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Mimikry

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<strong>Mimikry</strong><br />

1990<br />

EINE SEMIOTISCHE<br />

BETRACHTUNG<br />

12. Wie wir Zeichen verstehen<br />

oder Dekodierungsmechanismen<br />

Je historischer, um so deutlicher.<br />

In der eben vollzogenen Einteilung der Zeichen fallen häufig Überschneidungen<br />

auf. Im Straßenverkehr haben wir gesehen, dass sogar<br />

innerhalb eines Systems Zeichen einerseits emotional erfasst werden<br />

und andererseits gelernt werden. Wenn nun ein erlerntes Zeichen in<br />

den „Umgangszeichenschatz“ übergegangen ist, wird es dann weiterhin<br />

emotional erfasst, oder bleibt es eine Vokabel? Je mehr Sie in<br />

einer erlernten Sprache kommunizieren, desto mehr Emotionen bringen<br />

sie automatisch ein. Personen, die jahrelang nur in der Fremdsprache<br />

kommunizieren, erfahren diese zunehmend als die eigene.<br />

Das System Sprache wird emotional erfasst. Allerdings selten in der<br />

gleichen Emotionalität wie die Muttersprache. Es gibt also eine<br />

Graduierung der emotionalen Erfassbarkeit.<br />

Klar, was hier passieren könnte<br />

„Trinke nie aus Flaschen, deren Inhalt du nicht kennst“, ist einer der<br />

elementarsten Lehrsätze, die wir einem Kind zuteil werden lassen.<br />

Insbesondere, wenn sich darauf das Symbol des Totenkopfes befindet.<br />

Nehmen wir an, dass ein echter Totenkopf tatsächlich intuitiv als<br />

Warnung erfasst wird, so ist kaum zu erwarten, dass das Abstraktionsvermögen<br />

eines Dreijährigen ausreicht, um in der linearen<br />

Zeichnung auf der Flasche eben dies zu erkennen. Wir tun also gut<br />

daran, ihm dieses Ikon als Symbol zu lernen.<br />

Hier ist es mehr die Blechprägung,<br />

die mich von der Ernsthaftigkeit<br />

der Warnung überzeugt.<br />

Neonfarbe lasst sich hier nicht<br />

darstellen. Selbst in der Dämmerung<br />

bündelt Neon das Restlicht.<br />

Bei den Farben verwickelt sich die Problematik noch mehr. Sie sind<br />

reine Abstraktion, da sie nie ohne Form auftreten können und finden<br />

sich unweigerlich (in der einen oder anderen Form) überall. Man müsste<br />

stark fehlsichtig sein, um Farben zu übersehen. Betrachten wir nur<br />

die bis hier eingeführten Referenten von Gelb genauer. Als ein Aspekt<br />

der Sonne besteht ein ikonischer Bezug. Soll Gelb Gefahr bezeichnen,<br />

bezieht es sich wahrscheinlich auf eine optische Eigenschaft des<br />

Feuers, die eigentlich für eine haptische, nämlich die Hitze steht. Die<br />

muss dann für für alle Referenten herhalten, die gefährlich sein können,<br />

also auch: Achtung! Spitze Ecke, stoß dich nicht. In diesem Fall ist<br />

eine emotionale Erfahrung als Zeichen zwischengeschaltet. Bei Hass<br />

und Eifersucht könnte es sich mit dem „gelben Gift“ ebenso verhalten,<br />

dies aber ohne Gewähr. In Zeichen, die besondere Aufmerksamkeit<br />

erregen sollten, wird oft die Neonvariante von Gelb benutzt. Neongelb<br />

wirkt viel kühler als reines Gelb, da es zusätzlich den ultravioletten<br />

Bereich des Farbspektrums reflektiert. Dies ist eine Farbe, die wir aus<br />

der Natur, insbesondere vom Feuer nicht kennen. Daher vermute ich,<br />

dass hier nicht die Hitze des Feuers für das Zeichen Pate stand, sondern<br />

einzig die fremdartige Leuchtkraft für die warnende Signalwirkung<br />

verantwortlich zeichnet. Bei Farbzeichen entscheiden Nuancen<br />

über die Bedeutung. Daher scheinen Farben eines der vernetztesten<br />

Zeichensysteme überhaupt zu sein.<br />

Harald Kroiss S 14

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