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Mira und Laurent Kann es sein, dass wir uns lieben?

An einem kleinen Tisch saß eine junge Frau, die offen­sichtlich ebenfalls Studentin war, wie fast alle, die hier in Uni-Nähe verkehrten. Dass sie einen dicken Bauch hatte, also schwanger war, bemerkte ich erst, als ich bei ihr am Tisch Platz nahm. So etwas Dämliches auf Schwangerschaft und Kinder Bezogenes wollte ich nicht ansprechen. Ich fragte sie einfach, was sie studiere. „Medizin, was sonst? Brauche ich bei dem Bauch demnächst ja drin­gend, oder?“ reagierte sie mit einem leicht verschmitzten Lächeln. „Na ja, aber ich bin ja auch nicht angefangen Kfz-Ingenieur zu werden, als ich mir ein Auto kaufte. Meinst du, ich sollte es doch lieber machen?“ wandte ich fragend ein. „Ich hatte ja das Glück, es vorher auch schon zu machen, während du wahr­scheinlich ganz von vorne anfangen müsstest. Du solltest dir vielleicht einen Freund zulegen, der so etwas kann. Ich denke, es könnte schon lustig werden, sich weiter Gedanken über deine berufliche Perspektive zu machen, Herr Inge­nieur, aber ich muss jetzt unbedingt nach Hause und mich ein wenig hinlegen.“

An einem kleinen Tisch saß eine junge Frau, die offen­sichtlich
ebenfalls Studentin war, wie fast alle, die hier in Uni-Nähe
verkehrten. Dass sie einen dicken Bauch hatte,
also schwanger war, bemerkte ich erst, als ich bei ihr am Tisch
Platz nahm. So etwas Dämliches auf Schwangerschaft und
Kinder Bezogenes wollte ich nicht ansprechen. Ich fragte
sie einfach, was sie studiere. „Medizin, was sonst? Brauche ich
bei dem Bauch demnächst ja drin­gend, oder?“ reagierte sie
mit einem leicht verschmitzten Lächeln. „Na ja, aber ich bin
ja auch nicht angefangen Kfz-Ingenieur zu werden, als ich mir
ein Auto kaufte. Meinst du, ich sollte es doch lieber machen?“
wandte ich fragend ein. „Ich hatte ja das Glück, es vorher
auch schon zu machen, während du wahr­scheinlich ganz
von vorne anfangen müsstest. Du solltest dir vielleicht
einen Freund zulegen, der so etwas kann.
Ich denke, es könnte schon lustig werden, sich weiter
Gedanken über deine berufliche Perspektive zu machen,
Herr Inge­nieur, aber ich muss jetzt unbedingt
nach Hause und mich ein wenig hinlegen.“

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te meine Wange <strong>und</strong> lächelte wieder. „Ich habe dich beleidigt, nicht wahr? Ich will das<br />

nicht. Es tut mir leid, ganz schrecklich leid. Mir war nur vor längerer Zeit schon mal aufgefallen,<br />

<strong>dass</strong> <strong>es</strong> für <strong>uns</strong> beide ganz anders läuft. Mein Studium <strong>und</strong> später meinen Job<br />

werde ich machen, werde <strong>es</strong> ordentlich machen, aber <strong>es</strong> <strong>wir</strong>d nie mein Leben <strong>sein</strong>. Es<br />

hat für mich eine Funktion wie Hausaufgaben, mein Leben findet anderswo statt. Bei dir<br />

ist <strong>es</strong> aber anders. Es ist nicht eine Pflicht die du erfüllen musst, <strong>es</strong> bedeutet dir etwas,<br />

du machst <strong>es</strong> gern. Ich wollte das eigentlich nur mal mit dir ansprechen <strong>und</strong> habe mich<br />

dann völlig verrannt. Wir sind keine anderen Menschen <strong>und</strong> ich empfinde mich auch<br />

nicht als deine Zweitfrau. Ich weiß, <strong>dass</strong> du mich über all<strong>es</strong> liebst <strong>und</strong> ich dir außerordentlich<br />

viel bedeute. Meinst du, <strong>es</strong> könnte all<strong>es</strong> so werden, als ob das nicht g<strong>es</strong>chehen<br />

wäre, <strong>Laurent</strong>?“ fragte sie, <strong>und</strong> ich meinte: „Nein, nein <strong>Mira</strong>, für so völlig abwegig <strong>und</strong><br />

uninter<strong>es</strong>sant halte ich das gar nicht, was du g<strong>es</strong>agt hast, sonst wär<strong>es</strong>t du ja auch nicht<br />

darauf gekommen. Dass du dich daran orientierst, wo du die meiste, dir am bedeutsamsten<br />

erscheinende Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Anerkennung bekommst, ist fast überall so.<br />

Schau dir doch mal die ganzen Teeni<strong>es</strong> an, die alle Stars werden wollen. Öffentlich bew<strong>und</strong>ert<br />

werden, welch größere Aufmerksamkeit gibt <strong>es</strong>. Natürlich bedeutet <strong>es</strong> mir auch<br />

etwas, zu erfahren, <strong>dass</strong> du etwas weißt, etwas kannst, das andere dich beachten <strong>und</strong><br />

anerkennen, <strong>es</strong> ist nicht unwichtig. Aber ich glaube, bei dir <strong>wir</strong>d <strong>es</strong> nicht viel anders<br />

<strong>sein</strong>. Alle brauchen das mehr oder weniger intensiv. In deiner Vorstellung <strong>wir</strong>st du nicht<br />

nur die Frau mit einem netten Fre<strong>und</strong> <strong>sein</strong>, sondern auch die Frau, die mit ihrer Klugheit,<br />

ihrer Intelligenz, ihrem Humor etc. zufrieden ist <strong>und</strong> das bekommst du durch etwas<br />

b<strong>es</strong>tätigt. Es gibt etwas das dir als eine solche Frau Aufmerksamkeit schenkt dich<br />

anerkennt. Deine Selbstachtung <strong>und</strong> deine Selbstwertschätzung sind durchwoben von<br />

Anerkennungen <strong>und</strong> wären ohne entsprechende Aufmerksamkeit die dir zuteil <strong>wir</strong>d nicht<br />

denkbar. Vor allem aber ist dein Selbstbild doch viel differenzierter. Ich denke nicht, das<br />

ich sagen kann, ich definiere mich über meine Arbeit, ich bin w<strong>es</strong>entlich mehr. Ich bin<br />

auch der, der Literatur liebt, der sich gern Opern anschaut <strong>und</strong> viel<strong>es</strong>, viel<strong>es</strong> mehr. All<strong>es</strong><br />

was du an mir entdeckst <strong>und</strong> viel<strong>es</strong> was du noch nicht an mir entdeckt hast. Eine Dichotomie<br />

Arbeit oder Beziehung kann <strong>es</strong> nicht geben. Meine Persönlichkeit gleicht ehr einem<br />

Biotop mit vielen darin vorkommenden Einzelbereichen die miteinander agieren<br />

<strong>und</strong> schon mit einander harmonieren müssen. Oder kannst du das gar nicht so ähnlich<br />

sehen, <strong>Mira</strong>?“ <strong>Mira</strong> sah mich ernst an, dann lächelte sie <strong>und</strong> mit einem lachenden „Herr<br />

Berger, sie sind ja so gebildet.“ fiel sie über mich her. Wir balgten <strong>und</strong> küssten <strong>uns</strong>. <strong>Mira</strong><br />

saß halb auf mir <strong>und</strong> stützte sich mit ihrem Armen in Höhe mein<strong>es</strong> Kopf<strong>es</strong> auf dem Bett<br />

ab. Sie schaute in meine Augen <strong>und</strong> fragte: „Jetzt?“ Natürlich. Wir b<strong>lieben</strong> einfach<br />

aufeinander liegen, jeder betastete mit <strong>sein</strong>en Fingern das erschöpfte glückliche G<strong>es</strong>icht<br />

d<strong>es</strong> anderen. „Ich glaube ein bisschen gehört das zur Liebe doch schon dazu. Würde<br />

zumind<strong>es</strong>t ganz gut dazu passen, nicht wahr?“ sinnierte <strong>Mira</strong> <strong>wir</strong> lachten <strong>und</strong> rollten <strong>uns</strong><br />

auf die Seite.<br />

Nalanis Club<br />

Nalani hatte von alledem nichts mitbekommen. Wenn sie schlief, lebte sie anscheinend<br />

in einer anderen Welt, in der sie Geräuschen <strong>und</strong> Belästigungen aus di<strong>es</strong>er Welt nicht<br />

zugänglich war. Wir hatten <strong>uns</strong> gerade zum Abendbrot g<strong>es</strong>etzt, als Nalani mitteilte, <strong>dass</strong><br />

sie sich jetzt wieder in di<strong>es</strong>er Welt befinde: „Nalani, wer <strong>wir</strong>d denn so ein G<strong>es</strong>chrei machen?<br />

Freudenlieder musst du singen, ja, etwa so:<br />

Freut euch, ihr Nalanis alle!<br />

<strong>Mira</strong> <strong>und</strong> <strong>Laurent</strong> – Seite 29 von 34

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