art. 27 <strong>ZGB</strong> hat in erster Linie Funktion der Erinnerung an eins<strong>ch</strong>lägiges Ver-­tragsre<strong>ch</strong>t<br />

<br />

<br />

14


) Ni<strong>ch</strong>tigkeit im Sinne von Art. 19 und 20 OR als Ausgangspunkt <br />

• „Ni<strong>ch</strong>tigkeit“ = Re<strong>ch</strong>tsfolge des Verbots von Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äften <br />

• beim übermässig bindender Vertragss<strong>ch</strong>liessung ist dieser ni<strong>ch</strong>tig, weil er ge-­gen<br />

gesetzli<strong>ch</strong>e Regel na<strong>ch</strong> Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> verstösst, na<strong>ch</strong> Art. 19 Abs. 1 <br />

OR unzulässig und na<strong>ch</strong> Art. 20 Abs. 1 OR widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> und sittenwidrig ist <br />

c) S<strong>ch</strong>ranken der Ni<strong>ch</strong>tigkeitsfolge <br />

• Teilni<strong>ch</strong>tigkeitstatbestand na<strong>ch</strong> Art. 20 Abs. 2 OR <br />

• Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> hat eigenständige Bedeutung gegenüber Art. 19 / 20 OR <br />

o Einrede des Bindungsübermasses gegenüber Erfüllungsanspru<strong>ch</strong> <br />

o Einrede des na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>en Bindungsübermasses <br />

o clausula rebus sic stantibus <br />

d) Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tsfolgen je na<strong>ch</strong> Anwendungsberei<strong>ch</strong> von Art. 27 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

• Verstoss gegen die guten Sitten auf den hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>en Kernberei<strong>ch</strong> <br />

der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

o anfängli<strong>ch</strong>e Ni<strong>ch</strong>tigkeit; Fälle der re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>en Persönli<strong>ch</strong>-­keitsverletzung<br />

(gute Sitten stehen der re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>en Bin-­dung<br />

gegenüber) <br />

o Übermass der Bindung; Ni<strong>ch</strong>tigkeitsfolge grundsätzli<strong>ch</strong> unangemes-­sen<br />

<br />

2. Re<strong>ch</strong>tsfolge bei ihrem Gegenstand na<strong>ch</strong> unzulässigen Bindungen <br />

• wenn re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>e Bindung den Kernberei<strong>ch</strong> der Persönli<strong>ch</strong>keit als <br />

unzulässig ers<strong>ch</strong>einen lässt à Re<strong>ch</strong>t auf Widerruf <br />

3. Re<strong>ch</strong>tsfolgen bei Übermass der Bindung <br />

• Anpassungmodalitäten übermässig bindender Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte, wenn <br />

hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>er Kernberei<strong>ch</strong> der Persönli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t in Frage steht <br />

o Reduktion der übermässigen Dauer auf ein tragbares Mass <br />

o<br />

o<br />

Einräumung eines Re<strong>ch</strong>ts zur Kündigung des Vertrages <br />

Einräumung eines Re<strong>ch</strong>ts zur Auflösung des Vertrages aus „wi<strong>ch</strong>ti-­gen<br />

Gründen“ <br />

• S<strong>ch</strong>utz gegen Übermass ist hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>er Natur und kann ni<strong>ch</strong>t vererbt <br />

werden <br />

4. S<strong>ch</strong>adenersatzpfli<strong>ch</strong>t <br />

a) Haftung der ges<strong>ch</strong>ützten Person <br />

• wenn Berufung auf S<strong>ch</strong>utz gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten <br />

verstösst, wird derjenige, der S<strong>ch</strong>utz in Anspru<strong>ch</strong> nahm, haftbar <br />

• vorvertragli<strong>ch</strong>e (culpa in contrahendo) oder vertragli<strong>ch</strong>e Haftung <br />

b) Haftung des Vertragspartners <br />

• ein zu ersetzender Folges<strong>ch</strong>aden ist zu ersetzen <br />

• Geltendma<strong>ch</strong>ung dur<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>adenersatz-­‐ oder Genugtuungsklage <br />

• Re<strong>ch</strong>tsgrund des Ersatzanspru<strong>ch</strong>s: Beharren auf übermässigen Bindung und <br />

Verletzung der Persönli<strong>ch</strong>keit des Vertragspartners <br />

<br />

15


§ 12 Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz gemäss Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

I. Grundlagen <br />

1. Inhalt und Zweck von Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

S<strong>ch</strong>utz der natürli<strong>ch</strong>en/juristis<strong>ch</strong>en Person vor persönli<strong>ch</strong>keitsverletzenden faktis<strong>ch</strong>en Beein-­trä<strong>ch</strong>tigungen<br />

von Dritten <br />

2. Kein ausdrückli<strong>ch</strong>es Verbot unerlaubter Eingriffe <br />

stills<strong>ch</strong>weigendes Verbot unbefugter Beeinträ<strong>ch</strong>tigungen fremder Persönli<strong>ch</strong>keitssphären; ergibt <br />

si<strong>ch</strong> aus Mögli<strong>ch</strong>keit des Verletzten, bei Verletzung an Ri<strong>ch</strong>ter zu gelangen <br />

3. Tatbestand von Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

a. Begriff der Persönli<strong>ch</strong>keit: <br />

subjektives Re<strong>ch</strong>t auf Unversehrtheit, Persönli<strong>ch</strong>keit = alles was zur Individualisierung <br />

einer Person dient, Würde und Werthaftigkeit eines Mens<strong>ch</strong>en stehen im Zentrum <br />

b. Verletzung der Persönli<strong>ch</strong>keit: <br />

Verletzung muss gewisse Intensität haben, damit sie als Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung zählt, <br />

unzumutbares/verpöntes Eindringen und na<strong>ch</strong>haltiger Eingriff in Persönli<strong>ch</strong>keitssphäre <br />

c. Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit der Verletzung: <br />

ri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utz der Persönli<strong>ch</strong>keit verlangt; <br />

• Verstoss gegen Gesetz ist widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> <br />

• Vers<strong>ch</strong>ulden ni<strong>ch</strong>t erforderli<strong>ch</strong> <br />

4. Anwendungsberei<strong>ch</strong> <br />

wenn Verletzung im Rahmen eines öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Verhältnis ist oder Haftung dem öffent-­li<strong>ch</strong>en<br />

Re<strong>ch</strong>t untersteht, besteht kein S<strong>ch</strong>utz für die Person dur<strong>ch</strong> Art. 28 ff. <strong>ZGB</strong> <br />

II. Insbesondere zur Voraussetzung der Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit <br />

1. Konkrete Interessenabwägung mittels zweistufiger Vorgehensweise <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keit = absolutes Re<strong>ch</strong>t <br />

• Verletzung der Persönli<strong>ch</strong>keit widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, so lange sie ni<strong>ch</strong>t ausnahmsweise gere<strong>ch</strong>t-­fertigt<br />

ers<strong>ch</strong>eint (Einwilligung, Gesetz, überwiegendes öffentli<strong>ch</strong>es Interesse) <br />

• zweistufiges Vorgehen zur Prüfung des Vorliegens einer Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung: <br />

o Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung? <br />

o Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund? <br />

à Interessenabwägung (Eingriff in Persönli<strong>ch</strong>keit führt somit ni<strong>ch</strong>t in jedem Fall zu <br />

ri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>em S<strong>ch</strong>utz!) <br />

2. Re<strong>ch</strong>tfertigungsgründe im Einzelnen <br />

na<strong>ch</strong> Art. 28 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> werden folgende Re<strong>ch</strong>tfertigungsgründe gewährt: <br />

• Einwilligung des Verletzten <br />

• überwiegendes öffentli<strong>ch</strong>es/privates Interesse (Notwehr und Notstand) <br />

• Gesetz (bei Art. 28 <strong>ZGB</strong> nur privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Normen relevant) <br />

a. Einwilligung des Verletzten <br />

i. Allgemeines <br />

-­‐ bei gültiger Einwilligung des Verletzten entfällt Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit <br />

<br />

16


-­‐ Urteilsfähigkeit als Voraussetzung der Einwilligung <br />

-­‐ Einwilligung muss genügend konkret sein <br />

-­‐ sie muss ni<strong>ch</strong>t ausdrückli<strong>ch</strong> erteilt werden, für Beweis ist dies aber vorteilhaft <br />

ii. Einwilligung bei Urteilsunfähigkeit des Betroffenen (mutmassli<strong>ch</strong>e Einwilligung) <br />

-­‐ in Ausnahmefällen wird mutmassli<strong>ch</strong>e Einwilligung des Betroffenen als Re<strong>ch</strong>t-­fertigungsgrund<br />

betra<strong>ch</strong>tet (Bsp. Notoperation <br />

-­‐ bei ständig urteilsunfähigen Personen ist bei relativ hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>-­ten<br />

die Einwilligung des gesetzli<strong>ch</strong>en Vertreters notwendig <br />

iii. Widerruf der Einwilligung (Art. 27 <strong>ZGB</strong>) <br />

-­‐ Einwilligung kann bis zum Eingriff widerrufen werden <br />

iv. Wirkungslosigkeit der Einwilligung <br />

-­‐ bei Übers<strong>ch</strong>reitung des ges<strong>ch</strong>ützten Re<strong>ch</strong>tsgutes ist Einwilligung ungültig (Bsp: <br />

Verstümmelung, Tötung) <br />

-­‐ Einwilligung kann hier die Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung ni<strong>ch</strong>t aufheben <br />

b. Wahrung höherer Interessen <br />

• wi<strong>ch</strong>tiger Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund in der Medizin <br />

• öffentli<strong>ch</strong>es Interesse = allgemeines Interesse <br />

• private Interessen = Notstand und Notwehr <br />

c. Insbesondere zum Informationsauftrag der Presse <br />

• Berufung auf Informationsauftrag der Presse als bedeutender Re<strong>ch</strong>tfertigungs-­grund<br />

à überwiegendes öffentli<strong>ch</strong>es Interesse <br />

d. Notwehr/Notstand <br />

• Sonderfälle der Interessenabwägung <br />

• sobald Abwehr unverhältnismässig ist, besteht kein überwiegendes Interesse <br />

mehr <br />

e. Re<strong>ch</strong>tfertigung dur<strong>ch</strong> gesetzli<strong>ch</strong>e Spezialbestimmung <br />

• privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Spezialnormen gehen allgemeinen Vors<strong>ch</strong>riften von Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

vor: „lex specialis derogat legi generali“ <br />

• Bsp. Erziehungsre<strong>ch</strong>t der Eltern; Eingriffe in ges<strong>ch</strong>ützte Persönli<strong>ch</strong>keit im Sinne <br />

ihrer Aufgabe gere<strong>ch</strong>tfertigt <br />

• öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Spezialnormen berühren den Berei<strong>ch</strong> von Art. 28 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

ni<strong>ch</strong>t; wenn Staat Einzelperson verletzt, kann si<strong>ch</strong> diese ni<strong>ch</strong>t auf Art. 28 <strong>ZGB</strong> be-­rufen<br />

<br />

à öff.re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Normen kein Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund na<strong>ch</strong> Art. 28 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

III. S<strong>ch</strong>utzumfang von Art. 28 <strong>ZGB</strong> in sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t <br />

1. Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>t als Generalklausel <br />

• Art. 28 <strong>ZGB</strong> setzt Existenz der Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>t voraus, zählt und ums<strong>ch</strong>reib sie aber <br />

ni<strong>ch</strong>t im einzelnen <br />

2. Übersi<strong>ch</strong>t über die wi<strong>ch</strong>tigsten Persönli<strong>ch</strong>keitsgüter im Zusammenhang mit Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

• Physis<strong>ch</strong>e Persönli<strong>ch</strong>keit: körperli<strong>ch</strong>e Integrität und Bewegungsfreiheit <br />

• Affektive Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

• Soziale Persönli<strong>ch</strong>keit: Ehre und informationelle Privatheit <br />

<br />

17


• Re<strong>ch</strong>t auf wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Entfaltung <br />

• Re<strong>ch</strong>t auf den Namen <br />

IV. S<strong>ch</strong>utz der physis<strong>ch</strong>en Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

Eingriffe in die körperli<strong>ch</strong>e Integrität und Bewegungsfreiheit sind grundsätzli<strong>ch</strong> untersagt <br />

1. S<strong>ch</strong>ranken dieses Grundsatzes <br />

a. Einwilligung des Verletzten <br />

• Einwilligung zum ärztli<strong>ch</strong>en Eingriff (Operation) <br />

• Vermutung der Einwilligung bei Befolgung der Spielregeln im Sport <br />

b. Bedürfnisse des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zusammenlebens <br />

• geringfügige Beeinträ<strong>ch</strong>tigungen verstossen ni<strong>ch</strong>t gegen Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

(Behinderung beim Weihna<strong>ch</strong>tsrummel/Sportveranstaltung, kurzes Zurückhal-­ten<br />

einer Person, um etwas mitzuteilen, etc.) <br />

• Anwendungsberei<strong>ch</strong> des Art. 28 <strong>ZGB</strong> ist demna<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Bedürfnisse des <br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zusammenlebens bes<strong>ch</strong>ränkt <br />

2. Insbesondere das Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en Arzt und Patient <br />

a. Allgemeines <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz primär zum S<strong>ch</strong>utz der Freiheit der Selbstbestimmung, se-­kundär<br />

zum S<strong>ch</strong>utz der objektiven Güter (Gesundheit, Wohlbefinden) <br />

• ob medizinis<strong>ch</strong> sinnvoll oder ni<strong>ch</strong>t: es ist nur zulässig, was Patient will <br />

à Lebensrettung vorbehalten <br />

• Arzt verletzt Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>t nur dur<strong>ch</strong> Tun, ni<strong>ch</strong>t aber dur<strong>ch</strong> Unterlassen <br />

b. Erfordernis der Einwilligung des Patienten und die Aufklärung dur<strong>ch</strong> den Arzt <br />

i. Allgemeines <br />

o Aufklärungspfli<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> Arzt, damit Einwilligung gültig zustande kommt <br />

o au<strong>ch</strong> bei alltägli<strong>ch</strong>en/harmlosen Behandlungen ist gewisse Grundinfor-­mation<br />

dur<strong>ch</strong> Arzt nötig <br />

ii. Verletzung der Einwilligungsfreiheit mit mittelbarem Vermögenss<strong>ch</strong>utz <br />

o<br />

bei mangelhafter Aufklärung dur<strong>ch</strong> Arzt, ist er im Falle einer Verletzung <br />

für immateriellen sowie für andere S<strong>ch</strong>äden s<strong>ch</strong>adenersatzpfli<strong>ch</strong>tig <br />

c. Modalitäten der Einwilligung <br />

• ausdrückli<strong>ch</strong>e oder stills<strong>ch</strong>weigende Einwilligung <br />

• mutmassli<strong>ch</strong>e/hypothetis<strong>ch</strong>e Einwilligungen im Arztre<strong>ch</strong>t sehr häufig <br />

• Beweislast für re<strong>ch</strong>tsgenügende Einwilligung trägt Arzt <br />

d. Zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Folgen des ungere<strong>ch</strong>tfertigten ärztli<strong>ch</strong>en Vorgehens <br />

• ungenügende ärztli<strong>ch</strong>e Aufklärung führt zu „Kausalhaftung“ <br />

• Arzt muss S<strong>ch</strong>adenersatz/Genugtuungsforderung leisten <br />

e. Hypothetis<strong>ch</strong>e Einwilligung <br />

• bei Na<strong>ch</strong>weis, dass Patient au<strong>ch</strong> bei ordnungsgemässer Aufklärung Einwilligung <br />

erteilt hätte, ist Arzt von Haftung befreit à keine Kausalität <br />

• massgebend ist, wie si<strong>ch</strong> genau der konkrete Patient ents<strong>ch</strong>ieden hätte <br />

• Beweislast liegt wieder beim Arzt <br />

<br />

18


f. Patientenverfügung und Vorsorgeauftrag <br />

• Vertrauensperson, die im Falle einer urteilsunfähig gewordenen Person, in de-­ren<br />

Namen ents<strong>ch</strong>eidet <br />

• au<strong>ch</strong> Anordnungen für bestimmte Krankheitssituationen erteilen, diese entfal-­ten<br />

bei Eintritt der Urteilsfähigkeit Wirkung und müssen vom Arzt befolgt wer-­den<br />

<br />

3. Befugnis zur Verfügung über die eigene Lei<strong>ch</strong>e <br />

• Organtransplantation, Erdbestattung/Kremation: Ents<strong>ch</strong>eide über Lei<strong>ch</strong>e zu Lebzeiten <br />

• keine Klage in diesem Berei<strong>ch</strong> im Namen des Verstorbenen mögli<strong>ch</strong>, mit Tod endet die <br />

Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

V. S<strong>ch</strong>utz der affektiven (emotionalen) Persönli<strong>ch</strong>keit; <br />

insbesondere der S<strong>ch</strong>utz der Integrität des Gefühlslebens <br />

dur<strong>ch</strong> Art. 28 <strong>ZGB</strong> wird neben Persönli<strong>ch</strong>keit au<strong>ch</strong> der seelis<strong>ch</strong>-­‐emotionale Lebensberei<strong>ch</strong> einer Person <br />

ges<strong>ch</strong>ützt, eine re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verletzung liegt vor, wenn die Gefühlsphäre unmittelbar und na<strong>ch</strong>haltig be-­einträ<strong>ch</strong>tigt<br />

ist, man unters<strong>ch</strong>eidet folgende Fallgruppen: <br />

• Zufügung von physis<strong>ch</strong>em S<strong>ch</strong>merz <br />

• Körperli<strong>ch</strong>e Entstellung <br />

• Leidzufügung dur<strong>ch</strong> Tötung, s<strong>ch</strong>were physis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ädigung eines Angehörigen <br />

• S<strong>ch</strong>utz der Ehe, Familie, Beeinträ<strong>ch</strong>tigung des Ehrgefühls <br />

• Verletzung des Pietätsgefühl (Andenken des Verstorbenen) <br />

• Identität, Kenntnis der eigenen Abstammung <br />

• Drohung, Stalking <br />

1. Zufügung von physis<strong>ch</strong>em S<strong>ch</strong>merz <br />

• wenn der S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> der Persönli<strong>ch</strong>keit s<strong>ch</strong>wer beeinträ<strong>ch</strong>tigt ist, entsteht ein An-­spru<strong>ch</strong><br />

auf Genugtuung <br />

2. Körperli<strong>ch</strong>e Entstellung <br />

• Minderung der Lebensfreude als Folge <br />

• Anspru<strong>ch</strong> auf S<strong>ch</strong>adenersatz, Genugtuung <br />

3. Leidzufügung dur<strong>ch</strong> Tötung oder s<strong>ch</strong>were physis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ädigung eines Angehörigen <br />

• Genugtuungsansprü<strong>ch</strong>e infolge Tötung eines Angehörigen (Ehegatte, nä<strong>ch</strong>ste Verwandt, <br />

Konkubinatspartner) sind in Art. 47 OR geregelt <br />

• wenn die S<strong>ch</strong>merzen des Verlustes so gross sind, dass au<strong>ch</strong> finanzielle Einbussen folgen, <br />

darf Verletzter au<strong>ch</strong> materiellen S<strong>ch</strong>aden geltend ma<strong>ch</strong>en (Erwerbsausfall) <br />

• Reflexgenugtuung; im Zusammenhang mit körperli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>ädigung der Angehörigen <br />

4. Verletzung des Andenkens an den Verstorbenen (Pietätsgefühl) <br />

• Verletzung der weiterbestehende seelis<strong>ch</strong>e Verbundenheit na<strong>ch</strong> Tod eines nahen Ver-­wandten<br />

à S<strong>ch</strong>utz der Person im Pietätsgefühl <br />

5. S<strong>ch</strong>utz der eheli<strong>ch</strong>en und/oder familiären Beziehungen <br />

• ehewidrige/ehebre<strong>ch</strong>eris<strong>ch</strong>e Beziehungen als Verletzung der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

• Anlass zu persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Klagen, S<strong>ch</strong>adenersatz, Genugtuung <br />

<br />

19


VI. S<strong>ch</strong>utz der sozialen Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

Beziehung zwis<strong>ch</strong>en Einzelperson und ihrer sozialen Umwelt (Ehrens<strong>ch</strong>utz, S<strong>ch</strong>utz der informationellen <br />

Privatheit) <br />

S<strong>ch</strong>utz zur Gestaltung der sozialen Beziehungen, Respekt vor der Individualität <br />

1. Zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Ehrens<strong>ch</strong>utz <br />

a. Begriff der Ehre <br />

• Geltung, auf die Person in Gesells<strong>ch</strong>aft Anspru<strong>ch</strong> hat: innere Ehre (Ehrgefühl) <br />

und äussere Ehre (Ruf in der Gemeins<strong>ch</strong>aft) <br />

• Anspru<strong>ch</strong> auf Geltung in zwei Berei<strong>ch</strong>en: mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>-­‐sittli<strong>ch</strong>e Geltung (Ruf) und <br />

sozialer Berei<strong>ch</strong> (gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Geltung) <br />

i. Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>-­‐sittli<strong>ch</strong>e Geltung einer Person (Primärberei<strong>ch</strong> der Ehre): <br />

• Geltungsanspru<strong>ch</strong>, ein a<strong>ch</strong>tenswerter Mens<strong>ch</strong> zu sein <br />

• Respekt, der Person von Mitmens<strong>ch</strong>en erwarten darf <br />

à Berei<strong>ch</strong> betroffen wenn behauptet wird, Frau X. lüge ständig <br />

ii. Gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Geltung einer Person (Sekundärberei<strong>ch</strong> der Ehre) <br />

• Geltungsansprü<strong>ch</strong>e in wesentli<strong>ch</strong>en Lebensberei<strong>ch</strong>en (Sport, Beruf, Poli-­tik,<br />

Armee, ...) <br />

b. Kredit <br />

• Ruf, zahlungsfähig/zahlungswillig zu sein, wird ges<strong>ch</strong>ützt <br />

• bei Vers<strong>ch</strong>uldensna<strong>ch</strong>weis, kann Verletzter S<strong>ch</strong>adenersatz geltend ma<strong>ch</strong>en <br />

c. Abgrenzung zum Strafre<strong>ch</strong>t <br />

• Strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utz geniesst nur mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Berei<strong>ch</strong> <br />

• mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>-­‐sittli<strong>ch</strong>er Berei<strong>ch</strong>: straf-­‐/zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utz <br />

• sozialer Berei<strong>ch</strong>: nur zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utz <br />

d. Relativität der Ehre <br />

• jeder Mens<strong>ch</strong> hat Mindestmass an Mens<strong>ch</strong>enwürde, Grundsockel zu Gute <br />

• Ehrverletzungen in politis<strong>ch</strong>en Belangen werden anders beurteilt, als Verletzun-­gen<br />

der berufli<strong>ch</strong>en/persönli<strong>ch</strong>en Werts<strong>ch</strong>ätzung einer Person <br />

e. Humor <br />

• für Satire, Karikatur, Humor gilt anderer Massstab der Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung, da diese <br />

Mitteilungsform oft verfremden/übertreiben <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung dann vorhanden, wenn Darstellung die erträgli<strong>ch</strong>en <br />

Grenzen übers<strong>ch</strong>reitet <br />

f. Literaris<strong>ch</strong>es und künstleris<strong>ch</strong>es werk <br />

• Anspru<strong>ch</strong> auf Werkintegrität, Erstveröffentli<strong>ch</strong>ung, Urheberre<strong>ch</strong>t <br />

• S<strong>ch</strong>utz vor Entstellung des Werks gilt als Ausnahme , eines vererbli<strong>ch</strong>en Persön-­li<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>t<br />

<br />

g. Formen ehrverletzender Äusserungen <br />

i. Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptung <br />

• Kundgabe eines Ereignisses, au<strong>ch</strong> für Bild mögli<strong>ch</strong> <br />

• unwahre Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen sind persönli<strong>ch</strong>keitsverletzend <br />

• sie können dur<strong>ch</strong> Wort oder Bild vermittelt werden <br />

<br />

20


ii. Werturteil <br />

• Ausdruck von Gerings<strong>ch</strong>ätzung/Missa<strong>ch</strong>tung gegenüber einer Person <br />

• Gemis<strong>ch</strong>tes Werturteil: Verbindung einer Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptung mit ei-­nem<br />

Werturteil (Politiker wird als „re<strong>ch</strong>tsextrem“ bezei<strong>ch</strong>net) <br />

• Reine Werturteile: grundsätzli<strong>ch</strong> zulässig, solange sie ni<strong>ch</strong>t unangemes-­sen,<br />

unsa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>, verletzend sind (Politiker als „unfähig“ bewertet) <br />

h. Insbesondere zur Ehrverletzung dur<strong>ch</strong> die Presse bzw. dur<strong>ch</strong> die Medien <br />

• Verbreitung fals<strong>ch</strong>er Tatsa<strong>ch</strong>en persönli<strong>ch</strong>keitsverletzend, widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> <br />

• unwahre Behauptungen sind nur persönli<strong>ch</strong>keitsverletzend, wenn sie ein gewis-­ses<br />

Mass an Fals<strong>ch</strong>informationen errei<strong>ch</strong>t haben <br />

• Au<strong>ch</strong> Verbreitung wahrer Tatsa<strong>ch</strong>en ist nur bes<strong>ch</strong>ränkt zulässig, Medien werden <br />

in ihren Aufgabenberei<strong>ch</strong>en bes<strong>ch</strong>ränkt <br />

• Medien nehmen Interesse der Öffentli<strong>ch</strong>keit an Information oft als Re<strong>ch</strong>tferti-­gungsgrund<br />

<br />

2. S<strong>ch</strong>utz der informationellen Privatheit („Privat-­‐ und Geheimsphäre“ und „informationelle <br />

Selbstbestimmung) <br />

a. Allgemeines <br />

• informationelle Privatheit = Geheim-­‐/Privatsphäre, Re<strong>ch</strong>t auf Vers<strong>ch</strong>wiegenheit <br />

• Verhinderung, dass private Lebensumstände der Allgemeinheit bekannt werden <br />

• Verletzung der informellen Privatheit kann unter Umständen dur<strong>ch</strong> Grund aus <br />

Art. 28 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> im Einzelfall gere<strong>ch</strong>tfertigt sein <br />

b. „Drei-­‐Spären-­‐Theorie“ (Dreiteilung des Lebensberei<strong>ch</strong>es) <br />

i. Gemeinberei<strong>ch</strong> (Öffentli<strong>ch</strong>keitssphäre) <br />

• „la vie publique“, Lebensumstände in der Öffentli<strong>ch</strong>keit <br />

• Gemeinberei<strong>ch</strong> ist weder im Art. 28 <strong>ZGB</strong> no<strong>ch</strong> im Strafre<strong>ch</strong>t ges<strong>ch</strong>ützt <br />

• Tatsa<strong>ch</strong>en die der Öffentli<strong>ch</strong>keit zugängli<strong>ch</strong> sind, dürfen von jedem wei-­terverbreitet<br />

werden <br />

ii. Geheimsphäre <br />

• „la vie intime“ <br />

• Lebensvorgänge, die anderen Personen entzogen sein sollten und nur <br />

jenen Personen bekannt sein sollen, die mit Tatsa<strong>ch</strong>e vertraut sind <br />

(Bsp. Krankheiten, familiäre Konflikte, sexuelle Verhaltensweisen, ...) <br />

• dur<strong>ch</strong> Art. 28 <strong>ZGB</strong> und Strafre<strong>ch</strong>t absolut ges<strong>ch</strong>ützt, kein Re<strong>ch</strong>tferti-­gungsgrund<br />

denkbar <br />

iii. Privatsphäre <br />

• „la vie privée“, übrige Berei<strong>ch</strong>e des Privatlebens <br />

• Lebensäusserungen, die Person nur mit relativ nahe verbundenem Per-­sonenkreis<br />

teilen will/muss (Freunde, Verwandte, Bekannte) <br />

• Verbreitung von persönli<strong>ch</strong>en Daten, die ni<strong>ch</strong>t für andere bestimmt <br />

sind, ist persönli<strong>ch</strong>keitsverletzend <br />

iv. Begrenzte Tragweite der Drei-­‐Sphären-­‐Theorie <br />

• na<strong>ch</strong> wel<strong>ch</strong>en Kriterien sollen die Sphären abgegrenzt sein (objek-­tiv/subjektiv)?<br />

<br />

<br />

21


• objektive Kriterien können ni<strong>ch</strong>t eindeutig festgelegt werden, subjektive <br />

hingegen sind evt. für Umwelt unvernünftig <br />

c. Re<strong>ch</strong>t auf informationelle Selbstbestimmtheit <br />

i. Allgemeines <br />

• elektronis<strong>ch</strong>e Datenverarbeitung verdi<strong>ch</strong>ten persönli<strong>ch</strong>e Daten zu ei-­nem<br />

Persönli<strong>ch</strong>keitsprofil <br />

• Datens<strong>ch</strong>utzbestimmungen als Re<strong>ch</strong>t auf informationelle Selbstbe-­stimmtheit<br />

<br />

ii. Vorbehalte <br />

• unbes<strong>ch</strong>ränkte Befugnis über personenbezogene Daten zwingt den <br />

„Verletzer“, bei jeder Datenverarbeitung einen Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund <br />

na<strong>ch</strong>zuweisen <br />

d. Informationelle Privatheit <br />

i. Allgemeines <br />

• Bedürfnis na<strong>ch</strong> informationeller Privatheit ist soweit zu s<strong>ch</strong>ützen, als der <br />

Einzelne dur<strong>ch</strong> eine bestimmte Verhaltensweise in seiner Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> und spürbar beeinträ<strong>ch</strong>tigt ist <br />

• Beeinträ<strong>ch</strong>tigung im Berei<strong>ch</strong> der unbefangenen Lebensgestaltung <br />

• Beeinträ<strong>ch</strong>tigung im Berei<strong>ch</strong> selbstbestimmter Beziehungsgestaltung <br />

• Beeinträ<strong>ch</strong>tigung im Berei<strong>ch</strong> der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

ii. Umfang des S<strong>ch</strong>utzes der informationellen Privatheit <br />

• unbeteiligte Dritte erhalten immer gewissen Einblick in Privatleben an-­derer,<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Zusammenleben ermögli<strong>ch</strong>t/bedingt dies <br />

• dies ist no<strong>ch</strong> keine Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung, S<strong>ch</strong>utz der informationel-­len<br />

Privatheit setzt qualifizierten Eingriff voraus <br />

e. Fallgruppen <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf bestimmte, gesetzli<strong>ch</strong> vorge-­s<strong>ch</strong>riebene<br />

Sa<strong>ch</strong>lagen <br />

• na<strong>ch</strong>stehende Sa<strong>ch</strong>lagen dienen nur zur Illustration <br />

i. Unbefugtes Ausfors<strong>ch</strong>en des Privatlebens <br />

• unverhältnismässige Beoba<strong>ch</strong>tung am Arbeitsplatz <br />

• Observation, Türhor<strong>ch</strong>en, Abhören, Filmaufnahmen, Privatdetektiv <br />

• Abfangen und Ausfors<strong>ch</strong>en von Informationen <br />

ii. Unbefugtes Weiterverbreiten personenbezogener Tatsa<strong>ch</strong>en <br />

• Veröffentli<strong>ch</strong>ung und Weiterverbreitung ohne Einwilligung dann zuläs-­sig,<br />

wenn dur<strong>ch</strong> Sa<strong>ch</strong>verhalt Person ni<strong>ch</strong>t individualisiert werden kann <br />

iii. Spei<strong>ch</strong>erung von persönli<strong>ch</strong>keitsrelevanten Daten <br />

• Spei<strong>ch</strong>erung von „sensiblen“ Daten na<strong>ch</strong> Art. 28 <strong>ZGB</strong> verboten <br />

• mögli<strong>ch</strong>e Datenweiterverbreitung führt bei Betroffenen zu Unsi<strong>ch</strong>erheit, <br />

wer was über sie weiss <br />

f. S<strong>ch</strong>utz von Personen des öffentli<strong>ch</strong>en Lebens <br />

• Bekanntheit/besondere Funktion/Stellung führt zu erhöhtem öffentli<strong>ch</strong>en In-­formationsinteresse<br />

<br />

<br />

22


• diese Personen haben geringeren S<strong>ch</strong>utz ihres Privatlebens, da Interesse der Öf-­fentli<strong>ch</strong>keit<br />

überwiegt <br />

• Infos sind aber nur von Interesse, sofern sie in ri<strong>ch</strong>tiger Form und wahr sind <br />

g. Geri<strong>ch</strong>tsberi<strong>ch</strong>terstattung <br />

• Grundsatz der Geri<strong>ch</strong>tsöffentli<strong>ch</strong>keit, transparente Justiztätigkeit <br />

• an Geri<strong>ch</strong>tstätigkeit/-­‐ents<strong>ch</strong>eid besteht erhebli<strong>ch</strong>es öffentli<strong>ch</strong>es Interesse <br />

• an Veröffentli<strong>ch</strong>ung des Namens der bes<strong>ch</strong>uldigten Person besteht aber kein <br />

überwiegendes öffentli<strong>ch</strong>es Interesse <br />

h. Kunst, Kultur, Wissens<strong>ch</strong>aft <br />

• s<strong>ch</strong>ützenswertes Interesse, dass künstleris<strong>ch</strong>e und kulturelle Tätigkeit ni<strong>ch</strong>t <br />

grundlos einges<strong>ch</strong>ränkt wird <br />

VII. S<strong>ch</strong>utz der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

1. Allgemeines <br />

• natürli<strong>ch</strong>e/juristis<strong>ch</strong>e Personen sollen ihrer wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Tätigkeit frei na<strong>ch</strong>gehen <br />

können, Re<strong>ch</strong>t auf wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Entfaltung <br />

• Freiheit des Einzelnen, seine Persönli<strong>ch</strong>keitsattribute (Arbeitskraft, Kenntnisse, Sportta-­lente,<br />

Name) gegen Entgelt kommerziell zu verwenden <br />

2. Boykotte und Kartelle <br />

• S<strong>ch</strong>utz gegen Eingriffe des Staates, trotzdem Wirts<strong>ch</strong>aft des freien Wettbewerbs <br />

• dieser darf aber ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> private Abma<strong>ch</strong>ungen ausges<strong>ch</strong>altet werden <br />

• keine Kartelle zu Bezugs-­‐ und Liefersperren <br />

• generelle Unzulässigkeit und ausnahmsweise Re<strong>ch</strong>tfertigung der Wettbewerbsstörung <br />

3. Zwangskommerzialisierung der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

• Boykott: Betroffene werden an bestimmter wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Tätigkeit gehindert <br />

• Zwangskommerzialisierung: Persönli<strong>ch</strong>keitsattribute werden ohne/gegen dessen Willen <br />

kommerziell genutzt <br />

hier steht die Abs<strong>ch</strong>öpfung des vom Verletzer erzielten Gewinns im Vordergrund <br />

§ 14 Klagen des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

I. Einführung <br />

Art. 28a <strong>ZGB</strong> beinhaltet eine Aufzählung der Re<strong>ch</strong>tsbehelfe (=Massnahmen): <br />

Spezifis<strong>ch</strong>e, „besondere“ <br />

Klagen/Begehren: <br />

-­‐ Unterlassungsklage <br />

-­‐ Beseitigungsklage <br />

-­‐ Feststellungsklage <br />

-­‐ Publikations-­‐/Beri<strong>ch</strong>tigungsbegehren <br />

im Zusammenhang mit der Beseitungs-­‐/ <br />

Feststellungsklagen <br />

„allgemeine“ Klagen: <br />

-­‐ S<strong>ch</strong>adenersatzklage <br />

-­‐ Genugtuungsklage <br />

-­‐ Gewinnherabsetzungsklage <br />

-­‐> negatoris<strong>ch</strong>en Charakter (= abwehrend) <br />

<br />

23


Aktiv-­‐ und Passivlegitimation: <br />

a) aktivlegitimiert; <br />

• jede Person, die si<strong>ch</strong> in ihrer Persönli<strong>ch</strong>keit verletzt fühlt <br />

• au<strong>ch</strong> juristis<strong>ch</strong>e Personen <br />

• Personengruppe, wobei jedes Gruppenmitglied Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz beanspru<strong>ch</strong>en kann <br />

(nur so lange, wie si<strong>ch</strong> einzelne Mitglieder tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> persönli<strong>ch</strong> von Klage betroffen fühlen) <br />

b) Verbandsklage; <br />

• Klagere<strong>ch</strong>t der Vereine und Verbände <br />

-­‐> S<strong>ch</strong>utz ihrer Mitglieder vor/bei Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzungen <br />

• Aktivlegitimation von Vereinen und Verbänden bezieht si<strong>ch</strong> nur auf spezifis<strong>ch</strong>e Klageansprü<strong>ch</strong>e <br />

des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes (kein S<strong>ch</strong>adenersatz/Genugtuung na<strong>ch</strong> OR) <br />

c) passivlegitimiert; <br />

• Klage gegen jeden, der an der Verletzung mitgewirkt hat <br />

• Alle (Mit-­‐)Urheber sind somit passivlegitimiert (Mittäter, Anstifter, Gehilfen) <br />

• Reparatoris<strong>ch</strong>e Ansprü<strong>ch</strong>e setzen persönli<strong>ch</strong>es Vers<strong>ch</strong>ulden voraus (negatoris<strong>ch</strong>e A. ni<strong>ch</strong>t) <br />

Fallgruppen der Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung (in zeitli<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t): <br />

i) Beeinträ<strong>ch</strong>tigung dur<strong>ch</strong> unmittelbar bevorstehende Störungshandlung <br />

(bevorstehende Verbreitung eines ehrverletzenden Flugblattes) <br />

ii) Störungshandlung dauert an <br />

(Boykott) <br />

iii) Störungshandlung ist abges<strong>ch</strong>lossen, Störung dauert an <br />

(Ehrverletzung dur<strong>ch</strong> Presse) <br />

iv) Störungshandlung und Störung sind abges<strong>ch</strong>lossen <br />

(Zufügung von physis<strong>ch</strong>em S<strong>ch</strong>merz) <br />

II. Spezifis<strong>ch</strong>e („besondere“) Klagen zum S<strong>ch</strong>utz der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

a) Klage auf Unterlassung (Unterlassungsklage): <br />

• Negatoris<strong>ch</strong>er = abwehrender Charakter <br />

• Verbietung, in Zukunft bestimmtes Verhalten vorzunehmen, das Kläger in seinen Persönli<strong>ch</strong>-­keitsre<strong>ch</strong>ten<br />

widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> verletzen würde <br />

• Klage dann mögli<strong>ch</strong>, wenn Kläger eine Verletzung seiner Persönli<strong>ch</strong>keit droht und er diese Ge-­fahr<br />

na<strong>ch</strong>weisen kann <br />

• Präventive Funktion, Eingriff in Zukunftsgestaltung des Beklagten <br />

-­‐> mögli<strong>ch</strong>st präzise Formulierung des Re<strong>ch</strong>tsbegehren, damit Vollstreckung mögli<strong>ch</strong> <br />

• Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen, damit Unterlassungsbegehren ni<strong>ch</strong>t zu spät wirksam wird (Prozess) <br />

• Unterlassungsurteile lassen si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t erzwingen, bei Zuwiderhandlung kann jedo<strong>ch</strong> auf Genug-­tuung,<br />

S<strong>ch</strong>adenersatz berufen werden (zusätzli<strong>ch</strong> zur Unterlassungsklage) <br />

b) Klage auf Beseitigung (Beseitigungsklage): <br />

• Beklagten verurteilen, um Ursa<strong>ch</strong>en einer no<strong>ch</strong> bevorstehenden widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Verletzung <br />

der Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te des Klägers zu beseitigen <br />

• Ri<strong>ch</strong>ter verurteilt Urheber, Verletzung (unter Strafandrohung) zu beenden <br />

• S<strong>ch</strong>wierige Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Unterlassungs-­‐ und Beseitigungsklage <br />

c) Klage auf Feststellung (Feststellungsklage): <br />

• Reparatoris<strong>ch</strong>er = wiederherstellender Charakter <br />

<br />

24


• Feststellung eines zurückliegenden Verhaltens, das si<strong>ch</strong> weiterhin auswirkt und anders ni<strong>ch</strong>t be-­seitigt<br />

werden kann, das die Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>te des Klägers widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> verletzt <br />

• Am häufigsten angewendeter Re<strong>ch</strong>tsbehelf des zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

• Ziel ist die Beseitigung der re<strong>ch</strong>tswidrigen Verletzung <br />

• Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit der Verletzung kann nur beantragt werden, wenn si<strong>ch</strong> diese weiterhin stö-­rend<br />

auswirkt (Fortdauern des Störungszustandes; ein persönli<strong>ch</strong>keitsverletzender Presseartikel, <br />

der immer no<strong>ch</strong> im Internet auffindbar ist) <br />

• Urteil bedarf keiner konkreten Vollstreckung (oft aber Interesse an einer Urteilspublikation) <br />

d) Mitteilung und Publikation einer Beri<strong>ch</strong>tigung oder eines Urteils <br />

• Kläger kann Veröffentli<strong>ch</strong>ung oder Verbreitung einer Beri<strong>ch</strong>tigung oder Urteils verlangen <br />

• Urteilsveröffentli<strong>ch</strong>ung als Mittel zur Beseitigung der Störung <br />

• Geri<strong>ch</strong>t kann Modalität der Veröffentli<strong>ch</strong>ung festlegen (Beri<strong>ch</strong>tigung soll dasselbe Publikum er-­rei<strong>ch</strong>en,<br />

wie der persönli<strong>ch</strong>keitsverletzende Artikel ((S<strong>ch</strong>rift-­‐) Grösse, Platzierungsort, ...) <br />

• Kläger kann si<strong>ch</strong> selber zur Veröffentli<strong>ch</strong>ung des Urteils ermä<strong>ch</strong>tigen lassen <br />

• Anfallende Kosten gehen an den unterliegenden Beklagten <br />

• Wahrheit gegen Behauptung: Si<strong>ch</strong>erstellung der tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Wahrheit der Beri<strong>ch</strong>tigung <br />

• Behauptung gegen Behauptung: Text mit subjektive Ansi<strong>ch</strong>t darf Angeklagter veröffentli<strong>ch</strong>en <br />

e) S<strong>ch</strong>utz gegen Gewalt, Drohung und Na<strong>ch</strong>stellung na<strong>ch</strong> Art. 28b <strong>ZGB</strong>: <br />

• S<strong>ch</strong>utz gegen Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzungen (vor allem häusli<strong>ch</strong>e Gewalt und Stalking im Familien-­leben)<br />

<br />

• Re<strong>ch</strong>tsbehelfe gegen sol<strong>ch</strong>e Verhaltensweisen; Annäherungs-­‐/Orts-­‐/Kontaktverbot, Wohnungs-­ausweisung<br />

<br />

o Annäherungsverbot; Mindestabstand des Beklagten zur klagenden Person <br />

o Ortsverbot; Aufenthaltsverbot an bestimmte Strassen, Plätzen, Quartieren, Orten <br />

o Kontaktverbot; Kontaktaufnahme/Belästigung mit klagender Person ist verboten <br />

o Wohnungsausweisung; Beruhigung des (Partners<strong>ch</strong>afts-­‐)Konflikts wird angestrebt <br />

• Besonderheit: Massnahmen setzen kein Vers<strong>ch</strong>ulden voraus! <br />

• In jedem Einzelfall muss die Massnahme verhältnismässig, geeignet, erforderli<strong>ch</strong> und dem Be-­klagten<br />

zumutbar sein -­‐> massges<strong>ch</strong>neiderte Lösungen <br />

• Aber: je s<strong>ch</strong>werer die Bedrohung/Gewaltanwendung, desto eins<strong>ch</strong>neidender darf Eingriff in <br />

Re<strong>ch</strong>tsstellung der verletzenden Person sein <br />

• Bei einer Klage aufgrund Art. 28b <strong>ZGB</strong>, wird das einfa<strong>ch</strong> Verfahren angewendet -­‐> zeitli<strong>ch</strong>e <br />

Dringli<strong>ch</strong>keit des Erlasses von S<strong>ch</strong>utzmassnahmen re<strong>ch</strong>tfertigt diese Anwendung <br />

III. „Allgemeine“ Klagen zum S<strong>ch</strong>utz der Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

a) Klage auf S<strong>ch</strong>adenersatz: <br />

• Geldersatz für adäquaten kausalen (materiellen) Vermögenss<strong>ch</strong>aden <br />

• Voraussetzungen zum Na<strong>ch</strong>weis des S<strong>ch</strong>adenersatzes sind; <br />

o S<strong>ch</strong>aden: unfreiwillige Vermögensminderung, Differenz zwis<strong>ch</strong>en aktuellem Stand des <br />

Vermögens und hypothetis<strong>ch</strong>en Stand ohne des s<strong>ch</strong>ädigenden Ereignisses <br />

o Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit: Verletzung eines absoluten Re<strong>ch</strong>tsguts oder Verstoss gegen spezifi-­s<strong>ch</strong>e<br />

S<strong>ch</strong>utznorm, Persönli<strong>ch</strong>keit geniesst S<strong>ch</strong>utz gegenüber jedermann, Re<strong>ch</strong>tferti-­gungsgrund<br />

beseitigt Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit <br />

o Kausalzusammenhang: Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>aden und Verhalten <br />

§ natürli<strong>ch</strong> (logis<strong>ch</strong>): S<strong>ch</strong>aden wäre ohne bestimmtes Verhalten ni<strong>ch</strong>t entstanden <br />

à „condicto sine qua non“ <br />

§ adäquat: Verhalten führte na<strong>ch</strong> gewöhnli<strong>ch</strong>em Lauf der Dinge/allg. Lebenser-­fahrung<br />

zu S<strong>ch</strong>aden <br />

<br />

25


o Vers<strong>ch</strong>ulden/Kausalhaftung: Beklagter muss für widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e, adäquat kausal zuge-­fügte<br />

S<strong>ch</strong>ädigung verantwortli<strong>ch</strong> gema<strong>ch</strong>t werden können, S<strong>ch</strong>wierigkeit; Vers<strong>ch</strong>uldens-­na<strong>ch</strong>weis<br />

bei Medien, Urheber der Verletzung finden <br />

(Vers<strong>ch</strong>ulden ist erforderli<strong>ch</strong>, wenn kein Kausalhaftungsgrund vorliegt) <br />

• Vollstreckung: Urteil wird gemäss Bestimmungen des S<strong>ch</strong>uldbetreibungs-­‐/Konkursgesetzes <br />

vollstreckt <br />

b) Klage auf Genugtuung: <br />

• Leistung für zugefügte immaterielle Unbill, kein Vermögensausglei<strong>ch</strong>! <br />

• in Form eines „symbolis<strong>ch</strong>en Franken“, Summe an wohltätige Institution, Urteilspublikation <br />

• Voraussetzungen der Genugtuung sind; <br />

o S<strong>ch</strong>were seelis<strong>ch</strong>e Unbill: subjektiv empfundener seelis<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>merz <br />

o Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit der Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung <br />

o<br />

o<br />

Kausalzusammenhang (adäquat) zw. Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung und seelis<strong>ch</strong>er Unbill <br />

Vers<strong>ch</strong>ulden/Kausalhaftung: lei<strong>ch</strong>tes Vers<strong>ch</strong>ulden des Verletzers wird vorausgesetzt <br />

(Vers<strong>ch</strong>ulden ist erforderli<strong>ch</strong>, wenn kein Kausalhaftungsgrund vorliegt) <br />

c) Klage auf Herausgabe eines Gewinns: <br />

• Verletzer hat von Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung profitiert und einen Gewinn erzielt (Auflagensteige-­rung),<br />

Herausgabe einer Geldleistung dur<strong>ch</strong> Vermögensvorteile wird verlangt („Gewinnabs<strong>ch</strong>öp-­fung")<br />

<br />

• Voraussetzungen der Gewinnabs<strong>ch</strong>öpfung sind; <br />

o Verletzer widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> in Persönli<strong>ch</strong>keitssphäre des Verletzten eingegriffen hat <br />

o Verletzer dabei einen Gewinn erzielt hat <br />

o adäquater Kausalzusammenhang zwis<strong>ch</strong>en Gewinnerzielung und Persönli<strong>ch</strong>keitseingriff <br />

• Vers<strong>ch</strong>ulden ist ni<strong>ch</strong>t zwingend, falls Verletzer gutgläubig gehandelt hat <br />

(Vers<strong>ch</strong>ulden des Täters ist ni<strong>ch</strong>t erforderli<strong>ch</strong>) <br />

V. Formalien <br />

• Kläger kann zwis<strong>ch</strong>en Geri<strong>ch</strong>t am eigenen Wohnsitz oder am Wohnsitz des Beklagten wählen <br />

• auf Eidg. Ebene kann kantonal letztinstanzli<strong>ch</strong>er Ents<strong>ch</strong>eid mit Bes<strong>ch</strong>werde in Zivilsa<strong>ch</strong>en ange-­fo<strong>ch</strong>ten<br />

werden <br />

VI. Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen <br />

• da Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzungsverfahren oft sehr lange dauern und oft ein unsi<strong>ch</strong>eres Ergebnis <br />

haben, sind vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen zulässig <br />

• sie können si<strong>ch</strong> nur auf persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Klagen beziehen <br />

a) Allgemeine Voraussetzungen: <br />

• Anordnung vorsorgli<strong>ch</strong>er Massnahmen, wenn; <br />

o jemand in Persönli<strong>ch</strong>keit widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> verletzt ist oder unmittelbare Verletzung droht <br />

und <br />

o aus dieser Verletzung ein s<strong>ch</strong>werer Na<strong>ch</strong>teil droht <br />

à zwis<strong>ch</strong>en Verletzung und Na<strong>ch</strong>teil muss adäquater Kausalzusammenhang bestehen <br />

• glaubhaft ist eine Tatsa<strong>ch</strong>e, wenn gewisse Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit dafür spri<strong>ch</strong>t (keine volle Über-­zeugung<br />

des Geri<strong>ch</strong>ts notwendig) <br />

<br />

26


) Inhalt der Massnahmen: <br />

• als vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahme kommt jede geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Anordnung in Frage, um Na<strong>ch</strong>teil abzu-­wenden,<br />

folgende Massnahmen sind besonders relevant; <br />

o vorsorgli<strong>ch</strong>es Verbot einer drohenden Verletzung <br />

o vorsorgli<strong>ch</strong>e Beseitigung einer eingetretenen Verletzung <br />

o vorsorgli<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>erung von Beweisen <br />

c) Besondere Voraussetzungen im Falle periodis<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>einender Medien <br />

• kumulative Voraussetzungen für Erlass vorsorgli<strong>ch</strong>er Massnahmen bei Medien (period. ers<strong>ch</strong>.); <br />

o Verletzter ma<strong>ch</strong>t glaubhaft, dass ihn mit Verbreitung in Medien besonders s<strong>ch</strong>werer <br />

Na<strong>ch</strong>teil trifft <br />

o kein Re<strong>ch</strong>tfertigungsgrund liegt vor (keine Einwilligung des Opfers, kein öff. Interesse an <br />

Info) <br />

o Massnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn sie verhältnismässig ers<strong>ch</strong>einen <br />

(bezügli<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>were der Verletzung und Folgen für Verletzer) <br />

d) Allgemeines zum anwendbaren Verfahren: <br />

• Gesu<strong>ch</strong>steller/-­‐gegner sollen glei<strong>ch</strong>e Mögli<strong>ch</strong>keit zur Äusserung von Re<strong>ch</strong>ts-­‐/Sa<strong>ch</strong>fragen haben <br />

• Ausnahme: bei besonderer Dringli<strong>ch</strong>keit, darf vom Grundsatz des re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Gehörs abgewi-­<strong>ch</strong>en<br />

werden à Geri<strong>ch</strong>t kann vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen auf Gesu<strong>ch</strong> hin vorläufig anordnen (Su-­perprovisorium)<br />

<br />

e) Stadium des Superprovisoriums: <br />

• blitzartiger Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz (besonders, bei ni<strong>ch</strong>t wiederholbaren Fernsehsendungen) <br />

• Gesu<strong>ch</strong> um Superprovisorium wird umfassend geprüft (Belege) und bei Gutheissung unverzüg-­li<strong>ch</strong><br />

eröffnet à vorsorgli<strong>ch</strong>es Verbot bzw. Gebot <br />

• S<strong>ch</strong>utzs<strong>ch</strong>rift; Gründe, die gegen superprovisoris<strong>ch</strong>e Massnahmen spre<strong>ch</strong>en (wird von Geri<strong>ch</strong>t <br />

vorgängig geprüft) <br />

• gegen superprovisoris<strong>ch</strong>e Massnahmen kann keine Einspra<strong>ch</strong>e erhoben werden und keine Be-­s<strong>ch</strong>werde<br />

eingerei<strong>ch</strong>t werden <br />

f) Stadium des Provisoriums: <br />

• Na<strong>ch</strong> Erlass/Abweisung der superprovisoris<strong>ch</strong>en Massnahmen erhält Gesu<strong>ch</strong>sgegner Mögli<strong>ch</strong>-­keit,<br />

Vernehmlassung einzurei<strong>ch</strong>en <br />

• zum provisoris<strong>ch</strong>en Erlass der superprovisoris<strong>ch</strong>en Massnahmen muss Gesu<strong>ch</strong>steller innert Frist <br />

zum Hauptprozess anheben <br />

• wird Gesu<strong>ch</strong> um superprovis. M. abgelehnt/abgeändert, kann Gesu<strong>ch</strong>steller auf ordentli<strong>ch</strong>em <br />

Weg klagen, Re<strong>ch</strong>tsmittel sind; <br />

o Berufung <br />

o Bes<strong>ch</strong>werde <br />

g) Stadium des Definitivums: <br />

• wenn (super-­‐)provisoris<strong>ch</strong>e Verfahren gutgeheissen wurde, muss er, für definitive Re<strong>ch</strong>terlan-­gung,<br />

vollen Beweis erbringen <br />

• gelingt der Beweis, ist Klage gutgeheissen <br />

à widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verletzung der persönli<strong>ch</strong>en Verhältnisse dur<strong>ch</strong> Kläger ist definitiv <br />

<br />

27


§ 15 Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>t <br />

I. Zweck und Inhalt <br />

• S<strong>ch</strong>utz vor einseitigen Tatsa<strong>ch</strong>endarstellung <br />

• nur bei periodis<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>einenden Medien mögli<strong>ch</strong> <br />

• Mögli<strong>ch</strong>keit des Betroffenen, in Medium seine Si<strong>ch</strong>t der Tatsa<strong>ch</strong>en darzulegen <br />

• kein Einbezug der Justizbehörde (grundsätzli<strong>ch</strong>) <br />

• Antwort/Entgegnung auf die Darstellung einer Tatsa<strong>ch</strong>e des Medienunternehmens <br />

• Wahrheitsfindung à ,Waffenglei<strong>ch</strong>heit’ zwis<strong>ch</strong>en Betroffenem und Medienunternehmen <br />

II. Voraussetzungen <br />

• unmittelbare Betroffenheit des Betroffenen <br />

• aufgrund einer Tatsa<strong>ch</strong>endarstellung/Facts (ni<strong>ch</strong>t wegen eines Werturteils) <br />

• dur<strong>ch</strong> ein periodis<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>einendes Medium <br />

• Berufung auf vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen nur mögli<strong>ch</strong>, wenn Voraussetzungen des Gegendarstel-­lungsre<strong>ch</strong>ts<br />

ni<strong>ch</strong>t erfüllt sind <br />

à Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> juristis<strong>ch</strong>en Personen zustehend <br />

a) unmittelbare Betroffenheit <br />

• wenn ungünstiges Bild der betroffenen nat./jur. Person in Öffentli<strong>ch</strong>keit entsteht (Foto/Text) <br />

• negativer Eindruck bei grossem Kreis von Lesern, intensive Betroffenheit nötig <br />

• Persönli<strong>ch</strong>keitssphäre muss betroffen sein (Ehre, Überzeugungen, Verhaltensweisen) <br />

• dargestellte Version muss von Version des Betroffenen inhaltli<strong>ch</strong> abwei<strong>ch</strong>en <br />

• Re<strong>ch</strong>tssubjekt muss direkt/individuell angespro<strong>ch</strong>en sein <br />

• wenn Identität aufgrund der genannten Umstände bestimmt werden kann (Name muss ni<strong>ch</strong>t <br />

genannt werden) <br />

• unvollständige/ungenaue/personenbezogene Infos genügen für Re<strong>ch</strong>t auf Gegendarstellung <br />

b) Tatsa<strong>ch</strong>endarstellung <br />

• Tatsa<strong>ch</strong>e ≠ Werturteil <br />

• Werturteil = Ansi<strong>ch</strong>t einer Person über andere Person/Sa<strong>ch</strong>lage <br />

• Tats<strong>ch</strong>e = was bewiesen werden kann oder könnte (objektiv, am Wahrheitsmassstab messbar) <br />

• nur Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen können gegendargestellt werden <br />

• Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen können redaktionell, akzidentiell (Reklame) oder von Dritten stammen <br />

• Text/Zei<strong>ch</strong>nungen/Fotografien/Karikaturen dürfen gegendargestellt werden <br />

c) Periodis<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>einendes Medium <br />

• Gegendarstellung als Antwort auf moderne Info-­‐/Kommunikationsgesells<strong>ch</strong>aft <br />

• sie dient der Person als S<strong>ch</strong>utz vor der drohenden „Überma<strong>ch</strong>t“ der modernen Publikationsor-­ganen<br />

<br />

• Radio, Presse, Fernsehen = periodis<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>einende Medien <br />

• Teletext, Videotext, Newsletter, Internet (Facebook) könnten neu au<strong>ch</strong> dazu gehören <br />

• Medium ist gegendarstellungsbere<strong>ch</strong>tigt, wenn sie in grossem Mass der Öffentli<strong>ch</strong>keit zusteht <br />

• das Medium muss regelmässig ers<strong>ch</strong>einen und si<strong>ch</strong> immer an bestimmtes, ca. glei<strong>ch</strong> bleibendes <br />

Publikum ri<strong>ch</strong>ten (Flugblatt ist gegendarstellungsuntaugli<strong>ch</strong>) à Periodizität <br />

d) Wiedergabe der öffentli<strong>ch</strong>en Verhandlung einer Behörde <br />

• keine Gegendarstellung mögli<strong>ch</strong> wenn; bei öff. Verhandlungen einer Behörde wahrheitsgetreu <br />

beri<strong>ch</strong>tet wurde und betroffene Person an Verhandlung teilgenommen hat. <br />

<br />

28


• Bemerkungen über im Geri<strong>ch</strong>tssaal anwesende Angehörige oder Freunde sind gegendarstel-­lungsfähig<br />

<br />

e) Fehlen eines offenbaren Re<strong>ch</strong>tsmissbrau<strong>ch</strong>es als negatives Tatbestandselement <br />

• wenn Beharren auf Gegendarstellung offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tsmissbräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ist <br />

(Bsp: wenn Medienunternehmendem Betroffenen Gelegenheit gegeben hat, zu sämtli<strong>ch</strong>en Tat-­sa<strong>ch</strong>endarstellungen<br />

in veröffentli<strong>ch</strong>tem Interview Stellung zu nehmen) <br />

III. Ausübung des Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>ts <br />

• Betroffener kann vorgängige Abs<strong>ch</strong>rift des Zeitungsartikels/Sendung verlangen <br />

a) Form der Gegendarstellung <br />

• knapp ausgearbeiteter Text mit Bes<strong>ch</strong>ränkung auf das Wesentli<strong>ch</strong>e <br />

• s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>, in selber Spra<strong>ch</strong>e wie fals<strong>ch</strong>e Information verbreitet wurde <br />

• Abfassung in Form, dass Wiedergabe des Textes ohne Änderung mögli<strong>ch</strong> <br />

• Gegendarstellung dur<strong>ch</strong> beri<strong>ch</strong>tigende Fotographie mögli<strong>ch</strong>, wenn fals<strong>ch</strong>e Darstellung au<strong>ch</strong> be-­reits<br />

dur<strong>ch</strong> Bild passierte <br />

b) Inhalt der Gegendarstellung <br />

• ni<strong>ch</strong>t als Gegenangriff geda<strong>ch</strong>t <br />

• Publikation verweigert, wenn Gegendarstellung offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> unri<strong>ch</strong>tig oder gegen Re<strong>ch</strong>t/gute <br />

Sitten verstösst <br />

c) Gesu<strong>ch</strong> um Veröffentli<strong>ch</strong>ung <br />

• aussergeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> <br />

• Medienunternehmen erhält Text der Gegendarstellung von Betroffenem und ents<strong>ch</strong>eidet über <br />

Publikation des Textes <br />

• Verwirkungsfrist des Betroffenen; Gegendarstellung muss innert bestimmter Frist 20 Tage bzw. <br />

3 Monate) an Medienunternehmen gelangen, damit diese über Publikation ents<strong>ch</strong>eiden können <br />

d) Ents<strong>ch</strong>eid des Medienunternehmens <br />

• Medienunternehmen hat na<strong>ch</strong> Eintreffen der Gegendarstellung unverzügli<strong>ch</strong> über Veröffentli-­<strong>ch</strong>ungstermin<br />

bzw. Zurückweisungsgrund zu informieren <br />

• bei Stills<strong>ch</strong>weigen des Unternehmens, kann Betroffener unmittelbar das Geri<strong>ch</strong>t anrufen <br />

e) Veröffentli<strong>ch</strong>ung der Gegendarstellung <br />

1. Gegendarstellung soll glei<strong>ch</strong>er Personenkreis wie Tatsa<strong>ch</strong>endarstellung errei<strong>ch</strong>en <br />

2. keine Frist der Gegendarstellungsveröffentli<strong>ch</strong>ung, aber „sobald als mögli<strong>ch</strong>“ <br />

3. Gegendarstellungstext so als sol<strong>ch</strong>er gekennzei<strong>ch</strong>net werden <br />

4. Gegendarstellung als Zweck der „Waffenglei<strong>ch</strong>heit“ <br />

5. „Redaktionss<strong>ch</strong>wänze“ (weitgehende Kommentare der Redaktion) sind unzulässig <br />

6. Veröffentli<strong>ch</strong>ung der Gegendarstellung muss für Betroffenen kostenlos erfolgen <br />

f) Anrufung des Geri<strong>ch</strong>ts; Prozessuales <br />

1. Sa<strong>ch</strong>lagen, um Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>t an Geri<strong>ch</strong>t zu wenden <br />

1. Verhinderung der Ausübung der Gegendarstellung dur<strong>ch</strong> Medienunternehmen <br />

2. Verweigerung der Ausführung der Gegendarstellung dur<strong>ch</strong> Medienunternehmen <br />

3. inkorrekte Ausführung der Gegendarstellung dur<strong>ch</strong> Medienunternehmen <br />

à Geri<strong>ch</strong>t greift erst ein, wenn Intervention des Betroffenen beim Unternehmen ni<strong>ch</strong>ts <br />

genützt hat <br />

2. Klage auf Gegendarstellung am Wohnsitz des Klägers oder des Beklagten einrei<strong>ch</strong>bar <br />

<br />

29


3. zur Einrei<strong>ch</strong>ung der Klage beim Geri<strong>ch</strong>t liegt keine Frist vor <br />

4. bei zu langem Zögern (mehr als 20 Tage na<strong>ch</strong> ablehnendem Bes<strong>ch</strong>eid des Unternehmens), wird <br />

dies als Verzi<strong>ch</strong>t auf Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>t angesehen <br />

5. Verfahren wird dur<strong>ch</strong> Eidg. ZPO geregelt <br />

6. wenn Geri<strong>ch</strong>t Begehren auf Gegendarstellung zustimmt, wird Medienunternehmen zur Veröf-­fentli<strong>ch</strong>ung<br />

der Gegendarstellung verurteilt sowie evt. mit Strafe wegen Ungehorsam bedroht <br />

7. Geri<strong>ch</strong>t ist neu bere<strong>ch</strong>tigt, Gegendarstellungstext geringfügig zu korrigieren/abändern <br />

g) Unters<strong>ch</strong>iede zwis<strong>ch</strong>en Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>t und Klagen des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

Gegendarstellungsre<strong>ch</strong>t <br />

-­‐ gegen Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptung <br />

-­‐ aussergeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> (grundsätzli<strong>ch</strong>) <br />

-­‐ unmittelbare Betroffenheit nötig <br />

-­‐ Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t vorausgesetzt <br />

-­‐ Vers<strong>ch</strong>ulden ni<strong>ch</strong>t erforderli<strong>ch</strong> <br />

-­‐ Behauptung vs. Behauptung <br />

-­‐ gegen periodis<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>einende Medien <br />

-­‐ Verwirkungsfrist: 20 Tage bzw. 3 Monate <br />

Klagen des Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utzes <br />

-­‐ gegen Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptung oder Werturteil <br />

-­‐ geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es Verfahren <br />

-­‐ Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung nötig <br />

-­‐ Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit als Voraussetzung <br />

-­‐ Vers<strong>ch</strong>ulden ni<strong>ch</strong>t erforderli<strong>ch</strong> (ausser bei <br />

Genugtuung/S<strong>ch</strong>adenersatz) <br />

-­‐ Wahrheit vs. Behauptung <br />

-­‐ gegen jeden Verletzer <br />

-­‐ unverjährbar während Störungswirkung; für Genug-­tuung/S<strong>ch</strong>adenersatz<br />

gelten Verjährungfristen na<strong>ch</strong> <br />

Art. 60 OR <br />

§ 16 Der Name <br />

I. Allgemein: <br />

• Name = Kennzei<strong>ch</strong>nungsre<strong>ch</strong>t <br />

• absolutes, gegenüber jedermann geltendes subjektives Re<strong>ch</strong>t <br />

• als S<strong>ch</strong>utz vor Verwe<strong>ch</strong>slungen <br />

• Ausdruck der Identität, Individualität, dient zur Identifizierung/Zuordnung <br />

o natürli<strong>ch</strong>e Personen: <br />

§ Namensre<strong>ch</strong>t als Teilberei<strong>ch</strong> der re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ützten Persönli<strong>ch</strong>keit <br />

§ Name bleib grundsätzli<strong>ch</strong> von Geburt bis Tode unverändert (1.1.2013) <br />

o Vereine und Stiftungen <br />

§ juristis<strong>ch</strong>e Person <br />

§ haben wie natürli<strong>ch</strong>e Personen einen Namenss<strong>ch</strong>utz <br />

o juristis<strong>ch</strong>e Personen des OR <br />

§ besitzen eine Firma = Name der kaufmännis<strong>ch</strong>en Unternehmung <br />

<br />

30


II. Der Familienname <br />

1. Erwerb des Familiennamens <br />

a) Kind verheirateter Eltern <br />

• Kind erhält gemeinsamer Familienname der Eltern <br />

• wenn die Eltern keinen Familiennamen tragen, erhält Kind jenen Ledignamen, den El-­tern<br />

für gemeinsame Kinder bestimmt haben <br />

b) Kind ni<strong>ch</strong>t verheirateter Eltern <br />

• Kind erhält Ledignamen der Mutter <br />

• bei na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>er Heirat, erhält Kind na<strong>ch</strong> gesetzli<strong>ch</strong>er Namensänderung den Familien-­namen<br />

seiner verheirateten Eltern <br />

c) Findelkind <br />

• zuständige kantonale Behörde gibt Findelkind einen Vor-­‐ und Familiennamen <br />

• wenn Abstammung festgestellt wird, erhält es dur<strong>ch</strong> gesetzli<strong>ch</strong>e Namensänderung sei-­nen<br />

ri<strong>ch</strong>tigen Namen <br />

d) Adoption <br />

• adoptiertes Kind erhält Familiennamen seiner Adoptiveltern <br />

2. Familienname der Ehegatten <br />

• Neue Re<strong>ch</strong>tslage per 1.1.2013 <br />

• „von der Wiege bis zur Bahre“ den glei<strong>ch</strong>en Na<strong>ch</strong>namen tragen <br />

• Brautleute behalten bei der Heirat ihren Ledignamen, sofern sie ni<strong>ch</strong>t erklären, einen gemein-­samen<br />

Familiennamen tragen zu wollen <br />

• neu sollen unverheiratete Paare au<strong>ch</strong> Familienname des Vaters als Na<strong>ch</strong>name des Kindes wäh-­len<br />

können <br />

• Mögli<strong>ch</strong>keit für Ehegatten, die vor neuem Gesetz geheiratet haben, dur<strong>ch</strong> blosse Erklärung ge-­genüber<br />

Zivilstandsbeamten, Ledignamen zurückzuerwerben <br />

• Allianzname = Ni<strong>ch</strong>t-­‐Familienname wird mit Bindestri<strong>ch</strong> an Familienname angefügt <br />

à kein amtli<strong>ch</strong>er Name! <br />

• Bei S<strong>ch</strong>eidung/Ungültigerklärung kann Ehegatte erklären, wieder Name vor der Heirat zu führen <br />

• beim Tod des Ehegatten, besteht Mögli<strong>ch</strong>keit, wieder Ledignamen anzunehmen <br />

3. Adelstitel <br />

• Adelsbezei<strong>ch</strong>nung verstossen gegen Glei<strong>ch</strong>heitsgebot (Art. 8 BV) <br />

• dürfen deshalb ni<strong>ch</strong>t mehr als sol<strong>ch</strong>e in Zivilstandsregister eingetragen werden <br />

(Bsp: von Reding, „von“ ist unzulässig) <br />

4. Pseudonyme <br />

• sofern keine Namensre<strong>ch</strong>t anderer Personen verletzt werden und <br />

• keine Täus<strong>ch</strong>ungsgefahr besteht, dürfen sie gebrau<strong>ch</strong>t werden <br />

• diese Namen gelten au<strong>ch</strong> als „Namen“ und geniessen den selben S<strong>ch</strong>utz <br />

III. Der Vorname <br />

1. Grundsatz <br />

• au<strong>ch</strong> Vorname geniesst Namenss<strong>ch</strong>utz <br />

• Eltern bestimmen Vorname des Kindes <br />

• falls unverheiratet und keine gemeinsame Sorge; Mutter bestimmt Vorname <br />

<br />

31


• Adoptiveltern können Kind einen neuen Namen geben <br />

2. Kindeswohl als Grenze <br />

• Vorname muss Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t klar erkennen lassen <br />

• Vorname muss na<strong>ch</strong> geltenden Re<strong>ch</strong>ts<strong>ch</strong>reiberegeln in Zivilstandsregister eingetragen werden <br />

(Bsp: keine Grossbu<strong>ch</strong>staben innerhalb eines Wortes: LeeAnn) <br />

IV. S<strong>ch</strong>utz des Namens <br />

1. Namensanmassung <br />

• jemand anders eignet si<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong>en Namen an à Klage auf Unterlassung <br />

• Namensführung unter Beeinträ<strong>ch</strong>tigung s<strong>ch</strong>ützenswerter Interessen des Namensträgers <br />

• A<strong>ch</strong>tung Verwe<strong>ch</strong>slungsgefahr! <br />

• wenn Vers<strong>ch</strong>ulden na<strong>ch</strong>gewiesen werden kann; Mögli<strong>ch</strong>keit S<strong>ch</strong>adenersatz bzw. Genugtuung zu <br />

beantragen <br />

2. Domainname <br />

• „Adresse des angerufenen Re<strong>ch</strong>ners, auf dem der Adressat seine Homepage abgelegt hat“ <br />

• stimmt meistens mit Firma oder Name überein <br />

• Domainname muss bei zuständiger Vergabestelle (Swit<strong>ch</strong>) registriert werden <br />

V. Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en Art. 28 und 29 <strong>ZGB</strong> <br />

• Re<strong>ch</strong>t am Namen gehört zu Persönli<strong>ch</strong>keitsre<strong>ch</strong>ten na<strong>ch</strong> Art. 28 <strong>ZGB</strong> <br />

• Namenss<strong>ch</strong>utz wird in Art. 29 <strong>ZGB</strong> ums<strong>ch</strong>rieben <br />

• bei Verletzungen, die ni<strong>ch</strong>t Namensanmassungen betreffen, kommt Art. 28 <strong>ZGB</strong> zur Anwendung <br />

VI. Namensänderung na<strong>ch</strong> Art. 30 <strong>ZGB</strong> <br />

1. Namensänderung na<strong>ch</strong> Art. 30 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> <br />

• es gilt der Grundsatz der Unabänderli<strong>ch</strong>keit des Namens <br />

• Namensänderungsre<strong>ch</strong>te werden bereits dann bewilligt, wenn Gesu<strong>ch</strong>steller „a<strong>ch</strong>tenswerte <br />

Gründe“ darlegen kann <br />

• Art. 30 ist nur auf Namen/Vornamen natürli<strong>ch</strong>er Personen anwendbar <br />

• Namensänderungsgesu<strong>ch</strong> = relativ hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t und muss von urteilsfähiger Person <br />

selber gestellt werden <br />

• häufige Konstellation: Eltern ges<strong>ch</strong>ieden, Mutter wüns<strong>ch</strong>t Namensänderung für no<strong>ch</strong> urteilsun-­fähiges<br />

Kind à Vertretung dur<strong>ch</strong> sorgebere<strong>ch</strong>tigte Mutter ist zugelassen laut BGer <br />

2. Namensänderung na<strong>ch</strong> Art. 30 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

• Ehegatten können na<strong>ch</strong> Heirat ihren eigenen Ledignamen weiterführen oder Familiennamen frei <br />

wählen <br />

3. Anfe<strong>ch</strong>tung der Namensänderung <br />

• Anfe<strong>ch</strong>ter muss s<strong>ch</strong>utzwürdige Interessen darlegen <br />

• (Bsp: wenn Familienangehöriger wegen erhöhter Verwe<strong>ch</strong>slungsgefahr vom Namen seiner Familie <br />

ausges<strong>ch</strong>lossen wird (v.a. wenn Name ni<strong>ch</strong>t weit verbreitet und Familie sehr angesehen)) <br />

<br />

32


§ 17 Die juristis<strong>ch</strong>en Personen im Allgemeinen <br />

I. Historis<strong>ch</strong>e Entwicklung <br />

• In früherer Zeit wurde Gesamtheit der Mitglieder einer Personengemeins<strong>ch</strong>aft als bere<strong>ch</strong>tigt und <br />

verpfli<strong>ch</strong>tet angesehen à Haftungsbes<strong>ch</strong>ränkungen <br />

• mit der Zeit entstanden unselbständige Stiftungen (Krankenhäuser, Klöster) <br />

• in jüngerer Zeit entwickelten si<strong>ch</strong> neue Theorien/Betra<strong>ch</strong>tungsweisen: <br />

o Fiktionstheorie: <br />

nur Mens<strong>ch</strong>en sind Träger von Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten, „künstli<strong>ch</strong>e des Vermögens fähige“ <br />

Re<strong>ch</strong>tssubjekte mit Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit werden ges<strong>ch</strong>affen, juristis<strong>ch</strong>e Person kann nur dur<strong>ch</strong> <br />

Vertreter handeln, kann ni<strong>ch</strong>t deliktis<strong>ch</strong> handeln <br />

o Realitätstheorie: <br />

juristis<strong>ch</strong>e Person ist sozialer Organismus, sie handelt dur<strong>ch</strong> Organe, die Organe sind Teile <br />

der juristis<strong>ch</strong>en Person selbst <br />

• die geltende Re<strong>ch</strong>tsordnung stützt si<strong>ch</strong> auf die Realitätstheorie, es gilt der Grundsatz der Glei<strong>ch</strong>be-­handlung<br />

juristis<strong>ch</strong>er und natürli<strong>ch</strong>er Personen, Organe sind Bestandteile der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

II. Juristis<strong>ch</strong>e Personen de <strong>ZGB</strong> <br />

1. Begriff und Zweck der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• Körpers<strong>ch</strong>aften und Anstalten mit eigener Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

• sie sind wie die natürli<strong>ch</strong>en Personen glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigt und verpfli<strong>ch</strong>tet <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person als Re<strong>ch</strong>tssubjekt vereinfa<strong>ch</strong>t den Ges<strong>ch</strong>äftsverkehr und ermögli<strong>ch</strong>t Vermö-­gensperpetuierung<br />

(etwas bewirken, dass etwas an Dauer gewinnt) <br />

2. Wesenszüge der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• sie ist eine eigenständige Persönli<strong>ch</strong>keit und handelt dur<strong>ch</strong> Organe <br />

• „Janusköpfigkeit“ des Organs einer juristis<strong>ch</strong>en Person (zwiespältig) <br />

3. Abgrenzung gegenüber Re<strong>ch</strong>tsgemeins<strong>ch</strong>aften <br />

• körpers<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Organisationsform: Willenseinheit von Personen für dauernden Zweck <br />

• Partei-­‐/Betreibungsfähigkeit: Mögli<strong>ch</strong>keit, in eigenem Namen zu klagen und beklagt zu werden <br />

• Gläubigers<strong>ch</strong>utz: Gewährleistung eines bestimmten Kapitals <br />

• Haftungsbes<strong>ch</strong>ränkung: Ausnahmen sind Kommandit-­‐AG und Genossens<strong>ch</strong>aften <br />

à Abgrenzungen sind s<strong>ch</strong>wierig, Zuordnung von Fähigkeiten, Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten der Re<strong>ch</strong>tsge-­meins<strong>ch</strong>aften<br />

sind wi<strong>ch</strong>tiger <br />

4. Gesetzli<strong>ch</strong>e Ordnung der juristis<strong>ch</strong>en Personen <br />

a) Allgemeiner Teil <br />

• unvollständig <br />

• Ergänzung dur<strong>ch</strong> weitere, ges<strong>ch</strong>riebene/unges<strong>ch</strong>riebene Normen des Privatre<strong>ch</strong>ts nötig <br />

b) Besondere Bestimmungen <br />

• Vereine und Stiftungen <br />

• Bestimmungen über das Handelsregister (zur Identifizierung, Kennzei<strong>ch</strong>nung, Vermögen-­sausweis<br />

gegenüber der Öffentli<strong>ch</strong>keit) <br />

<br />

33


5. Typenzwang oder „numerus clausus“ <br />

• zur Erri<strong>ch</strong>tung einer juristis<strong>ch</strong>e Personen sind nur bestimmte Anzahl Typen vorhanden <br />

o <strong>ZGB</strong>: Verein und Stiftung <br />

o OR: AG, Kommandit-­‐AG, GmbH, Genossens<strong>ch</strong>aft <br />

• „numerus clausus“ bezweckt den S<strong>ch</strong>utz Dritter (Versi<strong>ch</strong>erung bestimmter Eigens<strong>ch</strong>aften) <br />

• Verbot der Typvermis<strong>ch</strong>ung à ni<strong>ch</strong>t gültig bei öffentli<strong>ch</strong>-­‐re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en juristis<strong>ch</strong>en Personen <br />

6. Grundsatz der Einheit des Re<strong>ch</strong>ts der juristis<strong>ch</strong>en Personen <br />

• Allgemeiner Teil des <strong>ZGB</strong> als Grundsatz <br />

• zusätzli<strong>ch</strong> gilt z.B. Vereinsre<strong>ch</strong>t zur Ausgestaltung der Gesells<strong>ch</strong>aft <br />

7. Körpers<strong>ch</strong>aften und Anstalten <br />

a) Körpers<strong>ch</strong>aften <br />

• Zusammens<strong>ch</strong>luss natürli<strong>ch</strong>er/juristis<strong>ch</strong>er Personen <br />

• Organisation einer juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• demokratis<strong>ch</strong>er Aufbau: bestehen aus Mitglieder <br />

• Verein, AG, Kommandit-­‐AG, GmbH, Genossens<strong>ch</strong>aft (Unternehmen des Privatre<strong>ch</strong>ts) <br />

b) Anstalten <br />

• Vermögen, das verselbständigt und einem Zweck gewidmet ist <br />

• keine Mitglieder oder Teilhaber à Destinatäre <br />

• Stiftung als einzige Anstalt des Privatre<strong>ch</strong>ts <br />

III. Juristis<strong>ch</strong>en Personen ausserhalb des Bundesprivatre<strong>ch</strong>ts <br />

1. Öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e juristis<strong>ch</strong>e Personen <br />

a) Une<strong>ch</strong>ter Vorbehalt von Art. 59 Abs. 1 <strong>ZGB</strong> <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Personen des öffentli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>ts <br />

• dauernde Erfüllung bestimmter Aufgaben des Trägergemeinwesens (Verwaltung) <br />

b) Abgrenzungskriterien <br />

• Abgrenzungskriterium privatre<strong>ch</strong>tl. vs. öff.re<strong>ch</strong>tl. = Beteiligung des Gemeinwesens <br />

• öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Charakteren: <br />

o hoheitli<strong>ch</strong>e Akte <br />

o Anerkennung dur<strong>ch</strong> staatli<strong>ch</strong>e Behörde <br />

o Zwangsgemeins<strong>ch</strong>aft <br />

o Anfe<strong>ch</strong>tung von Bes<strong>ch</strong>lüssen vor Verwaltungsgeri<strong>ch</strong>t <br />

o Verwaltungsverfügungen zur Regelung von Drittbeziehungen <br />

• gemis<strong>ch</strong>twirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unternehmen: Form des Privatre<strong>ch</strong>ts, öffentli<strong>ch</strong>er Zweck, Träger-­s<strong>ch</strong>aft<br />

aus Privatpersonen und öffentli<strong>ch</strong>er Hand <br />

c) Arten öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Verwaltungsträger <br />

• da geringeres Bedürfnis na<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit, hat öff. Re<strong>ch</strong>t keine ges<strong>ch</strong>lossene Typologie <br />

• Unters<strong>ch</strong>ied: Körpers<strong>ch</strong>aft und Anstalt <br />

• öffentli<strong>ch</strong>e Stiftungen kennen keine Mitglieder, nur Destinatäre <br />

à Ziel einer interessenneutralen Zweckverwirkli<strong>ch</strong>ung <br />

2. Juristis<strong>ch</strong>e Personen des kantonalen Privatre<strong>ch</strong>ts <br />

• bestimmte kantonalprivatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e juristis<strong>ch</strong>e Personen au<strong>ch</strong> zulässig <br />

• gesetzli<strong>ch</strong>er Vorbehalt <br />

<br />

34


3. Kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Körpers<strong>ch</strong>aften und Anstalten <br />

• Kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e juristis<strong>ch</strong>e Personen sind ni<strong>ch</strong>t unbedingt öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Natur <br />

• Zuordnung anderer <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>er Gemeins<strong>ch</strong>aften (ni<strong>ch</strong>t Katholiken/Protestanten) umstritten <br />

• Unterstellung unter das Privatre<strong>ch</strong>t angemessen à Bevorteilung dur<strong>ch</strong> kant. Re<strong>ch</strong>t?! (Steuern) <br />

IV. Anfang und Ende der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

1. Erwerb der Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit <br />

a) Grundsatz: Erwerb dur<strong>ch</strong> Handelsregistereintrag <br />

• ohne Eintrag keine Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

• dur<strong>ch</strong> Eintrag Erlangung der Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

b) Ausnahmen <br />

• freie Körpers<strong>ch</strong>aftsbildung (kein Handelsregistereintrag erforderli<strong>ch</strong>) <br />

o öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Körpers<strong>ch</strong>aften und Anstalten, die Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong> <br />

öffentli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t erlangen <br />

o Vereine, ohne wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Zweck <br />

o Familien-­‐ und kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftungen; werden dur<strong>ch</strong> Verfügung von Todes wegen <br />

oder wegen Versterben des Stifters re<strong>ch</strong>tsfähig <br />

o kantonalprivatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e juristis<strong>ch</strong>e Personen, wel<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit gemäss <br />

kantonalem Privatre<strong>ch</strong>t erlangen <br />

2. Re<strong>ch</strong>tslage bis zum Entstehen der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• Vereine (no<strong>ch</strong>) ohne Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit erlangen Re<strong>ch</strong>t der einfa<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft <br />

• Stiftungen, die no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in HR eingetragen sind, haben Re<strong>ch</strong>tsstellung eines Nasciturus <br />

3. Ende der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

a) Auflösungsgründe <br />

• Auflösungsbes<strong>ch</strong>luss des zuständigen Organs <br />

• Errei<strong>ch</strong>ung des Zwecks vor Ablauf der Zeit <br />

• Aufhebung dur<strong>ch</strong> ri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>es Urteil <br />

• von Gesetzes wegen bei Unmögli<strong>ch</strong>keit oder Insolvenz (Bankrott) <br />

• dur<strong>ch</strong> Konkurseröffnung <br />

à zusätzli<strong>ch</strong> besondere gesetzli<strong>ch</strong>e Auflösungsgründe (Art. 77, 88 <strong>ZGB</strong>) <br />

b) Liquidation <br />

• Zweckänderung (no<strong>ch</strong> keine Beendigung) à Liquidation („Versilberung“) <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person behält ihre Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit bei, mit Zusatz „in Liquidation“ <br />

c) Vermögensverwendung und Untergang der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• bei Aufhebung (geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> oder behördli<strong>ch</strong>) fällt Vermögen an Gemeinwesen <br />

• wenn keine Regelung zur Verwendung des Vermögens vorhanden, fällt es ebenfalls an Ge-­meinwesen<br />

<br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person die ni<strong>ch</strong>t in HR eingetragen ist: Abs<strong>ch</strong>luss der Liquidation = Beendigung <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person die in HR eingetragen ist: Lös<strong>ch</strong>ung im Handelsregister = Beendigung <br />

<br />

35


V. Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit der juristis<strong>ch</strong>en Personen <br />

1. Allgemeines <br />

• Art. 53 <strong>ZGB</strong>: Grundsatz der Glei<strong>ch</strong>behandlung natürl. und jurist. Personen <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person = Träger von Re<strong>ch</strong>ten und Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

• wegen ihrer „besonderen künstli<strong>ch</strong>en Natur“ sind diese jedo<strong>ch</strong> einges<strong>ch</strong>ränkt <br />

2. Einzelne Re<strong>ch</strong>tsfähigkeitsberei<strong>ch</strong>e <br />

a) Vermögensre<strong>ch</strong>te <br />

• Eigentum/Besitz, bestimmte dingli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, Forderungs-­‐/Immaterialgüterre<strong>ch</strong>te <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person kann au<strong>ch</strong> als Erbin oder Vermä<strong>ch</strong>tnisnehmerin eingesetzt werden <br />

b) Mögli<strong>ch</strong>keit, ein Gewerbe zu betreiben oder Mitglied in einer Vereinigung zu sein <br />

• kann Gewerbe betreiben <br />

• kann Kaufmann, Stellvertreter, Treuhänder, Bevollmä<strong>ch</strong>tigter sein <br />

• kann Mitglied in Vereinigungen sein <br />

• kann Genossens<strong>ch</strong>after, Vereinsmitglied, Gesells<strong>ch</strong>after sein <br />

c) Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz <br />

• Verzi<strong>ch</strong>t auf Selbstbestimmungsre<strong>ch</strong>t und übermässige Bes<strong>ch</strong>ränkung sind unzulässig <br />

• Berufung auf externen Persönli<strong>ch</strong>keitss<strong>ch</strong>utz mögli<strong>ch</strong> <br />

• Vereine/Stiftungen geniessen Namenss<strong>ch</strong>utz <br />

• für alle anderen juristis<strong>ch</strong>en Personen (Privatre<strong>ch</strong>t) gilt obligationenre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Firmens<strong>ch</strong>utz <br />

d) Weitere Berei<strong>ch</strong>e der Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit <br />

• Besitz der aktiven und passiven Partei-­‐/Prozessfähigkeit <br />

• unterstehen der Zwangsvollstreckung des S<strong>ch</strong>KG <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person ist Re<strong>ch</strong>tssubjekt <br />

• haben verfassungsmässige Re<strong>ch</strong>te (Re<strong>ch</strong>tsglei<strong>ch</strong>heit, Meinungsäusserungsfreiheit etc.) <br />

VI. Handlungsfähigkeit der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

1. Allgemeines <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Personen haben Mögli<strong>ch</strong>keit zur Eigenhandlung (soweit Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit rei<strong>ch</strong>t) <br />

• Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>äfts-­‐ und Deliktsfähigkeit <br />

2. Voraussetzung der Handlungsfähigkeit <br />

• Organe (drücken den Willen der juristis<strong>ch</strong>en Person aus), notwendig zum Handeln <br />

o Vorsehung einer Organisation in Gesetz/Statuten <br />

o Umsetzung/Bestellung der Organe <br />

3. Organe der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

a) Doppelbedeutung des Begriffs „Organ“ <br />

• Organisationseinheit (nimmt bestimmte Funktionen der jur. Person wahr) <br />

• einzelne natürl./jurist. Person als Funktionsträgerin (Willensbildung) <br />

• das Organ als Funktionsträger muss als natürli<strong>ch</strong>e Person urteilsfähig sein, um juristis<strong>ch</strong>e <br />

Person zu vertreten <br />

<br />

36


) Formelle und faktis<strong>ch</strong>e Organe <br />

• Formelles Organ: Personen, die zur Wahrung von Organfunktionen berufen werden <br />

(Bsp. Vorstandsmitglied eines Vereins) <br />

• Faktis<strong>ch</strong>es Organ: Personen, die an Willensbildung teilhaben und Ents<strong>ch</strong>eidungskompetenz <br />

haben (Bsp. Prokurist) <br />

• Kriterium zur Unters<strong>ch</strong>eidung ist „Grad der selbständigen Ents<strong>ch</strong>eidungsbefugnis“ <br />

c) Die vers<strong>ch</strong>iedenen Organe und ihre Funktionen <br />

• Aufbau der juristis<strong>ch</strong>en Personen <br />

o Mitgliederversammlung <br />

o Verwaltung (Vorstand) <br />

o Kontroll-­‐ oder Revisionsstelle <br />

d) Mitgliederversammlung <br />

• Oberstes Organ <br />

• hat bestimmte unübertragbare Befugnisse (Statutenänderung, Wahl der Organe) <br />

e) Verwaltung/Vorstand der Körpers<strong>ch</strong>aft bzw. Stiftungsrat des Zweckvermögens <br />

• Verwaltung der Organe dur<strong>ch</strong> Ges<strong>ch</strong>äftsführung und Vertretung <br />

• Ges<strong>ch</strong>äftsführung: interne Lenkungen (Umsetzung der Willensbildung) <br />

• Verwaltung: externe Lenkung (Ermä<strong>ch</strong>tigung zum Re<strong>ch</strong>tsverkehr mit Dritten) <br />

f) Kontroll-­‐ oder Revisionsstelle <br />

• Revisionspfli<strong>ch</strong>t wird von sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gegebenheiten der Unternehmung abgeleitet <br />

g) Weitere Organe <br />

• Mögli<strong>ch</strong>keit, weitere statutaris<strong>ch</strong>e Organe vorzusehen und ihnen besondere Aufgaben zu-­zuordnen<br />

<br />

4. Ges<strong>ch</strong>äftsfähigkeit <br />

a) Allgemeines <br />

• Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte der juristis<strong>ch</strong>en Personen werden dur<strong>ch</strong> die Organe (natürli<strong>ch</strong>e Personen) <br />

getätigt <br />

• ihre Handlung erfolgen aber als juristis<strong>ch</strong>e Person <br />

b) Vertretungsma<strong>ch</strong>t des Organs <br />

• Vertretungsma<strong>ch</strong>t des Organs für die juristis<strong>ch</strong>e Person rei<strong>ch</strong>t soweit, wie Handlungsfähig-­keit<br />

der juristis<strong>ch</strong>en Person rei<strong>ch</strong>t <br />

• Vertretungsma<strong>ch</strong>t des einzelnen Organs rei<strong>ch</strong>t soweit, wie ihre Funktion im Rahmen der ju-­ristis<strong>ch</strong>en<br />

Person rei<strong>ch</strong>t <br />

c) Vertretungsbefugnis des handelnden Organs <br />

• Befugnisse der Organe können intern zusätzli<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>ränkt werden <br />

d) „Wissensvertretung“ <br />

• Wissen des Organs = Wissen der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

5. Deliktsfähigkeit <br />

a) Grundsatz <br />

• volle Deliktsfähigkeit der juristis<strong>ch</strong>en Person im zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong> <br />

(Bsp: S<strong>ch</strong>adenszufügung bei Dritten und daraus erwa<strong>ch</strong>sende Verpfli<strong>ch</strong>tungen) <br />

<br />

37


) Voraussetzungen und Grenzen der Haftung <br />

• Organhandlung als Voraussetzung der Deliktsfähigkeit <br />

o Besitz der Organqualität <br />

o Handlung als Organ <br />

c) Begriff des Organs na<strong>ch</strong> Art. 55 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> <br />

• Organqualität im deliktis<strong>ch</strong>en Sinne = Ausübung wi<strong>ch</strong>tiger Unternehmensfunktionen oder <br />

leitende Stellung <br />

d) Ausübung ges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>er Verri<strong>ch</strong>tungen <br />

• Haftung für unerlaubte Handlung nur dann, wenn dur<strong>ch</strong> Ausübung ges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>er Verri<strong>ch</strong>-­tung<br />

begangen <br />

• S<strong>ch</strong>ädiger muss Organkompetenz haben <br />

• Unerlaubte Handlungen die ni<strong>ch</strong>t für juristis<strong>ch</strong>e Personen vorgenommen wurden, berühren <br />

diese au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t <br />

e) Mithaftung der delinquierenden Organe <br />

• handelnde Organe bleiben für deliktis<strong>ch</strong>es Handeln persönli<strong>ch</strong> verantwortli<strong>ch</strong> <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person und ihre Organ haften gegenüber ges<strong>ch</strong>ädigtem Dritten solidaris<strong>ch</strong> <br />

6. Strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verantwortli<strong>ch</strong>keit <br />

• Unternehmen ist subsidiär strafbar, wenn dur<strong>ch</strong> sein Betrieb Straftat verübt wird und Täter man-­gels<br />

Unternehmensorganisation ni<strong>ch</strong>t ausfindig gema<strong>ch</strong>t werden kann <br />

• bei Mehrfa<strong>ch</strong>taten können au<strong>ch</strong> Vermögensbussen verhängt werden à Präventionsgedanke <br />

• Geldstrafen können aber nur dort verhängt werden, wo es Gesetz vorsieht <br />

• Organe sind persönli<strong>ch</strong> strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> verantwortli<strong>ch</strong> <br />

VII. „Dur<strong>ch</strong>griff“ <br />

1. Missbräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Verwendung der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• juristis<strong>ch</strong>e Person als Re<strong>ch</strong>tssubjekt birgt Gefahr des Re<strong>ch</strong>tsmissbrau<strong>ch</strong>s <br />

• Bsp. juristis<strong>ch</strong>e Person wird zur Verfolgung gesetzli<strong>ch</strong> verpönter Zwecke verwendet <br />

• in diesem Fall wird ausnahmsweise dur<strong>ch</strong> „S<strong>ch</strong>leier der juristis<strong>ch</strong>en Person“ auf natürli<strong>ch</strong>e Person <br />

gegriffen à Dur<strong>ch</strong>griff <br />

2. „Umgekehrter Dur<strong>ch</strong>griff“ <br />

• Bsp. Vermögensübertragung auf juristis<strong>ch</strong>e Person um natürli<strong>ch</strong>e Personen um ihre Ansprü<strong>ch</strong>e zu <br />

bringen <br />

3. Insbesondere zum Haftungsdur<strong>ch</strong>griff <br />

• Frage, ob Gläubiger nur auf Haftungssubstrat oder au<strong>ch</strong> auf Vermögen greifen kann <br />

• Haftungsdur<strong>ch</strong>griff wäre dort mögli<strong>ch</strong>, wo Haftungssubstrat unzulässigerweise ges<strong>ch</strong>mälert wurde <br />

VIII. Sitz der juristis<strong>ch</strong>en Person (Art. 56 <strong>ZGB</strong>) <br />

1. Begriff <br />

• örtli<strong>ch</strong>e Verknüpfung der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• na<strong>ch</strong> Art. 23 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> hat juristis<strong>ch</strong>e Person grundsätzli<strong>ch</strong> nur einen Sitz <br />

• Gründung von Zweig-­‐ oder Ges<strong>ch</strong>äftsniederlassungen mögli<strong>ch</strong> <br />

<br />

38


• diese sind zwar wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> selbständig, haben aber keine selbständige Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit, sind <br />

also vom Hauptunternehmen abhängig <br />

2. Bestimmung des Sitzes <br />

• Wahlmögli<strong>ch</strong>keit, Freiheit der Sitzwahl <br />

• Sitzverlegung dur<strong>ch</strong> Statutenänderung mögli<strong>ch</strong> <br />

• wenn keine Äusserung in Statuten, befindet si<strong>ch</strong> Sitz an Ort der Verwaltung <br />

3. Re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Bedeutung des Sitzes <br />

• behördenmässige „Verortung“ der juristis<strong>ch</strong>en Person dur<strong>ch</strong> Sitz <br />

o örtli<strong>ch</strong>e Zuständigkeit des Handelsregistereintrags <br />

o Betreibungsort <br />

o Sitz als allgemeiner Geri<strong>ch</strong>tsstand <br />

o Hauptsteuerdomizil <br />

o Zuständigkeit allfälliger Aufsi<strong>ch</strong>tsbehörden vom Sitz abhängig <br />

§ 18 Der Verein <br />

I. Begriff und Bedeutung des Vereins <br />

1. Begriff und gesetzli<strong>ch</strong>e Regelung <br />

• körpers<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> organisierte Personenverbindung mit ideellem Zweck (ni<strong>ch</strong>twirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>) <br />

• eigene Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit, Verbandspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

• geregelt im <strong>ZGB</strong> 60-­‐79 und bei allgemeinen Bestimmungen der juristis<strong>ch</strong>en Person <br />

• und im Fusionsgesetz (da Fusion von Vereinen mögli<strong>ch</strong>) <br />

2. Bedeutung <br />

• Vereinsfreiheit als Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t des EMRK <br />

• Verein als sehr anpassungsfähige Körpers<strong>ch</strong>aft <br />

II. Vereinszweck <br />

1. Gesetzli<strong>ch</strong>e Regelung <br />

• ni<strong>ch</strong>twirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Natur <br />

• solange ideeller Zweck im Vordergrund, darf nebenbei au<strong>ch</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Gewerbe betrieben <br />

werden à Handelsregistereintrag nötig <br />

2. Praxis des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts <br />

• Verein als Zweckmässigkeitsüberlegung; moderne Wirts<strong>ch</strong>aftsverbände fanden keine geeignete <br />

Re<strong>ch</strong>tsform à Verein als „Einheit der juristis<strong>ch</strong>en Person“ <br />

• Verein stellt Grundfigur der Körpers<strong>ch</strong>aft dar <br />

3. <strong>Zusammenfassung</strong> <br />

• Zulässigkeit des Vereins: <br />

o ideelle Zielsetzung <br />

o gewerbli<strong>ch</strong>er Betrieb als untergeordnetes Ziel <br />

o wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Ziel ohne glei<strong>ch</strong>zeitig direkte gewerbli<strong>ch</strong>e Aktivität <br />

• Unzulässigkeit des Vereins: <br />

o wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Ziel und glei<strong>ch</strong>zeitig gewerbli<strong>ch</strong>er Betrieb (einfa<strong>ch</strong>e Gesells<strong>ch</strong>aft) <br />

<br />

39


III. Die Gründung des Vereins <br />

1. Gründungsakt <br />

• Annahme der Statuten dur<strong>ch</strong> Gründungsversammlung <br />

• Inhalt der Statuten von Gesetzes wegen: <br />

o Wille zur Körpers<strong>ch</strong>aftsbildung <br />

o Zweck des Vereins <br />

o Mittel des Vereins <br />

o Organisation der Personenverbindung <br />

• Bestimmungen über Name und Sitz grundsätzli<strong>ch</strong> unerlässli<strong>ch</strong> <br />

• bei handelsregistereingetragenen Vereinen gilt Namensgebrau<strong>ch</strong>spfli<strong>ch</strong>t <br />

2. Mitglieder <br />

• natürli<strong>ch</strong>e und juristis<strong>ch</strong>e Personen <br />

• keine gesetzli<strong>ch</strong>e Mindestanzahl, grundsätzli<strong>ch</strong> mindestens drei Mitglieder <br />

3. Handelsregistereintrag <br />

• Vereine mit kaufmännis<strong>ch</strong>em Gewerbe im Nebenzweck sind handelseintragspfli<strong>ch</strong>tig <br />

• nur deklaratoris<strong>ch</strong>; Publizitätswirkung <br />

4. Verein ohne Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

• (no<strong>ch</strong>) ni<strong>ch</strong>t erlangte Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit wenn <br />

o no<strong>ch</strong> im Gründungsstadium oder re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Gründungsmängel aufweist <br />

o widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er oder unsittli<strong>ch</strong>er Zweck <br />

o fehlender Wille zur Körpers<strong>ch</strong>aftsbildung <br />

à dem Re<strong>ch</strong>t der einfa<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft unterstellt <br />

5. Statuten (Satzung) <br />

• zwingende gesetzli<strong>ch</strong>e Normen haben Vorrang <br />

• na<strong>ch</strong>folgend sind Statuten und Vereinsbes<strong>ch</strong>lüsse zu bea<strong>ch</strong>ten <br />

IV. Vereinsorganisation <br />

1. Übersi<strong>ch</strong>t <br />

• von Gesetzes wegen folgende Organe nötig: <br />

o Vereinsversammlung <br />

o Vereinsvorstand <br />

o Revisionsstelle <br />

• Statuten könne weiter und andere Organe vorsehen <br />

2. Vereinsversammlung/Mitgliederversammlung/Generalversammlung <br />

• Legislative <br />

• oberstes Organ <br />

• ents<strong>ch</strong>eidet in allen Angelegenheiten, die ni<strong>ch</strong>t anderen Organen zugewiesen sind <br />

à Kompetenzvermutung <br />

• bestimmen zwingend über: Gründung, Auflösung, Statutenänderung, Aufsi<strong>ch</strong>t über Tätigkeit <br />

• Einberufung der Versammlung dur<strong>ch</strong> mindestens einen Fünftel der Mitglieder mögli<strong>ch</strong> <br />

3. Delegiertenversammlung <br />

• Stimmre<strong>ch</strong>t der Mitglieder wird an kleinere Anzahl delegiert à Delegierte <br />

• zur Einberufung einer Delegiertenversammlung ist mindestens ein Fünftel der Delegierten nötig <br />

<br />

40


4. Vorstand <br />

• wird von der Vereinsversammlung gewählt <br />

• wählbar sind Vereinsmitglieder, aussenstehende Dritte und juristis<strong>ch</strong>e Personen <br />

• Vorstand als Ges<strong>ch</strong>äftsleitung <br />

• bereitet GV vor und leitet sie <br />

• führt Vereinsbes<strong>ch</strong>lüsse aus à Exekutivorgan <br />

• vertritt Verein na<strong>ch</strong> aussen und handelt für den Verein <br />

5. Revisionsstelle <br />

• wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> bedeutsame Grossvereine müssen Bu<strong>ch</strong>führung dur<strong>ch</strong> Revisionsstelle ordentli<strong>ch</strong> prü-­fen<br />

lassen (periodis<strong>ch</strong>e Revision) <br />

6. Mängel in der Organisation <br />

• Geri<strong>ch</strong>t ist ermä<strong>ch</strong>tigt auf Antrag eines Mitglieds/Gläubigers erforderli<strong>ch</strong>e Massnahmen zu regeln <br />

• First zur Wiederherstellung des re<strong>ch</strong>tmässigen Zustandes ansetzen oder Sa<strong>ch</strong>walter ernennen <br />

• aktienre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Massnahmen mögli<strong>ch</strong> <br />

V. Die Vereinsmitglieds<strong>ch</strong>aft <br />

1. Begriff der Mitglieds<strong>ch</strong>aft <br />

• Re<strong>ch</strong>tsverhältnis zwis<strong>ch</strong>en Vereinsangehörigen und der Körpers<strong>ch</strong>aft <br />

• begründet dur<strong>ch</strong> Mehrheitsbes<strong>ch</strong>luss <br />

• Re<strong>ch</strong>te und Pfli<strong>ch</strong>ten der Mitglieds<strong>ch</strong>aft sind hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong> <br />

2. Erwerb der Mitglieds<strong>ch</strong>aft <br />

• dur<strong>ch</strong> Gründungsteilnahme und Zustimmung der Statuten oder dur<strong>ch</strong> Beitrittsgesu<strong>ch</strong> <br />

3. Beendigung der Mitglieds<strong>ch</strong>aft <br />

a) Austritt <br />

o Art. 70 Abs. 2 <strong>ZGB</strong> garantiert Austrittsmögli<strong>ch</strong>keit <br />

o jeweils auf Ende des Kalenderjahrs/Verwaltungsperiode <br />

o halbjährige Kündigungsfrist <br />

b) Auss<strong>ch</strong>luss <br />

o Auss<strong>ch</strong>lussgründe in Statuten verankern (Ni<strong>ch</strong>tleistung der Mitgliederbeiträge) <br />

o wenn ni<strong>ch</strong>ts geregelt in Statuten, Auss<strong>ch</strong>luss nur mögli<strong>ch</strong> bei „wi<strong>ch</strong>tigen Gründen“ <br />

4. Pfli<strong>ch</strong>ten der Mitglieder <br />

• Pfli<strong>ch</strong>ten werden in Statuten festgelegt und müssen eingehalten werden <br />

• bei Verletzung der Vereinspfli<strong>ch</strong>ten können statutaris<strong>ch</strong> vorgesehene Strafen eingeleitet werden <br />

a) Persönli<strong>ch</strong>e Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

o allgemeine Treuepfli<strong>ch</strong>t (ni<strong>ch</strong>ts tun, was ni<strong>ch</strong>t im Vereinsinteresse liegt) <br />

o Statuten können weitere Pfli<strong>ch</strong>ten vorsehen (Proben, Mitgliederversammlung) <br />

b) Vermögensre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Pfli<strong>ch</strong>ten <br />

o Bezahlung der festgelegten Mitgliederbeiträge <br />

o Für Vereinsverbindli<strong>ch</strong>keiten haftet auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> Vereinsvermögen <br />

5. Re<strong>ch</strong>te der Mitglieder <br />

a) Mitwirkungsre<strong>ch</strong>te <br />

o hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, unübertragbar <br />

<br />

41


o<br />

o<br />

o<br />

o<br />

Re<strong>ch</strong>t auf Teilnahme, Stimmre<strong>ch</strong>t, aktives & passives Wahlre<strong>ch</strong>t, Re<strong>ch</strong>t auf Antragstellung <br />

jedes Mitglied hat glei<strong>ch</strong>es Stimmre<strong>ch</strong>t <br />

Gewährleistung der demokratis<strong>ch</strong>en Willensbildung <br />

bei Bes<strong>ch</strong>lussfassungen/Re<strong>ch</strong>tsstreit zwis<strong>ch</strong>en verwandten/familiären Personen sind diese <br />

in jenem Fall von Gesetzes wegen vom Stimmre<strong>ch</strong>t ausges<strong>ch</strong>lossen <br />

à Verhinderung von Interessenskollisionen <br />

b) Weitere Re<strong>ch</strong>te <br />

o es können Benützungsre<strong>ch</strong>te geregelt werden (Lokale, Anlagen, Materialien) <br />

c) S<strong>ch</strong>utzre<strong>ch</strong>te <br />

o S<strong>ch</strong>utz vor Zweckumwandlung <br />

o S<strong>ch</strong>utz vor unzulässigen Vereinsbes<strong>ch</strong>lüssen <br />

o S<strong>ch</strong>utz vor ungere<strong>ch</strong>tfertigtem Auss<strong>ch</strong>luss <br />

o Re<strong>ch</strong>t auf Glei<strong>ch</strong>behandlung der Mitglieder als unges<strong>ch</strong>riebener Re<strong>ch</strong>tsgrundsatz <br />

6. Zum S<strong>ch</strong>utz des Vereinszweck insbesondere <br />

• bei Zweckumwandlung ohne Zustimmung des Mitglieds (keine Nötigung na<strong>ch</strong> Art. 74 <strong>ZGB</strong>): <br />

o sofortiger Austritt mit Anspru<strong>ch</strong> auf S<strong>ch</strong>adenersatz <br />

o im Verein bleiben und Vereinsbes<strong>ch</strong>luss anfe<strong>ch</strong>ten <br />

• Umwandlung des Zwecks liegt vor wenn: <br />

o bisheriger Zweck dur<strong>ch</strong> neuen ersetzt wird <br />

o wesentli<strong>ch</strong>e Teilzwecke wegfallen <br />

o dur<strong>ch</strong> Hinzufügen eines neuen Teilzwecks der Vereins<strong>ch</strong>arakter verändert wird <br />

• kein Re<strong>ch</strong>t auf Fortbestand des Vereins <br />

• Vereinsauflösung und ans<strong>ch</strong>liessende Neugründung zur Zweckerrei<strong>ch</strong>ung <br />

à unzulässig um dabei Art. 74 <strong>ZGB</strong> zu umgehen (Re<strong>ch</strong>tsmissbrau<strong>ch</strong>) <br />

7. S<strong>ch</strong>utz vor unzulässigen Vereinsbes<strong>ch</strong>lüssen im Besonderen <br />

a) Allgemeines <br />

o Art. 75 <strong>ZGB</strong> garantiert Re<strong>ch</strong>tmässigkeit der Vereinstätigkeit <br />

o S<strong>ch</strong>utz des Vereinsmitglied vor Gesetzes-­‐ und Statutenwidrigkeit <br />

o nur Bes<strong>ch</strong>lüsse sind anfe<strong>ch</strong>tbar, keine Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte <br />

b) Bes<strong>ch</strong>ränkung von Mitglieds<strong>ch</strong>aftsre<strong>ch</strong>ten <br />

o Mitglieds<strong>ch</strong>aftsre<strong>ch</strong>te zur Konkretisierung von Beziehungen zwis<strong>ch</strong>en Mitgliedern und Ver-­einen<br />

dur<strong>ch</strong> Vereinsbes<strong>ch</strong>luss/Statutenänderung oder <br />

o Mitglieds<strong>ch</strong>aftsre<strong>ch</strong>te, die Zustimmung der Betroffenen benötigen <br />

à korporative Mitwirkungsre<strong>ch</strong>te (zur Absi<strong>ch</strong>erung der Teilhabe an Willensbildung) <br />

c) S<strong>ch</strong>utz vor ungere<strong>ch</strong>tfertigtem Auss<strong>ch</strong>luss <br />

o jedes Vereinsmitglied ist zur Anfe<strong>ch</strong>tung des Auss<strong>ch</strong>lussbes<strong>ch</strong>lusses bere<strong>ch</strong>tigt <br />

d) Anfe<strong>ch</strong>tbarkeit von Bes<strong>ch</strong>lüssen unterer Organe <br />

o Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ungen/Bes<strong>ch</strong>lüsse von unteren Organen (Verwaltung) können angefo<strong>ch</strong>ten <br />

werden, wenn Mitglieds<strong>ch</strong>aftsre<strong>ch</strong>te verletzt sind <br />

e) Verwirkungsfrist <br />

o Anfe<strong>ch</strong>tungsklage kann binnen einem Monat seit Kenntnisnahme eingerei<strong>ch</strong>t werden <br />

o wird Frist ni<strong>ch</strong>t genutzt, ist Vereinsbes<strong>ch</strong>luss verbindli<strong>ch</strong> <br />

o re<strong>ch</strong>tverletzende Bes<strong>ch</strong>lüsse sind ni<strong>ch</strong>tig und können von jedem Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utzinteressenten <br />

geltend gema<strong>ch</strong>t werden <br />

<br />

42


VI. Vereine und Verbände mit Sektionen <br />

1. Allgemeines <br />

• Aufgabenteilung im Verein <br />

• Sektionen mit Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit und ohne juristis<strong>ch</strong>e Persönli<strong>ch</strong>keit als dezentrale/sektoriale <br />

Organisation des Personenverbandes <br />

• wenn Sektionen ni<strong>ch</strong>t in Vereinsform sind gelten sie als Organe des Zentralverbandes, Zentralver-­band<br />

besitzt Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

2. Sektionen mit Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit <br />

a) Sektion als Mitglied des Zentral-­‐ oder Da<strong>ch</strong>verbandes <br />

o nur Sektionen als juristis<strong>ch</strong>e Personen (Verein) Mitglied des Vereins (Da<strong>ch</strong>verband) <br />

o Sektionen fassen Einzelpersonen als Mitglieder einer Personenverbindung mit eigener <br />

Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit zusammen <br />

o kein Re<strong>ch</strong>tsverhältnis zwis<strong>ch</strong>en Mitgliedern der Sektionen und Verband <br />

o somit hat Da<strong>ch</strong>verband gegenüber Mitgliedern der Sektionen keine direkte Einwirkungs-­mögli<strong>ch</strong>keit<br />

à Anbindung an Da<strong>ch</strong>verband dur<strong>ch</strong> Vertrag (Lizenz bei Sportlern) <br />

b) Einzelperson als Mitglied der Sektion und des Zentralverbandes <br />

o Doppelmitglieds<strong>ch</strong>aft des Vereinsmitglieds in Sektion und Da<strong>ch</strong>verband <br />

VII. Auflösung des Vereins <br />

1. Auflösungsarten <br />

• dur<strong>ch</strong> Vereinsbes<strong>ch</strong>luss: jederzeit <br />

• von Gesetzes wegen: bei Zahlungsunfähigkeit keine Bestellung der Organe auf längere Zeit <br />

• dur<strong>ch</strong> ri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>en Bes<strong>ch</strong>luss: auf Klage hin (widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er/unsittli<strong>ch</strong>er Zweck) <br />

2. Liquidation und Vermögensverteilung <br />

• Art. 57 und 58 <strong>ZGB</strong> <br />

3. Liquidationslose Auflösung <br />

• dur<strong>ch</strong> Fusion na<strong>ch</strong> Fusionsgesetz (FusG) <br />

o Absorption (Annexion): Verein übernimmt Mitglieder & Vermögen eines anderen Vereins <br />

o Kombination: Mitglieder und Vermögen zweier oder mehrerer Vereine werden von neuem <br />

zu bestimmtem Zweck gegründeten Verein übernommen <br />

• Re<strong>ch</strong>tskleidwe<strong>ch</strong>sel = Umwandlung eines Vereins in Kapitalgesells<strong>ch</strong>aft/Genossens<strong>ch</strong>aft <br />

§ 19 Die Stiftung <br />

I. Begriff, Bedeutung und Arten von Stiftungen <br />

1. Begriff der Stiftung <br />

• Widmung eines Vermögens für einen besonderen Zweck <br />

• Zweckvermögen <br />

• besitzt Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit und verselbständigtes Vermögen <br />

• einzige ni<strong>ch</strong>tkörperli<strong>ch</strong>e juristis<strong>ch</strong>e Person des Privatre<strong>ch</strong>ts = privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Anstalt <br />

• Stiftung hat keine Mitglieder/Eigentümer <br />

• Begünstigte der Stiftung = Destinatäre <br />

<br />

43


2. Bedeutung des Stiftungsre<strong>ch</strong>ts <br />

a. Grundsatz der Stiftungsfreiheit <br />

• jede Person hat das Re<strong>ch</strong>t, eine Stiftung zu erri<strong>ch</strong>ten <br />

• privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Stiftungen bedürfen keiner behördli<strong>ch</strong>en Genehmigung <br />

• wenn gesetzli<strong>ch</strong>e Voraussetzungen erfüllt, ist sie ins Handelsregister einzutragen <br />

b. Neuere Tendenzen <br />

• Personal-­‐/Fürsorgeeinri<strong>ch</strong>tungen als Altersvorsorge <br />

• Unternehmensstiftungen weit verbreitet: Zweckvermögen wird zum Träger von <br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> tätiger Unternehmen <br />

• Änderung des Stiftungsre<strong>ch</strong>ts: Zweckänderungsre<strong>ch</strong>t des Stifters, wiederspri<strong>ch</strong>t ei-­gentli<strong>ch</strong><br />

Grundgedanke der Stiftung (Verselbständigung vom Stifterwillen) <br />

III. Erri<strong>ch</strong>tung der Stiftung <br />

1. Widmungsakt <br />

a. Allgemeines <br />

• eigentli<strong>ch</strong>es Stiftungsges<strong>ch</strong>äft <br />

• einseitiges, ni<strong>ch</strong>t empfangsbedürftiges Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft <br />

• Re<strong>ch</strong>tswirkung entsteht dur<strong>ch</strong> Willensäusserung des Stifters <br />

b. Form des Widmungsaktes <br />

• Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft unter Lebenden (öffentli<strong>ch</strong>e Urkunde nötig) <br />

• von Todes wegen <br />

• Stiftungserri<strong>ch</strong>tung in Form des Erbvertrages (Vors<strong>ch</strong>riften des Testaments) <br />

c. Inhalt des Widmungsaktes <br />

• Wille, eine selbständige Stiftung zu erri<strong>ch</strong>ten <br />

• Wille zur Entäusserung von Vermögen und S<strong>ch</strong>affung eines selbständigen Re<strong>ch</strong>ts-­subjekts<br />

<br />

• Vermögen bezei<strong>ch</strong>nen, das der Stiftung gewidmet wird <br />

• Ums<strong>ch</strong>reibung des Stiftungszwecks <br />

d. Auslegung <br />

• Willensprinzip (analog Testamentauslegung) <br />

• Vertrauensprinzip (zum S<strong>ch</strong>utz des Vertragspartners) <br />

2. Insbesondere zur Zweckbestimmung <br />

• Zweck ist frei bestimmbar, muss aber hinrei<strong>ch</strong>end bestimmt sein <br />

• er kann auf Dauer oder vorübergehend beabsi<strong>ch</strong>tigt sein <br />

• Zweck darf ni<strong>ch</strong>t widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, unsittli<strong>ch</strong> oder unmögli<strong>ch</strong> sein à sonst Ni<strong>ch</strong>tigkeit <br />

3. Insbesondere zum gewidmeten Vermögen <br />

• Höhe und Art des Vermögens ist frei bestimmbar <br />

• damit Stiftung zu Beginn lebensfähig ist, muss Vermögen aber ausrei<strong>ch</strong>end gross sein <br />

4. Eintragung ins Handelsregister <br />

• Handelsregistereintrag ist zwingend und hat konstitutive Wirkung 1<br />

• keine Eintragung benötigen öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e, kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e und Familienstiftungen <br />

1 konstitutiv bedeutet, dass die Stiftung erst mit der Eintragung ins Handelsregister Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit erlangt. Vorher hat sie <br />

die Re<strong>ch</strong>tstellung eines Nasciturus. <br />

<br />

44


5. Anfe<strong>ch</strong>tung der Stiftungserri<strong>ch</strong>tung <br />

• wenn bei der Erri<strong>ch</strong>tung der Stiftung ges<strong>ch</strong>ützte Drittinteressen verletzt werden, kann die <br />

Stiftung glei<strong>ch</strong> wie eine S<strong>ch</strong>enkung angefo<strong>ch</strong>ten werden <br />

• zur Anfe<strong>ch</strong>tung sind Ehegatte, Erben des Stifters und Gläubiger aktivlegitimiert <br />

IV. Organisation der Stiftung <br />

1. Grundlagen <br />

• Stifter legt Organe und Art der Verwaltung der Stiftung fest <br />

• erforderli<strong>ch</strong> für Stiftung ist Organisation, wel<strong>ch</strong>e Funktionsfähigkeit der Stiftung garantiert <br />

• ist Organisation ni<strong>ch</strong>t komplett, muss Stiftung innert Frist re<strong>ch</strong>tmässigen Zustand herstellen <br />

2. Oberstes Stiftungsorgan (Verwaltung) <br />

• Verwaltung = oberstes Stiftungsorgan = Stiftungsrat <br />

• Stiftungsrat ist für Ges<strong>ch</strong>äftsführung und Vertretung verantwortli<strong>ch</strong> <br />

• er sorgt dafür, dass Stiftungsvermögen na<strong>ch</strong> Stifterwille verwendet wird <br />

• Pfli<strong>ch</strong>t, Bu<strong>ch</strong> führen na<strong>ch</strong> OR, au<strong>ch</strong> wenn kein kaufmännis<strong>ch</strong>es Gewerbe betrieben wird <br />

• Stifter muss bei Erri<strong>ch</strong>tung der Stiftung Organe bestellen und regeln <br />

3. Revisionsstelle <br />

• jährli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>nungsprüfung und Beri<strong>ch</strong>terstattung na<strong>ch</strong> Bestimmungen des AG-­‐Re<strong>ch</strong>ts <br />

• Stiftung ist zur Ernennung einer unabhängigen Revisionsstelle verpfli<strong>ch</strong>tet <br />

4. Weitere Organe <br />

• freiwillig können Kontrollorgane oder interne Aufsi<strong>ch</strong>tsorgane vorgesehen werden <br />

• die Stiftung enthält keine Mitgliederversammlung und somit kein Willensbildungsorgan! <br />

V. Beaufsi<strong>ch</strong>tigung der Stiftung <br />

1. Zweck <br />

• Stiftungszweck vom Stifter vorgegeben <br />

• behördli<strong>ch</strong>e Aufsi<strong>ch</strong>t zur Si<strong>ch</strong>erung des Stiftungszwecks (gesetzli<strong>ch</strong> vorges<strong>ch</strong>rieben) <br />

• Familien-­‐ und kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftungen unterstehen keiner Aufsi<strong>ch</strong>t des Gemeinwesens, da ihr <br />

,intimer Charakter’ sowie ihre interne Aufsi<strong>ch</strong>t zur Überwa<strong>ch</strong>ung genügen <br />

2. Inhalt <br />

• Stiftungsvermögen soll na<strong>ch</strong> Willen des Stifters verwendet werden <br />

• Stiftung ist von Stifter unabhängig <br />

• Stiftungsaufsi<strong>ch</strong>t soll Statutenwidrigkeit verhindern, Stiftungsorgane überwa<strong>ch</strong>en, bei <br />

Zweckentfremdung, Übers<strong>ch</strong>uldung, Zahlungsunfähigkeit eins<strong>ch</strong>reiten <br />

• Destinatäre können Statutenwidrigkeiten bei Aufsi<strong>ch</strong>tsbehörde anzeigen <br />

3. Zuständigkeit <br />

• Stiftung stehen unter Aufsi<strong>ch</strong>t des Gemeinwesens <br />

• zuständig ist dasjenige Gemeinwesen, wel<strong>ch</strong>es bei Ni<strong>ch</strong>tbestehen der Stiftung am ehesten <br />

die entspre<strong>ch</strong>ende Aufgabe übernehmen müsste <br />

• Zusammens<strong>ch</strong>lüsse von Stiftungsaufsi<strong>ch</strong>ten ist mögli<strong>ch</strong>: Zentrals<strong>ch</strong>weizer Stiftungsaufsi<strong>ch</strong>t <br />

• ist Stiftung von gesamts<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er Bedeutung, ist Bund für Aufsi<strong>ch</strong>t zuständig <br />

<br />

45


4. Aufsi<strong>ch</strong>tsmittel <br />

• repressive und präventive Massnahmen <br />

• Aufsi<strong>ch</strong>tsbehörde darf ni<strong>ch</strong>t an Stelle der Stiftungsorgane handeln und keine Ermessens-­kontrolle<br />

ausüben <br />

• Geläufige Aufsi<strong>ch</strong>tsmittel: <br />

o Mahnung, Verweis, Busse <br />

o Beri<strong>ch</strong>terstattungspfli<strong>ch</strong>t <br />

o Bü<strong>ch</strong>er-­‐/Akteneinsi<strong>ch</strong>t, Re<strong>ch</strong>nungsprüfung, Überwa<strong>ch</strong>ung der Kapitalanlagen <br />

• repressive Aufsi<strong>ch</strong>tsmittel: <br />

o Aufhebung von gesetzeswidrigen Ents<strong>ch</strong>eiden, Grundbu<strong>ch</strong>sperre <br />

o Absetzung von Personen der Stiftungsorgane <br />

o Wiederherstellung des re<strong>ch</strong>tmässigen Zustandes <br />

VI. Umwandlung der Stiftung <br />

1. Problemstellung <br />

• Stiftung unterliegt einer sa<strong>ch</strong>bedingten Unbewegli<strong>ch</strong>keit <br />

• Änderung des Stiftungszwecks ist grundsätzli<strong>ch</strong> ausges<strong>ch</strong>lossen <br />

• gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Veränderungen bedingen es aber oftmals, dass Umwandlung vorgenom-­men<br />

wird, um zu verhindern, dass dem Wille des Stifters weiter kund getan werden kann <br />

• ausnahmsweise ist Umwandlung der Organisation und des Zwecks der Stiftung zulässig <br />

2. Änderung der Organisation <br />

• erlaubt, wenn Erhaltung des Vermögens und Wahrung des Zwecks die Änderung erfordern <br />

• Umwandlungsbehörde handelt nur auf Antrag der Aufsi<strong>ch</strong>tsbehörde <br />

• Stiftungsreglement kann dur<strong>ch</strong> Leitungsorgane selbst abgeändert werden <br />

3. Änderung des Zwecks <br />

a. Im Allgemeinen <br />

• wenn der Zweck andere Bedeutung erlangt und si<strong>ch</strong> vom Willen des Stifters ent-­fremdet<br />

und dieser in Kenntnis der veränderten Umstände Zweck selber anders <br />

ums<strong>ch</strong>rieben hätte, ist Zweckänderung zulässig <br />

b. Auf Antrag des Stifters <br />

• Zweckänderung setzt Vorbehalt bereits in Stiftungsurkunde voraus <br />

• seit der letzten Änderung müssen mindestens 10 Jahre vergangen sein <br />

• Re<strong>ch</strong>t des Stifters auf Änderung ist absolut hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong> und unübertragbar <br />

4. Zuständigkeit und Verfahren <br />

• für Änderungen der Organisation und des Zwecks ist Gemeinwesen zuständig <br />

• Stiftungsorgane können Gesu<strong>ch</strong> an Aufsi<strong>ch</strong>tsbehörde ri<strong>ch</strong>ten, wel<strong>ch</strong>e wiederum Antrag a n <br />

Umwandlungsbehörde ri<strong>ch</strong>ten muss <br />

• bei mehreren Stiftern kann Änderung des Zwecks nur gemeinsam verlangt werden <br />

• Änderungen benötigen keine öff. Beurkundung, sind jedo<strong>ch</strong> im Handelsregister einzutragen <br />

VII. Aufhebung der Stiftung <br />

1. Aufhebungsgründe <br />

• keine Selbstauflösung <br />

• von Gesetzes wegen wird Stiftung wegen Unerrei<strong>ch</strong>barkeit des Zwecks, dauerndem Ver-­mögensverlust<br />

und bei Zahlungsunfähigkeit aufgehoben <br />

<br />

46


• au<strong>ch</strong> bei na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>en Widerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keiten und Unsittli<strong>ch</strong>keiten gilt Aufhebung <br />

(Gesetzesänderungen etc.) à kantonale und Bundesbehörden für Aufhebung zuständig <br />

• Familienstiftungen und kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftungen werden dur<strong>ch</strong> Geri<strong>ch</strong>t aufgehoben <br />

2. Fusion von Stiftungen <br />

• organisatoris<strong>ch</strong>e Aufhebung <br />

• Fusion nur zulässig, wenn sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> gere<strong>ch</strong>tfertigt und der Wahrung/Dur<strong>ch</strong>führung des Stif-­tungszwecks<br />

dient <br />

• Vermögensübertragung von Stiftung auf andere Re<strong>ch</strong>tsträger mögli<strong>ch</strong> (Gesells<strong>ch</strong>aft) <br />

3. Liquidation und Verwendung des Stiftungsvermögens <br />

• Liquidation wird wie bei Genossens<strong>ch</strong>aft vorgenommen <br />

• Verfahren steht unter behördli<strong>ch</strong>er Aufsi<strong>ch</strong>t, Ende mit Lös<strong>ch</strong>ung im Handelsregister <br />

• Vermögen fällt an für Aufsi<strong>ch</strong>t zuständiges Gemeinwesen, sofern in Statuten keinen be-­stimmten<br />

Verwendungszweck bestimmt ist <br />

VIII. Familienstiftung <br />

1. Begriff <br />

• verselbständigtes Vermögen <br />

• mit Familie dadur<strong>ch</strong> verbunden, dass es den Erziehungs-­‐ und Ausstattungskosten dient <br />

a. Positive Voraussetzungen (Art. 335 Abs. 1 <strong>ZGB</strong>) <br />

• Stiftungsvermögen wird an Familie geknüpft <br />

• Vermögen muss den gesetzli<strong>ch</strong> vorges<strong>ch</strong>riebenen Zwecken dienen <br />

b. Negative Voraussetzungen (Art. 335 Abs. 1 und 2 <strong>ZGB</strong>) <br />

• gesetzli<strong>ch</strong> erlaubt sind nur reine Unterhaltsstiftungen <br />

• Verbot der Erri<strong>ch</strong>tung von Familienfideikommissen <br />

i. Verbot der Unterhaltsstiftungen <br />

• Verbot, den Destinatären regelmässig Genuss und Ertrag aus Vermögens-­werten<br />

zukommen zu lassen <br />

• erri<strong>ch</strong>tet man ausländis<strong>ch</strong>e Stiftung, ist Verbot jedo<strong>ch</strong> lei<strong>ch</strong>t zu umgehen <br />

ii. Verbot der Familienfideikommisse <br />

• Sondervermögen (Landgut), keine eigene Re<strong>ch</strong>tpersönli<strong>ch</strong>keit, wel<strong>ch</strong>es <br />

na<strong>ch</strong> festgelegten Regeln auf die weiteren Generation übergehen soll <br />

• nur eine Person der mögli<strong>ch</strong>en Erben ist als Na<strong>ch</strong>folger mögli<strong>ch</strong> <br />

(Bsp. Erstgeborenes Kind des Fideikommissbere<strong>ch</strong>tigten) <br />

2. Gesetzli<strong>ch</strong>e Besonderheiten <br />

• Familienstiftung erlangt ihre Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit unabhängig vom Handelsregistereintrag <br />

• falls sie kaufmännis<strong>ch</strong>es Gewerbe führt, ist sie zum Eintrag verpfli<strong>ch</strong>tet à deklaratoris<strong>ch</strong> <br />

<br />

47


IX. Kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftung <br />

1. Begriff <br />

• kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zwecksetzung und organisatoris<strong>ch</strong>e Verbindung zu einer Religionsgemeins<strong>ch</strong>aft <br />

• untersteht keiner staatli<strong>ch</strong>en Aufsi<strong>ch</strong>t, es wird auf interne, autonome Aufsi<strong>ch</strong>t vertraut <br />

• kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Stiftungszweck, wenn er „dem Glauben an Gott“ dient <br />

• rein soziale und kulturelle Ziele sind als Zweck für kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftung unzurei<strong>ch</strong>end <br />

2. Gesetzli<strong>ch</strong>e Besonderheiten <br />

• keine Verpfli<strong>ch</strong>tung zum Eintrag ins Handelsregister und Bezei<strong>ch</strong>nung einer Revisionsstelle <br />

• kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftungen sind von Bundesre<strong>ch</strong>ts wegen von Stiftungsaufsi<strong>ch</strong>t befreit <br />

• Kantone dürfen kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stiftungen jedo<strong>ch</strong> gewisser Aufsi<strong>ch</strong>t unterwerfen <br />

X. Personalfürsorgestiftung <br />

1. Entwicklung <br />

a. Bedarf na<strong>ch</strong> Personalfürsorgestiftung zufolge der Industrialisierung <br />

• vor der Industrialisierung herrs<strong>ch</strong>te nur bes<strong>ch</strong>eidener Sozials<strong>ch</strong>utz <br />

• Familie als Produktionseinheit bot si<strong>ch</strong> selbst soziale Si<strong>ch</strong>erheit <br />

• dur<strong>ch</strong> Industrialisierung sind Familien vom Arbeitslohn abhängig und bei dessen <br />

Ausfall grosser Notlage <br />

• zur Minderung sozialer Spannungen entstanden Personalfürsorgeeinri<strong>ch</strong>tungen <br />

• Bund hat Kompetenz zur Erri<strong>ch</strong>tung der AHV/IV (1946 erri<strong>ch</strong>tet) <br />

• in Na<strong>ch</strong>kriegszeit wurde berufli<strong>ch</strong>e Vorsorge erri<strong>ch</strong>tet, wel<strong>ch</strong>e steuerli<strong>ch</strong>e Anreize <br />

mitbra<strong>ch</strong>te und ab 1985 als obligatoris<strong>ch</strong>e Sozialversi<strong>ch</strong>erung gilt <br />

b. Drei-­‐Säulen-­‐Prinzip <br />

• seit 1972 in der Bundesverfassung verankert <br />

• 1. Säule: AHV/IV, allgemein für gesamte Wohnbevölkerung obligatoris<strong>ch</strong> <br />

• 2. Säule: Berufli<strong>ch</strong>e Vorsorge, für erwerbstätige Bevölkerung obligatoris<strong>ch</strong> <br />

• 3. Säule: freiwillig, dient zum individuellen Sparen, Steuervergünstigungen <br />

c. Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en Berufsvorsorge und dem Stiftungsre<strong>ch</strong>t <br />

• BVG bestimmt, dass Vorsorgeeinri<strong>ch</strong>tungen der 2. Säule die Form einer Stiftung <br />

oder Genossens<strong>ch</strong>aft haben müssen, ausser sie sind öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> <br />

2. Begriff der Personalfürsorgestiftung <br />

• Unters<strong>ch</strong>ied zur gewöhnli<strong>ch</strong>en Stiftung liegt im Zweck und Kreis der Destinatäre <br />

• Zweck ist Unterstützungsleistungen in besonderen Lebenssituation ausri<strong>ch</strong>ten <br />

• Destinatäre ist Personal des Arbeitgebers und bei der Hinterlassenenfürsorge zusätzli<strong>ch</strong> de-­ren<br />

Angehörige <br />

3. Gesetzli<strong>ch</strong>e Besonderheiten der Personalfürsorgestiftung <br />

a. Allgemeines <br />

• es gelten allgemeine Vors<strong>ch</strong>riften über juristis<strong>ch</strong>e Personen <br />

• zusätzli<strong>ch</strong>e Sondervors<strong>ch</strong>riften, die verstärkte Stellung und verbesserten S<strong>ch</strong>utz der <br />

Destinatäre bewirken sollen <br />

b. Auskunftsre<strong>ch</strong>t <br />

• Arbeitgeber ist verpfli<strong>ch</strong>tet, dem Arbeitnehmer Auskunft über die Organisation, Tä-­tigkeit,<br />

Vermögenslage und Re<strong>ch</strong>tsanspru<strong>ch</strong> der Stiftung zu geben <br />

<br />

48


c. Mitwirkung an der Verwaltung <br />

• Beteiligung an der Verwaltung dur<strong>ch</strong> Entri<strong>ch</strong>tung von Beiträgen an die Stiftung <br />

• die Beitragsleistenden haben aktives und passives Wahlre<strong>ch</strong>t bei Stiftung <br />

d. Vermögensverwaltung <br />

• Sonderbestimmungen, die Organe zur Kontrolle, Vermögensverwaltung und Auf-­si<strong>ch</strong>t<br />

verpfli<strong>ch</strong>ten und verantwortli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>en <br />

e. Klagere<strong>ch</strong>t der Destinatäre <br />

• Klage auf Ausri<strong>ch</strong>tung der Beiträge <br />

• alle Begünstigten sind zur Klage aktivlegitmiert <br />

XI. Sammelvermögen <br />

1. Begriff und Funktion <br />

• öffentli<strong>ch</strong>e Sammlung von Geldern für wohltätige, gemeinnützige Zwecke <br />

• Stiftung ist unselbständig, Zweckvermögen ist stiftungsähnli<strong>ch</strong> <br />

• Vermögen wird von Spendern auf Re<strong>ch</strong>tsträger übertragen <br />

2. Fehlende Verwaltung und Zuständigkeit <br />

• Minimalvors<strong>ch</strong>riften des Bundes dienen zur Kontrolle öffentli<strong>ch</strong>er Sammlungen gemeinnüt-­zige<br />

Zwecke <br />

• fehlt eine erforderli<strong>ch</strong>e Verwaltung des Vermögens, ist diese dur<strong>ch</strong> zuständige Behörde an-­zuordnen<br />

<br />

XII. Unternehmensstiftung <br />

1. Begriff <br />

• im Gesetz zwar ni<strong>ch</strong>t vorgesehen, sie ist eine Ers<strong>ch</strong>einung der Re<strong>ch</strong>tswirkli<strong>ch</strong>keit <br />

• gewidmetes Vermögen besteht ganz oder teilweise aus Unternehmen <br />

o Unternehmensträgerstiftung: Stiftung betreibt selbst wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unterneh-­‐<br />

o<br />

mung <br />

Holdingstiftung: Stiftungszweck ist Beteiligung an einem oder mehreren Unter-­nehmen<br />

<br />

2. Besonderheiten der Unternehmensstiftung <br />

• die Unternehmensstiftung ma<strong>ch</strong>t unternehmeris<strong>ch</strong>e Betätigungen <br />

• da sie ein kaufmännis<strong>ch</strong>es Unternehmen führt, nähert sie si<strong>ch</strong> den Handelsgesells<strong>ch</strong>aften <br />

• ni<strong>ch</strong>t ganz unproblematis<strong>ch</strong>, da für unternehmeris<strong>ch</strong>e Tätigkeiten Organe mit Ents<strong>ch</strong>ei-­dungsfreiheiten<br />

notwendig sind <br />

3. Zwei Ers<strong>ch</strong>einungsarten <br />

• Stiftung verfolgt als Selbstzweck einen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Zweck; Gewinn dient auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> <br />

der Vermehrung des Stiftungsvermögens, das Unternehmen selbst verfolgt kein öffentli-­<strong>ch</strong>er<br />

oder ideeller Zweck <br />

• kaufmännis<strong>ch</strong>e Unternehmung als Substrat der Stiftung, die als Mittel zur Verfolgung des <br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en oder ideellen Zwecks notwendig ist <br />

4. Zulässigkeit der Unternehmensstiftung <br />

• Spitäler zählen regelmässig zu kaufmännis<strong>ch</strong> geführten Unternehmen und „kleiden“ si<strong>ch</strong> als <br />

Stiftung (Bsp. Inselspital Bern) <br />

<br />

49


• Au<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>ulen, die dur<strong>ch</strong> Unternehmensträgerstiftung betreiben werden <br />

• als atypis<strong>ch</strong>e Unternehmensstiftungen gelten jene, wel<strong>ch</strong>e in Zusammenhang mit reinen <br />

Handelsunternehmen, Banken, Industrien auftreten <br />

5. Motive <br />

• Starrheit der Stiftung und wenig strukturelle Veränderung wird ges<strong>ch</strong>ätzt <br />

• Unternehmensphilosophie kann dur<strong>ch</strong> Stiftung au<strong>ch</strong> in Zukunft errei<strong>ch</strong>t werden <br />

• mit Stiftung kann innere Unabhängigkeit von übergeordneten, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Trägern ver-­folgt<br />

werden <br />

• als besonderer Unternehmenszweck gilt die Begünstigung der Mitarbeiter der Unterneh-­mung<br />

<br />

6. Praktis<strong>ch</strong>e Bedeutung <br />

• rund 1/7 aller Stiftungen sind Unternehmensträgerstiftungen, die direkt an Führung eines <br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Unternehmens beteiligt sind <br />

• dabei handelt es si<strong>ch</strong> zumeist um Betrieb von Spitälern, S<strong>ch</strong>ulen, Krankenkassen, Kreditstif-­tungen,<br />

Heimen <br />

• demgegenüber ist der Anteil an Holdingstiftungen eher bes<strong>ch</strong>eiden <br />

XIII. Exkurs: Trust <br />

1. Vorbemerkung <br />

• Re<strong>ch</strong>tsinstitut mit Ursprung in England und im anglo-­‐amerikanis<strong>ch</strong>en Raum stark verbreitet <br />

• grosse Ähnli<strong>ch</strong>keit mit Stiftung und Wahrnehmung ähnli<strong>ch</strong>er Funktionen <br />

2. Begriff und Funktion <br />

a. Begriff <br />

• dur<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äft unter Lebenden oder dur<strong>ch</strong> Testament erri<strong>ch</strong>ten <br />

• Vermögenswerte werden dur<strong>ch</strong> Settlor (Begründer) auf Trustees übertragen <br />

• Trustees müssen Trustvermögen verwalten und für Zweck verwenden, den Settlor <br />

vorgibt <br />

• Zweck kann allgemeiner Natur sein oder günstig für Beneficiaries (Begünstigte) <br />

• Settlor und/oder Trustee können glei<strong>ch</strong>zeitig Beneficiaries sein; Begründer kann <br />

si<strong>ch</strong> somit selber begünstigen <br />

• Vermögen wird dem Trustee übertragen und gilt als Sondervermögen, da es vom <br />

Privatvermögen des Trustee zu unters<strong>ch</strong>eiden ist à Gläubiger haben kein Zugriff <br />

b. Funktion <br />

• Zwecke der Na<strong>ch</strong>lassplanung <br />

• Strukturierung der ges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>en Interessen, Vermögensverwaltung <br />

3. Verglei<strong>ch</strong> mit der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Stiftung <br />

• bei beiden wird Vermögen verselbständigt und einem Zweck gewidmet <br />

• Trust hat jedo<strong>ch</strong> keine Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit und ist ni<strong>ch</strong>t vermögensfähig, Stiftung s<strong>ch</strong>on <br />

• den Beneficiaries kommen eine Art Organstellung mit Kontroll-­‐ und Aufsi<strong>ch</strong>tsbefugnissen <br />

zu <br />

• Settlor hat Mögli<strong>ch</strong>keit, Trust zu späterem Zeitpunkt aufzulösen und verbleibendes Vermö-­gen<br />

wieder an si<strong>ch</strong> zu ziehen <br />

4. Anerkennung von Trusts in der S<strong>ch</strong>weiz <br />

a. Anerkennung gemäss Haager Trust-­‐Übereinkommen <br />

<br />

50


• einheitli<strong>ch</strong> anwendbares Re<strong>ch</strong>t geregelt für Staaten, die es ratifiziert haben <br />

• Settlor hat freie Re<strong>ch</strong>tswahl <br />

• Fragen betreffend die Trusts sind im IPRG geregelt <br />

• Trust-­‐Erri<strong>ch</strong>tung in S<strong>ch</strong>weiz ist zulässig, materiell-­‐re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> aber ni<strong>ch</strong>t verankert <br />

b. Umfang der Anerkennung <br />

• Anerkennung des Trust bezieht si<strong>ch</strong> auf alle Re<strong>ch</strong>tswirkungen: Zwangsvollstre-­ckung,<br />

Herausgabepflihct des Trustees <br />

5. Würdigung <br />

a. Vereinfa<strong>ch</strong>ungen <br />

• die Ratifikation des Trust-­‐Übereinkommens führt zu grösserer Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit <br />

b. Bedenken <br />

i. Allgemeines <br />

• da aus anderer Re<strong>ch</strong>tstradition stammend ist fragli<strong>ch</strong>, ob dur<strong>ch</strong> Trust das <br />

Stiftungsre<strong>ch</strong>t umgangen werden kann <br />

• da Trusts sehr flexibel ausgestaltet sind, können sie Funktionen der Stiftung <br />

sehr gut übernehmen <br />

ii. Umgehung formaler Vors<strong>ch</strong>riften <br />

• keine öffentli<strong>ch</strong>e Beurkundung von Trusts nötig <br />

• Handelsregistereintrag und Revisionsstelle sind ni<strong>ch</strong>t erforderli<strong>ch</strong> <br />

• aufgrund der Selbständigkeit des Trustvermögens, kann bei Haftung ni<strong>ch</strong>t <br />

auf dahinter stehende Privatpersonen zurückgegriffen werden, wie dies <br />

sonst bei fehlenden Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keiten den Fall ist <br />

iii. Umgehung des Verbots der Familienunterhaltsstiftung und des Familienfideikom-­misses<br />

<br />

• da Trust bezügli<strong>ch</strong> Zweck offener ist als Stiftung ist fragli<strong>ch</strong>, ob Art. 335 <strong>ZGB</strong> <br />

au<strong>ch</strong> Wirkung gegenüber den Trusts hat <br />

• Familienunterhaltstiftung und Familienfideikommisse sind bei Trusts ni<strong>ch</strong>t <br />

einges<strong>ch</strong>ränkt, da er ja in der Regel ni<strong>ch</strong>t ewig angelegt ist <br />

c. Vorläufiges Fazit <br />

• es wird ni<strong>ch</strong>t erwartet, dass Stiftung wegen den Trusts bedeutungslos werden <br />

• da Trusts ausländis<strong>ch</strong>em Re<strong>ch</strong>t unterliegen und als reiner Binnentrust zu steuerli-­<strong>ch</strong>en<br />

Na<strong>ch</strong>teilen führen kann, unterliegt Trust einer gewissen Unsi<strong>ch</strong>erheit <br />

• Stiftung ist weiterhin weiterverbreitet und verlässli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>tsinstitut, das grosses <br />

Vertrauen geniesst <br />

<br />

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