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Verwaiste Eltern - Bayerische Stiftung Hospiz

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VERWAISTE<br />

ELTERN<br />

Folie 1 – 38 / © VEID, KONY e.V.


Vorstellungsrunde<br />

Wer bin ich ?<br />

Warum bin ich hier ?<br />

Bin ich Betroffene(r) ?<br />

Was erwarte ich von diesem Workshop ?


Tod zur Unzeit - Realität<br />

20.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sterben<br />

jährlich in Deutschland.<br />

20.000 stille Katastrophen – Jahr für Jahr<br />

Durch Krankheiten, Behinderung, Unfälle, Gewaltverbrechen,<br />

Suizid, sind vermisst<br />

sterben plötzlich im Säuglingsalter.<br />

15 % aller Schwangerschaften enden unglücklich.<br />

Die Kinder sterben vor oder während der Geburt.<br />

100 000 Betroffene - Familien, Angehörige und Freunde werden<br />

zur Randgruppe der Gesellschaft<br />

2011 betreute der Bundesverband mit seinen SHG und Vereinen<br />

65 000 betroffene Familien


Worauf besinnen – was tun?<br />

Zurück zu inneren und äußeren Ressourcen:<br />

Soziales Netzwerk, Familie, Freunde, Kollegen, Nachbarn<br />

Glauben, Religion, Rituale<br />

Kirchgemeinden, Pfarrer, Seelsorger<br />

Das reicht nicht!<br />

Seit den 70er Jahren entstanden Selbsthilfeinitiativen aus der eigenen<br />

Betroffenheit heraus<br />

Heute ein Netzwerk in ganz Deutschland<br />

Kurze Wege für Betroffene<br />

Schnelle Vermittlung<br />

Einzelgespräche, Gruppen, Trauerseminare, Freizeiten, kreative<br />

Arbeit<br />

Diskrete Beratung (auch anonym) telefonisch, schriftlich oder<br />

persönlich


Berührungsängste<br />

Tabu<br />

Tod eines Kindes, unvorstellbar<br />

Angst<br />

Verdrängung, darf nicht sein, schnell weg<br />

Gestorben wird woanders<br />

Nicht drüber reden,<br />

Nicht salonfähig, keine Lobby<br />

Verkannt wird:<br />

Hilfe für die Lebenden<br />

Erinnerungskultur<br />

Weinen, Trauern in allen Facetten


Tod zur Unzeit – wenn Kinder sterben<br />

<br />

<br />

<br />

Trauer ist keine Krankheit, kann dennoch ohne Durchleben,<br />

Ausleben krank machen.<br />

Tod ist ein Tabuthema, gerade beim Tod eines Kindes ist das<br />

Thema besonders schwierig anzunehmen.<br />

Die Betroffenen fühlen sich allein und unverstanden.<br />

Der Tod eines Kindes ist das unfassbarste und<br />

schwerwiegendste Ereignis im Leben der <strong>Eltern</strong>.<br />

<br />

<br />

Ein Naturgesetz ist gebrochen – Kinder sterben vor den<br />

<strong>Eltern</strong><br />

Trauer um ein Kind ist nicht in Zeit zu messen


Tod zur Unzeit – wenn Kinder sterben<br />

Ein Satz und eine ganze Welt zerbricht, egal wie alt das Kind war,<br />

es starb zu früh und ein langer, sehr langer steiniger Weg durch<br />

die Trauer beginnt !<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Das Leben ist beendet, wie es einmal war, das Gleichgewicht ist<br />

aus den Fugen geraten.<br />

Leben und Inhalte sind in den Grundfesten erschüttert<br />

Persönlichkeit und Familienstruktur läuft aus der Bahn<br />

Der Verlust eines Kindes ist die katastrophalste Belastungssituation<br />

die es geben kann.<br />

Eine der kompliziertesten und schwerwiegendsten Trauerformen<br />

beginnt.<br />

Es bleibt nicht erspart sich der Trauer zu stellen, jeder muss da<br />

durch, keiner kann es abnehmen


Richtig trauern?<br />

Es gibt kein Richtig oder Falsch.<br />

Es ist ein Ausnahmezustand, in dem abnormale Reaktionen auf abnormale<br />

Ereignisse ganz normal sind.<br />

Die Erwartung auf ein Wundermittel, ein Rückgängig machen sind<br />

primär vorhanden.<br />

Dennoch kann die stärkste Tablette und die größte Spritze den<br />

Schmerz der Seele nur betäuben nicht wegzaubern.<br />

Es kommt auf die inneren Ressourcen<br />

Persönlichkeitsstärke jedes Einzelnen an.<br />

und die<br />

Auf das soziale Umfeld<br />

Auf Hilfsangebote<br />

Aushalten, Aushalten, Mut und Geduld mit sich selbst.


Trauer<br />

Jeder trauert anders deshalb bedarf es Hilfe für:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>Eltern</strong> gemeinsam<br />

Mütter, Väter<br />

Geschwister<br />

Männer, Frauen<br />

Großeltern<br />

Schulfreunde, Kollegen<br />

Helfende Berufsgruppen<br />

Schwerstaufgabe für Begleiter: Jeder, der Menschen<br />

helfen möchte, die um Kinder trauern, muss seine<br />

Motivation prüfen!


Trauerbegleitung<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Beim Eintritt der Tragödie nehmen die Betroffenen dankbar jede<br />

Hilfe an.<br />

Traumatisiert folgen sie allen Erläuterungen und Angeboten,<br />

ergreifen Anker und Strohhalm.<br />

Begleiter verkennen oft, wie schwierig und langwierig der Prozess<br />

ist.<br />

Hilfe zur Selbsthilfe, um gesunde Trauer zu ermöglichen.<br />

Geduld und Mut<br />

Aushalten, aushalten, aushalten!!!!!!


Trauerbegleitung<br />

<br />

Trauerbegleitung ist nicht Sterbebegleitung!<br />

Abläufe ähnlich, aber Ziel entgegengesetzt:<br />

Trauerbegleitung endet wieder im Leben,<br />

obwohl das für alle Betroffenen schwer zu begreifen ist!<br />

<br />

Trauerbegleitung ist Lebenshilfe zurück in den Alltag, ins<br />

Arbeitsleben, in ein neu lebbares und lebenswertes Leben<br />

<br />

Trauerbegleitung leistet Selbsthilfearbeit<br />

<br />

Trauerbegleitung leistet Prävention


Trauerbegleitung<br />

<br />

Trauerbegleitung bedeutet immer:<br />

• Begegnungen mit sehr unterschiedlichen Menschen<br />

• jeder hat sein eigenes Schicksal – seine eigene<br />

Lebensgeschichte<br />

• Ehepaare, Frauen, Männer<br />

• verheiratet, geschieden, neue(r) Lebenspartner(in)<br />

• unterschiedliches soziales Umfeld, unterschiedliche<br />

Bildung<br />

• verschieden Glaubensrichtungen<br />

• ........<br />

• Begegnungen mit Menschen, die sich in einem<br />

Ausnahmezustand´ befinden


„Fünf Säulen der Identität“<br />

Das Modell der 5 Säulen der Identität<br />

von H.G. Petzold<br />

gibt Auskunft über die Stabilität einer Person<br />

<br />

Petzold ist Begründer und Herausgeber der Zeitschrift „Integrative<br />

Therapie“ – Zeitschrift für vergleichende Psychotherapie und<br />

Methodenintegration seit 1975


„Fünf Säulen der Identität“<br />

Identität (v. lat.: identitas = Wesenseinheit)<br />

Unter Identität versteht man die Einzigartigkeit eines Lebewesens, insbesondere eines Menschen.<br />

Identität<br />

Identität


Leib / Leiblichkeit<br />

soz. Netzwerk<br />

soz. Bezüge<br />

Arbeit u. Leistung<br />

materiel. Sicherh.<br />

Werte / Normen<br />

„Fünf Säulen der Identität“


Leib / Leiblichkeit<br />

„Fünf Säulen der Identität“<br />

Leib / Leiblichkeit<br />

• Psyche, Seele, Körper<br />

• Sexualität<br />

• Selbstliebe<br />

• Sinne<br />

• Genussfähigkeit<br />

Mein Leib als Gefäß, das ich bin - in dem ich lebe<br />

+ meine Gesundheit, meine Beweglichkeit, mein Wohlbefinden<br />

+ meine Sexualität, meine Belastungsfähigkeit, meine Psyche<br />

+ meine Gefühle, meine Lüste, meine Sehnsüchte, meine Glaubenssysteme<br />

und Träume …<br />

+ mein Aussehen, Art und Weise wie man sich mag


soz. Netzwerk<br />

soz. Bezüge<br />

„Fünf Säulen der Identität“<br />

soz. Netzwerk / soz. Bezüge<br />

• Partnerschaft<br />

• Familie<br />

• Soziale Beziehungen<br />

• Freundschaften<br />

Mein soziales Netzwerk, meine Freunde, Familie, Arbeitsplatz,<br />

Beziehungen, Ehe, Freizeitgestaltung, Verein ...<br />

Persönlichkeit und Identität werden nachhaltig bestimmt von den<br />

sozialen Beziehungen, dem sozialen Netzwerk, also den Menschen,<br />

die für jemanden wichtig sind, mit denen man zusammenlebt und<br />

arbeitet, auf die man sich verlassen kann und denen, die mir etwas<br />

bedeuten<br />

Aber es gehören auch Leute zum sozialen Netzwerk, die mir nicht<br />

wohlgesonnen sind, feindselig gegenüberstehen oder auch schaden.


Arbeit u. Leistung<br />

„Fünf Säulen der Identität“<br />

Arbeit u. Leistung<br />

• Kontrolle über die eigenen Lebensbedingungen<br />

• Selbstbestimmung<br />

• Autonomie<br />

Tätigkeiten, Arbeit, mein “Tätig-sein”, mit dem ich mich identifiziere<br />

und mit der ich identifiziert werde (wichtig ist hier auch die allgemein<br />

gehaltene Formulierung “Tätig-Sein”, denn auch Erwerbslose,<br />

RentnerInnen und Invalide / Berufsunfähige haben sehr wohl die<br />

Chance, tätig zu sein oder wieder tätig zu werden…).<br />

Arbeitsleistungen, Arbeitszufriedenheit, Erfolgserlebnisse, Freude an<br />

der eigenen Leistung, aber auch entfremdete Arbeit, Arbeitsüberlastung,<br />

überfordernde sowie erfüllte oder fehlende Leistungsansprüche<br />

bestimmen die Identität nachhaltig.


materiel. Sicherh.<br />

„Fünf Säulen der Identität“<br />

materiel. Sicherheit<br />

• allgemeine soziale Absicherung<br />

• Arbeitsplatz<br />

• Wohnung<br />

• finanzielle Sicherheit<br />

Die Identität wird weiterhin beeinflusst von den materiellen<br />

Sicherheiten, dem Einkommen, Geld, materielles wie Nahrung,<br />

Kleidung, Lebensbedarf, Weiterbildungsmöglichkeiten, den Dingen,<br />

die jemand besitzt, seiner Wohnung oder Haus, aber auch dem<br />

ökologischen Raum, dem er sich zugehörig fühlt, dem Stadtteil in dem<br />

er sich beheimatet fühlt oder wo er ein Fremder ist.<br />

Fehlende materielle Sicherheiten belasten das Identitätserleben<br />

schwer.


Werte / Normen<br />

„Fünf Säulen der Identität“<br />

Werte / Normen<br />

• Lebensziele ,• Wünsche<br />

• Sinn des Lebens<br />

• Glaube<br />

• Spiritualität<br />

• Moral<br />

• Erziehung<br />

Moral, Ethik, Religion, Liebe, Hoffnungen, Traditionen, Glauben,<br />

Sinnfragen (gesellschaftliche und persönliche und ihr Verhältnis<br />

zueinander).<br />

Das, was jemand für richtig hält, von dem er überzeugt ist, wofür er<br />

eintritt und von dem er glaubt, dass es auch für andere Menschen<br />

wichtig sei. Das können religiöse oder politische Überzeugungen sein,<br />

die “persönliche Lebensphilosophie”, wichtige Grundprinzipien.


„Fünf Säulen der Identität“<br />

Leib / Leiblichkeit<br />

soziales Netzwerk / soziale Bezüge<br />

Arbeit und Leistung<br />

materielle Sicherheit<br />

Werte / Normen


„Fünf Säulen der Identität“<br />

zur einer Identitätskrise kann es kommen,<br />

wenn eine oder mehrere Säulen<br />

“wegbrechen” oder sich plötzlich stark<br />

verändern und die anderen Säulen die<br />

Identität nicht ausreichend stabilisieren<br />

können.


„Fünf Säulen der Identität“<br />

Trauerarbeit / Wegbegleitung besteht darin,<br />

daß erschütterte bzw. eingebrochene<br />

Säulen wieder stabilisiert werden !


Stunde Null<br />

• Plötzlicher Kindstod<br />

• Unfall -<br />

• Gewalt -<br />

• Suizid -<br />

• Plötzlicher Tod<br />

• Krankheit<br />

• Frühgeburt<br />

• Katastrophe / Großschadensfall<br />

• - Organspende<br />

• Migrationshintergrund


Was kann ich tun?<br />

• Erinnerung, Namen des Kindes nennen<br />

• Gefühl der Solidarität – des Verstanden seins vermitteln!<br />

• Anteilnahme und Fürsorge<br />

• Sagen was geschehen ist.<br />

• Trauerreaktionen zulassen<br />

• Schweigen, nur da sein, aushalten-aushalten<br />

• Zuhören, Anteilnahme, körperliche Nähe (Arme nehmen, die<br />

Hand halten, je nach Bedürfnis)<br />

• Mitgefühl<br />

• Geschwisterkinder beachten<br />

• Entkräften sie die Schuldgefühle<br />

• Ermutigen zur Abschiednahme am Ort des Geschehens<br />

• Hilfsangebote hinterlassen


Was sollte ich nicht tun!<br />

• Keine kritischen Bemerkungen über das Kind<br />

und die Todesumstände<br />

• Nicht bewerten!!!!<br />

• Nicht sagen, man würde wissen, wie sie<br />

empfinden !!<br />

• Nicht darauf hinweisen, sie hätten ja noch<br />

Kinder<br />

• Keine Bevormundung, keine Ratschläge,<br />

Keine Mutmaßung was für die <strong>Eltern</strong> gut<br />

oder schlecht ist.<br />

• Zeitnot


Jeder trauert anders<br />

Frauen /weiblich<br />

Kinder<br />

Jugendliche<br />

Großeltern<br />

Freunde<br />

Familienmitglieder<br />

Männer /männlich


M ä n<br />

n e r b i l d e r


Alle sind anders<br />

Unsere männlichen Vorfahren<br />

Männer<br />

• Jäger und Sammler (Ernährer)<br />

• Denken - Handeln – weniger gefühlsbetont<br />

• ´Freundschaften´ auf Basis gemeinsamer<br />

Aktivitäten (Loyalität)<br />

Unsere weiblichen Vorfahren<br />

Frauen<br />

• Familie, Kindererziehung<br />

• starkes soziales Engagement<br />

• ´ Freundschaften´ auf Basis gegenseitiger<br />

Vertrautheit (gemeins. Gefühle und Worte)


Trauer braucht einen sicheren Ort


Trauer braucht einen sicheren Ort<br />

Einzelgespräche<br />

Gruppen<br />

Offen/geschlossen<br />

Trauerseminare<br />

Freizeiten<br />

Gedenkzeiten


Wie gelingt Trauerbebleitung ?<br />

• Authentisches Arbeiten<br />

• Selbstanalyse / Selbstverarbeitung /Selbstreflektion<br />

• Arbeitsgespräche<br />

• Mut zum Nein sagen<br />

• Abgrenzung und Rückzugsmöglichkeiten<br />

• Gesunder Dienstzeitplan<br />

• Wichtig: Positiv motiviert für diese Arbeit sein, Menschen zu<br />

helfen und immer nach der eigenen Motivation fragen.<br />

• WICHTIG!!!!!!!!!!!!!!<br />

• BETROFFENE SIND KOMPROMISSLOS UND<br />

UNKALKULIER-BAR UND DAS DÜRFEN SIE AUCH –<br />

HELFER SOLLTEN DAS WISSEN.


Wer je einem Kind<br />

das Leben geschenkt hat,<br />

kann wissen, dass es sich<br />

nie ganz ablöst, sondern immer<br />

für eine Lebenszeit,<br />

Ein Teil von ihm bleibt.<br />

Jörg Zink


Wer je ein Kind hat<br />

Hergeben müssen,<br />

der weiß, wie wenig<br />

von ihm selbst übrig bleibt.<br />

Jörg Zink


Petra Hohn, Leipzig – Bundesverband <strong>Verwaiste</strong> <strong>Eltern</strong> und trauernde Geschwister in Deutschland e.V. (VEID)<br />

Jürgen Laibold, Kalchreuth-Nürnberg – KONY e.V. (Förderverein f. verwaiste <strong>Eltern</strong> u. betr. Geschwister)

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