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Männer und Glück Nicht mit und nicht ohne

Eines Tages bat Heiner Ulrike, doch ganz zu ihm zu ziehen. Ulrike lehnte das ab. Eine Trennung von uns käme für sie nicht in Frage. Er liebe aber sie, und wolle mit ihr zusammen sein, und nicht mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn. Ulrike habe ihm darauf­hin klar gemacht, dass sie ihn zwar liebe und gern habe, ihre Tochter ihr aber noch mehr bedeute. „Dann geh doch zu deiner Tochter und vögel mit ihr.“ habe er wütend gerufen. Ulrike war aus dem Bett aufgestanden und sofort nach Hause gefahren. Sie kam heulend zu uns ins Zimmer, berichtete was sich zugetragen hatte, und verfluchte unablässig Heiner und sich selbst, dass sie sich darauf eingelassen hatte. In den nächsten Tagen rief Heiner ständig an. Wenn Ulrike seinen Namen oder seine Stimme hörte, legte sie sofort auf. Er wolle sich bei ihr entschuldigen, es täte ihm so schrecklich leid. Er könne sich selber nicht verzeihen, dass er so ausgerastet sei. Er habe Ulrike sehr tief ver­letzt, meinte ich zu ihm. Ich wisse nicht, ob er je wieder eine Chance bei ihr haben könne. Im Moment sei das jedenfalls wohl aussichtslos, eine Entschuldi­gung könne das nicht aus der Welt schaffen. Heiner rief auch dann nicht mehr an. Arme Ulrike.

Eines Tages bat Heiner Ulrike, doch ganz zu ihm zu ziehen. Ulrike lehnte
das ab. Eine Trennung von uns käme für sie nicht in Frage. Er liebe aber sie,
und wolle mit ihr zusammen sein, und nicht mit ihrer Tochter und ihrem
Schwiegersohn. Ulrike habe ihm darauf­hin klar gemacht, dass sie ihn zwar
liebe und gern habe, ihre Tochter ihr aber noch mehr bedeute. „Dann geh
doch zu deiner Tochter und vögel mit ihr.“ habe er wütend gerufen. Ulrike
war aus dem Bett aufgestanden und sofort nach Hause gefahren. Sie kam
heulend zu uns ins Zimmer, berichtete was sich zugetragen hatte, und
verfluchte unablässig Heiner und sich selbst, dass sie sich darauf eingelassen
hatte. In den nächsten Tagen rief Heiner ständig an. Wenn Ulrike seinen
Namen oder seine Stimme hörte, legte sie sofort auf. Er wolle sich bei ihr
entschuldigen, es täte ihm so schrecklich leid. Er könne sich selber nicht
verzeihen, dass er so ausgerastet sei. Er habe Ulrike sehr tief ver­letzt,
meinte ich zu ihm. Ich wisse nicht, ob er je wieder eine Chance bei ihr
haben könne. Im Moment sei das jedenfalls wohl aussichtslos, eine
Entschuldi­gung könne das nicht aus der Welt schaffen. Heiner rief auch
dann nicht mehr an. Arme Ulrike.

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damals verpönte Studium der kapitalistischen Betriebswirtschaft begonnen.<br />

Das große Industrieunternehmen, in dem ihr Vater beschäftigt war, hatte sie<br />

immer fasziniert. Dort hatte sie auch nach dem Studium eine Stelle bekommen,<br />

<strong>und</strong> Mark kennengelernt, der auch hier beschäftigt war. Ihre beruflichen<br />

Inhalte behandelte sie wie ihr wichtigen persönlichen Interessen, <strong>und</strong> war<br />

schon nach kurzer Zeit in der Firmen-Hierarchie aufgestiegen. Unabhängig von<br />

allen kapitalismuskritischen Gedanken machte ihr die Arbeit Spaß <strong>und</strong> sie erfuhr<br />

Bestätigung für ihre Kenntnisse <strong>und</strong> ihr Engagement. Als sie jedoch wegen<br />

Ellis nur noch <strong>mit</strong> halber St<strong>und</strong>enzahl arbeiten wollte, änderte sich alles. Sie<br />

bekam einen anderen, uninteressanteren Aufgabenbereich, war an<br />

Entscheidungsfindungen nur selten beteiligt, kam sich vor wie eine<br />

Aushilfskraft auf höherer Ebene. Sie fühlte sich an den Rand gedränt, kam sich<br />

unbeachtet vor. Sie überlegte sich, wieder voll zu arbeiten, aber wozu hatte sie<br />

eine Tochter, wenn sie einer Kinderfrau gehörte. Sie machte sich während der<br />

Jahre viel Gedanken über Aufgabe <strong>und</strong> Funktion ihrer Arbeit, <strong>und</strong> wollte, auch<br />

als sie es gekonnt hätte, gar <strong>nicht</strong> wieder voll arbeiten. Ihre Interessen hatten<br />

sich verlagert. Der früher eher vernachlässigte kulturelle Bereich war zum<br />

Schwerpunkt ihrer Interessen geworden. Sie habe das Leben entdeckt,<br />

beschrieb sie ihre gewandelten Vorlieben. Meinen Vater schien das überhaupt<br />

<strong>nicht</strong> zu tangieren. Er hatte wenig Zugang dazu, <strong>und</strong> verspürte auch kein<br />

Bedürfnis daran etwas zu ändern. Wenn er sich <strong>mit</strong> Ulrike in eine<br />

Opernaufführung schleppen ließ, ertrug er es hauptsächlich, weil man als<br />

akademisch Gebildeter so etwas ja <strong>nicht</strong> ablehnte, aber genießen konnte er<br />

<strong>nicht</strong>s daran. Mein Vater Mark hatte Ulrikes Entwicklung <strong>nicht</strong> im Geringsten<br />

<strong>mit</strong>vollzogen. Sie war <strong>nicht</strong> mehr die, die er mal geliebt hatte, <strong>und</strong> er war es<br />

<strong>nicht</strong> für sie. Sie lebten zwar zusammen, aber wussten <strong>nicht</strong>s mehr<br />

<strong>mit</strong>einander anzufangen, dass ihnen beiden Freude bereitete. So war es<br />

hauptsächlich Ulrikes Initiative zu verdanken, die sich fragte, welche<br />

Bedeutung ihr Zusammensein überhaupt noch habe, <strong>und</strong> die lieber frei <strong>und</strong><br />

ungeb<strong>und</strong>en sein wollte. Ein schönes Leben hatte sie sich für die Zukunft<br />

vorgestellt, aber auch wenn es <strong>nicht</strong> so eingetreten war, nach den alten<br />

Zuständen hatte sie sich keinen Tag zurückgesehnt. Die Basis für ein<br />

aufregendes, spannendes Leben war also schon vor zehn Jahren gelegt<br />

gewesen, nur sie hatte es <strong>nicht</strong> entwickelt, sondern immer mehr einschlafen<br />

lassen. Jetzt lebte sie wieder auf, in ihrem Leben, dass sie schon vor so vielen<br />

Jahren entdeckt hatte.<br />

Ich liebte sie umso mehr. Sie kam mir oft viel lebendiger <strong>und</strong> lebhafter vor als<br />

ich mir selber. Mir fielen dann Bilder ein aus ihrer wilden bewegten Studienzeit,<br />

von der sie mir öfter Storys erzählt hatte. Ich sah sie wie eine junge ausgelassene<br />

Studentin, die noch alles erleben wollte, <strong>und</strong> beneidete sie. Bei mir selbst<br />

hatte sich alles in relativ ruhigen, harmonischen Bahnen abgespielt. Ich hatte<br />

zwar mehrere unterschiedliche Beziehungen gehabt, aber verliebt in einen<br />

Mann, von dem ich dachte, <strong>mit</strong> ihm immer zusammenleben zu wollen, war ich<br />

– außer zu Beginn, wenn man das immer denkt – nie. Bei John war das noch<br />

am stärksten so. Möglicherweise habe ich es ja auch deshalb so lange <strong>mit</strong> ihm<br />

ausgehalten, weil ich selbst <strong>nicht</strong> wahrhaben wollte, das es <strong>nicht</strong> funktionierte.<br />

Der Wunsch, Kinder zu bekommen, hat sich bei mir nie eingestellt. Ich denke,<br />

er könnte sich allenfalls dann entwickeln, wenn ich mich sicher fühlte, <strong>mit</strong> ei-<br />

Männer <strong>und</strong> Glück – Seite 11 von 43

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