optimierte entwicklung von alternativen antriebssystemen - MBtech
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MESS- UND PRÜFTECHNIK PRÜFSTÄNDE<br />
OPTIMIERTE ENTWICKLUNG VON<br />
ALTERNATIVEN ANTRIEBSSYSTEMEN<br />
Alternative Antriebskonzepte unterscheiden sich durch verschiedene E-Maschinen- und Getriebetypen, Batteriesysteme<br />
sowie unterschiedliche Kühl- und Packagekonzepte nicht nur konzeptionell, sondern auch technisch<br />
sehr stark. Der Entwicklungsdienstleister <strong>MBtech</strong> Group bietet mit einem Antriebssystemprüfstand eine umfassende<br />
Lösung für die Neu- und Weiter<strong>entwicklung</strong>en <strong>von</strong> Antriebs- und Fahrzeugsystemen und optimiert so<br />
gleichzeitig die oft komplizierte Fahrzeugintegration und -absicherung in Bezug auf Zeit und Kosten.<br />
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AUTOREN<br />
MARTIN W. OTT<br />
ist Senior Manager E-Drive Systems<br />
und E-Mobility bei der <strong>MBtech</strong> Group<br />
in Sindelfingen.<br />
MICHAEL BARTZSCH<br />
ist Manager Systemintegration und<br />
Validierung E-Drive bei der <strong>MBtech</strong><br />
Group in Sindelfingen.<br />
CHRISTIAN HOLTKÖTTER<br />
ist Entwicklungsingenieur im Bereich<br />
Systemintegration und Validierung<br />
E-Drive bei der <strong>MBtech</strong> Group<br />
in Mönsheim.<br />
ENTWICKLUNGSPHASEN<br />
Bei der Antriebsstrang<strong>entwicklung</strong> werden klassisch in drei<br />
Phasen verschiedene Schwerpunkte beim Testen gesetzt, ❶. In<br />
Phase 1 werden erste Musterstände <strong>von</strong> Komponenten schrittweise<br />
in einem Gesamtsystemverbund in Betrieb genommen<br />
und erste Funktionstests durchgeführt. Ziel ist es, das Zusammenspiel<br />
der Komponenten abzusichern, um so für Phase 2<br />
einen Reifegrad zu erreichen, der die Darstellung eines Testaufbaus<br />
(Entwicklungsfahrzeug) ermöglicht. Hier werden dann<br />
zunächst Antriebsstrang- und Fahrzeugfunktionen im Fahrbetrieb<br />
getestet und vorappliziert. Sollte dies nicht im Zielfahrzeug<br />
erfolgen, schließt eine Phase 3 an, in der die finale Applikation<br />
erarbeitet wird.<br />
Um den hohen Zeitbedarf zwischen den Entwicklungsphasen<br />
und die hohen Kosten für Entwicklungsfahrzeuge zu reduzieren,<br />
wurde ein neuartiger Antriebssystemprüfstand (ASP) aufgebaut.<br />
Innerhalb dieser Prüfstandsumgebung können nunmehr<br />
die Elektrik/Elektronik (Hochvolt und Niedervolt) und<br />
der gesamte Antriebsstrang integriert, echt betrieben und vollklimatisiert<br />
getestet werden. Aufgrund der flexiblen Einbringung<br />
der Prüflinge können so Fahrzeug- und Antriebskonzepte<br />
schon ab der frühen Musterphase, zum Beispiel als Teilaufbau,<br />
bis zum fertigen Serienfahrzeug auf einem Prüfstand durchgängig<br />
betreut werden. Dies spart erhebliche Applikationszeit<br />
ein und reduziert zudem die Komplexität bei der Synchronisation<br />
der Entwicklungsphasen sowie der darin parallel erfolgenden<br />
Entwicklungsaktivitäten, ❷.<br />
Bei der Entwicklungsarbeit bietet ein ASP vielfach auch Vorteile,<br />
um die Vielschichtigkeit neuer und stärker vernetzter Systeme<br />
zu beherrschen, indem nur der Antriebsstrang für sich<br />
oder einzelne Teilsysteme betrachtet werden müssen.<br />
Abhängigkeiten wie beispielsweise die Berechnung des Batterieladezustands<br />
und der aktuellen Prognose der Fahrzeugrestreichweite<br />
in Kombination mit die aktuelle Außentemperatur<br />
und der zu erwartenden Reisegeschwindigkeit zeigen, dass verschiedenste<br />
Regelsysteme in Abhängigkeit stehen können. Solche<br />
Zusammenhänge haben gegebenenfalls direkte Auswirkung auf<br />
die vom Kunden wahrzunehmenden Fahrzeugeigenschaften.<br />
Mai 2013<br />
Automotive Engineering Partners<br />
❶ Prozessübersicht zur Validierung eines klassischen Antriebsstrangs<br />
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MESS- UND PRÜFTECHNIK PRÜFSTÄNDE<br />
Für die Wiederaufladung der Batterien<br />
können verschiedene Ansätze wie das AC-<br />
Laden (dreiphasig bis zu 43 kW), DC-Laden<br />
oder induktives Laden in der Prüfkammer<br />
entwickelt und realisiert werden. Für die<br />
spezielle Zielmarkterprobung der Ladeinfrastruktur<br />
steht eine Netzsimulation zur<br />
Verfügung. Sie er möglicht es, unterschiedliche<br />
länderspezifische Spannungsniveaus<br />
und Frequenzen darzustellen.<br />
Anhand der neuen Prüfstandsregelung<br />
lassen sich Lastzyklen und Fahrmanöver<br />
realisieren, die vorher nicht möglich oder<br />
mit zusätzlichem Regelungsaufwand<br />
verbunden waren. Die drehzahlbasierte<br />
Regelung führt hierbei zu einer genauen<br />
Simulation der Straßenbelastung und<br />
erlaubt sogar, Extremsituationen wie Eisplatte<br />
und Bremsen mit ABS-Eingriff am<br />
Prüfstand darzustellen.<br />
❷ Prozessübersicht zur Validierung eines Antriebsstrangs mit Antriebssystemprüfstand<br />
AUFBAU UND HOHE<br />
DYNAMIK DES PRÜFSTANDS<br />
Der Prüfstand besteht aus einer großen<br />
Klimakammer, in der ein vollständiger<br />
Antriebsstrang oder ein gesamtes Fahrzeug<br />
zur Prüfung montiert wird. Ein<br />
zweiter Raum steht speziell für Batteriesystemtests<br />
zur Verfügung. Die<br />
Größe der Klimakammer erlaubt es,<br />
große Traktionsbatterien in dieser<br />
Kammer zu betreiben.<br />
Zur Simulation der Achslast sind in<br />
der aktuellen Ausbaustufe zwei Asynchron-Lastmaschinen<br />
installiert, durch<br />
die definierte Drehzahl-/Drehmoment-<br />
Punkte oder eine Straßensimulation eingestellt<br />
werden können, ❸.<br />
Neu ist die Verwendung des Prüfstands<br />
für die Simulation hochdynamischer<br />
Fahrmanöver, die mithilfe des neu<br />
entwickelten Antriebsumrichters und<br />
eines komplexen Regelalgorithmus möglich<br />
sind. Die Gesamtleistung beider<br />
Lastmaschinen auf einer Achse liegt bei<br />
nominal 500 kW und das Nenndrehmoment<br />
bei circa 2100 Nm je Lastmaschine.<br />
Für Umwelttests können beide Kammern<br />
separat <strong>von</strong>einander <strong>von</strong> – 30 bis<br />
+ 50 °C temperiert werden. Für spezielle<br />
Komponententests können die Bauteile<br />
Temperaturen bis zu 140 °C ausgesetzt<br />
werden.<br />
Über die zusätzliche Batteriesimulation<br />
werden jeweils beide Klimakammern<br />
mit einer Spannung <strong>von</strong> bis zu<br />
850 V (Leistungen bis zu 500 kW sind<br />
möglich) versorgt.<br />
50<br />
❸ Übersicht Antriebssystemprüfstand (mögliche Prüflinge in Orange)<br />
VOLLLASTANFAHRT<br />
Bei diesem Test fährt ein Fahrzeug mit<br />
Vorderachsantrieb im Vorwärtsgang auf<br />
einer geraden Straße und befindet sich<br />
anfangs im Kriechmodus. Der Reibwert,<br />
der am Prüfstand vorgegeben wird, entspricht<br />
einer trockenen Straße.<br />
Die gemessenen Drehmomente an den<br />
Seitenwellen, ❹, weisen auf ein starkes<br />
Schwingen im Antriebsstrang hin.<br />
Erkennbar ist die ungleiche Drehmomentverteilung<br />
zwischen rechts und links, die<br />
sich am Prüfstand automatisch einstellt.<br />
Durch Variation <strong>von</strong> Umgebungsparametern<br />
kann dieser Test auf einfache Weise<br />
verändert und in kürzester Zeit wiederholt<br />
werden. Durch die Änderung der Reibwertvorgaben<br />
an jedem einzelnen Rad<br />
kann das Verhalten des Antriebsstrangs<br />
bei unterschiedlichem Untergrund untersucht<br />
werden. Die Einstellung des Steigungswinkels<br />
der Straße kann im Fahrzeugmodell<br />
vorgegeben werden, was in<br />
Kombination als Testfall „Anfahren am<br />
Berg mit unterschiedlichen Fahrbahnbelägen“<br />
zum Beispiel für eine Funktionsüberprüfung<br />
der Anfahrhilfe verwendet werden<br />
kann.<br />
DYNAMISCHER<br />
LASTFALL EISPLATTE<br />
Das Fahrzeug fährt dazu auf einer geraden,<br />
trockenen Straße und beschleunigt.<br />
Während des Beschleunigungsvorgangs<br />
fährt die linke Fahrzeugseite über eine<br />
kurze, rutschige Stelle, wie beispiels-
Um die realistische Darstellung dieser<br />
Belastungen für den Prüfling am Prüfstand<br />
mit den Belastungen auf der Straße<br />
vergleichen zu können, wurde dieser Test<br />
mit einem Fahrzeug mit geeigneter Messtechnik<br />
auf einem Testgelände wiederholt.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass die Nachbildung<br />
am Prüfstand jetzt möglich ist, ❺.<br />
LASTZYKLUS MIT<br />
ANTRIEBSSTRANGSCHWINGEN<br />
❹ Gemessene Drehmomente an den Seitenwellen bei Volllastfahrt<br />
weise eine Eisplatte. Zunächst dreht das<br />
linke Vorderrad durch und wird gleich<br />
wieder <strong>von</strong> der trockenen Straße<br />
ab gebremst. Auf grund der enormen<br />
Drehmomentstöße ist dieses Szenario<br />
eine Herausforderung für den Antriebsstrang<br />
ge nauso wie für den Prüfstand.<br />
Diese Belastung ist durch die starken<br />
Schwingungen der Drehmomente auf<br />
der Achse zu erkennen.<br />
In diesem Szenario fährt das Fahrzeug<br />
auf gerader trockener Straße einem vorgegebenen<br />
Geschwindigkeitsprofil nach. Im<br />
Verlauf des Drehmoments ist das Schwingen<br />
des Antriebsstrangs zu erkennen. Im<br />
normalen Fahrbetrieb ist eine Analyse<br />
des Seitenwellenmoments nur mit empfindlicher<br />
Drehmomenterfassung möglich<br />
und lässt sich auch nicht auf Basis der<br />
Raddrehzahlen erschließen, ❻.<br />
Wenn solche unerwünschten Effekte<br />
erst im Gesamtaufbau im Fahrzeug auftreten,<br />
werden diese Schwingungen eventuell<br />
gar nicht oder zu spät erkannt und beein-
MESS- UND PRÜFTECHNIK PRÜFSTÄNDE<br />
trächtigen Qualität und Dauerhaltbarkeit.<br />
Durch den speziellen Aufbau des ASP ist<br />
die Entdeckung und Analyse solcher Probleme<br />
im Gesamtfahrzeug möglich. Der<br />
Prüfstand eignet sich daher auch gut für<br />
Fahrdynamiktests und -applikationen <strong>von</strong><br />
E- über Hybrid- bis hin zu konventionellen<br />
Antrieben mit Automatikgetriebe.<br />
TESTSYSTEM FÜR REIFEGRAD-<br />
UND AUFWANDSERMITTLUNG<br />
Bei der Betrachtung aktueller Entwicklungsprozesse<br />
nach dem V-Modell ist<br />
ersichtlich, dass die Entwicklungslandschaft<br />
durch ihren Aufbau, verschiedene<br />
Abteilungen und Entwicklungsphasen<br />
<strong>von</strong> einer hohen Anzahl an Software-<br />
Tools und Prozessen geprägt ist. Die Koordination<br />
und Überwachung erfordert<br />
einen hohen administrativen Einsatz.<br />
Das Ziel hinter diesen Prozessen ist,<br />
<strong>von</strong> der Spezifikation bis zur finalen<br />
Freigabe alle Anforderungen nachvollziehbar<br />
in Testfälle zu übertragen, zu<br />
testen und für die Freigabe zu bewerten.<br />
Für diese einzelnen Phasen werden<br />
unterschiedliche Tools verwendet, die<br />
nicht vollständig durchgängig und<br />
untereinander verknüpft sind. Eine automatische<br />
Übertragbarkeit und Pflege der<br />
Daten ist somit kaum möglich. Die Be -<br />
wertung des Entwicklungsfortschritts<br />
und des Reifegrads ist daher mit hohem<br />
manuellen Aufwand für das Zusammenfassen<br />
und Interpretieren <strong>von</strong> Informationen<br />
aus den einzelnen Bereichen verbunden.<br />
Dies gilt im Besonderen, wenn<br />
stark verteilte beziehungsweise vernetzte<br />
Funktionen und Systeme ohne<br />
durchgängiges Fehler- und Change-<br />
Management zu entwickeln sind. Bei<br />
jeglichen durchgeführten oder geplanten<br />
Änderungen während der Entwicklung<br />
und nach jedem Fehlerfall ist der Aufwand<br />
und Umfang <strong>von</strong> Nachtests nur<br />
manuell und sehr aufwendig ermittelbar.<br />
Daher sind auch die Kosten und<br />
Zeitverluste häufig nicht vor einem<br />
Änderungsbeschluss verfügbar.<br />
Um in einem komplexen Prüfstandsumfeld<br />
wie dem des ASP für unterschiedlichste<br />
Kunden schnell, vollständig und<br />
möglichst automatisiert testen und auswerten<br />
zu können, wird zukünftig ein<br />
übergeordnetes Testsystem ergänzend zu<br />
den schon bestehenden Prozessen und<br />
Tools der Entwickler eingesetzt. Auf<br />
diese Weise kann final eine durchgängig<br />
nachvollziehbare Erprobung unabhängig<br />
52<br />
<strong>von</strong> Entwicklungsphase, Erprobungsplattform<br />
und -tool ermöglicht werden.<br />
SYSTEMATIK UND VERNETZUNG<br />
DES TESTSYSTEMS<br />
Testsystembeschreibungen und deren<br />
Anforderungen werden analog zu der<br />
Systematik des V-Entwicklungsmodells<br />
für die jeweils zu prüfenden Umfänge aus<br />
den Einzeltestbereichen erstellt; im Falle<br />
eines Antriebssystems also zum Beispiel<br />
für die E-Maschine, die Leistungselektronik<br />
oder das Hochvolt-Batteriesystem. Die<br />
Verbindung zwischen dem Komponenten-,<br />
System- und Gesamtfahrzeugtest ist<br />
mit den aktuellen Testtools am Markt<br />
grundsätzlich um setzbar, muss aber im<br />
Einsatzfeld eines Prüfstands generisch<br />
bleiben, um kundenspezifische Anforderungen<br />
flexibel berücksichtigen zu können.<br />
Die Kenntnis der funktionalen<br />
Zusammenhänge auf und zwischen den<br />
jeweiligen Systemebenen (Antrieb und<br />
Fahrzeug) sowie die Verfügbarkeit eines<br />
Testsystems, das konkrete Testfälle hierfür<br />
bereithält, erlauben der <strong>MBtech</strong>,<br />
zukünftig noch mehr Unterstützung bei<br />
der Gestaltung einer vollumfänglichen<br />
Absicherung anzubieten.<br />
Die möglichen Testfälle auf dem ASP<br />
lassen sich in sechs Hauptgruppen zu -<br />
sammenfassen, die einzeln oder in Kombination<br />
verwendet werden können:<br />
❺ Gemessene Drehzahlen und Drehmomente beim Überfahren einer Eisplatte (1 m)
:Straßensimulationen<br />
(Kunden- und Normzyklen)<br />
:Dauerläufe/-tests<br />
:dynamische Lastfälle<br />
:Fahrzeugfunktions-/applikationstests<br />
:Klimatests (zum Beispiel<br />
Thermomanagement, Kaltstart)<br />
:Elektrik und Elektronik (zum Beispiel<br />
Laden, Vernetzung, Isolation).<br />
Die Verknüpfungen <strong>von</strong> Testtool-APIs<br />
(Programmierschnittstellen) und Environment-Steuerungen,<br />
wie beispielsweise<br />
für unterschiedlichste Prüflingskonditionierungen<br />
erforderlich, sind in den Systemen<br />
der Prüfstandssteuerungen frei<br />
programmierbar integriert. Die dazu<br />
noch benötigten Informationen der<br />
Anforderungen, des Konfigurations- und<br />
des Change-Managements sind hierzu<br />
aber noch nicht immer kombinierbar.<br />
Der Prüfstandsingenieur muss also für<br />
neue Testumfänge aus den vom Kunden<br />
vorgegebenen Testbeschreibungen die<br />
jeweils notwendigen Prüfstandsbefehle<br />
beziehungsweise Prüfabläufe ableiten<br />
und zusätzlich die Konfiguration des<br />
Prüflings planen, um so die benötigte<br />
Prüfzeit abschätzen zu können.<br />
Die gestartete Entwicklung ist Ausgangspunkt<br />
für eine spezifische Testsystemtopologie,<br />
die eine Vernetzung<br />
mit der Testsystemkonfiguration, der<br />
Testdurchführung und des Reportings<br />
der erhaltenden Ergebnisse vorsieht.<br />
❻ Gemessene Schwingungen<br />
Mai 2013<br />
Automotive Engineering Partners