Mck Wissen | China - Brand Eins
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Doch in den neunziger Jahren zogen andere Viertel innovative Boutiquen<br />
und Auslandskapital an – und damit der Nanjing Road Käufer ab.<br />
Schanghais Jugend feiert ihre modische Befreiung von Mao-Anzügen seitdem<br />
im Gebiet um die Huaihai Road. Ihre Seitenstraßen werden gesäumt<br />
von Platanen, europäischen Villen und Reihenhäusern, gebaut von Franzosen,<br />
die diesen Teil Schanghais vor dem zweiten Weltkrieg verwalteten.<br />
Kaufhäuser, kleine Läden, Kneipen, Restaurants und der Xiangyang-Basar<br />
machen den Bummel zum Erlebnis. Hier liegt das Paulaner Bräuhaus. Hier<br />
verrühren Köche die chinesische Küche mit japanischen, amerikanischen<br />
oder europäischen Stilen zu neuen In-Lokalen. Hier fühlen sich Ausländer<br />
wohl, aber auch die westlich orientierte chinesische Elite.<br />
Eine Straße von Weltruf – und pro Kopf rund ein Euro Umsatz<br />
Im Südwesten wurde das Wohngebiet Xujiahui in ein gigantisches Einkaufs-<br />
und Büroviertel umfunktioniert. Zehntausende Menschen wurden<br />
von der Bezirksverwaltung umgesiedelt. Gleichzeitig rückten Supermärkte<br />
und Kaufhäuser in Stadtteile, Vorstädte und die regionalen Metropolen<br />
vor. Der wieder erlaubte bourgeoise Luxus schmähte seine einstige Heimat<br />
und siedelte sich statt in der Nanjing, in der Nanjing West Road an.<br />
So wirbt vor dem Büro- und Konsumpalast Plaza 66 eine riesige Handtasche<br />
von Louis Vuitton um zahlungskräftige Kundschaft. In der Luxus-<br />
Mall ballen sich auf vier Etagen von Armani bis Zegna die Top-Marken<br />
der Welt, Deutschland ist durch Hugo Boss und den Küchenbauer Poggenpohl<br />
vertreten.<br />
Düstere Aussichten für die Nanjing Road. „Wir erkannten, dass die Straße<br />
radikal reformiert werden musste, wenn sie ihre Stellung halten sollte“, sagt<br />
Bezirksdirektorin Xie Yun. Multifunktionalität hieß das Ziel: eine Straße<br />
nicht nur zum Einkaufen und Besichtigen, sondern auch für Büros und<br />
Galerien, ein Ort zum Essen und Verlustieren.<br />
Die erste Verbesserungsidee der Regierung war die beste. 1999 verbannten<br />
die Bürokraten Autos, Busse, sogar die allgegenwärtigen Radfahrer aus<br />
dem Mittelstück der wichtigen Ost-West-Verbindung. „Die Einrichtung<br />
der Fußgängerzone hat die Grundlage für die weitere Entwicklung gelegt“,<br />
sagt Xie. Danach war die Stadt mit ihrem Latein am Ende. „Die Straße<br />
hatte nur ihr Aussehen verändert, nicht aber ihre Funktion.“ Zehn Yuan<br />
pro Kopf gab jeder Passant im Schnitt aus, eine Kaufkraft von etwa einem<br />
Euro oder drei Halbliter-Flaschen Oolong-Tee. „Die Leute sind gekom- <br />
Bezirksdirektorin Xie Yun will aus der Nanjing Road ein Einkaufsparadies machen. Erste Erfolge kann sie durch<br />
die Ansiedlung von Fastfood-Ketten, asiatischen Modelabels und einer großen Armani-Filiale verbuchen.