Neue Szene Augsburg 2013-12
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info immer auch unter www.neue-szene.de
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MYTHOS FLIEGEN<br />
PAUL KLEE IM GLASPALAST<br />
Spiel der Kräfte einer Lechlandschaft,<br />
1917, Zentrum Paul Klee, Bern<br />
Paul Klee, München, 1916, Foto: Paula Stockmar<br />
Dass man allzu oft einen konkreten Bezug benötigt,<br />
um sich mit gewissen Dingen zu befassen,<br />
zeugt nicht gerade von ausgeprägtem Einfühlungsvermögen,<br />
liegt aber wohl in unserer Natur.<br />
Anders gesagt: Wetten, dass Sie Lech und Lechauen<br />
nach einem Besuch von „Mythos Fliegen“ im<br />
H2 anders sehen? Und die Ausstellung sowieso anders,<br />
weil Klee eben den Lech gemalt hat und nicht<br />
die Isar? Ist natürlich reiner Zufall, dass einer der<br />
„Wegbereiter der Klassischen Moderne“ (Ankündigung)<br />
ausgerechnet in Gersthofen stationiert<br />
war. Wenn dabei aber so eine interessante Ausstellung<br />
rausspringt, nichts dagegen!<br />
Es lohnt sich wirklich, dem Herrn Klee ein paar Stunden zu opfern, zumal<br />
viele der empfindlichen Werke nicht allzu oft zu sehen sein dürften. Dass<br />
ein bemaltes Ziegelstück nach fast hundert Jahren zum ersten Mal seinen<br />
Weg zurück in unsere Gegend gefunden hat und ein Werk vermutlich nie<br />
mehr auf Reisen gehen wird, sei da nur am Rande erwähnt.<br />
Die laut Christof Trepesch von den Kunstsammlungen <strong>Augsburg</strong> „sehr<br />
dichte Ausstellung“ ist sinnvollerweise in zwei Bereiche gegliedert: Im sogenannten<br />
„Black Cube“ wird der geschichtliche Hintergrund genauer beleuchtet,<br />
u.a. mit Postkarten, die Klee seiner Frau aus <strong>Augsburg</strong> schickte,<br />
und Material zur Fliegerei im Ersten Weltkrieg. Im „White Cube“ folgen 78<br />
Werke von Paul Klee, die größtenteils während seiner hiesigen Stationierung<br />
von Januar 1917 bis Dezember 1918 entstanden sind. Als Klee nach<br />
Gersthofen kam, war er gerade 37 geworden. Die Exponate sind allesamt<br />
eher kleine Formate, das größte Ausstellungsstück ist witzigerweise ein<br />
Drachen, der seinerzeit zur Feindaufklärung benutzt wurde.<br />
Die kleinen Formate erfordern geradezu den nahen Blick und belohnen mit<br />
einer unglaublichen Spannweite (um im Fliegerbild zu bleiben). Die Radierungen,<br />
Lithographien, Aquarelle, Feder- und Stiftzeichnungen, die der Soldat<br />
Klee auch während seiner Arbeit in der Kassenverwaltung anfertigte,<br />
sind teilweise sogar auf Arbeitspapier der Königlichen Fliegerschule entstanden.<br />
Die hier entwickelten Techniken und Motive tauchen in Klees späterem<br />
Werk immer wieder auf, bestes Beispiel dafür sind die Zickzacklinien<br />
aus der Lechlandschaft.<br />
Paul Klee selbst ist übrigens nie geflogen. Zum Glück. Am Ende hätte er<br />
nicht den Lech gezeichnet, sondern die Berge, oder gar die Isar... (flo)<br />
„Mythos Fliegen“ im H2 im Glaspalast ist<br />
bis 23.02.2014 zu sehen<br />
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do bis 20 Uhr,<br />
Mo geschlossen<br />
Ein umfangreiches Begleitprogramm mit<br />
Lesungen, Musik und Workshops begleitet<br />
die Ausstellung. Im Ballonmuseum Gersthofen<br />
beginnt am 05.<strong>12</strong>. „Joachim Jung -<br />
Auf den Spuren von Paul Klee“.<br />
Fitzlibutzli (Der Feldherr), 1918, Musée d’Art<br />
Moderne et Contemporain de Strasbourg