Grosse Trauer um kleine Tiere (Seiten 60-63) - Natürlich
Grosse Trauer um kleine Tiere (Seiten 60-63) - Natürlich
Grosse Trauer um kleine Tiere (Seiten 60-63) - Natürlich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Lebensstil GESELLSCHAFT<br />
Mehr als nur ein Tier<br />
Auch Bauernsohn Karl Saner kommt ins<br />
Schwärmen, wenn er von seinem liebsten<br />
Tier erzählt. Zwar leben auf dem Hof von<br />
Saners auch noch Katzen, Hühner,<br />
Kaninchen und Schafe – doch für den<br />
jungen Mann geht nichts über die Kuh.<br />
Ihre Grösse, die imposanten Hörner, die<br />
Rangkämpfe untereinander und ihre völlig<br />
unterschiedlichen Persönlichkeiten,<br />
das alles sei es, was ihn an Kühen fessle.<br />
Dann erzählt Karl aus der Lebensgeschichte<br />
von Fiesta, seiner Lieblingskuh.<br />
In acht Jahren wirft sie elf Kälber, leider<br />
sind die letzten beiden Totgeburten. «Vor<br />
der letzten Geburt wurde Fiesta sehr<br />
krank; sie frass und trank nichts mehr.»<br />
Der Tierarzt entdeckt im Bauch des <strong>Tiere</strong>s<br />
einen Nagel und eine Geschwulst. Fiesta<br />
wird schwächer und schwächer.<br />
Karl beschafft sich mit Hilfe vom<br />
Grossvater heilende Kräuter, geht mit<br />
ihr spazieren, redet ihr gut zu – und<br />
tatsächlich: sie beginnt, wieder ein wenig<br />
Gras zu fressen. Doch ganz erholt sich<br />
Karls Lieblingskuh nicht mehr. Er habe<br />
geahnt, dass es nicht mehr gut komme,<br />
erzählt Karl. «Deshalb nahm ich schon<br />
damals von ihr Abschied.» Er sei immer<br />
und immer wieder zu ihr in den Stall<br />
gegangen. «Ich musste mir einfach sagen:<br />
ein Tier ist ein Tier, es stirbt einmal.»<br />
Aber das sagt sich so leicht. «Ich wollte<br />
nicht mehr zur Schule, nachts wollte ich<br />
bei ihr schlafen. – Ich war sehr traurig.»<br />
Karl bekam Fiesta geschenkt, als er<br />
sechs Jahre alt war. Er erinnert sich<br />
daran, als ob es erst gestern gewesen<br />
wäre: «Sie hat mich so herzig und lieb<br />
angeschaut.»<br />
Nein, es sei ihm ganz und gar unmöglich<br />
gewesen, diese Kuh in den Schlachthof<br />
zu begleiten. Er hätte niemals zuschauen<br />
können, wie man sein Lieblingstier<br />
tötet und anschliessend zerschneidet.<br />
Isst Du Fleisch? «Ja, ich esse Fleisch»,<br />
sagt Karl. Nur von «Hinkibein», seinem<br />
allerersten Schaf, das ganz lieb gewesen<br />
sei, habe er nichts essen können. Das<br />
Fell des <strong>Tiere</strong>s dient ihm seit Jahren<br />
als wärmende Matratzendecke.<br />
Der Abschied fällt schwer<br />
Abschied – auch für Vera ein trauriger<br />
Moment. Eines Morgens, bevor sie zur<br />
Schule ging, habe man ihr gesagt, wenn<br />
sie zurückkomme, sei Diva nicht mehr<br />
da. «Ich fragte, ob man sie nicht erst<br />
morgen einschläfern könne; es ging<br />
nicht. Ich habe Diva ziemlich lange<br />
gestreichelt, bis Mami sagte: jetzt musst<br />
du aber zur Schule. Ich sagte ‹tschüss!›<br />
zu Diva und ging.»<br />
Das alles geschah vor fünf Jahren.<br />
Vera war damals sieben Jahre alt. Nachträglich<br />
findet sie, dass das <strong>Trauer</strong>n <strong>um</strong><br />
das geliebte Haustier wichtig sei. Welchen<br />
Rat würde sie betroffenen Kindern<br />
geben? «Man soll einen Abend lang, vielleicht<br />
einen Tag lang Rückschau halten,<br />
das gemeinsam Erlebte noch einmal<br />
durchgehen, vielleicht gemeinsam mit<br />
der Familie Fotos anschauen. Aber nachher<br />
muss man wieder vorwärts blicken.»<br />
Nicht alle Eltern und Erwachsenen<br />
verstehen es, wenn ein Kind über den<br />
Tod eines <strong>Tiere</strong>s tief traurig ist. Vera<br />
und Karl haben das Glück, verständnisvolle<br />
Eltern zu haben. Sie nahmen die<br />
<strong>Trauer</strong> ihrer Kinder ernst.<br />
Weinen und <strong>Trauer</strong>n<br />
sind erlaubt<br />
Verena Grünig ist Tierpsychologin und<br />
erzählt von Reaktionen, die sie nicht gut<br />
findet. Da sagte eine Mutter zu ihrem<br />
Sohn, dessen Fisch gestorben war, er solle<br />
nicht «so blöd» weinen, es sei doch nur<br />
ein Fisch gewesen. – «Aber natürlich muss<br />
man weinen», sagt Verena Grünig. Das<br />
erleichtere einen. Es spiele auch keine<br />
Rolle, ob es ein Fisch, ein Vogel oder<br />
ein Elefant war; es komme nur darauf<br />
an, dass man das Tier gern gehabt habe.<br />
Letzte Ruhe für tote Haustiere<br />
Kleintierkrematorien<br />
In der Regel wird für die Kremation eine Grundgebühr<br />
verlangt. Diese beträgt bis zu Fr. 150.–,<br />
dazu kommt ein Betrag von rund Fr. 6.– pro Kilo<br />
Tier. Urnen gibt es ab Fr. 10.–. Separat berechnet<br />
werden weitere Dienstleistungen.<br />
Hier die Adressen von Tierkrematorien:<br />
• Tierkrematori<strong>um</strong> Cham / Schafisheim,<br />
www.tier-krematori<strong>um</strong>.ch<br />
• Tierkrematori<strong>um</strong> 4202 Duggingen,<br />
Telefon 061 741 20 21<br />
• Tierkrematori<strong>um</strong> 3422 Kirchberg BE,<br />
www.kleintierkrematori<strong>um</strong>.ch<br />
• Kleintierpraxis Uehlinger AG,<br />
4142 Münchenstein, Telefon 061 337 95 95<br />
• Tier-Krematori<strong>um</strong> Derrer, 8309 Nürensdorf,<br />
www.tierkrematori<strong>um</strong>-derrer.ch<br />
• Tierkrematori<strong>um</strong> 5703 Seon AG,<br />
http://www.tierkremation.ch<br />
Tierfriedhöfe<br />
• Läufelfingen (BL), Tierfriedhof am Wisenberg.<br />
Ein Grab kostet für drei Jahre Fr. 540.–.<br />
www.tier-friedhof.ch<br />
• In Münchenbuchsee (BE) betreibt der<br />
Tierarzt Fred Witschi einen pyramidenförmigen<br />
Urnenfriedhof. Kosten pro Platz:<br />
Fr. 570.– für drei Jahre.<br />
www.drwitschi.ch (Site ab Ende Dezember<br />
2006 in Betrieb).<br />
• In der Stadt Zürich ist es erlaubt, ein<br />
kremiertes Haustier im Familiengrab zu<br />
bestatten, allerdings ohne Inschrift. Auf<br />
dem Bestattungs- und Friedhofamt gibt es<br />
Formulare.<br />
Das Grab im Garten<br />
<strong>Tiere</strong> bis zu zehn Kilo Gewicht darf man im<br />
Prinzip in der ganzen Schweiz auch auf dem<br />
eigenen Grundstück begraben. Es gibt einzelne<br />
Gemeinden, die das nicht erlauben oder<br />
bestimmte Einschränkungen machen. Auf<br />
jeden Fall sollte das Tier mindestens 40 Zentimeter<br />
tief in einem Holzkistchen bestattet<br />
werden, damit es nicht von anderen <strong>Tiere</strong>n<br />
ausgegraben wird.<br />
Virtueller Tierfriedhof<br />
Im Internet gibt es viele virtuelle Tierfriedhöfe.<br />
Viele sind kostenpflichtig. Unter dem<br />
Suchbegriff «virtueller Tierfriedhof» findet<br />
sich ein grosses Angebot.<br />
Kadaver-Sammelstelle<br />
In die Kadaversammelstelle kann man das<br />
Tier selbst hinbringen oder via Tierarzt, der<br />
es eingeschläfert hat. Kadaver-Sammelstellen<br />
sind kostenlos. Wo sich die nächste Sammelstelle<br />
befindet, weiss die Gemeindeverwaltung.<br />
<strong>Natürlich</strong> | 12-2006 61