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Mimikry

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<strong>Mimikry</strong><br />

1990<br />

EINE SEMIOTISCHE<br />

BETRACHTUNG<br />

macht es so schwierig eine Fliege zu erwischen. Sogar beim Menschen<br />

differiert die Farbsichtigkeit erheblich. Damit liegt nahe, dass für<br />

die Gefahrerkennung der Hell/dunkel-Kontrast in Verbindung mit der<br />

Form, also den Streifen, die entscheidendere Rolle spielt. Wahrnehmung<br />

und Individualität erhöhen die Komplexität von Farbzeichen zu<br />

sätzlich. Betrachten wir die Sache mal aus einfacher kultureller Sicht.<br />

Blau,<br />

Rot,<br />

Grün,<br />

Gelb<br />

Im Volksmund ist die Hoffnung blau, die Liebe rot, die Treue grün, gelb<br />

die Eifersucht usw. Haben wir diese Zusammenhänge nur gelernt, oder<br />

stecken wirkliche Assoziationen dahinter? Fest steht, Himmel und<br />

Wasser sind blau. Hofft der Volksmund auf ewiges Leben im Himmel<br />

oder die Rückkehr eines Bekannten über den Ozean? Oder hoffen wir<br />

auf beides in Form eines Urlaubs? Im Allgemeinen wird Blau eher der<br />

kühlere Bereich des Spektrums zugeordnet, Rot hingegen der warme.<br />

In einem rot gestrichenen Zimmer wird die Temperatur um 2-3 Grad<br />

Celsius höher empfunden als in einem blauen. Auf diese Weise können<br />

wir unser Unterbewusstsein überlisten und Heizkosten sparen. Rot<br />

hebt uns in ein höheres Energielevel, Wärme und Behaglichkeit stellt<br />

sich ein. Das Farbspektrum des Feuers zeigt uns dies seit den Anfängen<br />

der Menschheit. Allerdings hat sich so mancher schon die Finger<br />

daran verbrannt, eine Tatsache, die man auch dem Verliebtsein gerne<br />

zuschreibt. Rot bezeichnet also einen aktiven Zustand, von aufwärmen<br />

bis verbrennen, von behaglich bis schmerzhaft. Letzterem kommt die<br />

Farbe des Blutes entgegen. Ebenso können hier Farbschattierungen<br />

und die Kombination mit Formen Klarheit schaffen. Augenblicklich klar<br />

wird auch die Bedeutung von roten Schaltern bei gefährlichen technischen<br />

Geräten. Das Chlorophyll in der Natur ist grün, jährlich kehrt es<br />

verlässlich wieder und ernährt so Mensch und Tier. Schilder für Notausgänge<br />

haben die gleiche Farbe. Auf welches Ziel dürfen wir also<br />

hoffen, wenn wir sie benützen? Empfinden wir letztlich die Natur als<br />

verlässlicher und treuer als Kulturbauten? Eifersucht ist Gift für jede<br />

Beziehung, daher möglicherweise Gelb als volkstümliche Symbolik. War<br />

etwa ein bestimmtes, besonders giftiges Gelb gemeint? Hier kann bis<br />

ins Unendliche spekuliert werden. Die psychologische Wirkung von<br />

Farbe füllt ganze Bände. Ich beschränke mich jetzt wieder auf Wahrnehmung<br />

der Farben in <strong>Mimikry</strong>.<br />

Der erste Farbeindruck soll durch die Kombination von goldenem<br />

Hintergrund und dem quantitativ dominanten Blau die Assoziation von<br />

Tutenchamuns Totenmaske oder ähnlichem ägyptischem „Zierrat“<br />

vermitteln. Dieser Brückenschlag zur alten Hochkultur und die Fülle<br />

kleiner geordneter Zeichen lassen ahnen: Ah, hier gibt’s Hieroglyphen<br />

zu entdecken. Und als nächstes stellt man fest: Ja, das kenne ich doch<br />

alles! Diese Gebrauchsanweisung wurde bis dahin in Sekundenbruchteilen<br />

aufgenommen, so jedenfalls meine Intention bei der Planung von<br />

<strong>Mimikry</strong>. Jetzt geht’s ins Detail. Ich wähle dunkles Blau für den männlichen<br />

Teil der Unterhaltung, und Rot bezeichnet den weiblichen. Bei<br />

den Menschen ist das Weibchen nun mal das schillerndere der beiden<br />

Harald Kroiss S 12

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