Albvereinsblatt_2008-1.pdf
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Malerische Blickpunkte – ein Ratespiel<br />
Jürgen Palmtag<br />
Feld kaufen – Geister rufen, 2006<br />
Bisher haben wir in unserer Serie Gemälde und Zeichnungen<br />
gezeigt, die im Großen und Ganzen herkömmlichen Erwartungen<br />
von Landschaftsbild entsprachen. Heute stellen<br />
wir zwei ganz junge Werke vor, die diese Erwartungen<br />
sicherlich durchbrechen. Sie stehen im Zusammenhang mit<br />
der derzeitigen Sonderausstellung »TEXTBILD: Oliver Grajewski<br />
– Jürgen Palmtag« in der Galerie Albstadt, die im<br />
Rahmen der 24. Baden-Württembergischen Literaturtage<br />
in Albstadt eröffnet wurde und noch bis zum 20. Januar<br />
<strong>2008</strong> zu sehen ist.<br />
Das großformatige Schrift-Bild »Feld kaufen – Geister rufen«<br />
von Jürgen Palmtag (*1951) zieht die Sonderausstellung<br />
gleichsam in die Abteilung »Alb-Spaziergang« hinein.<br />
Jürgen Palmtag lebt in Schörzingen am Fuß der Schwäbischen<br />
Alb. Er stellt die Betrachter vor ein Landschaftsbild<br />
ganz anderer Art. Das Lesen der wie auf einer Graffiti-Wand<br />
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in scheinbarer Zufälligkeit auf die Fläche versammelten<br />
Sen tenzen löst eine Vielzahl von Bildern aus. Die Bildhaltig -<br />
keit der Sprache ersetzt hier sozusagen das traditionelle<br />
Land schaftsbild – und ist dabei auf fast bestürzende Weise<br />
aktuell. Landschaftsklischees (»Und der Irrtum – dass<br />
wo ein Schäfer – auch eine Schäferin«) treffen auf Bezeich -<br />
nun gen von Naturdenkmäldern (Mondmilchloch, Stockwerk -<br />
fichte, Maria im Fels), Sprichwörtliches (»wenn Hunde Gras<br />
fressen …«) trifft auf Aussagesätze, die teilweise zunächst<br />
skurril anmuten, im Ensemble aber immer mehr Facetten<br />
einer Landschaft beschreiben, die nicht nur von schönen<br />
Land strichen, sondern auch von strukturellen Problemen<br />
und vor allem von den dort lebenden Menschen und ihren<br />
Befindlichkeiten geprägt ist. Das mit roten Linien und roter<br />
Schrift umgrenzte Textfeld beschwört ein heutiges Landschaftsbild,<br />
in dem es weniger um topographische Wieder -<br />
gabe geht als um eine Beschreibung durch Bilder, die durch<br />
Sprache freigesetzt werden. Der gemalte rote Text-Rahmen<br />
»FELD KAUFEN – GEISTER RUFEN« proklamiert die<br />
Bildhaftigkeit dessen, was Schwarz auf Weiß das Bildfeld<br />
füllt.