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Kurzskript zur Vorlesung Quantenmechanik I, Prof. W. Vogelsang ...

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<strong>Kurzskript</strong> <strong>zur</strong> <strong>Vorlesung</strong> <strong>Quantenmechanik</strong> I,<br />

<strong>Prof</strong>. W. <strong>Vogelsang</strong>, Univ. Tübingen, SoSe 2010<br />

<strong>Vorlesung</strong> 11.06.2010<br />

Der Vergleich von<br />

∆ = 1 r<br />

∂ 2<br />

∂r 2 r + 1 r 2 (<br />

∂<br />

2<br />

∂θ 2 + cot θ ∂ ∂θ + 1<br />

sin 2 θ<br />

∂ 2 )<br />

∂ϕ 2<br />

(1)<br />

und<br />

(<br />

ˆ⃗L 2 ∂<br />

= −¯h 2 2<br />

∂θ 2 + 1 ∂ 2<br />

sin 2 θ ∂ϕ 2 + cot θ ∂ )<br />

∂θ<br />

(2)<br />

zeigt, dass<br />

− ¯h2<br />

2m ∆ = − ¯h2 1<br />

2m r 2mr 2 . (3)<br />

Damit wird der Hamiltonoperator nach Gl. (21) aus der letzten <strong>Vorlesung</strong>:<br />

Ĥ = − ¯h2<br />

2m<br />

1<br />

r<br />

∂ 2 2<br />

ˆ⃗L<br />

∂r 2 r +<br />

∂ 2 2<br />

ˆ⃗L<br />

∂r 2 r +<br />

+ V (r) . (4)<br />

2mr2 Wie in der klassischen Mechanik kann man die beiden letzten Terme als<br />

effektives Potential ˆVeff (r) betrachten. Unser Ziel wird es jetzt sein, die<br />

stationäre Schrödingergleichung<br />

⎡<br />

⎤<br />

⎢<br />

⎣− ¯h2 1 ∂ 2 2<br />

ˆ⃗L<br />

2m r ∂r 2 r + 2mr 2 + V (r) ⎥<br />

⎦ ψ(r, θ, ϕ) = E ψ(r, θ, ϕ) (5)<br />

zu lösen. Dazu werden wir uns näher mit dem Drehimpulsoperator beschäftigen<br />

müssen. Wir können zunächst festhalten, dass<br />

[<br />

Ĥ, ˆ⃗ L<br />

2 ] = 0 . (6)<br />

Der Grund hierfür ist, dass ˆ⃗<br />

2<br />

L nur die Winkel θ und ϕ enthält, und keinerlei<br />

r-Abhängigkeit. Daher vertauscht er auf jeden Fall mit den Termen 1 ∂ 2<br />

r<br />

r<br />

∂r 2<br />

und V (r) in (4). Denn diese enthalten nur Abhängigkeit vom Radius r, und<br />

1


ei Wirkung auf die Wellenfunktion ψ(r, θ, ϕ) vertauschen Ableitungen nach<br />

r mit denen nach den Winkeln. Außerdem vertauscht ˆ⃗ L<br />

2<br />

mit sich selber.<br />

Damit folgt (6).<br />

In ähnlicher Weise finden wir<br />

[<br />

Ĥ, ˆLz<br />

]<br />

= 0 . (7)<br />

Es ist ja ˆL z = ¯h i<br />

1 ∂ 2<br />

r<br />

∂<br />

∂ϕ , was sofort bedeutet, dass ˆL z mit den radialen Anteilen<br />

r und V (r) in<br />

∂r Ĥ vertauscht. ˆLz vertauscht aber auch mit ˆ⃗<br />

2<br />

L : Die<br />

2<br />

Ableitungen nach θ in (2) haben keine Vorfaktoren, die ϕ enthalten und<br />

vertauschen damit mit ∂/∂ϕ. Ebenso vertauscht der Term ∂ 2 /∂ϕ 2 in (2)<br />

mit ∂/∂ϕ. Insgesamt folgt also (7). Wir können ebenfalls zeigen, dass<br />

[<br />

Ĥ, ˆLx<br />

]<br />

=<br />

[<br />

Ĥ, ˆLy<br />

]<br />

= 0 . (8)<br />

Dies benötigt eine etwas längere Rechnung. Da wir später auf leichtere Weise<br />

zu diesem Ergebnis kommen werden, verzichten wir an dieser Stelle auf den<br />

Beweis. Insgesamt haben wir also:<br />

[<br />

Ĥ, ˆ⃗ L<br />

]<br />

= 0 . (9)<br />

Dies gilt generell für Zentralkraftprobleme. Welche Bedeutung hat diese<br />

Gleichung? Wir erinnern uns an die klassische Mechanik. Dort galt für Zentralkraftprobleme<br />

mit Koordinatenursprung im Kraftzentrum die Drehimpulserhaltung.<br />

Man kann diese schreiben als<br />

d<br />

dt ⃗ L =<br />

{ ⃗L, H<br />

}<br />

= 0 , (10)<br />

wobei {. , .} die Poisson-Klammer bezeichnet. Die Erhaltung des Drehimpulses<br />

entspricht also dem Verschwinden der Poissonklammer mit der Hamiltonfunktion.<br />

In der <strong>Quantenmechanik</strong> hatten wir in I.2.6. die Heisenberg-<br />

Gleichung kennen gelernt:<br />

d<br />

dt<br />

〈ˆ⃗L<br />

〉<br />

= ī h<br />

〈[Ĥ, ˆ⃗ L<br />

]〉<br />

. (11)<br />

Da die rechte Seite nach Gl. (9) verschwindet, folgt also, dass für Zentralprobleme<br />

die Erwartungswerte des Drehimpulsoperators erhalten sind.<br />

2


III.2. Drehimpulsalgebra<br />

Wir untersuchen nun den Drehimpulsoperator genauer. Wir tun dies zunächst<br />

für den allgemeinen Operator, d.h., unabhängig von der Darstellung.<br />

III.2.1. Drehimpulsoperatoren<br />

Wir halten zunächst fest, dass zwischen den Komponenten des Orts- und<br />

des Impulsoperators folgende Kommutatorrelationen gelten:<br />

[ˆx, ˆp x ] = [ŷ, ˆp y ] = [ẑ, ˆp z ] = i¯h . (12)<br />

Alle anderen Kommutatoren, also z.B. [ˆx, ˆp y ], [ˆx, ŷ], [ˆp x , ˆp y ] verschwinden.<br />

Dies wird unmittelbar klar, wenn man z.B. im Ortsraum bedenkt, dass die<br />

Operatoren auf eine Wellenfunktion ψ(x, y, z) wirken und Ableitungen nach<br />

verschiedenen Koordinaten vertauschen.<br />

Der Operator ˆ⃗ L ist hermitesch. Zum Beispiel haben wir<br />

ˆL z = ˆx ˆp y − ŷ ˆp x . (13)<br />

Es ist<br />

(ˆx ˆp y ) † = ˆp † y ˆx † = ˆp y ˆx = ˆx ˆp y . (14)<br />

Also ist ˆx ˆp y hermitesch und genauso auch ŷ ˆp x , und damit ˆL z . In (14) haben<br />

wir zunächst benutzt, dass (AB) † = B † A † , dann die Hermitizität von ˆx und<br />

ˆp y , und schließlich, dass ˆx und ˆp y vertauschen. (In der Tat gilt allgemein,<br />

dass das Produkt zweier hermitescher Operatoren wieder hermitesch ist,<br />

wenn die beiden vertauschen.)<br />

Wir untersuchen nun die Vertauschungsrelationen der Komponenten des<br />

Drehimpulsoperators:<br />

[ˆL x , ˆL y ] = [ŷˆp z − ẑ ˆp y , ẑ ˆp x − ˆxˆp z ]<br />

= [ŷˆp z , ẑ ˆp x ] − [ŷˆp z , ˆxˆp z ] − [ẑ ˆp y , ẑ ˆp x ] + [ẑ ˆp y , ˆxˆp z ] . (15)<br />

Um die Terme zu vereinfachen, erinnern wir uns an die ”Produktregel” für<br />

Kommutatoren:<br />

[Â ˆB, Ĉ] = Â[ ˆB, Ĉ] + [Â, Ĉ] ˆB . (16)<br />

Wiederholte Anwendung liefert:<br />

[Â ˆB, Ĉ ˆD] = Â[ ˆB, Ĉ ˆD] +<br />

[Â, Ĉ ˆD] ˆB<br />

= ÂĈ[ ˆB, ˆD] + Â[ ˆB, Ĉ] ˆD + Ĉ[Â, ˆD] ˆB + [Â, Ĉ] ˆD ˆB . (17)<br />

3


Wir können diese Regel auf jeden der vier Terme in (15) anwenden. Dabei<br />

sehen wir, dass die rechte Seite von (17) verschwindet, wenn die vier Operatoren<br />

Â, ˆB, Ĉ, ˆD miteinander vertauschen. Auf der rechten Seite von (15)<br />

ist dies der Fall für den zweiten und den dritten Term. Vom ersten und<br />

vierten Term gibt es jeweils nur dann einen Beitrag, wenn ẑ und ˆp z in einem<br />

Kommutator aufeinandertreffen. Für den ersten Term in (15) trägt daher<br />

z.B. nur der Term Â[ ˆB, Ĉ] ˆD in (17) bei, und man hat insgesamt:<br />

[ˆL x , ˆL y ] = ŷ [ˆp z , ẑ]<br />

} {{ }<br />

=−i¯h<br />

= i¯h (ˆxˆp y − ŷˆp x )<br />

ˆp x + ˆx [ẑ, ˆp z ] ˆp y<br />

} {{ }<br />

=i¯h<br />

Genauso findet man:<br />

= i¯hˆL z . (18)<br />

[ˆL z , ˆL x ] = i¯hˆL y ,<br />

[ˆL y , ˆL z ] = i¯hˆL x . (19)<br />

Also haben wir eine ”zyklische” Vertauschungsregel: Man erhält die nächste<br />

Kommutatorrelation, wenn man den Operator auf der rechten Seite nach<br />

links bringt und die anderen Operatoren ”eine Stelle” weiter nach rechts<br />

schiebt. Die Drehimpulskomponenten bilden unter Kommutation eine Algebra,<br />

die geschlossen ist (d.h. sie ”bleiben untereinander”). Wir können<br />

Gln. (18),(19) übrigens auch kompakt schreiben als<br />

[ˆL i , ˆL j ] = i¯h<br />

3∑<br />

ε ijk ˆLk , (20)<br />

mit dem ε-Symbol, das wir in Übungsaufgabe 36 im letzten Semester kennen<br />

gelernt hatten. Dort hatten wir auch gesehen, dass die klassischen Drehimpulse<br />

eine zu (20) analoge Relation für die Poisson-Klammern erfüllen.<br />

Als nächstes berechnen wir<br />

]<br />

2<br />

[ˆ⃗L , ˆLz =<br />

[ˆL2 x + ˆL 2 y + ˆL 2 z, ˆL<br />

]<br />

z =<br />

[ˆL2 x + ˆL 2 y, ˆL<br />

]<br />

z<br />

k=1<br />

= ˆL x<br />

[ˆLx , ˆL<br />

]<br />

z +<br />

[ˆLx , ˆL<br />

]<br />

z<br />

ˆLx + ˆL y<br />

[ˆLy , ˆL<br />

]<br />

z<br />

} {{ } } {{ } } {{ }<br />

=−i¯h ˆL y =−i¯h ˆL y<br />

= −i¯hˆL x ˆLy − i¯hˆL y ˆLx + i¯hˆL y ˆLx + i¯hˆL x ˆLy<br />

[ˆLy , ˆL z<br />

]<br />

+<br />

} {{ }<br />

=i¯h ˆL x =i¯h ˆL x<br />

= 0 . (21)<br />

ˆLy<br />

4


Hier haben wir im ersten<br />

]<br />

Schritt wieder<br />

]<br />

die Produktregel (16) benutzt.<br />

2 2<br />

Ebenso findet man<br />

[ˆ⃗L , ˆLx =<br />

[ˆ⃗L , ˆLy = 0. Es sei bemerkt, dass diese<br />

beiden Gleichungen auch einen einfachen Beweis von (8) liefern, da ˆL x und<br />

ˆL y ja mit dem Radialanteil von Ĥ ebenfalls vertauschen.<br />

Insgesamt haben wir also die folgenden Kommutatoren:<br />

[<br />

Ĥ, ˆ⃗ L<br />

2 ] = 0 ,<br />

[Ĥ, ˆLx<br />

]<br />

[ˆ⃗L<br />

2<br />

, ˆLx<br />

]<br />

=<br />

=<br />

[Ĥ, ˆLy<br />

]<br />

=<br />

[ˆ⃗L<br />

2<br />

, ˆLy<br />

]<br />

[Ĥ, ˆLz<br />

]<br />

=<br />

[ˆ⃗L<br />

2<br />

, ˆLz<br />

]<br />

= 0 ,<br />

= 0 ,<br />

[ˆL x , ˆL y ] = i¯hˆL z (und zyklische Permutationen) . (22)<br />

Wir sehen, dass wir genau drei Operatoren wählen können, die alle untereinander<br />

vertauschen. Dies sind Ĥ, ˆ⃗ L<br />

2<br />

, sowie eine Komponente des Drehimpulses,<br />

für die wir ˆL z wählen. Diese drei Operatoren bilden also einen Satz<br />

von kommutierenden Operatoren. Dieser Satz kann nicht weiter vergrößert<br />

werden: Nähmen wir noch ˆL x oder ˆL y hinzu, so würden nicht mehr alle<br />

Operatoren miteinander vertauschen. Wir erinnern uns, dass es nach II.1.6.<br />

eine Basis des Hilbertraums aus gemeinsamen Eigenzuständen der drei kommutierenden<br />

Operatoren Ĥ, ˆ⃗ L<br />

2<br />

, ˆLz gibt. Die Eigenwerte der Operatoren<br />

sind simultan scharf messbar. Wir werden sie im Folgenden benutzen, um<br />

die möglichen Zustände z.B. beim Wasserstoffatom zu klassifizieren. So werden<br />

wir einen gemeinsamen Eigenzustand in der Regel mit<br />

| n l m 〉 (23)<br />

bezeichnen, wobei n, l, m die Eigenwerte von Ĥ, ˆ⃗ L<br />

2<br />

, ˆLz kennzeichnen.<br />

III.2.2. Eigenwertprobleme für ˆ⃗ L<br />

2<br />

und ˆLz<br />

Nach dem soeben Gesagten ist klar, dass wir die Eigenzustände und -werte<br />

von ˆ⃗ L<br />

2<br />

und ˆLz bestimmen müssen. Dies wird uns auch bei der Lösung der<br />

stationären Schrödingergleichung (5) sehr helfen.<br />

Wir zeigen zunächst, dass das Quadrat eines hermiteschen Operators<br />

Ô keine negativen Eigenwerte hat. Der Erwartungswert von Ô2 in einem<br />

5


eliebigen Zustand |ψ〉 ist<br />

〈ψ|Ô2 Ô herm.<br />

|ψ〉 = 〈ψ|Ô Ô|ψ〉 = 〈ψ|Ô† Ô|ψ〉 =<br />

〈Ôψ|Ôψ〉 ≥ 0 . (24)<br />

Hier haben wir im vorletzten Schritt die Definition des adjungierten Operators<br />

Ô† benutzt, und im letzten die Tatsache, das die Norm eines jeden<br />

Zustands ≥ 0 ist. Wählen wir für |ψ〉 einen Eigenzustand von Ô, so folgt<br />

die Behauptung.<br />

Aus (24) folgt, dass die Eigenwerte von ˆ⃗ L<br />

2<br />

ebenfalls größer oder gleich<br />

Null sind. Wir schreiben:<br />

ˆ⃗L 2 |lm〉 = ¯h 2 l(l + 1) |lm〉 ,<br />

ˆL z |lm〉 = ¯h m |lm〉 . (25)<br />

Dabei haben wir den Eigenwert von ˆ⃗ L<br />

2<br />

also mit ¯h 2 l(l + 1) bezeichnet, was<br />

die korrekte Einheit hat, wenn l eine einfache Zahl ist. Wir wissen, dass<br />

der Eigenwert ≥ 0 ist, also können wir ihn in dieser (auf den ersten Blick<br />

etwas kompliziert anmutenden) Weise schreiben, die sich später als günstig<br />

herausstellen wird. Es muss gelten l ≥ 0. Den Eigenwert von ˆL z haben wir<br />

¯h m genannt, mit einer reellen Zahl m.<br />

Es wird sich als sehr nützlich herausstellen, die Operatoren<br />

ˆL + = ˆL x + iˆL y ,<br />

ˆL − = ˆL x − iˆL y ≡ ˆL † + (26)<br />

einzuführen. Diese werden wie die Operatoren â † , â beim harmonischen<br />

Oszillator Auf- und Absteigeoperatoren werden, die uns von einem Eigenzustand<br />

zu einem anderen führen. Da ˆ⃗ L<br />

2<br />

mit ˆLx und ˆL y vertauscht, gilt:<br />

[ˆ⃗L<br />

2<br />

, ˆL±<br />

]<br />

= 0 . (27)<br />

Außerdem ist<br />

[ˆL + , ˆL z ] = [ˆL x + iˆL y , ˆL z ]<br />

(19)<br />

= −i¯hˆL y + i 2¯hˆL x = −i¯hˆL y − ¯hˆL x<br />

= −¯hˆL + . (28)<br />

Genauso zeigt man:<br />

[ˆL − , ˆL z ] = ¯hˆL − . (29)<br />

6

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