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15 – 18 Jahre / Gymnasialzeit II<br />

Mittwoch, 17.04.1996<br />

Ich bezweifle, dass ich das ganze Lernen tagein, tagaus noch lange<br />

durchhalte. Aber bald sind Ferien. Ich sage mir, das Wichtigste im<br />

Moment ist die Schule. Mach erstmal einen guten Abschluss, danach<br />

hast du genug Zeit zum Ausruhen.<br />

Samstag, 27.04.1996<br />

Mutti macht mich traurig. Sie tut mir leid und doch hasse ich sie<br />

manchmal. Die Liebe, die ich für sie empfinde, entschwindet immer<br />

mehr. Jedes Wochenende, wenn Robert von der Montage kommt,<br />

betrinken sich beide, bis sie bewusstlos ins Bett fallen. Am nächsten<br />

Morgen, wie auch heute, muss ich mir Muttis Gejammere anhören.<br />

Immer sagt sie, es wäre ihr eine Lehre, aber dann trinkt sie doch wieder.<br />

Manchmal trinkt sie auch unter der Woche eine ganze Flasche<br />

Wein. Und früh, wenn wir in die Schule müssen, sind wir allein in<br />

der Küche. Ich habe, da sie sowas tut, den Respekt vor ihr verloren.<br />

Ich bin unsagbar enttäuscht und beschämt, wenn ich sie immer sehe,<br />

wie sie am Morgen nicht aus dem Bett kommt, sich beim Frühstück<br />

den völlig zerzausten Kopf hält und sie mich mit den geschwollenen,<br />

roten und glasigen Augen anschaut. Wenn sie lacht, als wäre sie<br />

verrückt; wie sie sich bewegt in ihrer Trunkenheit. All das macht mir<br />

Angst und ich stürze ins Bad und weine mir die Augen aus, bis sie<br />

schmerzen. Wenn ich Mutti darauf anspreche, sagt sie nur, dass sie<br />

doch auch ein bisschen leben will. Doch das ist doch kein Leben, oder?<br />

Ich frage mich, ob ich überhaupt lebe, ob ich glücklich bin. Alle<br />

anderen Jugendlichen gehen in die Disko bis spät in die Nacht, treffen<br />

sich irgendwo und unternehmen was zusammen. Jeder ist in irgendeiner<br />

Clique. Ich bin in keiner Clique. Ich meide die Gegenwart von<br />

anderen Jugendlichen. Ein Stubenhocker bin ich. Krank sehe ich aus,<br />

weil ich den Rest des Tages immer in der Bude hocke. Ich habe keine<br />

Freunde. Ich könnte mir welche suchen, aber auch dagegen sträubt<br />

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