ZPR: Suter-Somm - studunilu.ch
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Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
§ 1 Einleitung und Re<strong>ch</strong>tsquellen<br />
I. SINN UND ZWECK DES ZIVILPROZESSES UND SEINE STRUKTUR<br />
Hauptziel: Dur<strong>ch</strong>setzung subjektiver Privatre<strong>ch</strong>te.<br />
Weitere Ziele: S<strong>ch</strong>utz der objektiven Re<strong>ch</strong>tsordnung (à generalpräventive Funktion),<br />
Wiederherstellung des Re<strong>ch</strong>tsfriedens, S<strong>ch</strong>utz der s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren Partei („sozialer<br />
Zivilprozess“)<br />
II. RISIKEN DES ZIVILPROZESSES, ALTERNATIVEN ZUM ZIVILPROZESS<br />
Prozesse sind sehr teuer und oft langwierig. Deshalb gibt es alternative<br />
Streits<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>tungsmodelle, v.a. die Mediation (eigenverantwortli<strong>ch</strong>e Konsensfindung)<br />
III. DIE AUSGANGSLAGE FÜR EINEN KONKRETEN ZIVILPROZESS<br />
Gestaltungsklagere<strong>ch</strong>te:<br />
Für die Umgestaltung der Re<strong>ch</strong>tslage brau<strong>ch</strong>t es hier eine Klage, bzw. ein Urteil (z.B.<br />
S<strong>ch</strong>eidung auf Klage)<br />
Anspru<strong>ch</strong> auf Leistung (oder eine Si<strong>ch</strong>erheitsleistung) in Geld:<br />
Statt zu klagen, kann si<strong>ch</strong> der Gläubiger an das Betreibungsamt wenden, wel<strong>ch</strong>es dem<br />
S<strong>ch</strong>uldner den Zahlungsbefehl zustellt à günstig und s<strong>ch</strong>nell<br />
Allerdings kann au<strong>ch</strong> mit einer Klage vorgegangen werden.<br />
Anspru<strong>ch</strong> auf eine Leistung, die weder in Geld no<strong>ch</strong> in einer Si<strong>ch</strong>erheitsleistung in Geld<br />
besteht:<br />
Anspru<strong>ch</strong> geht auf eine Sa<strong>ch</strong>leistung à bestimmtes Tun oder Unterlassen<br />
à kann ni<strong>ch</strong>t betrieben werden, man muss Klage einrei<strong>ch</strong>en<br />
IV. ERKENNTNISVERFAHREN UND VOLLSTRECKUNGSVERFAHREN<br />
Im Erkenntnisverfahren erkennt das Geri<strong>ch</strong>t, was re<strong>ch</strong>tens ist. Wird das Urteil ni<strong>ch</strong>t freiwillig<br />
befolgt, kann es mit dem Vollstreckungsverfahren zwangsweise dur<strong>ch</strong>gesetzt werden.<br />
In der CH ist der Zivilprozess meist ein Erkenntnisverfahren: Das Geri<strong>ch</strong>t stellt autoritativ<br />
fest, wer im Re<strong>ch</strong>t ist à Sa<strong>ch</strong>ents<strong>ch</strong>eid<br />
Es müssen bestimmte Prozessvoraussetzungen erfüllt werden. Fehlt eine sol<strong>ch</strong>e, ergeht kein<br />
Sa<strong>ch</strong>urteil, sondern der Prozess endet vorzeitig mit einem Prozessents<strong>ch</strong>eid<br />
(Ni<strong>ch</strong>teintretensents<strong>ch</strong>eid).
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
V. DIE ENTWICKLUNG DES SCHWEIZERISCHEN ZIVILPROZESSRECHTS, DIE<br />
RECHTSQUELLEN, HINWEISE ZUR RECHTSENTWICKLUNG IN DEN<br />
NACHBARLÄNDERN<br />
Die Entwicklung des CH Zivilprozessre<strong>ch</strong>ts:<br />
Lange Zeit war die Gesetzgebung im Berei<strong>ch</strong> des Zivilprozessre<strong>ch</strong>ts eine kantonale Domäne.<br />
Do<strong>ch</strong> neuerdings ist dies Sa<strong>ch</strong>e des Bundes.<br />
Die Re<strong>ch</strong>tsquellen des CH Zivilprozessre<strong>ch</strong>ts:<br />
Das s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Zivilprozessre<strong>ch</strong>t besteht no<strong>ch</strong> aus kantonalem Re<strong>ch</strong>t sowie aus<br />
Bundesre<strong>ch</strong>t.<br />
- EMRK<br />
- Formelles Bundesre<strong>ch</strong>t mit zivilprozessualem Gehalt oder mit zwingender<br />
Reflexwirkung auf das Zivilprozessre<strong>ch</strong>t<br />
vom BGer entwickeltes, unges<strong>ch</strong>riebenes (Bundes-)Zivilprozessre<strong>ch</strong>t<br />
Bundesgeri<strong>ch</strong>tsgesetz<br />
- Interkantonales Re<strong>ch</strong>t (Konkordate)<br />
- Kantonales Zivilprozessre<strong>ch</strong>t (ZPO und Nebenerlasse)<br />
Es ist zu unters<strong>ch</strong>eiden zwis<strong>ch</strong>en abs<strong>ch</strong>liessendem Bundesre<strong>ch</strong>t und sol<strong>ch</strong>en Bestimmungen,<br />
wel<strong>ch</strong>e nur die Rahmenbedingungen liefern.<br />
2010 sollte die S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Zivilprozessordnung in Kraft treten, womit die kantonalen<br />
Zivilprozessordnungen hinfällig werden.<br />
VI. ABGRENZUNGEN<br />
Zum Strafprozess:<br />
Einem in einem Strafprozess gefällten Urteil kommt in einem na<strong>ch</strong>folgenden Zivilprozess<br />
keine bindende Wirkung zu. Hingegen können zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Ansprü<strong>ch</strong>e au<strong>ch</strong> in einem<br />
Strafprozess hervorgebra<strong>ch</strong>t werden oder es kann ans<strong>ch</strong>liessend ein separater Zivilprozess<br />
dur<strong>ch</strong>laufen werden.<br />
Zum Verwaltungsgeri<strong>ch</strong>tsverfahren:<br />
in einem sol<strong>ch</strong>en werden öffentli<strong>ch</strong>-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Streitigkeiten beurteilt.<br />
Geri<strong>ch</strong>tsorganisationsre<strong>ch</strong>t:<br />
Regelt die Zusammensetzung der Geri<strong>ch</strong>te und definiert ihre sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zuständigkeit. Bleibt<br />
trotz Vereinheitli<strong>ch</strong>ung des <strong>ZPR</strong> in einem BG grundsätzli<strong>ch</strong> Sa<strong>ch</strong>e der Kantone.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Freiwillige Geri<strong>ch</strong>tsbarkeit:<br />
<strong>ZPR</strong> ist grundsätzli<strong>ch</strong> ein Zweiparteienverfahren. Es kann aber au<strong>ch</strong> vorkommen, dass nur<br />
eine Partei der re<strong>ch</strong>tsanwendenden Behörde gegenübertritt.<br />
z.B. Vers<strong>ch</strong>ollenenerklärung, öffentli<strong>ch</strong>e Beurkundung…<br />
Dies nennt man freiwillige Geri<strong>ch</strong>tsbarkeit (es muss si<strong>ch</strong> dabei aber ni<strong>ch</strong>t um ein Geri<strong>ch</strong>t<br />
handeln, sondern kann au<strong>ch</strong> eine Verwaltungsbehörde sein!)<br />
§ 2 Die Geri<strong>ch</strong>te und ihre Zuständigkeit,<br />
Organisationsautonomie der Kantone<br />
I. ORGANISATIONSAUTONOMIE DER KANTONE<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> sind die Kantone für die Organisation ihrer Geri<strong>ch</strong>te zuständig (Art. 122 Abs. 2<br />
BV).<br />
Die EMRK gibt aber vor, dass zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Streitigkeiten einer umfassenden geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Überprüfung zugängli<strong>ch</strong> sein müssen. Weil das BGer ni<strong>ch</strong>t alle Sa<strong>ch</strong>verhalte beurteilen kann,<br />
folgte daraus, dass auf kantonaler Ebene ein unabhängiges Geri<strong>ch</strong>t zuständig sein musste.<br />
Das BGer hat für eine einheitli<strong>ch</strong>e Anwendung und Dur<strong>ch</strong>setzung des Bundeszivilre<strong>ch</strong>ts zu<br />
sorgen. Jeder Kanton muss zwei Instanzen zur Verfügung stellen, damit das erstinstanzli<strong>ch</strong>e<br />
Urteil an eine höhere kantonale Instanz weitergezogen werden kann.<br />
II. SACHLICHE UND FUNKTIONELLE ZUSTÄNDIGKEIT<br />
Sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zuständigkeit:<br />
= Verteilung von Zivilprozessen auf allenfalls vers<strong>ch</strong>iedene Geri<strong>ch</strong>te bzw. geri<strong>ch</strong>tsinterne<br />
Organisationseinheiten.<br />
Sofern die anwendbare Prozessordnung dies gestattet, können si<strong>ch</strong> die Parteien dur<strong>ch</strong><br />
(Prozess-) Vertrag darauf einigen, dass ein anderes als das gesetzli<strong>ch</strong> vorgesehene Geri<strong>ch</strong>t<br />
sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> zuständig sein soll (sog. „Kompromiss“ auf ein best. Geri<strong>ch</strong>t)<br />
Funktionelle Zuständigkeit:<br />
Regelt den Instanzenzug, also das Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en über- bzw. untergeordneten Instanzen<br />
sowie die ihnen zustehenden Ents<strong>ch</strong>eidungs- bzw. Überprüfungskompetenzen. Normalerweise<br />
bestehen 3 Instanzen: 2 auf kantonaler Ebene, gefolgt vom BGer.<br />
III. GRUNDZÜGE DER ÖRTLICHEN ZUSTÄNDIGKEIT BEI<br />
BINNENSACHVERHALTEN (GestG)<br />
Örtli<strong>ch</strong>e Zuständigkeit: bestimmt, an wel<strong>ch</strong>em Ort das Geri<strong>ch</strong>t anzurufen ist. Bestehen an<br />
diesem Ort mehrere Geri<strong>ch</strong>te, stellt si<strong>ch</strong> die Frage, wel<strong>ch</strong>es sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> zuständig ist.<br />
Liegt ein Binnensa<strong>ch</strong>verhalt (keine Partei hat WS im Ausland) vor, ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> die örtli<strong>ch</strong>e<br />
Zuständigkeit na<strong>ch</strong> dem Geri<strong>ch</strong>tsstandsgesetz. Die sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zuständigkeit unterliegt der<br />
Regelungskompetenz der Kantone.
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Ein Geri<strong>ch</strong>tsstand ist auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong>, wenn neben ihm kein anderer im Gesetz vorgesehener<br />
Geri<strong>ch</strong>tsstand zur Verfügung steht. Ausnahmen sind die Einlassungen (Art. 10 GestG) oder<br />
die Geri<strong>ch</strong>tsstandsvereinbarungen (Art. 9 GestG). Ist ein Geri<strong>ch</strong>tsstand ni<strong>ch</strong>t auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong>,<br />
spri<strong>ch</strong>t man von einem ni<strong>ch</strong>t auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong>en oder alternativen Geri<strong>ch</strong>tsstand.<br />
Gemäss Art. 2 Abs. 1 GestG ist ein Geri<strong>ch</strong>tsstand nur zwingend, wenn das Gesetz dies<br />
ausdrückli<strong>ch</strong> vorsieht.<br />
Ein GS ist absolut zwingend, wenn die Parteien ni<strong>ch</strong>t von ihm abwei<strong>ch</strong>en können, also weder<br />
eine Einlassung no<strong>ch</strong> eine GS-vereinbarung mögli<strong>ch</strong> ist.<br />
Ein GS ist relativ zwingend, wenn auf ihn seitens der „sozial s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren“ Partei weder im<br />
Voraus (also dur<strong>ch</strong> GS-vereinbarung) no<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Einlassung verzi<strong>ch</strong>tet werden kann. Die<br />
stärkere Partei kann von der sozial s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren hingegen auf einer Einlassung oder auf einer<br />
abwei<strong>ch</strong>enden GS-vereinbarung behaftet werden.<br />
Allgemeiner Geri<strong>ch</strong>tsstand heisst der GS am Wohnsitz bzw. am Sitz des Beklagten. Alle<br />
anderen GS heissen besondere GS.<br />
Geri<strong>ch</strong>tsstandsvereinbarungen:<br />
Art. 9 Abs. 1 GestG: „Soweit das Gesetz ni<strong>ch</strong>ts anderes vorsieht, können die Parteien für<br />
einen bestehenden oder für einen künftigen Re<strong>ch</strong>tsstreit über Ansprü<strong>ch</strong>e aus einem<br />
bestimmten Re<strong>ch</strong>tsverhältnis einen Geri<strong>ch</strong>tsstand vereinbaren. Geht aus der Vereinbarung<br />
ni<strong>ch</strong>ts anderes hervor, so kann die Klage nur am vereinbarten Geri<strong>ch</strong>tsstand angehoben<br />
werden.“<br />
Es darf also keine zwingende oder relativ zwingende Zuständigkeitsvors<strong>ch</strong>rift<br />
entgegenstehen. Bei relativ zwingenden Zuständigkeitsvors<strong>ch</strong>riften darf eine<br />
Geri<strong>ch</strong>tsstandsklausel erst na<strong>ch</strong> Ausbru<strong>ch</strong> des Streits abges<strong>ch</strong>lossen werden. Eine GS-<br />
Vereinbarung muss s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> abges<strong>ch</strong>lossen werden.<br />
Das bezei<strong>ch</strong>nete Geri<strong>ch</strong>t kann seine Zuständigkeit ablehnen, wenn „die Streitigkeit keinen<br />
genügenden örtli<strong>ch</strong>en oder sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Bezug zum vereinbarten Geri<strong>ch</strong>tsstand aufweist.“<br />
Einlassung und Zuständigkeitsprüfung:<br />
Art. 10 Abs. 1 GestG: „Soweit das Gesetz ni<strong>ch</strong>ts anderes vorsieht, wird das angerufene<br />
Geri<strong>ch</strong>t zuständig, wenn si<strong>ch</strong> die beklagte Partei zur Sa<strong>ch</strong>e äussert, ohne die Einrede der<br />
Unzuständigkeit zu erheben.“<br />
Einlassung: Eine prozessuale Handlung einer Partei kann also na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> zur örtli<strong>ch</strong>en<br />
Zuständigkeit eines Geri<strong>ch</strong>ts führen, die ursprüngli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t vorlag.<br />
Besteht eine absolut oder relativ zwingende Zuständigkeitsvors<strong>ch</strong>rift, so hat si<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t<br />
von Amtes wegen für unzuständig zu erklären.<br />
Das Vorliegen der örtli<strong>ch</strong>en und sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zuständigkeit ist eine Prozessvoraussetzung.<br />
Kommt das Geri<strong>ch</strong>t zum S<strong>ch</strong>luss, dass eine Zuständigkeit ni<strong>ch</strong>t gegeben ist, so darf es auf die<br />
Klage ni<strong>ch</strong>t eintreten.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Fixierung des GS:<br />
Massgebend für die Festlegung der Zuständigkeit sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des<br />
Eintritts der Re<strong>ch</strong>tshängigkeit. Ändert der Beklagte seinen Wohnsitz na<strong>ch</strong> diesem Zeitpunkt,<br />
bleibt der einmal gegebene GS denno<strong>ch</strong> bestehen, d.h. er wird perpetuiert.<br />
Zuständigkeit bei Widerklage:<br />
Art. 6 Abs. 1 GestG: „Beim Geri<strong>ch</strong>t der Hauptklage kann Widerklage erhoben werden, wenn<br />
die Widerklage mit der Hauptklage in einem sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zusammenhang steht.“<br />
Der Beklagte kann somit in der Klageantwort einen selbständigen Klageanspru<strong>ch</strong> (sog.<br />
Widerklage) gegen die Klage des Klägers erheben. Eine sol<strong>ch</strong>e Widerklage wird<br />
grundsätzli<strong>ch</strong> wie eine selbständige Klage behandelt und im glei<strong>ch</strong>en Prozess beurteilt wie die<br />
Hauptklage.<br />
Zuständigkeit bei subjektiver Klagenhäufung:<br />
Eine Klage kann aus vers<strong>ch</strong>iedenen Gründen gegen mehrere Personen (sog. Passive<br />
Streitgenossen) geri<strong>ch</strong>tet sein.<br />
Art. 7 Abs. 1 GestG: „Ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> die Klage gegen mehrere Streitgenossen, so ist das für eine<br />
beklagte Partei zuständige Geri<strong>ch</strong>t für alle beklagten Parteien zuständig.“<br />
Diese Bestimmung gilt au<strong>ch</strong>, wenn der beanspru<strong>ch</strong>te GS ein vereinbarter ist und ni<strong>ch</strong>t alle<br />
Parteien bindet.<br />
Zuständigkeit bei objektiver Klagenhäufung:<br />
Objektive Klagenhäufung bedeutet, dass die klagende Partei mittels einer einzelnen Klage<br />
mehrere selbständige Ansprü<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong>setzen will, wozu sie au<strong>ch</strong> mehrere selbständige<br />
Klagen erheben könnte. Es handelt si<strong>ch</strong> also um mehrere Streitgegenstände in einem<br />
Re<strong>ch</strong>tsbegehren.<br />
Art. 7 Abs. 2 GestG: „Für mehrere Ansprü<strong>ch</strong>e gegen eine beklagte Partei, wel<strong>ch</strong>e in einem<br />
sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zusammenhang stehen, ist jedes Geri<strong>ch</strong>t zuständig, das für einen der Ansprü<strong>ch</strong>e<br />
zuständig ist.“<br />
IV. ÜBERSICHT ÜBER DEN INSTANZENZUG<br />
Auf kantonaler Ebene bestehen 2 Geri<strong>ch</strong>tsinstanzen. Die obere Instanz kann das<br />
erstinstanzli<strong>ch</strong>e Urteil sowohl bezügli<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>ts- wie au<strong>ch</strong> Tatfragen frei überprüfen oder die<br />
Überprüfungsbefugnis ist allenfalls auf Willkür bes<strong>ch</strong>ränkt. Als 3. Instanz folgt das BGer,<br />
dessen Prüfung grundsätzli<strong>ch</strong> auf Re<strong>ch</strong>tsfragen bes<strong>ch</strong>ränkt ist.<br />
Es gibt wenige Ausnahmen vom Prinzip des „double instance“.
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V. WAHL VON RICHTERN, UNABHÄNGIGKEIT VON GERICHTEN<br />
In den meisten Kantonen werden die Ri<strong>ch</strong>ter von einem Rat gewählt. Den Parteien der Ri<strong>ch</strong>ter<br />
kommt somit eine grosse Bedeutung zu und parteilose Ri<strong>ch</strong>ter sind nahezu <strong>ch</strong>ancenlos.<br />
Es besteht die Gefahr, dass Ri<strong>ch</strong>ter/-innen ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gesi<strong>ch</strong>tspunkten, sondern<br />
aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit ausgewählt werden. Es bestehen immerhin Kommissionen,<br />
wel<strong>ch</strong>e die fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Vorprüfung der Kandidaten si<strong>ch</strong>erstellen.<br />
In der CH können alle in eidgenössis<strong>ch</strong>en Angelegenheiten Stimmbere<strong>ch</strong>tigten als<br />
Bundesri<strong>ch</strong>ter gewählt werden. Es bestehen von Gesetzes wegen keine fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />
Anforderungen. Laienri<strong>ch</strong>ter kommen immer seltener vor, sind aber auf dem Land no<strong>ch</strong> hie<br />
und da anzutreffen. Meist werden diese von einem Geri<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>reiber mit juristis<strong>ch</strong>en<br />
Kenntnissen unterstützt.<br />
Die Geri<strong>ch</strong>te haben von der Exekutive und Legislative unabhängig zu sein. Eine gewisse<br />
Ausnahme besteht darin, dass der Legislative die allgemeine Aufsi<strong>ch</strong>t über die Justiz zusteht.<br />
Die Geri<strong>ch</strong>te müssen einen jährli<strong>ch</strong>en Beri<strong>ch</strong>t erstatten. Da die Bundesri<strong>ch</strong>ter von der<br />
Legislative gewählt werden, kann diese Ri<strong>ch</strong>ter, die oft an brisanten Prozessen beteiligt<br />
waren, mit der Ni<strong>ch</strong>twiederwahl bestrafen, was sehr bedenkli<strong>ch</strong> ist.<br />
Ri<strong>ch</strong>ter müssen unparteili<strong>ch</strong> sein, also völlig unvoreingenommen. Ist die Unparteili<strong>ch</strong>keit in<br />
einem konkreten Fall ni<strong>ch</strong>t gewährleistet oder besteht der Ans<strong>ch</strong>ein, dass dem so sein könnte,<br />
so kommen die sog. Ausstandsregeln zum Zug:<br />
Liegt ein Auss<strong>ch</strong>lussgrund vor, muss der Ri<strong>ch</strong>ter in jedem Fall in den Ausstand treten.<br />
Passiert dies ni<strong>ch</strong>t, ist der Ents<strong>ch</strong>eid anfe<strong>ch</strong>tbar.<br />
Liegt ein Ablehnungsgrund vor, so kann ein Ri<strong>ch</strong>ter auf eigenen Wuns<strong>ch</strong> hin in den Ausstand<br />
treten. Tut er dies ni<strong>ch</strong>t, kann eine Partei innert einer best. Frist den Ausstand verlangen.<br />
Zur Beurteilung, ob eine Befangenheit vorliegt, können nur objektive Kriterien herangezogen<br />
werden, also z.B. die Mitglieds<strong>ch</strong>aft in einem Verein oder die Verwandts<strong>ch</strong>aft mit einer<br />
Partei…<br />
§ 3 Die Parteien<br />
I. PARTEIFÄHIGKEIT<br />
= Fähigkeit, als Kläger oder Beklagter an einem Prozess teilnehmen zu können.<br />
Passive PF: als Beklagter auftreten<br />
Aktive PF: als Kläger auftreten<br />
à Re<strong>ch</strong>tsfähigkeit<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong>: Wer re<strong>ch</strong>tsfähig ist, ist au<strong>ch</strong> parteifähig. Es gibt jedo<strong>ch</strong> Ausnahmen, wo das<br />
Bundesre<strong>ch</strong>t Personengemeins<strong>ch</strong>aften (z.B. Kommanditgesells<strong>ch</strong>aften…) oder<br />
Vermögensmassen, die an si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t re<strong>ch</strong>tsfähig sind, die Parteifähigkeit verleiht.<br />
Liegt die Prozessfähigkeit ni<strong>ch</strong>t vor, so fehlt es an einer Prozessvoraussetzung und der<br />
Prozess wird dur<strong>ch</strong> einen sog. Ni<strong>ch</strong>teintretensents<strong>ch</strong>eid abges<strong>ch</strong>lossen.
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II. PROZESSFÄHIGKEIT<br />
= Fähigkeit, in einem Prozess re<strong>ch</strong>tswirksam Handlungen vorzunehmen.<br />
à Handlungsfähigkeit<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong>: Wer handlungsfähig ist, ist prozessfähig. Für handlungsunfähige Personen<br />
handelt grundsätzli<strong>ch</strong> der Vertreter.<br />
Au<strong>ch</strong> hier ergeht ein Ni<strong>ch</strong>teintretensents<strong>ch</strong>eid, wenn die Prozessfähigkeit fehlt.<br />
III. POSTULATIONSFÄHIGKEIT<br />
= Prozessführungsbefugnis: besagt, wer im konkreten Prozess wirksam prozessuale<br />
Handlungen vor Geri<strong>ch</strong>t vornehmen darf (z.B. Anträge stellen…)<br />
In der CH herrs<strong>ch</strong>t kein Anwaltszwang, deshalb ist grundsätzli<strong>ch</strong> jede prozessfähige Person<br />
postulationsfähig.<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> kann si<strong>ch</strong> jede Person im Prozess vertreten lassen. Das Geri<strong>ch</strong>t kann jedo<strong>ch</strong> das<br />
persönli<strong>ch</strong>e Ers<strong>ch</strong>einen einer Person anordnen. Bei offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>em Unvermögen einer<br />
Partei, den Prozess selbst zu führen, kann eine Vertretung vom Geri<strong>ch</strong>t gestellt werden.<br />
IV. ANWALTSRECHT<br />
Soweit die Parteivertretung berufsmässig erfolgt, ist sie den ins Anwaltsregister eingetragenen<br />
Anwälten vorbehalten.<br />
Na<strong>ch</strong> Art. 40 Abs. 1 BGG sind in Zivil- und Strafsa<strong>ch</strong>en nur Anwälte zur Vertretung vor<br />
Bundesgeri<strong>ch</strong>t befugt.<br />
Das kantonale Re<strong>ch</strong>t bestimmt über die Anforderungen, die zum Erwerb des Anwaltspatents<br />
und somit zur Ausübung des Berufes bere<strong>ch</strong>tigen. Der Eintrag in ein kantonales<br />
Anwaltsregister bere<strong>ch</strong>tigt zur Ausübung des Berufes in der ganzen CH.<br />
Na<strong>ch</strong> dem Bologna-Modell sind folgende Voraussetzungen für das Anwaltspatent zu<br />
errei<strong>ch</strong>en:<br />
- juristis<strong>ch</strong>es Studium, Liz oder Master in der CH oder im Ausland bei Anerkennung<br />
- mind. 1-jähriges Praktikum in der CH, das mit einem Examen über die theoretis<strong>ch</strong>en<br />
und praktis<strong>ch</strong>en juristis<strong>ch</strong>en Kenntnisse abges<strong>ch</strong>lossen wurde.<br />
Anwälte stehen unter dem Berufsgeheimnis und müssen die Standeswürde bea<strong>ch</strong>ten. Sie sind<br />
zum Handeln na<strong>ch</strong> Treu und Glauben verpfli<strong>ch</strong>tet, da sie eine besondere Vertrauensstellung<br />
gegenüber dem re<strong>ch</strong>tssu<strong>ch</strong>enden Publikum einnehmen.<br />
V. MEHRHEIT VON HAUPTPARTEIEN (STREITGENOSSENSCHAFT)<br />
Eine Mehrheit von Streitparteien bildet eine sog. Streitgenossens<strong>ch</strong>aft (=subjektive<br />
Klagenhäufung). Parteienmehrheit kann auf der Klägerseite (aktive Streitgenossens<strong>ch</strong>aft) und<br />
auf der Beklagtenseite (passive SG) oder auf beiden Seiten vorliegen.<br />
Objektive Klagenhäufung: mehrere Ansprü<strong>ch</strong>e in einem Verfahren geltend ma<strong>ch</strong>en.<br />
Die Streitgenossens<strong>ch</strong>aft wird grundsätzli<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> das kantonale Re<strong>ch</strong>t geregelt. Ob eine<br />
zulässige SG vorliegt, ist vom Geri<strong>ch</strong>t als Prozessvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen.
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Freiwillige (einfa<strong>ch</strong>e) SG:<br />
Wenn mehrere Personen als Kläger oder Beklagte in einem Prozess auftreten, ohne dass es<br />
dafür zwingende gesetzli<strong>ch</strong>e Gründe gibt. Die Parteien werden nur locker aneinander<br />
gebunden. Jede Person muss für si<strong>ch</strong> alle Prozessvoraussetzungen erfüllen, kann selbständig<br />
prozessuale Handlungen vornehmen und s<strong>ch</strong>adet den anderen ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> Säumnisse.<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t kann die Klagen in jedem Verfahrensstadium ohne die Einwilligung der Parteien<br />
wieder aufteilen, wenn dies als zweckmässig ers<strong>ch</strong>eint. Au<strong>ch</strong> die Prozesskosten sind in Bezug<br />
auf jeden Streitgenossen gesondert zu verteilen.<br />
Notwendige SG:<br />
Ob eine sol<strong>ch</strong>e besteht, bestimmt si<strong>ch</strong> auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Bundesre<strong>ch</strong>t.<br />
Eine notwendige AG liegt vor, wenn entweder mehrere Personen ihre Re<strong>ch</strong>te nur dur<strong>ch</strong><br />
gemeinsam erhobene Klage (aktiv notwendige SG) geltend ma<strong>ch</strong>en können oder wenn<br />
umgekehrt die klagende Partei zwingend mehrere Beklagte einklagen muss (passive<br />
notwendige SG).<br />
Wird bei einer aktiv notwendigen SG die Klage ni<strong>ch</strong>t von allen bere<strong>ch</strong>tigten Personen<br />
eingerei<strong>ch</strong>t, wird sie abgewiesen, weil das Re<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t nur dem Klagenden zusteht und dieser<br />
allein somit ni<strong>ch</strong>t aktivlegitimiert ist (z.B. Erbs<strong>ch</strong>aftsklagen; ein Erbe klagt, weil sein Bruder<br />
einen Betrag unre<strong>ch</strong>tmässig erhalten hat. Die S<strong>ch</strong>wester muss ebenfalls klagen, damit die<br />
Klage angenommen wird, weil au<strong>ch</strong> sie bere<strong>ch</strong>tigt ist.)<br />
Passive notwendige SG kommen selten vor (z.B. Anfe<strong>ch</strong>tung der Vaters<strong>ch</strong>aft oder einer<br />
Anerkennung). Au<strong>ch</strong> hier wird die Klage abgewiesen, wenn ni<strong>ch</strong>t alle Streitgenossen<br />
eingeklagt werden.<br />
VI. DIE NEBENPARTEIEN<br />
Ihnen kommt keine volle Parteistellung zu. Sie können am Prozess aber wie Gehilfen<br />
auftreten. Der Nebenintervenient unterstützt eine der Hauptparteien, ohne von dieser zur<br />
Unterstützung im Verfahren aufgefordert worden zu sein.<br />
Hauptintervention:<br />
Vereinzelte Kantone kennen die Hauptintervention, bei der der Intervenient wegen<br />
Behauptung eines besseren Re<strong>ch</strong>ts als Partei gegen die beiden anderen Parteien vorgeht.<br />
Nebenintervention:<br />
Der Nebenintervenient unterstützt eine der Hauptparteien (Nebenintervent) in seinem eigenen<br />
Interesse. Ein re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es Interesse liegt vor, wenn der Nebenintervenient dur<strong>ch</strong> das Urteil<br />
unmittelbar oder mittelbar betroffen ist. Grundsätzli<strong>ch</strong> ist die Nebenintervention ab Eintritt<br />
der Re<strong>ch</strong>tshängigkeit mögli<strong>ch</strong>. Der Nebenintervenient gibt in einem Interventionsgesu<strong>ch</strong> die<br />
Interventionserklärung ab, die besagt, dass er dem Verfahren beitritt. Er muss den<br />
Interventionsgrund, also sein re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es Interesse, glaubhaft ma<strong>ch</strong>en.<br />
Der NI kann alle Prozesshandlungen zu Gunsten der Hauptpartei vornehmen, solange er si<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t zu deren Handlungen in Widerspru<strong>ch</strong> setzt. Er muss den Prozess so annehmen, wie er<br />
si<strong>ch</strong> bei seinem Eintritt befindet. Er kann also von der Hauptpartei versäumte<br />
Prozesshandlungen ni<strong>ch</strong>t in einem späteren Verfahrensstadium na<strong>ch</strong>holen.<br />
Streitverkündung:<br />
= Litisdenunziation; hier fordert eine Hauptpartei (Streitverkünder, Litisdenunziant) einen<br />
Dritten (Streitberufenen, Litisdenunziat) auf, sie im Prozess zu unterstützen und ihr daher als
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Nebenpartei beizutreten. Dur<strong>ch</strong> die Streitverkündung will si<strong>ch</strong> die Hauptpartei vor allfälligen<br />
Regress- oder Gewährleistungsansprü<strong>ch</strong>en dieses Dritten s<strong>ch</strong>ützen oder Regressansprü<strong>ch</strong>e<br />
gegen den Streitberufenen geltend ma<strong>ch</strong>en. Ohne Streitverkündung könnte dieser na<strong>ch</strong><br />
Beendigung des Verfahrens einwenden, die Hauptpartei habe den Prozess, der ihn in seiner<br />
Re<strong>ch</strong>tsstellung beeinträ<strong>ch</strong>tigt, s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t geführt.<br />
à Zweck: Einheitli<strong>ch</strong>e Beurteilung der Re<strong>ch</strong>tslage, Vermeidung des doppelten<br />
Prozessverlusts.<br />
Im Gegensatz zur Nebenintervention erfolgt keine Überprüfung der re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Interessen des<br />
Streitberufenen, denn dieser mis<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in einen fremden Prozess ein, sondern wird zur<br />
Prozessteilnahme vielmehr aufgefordert.<br />
Parteiwe<strong>ch</strong>sel:<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> findet ein Geri<strong>ch</strong>tsverfahren während der ganzen Dauer zwis<strong>ch</strong>en denselben<br />
Parteien statt. Es gibt jedo<strong>ch</strong> Konstellationen, in denen ein Parteiwe<strong>ch</strong>sel mögli<strong>ch</strong> oder sogar<br />
erforderli<strong>ch</strong> ist.<br />
Gesetzli<strong>ch</strong> vorgesehen findet ein Parteiwe<strong>ch</strong>sel automatis<strong>ch</strong> bei einer Universalsukzession<br />
statt (z.B. Erbgang gemäss Art. 560 ZGB). Ein Parteiwe<strong>ch</strong>sel kann aber au<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en den<br />
Parteien vereinbart werden.<br />
§ 4 Die Verfahrensgrundsätze (Prozessmaximen)<br />
I. GRUNDLAGEN<br />
Prozessmaximen (Verfahrensgrundsätze) regeln in grundsätzli<strong>ch</strong>er Weise die<br />
Verfahrensfragen in einem Zivilprozess.<br />
à Garanten für einen fairen und geregelten Prozessablauf, dienen der Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit und<br />
dem Re<strong>ch</strong>tsfrieden<br />
Der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Zivilprozess wird von der Dispositions- und Verhandlungsmaxime<br />
beherrs<strong>ch</strong>t, es ist also Sa<strong>ch</strong>e der Parteien, zu ents<strong>ch</strong>eiden, ob überhaupt ein Zivilprozess<br />
geführt wird und was darin behandelt wird.<br />
II. DIE DISPOSITIONSMAXIME ALS REGEL<br />
1. Grundlagen<br />
Die Parteien haben es in der Hand zu ents<strong>ch</strong>eiden, ob überhaupt, zu wel<strong>ch</strong>em Zeitpunkt und<br />
worüber ein Prozess stattfindet und wie lange dieser dauert.<br />
2. Verfahrenseinleitung<br />
Sie findet dur<strong>ch</strong> Einrei<strong>ch</strong>ung der Klage des Bere<strong>ch</strong>tigten beim zuständigen Geri<strong>ch</strong>t statt (ni<strong>ch</strong>t<br />
von Amtes wegen). Wo kein Kläger ist, ist au<strong>ch</strong> kein Ri<strong>ch</strong>ter<br />
3. Bindung an Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
Der Kläger ents<strong>ch</strong>eidet, inwieweit er seine Re<strong>ch</strong>te geltend ma<strong>ch</strong>t à evtl. Teilklage
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Die Parteien und das Geri<strong>ch</strong>t sind an das Re<strong>ch</strong>tsbegehren gebunden à es darf ni<strong>ch</strong>t mehr und<br />
ni<strong>ch</strong>t anders zugespro<strong>ch</strong>en werden, als es der Kläger verlangt und ni<strong>ch</strong>t weniger als die<br />
beklagte Partei allenfalls anerkennt.<br />
Zudem darf der Kläger im oberinstanzli<strong>ch</strong>en Urteil ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter gestellt werden als im<br />
erstinstanzli<strong>ch</strong>en Urteil.<br />
4. Beendigung des Prozesses<br />
Der Prozess kann dur<strong>ch</strong> den Kläger, den Beklagten oder beiden gemeinsam jederzeit beendet<br />
werden<br />
à Klagerückzug, Klagenanerkennung, geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Verglei<strong>ch</strong><br />
5. Gesetzli<strong>ch</strong>e Regelung<br />
Die Dispositionsmaxime ist in den meisten kantonalen Gesetzen geregelt.<br />
III. DIE OFFIZIALMAXIME ALS AUSNAHME<br />
1. Grundlagen<br />
Wird ein Verfahren na<strong>ch</strong> der Offizialmaxime dur<strong>ch</strong>geführt, kann das Geri<strong>ch</strong>t einer Partei<br />
mehr oder anderes zuspre<strong>ch</strong>en, als sie verlangt hat.<br />
à den Parteien wird die Verfügung über den Streitgegenstand entzogen (eine Klage kann<br />
ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> vorbehaltlos anerkannt werden und ein geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Verglei<strong>ch</strong> brau<strong>ch</strong>t eine<br />
geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Genehmigung)<br />
Im Zivilprozess ist die Offizialmaxime die Ausnahme. Sie findet si<strong>ch</strong> beim Vorliegen eines<br />
öffentli<strong>ch</strong>en Interesses, etwa dem S<strong>ch</strong>utz der s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren Partei (Kinder…) oder z.T. im<br />
Gesetz<br />
2. Verfahrenseinleitung<br />
Au<strong>ch</strong> hier ist es an der klägeris<strong>ch</strong>en Partei, mittels Klage den Prozess einzuleiten. Eine<br />
Verfahrenseinleitung dur<strong>ch</strong> die Behörden ist selten.<br />
3. Bindung an Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t ist hier ni<strong>ch</strong>t an die Re<strong>ch</strong>tsbegehren der Parteien gebunden.<br />
4. Beendigung des Prozesses<br />
Ein Prozess in der Offizialmaxime kann grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t vorzeitig beendigt werden. Ein<br />
Klagerückzug ist dagegen prinzipiell immer mögli<strong>ch</strong>.<br />
IV. DIE VERHANDLUNGSMAXIME ALS REGEL<br />
1. Grundlagen<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t darf grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t von si<strong>ch</strong> aus den Sa<strong>ch</strong>verhalt erfors<strong>ch</strong>en. Nur die von<br />
den Parteien behaupteten Tatsa<strong>ch</strong>en dürfen Gegenstand des Prozesses sein
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
à Beibringungsgrundsatz<br />
Bleiben Tatsa<strong>ch</strong>en unbehauptet oder unbewiesen, so können sie für die Urteilsfindung ni<strong>ch</strong>t<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigt werden.<br />
2. Gesetzli<strong>ch</strong>e Regelung<br />
Kantonales Re<strong>ch</strong>t<br />
3. Milderung der Verhandlungsmaxime<br />
- unbestrittene oder zugestandene Tatsa<strong>ch</strong>en<br />
- notoris<strong>ch</strong>e oder geri<strong>ch</strong>tsnotoris<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>en:<br />
offenkundige Tatsa<strong>ch</strong>en, die beliebig viele Mens<strong>ch</strong>en kennen und die als allgemein<br />
bekannt vorausgesetzt werden können à müssen weder behauptet no<strong>ch</strong> bewiesen<br />
werden. Oder sol<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>en, die dem Geri<strong>ch</strong>t aus früheren Ents<strong>ch</strong>eiden bekannt<br />
sind (aber ni<strong>ch</strong>t privates Wissen eines Ri<strong>ch</strong>ters!)<br />
- Allgemeine Erfahrungssätze:<br />
Chemie, Physik, Medizin… Erfahrenssätze aus sol<strong>ch</strong>en Wissens<strong>ch</strong>aften dürfen vom<br />
Geri<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigt werden, au<strong>ch</strong> ohne Behauptung oder Beweisantrag<br />
- Indizien:<br />
Hilfstatsa<strong>ch</strong>en; Tatsa<strong>ch</strong>en, die aufgrund von Erfahrung den Rücks<strong>ch</strong>luss auf das<br />
Vorliegen einer anderen Tatsa<strong>ch</strong>e, die beweisbedürftig ist, zulassen à indirekte<br />
Beweisführung<br />
indirekte Beweisführung mittels Indizien ist unerlässli<strong>ch</strong>, wenn die Haupttatsa<strong>ch</strong>e<br />
ni<strong>ch</strong>t direkt beweisbar ist (z.B. Beweis des bösen Glaubens). Die Indizien sind na<strong>ch</strong><br />
den allgemeinen Regeln zu beweisen und zu behaupten. Ihre Beweiskraft für die zu<br />
behauptende Hauptsa<strong>ch</strong>e unterliegt freier geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Beweiswürdigung.<br />
- Gesetzli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>envermutungen:<br />
Vom Bundesprivatre<strong>ch</strong>t als ri<strong>ch</strong>tig bzw. vorhanden vermutete Tatsa<strong>ch</strong>en müssen von<br />
derjenigen Partei, zu dessen Gunsten die Tatsa<strong>ch</strong>envermutung wirkt, weder behauptet<br />
no<strong>ch</strong> bewiesen werden.<br />
- Geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es Fragere<strong>ch</strong>t oder geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Fragepfli<strong>ch</strong>t:<br />
Fragen sind angebra<strong>ch</strong>t, wenn Vorbringen einer Partei unklar, widersprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> oder<br />
offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> unvollständig sind. Sinn ist das Aufdecken und Korrigieren von<br />
unklaren und widersprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Vorbringen und die Vervollständigung der<br />
Tatsa<strong>ch</strong>enbeibringung und Stellungnahmen.<br />
V. DIE UNTERSUCHUNGSMAXIME ALS AUSNAHME<br />
1. Grundlagen<br />
Gegenstück zu der Verhandlungsmaxime. Die Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime des Zivilre<strong>ch</strong>ts hat aber<br />
ni<strong>ch</strong>t das glei<strong>ch</strong>e Ausmass wie die Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime im Strafre<strong>ch</strong>t.<br />
Ziel ist der S<strong>ch</strong>utz der s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren Partei. Bei einem Prozess unter der<br />
Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime muss der Ri<strong>ch</strong>ter alle Faktoren berücksi<strong>ch</strong>tigen, um den Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />
abzuklären.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
2. Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen und Beweismittel<br />
Die Sammlung des relevanten Prozessstoffes läuft auf eine Zusammenarbeit von Parteien und<br />
Geri<strong>ch</strong>t hinaus. Die Parteien müssen dem Geri<strong>ch</strong>t Informationen zum Einholen der Beweise<br />
mitteilen.<br />
3. Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime und Beweislast<br />
Meist bleiben bei der Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime keine Beweise unerbra<strong>ch</strong>t. Wenn aber eine<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t bewiesen werden kann, wird na<strong>ch</strong> den Regeln der Beweislast vorgegangen.<br />
4. Gesetzli<strong>ch</strong>e Regelung<br />
Es wird unters<strong>ch</strong>ieden zwis<strong>ch</strong>en der uneinges<strong>ch</strong>ränkten und der einges<strong>ch</strong>ränkten UM (bei<br />
letzterer geht die geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Fragepfli<strong>ch</strong>t zur Ermittlung des Sa<strong>ch</strong>verhalt weniger weit). Bei<br />
der einges<strong>ch</strong>ränkten UM handelt es si<strong>ch</strong> nur um einen bundesre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Mindeststandard,<br />
über den die Kantone hinausgehen können.<br />
VI. ZUSAMMENSPIELEN VON DISPOSITIONSMAXIME/OFFIZIALMAXIME UND<br />
VERHANDLUNGSMAXIME/UNTERSUCHUNGSMAXIME<br />
Siehe S<strong>ch</strong>ema S. 72<br />
VII. EVENTUALMAXIME (KONZENTRATIONSGRUNDSATZ) UND<br />
VERFAHRENSBESCHLEUNIGUNG<br />
1. Grundlagen<br />
Die Eventualmaxime dient in erster Linie der s<strong>ch</strong>nellen Prozesserledigung bzw. der<br />
Vermeidung der Prozessvers<strong>ch</strong>leppung. Sie regelt die Frage, bis zu wel<strong>ch</strong>em Zeitpunkt des<br />
Prozesses die Begehren und die Beweismittel eingebra<strong>ch</strong>t werden müssen, um beim Geri<strong>ch</strong>t<br />
no<strong>ch</strong> Berücksi<strong>ch</strong>tigung zu finden.<br />
Der Grundsatz der Eventualmaxime besagt, dass die Parteien alle Angriffs- und<br />
Verteidigungsmittel früh und konzentriert (à Konzentrationsgrundsatz) vorbringen müssen,<br />
und zwar au<strong>ch</strong> eventuell, falls die Hauptbegehren ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong>dringen (Eventualmaxime).<br />
Werden Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen, Beweisanträge oder Re<strong>ch</strong>tsbegehren zu spät gestellt, werden<br />
sie ni<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigt.<br />
Ordnungsfunktion: den Parteien wird vorges<strong>ch</strong>rieben, wann wel<strong>ch</strong>e Prozesshandlung<br />
vorzunehmen ist<br />
à Strukturierung und Gliederung des Prozesses in vers<strong>ch</strong>iedene Abs<strong>ch</strong>nitte<br />
2. Zeitli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ranken und gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlagen<br />
In den meisten kantonalen Prozessgesetzen sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zur<br />
Beendigung des Hauptverfahrens, des letzten Vortrags bzw. S<strong>ch</strong>riftenwe<strong>ch</strong>sels einzubringen.<br />
In gewissen Kantonen wird die Eventualmaxime strenger angewendet, die ganze Sa<strong>ch</strong>e ist<br />
sehr umstritten.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
3. Neue Tatsa<strong>ch</strong>en und Beweismittel<br />
Novenre<strong>ch</strong>t: Mögli<strong>ch</strong>keit des na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>en Vorbringens von neuen Tatsa<strong>ch</strong>en und neuen<br />
Beweismitteln unter den Voraussetzungen des betreffenden Prozessgesetzes<br />
Eventuell kann au<strong>ch</strong> später ein Vorbringen eingebra<strong>ch</strong>t werden. Wi<strong>ch</strong>tig dabei ist, dass die<br />
Partei keine S<strong>ch</strong>uld bzw. Na<strong>ch</strong>lässigkeit trifft, wel<strong>ch</strong>e zur Verspätung geführt hat.<br />
4. Neue Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
Neue Re<strong>ch</strong>tsbegehren werden nur bes<strong>ch</strong>ränkt zugelassen. Sie hängen mit den Tatsa<strong>ch</strong>en und<br />
Beweismitteln eng zusammen, da sie dur<strong>ch</strong> diese begründet werden müssen.<br />
5. Folgen der verspäteten Geltendma<strong>ch</strong>ung<br />
Es tritt grundsätzli<strong>ch</strong> die sog. Präklusivwirkung ein, was bedeutet, dass die betreffende Partei<br />
mit der versäumten Prozesshandlung ni<strong>ch</strong>t zu hören ist und sie au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t wirksam na<strong>ch</strong>holen<br />
kann.<br />
6. Milderung der Eventualmaxime<br />
In vers<strong>ch</strong>iedenen kantonalen Prozessordnungen finden si<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ungen der<br />
Eventualmaxime.<br />
VIII. ÖFFENTLICHKEITSPRINZIP<br />
1. Öffentli<strong>ch</strong>keit der Verhandlung<br />
Die gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlage für die Öffentli<strong>ch</strong>keit von Geri<strong>ch</strong>tsverhandlungen findet si<strong>ch</strong> in<br />
Art. 30 Abs. 3 BV.<br />
Unter der Öffentli<strong>ch</strong>keit der Verhandlung wird die unmittelbare sinnli<strong>ch</strong>e Wahrnehmung der<br />
prozessualen Vorgänge für die Parteien einerseits und ausserhalb des Prozesses stehender<br />
Personen andererseits verstanden. Jedermann steht die grundsätzli<strong>ch</strong> uneinges<strong>ch</strong>ränkte<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit zu, prozessualen Vorgängen beiwohnen zu können.<br />
Relative (bes<strong>ch</strong>ränkte) Prozessöffentli<strong>ch</strong>keit: gewisse Abs<strong>ch</strong>nitte des Verfahrens finden unter<br />
Auss<strong>ch</strong>luss der Öffentli<strong>ch</strong>keit oder der Parteien statt.<br />
Eins<strong>ch</strong>ränkungen der Öffentli<strong>ch</strong>keit sind mögli<strong>ch</strong> unter best. Voraussetzungen, müssen jedo<strong>ch</strong><br />
verhältnismässig sein. So kann in speziellen Fällen die Öffentli<strong>ch</strong>keit ganz ausges<strong>ch</strong>lossen<br />
werden.<br />
2. Parteiöffentli<strong>ch</strong>keit im Rahmen von Beweisabnahmen<br />
Die Parteien haben grundsätzli<strong>ch</strong> ein Re<strong>ch</strong>t darauf, bei Beweisabnahme dur<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t<br />
anwesend zu sein.<br />
3. Öffentli<strong>ch</strong>e oder geheime Beratung des Geri<strong>ch</strong>ts<br />
Mit der öffentli<strong>ch</strong>en Beratung des Geri<strong>ch</strong>ts erhält die Öffentli<strong>ch</strong>keit Einblick in die Motive<br />
der Ents<strong>ch</strong>eidfindung à Reduzierung von allfälligem Misstrauen gegenüber Justizorganen
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
4. Öffentli<strong>ch</strong>e Urteilsverkündung<br />
Die Ents<strong>ch</strong>eide sollen der Öffentli<strong>ch</strong>keit bekannt gema<strong>ch</strong>t werden. Dur<strong>ch</strong> Anonymisierung<br />
werden die Interessen der Beteiligten ges<strong>ch</strong>ützt und die Öffentli<strong>ch</strong>keit kann die Urteile<br />
einsehen, und muss ni<strong>ch</strong>t ausges<strong>ch</strong>lossen werden.<br />
IX. MÜNDLICHKEIT UND SCHRIFTLICHKEIT<br />
Ist ni<strong>ch</strong>ts geregelt, müssen Prozesshandlungen im ordentli<strong>ch</strong>en Verfahren der S<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>keit<br />
erfolgen. Es gibt indes für beide Varianten Vor- und Na<strong>ch</strong>teile.<br />
X. UNMITTELBARKEIT UND MITTELBARKEIT<br />
Unmittelbarkeit: Verhandlungen und die Beweisabnahmen finden in vollständiger<br />
Anwesenheit des Geri<strong>ch</strong>ts und wenn mögli<strong>ch</strong> ohne Unterbru<strong>ch</strong> statt. Uneinges<strong>ch</strong>ränkte<br />
Unmittelbarkeit ist nur mögli<strong>ch</strong>, wo ein Verfahren vollständig mündli<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>geführt wird.<br />
Mittelbarkeit: Öffentli<strong>ch</strong>keit wird ledigli<strong>ch</strong> mündli<strong>ch</strong> oder s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> über Sa<strong>ch</strong>verhalt,<br />
Verfahren und Ents<strong>ch</strong>eidungsgründe informiert.<br />
Es ist jedo<strong>ch</strong> zulässig und au<strong>ch</strong> gebräu<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>, dass ein Geri<strong>ch</strong>t die Beweisabnahme an ein<br />
Mitglied delegieren kann.<br />
XI. RECHTLICHES GEHÖR<br />
1. Grundlagen<br />
Das re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Gehör soll beiden Parteien die glei<strong>ch</strong>en prozessualen Mitwirkungsre<strong>ch</strong>te<br />
garantieren à Waffenglei<strong>ch</strong>heit und Ermittlung der materiellen Wahrheit.<br />
2. Gesetzli<strong>ch</strong>e Regelung<br />
Die Garantie des re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Gehörs in Art. 29 Abs. 2 BV wird als Mindeststandard<br />
verstanden. Die Kantone können weitergehende Ansprü<strong>ch</strong>e vorsehen.<br />
3. Re<strong>ch</strong>t auf Anhörung<br />
Re<strong>ch</strong>t, vor einer Ents<strong>ch</strong>eidung gehört zu werden<br />
4. Re<strong>ch</strong>t auf Abnahme von re<strong>ch</strong>tzeitig angebotenen und erhebli<strong>ch</strong>en Beweismitteln<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t muss re<strong>ch</strong>terhebli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>en, die form- und fristgere<strong>ch</strong>t eingebra<strong>ch</strong>t werden,<br />
abnehmen à „Re<strong>ch</strong>t auf den Beweis“ (aus Art. 8 ZGB abgeleitet)<br />
Eins<strong>ch</strong>ränkung: antizipierte Beweiswürdigung: Wenn das Geri<strong>ch</strong>t einen Beweis zum<br />
Vornherein s<strong>ch</strong>on für ungeeignet hält, seine Meinung zu beeinflussen, kann es einen Beweis<br />
au<strong>ch</strong> ablehnen.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
5. Re<strong>ch</strong>t auf Stellungnahme<br />
Garantiert das Re<strong>ch</strong>t zur Stellungnahme zu Eingaben der Gegenpartei. Ob die Eingaben und<br />
Stellungnahmen im Prozess berücksi<strong>ch</strong>tigt werden, hängt insbesondere von deren Wi<strong>ch</strong>tigkeit<br />
ab.<br />
6. Re<strong>ch</strong>t auf anwaltli<strong>ch</strong>e Vertretung<br />
Der Gehöranspru<strong>ch</strong> beinhaltet das Re<strong>ch</strong>t, si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> einen Anwalt vertreten zu lassen,<br />
jedenfalls bei einem hohen Streitwert, komplizierten Verhältnissen oder wenn die Gegenpartei<br />
ihrerseits juristis<strong>ch</strong> vertreten wird.<br />
7. Re<strong>ch</strong>t auf Akteneinsi<strong>ch</strong>t<br />
Die Parteien müssen ihre Standpunkte nur zu den Grundlagen des Ents<strong>ch</strong>eids einbringen<br />
à von der Akteneinsi<strong>ch</strong>t sind nur Dokumente betroffen, die si<strong>ch</strong> mit der Grundlage des<br />
Ents<strong>ch</strong>eids befassen.<br />
Eins<strong>ch</strong>ränkungen sind zulässig bei bere<strong>ch</strong>tigten Geheimhaltungsinteressen, zeitli<strong>ch</strong>er<br />
Dringli<strong>ch</strong>keit (na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>e Gewährung des re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Gehörs), antizipierter<br />
Beweiswürdigung, offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Unzulässigkeit oder Unbegründetheit einer Klage oder<br />
eines Re<strong>ch</strong>tsmittels.<br />
8. Re<strong>ch</strong>t auf Teilnahme an den Verhandlungen und Beweiserhebungen<br />
Die Parteien haben das Re<strong>ch</strong>t, bei der Beweisabnahme dur<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t anwesend zu sein<br />
und zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen.<br />
9. Re<strong>ch</strong>t auf Ents<strong>ch</strong>eidbegründung<br />
Das Re<strong>ch</strong>t auf Begründung des Ents<strong>ch</strong>eids s<strong>ch</strong>liesst das Eingehen auf Parteivorbringen und<br />
Beweisanträge ein.<br />
10. Verbot des überspitzten Formalismus<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t darf ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> übermässige Formvors<strong>ch</strong>riften oder übermässige Strenge bei<br />
deren Handhabung die Dur<strong>ch</strong>setzung des materiellen Re<strong>ch</strong>ts verhindern.<br />
11. Sanktionen bei Verletzung des Anspru<strong>ch</strong>s auf re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es Gehör<br />
Wurde das re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Gehör ni<strong>ch</strong>t gewährt, leidet der Ents<strong>ch</strong>eid an einem s<strong>ch</strong>werwiegenden<br />
Mangel. Er ist auf Antrag aufzuheben, unabhängig davon, ob das Urteil bei Gehörsgewährung<br />
anders ausgefallen wäre. Eine Ausnahme besteht na<strong>ch</strong> bundesgeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung,<br />
wenn eine Heilung im Re<strong>ch</strong>tsmittelverfahren dur<strong>ch</strong> Na<strong>ch</strong>holung des re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Gehörs<br />
stattfindet.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
XII. TREU UND GLAUBEN<br />
1. Allgemeines<br />
Der offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Missbrau<strong>ch</strong> eines prozessualen Re<strong>ch</strong>ts wird ni<strong>ch</strong>t ges<strong>ch</strong>ützt. Alle am<br />
Prozess beteiligten Parteien haben na<strong>ch</strong> Treu und Glauben zu handeln.<br />
3. Verhalten des Geri<strong>ch</strong>ts<br />
Jede Person hat das Re<strong>ch</strong>t darauf, von den staatli<strong>ch</strong>en Organen ohne Willkür und na<strong>ch</strong> Treu<br />
und Glauben behandelt zu werden.<br />
4. Verhalten der Parteien<br />
Au<strong>ch</strong> die Parteien müssen na<strong>ch</strong> Treu und Glauben handeln. Jedo<strong>ch</strong> enthält die kantonale ZPO<br />
meist Regelungen, die nur wenig Raum für die Berufung auf Art. 2 ZGB lassen.<br />
Die Verletzung des Gebots von Treu und Glauben kann prozessuale Na<strong>ch</strong>teile oder<br />
Disziplinarstrafen zur Folge haben.<br />
§ 5 Zeit und Kosten im Zivilprozess<br />
I. ZEIT IM ZIVILPROZESS<br />
1. Fristen<br />
Fristen dienen der beförderli<strong>ch</strong>en Erledigung des Prozesses. Sie bestimmen, innert wel<strong>ch</strong>er<br />
Zeit eine Partei eine bestimmte Re<strong>ch</strong>tshandlung vornehmen muss.<br />
- Gesetzli<strong>ch</strong>e Fristen: Das Gesetz setzt die Dauer der Frist präzise fest. Sie sind<br />
unabänderli<strong>ch</strong> und ni<strong>ch</strong>t erstreckbar<br />
- Geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Fristen: Das Geri<strong>ch</strong>t kann die Dauer der Frist im Einzelfall selbst<br />
bestimmen (evtl. Bes<strong>ch</strong>ränkungen dur<strong>ch</strong> gesetzli<strong>ch</strong>e Minimal- bzw. Maximalfristen).<br />
Sie können vor Fristablauf mit begründetem Gesu<strong>ch</strong> verlängert werden.<br />
2. Termine<br />
= na<strong>ch</strong> Ort, Tag und Stunde festgesetzte Verhandlungen<br />
3. Säumnisfolgen<br />
Hält eine Partei oder ein Dritter (etwa ein Zeuge) eine Frist ni<strong>ch</strong>t ein, so bleibt er säumig. Ist<br />
eine Partei säumig, so führt dies für die entspre<strong>ch</strong>ende Partei meist zu einem Re<strong>ch</strong>tsna<strong>ch</strong>teil.<br />
Ist hingegen ein Dritter säumig (z.B. ein Sa<strong>ch</strong>verständiger), so besteht grundsätzli<strong>ch</strong> die<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit der zwangsweisen Dur<strong>ch</strong>setzung.<br />
4. Wiederherstellung<br />
Unter gewissen Voraussetzungen kann ein versäumter Termin oder eine versäumte Frist<br />
wiederhergestellt werden à Gesu<strong>ch</strong> stellen<br />
Eine Wiederherstellung ist regelmässig nur mögli<strong>ch</strong>, wenn die Säumnis unvers<strong>ch</strong>uldet war.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
5. Versäumnis von Klagefristen des Bundesre<strong>ch</strong>ts<br />
Art. 139 OR will verhindern, dass si<strong>ch</strong> ein Kläger, nur weil er beim unzuständigen Geri<strong>ch</strong>t<br />
geklagt hat oder seine Klage wegen eines verbesserli<strong>ch</strong>en Fehlers einstweilen zurückgewiesen<br />
wurde, bei deren erneuter Einrei<strong>ch</strong>ung mit der Einrede der Verjährung konfrontiert wird.<br />
à es beginnt eine neue Frist von 60 Tagen, wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist<br />
Diese Bestimmung wird in vielen Berei<strong>ch</strong>en analog angewendet (siehe Art. 34 Abs. 2 GestG)<br />
6. Verfahrensdauer<br />
In erster Instanz kann ein Zivilprozess gut zwis<strong>ch</strong>en 1 und 2 Jahren dauern, abhängig von<br />
Komplexität des Sa<strong>ch</strong>verhalts und demzufolge dem Beweisverfahren. Pro weitere Instanz ist<br />
mit je mindestens einem Jahr zusätzli<strong>ch</strong> zu re<strong>ch</strong>nen.<br />
II. KOSTEN IM ZIVILPROZESS<br />
1. Geri<strong>ch</strong>tskosten und Parteikosten<br />
Geri<strong>ch</strong>tskosten: Spru<strong>ch</strong>gebühren und Auslagen des Geri<strong>ch</strong>ts, kaum je kostendeckend<br />
Parteikosten: die einer Partei entstandenen Kosten, d.h. ihre Anwaltskosten sowie ihre<br />
sonstigen prozessbedingten Auslagen. Der von der unterliegenden Partei zu leistende Ersatz<br />
für die Parteikosten wird meist Prozessents<strong>ch</strong>ädigung genannt.<br />
Sowohl Geri<strong>ch</strong>ts- als au<strong>ch</strong> Parteikosten sind in ihrer Bemessung grundsätzli<strong>ch</strong> vom Streitwert<br />
abhängig. Im Verhältnis Klient-Anwalt wird meist eine Honorierung na<strong>ch</strong> Stundenaufwand<br />
vereinbart, wel<strong>ch</strong>e für das Geri<strong>ch</strong>t grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t bindend ist.<br />
2. Kostenverteilung<br />
Die Geri<strong>ch</strong>tskosten werden den Parteien grundsätzli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Massgabe ihres Unterliegens<br />
auferlegt. Entspre<strong>ch</strong>endes gilt au<strong>ch</strong> für die Parteikosten.<br />
Unterliegt also eine Partei vollumfängli<strong>ch</strong>, muss sie aufkommen für:<br />
- sämtli<strong>ch</strong>e Geri<strong>ch</strong>tskosten<br />
- eigene Anwaltskosten<br />
- Anwaltskosten der obsiegenden Partei<br />
Obsiegt eine Partei nur teilweise, werden die Anteile an den Kosten entspre<strong>ch</strong>end aufgeteilt<br />
(z.B. 2:3).<br />
Über die Geri<strong>ch</strong>tskosten ents<strong>ch</strong>eidet das Geri<strong>ch</strong>t grundsätzli<strong>ch</strong> von Amtes wegen, während für<br />
die Parteikosten je na<strong>ch</strong> kantonalem Re<strong>ch</strong>t ein Parteiantrag notwendig ist.<br />
Das BGer spri<strong>ch</strong>t einer Nebenpartei grundsätzli<strong>ch</strong> keine Parteients<strong>ch</strong>ädigung zu, unter<br />
Vorbehalt von Billigkeitsgründen<br />
3. Besonderheiten<br />
- Bei einem Streitwert von 30'000.- entstehend aus einem Arbeitsverhältnis dürfen einer<br />
Partei keine Gebühren und Auslagen auferlegt werden, es sei denn, sie habe mutwillig<br />
prozessiert. Der Zuspru<strong>ch</strong> der Parteients<strong>ch</strong>ädigung bleibt davon unberührt.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
- Das Verfahren vor der S<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>tungsbehörde in Mietsa<strong>ch</strong>en ist kostenlos<br />
- Im S<strong>ch</strong>eidungsprozess der Eltern dürfen dem vertretenen, unmündigen Kind keine<br />
Kosten auferlegt werden<br />
- Erfolgt die S<strong>ch</strong>eidung auf gemeinsames Begehren, ist eine Kostenreduktion<br />
vorgesehen<br />
- Unnötig verursa<strong>ch</strong>te Kosten werden der Partei auferlegt, die sie verursa<strong>ch</strong>t hat.<br />
- Dritte müssen Kosten nur tragen, wenn sie diese s<strong>ch</strong>uldhaft verursa<strong>ch</strong>t haben (z.B.<br />
Verhandlungswiederholung, weil Zeuge ni<strong>ch</strong>t ers<strong>ch</strong>ienen ist)<br />
4. Kostenvors<strong>ch</strong>uss<br />
Na<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>en Zivilprozessordnungen muss der Kläger einen Kostenvors<strong>ch</strong>uss für die<br />
Geri<strong>ch</strong>tsgebühren leisten, dies ist jedo<strong>ch</strong> in jedem Kanton anders.<br />
Es ist au<strong>ch</strong> mögli<strong>ch</strong>, dass die beklagte Partei einen Teil des Kostenvors<strong>ch</strong>usses übernehmen<br />
muss.<br />
5. Prozesskaution<br />
= die vom Kläger zu leistende Si<strong>ch</strong>erstellung für allfällige Parteikosten der Gegenpartei;<br />
vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahme zum S<strong>ch</strong>utz eines gefährdeten Anspru<strong>ch</strong>s auf Parteients<strong>ch</strong>ädigung.<br />
Die einzelnen Kautionsgründe knüpfen an Tatbestände an, die eine gewisse Gefährung der<br />
späteren Bezahlung der Parteikosten dur<strong>ch</strong> den Kläger nahelegen: einerseits<br />
Zahlungsunfähigkeit, andererseits Wohnsitz im Ausland.<br />
6. Unentgeltli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tspflege<br />
Art. 29 Abs. 3 BV statuiert den Mindeststandard, dass jeder Anspru<strong>ch</strong> auf unentgeltli<strong>ch</strong>e<br />
Re<strong>ch</strong>tspflege hat, der ni<strong>ch</strong>t über ausrei<strong>ch</strong>ende Mittel verfügt.<br />
- Unentgeltli<strong>ch</strong>e Prozessführung:<br />
Ni<strong>ch</strong>t über die erforderli<strong>ch</strong>en Mittel verfügt eine Person, die ausserstande ist,<br />
zusätzli<strong>ch</strong> zum Lebensunterhalt die für die Prozessführung notwendigen Kosten<br />
aufzubringen.<br />
Die Prozessführung darf ni<strong>ch</strong>t aussi<strong>ch</strong>tslos sein, d.h. die Gewinnaussi<strong>ch</strong>ten dürfen<br />
ni<strong>ch</strong>t beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> geringer sein als die Verlustgefahr<br />
- Unentgeltli<strong>ch</strong>er Re<strong>ch</strong>tsbeistand:<br />
Ob eine Person zusätzli<strong>ch</strong> zu der unentgeltli<strong>ch</strong>en Prozessführung in den Genuss der<br />
unentgeltli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tsvertretung kommt, hängt von den folgenden Faktoren ab:<br />
- Anwaltli<strong>ch</strong>e Vertretung der Gegenpartei (Waffenglei<strong>ch</strong>heit)<br />
- S<strong>ch</strong>wierigkeit der si<strong>ch</strong> stellenden Re<strong>ch</strong>tsfragen<br />
- Anwendbarkeit der Untersu<strong>ch</strong>ungs- oder Verhandlungsmaxime<br />
- Re<strong>ch</strong>ts-(un-)kundigkeit des Gesu<strong>ch</strong>stellers<br />
Wirkung und Umfang:<br />
Bei der Gutheissung des Gesu<strong>ch</strong>s um unentgeltli<strong>ch</strong>e Prozessführung wird der Gesu<strong>ch</strong>steller<br />
von der Vors<strong>ch</strong>uss- bzw. Kautionspfli<strong>ch</strong>t sowie von den Geri<strong>ch</strong>tskosten befreit. Wird das<br />
Gesu<strong>ch</strong> auf unentgeltli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tsvertretung gutgeheissen, so hat der Gesu<strong>ch</strong>steller bei Verlust<br />
des Prozesses seinen eigenen Anwalt ni<strong>ch</strong>t zu ents<strong>ch</strong>ädigen. Demgegenüber besteht jedo<strong>ch</strong><br />
grundsätzli<strong>ch</strong> keine Befreiung von der Ents<strong>ch</strong>ädigung des Gegenanwaltes bei Prozessverlust.<br />
Die Kostenbefreiung kann ganz oder au<strong>ch</strong> teilweise gewährt werden.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Die BV garantiert keine freie Anwaltswahl. In der Praxis stellt aber oft ein vorprozessual<br />
konsultierter Anwalt das Gesu<strong>ch</strong>.<br />
Zahlrei<strong>ch</strong>e Zivilprozessordnungen statuieren eine Na<strong>ch</strong>zahlungspfli<strong>ch</strong>t des Gesu<strong>ch</strong>stellers,<br />
sofern dieser dur<strong>ch</strong> den Prozessausgang oder auf andere Weise (z.B. Erbgang) in bessere<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Verhältnisse gelangt.<br />
§ 6 Die Klage<br />
I. SÜHNEVERFAHREN (SCHLICHTUNGSVERFAHREN)<br />
1. Allgemeines<br />
In den meisten Kantonen geht dem eigentli<strong>ch</strong>en Verfahren ein sog. Sühneverfahren voraus.<br />
Dieses dient der Entlastung der Geri<strong>ch</strong>te. Ein Geri<strong>ch</strong>t soll nur dann angerufen werden, wenn<br />
ein Aussöhnungsversu<strong>ch</strong> vor einem Sühnebeamten ges<strong>ch</strong>eitert ist.<br />
2. Der Sühnebeamte (= Friedensri<strong>ch</strong>ter, Vermittler)<br />
Er ist meist ein juristis<strong>ch</strong>er Laie. Er soll unabhängig und basierend auf dem gesunden<br />
Mens<strong>ch</strong>enverstand eine Aussöhnung der Streitparteien herbeiführen. Insbesondere soll er die<br />
Parteien davon abhalten, offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> unbegründete Prozesse einzuleiten bzw. offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
begründete Ansprü<strong>ch</strong>e zu bestreiten.<br />
3. Verfahren<br />
Die Parteien sind grundsätzli<strong>ch</strong> verpfli<strong>ch</strong>tet, persönli<strong>ch</strong> vor dem Friedensri<strong>ch</strong>ter zu<br />
ers<strong>ch</strong>einen. Eine Vertretung ist ausges<strong>ch</strong>lossen. Die Sühneverhandlung ist mündli<strong>ch</strong> und ni<strong>ch</strong>t<br />
öffentli<strong>ch</strong>. Einem vor einem Sühnebeamten ges<strong>ch</strong>lossenen Verglei<strong>ch</strong> kommt von Bundesre<strong>ch</strong>t<br />
wegen volle Re<strong>ch</strong>tskraftwirkung zu. Er gilt als geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Verglei<strong>ch</strong>.<br />
4. Der Akzesss<strong>ch</strong>ein<br />
Führt die Verhandlung vor dem Friedensri<strong>ch</strong>ter zu keinem Ergebnis, so stellt dieser der<br />
klagenden Partei einen Akzesss<strong>ch</strong>ein aus, worin das S<strong>ch</strong>eitern des Sühnverfahrens<br />
festgehalten wird. Die klagende Partei muss diesen bis zu einer bestimmten Frist beim<br />
zuständigen Geri<strong>ch</strong>t einrei<strong>ch</strong>en, spätestens dann beginnt die Re<strong>ch</strong>tshängigkeit. Versäumt der<br />
Kläger die Frist, muss ein neues Sühneverfahren dur<strong>ch</strong>laufen werden, sein materielles Re<strong>ch</strong>t<br />
verliert er aber ni<strong>ch</strong>t.<br />
Abgrenzung zur Mediation:<br />
Mediation ist ein aussergeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es Verfahren zur Streitbeilegung mit Unterstützung einer<br />
neutralen Drittperson ohne Ents<strong>ch</strong>eidungsgewalt. Sie gehört ni<strong>ch</strong>t zum geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Verfahren, sondern wird von diesem unabhängig dur<strong>ch</strong>geführt; die Organisation und die<br />
Kosten übernehmen die Parteien. Ist eine Mediation erfolgrei<strong>ch</strong>, so können die Parteien dem<br />
Geri<strong>ch</strong>t die Genehmigung einer erzielten Vereinbarung beantragen. Diese hat dann die<br />
Wirkung eines re<strong>ch</strong>tskräftigen Ents<strong>ch</strong>eids.
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II. DAS ERKENNTNISVERFAHREN<br />
1. Allgemeines<br />
Das Erkenntnisverfahren („der Prozess“) ist das Verfahren, in wel<strong>ch</strong>em das Geri<strong>ch</strong>t über den<br />
Bestand eines geltend gema<strong>ch</strong>ten Re<strong>ch</strong>ts „erkennt“, d.h. ents<strong>ch</strong>eidet. Es folgt auf das<br />
Sühneverfahren.<br />
2. Einleitung des Erkenntnisverfahrens<br />
Bei vorausgehendem Sühneverfahren wird das Erkenntnisverfahren dur<strong>ch</strong> fristgemässe<br />
Einrei<strong>ch</strong>ung des Akzesss<strong>ch</strong>eins beim Geri<strong>ch</strong>t eingeleitet. Meist wird au<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong>zeitig die<br />
Klages<strong>ch</strong>rift eingerei<strong>ch</strong>t (wenn ni<strong>ch</strong>t, gibt das Geri<strong>ch</strong>t dem Kläger eine Frist zur Einrei<strong>ch</strong>ung<br />
der Klages<strong>ch</strong>rift). Ist für ein Erkenntnisverfahren kein vorgängiges Sühneverfahren<br />
vorgesehen, so beginnt das Erkenntnisverfahren direkt mit dem Einrei<strong>ch</strong>en der Klages<strong>ch</strong>rift<br />
(und sonst ist das Sühneverfahren eine Prozessvoraussetzung).<br />
III. RECHTSHÄNGIGKEIT UND KLAGEANHEBUNG<br />
In der Regel wird die Klage mit dem Beginn des Erkenntnisverfahrens re<strong>ch</strong>tshängig. Die<br />
Re<strong>ch</strong>tshängigkeit hat folgende prozessuale Wirkungen, die si<strong>ch</strong> aus Bundesre<strong>ch</strong>t ergeben:<br />
- Auss<strong>ch</strong>luss einer zweiten identis<strong>ch</strong>en Klage<br />
- Fixationswirkungen<br />
S<strong>ch</strong>ema S. 100<br />
Eine Klage gilt grundsätzli<strong>ch</strong> dann als angehoben, wenn der Kläger si<strong>ch</strong> mit dem Ersu<strong>ch</strong>en<br />
um Vorladung an den Sühnebeamten wendet, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der<br />
Kläger im Ans<strong>ch</strong>luss daran den Akzesss<strong>ch</strong>ein fristgere<strong>ch</strong>t einrei<strong>ch</strong>t.<br />
VI. PROZESSVORAUSSETZUNGEN<br />
Fehlt eine Prozessvoraussetzung, tritt das Geri<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t auf die Klage ein. Es findet trotzdem<br />
ein Verfahren statt, wel<strong>ch</strong>es aber vorzeitig mit einem sog. Prozessents<strong>ch</strong>eid abges<strong>ch</strong>lossen<br />
wird (es ergeht also kein Urteil in der Sa<strong>ch</strong>e).<br />
- Partei- und Prozessfähigkeit des Klägers<br />
- Vorliegen eines Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utzinteresses<br />
- Örtli<strong>ch</strong>e Zuständigkeit<br />
- Sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zuständigkeit<br />
- Fehlende anderweitige Re<strong>ch</strong>tshängigkeit (Litispendenz)<br />
- Fehlende materielle Re<strong>ch</strong>tskraft (keine „abgeurteilte“ Sa<strong>ch</strong>e)<br />
- Bezahlung von Vors<strong>ch</strong>üssen und anderweitigen Si<strong>ch</strong>erheiten<br />
- Gehörige Bevollmä<strong>ch</strong>tigung des Vertreters<br />
- Einhalten von prozessualen Fristen<br />
- Vorliegen von Streitwert oder Gravamen im Fall von Re<strong>ch</strong>tsmitteln (Berufung,<br />
Appellation)
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V. SACHLEGITIMATION<br />
1. Allgemeines<br />
Im Gegensatz zu den Prozessvoraussetzungen geht es bei der Sa<strong>ch</strong>legitimation um die<br />
(behauptete) materielle Bere<strong>ch</strong>tigung zur Klage bzw. die (behauptete) entspre<strong>ch</strong>ende<br />
Verpfli<strong>ch</strong>tung.<br />
à Aktivlegitimation des Klägers und Passivlegitimation des Beklagten<br />
Ist der Kläger aktiv- und der Beklagte passivlegitimiert, wird die Klage gutgeheissen.<br />
2. Begriff der Aktivlegitimation<br />
Aktivlegitimiert ist, wem das subjektive Re<strong>ch</strong>t, das er geltend ma<strong>ch</strong>t, au<strong>ch</strong> tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> zusteht.<br />
Die Aktivlegitimation ist zu Beginn des Prozesses also nur die Behauptung eines Re<strong>ch</strong>ts.<br />
Über das Vorliegen der Aktivlegitimation (wie au<strong>ch</strong> der Passivlegitimation) ents<strong>ch</strong>eidet das<br />
Geri<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> Urteil in der Sa<strong>ch</strong>e (à Sa<strong>ch</strong>urteil)<br />
3. Die Aktivlegitimation ist keine Prozessvoraussetzung<br />
Sie beurteilt si<strong>ch</strong> aufgrund der materiellen Re<strong>ch</strong>tslage. Fehlt die Aktivlegitimation, so ist die<br />
Klage – unabhängig von der Frage der Passivlegitimation – dur<strong>ch</strong> ein Sa<strong>ch</strong>urteil abzuweisen<br />
und ni<strong>ch</strong>t etwa ein Ni<strong>ch</strong>teintretensents<strong>ch</strong>eid zu fällen.<br />
4. Prozessstands<strong>ch</strong>aft<br />
Eine sol<strong>ch</strong>e liegt vor, wenn eine Partei na<strong>ch</strong> Massgabe des Bundesprivatre<strong>ch</strong>ts bere<strong>ch</strong>tigt ist,<br />
den Prozess anstelle des materiell Bere<strong>ch</strong>tigten in eigenem Namen, aber auf Re<strong>ch</strong>nung eines<br />
Dritten, als Partei zu führen.<br />
5. Begriff der Passivlegitimation<br />
Passivlegitimiert ist diejenige Person, gegenüber der das eingeklagte Re<strong>ch</strong>t gelten zu ma<strong>ch</strong>en<br />
ist. Au<strong>ch</strong> sie ergibt si<strong>ch</strong> aus dem materiellen Re<strong>ch</strong>t. Die Klage ist abzuweisen, wenn sie fehlt,<br />
au<strong>ch</strong> wenn der Kläger aktivlegitimiert ist. Wird die fals<strong>ch</strong>e Partei eingeklagt, so ist die Klage<br />
mangels Passivlegitimation abzuweisen.<br />
VI. DER STREITGEGENSTAND<br />
1. Praktis<strong>ch</strong>e Bedeutung des Streitgegenstands<br />
- Einrede der abgeurteilten Sa<strong>ch</strong>e (res iudicata):<br />
Der Streitgegenstand begrenzt die objektiven Wirkungen der Re<strong>ch</strong>tskraft. Wenn zur<br />
Prüfung, ob eine res iudicata vorliegt, bestimmt werden muss, aus was si<strong>ch</strong> der frühere<br />
Prozess bzw. das re<strong>ch</strong>tskräftige Urteil genau bezogen hatte, muss dessen<br />
Streitgegenstand bestimmt werden.<br />
- „Sperrwirkung“ für einen glei<strong>ch</strong>zeitigen zweiten Prozess:<br />
Bei der Prüfung, ob bereits ein Prozess „in der glei<strong>ch</strong>en Sa<strong>ch</strong>e“ hängig ist, muss im<br />
Zweifelsfall der Streitgegenstand bestimmt werden.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
- Klageänderung:<br />
Ab einem gewissen Zeitpunkt im Prozess kann eine Änderung des Streitgegenstands<br />
nur no<strong>ch</strong> unter der Voraussetzung der Klageänderung ges<strong>ch</strong>ehen<br />
- Objektive Klageanhäufung:<br />
eine sol<strong>ch</strong>e besteht, wenn mehrere Ansprü<strong>ch</strong>e aus der glei<strong>ch</strong>en Klage geltend gema<strong>ch</strong>t<br />
werden. Dies kann kumulativ (die Beurteilung aller Ansprü<strong>ch</strong>e wird verlangt) oder<br />
eventualiter (die Beurteilung eines Anspru<strong>ch</strong>s hängt davon ab, ob der hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
geltend gema<strong>ch</strong>te verneint wird) ges<strong>ch</strong>ehen.<br />
Wenn bei objektiver Klageanhäufung mehrere Streitgegenstände mit allenfalls<br />
selbständigem re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>em S<strong>ch</strong>icksal vorliegen, können getrennte Urteile ergehen.<br />
2. Bestimmung des Streitgegenstands<br />
Das Streitobjekt (die Sa<strong>ch</strong>e, um die gestritten wird) ist ni<strong>ch</strong>t das glei<strong>ch</strong>e wie der<br />
Streitgegenstand.<br />
Der Streitgegenstand bestimmt si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> das Re<strong>ch</strong>tsbegehren und den zu Grund liegenden<br />
Lebenssa<strong>ch</strong>verhalt. Der Streitgegenstand kann ni<strong>ch</strong>t der materiell-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Anspru<strong>ch</strong> sein,<br />
wel<strong>ch</strong>er der Klage zugrunde liegt, sonst wäre bei einer Abweisung der Klage kein<br />
Streitgegenstand vorhanden.<br />
VII. KLAGEARTEN<br />
1. Leistungsklage<br />
Positive Leistungsklage: Partei verlangt, dass Geri<strong>ch</strong>t die andere Partei zu einem Tun<br />
verurteilt (meist zur Bezahlung einer Geldsumme)<br />
Das Re<strong>ch</strong>tsbegehren muss bei der Leistungsklage bestimmt sein, man kann also ni<strong>ch</strong>t<br />
verlangen, dass das Geri<strong>ch</strong>t die Summe na<strong>ch</strong> seinem Ermessen festlegt à unzulässig<br />
Unterart: Teilklage. Mögli<strong>ch</strong>, wenn streitiger Anspru<strong>ch</strong> überhaupt teilbar ist.<br />
Negative Leistungsklage: die klagende Partei verlangt, dass die beklagte Partei zu einem<br />
Unterlassen oder Dulden verurteilt wird.<br />
2. Gestaltungsklage<br />
Mit ihr verlangt die klagende Partei die Begründung, Änderung oder Aufhebung eines<br />
bestimmten Re<strong>ch</strong>ts oder Re<strong>ch</strong>tsverhältnisses. Re<strong>ch</strong>tskräftige Urteile, dur<strong>ch</strong> wel<strong>ch</strong>e eine<br />
Gestaltungsklage gutgeheissen wird, wirken grundsätzli<strong>ch</strong> umfassend und ni<strong>ch</strong>t ledigli<strong>ch</strong><br />
zwis<strong>ch</strong>en den Prozessparteien.<br />
3. Feststellungsklage<br />
Ziel ist hier, dass das Geri<strong>ch</strong>t in seinem Urteil das Bestehen oder Ni<strong>ch</strong>tbestehen eines Re<strong>ch</strong>ts<br />
oder Re<strong>ch</strong>tsverhältnisses autoritär feststellt. Dazu muss der Kläger ein erhebli<strong>ch</strong>es<br />
s<strong>ch</strong>utzwürdiges Interesse haben à Prozessvoraussetzung<br />
Die Feststellungsklage ist gegenüber den anderen Klagemögli<strong>ch</strong>keiten grundsätzli<strong>ch</strong><br />
subsidiär.
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4. Weitere Klagearten<br />
- Widerklage: selbständige Klage der beklagten Partei gegen die Klage (Hauptklage)<br />
der klagenden Partei. Der Kläger ist also zuglei<strong>ch</strong> Beklagter (sog. Widerbeklagter) und<br />
der Beklagte soglei<strong>ch</strong> Kläger (sog. Widerkläger) im glei<strong>ch</strong>en Prozess.<br />
Voraussetzungen sind:<br />
- re<strong>ch</strong>tshängiges Hauptverfahren<br />
- i.d.R. glei<strong>ch</strong>e Zuständigkeit<br />
- glei<strong>ch</strong>e Verfahrensart<br />
- Stufenklage: Der Kläger klagt einerseits einen materiell-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Auskunftsanspru<strong>ch</strong> ein. Erst aufgrund der entspre<strong>ch</strong>enden Auskunft ist er in der Lage,<br />
seinen Hauptanspru<strong>ch</strong> (z.B. auf Zahlung einer best. Geldsumme) zu qualifizieren à<br />
regelmässig objektive Klageanhäufung<br />
- Verbandsklage: eigenes Re<strong>ch</strong>t der betreffenden Organisationen von<br />
gesamts<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er oder regionaler Bedeutung. Die VK kann nur die Unterlassung,<br />
Beseitigung oder Feststellung einer Re<strong>ch</strong>tsgutverletzung, ni<strong>ch</strong>t aber eine<br />
S<strong>ch</strong>adenersatzforderung oder Genugtuung zugunsten betroffener Einzelpersonen zum<br />
Gegenstand haben.<br />
- Doppelseitige Klagen (actio duplex): die beklagte Partei kann eigene Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
stellen, die über den blossen Antrag auf Klageabweisung hinausgehen, ohne selber<br />
Widerklage erheben zu müssen.<br />
VIII. FORM DER KLAGE<br />
1. Grundsatz: Einrei<strong>ch</strong>ung einer s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>en und begründeten Klage<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> ist eine Klage s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> einzurei<strong>ch</strong>en. Sie hat neben einem oder mehreren<br />
Re<strong>ch</strong>tsbegehren eine Klagebegründung zu enthalten. Darin sind die Tatsa<strong>ch</strong>en darzulegen, aus<br />
denen der Kläger seinen Anspru<strong>ch</strong> ableitet und für wel<strong>ch</strong>e er die Beweislast trägt.<br />
2. Einrei<strong>ch</strong>ung von Akzesss<strong>ch</strong>ein bzw. Re<strong>ch</strong>tsbegehren ohne s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e Begründung beim<br />
Geri<strong>ch</strong>t oder bei der Geri<strong>ch</strong>tskanzlei<br />
In gewissen Kantonen rei<strong>ch</strong>t die Einrei<strong>ch</strong>ung des Akzesss<strong>ch</strong>eins mit dem darin enthaltenen<br />
Re<strong>ch</strong>tsbegehren. Das Geri<strong>ch</strong>t stellt dann eine Frist zur Einrei<strong>ch</strong>ung der Klagebegründung.<br />
IX. AUFBAU UND INHALT DER KLAGE¨<br />
1. Im Allgemeinen<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t muss Eingaben entgegennehmen und darüber ents<strong>ch</strong>eiden, wenn diese in der<br />
ri<strong>ch</strong>tigen Form eingerei<strong>ch</strong>t werden à sonst Verletzung von Bundesre<strong>ch</strong>t<br />
Aufbau:<br />
- Name und Adresse des Geri<strong>ch</strong>ts<br />
- Bezei<strong>ch</strong>nung der Parteien sowie Bezei<strong>ch</strong>nung der Re<strong>ch</strong>tsvertreter<br />
- Gegenstand des Verfahrens<br />
- Bezei<strong>ch</strong>nung der Eingabe als „Klage“<br />
- Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
- Allfällige Verfahrensanträge<br />
- Begründung der Klage
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
2. Abgrenzung zum Gesu<strong>ch</strong><br />
Gesu<strong>ch</strong>: Eingaben, die ein summaris<strong>ch</strong>es Verfahren einleiten sollen à knapper als Klage<br />
3. Das Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
Gewüns<strong>ch</strong>te Re<strong>ch</strong>tsfolge bezei<strong>ch</strong>nen:<br />
Was soll vom Geri<strong>ch</strong>t zugespro<strong>ch</strong>en werden? Sehr sorgfältig zu formulieren.<br />
Re<strong>ch</strong>tbegehren im Hinblick auf die Vollstreckung formulieren<br />
Es ist so abzufassen, dass es das Geri<strong>ch</strong>t ohne Weiteres in die Urteilsformel übernehmen kann<br />
à Dispositionsmaxime (Geri<strong>ch</strong>t kann ni<strong>ch</strong>t mehr zuspre<strong>ch</strong>en als verlang wurde)<br />
Bezifferung des Anspru<strong>ch</strong>s<br />
Es muss ein präziser Betrag genannt werden bei den Forderungsklagen. Ausnahmsweise kann<br />
etwas anderes gelten, wenn der Kläger aufgrund besonderer Umstände ni<strong>ch</strong>t in der Lage ist,<br />
die Summe zu beziffern.<br />
Keine re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Ausführungen<br />
Sie gehören ni<strong>ch</strong>t in ein Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
Verzugszins und Kostenfolge<br />
Der Verzugszins ist ni<strong>ch</strong>t zu vergessen, denn er kann eine beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Summe ausma<strong>ch</strong>en.<br />
Unabänderli<strong>ch</strong>keit des Re<strong>ch</strong>tsbegehrens<br />
Aus der Eventualmaxime folgt, dass der Kläger prinzipiell sämtli<strong>ch</strong>e Haupt- und<br />
Eventualbegehren zu einem bestimmten Zeitpunkt in das Verfahren einzubringen hat. Ist also<br />
ein Re<strong>ch</strong>tsbegehren einmal eingerei<strong>ch</strong>t, kann es grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> abgeändert<br />
werden (allenfalls ist es zulässig unter strengen Voraussetzungen).<br />
Formelles<br />
- Gehörige Bevollmä<strong>ch</strong>tigung des Vertreters<br />
- Einhalten der Fristen gemäss Akzesss<strong>ch</strong>ein oder geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Anordnung<br />
- Angaben zum Streitwert<br />
- Örtli<strong>ch</strong>e Zuständigkeit<br />
- Sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Zuständigkeit<br />
- Begründung von Verfahrensanträgen<br />
- Evtl. Kurzzusammenfassung sowie Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />
5. Sa<strong>ch</strong>verhaltsdarstellungen<br />
Bedeutung der Verhandlungsmaxime:<br />
Es ist Sa<strong>ch</strong>e der Parteien, dem Geri<strong>ch</strong>t den Sa<strong>ch</strong>verhalt vorzutragen. Jede Partei ist selber<br />
dafür verantwortli<strong>ch</strong>, die für ihren Standpunkt günstigen Tatsa<strong>ch</strong>en vorzutragen à Beweise<br />
sind Sa<strong>ch</strong>e der Parteien<br />
Vorbringen relevanter Tatsa<strong>ch</strong>en:<br />
Es müssen die Tatsa<strong>ch</strong>en vorgetragen werden, wel<strong>ch</strong>e den Tatbestandsmerkmalen der Norm<br />
zugrunde liegen, aus denen der Kläger die im Re<strong>ch</strong>tsbegehren beantragte Re<strong>ch</strong>tsfolge ableitet.<br />
Die ganze Sa<strong>ch</strong>darstellung hat si<strong>ch</strong> an den Tatbestandsmerkmalen zu orientieren.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Substantiierungslast:<br />
Die relevanten Tatsa<strong>ch</strong>en müssen detailliert dargelegt werden, damit der Beweis darüber<br />
abgenommen werden kann.<br />
Auf voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Einwendungen muss no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t reagiert werden:<br />
Der Kläger kann einmal alle seine günstigen Tatsa<strong>ch</strong>en darlegen. Na<strong>ch</strong>dem dann der Beklagte<br />
seine allfällig re<strong>ch</strong>tshindernden Tatsa<strong>ch</strong>en dargelegt hat, kann der Kläger si<strong>ch</strong> dazu no<strong>ch</strong>mals<br />
äussern à Stellungnahme auf die Klageantwort<br />
6. Re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>es<br />
Hier äussert si<strong>ch</strong> der Kläger zu der re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Einordnung (Subsumtion) der von ihm unter<br />
„Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es“ vorgetragenen Tatsa<strong>ch</strong>en. Re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Ausführungen sind fakultativ, denn das<br />
Geri<strong>ch</strong>t hat das Re<strong>ch</strong>t von Amtes wegen anzuwenden.<br />
7. S<strong>ch</strong>luss<br />
S<strong>ch</strong>lusswort mit Datum und Unters<strong>ch</strong>rift des Klägers bzw. des bevollmä<strong>ch</strong>tigten Anwalts<br />
Klage ist mindestens im Doppel einzurei<strong>ch</strong>en<br />
X. PRÜFUNG DER KLAGE DURCH DAS GERICHT UND ZUSTELLUNG DER KLAGE<br />
AN DIE GEGENPARTEI<br />
Na<strong>ch</strong> Eingang prüft das Geri<strong>ch</strong>t die Klage auf formelle Mängel bzw. auf Vorliegen der<br />
Prozessvoraussetzungen hin. Sind Mängel vorhanden, kann das Geri<strong>ch</strong>t die Klage zur<br />
Verbesserung zurückweisen (z.B. bei fehlender Unterzei<strong>ch</strong>nung, fehlender Vollma<strong>ch</strong>t…).<br />
Fehlt es an Prozessvoraussetzungen, so tritt das Geri<strong>ch</strong>t auf die Klage ni<strong>ch</strong>t ein (z.B. bei<br />
Vorliegen eines re<strong>ch</strong>tskräftigen Urteils in der glei<strong>ch</strong>en Sa<strong>ch</strong>e, fehlende sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Zuständigkeit…)<br />
Sind die formellen Voraussetzungen erfüllt, stellt das Geri<strong>ch</strong>t die Klage der beklagten Partei<br />
zu und setzt ihr eine Frist zur Klagebeantwortung an.<br />
XI. KLAGERÜCKZUG<br />
Einseitige, bedingungsfeindli<strong>ch</strong>e, unwiderrufli<strong>ch</strong>e Erklärung des Klägers, dass er die Klage<br />
zurückziehe. Hat si<strong>ch</strong> an das Geri<strong>ch</strong>t zu ri<strong>ch</strong>ten.<br />
Man hat dann keine Mögli<strong>ch</strong>keit mehr, andere Re<strong>ch</strong>tsmittel zu ergreifen (man kann die Klage<br />
ni<strong>ch</strong>t weiterziehen, wie wenn sie abgewiesen worden wäre). Jedo<strong>ch</strong> sind die Kosten bei<br />
Rückzug einer Klage oft viel tiefer. Wenn man also zur Einsi<strong>ch</strong>t gelangt, dass Klage keine<br />
Erfolgsaussi<strong>ch</strong>t hat, tut man gut daran, sie zurückzuziehen.<br />
Leidet die eingerei<strong>ch</strong>te Klage nur unter einem prozessualen Mangel, der einem Sa<strong>ch</strong>urteil<br />
entgegensteht, kann sie unter Vorbehalt späterer Wiedereinbringung zurückgezogen werden.<br />
Bei einem Klagerückzug werden die Kosten grundsätzli<strong>ch</strong> dem Kläger auferlegt. Wenn dieser<br />
jedo<strong>ch</strong> damit ni<strong>ch</strong>t einverstanden ist, weil er meint, gute Gründe für den Rückzug zu haben,<br />
kann er verlangen, dass das Geri<strong>ch</strong>t separat über die Kostenverteilung befindet.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
§ 7 Die Klageantwort<br />
I. ALLGEMEINES<br />
Na<strong>ch</strong> Eingang der Klage wird diese, sofern sie ni<strong>ch</strong>t vom Verfahrensleiter wegen formeller<br />
Mängel zurückgewiesen wird, der Gegenpartei zugestellt und eine Frist für die Einrei<strong>ch</strong>ung<br />
der Klageantwort gesetzt. Die Klageantwort ist dann innert der angegebenen Frist, wel<strong>ch</strong>e per<br />
Gesu<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> verlängert werden kann, einzurei<strong>ch</strong>en.<br />
II. AUFBAU UND INHALT DER KLAGEANTWORT<br />
Die Klageantwort ist grundsätzli<strong>ch</strong> analog der Klage aufzubauen.<br />
1. Re<strong>ch</strong>tsbegehren<br />
Es bezieht si<strong>ch</strong> auf dasjenige der Klage. In der Regel kann nur Ni<strong>ch</strong>teintreten oder die ganze<br />
oder teilweise Ablehnung der Klage unter o/e Kostenfolge begehrt werden (Ausnahmen:<br />
Widerklage, actio duplex)<br />
2. Behaupten der erhebli<strong>ch</strong>en Tatsa<strong>ch</strong>en, für wel<strong>ch</strong>e die beklagte Partei die Beweislast trägt<br />
Der Beklagte muss wie der Kläger die Tatsa<strong>ch</strong>en behaupten, für die er die Beweislast trägt,<br />
und die entspre<strong>ch</strong>enden Beweise mitliefern bzw. beantragen. Zusätzli<strong>ch</strong> kann er bereits auf<br />
die Argumentation des Klägers reagieren. Die Bestreitungen haben substantiiert zu erfolgen<br />
und ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> generell gegen alle Behauptungen des Klägers zu erfolgen.<br />
III. EVENTUALMAXIME<br />
Je na<strong>ch</strong> kantonaler Regelung müssen in der Klageantwort bereits alle Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen<br />
des Beklagten enthalten sein, denn na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> kann ni<strong>ch</strong>ts mehr behauptet werden. Eine<br />
Ausnahme besteht, wenn ein Ni<strong>ch</strong>teintreten gefordert wird. Dann kann si<strong>ch</strong> der Beklagte auf<br />
die formellen Fragen bes<strong>ch</strong>ränken.<br />
IV. WIDERKLAGE<br />
Der Beklagte kann einen Gegenangriff starten und seinerseits gegen den Kläger klagen. Die<br />
Widerklage ist selbständig (wird also die Klage zurückgezogen, bleibt die Widerklage<br />
stehen). Liegt ein sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Zusammenhang vor, ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> die Zuständigkeit des Geri<strong>ch</strong>ts<br />
für die Widerklage na<strong>ch</strong> der Zuständigkeit für die Hauptklage.<br />
Ausges<strong>ch</strong>lossen ist eine Wider-widerklage<br />
§ 8 Der weitere Gang des Verfahrens<br />
I. ALLFÄLLIGER ZWEITER SCHRIFTENWECHSEL<br />
1. Replik und Duplik<br />
Replik ist die Reaktion des Klägers auf die Klageantwort. Die Duplik ist die zweite<br />
Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>rift des Beklagten, also die Antwort auf die Replik.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
2. Noven und Klageänderung<br />
Über die Zulässigkeit von Noven oder Klageänderungen im Rahmen der 2. Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>rift<br />
ents<strong>ch</strong>eidet das kantonale Re<strong>ch</strong>t (no<strong>ch</strong>). Das Ziel der Ermittlung der materiellen Wahrheit ist<br />
gegen das Interesse an der Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit abzuwägen.<br />
Neue Tatsa<strong>ch</strong>en und Beweise können na<strong>ch</strong> dem Entwurf der ZPO in der Hauptverhandlung<br />
nur berücksi<strong>ch</strong>tigt werden, wenn sie ohne Verzug vorgebra<strong>ch</strong>t werden und trotz zumutbarer<br />
Sorgfalt ni<strong>ch</strong>t vorher eingebra<strong>ch</strong>t werden konnten. Eine Klageänderung ist nur zulässig, wenn<br />
der geänderte oder neue Anspru<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> der glei<strong>ch</strong>en Verfahrensart zu beurteilen ist und mit<br />
dem bisherigen in einem sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zusammenhang steht oder die Gegenpartei zustimmt. Als<br />
zusätzli<strong>ch</strong>e Voraussetzung muss die Klageänderung zudem auf neuen Tatsa<strong>ch</strong>en und<br />
Beweismitteln beruhen.<br />
III. ALLFÄLLIGE VORBEREITUNGSVERHANDLUNG<br />
Damit die Hauptverhandlung effizient und kostengünstig erfolgen kann, gibt es die<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit, Vorbereitungsverhandlungen zu führen à Klärung des Prozessstoffes dur<strong>ch</strong><br />
Befragung der Parteien<br />
In der Vorbereitung können s<strong>ch</strong>on Beweise abgenommen werden.<br />
IV. DAS BEWEISVERFAHREN UND DIE BEWEISMITTEL<br />
1. Re<strong>ch</strong>t auf Beweis<br />
Aus dem Grundsatz des re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Gehörs und aus Art. 8 ZGB à Re<strong>ch</strong>t auf Beweis<br />
à Re<strong>ch</strong>t jeder Partei, dass das Geri<strong>ch</strong>t form- und fristgere<strong>ch</strong>t angebotene taugli<strong>ch</strong>e<br />
Beweismittel für re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>en abnimmt und entspre<strong>ch</strong>end würdigt.<br />
(Ausnahme: Antizipierte Beweiswürdigung)<br />
2. Zeitpunkt<br />
Die Beweisabnahme findet grds. in der Hauptverhandlung statt.<br />
3. Beweisverfügung<br />
Dur<strong>ch</strong> sie wird festgelegt, wel<strong>ch</strong>e Beweismittel im Beweisverfahren abgenommen werden.<br />
4. Kostenvors<strong>ch</strong>usspfli<strong>ch</strong>t<br />
Bezahlt eine Partei die für die Abnahme eines bestimmten Beweismittels (namentli<strong>ch</strong><br />
Guta<strong>ch</strong>ten) angeordneten Kostenvors<strong>ch</strong>üsse ni<strong>ch</strong>t, kann das Geri<strong>ch</strong>t auf das Beweisverfahren<br />
verzi<strong>ch</strong>ten. Gilt die strenge Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime, na<strong>ch</strong> der das Geri<strong>ch</strong>t den Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />
ni<strong>ch</strong>t zu untersu<strong>ch</strong>en, sondern zu erfors<strong>ch</strong>en hat, muss Beweis erhoben werden.<br />
5. Beweiserbringung<br />
Dur<strong>ch</strong> den Beweis wird bestimmt, ob eine re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e, streitige Tatsa<strong>ch</strong>e wahr oder<br />
fals<strong>ch</strong> ist. Die Beweisführung obliegt entweder den Parteien (Verhandlungsmaxime) oder dem<br />
Geri<strong>ch</strong>t (Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime). Der Beweiserfolg tritt ein, wenn das Geri<strong>ch</strong>t von der<br />
Wahrheit einer behaupteten Tatsa<strong>ch</strong>e überzeugt ist.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Der Beweis kann unmittelbare erbra<strong>ch</strong>t werden (d.h. eine re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>e wird<br />
dur<strong>ch</strong> ein Beweismittel als wahr oder unwahr ausgewiesen) oder er kann mittelbar sein.<br />
Diesfalls wird nur eine Hilfstatsa<strong>ch</strong>e bewiesen, die den Rücks<strong>ch</strong>luss auf die re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e erlaubt (Indizienbeweis).<br />
Die Partei, die die Beweislast trägt, erbringt den Hauptbeweis. Will die Gegenpartei die<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> Beweise bestreiten, so erbringt sie den sog. Gegenbeweis. Demgegenüber<br />
wird mit dem Beweis des Gegenteils als Hauptbeweis eine gesetzli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>envermutung<br />
oder Re<strong>ch</strong>tsvermutung umgestossen.<br />
6. Beweisgegenstand<br />
In einem Prozess sind nur strittige Tatsa<strong>ch</strong>en zu beweisen. Ob eine Sa<strong>ch</strong>e streitig ist,<br />
ents<strong>ch</strong>eidet das Geri<strong>ch</strong>t. Es kann au<strong>ch</strong> eine an si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t streitige Sa<strong>ch</strong>e dem Beweis<br />
unterstellen, wenn es an deren Ri<strong>ch</strong>tigkeit erhebli<strong>ch</strong>e Zweifel hat.<br />
à Aus prozessualer Vorsi<strong>ch</strong>t ist es geboten, Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen der Gegenpartei explizit<br />
zu bestreiten, denn Zugeständnisse können au<strong>ch</strong> konkludent erfolgen à Pfli<strong>ch</strong>t, substantiiert<br />
zu bestreiten<br />
Tatsa<strong>ch</strong>en, die von der anderen Partei eingestanden werden, müssen ni<strong>ch</strong>t bewiesen werden<br />
(evtl. genügt das Ni<strong>ch</strong>tbestreiten).<br />
7. Beweislast und Beweisverteilung sowie Vermutungen<br />
Die Beweislast bestimmt, wer das Risiko der Beweislosigkeit trägt. Das Vorhandensein oder<br />
Ni<strong>ch</strong>tvorhandensein einer streitigen, re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>en Tatsa<strong>ch</strong>e belastet die klägeris<strong>ch</strong>e oder<br />
beklagte Partei je na<strong>ch</strong> Beweislastverteilung.<br />
Bei Fehlen einer Beweislastverteilungsnorm wird unters<strong>ch</strong>ieden zwis<strong>ch</strong>en sog.<br />
- re<strong>ch</strong>tserzeugenden: lassen ein Re<strong>ch</strong>t entstehen. Sind von der Partei zu erbringen, die<br />
daraus ein Re<strong>ch</strong>t ableitet<br />
- re<strong>ch</strong>tsverni<strong>ch</strong>tenden: Lassen ein Re<strong>ch</strong>tsverhältnis untergehen<br />
- und re<strong>ch</strong>tshindernden Tatsa<strong>ch</strong>en: Verhindern die Entstehung des Re<strong>ch</strong>ts<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t weist die Beweislast erst einer Partei zu, wenn eine Tatsa<strong>ch</strong>e unbewiesen<br />
geblieben ist. Für den Anwalt ist es jedo<strong>ch</strong> wi<strong>ch</strong>tig, s<strong>ch</strong>on im Vornherein zu wissen, ob er<br />
Beweise erbringen muss, denn diese können aufgrund der Eventualmaxime ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong><br />
no<strong>ch</strong> eingebra<strong>ch</strong>t werden.<br />
Eine gesetzli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>envermutung entbindet für den Beweis einer bestimmten Tatsa<strong>ch</strong>e,<br />
weil sie vom Gesetzgeber im Sinne einer Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keitsprognose als vorhanden<br />
vermutet wird, solange ni<strong>ch</strong>t das Gegenteil bewiesen wird (Beweis des Gegenteils)<br />
à Beweislastumkehr.<br />
Bei der gesetzli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tsvermutung geht die Beweisre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Privilegierung der einen<br />
Partei no<strong>ch</strong> einen s<strong>ch</strong>ritt weiter, indem bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (sog.<br />
Vermutungsbasis) ni<strong>ch</strong>t – wie bei der gesetzli<strong>ch</strong>en Tatsa<strong>ch</strong>envermutung – auf eine blosse<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e, sondern auf ein Re<strong>ch</strong>t oder Re<strong>ch</strong>tsverhältnis ges<strong>ch</strong>lossen wird. Au<strong>ch</strong> hier ist die<br />
Vermutungsfolge dur<strong>ch</strong> den Beweis des Gegenteils zu entkräften, womit die Beweislast für<br />
diesen Hauptbeweis bei derjenigen Partei liegt, gegen wel<strong>ch</strong>e die Vermutung wirkt.<br />
Bei gewissen gesetzli<strong>ch</strong>en Vermutungen bzw. gesetzli<strong>ch</strong>en Fiktionen ist der Beweis des<br />
Gegenteils ausges<strong>ch</strong>lossen.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Erlei<strong>ch</strong>terte Beweisführung wird in bestimmten Konstellationen dur<strong>ch</strong> eine Reduktion der<br />
notwendigen geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Überzeugung (sog. Beweismass) ermögli<strong>ch</strong>t.<br />
8. Eins<strong>ch</strong>ränkungen der Beweismögli<strong>ch</strong>keiten<br />
Strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ützte Berufsgeheimnisse können den Beweis einer Tatsa<strong>ch</strong>e ers<strong>ch</strong>weren<br />
oder verunmögli<strong>ch</strong>en. Es bestehen au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> andere Eins<strong>ch</strong>ränkungen…<br />
9. Beweismittel<br />
Es gilt ein numerus clausus der Beweismittel (Zeugnis, Urkunde, Augens<strong>ch</strong>ein, Guta<strong>ch</strong>ten,<br />
s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e Auskunft, Parteibefragung und Beweisaussage). In Kinderbelangen gilt der<br />
Freibeweis.<br />
Zeugnis:<br />
Zeugen sind Personen, die eine Tatsa<strong>ch</strong>e mit eigenen Sinnen unmittelbar wahrgenommen<br />
haben à Urteilsfähigkeit vorausgesetzt<br />
Die Einvernahme des Zeugen ges<strong>ch</strong>ieht dur<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t. Dieses hat den Zeugen zur<br />
Wahrheit zu ermahnen unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Fals<strong>ch</strong>aussage. Die Parteien<br />
sind gegebenenfalls zur ergänzenden Befragung des Zeugen zuzulassen. Verweigert ein<br />
Zeuge trotz Zeugnispfli<strong>ch</strong>t die Aussage, so können Zwangsmassnahmen ergriffen werden<br />
(Bestrafung na<strong>ch</strong> Art. 292 StGB).<br />
Personen, wel<strong>ch</strong>e wegen körperli<strong>ch</strong>er oder geistiger Behinderungen die zu beweisende<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t wahrnehmen können, sind absolut zeugnisunfähig.<br />
Relativ zeugnisunfähig sind Personen, wel<strong>ch</strong>e zu einer Partei eine starke Bindung haben.<br />
Gewisse Personen können vom Geri<strong>ch</strong>t auf Einwand einer Partei hin wegen Befangenheit von<br />
der Verhandlung ausges<strong>ch</strong>lossen werden.<br />
Zeugnis abzulegen ist eine Pfli<strong>ch</strong>t dem Staat gegenüber. Unter gewissen Voraussetzungen<br />
besteht jedo<strong>ch</strong> ein Zeugnisverweigerungsre<strong>ch</strong>t bzw. eine Zeugnisverweigerungspfli<strong>ch</strong>t. Ein<br />
Zeugnisverweigerungsre<strong>ch</strong>t hat jeder, der zu eigenem S<strong>ch</strong>aden oder eigener S<strong>ch</strong>ande aussagen<br />
müsste. Personen mit bestimmten Berufen (Ärzte, Anwälte…) haben sogar eine strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
sanktionierte S<strong>ch</strong>weigepfli<strong>ch</strong>t. Unter gewissen Voraussetzungen kann aber eine Aussage<br />
bewilligt werden.<br />
Auskunftsperson:<br />
Eine relativ zeugnisunfähige Person kann vor Geri<strong>ch</strong>t als Auskunftsperson befragt werden.<br />
Eine Auskunft hat eine s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ere Beweiskraft als eine Zeugenaussage.<br />
Urkunde:<br />
Gegenstand, der geeignet ist, eine re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>e zu beweisen. Um als<br />
Beweismittel dienen zu können, muss die Urkunde e<strong>ch</strong>t sein.<br />
Öffentli<strong>ch</strong>e Urkunden begründen die Vermutung der Ri<strong>ch</strong>tigkeit und haben damit eine<br />
erhöhte Beweiskraft. Das bedeutet, dass das Geri<strong>ch</strong>t bezügli<strong>ch</strong> dieser Tatsa<strong>ch</strong>en in der freien<br />
Beweiswürdigung einges<strong>ch</strong>ränkt wird und diese Tatsa<strong>ch</strong>en als bewiesen anzunehmen hat<br />
(aog. Gesetzli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>envermutung). Der Gegenpartei steht der Beweis der Unri<strong>ch</strong>tigkeit<br />
der Urkunde offen (sog. Beweis des Gegenteils).
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Eine Privaturkunde ist jedes von einer Privatperson ausgestellte S<strong>ch</strong>riftstück, das<br />
re<strong>ch</strong>tserhebli<strong>ch</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>en zum Inhalt hat. Sie hat gegenüber der ausstellenden Person<br />
Beweiskraft, jedo<strong>ch</strong> untersteht ihr Inhalt der freien Beweiswürdigung.<br />
Befindet si<strong>ch</strong> die Urkunde ni<strong>ch</strong>t im Besitz der beweispfli<strong>ch</strong>tigen Partei, so besteht i.d.R. auf<br />
entspre<strong>ch</strong>ende Parteianträge eine Herausgabepfli<strong>ch</strong>t der Gegenpartei oder eines Dritten. Die<br />
Verweigerung der Herausgabe dur<strong>ch</strong> eine Partei hat weitgehend die glei<strong>ch</strong>e Wirkung wie eine<br />
Verni<strong>ch</strong>tung oder Entäusserung der Urkunde: Es wird die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Vermutung begründet,<br />
dass die Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen der Gegenpartei wahr sind. Der Dritte wird bei<br />
Verweigerung der Herausgabe evtl. s<strong>ch</strong>adenersatzpfli<strong>ch</strong>tig.<br />
Augens<strong>ch</strong>ein:<br />
Hier nimmt das Geri<strong>ch</strong>t eine Tatsa<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> eigene Sinneswahrnehmung wahr (Gegenstände<br />
und Örtli<strong>ch</strong>keiten).<br />
Guta<strong>ch</strong>ten:<br />
Dur<strong>ch</strong> ein Guta<strong>ch</strong>ten (Expertise) einer sa<strong>ch</strong>verständigen Person werden dem Geri<strong>ch</strong>t<br />
besondere fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Kenntnisse vers<strong>ch</strong>afft. Den Guta<strong>ch</strong>ter trifft eine Sorgfaltspfli<strong>ch</strong>t<br />
à Strafnorm<br />
Von den Parteien in Auftrag gegebene Guta<strong>ch</strong>ten besitzen keine Beweiskraft, sondern werden<br />
glei<strong>ch</strong> behandelt wie Parteibehauptungen.<br />
Guta<strong>ch</strong>ten unterliegen der freien Beweiswürdigung dur<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t. Jedo<strong>ch</strong> muss ein<br />
Abwei<strong>ch</strong>en von der Meinung des Sa<strong>ch</strong>verständigen oder das Abstützen auf eine von mehreren<br />
si<strong>ch</strong> widerspre<strong>ch</strong>enden Expertisen begründet werden.<br />
S<strong>ch</strong>iedsguta<strong>ch</strong>ten: stellt eine aufgrund entspre<strong>ch</strong>ender Parteivereinbarung bestimmte Tatsa<strong>ch</strong>e<br />
fest à Geri<strong>ch</strong>t ist daran gebunden.<br />
Förmli<strong>ch</strong>e Parteiaussage:<br />
Befragung einer Partei dur<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t (teilweise unter Eid). Zeugenaussage in eigener<br />
Sa<strong>ch</strong>e.<br />
Freibeweis in Kinderbelangen:<br />
Der numerus clausus der Beweismittel gilt ni<strong>ch</strong>t für Verfahren betreffend Kinderbelange. In<br />
diesen Fällen muss von Bundesre<strong>ch</strong>ts wegen jedes beweistaugli<strong>ch</strong>e Erkenntnismittel zum<br />
Beweis zugelassen werden, unabhängig von seiner Qualifikation als Beweismittel.<br />
Re<strong>ch</strong>tswidrig erlangte Beweismittel:<br />
Formell re<strong>ch</strong>tswidrig erlangte Beweismittel: sind dur<strong>ch</strong> das Prozessre<strong>ch</strong>t ausges<strong>ch</strong>lossen und<br />
können ni<strong>ch</strong>t verwendet werden.<br />
Materielle re<strong>ch</strong>tswidrig erlangte Beweismittel: unter Verletzung des materiellen Re<strong>ch</strong>ts<br />
erlangt. Sind grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zulässig, weil die Verletzung des objektiven Re<strong>ch</strong>ts für die<br />
Beweisführung ni<strong>ch</strong>t unterstützt werden soll. Eine Berücksi<strong>ch</strong>tigung kommt nur in Frage,<br />
wenn das Interesse der Wahrheitsfindung überwiegt.<br />
Vorsorgli<strong>ch</strong>e Beweisführung:<br />
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Erbringung von Beweisen s<strong>ch</strong>on vor der<br />
Re<strong>ch</strong>tshängigkeit des Verfahrens erfolgen à wenn die Sa<strong>ch</strong>e dringli<strong>ch</strong> ist oder Gefahr im<br />
Verzug ist, d.h. wenn Beweise sonst beseitigt werden könnten.<br />
Beweismass:<br />
- Regelbeweismass: legt fest, mit wel<strong>ch</strong>em Grad an Si<strong>ch</strong>erheit und Intensität das<br />
Geri<strong>ch</strong>t vom Vorhandensein oder Ni<strong>ch</strong>tvorhandensein einer behaupteten Tatsa<strong>ch</strong>e
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
überzeugt sein muss. Die Intensität kann vom blossen Glaubhaftma<strong>ch</strong>en bis zur<br />
absoluten Si<strong>ch</strong>erheit gehen. Im Normalfall muss das Geri<strong>ch</strong>t von einer Tatsa<strong>ch</strong>e<br />
vollständig überzeugt sein und es dürfen keine vernünftigen Zweifel mehr vorhanden<br />
sein (Regelbeweismass). Der Beweiserfolg hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> einer behaupteten Tatsa<strong>ch</strong>e ist<br />
eingetreten, wenn das Geri<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> die angeführten Beweismittel überzeugt ist. Ist<br />
das Beweismass ni<strong>ch</strong>t errei<strong>ch</strong>t, kommen die Regeln über die Beweislast zum Zug.<br />
- Ers<strong>ch</strong>werter Beweis: Abwei<strong>ch</strong>ung vom Regelbeweismass na<strong>ch</strong> oben à es genügt nur<br />
absolute Si<strong>ch</strong>erheit<br />
- Beweiserlei<strong>ch</strong>terung: setzt eine Beweisnot voraus. Das Beweismass wird dann<br />
herabgesetzt, so dass eine überwiegende Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit genügt. Eine Beweisnot<br />
liegt vor, wenn die Mögli<strong>ch</strong>keit, dass es si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> anders verhalten könnte, für die<br />
betreffende Tatsa<strong>ch</strong>e weder eine massgebende Rolle spielt, no<strong>ch</strong> vernünftigerweise in<br />
Betra<strong>ch</strong>t fällt. Glaubhaft gema<strong>ch</strong>t ist eine Tatsa<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>on dann, wenn für deren<br />
Vorhandensein gewisse Elemente spre<strong>ch</strong>en, selbst wenn das Geri<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> mit der<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit re<strong>ch</strong>net, dass sie si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verwirkli<strong>ch</strong>t haben könnte. Gewisse Tatsa<strong>ch</strong>en<br />
begründen eine tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Vermutung für das Vorliegen anderer Tatsa<strong>ch</strong>en. Der<br />
Beweis der betreffenden Tatsa<strong>ch</strong>en wird dadur<strong>ch</strong> erlei<strong>ch</strong>tert oder ist gar ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
nötig.<br />
Beweiswürdigung:<br />
Dur<strong>ch</strong> die Würdigung der erbra<strong>ch</strong>ten Beweise ents<strong>ch</strong>eidet das Geri<strong>ch</strong>t, ob es eine Tatsa<strong>ch</strong>e als<br />
wahr oder unwahr qualifiziert. Es hat unter Ausübung seines pfli<strong>ch</strong>tgemässen Ermessens eine<br />
Wertung vorzunehmen und zu einer Überzeugung zu gelangen. Das Verhalten der Parteien<br />
kann bewertet werden.<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t muss seine Beweiswürdigung jedo<strong>ch</strong> mindestens summaris<strong>ch</strong> begründen.<br />
V. HAUPTVERHANDLUNG<br />
Vor oder na<strong>ch</strong> Abnahme der Beweise erfolgen die Parteivorträge mündli<strong>ch</strong> (Plädoyers) oder<br />
s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>. Die Parteien haben ihre Behauptungen aufzustellen und ihre Begehren zu<br />
begründen. Sie erhalten die Mögli<strong>ch</strong>keit, si<strong>ch</strong> zum Beweisergebnis und zu Re<strong>ch</strong>tsfragen zu<br />
äussern.<br />
Der Ablauf und die Ges<strong>ch</strong>ehnisse der Hauptverhandlung werden in einem Protokoll<br />
festgehalten. Eine na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>e Beri<strong>ch</strong>tigung des Protokolls ist auf Gesu<strong>ch</strong> hin mögli<strong>ch</strong>.<br />
Sind si<strong>ch</strong> die Parteien diesbezügli<strong>ch</strong> einig, können sie allenfalls auf die Dur<strong>ch</strong>führung der<br />
Hauptverhandlung verzi<strong>ch</strong>ten.<br />
VI. URTEILSBERATUNG UND ERÖFFNUNG DES URTEILS<br />
1. Beratung<br />
Na<strong>ch</strong> den Parteivorträgen findet die Beratung dur<strong>ch</strong> das Geri<strong>ch</strong>t statt. Sie erfolgt öffentli<strong>ch</strong><br />
oder hinter vers<strong>ch</strong>lossenen Türen.<br />
2. Form des Ents<strong>ch</strong>eids<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t beendet das Verfahren dur<strong>ch</strong> einen Ents<strong>ch</strong>eid, wenn er spru<strong>ch</strong>reif ist. Es urteilt in<br />
der Sa<strong>ch</strong>e selbst (Sa<strong>ch</strong>ents<strong>ch</strong>eid) oder fällt einen Ni<strong>ch</strong>teintretensents<strong>ch</strong>eid (Prozessurteil).<br />
Urteile erfolgen regelmässig dur<strong>ch</strong> Mehrheitsents<strong>ch</strong>eid.<br />
Dur<strong>ch</strong> einen Endents<strong>ch</strong>eid wird über den Streitgegenstand geurteilt und der Prozess beendet.<br />
Ein Zwis<strong>ch</strong>enents<strong>ch</strong>eid liegt vor, wenn über einen einzelnen Streitpunkt vorab ents<strong>ch</strong>ieden
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
wird, wenn z.B. die Zuständigkeit des Geri<strong>ch</strong>ts bejaht oder verneint wird, ohne dass das<br />
Verfahren damit beendet wird.<br />
3. Eröffnung<br />
Das Geri<strong>ch</strong>t kann seinen Ents<strong>ch</strong>eid ohne s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e Begründung an der Hauptverhandlung<br />
dur<strong>ch</strong> Übergabe des s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>en Dispositivs an die Parteien mit kurzer mündli<strong>ch</strong>er<br />
Begründung oder dur<strong>ch</strong> Zustellung des Dispositivs an die Parteien eröffnen. Eine s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e<br />
Begründung ist na<strong>ch</strong>zuliefern, wenn eine Partei dies innert 10 Tagen seit Eröffnung des<br />
Urteils verlangt. Wird keine Begründung verlangt, so gilt dies als Verzi<strong>ch</strong>t auf die Anfe<strong>ch</strong>tung<br />
des Ents<strong>ch</strong>eids und damit als Verzi<strong>ch</strong>t auf das entspre<strong>ch</strong>ende Re<strong>ch</strong>tsmittel.<br />
VII. RECHTSKRAFT<br />
1. Formelle Re<strong>ch</strong>tskraft<br />
Tritt ein, wenn das Urteil ni<strong>ch</strong>t mehr dur<strong>ch</strong> ein ordentli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>tsmittel angefo<strong>ch</strong>ten werden<br />
kann. In der Regel tritt sie mit Ablauf der Re<strong>ch</strong>tsmittelfrist ein. Bereits vorher darf aber das<br />
Geri<strong>ch</strong>t sein gefälltes Urteil ni<strong>ch</strong>t mehr ändern. Mit ihrem Eintritt wird die Re<strong>ch</strong>tshängigkeit<br />
beendet.<br />
2. Materielle Re<strong>ch</strong>tskraft<br />
Verbindli<strong>ch</strong>keit des Urteils in einem späteren Prozess. Kann nur eintreten, wenn die formelle<br />
Re<strong>ch</strong>tskraft eingetreten ist. Auf dur<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tskräftigen Ents<strong>ch</strong>eid abgeurteilte Sa<strong>ch</strong>en darf in<br />
einem späteren Prozess ni<strong>ch</strong>t eingegangen werden à „ne bis in idem“ (ni<strong>ch</strong>t zweimal in der<br />
glei<strong>ch</strong>en Sa<strong>ch</strong>e)<br />
Das Fehlen der materiellen Re<strong>ch</strong>tskraft ist eine Prozessvoraussetzung (nur wenn<br />
Streitgegenstand identis<strong>ch</strong>)<br />
VIII. BEENDIGUNG DES VERFAHRENS OHNE URTEILE<br />
1. Verglei<strong>ch</strong><br />
Zweiseitiger Vertrag der Parteien, mit wel<strong>ch</strong>em sie si<strong>ch</strong> zur Beseitigung eines Streits oder<br />
eine Ungewissheit dur<strong>ch</strong> gegenseitiges Na<strong>ch</strong>geben einigen. Ausserhalb des Verfahrens<br />
ges<strong>ch</strong>lossene Verglei<strong>ch</strong>e (aussergeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verglei<strong>ch</strong>e) binden die Parteien wie ein<br />
privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Vertrag à daraus fliessende Re<strong>ch</strong>te können eingeklagt und vor Geri<strong>ch</strong>t<br />
verwendet werden<br />
Wird ein Verglei<strong>ch</strong> während des Geri<strong>ch</strong>tsverfahrens ges<strong>ch</strong>lossen (geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Verglei<strong>ch</strong>), hat<br />
dieser eine Eigens<strong>ch</strong>aft als privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Vertrag und hat au<strong>ch</strong> eine Prozessre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e<br />
Komponente (wird dem Geri<strong>ch</strong>t zu Protokoll gegeben und von beiden Parteien<br />
unters<strong>ch</strong>rieben).<br />
Ein Verglei<strong>ch</strong> ist ein Urteilssurrogat, also in Bezug auf Vollstreckung und<br />
Re<strong>ch</strong>tskraftwirkungen einem formellen Urteil glei<strong>ch</strong>gestellt. Er kann nur wegen<br />
Willensmängeln angefo<strong>ch</strong>ten werden.<br />
2. Klageanerkennung und -rückzug<br />
Klageanerkennung: Der Beklagte gibt auf und anerkennt die klägeris<strong>ch</strong>en Begehren ganz oder<br />
teilweise
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Klagerückzug und –anerkennung sind ebenfalls Urteilssurrogate. Dem Geri<strong>ch</strong>t werden dur<strong>ch</strong><br />
Klagerückzug oder –anerkennung Aufwendungen erspart, was dazu führt, dass die<br />
Ents<strong>ch</strong>eidkosten in der Regel tiefer sind als sie bei einer Klageabweisung ausfallen.<br />
S<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter gestellt ist derjenige, der die Klage anerkennt, jedo<strong>ch</strong> bei allfälliger Ergreifung von<br />
Re<strong>ch</strong>tsmitteln. Eine Urteilsanfe<strong>ch</strong>tung ist nur – wie beim Verglei<strong>ch</strong> – mittels Revision wegen<br />
Willensmängeln mögli<strong>ch</strong>. Eine Anerkennung sollte daher nur erfolgen, wenn das Unterliegen<br />
si<strong>ch</strong>er akzeptiert wird.<br />
§ 9 Besondere Verfahrensarten<br />
I. EINFACHES UND RASCHES VERFAHREN GEMÄSS BUNDESRECHT<br />
Für vers<strong>ch</strong>iedene Streitigkeiten s<strong>ch</strong>reibt das Bundesre<strong>ch</strong>t ein vereinfa<strong>ch</strong>tes Verfahren vor. Das<br />
einfa<strong>ch</strong>e und ras<strong>ch</strong>e Verfahren dient dem S<strong>ch</strong>utz der s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>eren Partei und ist Bestandteil<br />
des sog. „sozialen Zivilprozesses“. Die s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ere Partei soll ni<strong>ch</strong>t von einem langen, teuren<br />
Verfahren abges<strong>ch</strong>reckt werden, sondern es soll ihr ein s<strong>ch</strong>nelles Verfahren ermögli<strong>ch</strong>t<br />
werden, wel<strong>ch</strong>es vielfa<strong>ch</strong> sogar kostenlos ist.<br />
Betroffene Sa<strong>ch</strong>gebiete: Streitigkeiten betreffend Unterhaltspfli<strong>ch</strong>t der Eltern für das Kind,<br />
aus Miete, landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Pa<strong>ch</strong>tverhältnissen usw…<br />
Bei einem sol<strong>ch</strong>en Verfahren sind die freie Beweiswürdigung und die Sa<strong>ch</strong>verhaltsermittlung<br />
von Amtes wegen grundsätzli<strong>ch</strong> vorges<strong>ch</strong>rieben.<br />
Das S<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>tungsverfahren ist au<strong>ch</strong> für das vereinfa<strong>ch</strong>te Verfahren zu dur<strong>ch</strong>laufen. Die Klage<br />
kann aber mündli<strong>ch</strong> eingerei<strong>ch</strong>t werden und muss ni<strong>ch</strong>t zwingend begründet werden.<br />
II. BESCHLEUNIGTES VERFAHREN<br />
Das S<strong>ch</strong>KG s<strong>ch</strong>reibt für zahlrei<strong>ch</strong>e Streitigkeiten ausdrückli<strong>ch</strong> ein bes<strong>ch</strong>leunigtes Verfahren<br />
vor. Dabei müssen relativ kurze Fristen eingehalten werden und das Verfahren sollte in 6<br />
Monaten seit Klageanhebung abges<strong>ch</strong>lossen werden können (was in der Praxis allerdings<br />
kaum gelingt…).<br />
III. FAMILIENRECHTLICHE PROZESSE<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> ist das familienre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verfahren ein ordentli<strong>ch</strong>es Verfahren. Teilweise<br />
gelten jedo<strong>ch</strong> in diesem Berei<strong>ch</strong> Mindestvors<strong>ch</strong>riften. Z.B. gelten hier vermehrt die Offizialund<br />
Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime.<br />
Das ZGB sieht vor, dass für sämtli<strong>ch</strong>e Kinderbelange in familienre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Angelegenheiten<br />
die Untersu<strong>ch</strong>ungs- und die Offizialmaxime gelten. Die Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime gilt in dem<br />
Sinn uneinges<strong>ch</strong>ränkt, als das Geri<strong>ch</strong>t den Sa<strong>ch</strong>verhalt von Amtes wegen zu erfors<strong>ch</strong>en hat<br />
und au<strong>ch</strong> ohne Parteiantrag von si<strong>ch</strong> aus Abklärungen vornehmen muss, um den wirkli<strong>ch</strong>en<br />
Sa<strong>ch</strong>verhalt festzustellen. Es sind sowohl die Verhältnisse des Kindes als au<strong>ch</strong> der Eltern von<br />
Amtes wegen zu erfors<strong>ch</strong>en. Zudem gilt der Freibeweis (und ni<strong>ch</strong>t wie sonst übli<strong>ch</strong> der<br />
numerus clausus der Beweismittel). Die Offizialmaxime sagt aus, dass das Geri<strong>ch</strong>t selbst an<br />
übereinstimmende Parteianträge ni<strong>ch</strong>t gebunden ist.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
IV. DAS SUMMARISCHE VERFAHREN<br />
Es ist ein Verfahren mit Beweisbes<strong>ch</strong>ränkung zur Prozessbes<strong>ch</strong>leunigung. Diese<br />
Beweisbes<strong>ch</strong>ränkung kann auf 2 Arten ges<strong>ch</strong>ehen: dur<strong>ch</strong> Beweismittelbes<strong>ch</strong>ränkung und/oder<br />
dur<strong>ch</strong> Reduktion des Beweismasses.<br />
In der neuen ZPO gilt der Grundsatz, dass das summaris<strong>ch</strong>e Verfahren für den Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz<br />
in klaren Fällen, für geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Verbote, für vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen, für die freiwillige<br />
Geri<strong>ch</strong>tsbarkeit sowie in den im Gesetz bestimmten Fällen zum Zuge kommt. Daneben kann<br />
au<strong>ch</strong> das kantonale Re<strong>ch</strong>t summaris<strong>ch</strong>e Verfahren vors<strong>ch</strong>reiben.<br />
Ausgestaltung:<br />
- Der Kläger hat seinen Anspru<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zu beweisen, sondern nur glaubhaft zu ma<strong>ch</strong>en<br />
à Reduktion des Beweismasses<br />
- Statt Klage spri<strong>ch</strong>t man im summaris<strong>ch</strong>en Verfahren oft vom Gesu<strong>ch</strong> à ist kürzer und<br />
knapper als eine Klage<br />
- Als Beweismittel sind vor allem Urkunden von Bedeutung. Wenn sie ras<strong>ch</strong> verfügbar<br />
sind, sind teilweise au<strong>ch</strong> andere Beweismittel zulässig.<br />
- Es gibt kein Sühneverfahren<br />
- Keinen doppelten S<strong>ch</strong>riftenwe<strong>ch</strong>sel<br />
- Fristen stehen in den Geri<strong>ch</strong>tsferien ni<strong>ch</strong>t still<br />
- Fristen sind verkürzt<br />
- Strengere Regelung bei Säumnis<br />
- Eine mündli<strong>ch</strong>e Verhandlung ist ni<strong>ch</strong>t zwingend, das Geri<strong>ch</strong>t kann au<strong>ch</strong> aufgrund der<br />
Akten ents<strong>ch</strong>eiden<br />
- Zuständigkeit eines einzelnen Ri<strong>ch</strong>ters<br />
1. Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen:<br />
Haben den Zweck, dem Gesu<strong>ch</strong>steller provisoris<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz zu gewähren, bevor das<br />
Geri<strong>ch</strong>t ein Endurteil spri<strong>ch</strong>t. Es gibt vers<strong>ch</strong>iedene Arten von Massnahmen:<br />
- Leistungsmassnahme: Dem Gesu<strong>ch</strong>sbeklagten wird ein bestimmtes Tun verboten oder<br />
er wird zu einer Handlung verpfli<strong>ch</strong>tet.<br />
- Regelungsmassnahmen: Für dauernde Re<strong>ch</strong>tsverhältnisse soll eine vorläufige<br />
Friedensordnung erlassen werden, die, vorbehältli<strong>ch</strong> einer allfälligen Abänderung, die<br />
Verhältnisse bis zum Endurteil regeln soll.<br />
- Si<strong>ch</strong>erungsmassnahmen: Es soll si<strong>ch</strong>ergestellt werden, dass das Endurteil au<strong>ch</strong><br />
vollstreckt werden kann und dur<strong>ch</strong> die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Entwicklung der Prozess ni<strong>ch</strong>t<br />
illusoris<strong>ch</strong> wird à konservierender Charakter<br />
Voraussetzungen:<br />
- es muss ein drohender Na<strong>ch</strong>teil glaubhaft gema<strong>ch</strong>t werden in einem Gesu<strong>ch</strong>.<br />
- Der Erlass der vorsorgli<strong>ch</strong>en Massnahme muss als notwendig era<strong>ch</strong>tet werden<br />
- Dringli<strong>ch</strong>keit<br />
- Die Glaubhaftma<strong>ch</strong>ung muss dur<strong>ch</strong> sofort verfügbare Beweismittel erfolgen<br />
- Das Prinzip der Verhältnismässigkeit muss gewahrt bleiben<br />
- Für allfälligen S<strong>ch</strong>aden des Gesu<strong>ch</strong>sgegners muss der Gesu<strong>ch</strong>steller Si<strong>ch</strong>erheit leisten<br />
Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen kommen grundsätzli<strong>ch</strong> vor oder während eines Hauptprozess in<br />
Frage. Je na<strong>ch</strong> Streitigkeit kann das Geri<strong>ch</strong>t auf Antrag (Dispositionsmaxime) oder von Amtes<br />
wegen (Offizialmaxime) die vorsorgli<strong>ch</strong>en Massnahmen abändern oder aufheben, so wenn
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
z.B. der drohende Na<strong>ch</strong>teil ni<strong>ch</strong>t mehr besteht oder der Gesu<strong>ch</strong>sgegner na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>e<br />
Si<strong>ch</strong>erheit leistet.<br />
Wird ein vor re<strong>ch</strong>tshängigem Hauptprozess gestelltes Gesu<strong>ch</strong> um Erlass einer vorsorgli<strong>ch</strong>en<br />
Massnahme gutgeheissen, so setzt das Geri<strong>ch</strong>t dem Gesu<strong>ch</strong>steller regelmässig eine Frist,<br />
innerhalb wel<strong>ch</strong>er er die Hauptklage einzurei<strong>ch</strong>en hat. Verstrei<strong>ch</strong>t die Frist unbenützt, so<br />
entfällt die vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahme ohne weiteres.<br />
Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen, die zu einem Tun oder Unterlassen verpfli<strong>ch</strong>ten und allenfalls<br />
au<strong>ch</strong> Regelungsmassnahmen, können vom Geri<strong>ch</strong>t mit der Strafandrohung na<strong>ch</strong> Art. 292<br />
StGB verbunden werden.<br />
Stellt si<strong>ch</strong> die vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahme als unbegründet heraus, kann der Beklagte<br />
S<strong>ch</strong>adenersatz wegen ungere<strong>ch</strong>tfertigter Massnahme verlangen.<br />
Superprovisoris<strong>ch</strong>e Massnahmen:<br />
Hier wird das re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Gehör aufgrund der besonderen Dringli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t vor, sondern erst<br />
na<strong>ch</strong> Erlass der Massnahme gewährt. Dana<strong>ch</strong> wird die Massnahme entweder als vorsorgli<strong>ch</strong>e<br />
Massnahme verlängert oder die superprovisoris<strong>ch</strong>e Verfügung aufgehoben.<br />
Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen können mittels Berufung angefo<strong>ch</strong>ten werden.<br />
Mit dem Erlass einer vorsorgli<strong>ch</strong>en Massnahme wird kein re<strong>ch</strong>tskräftiger Ents<strong>ch</strong>eid über den<br />
ihr zugrunde liegenden Anspru<strong>ch</strong> gefällt. Ob ein Anspru<strong>ch</strong> besteht oder ni<strong>ch</strong>t, ents<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong><br />
erst im Hauptverfahren definitiv. Aus Gründen der Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit kann eine vorsorgli<strong>ch</strong>e<br />
Massnahme ohne Veränderung der Verhältnisse ni<strong>ch</strong>t geändert werden à bes<strong>ch</strong>ränkte<br />
Re<strong>ch</strong>tskraftswirkung<br />
2. Befehlsverfahren zur s<strong>ch</strong>nellen Handhabung von klarem Re<strong>ch</strong>t:<br />
Es dient dem Kläger bei liquiden Verhältnissen als s<strong>ch</strong>nellere Alternative zum ordentli<strong>ch</strong>en<br />
Verfahren. Liquide Verhältnisse bedeutet zweierlei:<br />
- der Sa<strong>ch</strong>verhalt muss liquid sein: unbestrittener oder sofort beweisbarer Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />
- die Re<strong>ch</strong>tslage muss liquid sein: eine si<strong>ch</strong> im Rahmen bewährter Auslegung<br />
bewegende Interpretation ergibt klar den Sinn eines Re<strong>ch</strong>tssatzes<br />
Heisst das Geri<strong>ch</strong>t das Gesu<strong>ch</strong> gut, entfaltet dieser Ents<strong>ch</strong>eid die glei<strong>ch</strong>e Wirkung wie ein<br />
Ents<strong>ch</strong>eid im ordentli<strong>ch</strong>en Verfahren.<br />
Ausges<strong>ch</strong>lossen ist der Re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz in klaren Fällen nur, wenn für die Streitigkeit die<br />
Offizialmaxime gilt.<br />
Als Beweismittel kommen nur Urkunden und Augens<strong>ch</strong>ein an einem Objekt, das zur<br />
Verhandlung mitgebra<strong>ch</strong>t wird, in Betra<strong>ch</strong>t. Der Gegenpartei ist stets das re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Gehör zu<br />
gewähren. Ma<strong>ch</strong>t der Beklagte glaubhaft Einwände gegen die Bere<strong>ch</strong>tigung des Gesu<strong>ch</strong>s<br />
geltend, so führt dies zu einem Ni<strong>ch</strong>teintretensents<strong>ch</strong>eid. Weist der Gesu<strong>ch</strong>sbeklagte sofort<br />
liquid na<strong>ch</strong>, dass das Gesu<strong>ch</strong> unbegründet ist, so ist das Gesu<strong>ch</strong> abzuweisen (à Re<strong>ch</strong>tskraft!)<br />
3. Freiwillige Geri<strong>ch</strong>tsbarkeit:<br />
Dem Gesu<strong>ch</strong>steller steht keine Gegenpartei gegenüber. Es gilt die (einges<strong>ch</strong>ränkte)<br />
Untersu<strong>ch</strong>ungsmaxime, wel<strong>ch</strong>e das Fehlen einer Gegenpartei ausglei<strong>ch</strong>t.<br />
Folgende Berei<strong>ch</strong>e gehören z.B. zur freiwilligen Geri<strong>ch</strong>tsbarkeit:<br />
- Gesu<strong>ch</strong> um Vers<strong>ch</strong>ollenerklärung<br />
- Gesu<strong>ch</strong> um Re<strong>ch</strong>t zum Verkauf<br />
- Kraftloserklärung von Wertpapieren…
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
Es können na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> natürli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> Gegenparteien in das Verfahren eintreten.<br />
V. SÄUMNIS (KONTUMAZVERFAHREN) UND WIEDERHERSTELLUNG<br />
(RESTITUTION)<br />
Säumnisverfahren: regelt die Vorgehensweise des Geri<strong>ch</strong>ts, wenn eine oder beide Parteien<br />
bestimmte Prozesshandlungen ni<strong>ch</strong>t vornehmen oder ni<strong>ch</strong>t zum Verhandlungstermin<br />
ers<strong>ch</strong>einen und damit säumig sind. Grundsätzli<strong>ch</strong> gilt für Säumnis der sog.<br />
Fortsetzungsgrundsatz, d.h. das Verfahren nimmt unbesehen von der Säumnis der Partei<br />
seinen Fortgang, sofern das Gesetz ni<strong>ch</strong>t anderes bestimmt.<br />
Die Folgen ri<strong>ch</strong>ten si<strong>ch</strong> je na<strong>ch</strong> Art der verpassten Frist oder ni<strong>ch</strong>t vorgenommenen<br />
Handlung. Der Na<strong>ch</strong>teil ergibt si<strong>ch</strong> meist daraus, dass der Ents<strong>ch</strong>eid nur aufgrund von<br />
Beweisen oder Vorbringen der ers<strong>ch</strong>ienenen Partei gefällt wird (à Konzumazents<strong>ch</strong>eid). Es<br />
können aber au<strong>ch</strong> Bussen ausgespro<strong>ch</strong>en werden. Bei Säumnis beider Parteien wird das<br />
Verfahren als gegenstandslos abges<strong>ch</strong>rieben. Es zeitigt in diesem Fall keine materiellre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Wirkungen.<br />
Es kann ein Gesu<strong>ch</strong> um Wiederherstellung gestellt werden. Die versäumte Handlung muss<br />
innerhalb der (strengen) Wiederherstellungsfrist na<strong>ch</strong>geholt werden. Voraussetzung ist, dass<br />
die Partei glaubhaft ma<strong>ch</strong>en kann, dass sie kein oder nur ein lei<strong>ch</strong>tes Vers<strong>ch</strong>ulden an der<br />
Säumnis trifft.<br />
Das Säumnisverfahren ist ausges<strong>ch</strong>lossen und muss modifiziert werden in Prozessen, in denen<br />
die Offizialmaxime gilt. Denn die Untätigkeit der säumigen Partei kann den Na<strong>ch</strong>weis einer<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e dort ni<strong>ch</strong>t ersetzen.<br />
§ 10 Re<strong>ch</strong>tsmittel<br />
I. ALLGEMEINES<br />
Re<strong>ch</strong>tsmittel dienen der Überprüfung und allfälligen Verbesserung von geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Ents<strong>ch</strong>ieden auf Antrag einer Partei. Ihre Notwendigkeit ergibt si<strong>ch</strong> aus dem re<strong>ch</strong>tsstaatli<strong>ch</strong>en<br />
Anspru<strong>ch</strong> auf ein ri<strong>ch</strong>tiges Urteil.<br />
Fehler sollen überprüft und korrigiert werden. Auf der anderen Seite steht aber au<strong>ch</strong> ein<br />
Bedürfnis na<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit. Ein Verfahren soll innert nützli<strong>ch</strong>er Frist in einem<br />
verbindli<strong>ch</strong>en Urteil abges<strong>ch</strong>lossen werden. Es kann also ni<strong>ch</strong>t jeder Ents<strong>ch</strong>eid umfassend<br />
überprüft werden und au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t jedes Re<strong>ch</strong>tsmittel kann mit Suspensivwirkung ausgestaltet<br />
werden.<br />
II. ARTEN VON RECHTSMITTELN<br />
1. ordentli<strong>ch</strong>e und ausserordentli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tsmittel<br />
Ordentli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tsmitteln kommt von Gesetzes wegen aufs<strong>ch</strong>iebende Wirkung zu<br />
(gesetzli<strong>ch</strong>er Suspensiveffekt) à Berufung/Appellation<br />
Bei den ausserordentli<strong>ch</strong>en RM tritt die aufs<strong>ch</strong>iebende Wirkung ni<strong>ch</strong>t von Gesetzes wegen<br />
ein, die Re<strong>ch</strong>tsmittelinstanz kann die Vollstreckbarkeit jedo<strong>ch</strong> von Amtes wegen oder auf<br />
Antrag aufs<strong>ch</strong>ieben à Bes<strong>ch</strong>werde, Revision
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
2. Devolutive und ni<strong>ch</strong>t devolutive Re<strong>ch</strong>tsmittel<br />
Vom Devolutiveffekt eines RM wird gespro<strong>ch</strong>en, wenn seine Ergreifung dazu führt, dass si<strong>ch</strong><br />
das Re<strong>ch</strong>tsmittelverfahren vor de nä<strong>ch</strong>sthöheren Instanz abwickelt. Mit Ausnahme der<br />
Revision haben alle klassis<strong>ch</strong>en RM des Zivilprozessre<strong>ch</strong>ts devolutiven Charakter à nur bei<br />
der Revision findet das RM-Verfahren vor der glei<strong>ch</strong>en, d.h. der Instanz, die das angefo<strong>ch</strong>tene<br />
Urteil erlassen hat, statt.<br />
3. Reformatoris<strong>ch</strong>e und kassatoris<strong>ch</strong>e RM<br />
Bei kassatoris<strong>ch</strong>en RM urteilt das Geri<strong>ch</strong>t bei Gutheissung ni<strong>ch</strong>t in der Sa<strong>ch</strong>e selbst, sondern<br />
hebt den Ents<strong>ch</strong>eid auf und weist die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz<br />
zurück à der angefo<strong>ch</strong>tene Ents<strong>ch</strong>eid wird kassiert<br />
Damit verbunden kann eine Anweisung an die Vorinstanz sein à Der Spielraum der<br />
Vorinstanz bei der 2. Beurteilung wird einges<strong>ch</strong>ränkt.<br />
Bei reformatoris<strong>ch</strong>en RM ents<strong>ch</strong>eidet die Re<strong>ch</strong>tsmittelinstanz in der Sa<strong>ch</strong>e selbst und ändert<br />
den Ents<strong>ch</strong>eid der Vorinstanz oder hebt ihn auf.<br />
4. Vollkommene und unvollkommene RM<br />
Bei einem vollkommenen RM ist die RM-Instanz bere<strong>ch</strong>tigt und verpfli<strong>ch</strong>tet zu überprüfen,<br />
ob die Re<strong>ch</strong>tsanwendung und die Sa<strong>ch</strong>verhaltsfeststellung korrekt erfolgt sind. Der Prozess<br />
wird also vor der Re<strong>ch</strong>tsmittelinstanz gewissermassen wiederholt. Es müssen dabei aber keine<br />
neuen Re<strong>ch</strong>tsbegehren, Tatsa<strong>ch</strong>enbehauptungen und Beweise zulässig sein!<br />
à Appellation bzw. Berufung im Verfahren vor der oberen kantonalen Instanz<br />
Diese erlaubt die Kontrolle der ri<strong>ch</strong>tigen Anwendung von Privatre<strong>ch</strong>t und Prozessre<strong>ch</strong>t sowie<br />
der Sa<strong>ch</strong>verhaltsfeststellung (eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> Korrektur der Beweiswürdigung).<br />
Unvollkommene RM erlauben dagegen keine umfassende, sondern nut eine bes<strong>ch</strong>ränkte<br />
Überprüfung des angefo<strong>ch</strong>tenen Ents<strong>ch</strong>eids. Ein sol<strong>ch</strong>es ist beispielsweise die Bes<strong>ch</strong>werde in<br />
Zivilsa<strong>ch</strong>en, mit der jede unri<strong>ch</strong>tige Anwendung von Bundesre<strong>ch</strong>t gerügt, die ri<strong>ch</strong>tige<br />
Feststellung des Sa<strong>ch</strong>verhalts allerdings nur bes<strong>ch</strong>ränkt überprüft werden kann.<br />
III. DIE ÜBERPRÜFUNGSBEFUGNIS (KOGNITION) DER RM-INSTANZ<br />
Wie weit die Überprüfungsbefugnis bei einem RM geht, ergibt si<strong>ch</strong> immer aus den zulässigen<br />
Rügen (Re<strong>ch</strong>tsmittel- oder Bes<strong>ch</strong>werdegründen). Jede zulässige Rüge ist von der RM-Instanz<br />
umfassend zu prüfen.<br />
IV. VERZICHT AUF RECHTSMITTEL<br />
1. Ordentli<strong>ch</strong>es RM<br />
a) vor Erlass des Urteils:<br />
Parteien können, soweit sie über den Streitgegenstand frei verfügen können und<br />
Dispositionsmaxime gilt, bereits vor Anhebung des Prozesses vertragli<strong>ch</strong> auf<br />
ordentli<strong>ch</strong>e RM verzi<strong>ch</strong>ten. Grundsätzli<strong>ch</strong> ist ein Verzi<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Prozessanhebung<br />
zulässig, ausser es gilt die Offizialmaxime.<br />
b) Na<strong>ch</strong> Erlass des Urteils:<br />
Na<strong>ch</strong> Urteilsfällung kann auf RM verzi<strong>ch</strong>tet werden, indem innert Frist kein RM<br />
eingelegt wird. Ob vor Ablauf der Frist auf RM verzi<strong>ch</strong>tet werden kann, damit das<br />
Urteil s<strong>ch</strong>neller re<strong>ch</strong>tskräftig wird, ist umstritten.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
2. Ausserordentli<strong>ch</strong>e RM<br />
Auf ausserordentli<strong>ch</strong>e RM kann ni<strong>ch</strong>t im Voraus verzi<strong>ch</strong>tet werden. Au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Erlass des<br />
Urteils ist dies grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong>.<br />
V. DAS VERBOT DER REFORMATIO IN PEIUS ALS AUSFLUSS DER<br />
DISPOSITIONSMAXIME<br />
Das Urteil der RM-Instanz darf für den RM-Kläger ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter ausfallen als der<br />
angefo<strong>ch</strong>tene Ents<strong>ch</strong>eid. Das Verbot der reformatio in peius ergibt si<strong>ch</strong> aus der<br />
Dispositionsmaxime. Im Anwendungsberei<strong>ch</strong> der Offizialmaxime gilt dieses Verbot ni<strong>ch</strong>t.<br />
Au<strong>ch</strong> wenn die Gegenpartei ein RM ergriffen hat, kann das Urteil in beide Ri<strong>ch</strong>tungen<br />
korrigiert werden.<br />
VI. DIE RECHTSMITTEL DES KANTONALEN RECHTS<br />
1. Die kantonalre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Berufung (Appellation)<br />
Ordentli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>tsmittel, mit dem die Streitsa<strong>ch</strong>e von der unteren kantonalen Instanz an die<br />
obere weiter gezogen wird. Es stehen si<strong>ch</strong> der Re<strong>ch</strong>tsmittelkläger (Berufungskläger,<br />
Appellant) und der Re<strong>ch</strong>tsmittelbeklagte (Berufungsbeklagter, Appelat) gegenüber. Mögli<strong>ch</strong><br />
ist, dass beide Parteien das Re<strong>ch</strong>tsmittel ergreifen und deshalb glei<strong>ch</strong>zeitig Appellant und<br />
Appelat sind.<br />
Mit der Berufung (Appellation) kann der Re<strong>ch</strong>tsmittelkläger sowohl fehlerhafte<br />
Sa<strong>ch</strong>verhaltsfeststellung wie au<strong>ch</strong> fehlerhafte Re<strong>ch</strong>tsanwendung rügen.<br />
Bei ordnungsgemässer Einlegung hat die Appellation suspensive, also aufs<strong>ch</strong>iebende<br />
Wirkung.<br />
Zur Appellation legitimiert sind die Haupt- und Nebenparteien des erstinstanzli<strong>ch</strong>en<br />
Prozesses.<br />
Regelmässig ausges<strong>ch</strong>lossen ist die Berufung, wenn auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> der Kostenents<strong>ch</strong>eid<br />
angefo<strong>ch</strong>ten wird.<br />
Anfe<strong>ch</strong>tungsobjekt der Appellation sind erstinstanzli<strong>ch</strong>e End- und Zwis<strong>ch</strong>enents<strong>ch</strong>eide sowie<br />
Ents<strong>ch</strong>eide über vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen, jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t prozessleitende Verfügungen.<br />
Die Berufung muss 30 Tage seit Zustellung des begründeten Ents<strong>ch</strong>eids beziehungsweise seit<br />
der na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>en Zustellung der Ents<strong>ch</strong>eidbegründung s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> und begründet eingehen.<br />
Wenn bei einem unbegründeten Ents<strong>ch</strong>eid ni<strong>ch</strong>t innert 10 Tagen eine Begründung des<br />
Ents<strong>ch</strong>eids verlangt wird, gilt das als Verzi<strong>ch</strong>t auf ein Re<strong>ch</strong>tsmittel.<br />
Der Re<strong>ch</strong>tsmittelbeklagte kann innert bestimmter Frist eine Ans<strong>ch</strong>lussappellation stellen.<br />
Damit wird das Verbot der reformatio in peius ausges<strong>ch</strong>altet und der RM-Beklagte kann<br />
selber Anträge stellen hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> einer Abänderung des Ents<strong>ch</strong>eids. Die<br />
Ans<strong>ch</strong>lussappellation ist ein unselbständiges RM und besteht nur solange, wie die<br />
Hauptappellation vorhanden ist. Wird diese zurückgezogen, erlis<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> die<br />
Ans<strong>ch</strong>lussappellation, ausser die Hauptberufung wird sehr spät zurückgezogen. In diesem Fall<br />
wird die Ans<strong>ch</strong>lussberufung selbständig.<br />
Wird die Berufung bzw. Appellation angewiesen, so wird das Urteil unter Vorbehalt der<br />
zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Bes<strong>ch</strong>werde mit Suspensiveffekt formell re<strong>ch</strong>tskräftig. Heisst die RM-Instanz<br />
die Berufung gut, so ergeht entweder ein Ents<strong>ch</strong>eid in der Sa<strong>ch</strong>e oder die Sa<strong>ch</strong>e wird zur<br />
Neubeurteilung an die untere Instanz zurückgewiesen.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
2. Der Rekurs<br />
Wurde in der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en ZPO gestri<strong>ch</strong>en.<br />
3. Die Bes<strong>ch</strong>werde<br />
Die klassis<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>werde ist ein ausserordentli<strong>ch</strong>es, subsidiäres RM, das insofern<br />
regelmässig ein unvollkommenes RM ist, als die zulässigen Rügen bes<strong>ch</strong>ränkt sind.<br />
Es gibt keine Ans<strong>ch</strong>lussbes<strong>ch</strong>werde. Jede Partei muss selber innert Frist ein RM einlegen, um<br />
eine Änderung des Ents<strong>ch</strong>eids zu bewirken. Als Regel gilt, dass doe Bes<strong>ch</strong>werde nur offen<br />
steht, wenn der Ents<strong>ch</strong>eid weder mit Berufung no<strong>ch</strong> mit Rekurs angefo<strong>ch</strong>ten werden kann<br />
(à Subsidiarität).<br />
Zur Bes<strong>ch</strong>werde gegen einen Ents<strong>ch</strong>eid legitimiert sind in erster Linie die Haupt- und<br />
Nebenparteien, die am erstinstanzli<strong>ch</strong>en Verfahren teilgenommen haben. Die Nebenpartei<br />
kann aber wie bei der Berufung ni<strong>ch</strong>t im Widerspru<strong>ch</strong> zur Hauptpartei handeln.<br />
Mit der Bes<strong>ch</strong>werde könne End- und Zwis<strong>ch</strong>enents<strong>ch</strong>eide, teilweise au<strong>ch</strong> prozessleitende<br />
Verfügungen angefo<strong>ch</strong>ten werden. Es kann jegli<strong>ch</strong>e fals<strong>ch</strong>e Anwendung von Bundesre<strong>ch</strong>t<br />
gerügt werden (also Bundesprivatre<strong>ch</strong>t und eidgenössis<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t).<br />
Die herkömmli<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>werde ist ein ausserordentli<strong>ch</strong>es RM, wel<strong>ch</strong>es keine gesetzli<strong>ch</strong><br />
aufs<strong>ch</strong>iebende Wirkung hat und trotz deren Erheben der angefo<strong>ch</strong>tene Ents<strong>ch</strong>eid damit<br />
grundsätzli<strong>ch</strong> vollstreckbar ist.<br />
Die Bes<strong>ch</strong>werde ist s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> und begründet bei der RM-Instanz einzurei<strong>ch</strong>en. Na<strong>ch</strong> der<br />
Bes<strong>ch</strong>werdeantwort findet i.d.R. kein zweiter S<strong>ch</strong>riftenwe<strong>ch</strong>sel statt und das Geri<strong>ch</strong>t<br />
ents<strong>ch</strong>iedet aufgrund der Akten, ohne dass die Parteien anwesend sind. Neue Anträge und<br />
Noven sind ausges<strong>ch</strong>lossen. Die RM-Instanz kann den angefo<strong>ch</strong>tenen Ents<strong>ch</strong>ied aufheben und<br />
an die untere Instanz zurückweisen (kassatoris<strong>ch</strong>er Ents<strong>ch</strong>eid) oder in der Sa<strong>ch</strong>e selbst<br />
ents<strong>ch</strong>eiden, wenn diese spru<strong>ch</strong>reif ist (reformatoris<strong>ch</strong>er Ents<strong>ch</strong>eid).<br />
4. Die Revision<br />
Ausserordentli<strong>ch</strong>es RM zur Anfe<strong>ch</strong>tung von formell re<strong>ch</strong>tskräftigen Ents<strong>ch</strong>eiden, die an<br />
einem qualifizierten Mangel (sog. Revisionsgrund) leiden. Dabei ist eine Abwägung zwis<strong>ch</strong>en<br />
Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit und einem Urteil, das auf ri<strong>ch</strong>tigen Grundlagen beruht, zu ma<strong>ch</strong>en. Die<br />
Revision hat keinen Devolutiveffekt. Das Verfahren spielt si<strong>ch</strong> vor der glei<strong>ch</strong>en Instanz ab,<br />
die das re<strong>ch</strong>tskräftige Urteil gefällt hat.<br />
Ein Urteil kann mit der Revision beim Vorliegen krasser Mängel au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> verhältnismässig<br />
langer Zeit seit dem Eintritt der Re<strong>ch</strong>tskraft no<strong>ch</strong> angefo<strong>ch</strong>ten werden.<br />
Legitimiert sind die Haupt- und Nebenparteien des seinerzeitigen Verfahrens. Es gibt eine<br />
relative Revisionsfrist (beginnt mit Kenntnis des Revisionsgrundes zu laufen und dauert nur<br />
90 Tage) und eine absolute (beginnt mit der Eröffnung des Urteils oder im Zeitpunkt der<br />
Re<strong>ch</strong>tskraft des Urteils zu laufen und beträgt 10 Jahre).<br />
Revidiert kann das Urteil werden wegen wesentli<strong>ch</strong>en Noven, die im früheren Verfahren ni<strong>ch</strong>t<br />
beigebra<strong>ch</strong>t werden konnten oder wegen Einwirkungen auf das Urteil dur<strong>ch</strong> Verbre<strong>ch</strong>en oder<br />
Vergehen. Zudem wegen unwirksamer Klageanhebung, unwirksamem Klagerückzug und<br />
unwirksamem Verglei<strong>ch</strong>.<br />
Zunä<strong>ch</strong>st hat das Geri<strong>ch</strong>t zu ents<strong>ch</strong>eiden, ob ein Revisionsgrund vorliegt und die Fristen<br />
eingehalten wurden. Falls diese Voraussetzungen fehlen, bleibt es bei dem dur<strong>ch</strong> Revision<br />
angefo<strong>ch</strong>tenen re<strong>ch</strong>tskräftigen Urteil. Liegt ein Revisionsgrund vor, verliert das angefo<strong>ch</strong>tene<br />
Urteil die formelle und somit au<strong>ch</strong> materielle Re<strong>ch</strong>tskraft. Es muss ein neuer Ents<strong>ch</strong>eid<br />
getroffen werden, gegen wel<strong>ch</strong>en wiederum ein RM ergriffen werden kann.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
5. Die Erläuterung<br />
Dient der Klarstellung des Urteilsinhalts. Die Klarheit des Urteils ist vor allem im Hinblick<br />
auf die Vollstreckung notwendig. Es handelt si<strong>ch</strong> bei der Erläuterung ni<strong>ch</strong>t um ein RM,<br />
sondern um einen Re<strong>ch</strong>tsbehelf, denn das Urteil kann ni<strong>ch</strong>t verändert werden und es können<br />
keine Noven oder neue Anträge eingebra<strong>ch</strong>t werden.<br />
6. Die Beri<strong>ch</strong>tigung<br />
Au<strong>ch</strong> diese ist ein Re<strong>ch</strong>tsbehelf. Enthält das Urteil Re<strong>ch</strong>nungs- oder sinnentstellende<br />
S<strong>ch</strong>reibfehler oder wei<strong>ch</strong>t das Urteil irrtümli<strong>ch</strong>erweise offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> vom Ergebnis der<br />
Beratungen ab, so können diese Fehler vom Geri<strong>ch</strong>t von Amtes wegen oder auf Antrag einer<br />
Partei jederzeit beri<strong>ch</strong>tigt werden. Unerlässli<strong>ch</strong>e Voraussetzung ist, dass ein Erklärungsirrtum<br />
und ni<strong>ch</strong>t ein Irrtum in der Willensbildung des Geri<strong>ch</strong>ts vorliegt. Gegen Fehler in der<br />
Willensbildung sind auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> RM vorgesehen.<br />
VII. DIE BUNDESRECHTLICHEN RECHTSMITTEL<br />
1. Das Bundesgeri<strong>ch</strong>tsgesetz<br />
Im BGG sind als Re<strong>ch</strong>tsmittel zur Anfe<strong>ch</strong>tung von kantonalen Ents<strong>ch</strong>eiden die Bes<strong>ch</strong>werde in<br />
Zivilsa<strong>ch</strong>en und die subsidiäre Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde vorgesehen.<br />
2. Die Bes<strong>ch</strong>werde in Zivilsa<strong>ch</strong>en<br />
Als Vorinstanzen kommen letztinstanzli<strong>ch</strong>e kantonale Geri<strong>ch</strong>te oder das<br />
Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t in Frage.<br />
Anfe<strong>ch</strong>tungsobjekt sind Endents<strong>ch</strong>eide, d.h. Ents<strong>ch</strong>eide, die ein Verfahren abs<strong>ch</strong>liessen,<br />
sowie ausnahmsweise vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen, Zwis<strong>ch</strong>enents<strong>ch</strong>eide und Teilents<strong>ch</strong>eide.<br />
Um die Bes<strong>ch</strong>werde in Zivilsa<strong>ch</strong>en ergreifen zu könne, muss der Bes<strong>ch</strong>werdeführer am<br />
Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen oder keine Mögli<strong>ch</strong>keit dazu erhalten haben und<br />
er muss ein re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des<br />
angefo<strong>ch</strong>tenen Ents<strong>ch</strong>eids haben.<br />
Gerügt werden kann die Verletzung von Bundesre<strong>ch</strong>t eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> Völkerre<strong>ch</strong>t.<br />
Für das Bundesgeri<strong>ch</strong>t ist der Sa<strong>ch</strong>verhalt so massgebend, wie er von der Vorinstanz<br />
festgestellt wurde. Die unri<strong>ch</strong>tige Feststellung des Sa<strong>ch</strong>verhalts kann nur gerügt werden, wenn<br />
sie offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> unri<strong>ch</strong>tig ist oder auf einer Verletzung von Bundesre<strong>ch</strong>t beruht. Ausserdem<br />
muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens von ents<strong>ch</strong>eidender<br />
Bedeutung sein.<br />
Neue Tatsa<strong>ch</strong>en und Beweismittel dürfen nur vorgebra<strong>ch</strong>t werden, soweit der Endents<strong>ch</strong>eid<br />
der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Neue Re<strong>ch</strong>tsbegehren sind jedo<strong>ch</strong> unzulässig.<br />
Das BGer fällt einen kassatoris<strong>ch</strong>en, einen reformatoris<strong>ch</strong>en oder einen Prozessents<strong>ch</strong>eid<br />
(ni<strong>ch</strong>t eintreten). Das BGer ist ni<strong>ch</strong>t befugt, über die Anträge der Parteien hinauszugehen<br />
à Dispositionsmaxime
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
3. Die subsidiäre Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde<br />
In Zivilsa<strong>ch</strong>en steht die subsidiäre Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde dann zur Verfügung, wenn die<br />
Einheitsbes<strong>ch</strong>werde mangels erforderli<strong>ch</strong>en Streitwerts oder mangels Re<strong>ch</strong>tsfragen von<br />
grundlegender Bedeutung ausges<strong>ch</strong>lossen ist.<br />
4. Die Revision bundesgeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Urteile<br />
Bundesgeri<strong>ch</strong>tsents<strong>ch</strong>eide könne grundsätzli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t überprüft werden, es sei denn, es liegen<br />
Revisionsgründe (also erhebli<strong>ch</strong>e Mängel) vor à siehe Art. 121 ff. BGG<br />
Au<strong>ch</strong> hier ist eine Erläuterung oder Beri<strong>ch</strong>tigung des Urteils mögli<strong>ch</strong>.<br />
§ 11 Urteilsvollstreckung<br />
I. VOLLSTRECKUNGSTITEL<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> tritt die Vollstreckbarkeit eines Urteils mit Eintritt der formellen Re<strong>ch</strong>tskraft<br />
ein. Leistet die verpfli<strong>ch</strong>tete Person na<strong>ch</strong> Massgabe des formell re<strong>ch</strong>tskräftigen Urteils ni<strong>ch</strong>t<br />
freiwillig, so stellt si<strong>ch</strong> die Frage der Zwangsvollstreckung. Eine sol<strong>ch</strong>e kann dur<strong>ch</strong> den<br />
Gläubiger der Leistung bewirkt werden, wenn er einen sog. Vollstreckungstitel vorlegen<br />
kann. Auf Verlangen hat das Geri<strong>ch</strong>t, das den zu vollstreckenden Ents<strong>ch</strong>eid getroffen hat, die<br />
Vollstreckbarkeit zu bes<strong>ch</strong>einigen.<br />
Vollstreckungstitel sind demna<strong>ch</strong>:<br />
- Urteile s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er Geri<strong>ch</strong>te (mit Re<strong>ch</strong>tskraftbes<strong>ch</strong>einigung bzw.<br />
Vollstreckbarkeitserklärung)<br />
- Re<strong>ch</strong>tskräftige Abs<strong>ch</strong>reibungsbes<strong>ch</strong>lüsse s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er Geri<strong>ch</strong>te, die eine<br />
Klageanerkennung oder einen geri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Verglei<strong>ch</strong> enthalten (Urteilssurrogate)<br />
- S<strong>ch</strong>iedsgeri<strong>ch</strong>tsurteile mit Vollstreckbarkeitsbes<strong>ch</strong>einigung<br />
- Vorsorgli<strong>ch</strong>e Massnahmen staatli<strong>ch</strong>er Geri<strong>ch</strong>te<br />
- Ausländis<strong>ch</strong>e Urteile na<strong>ch</strong> Massgabe des IPRG bzw. von Staatsverträgen<br />
II. URTEILE AUF GELDLEISTUNG<br />
Forderungen, die auf Leitung einer Geldsumme oder Si<strong>ch</strong>erheitsleistung in Franken lauten,<br />
werden auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> den Bestimmungen des S<strong>ch</strong>KG vollstreckt. Das Zivilprozessre<strong>ch</strong>t<br />
regelt demna<strong>ch</strong> ledigli<strong>ch</strong> den sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>ränkten Berei<strong>ch</strong> der sog. Realvollstreckung.<br />
III. URTEILE AUF SACHLEISTUNG<br />
Ents<strong>ch</strong>eide eines s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Geri<strong>ch</strong>ts sind grundsätzli<strong>ch</strong> ohne neuerli<strong>ch</strong>e Prüfung überall<br />
in der CH zu vollstrecken. Eine Einrede, dass das entspre<strong>ch</strong>ende Geri<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t zuständig<br />
gewesen sei, ist deshalb unzulässig. Folgende Einreden können jedo<strong>ch</strong> hervorgebra<strong>ch</strong>t<br />
werden:<br />
- Einrede, der zu vollziehende Ents<strong>ch</strong>eid sei no<strong>ch</strong> gar ni<strong>ch</strong>t re<strong>ch</strong>tskräftig. Die<br />
Re<strong>ch</strong>tskraft bzw. Vollstreckbarkeit ist mittels Bes<strong>ch</strong>einigung des urteilenden Geri<strong>ch</strong>ts<br />
zu belegen.
Zusammenfassung Sutter-<strong>Somm</strong>; S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Zivilprozessre<strong>ch</strong>t, 2007<br />
- Einrede der Tilgung, Stundung oder Verjährung<br />
- Einrede der fehlenden gehörigen Vorladung am seinerzeitigen Verfahren (unmündige<br />
oder entmündigte Person)<br />
Vollstreckungsbefehl:<br />
Ein Vollstreckungsgesu<strong>ch</strong> ist beim Vollstreckungsri<strong>ch</strong>ter einzurei<strong>ch</strong>en. Ausnahmsweise amtet<br />
eine Verwaltungsbehörde als Vollstreckungsbehörde. Auf das Gesu<strong>ch</strong> hin erlässt die<br />
zuständige Behörde den Vollstreckungsbefehl, der die ges<strong>ch</strong>uldete Leistung, eine Frist und<br />
die bei Ni<strong>ch</strong>teinhalten vorgesehenen Zwangsmassnahmen enthält. I.d.R. ist er mit einer<br />
Strafdrohung gemäss Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall versehen.<br />
Gegen de Vollstreckungsbefehl kann der S<strong>ch</strong>uldner Einspra<strong>ch</strong>e erheben, worauf die Parteien<br />
angehört werden und über die Einspra<strong>ch</strong>e ents<strong>ch</strong>ieden wird.<br />
Zwangsmittel:<br />
- Direkter Zwang: staatli<strong>ch</strong>e Organe können die ges<strong>ch</strong>uldete Leistung mit Gewalt<br />
erzwingen. Dies ges<strong>ch</strong>ieht v.a. bei Sa<strong>ch</strong>leistungen, wenn die Vollstreckungsorgane<br />
evtl. unter Beiziehung der Polizei die ges<strong>ch</strong>uldete Sa<strong>ch</strong>e wegnehmen oder z.B. eine<br />
illegal erri<strong>ch</strong>tete Baute abreissen.<br />
- Ersatzvornahme: Ein Dritter oder der Gläubiger werden selbst ermä<strong>ch</strong>tigt, die<br />
Handlung auf Kosten des S<strong>ch</strong>uldners vorzunehmen.<br />
- Taxation: Umwandlung einer Realerfüllung in S<strong>ch</strong>adenersatz (wegen Ni<strong>ch</strong>terfüllung)<br />
im Vollstreckungsstadium.<br />
IV. ANDERE URTEILE<br />
1. Gestaltungsurteile<br />
Re<strong>ch</strong>tskräftige Gestaltungsurteile entfalten unmittelbar re<strong>ch</strong>tsgestaltende Wirkung und<br />
bedürfen daher regelmässig keiner eigentli<strong>ch</strong>en Vollstreckung.<br />
2. Feststellungsurteile<br />
Sol<strong>ch</strong>e können ni<strong>ch</strong>t vollstreckt werden, da ja nur das Bestehen oder eben Ni<strong>ch</strong>tbestehen eines<br />
Re<strong>ch</strong>ts oder Re<strong>ch</strong>tsverhältnisses festgestellt werden soll.<br />
3. Vollstreckung öffentli<strong>ch</strong>er Urkunden<br />
Öffentli<strong>ch</strong>e Urkunden sind vollstreckbaren Urteilen weitgehend glei<strong>ch</strong>gestellt.<br />
Voraussetzungen:<br />
- Es muss eine gültige öffentli<strong>ch</strong>e Beurkundung vorliegen<br />
- Die Urkunde muss eine ausdrückli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>uldanerkennung der verpfli<strong>ch</strong>teten Partei<br />
enthalten<br />
- Die ges<strong>ch</strong>uldete Leistung muss dur<strong>ch</strong> die Urkunde genügend bestimmbar sein<br />
- Der Re<strong>ch</strong>tsgrund der Leistung muss in der Urkunde enthalten sein<br />
- Die Urkunde muss eine Unterwerfungserklärung der verpfli<strong>ch</strong>teten Partei enthalten<br />
(diese muss ausdrückli<strong>ch</strong> erklären, dass sie si<strong>ch</strong> der direkten Vollstreckung unterwirft)<br />
- Die ges<strong>ch</strong>uldete Leistung muss fällig sein.