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Mck Wissen | China - Brand Eins

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Bis vor zwei, drei Jahren schien Asien für die meisten Unternehmer<br />

hier zu Lande nicht besonders interessant. Die asiatische Finanzkrise 1997<br />

hatte den einstigen Hype schnell und nachhaltig abgekühlt. Jetzt ist der<br />

Markt wieder en vogue, Unternehmer aus dem Westen sind euphorischer<br />

als je zuvor. Und Asien ist neuerdings gleichbedeutend mit <strong>China</strong>.<br />

Erstaunlicherweise verbinden die meisten den chinesischen Markt ausschließlich<br />

mit Wachstum. 94 Prozent aller Unternehmen, die das Delegiertenbüro<br />

der Deutschen Wirtschaft kürzlich in Schanghai nach dem<br />

Ziel ihrer Investitionen in <strong>China</strong> befragte, nannten den Zugang zu künftigen<br />

Märkten als wichtigsten Grund. Weniger als die Hälfte der 243<br />

befragten Unternehmen (46 Prozent) hielten die niedrigen Herstellungskosten<br />

oder die Notwendigkeit, großen Kunden zu folgen (42 Prozent),<br />

für bedeutsam. Tatsächlich ist <strong>China</strong> nicht zuletzt aus diesem Grund<br />

relevant: Das Land bedroht auch das Geschäft in der Heimat.<br />

Gehen oder bleiben – das sind die strategischen Optionen. Wer übers<br />

Gehen nachdenkt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass allein die Entscheidung,<br />

in <strong>China</strong> zu produzieren, noch keine Strategie ist. Es gibt<br />

ohnehin kein bewährtes Konzept für eine Erfolg versprechende <strong>China</strong>-<br />

Strategie. Wer sich vor Ort engagieren will, muss die spezifische Struktur<br />

seiner Branche analysieren und sehr genau die unterschiedlichen Märkte<br />

kennen, um danach für einzelne Produkte oder Geschäftsbereiche die<br />

jeweils richtige Markteintrittsstrategie zu definieren.<br />

Wer denkt, der chinesische Markt sei nicht attraktiv und daher kein Thema,<br />

der sollte sich fragen, was wohl geschieht, wenn Kunden in Europa oder<br />

in den USA nach <strong>China</strong> abwandern, weil sie dort billiger produzieren?<br />

Je nach Branche hat der Lieferant keine Wahl: Er muss seinen Kunden<br />

folgen. Beispiel Textil-Industrie. Alle großen Player sitzen inzwischen in<br />

<strong>China</strong> oder in anderen Niedriglohnländern – in Europa ist die Industrie<br />

nahezu ausgelöscht. Ein ähnlicher Trend zeichnet sich in der Elektronikindustrie<br />

(bei TV-Geräten, DVD-Playern etc.) ab.<br />

Unternehmen können zwischen den zwei strategischen Optionen entscheiden:<br />

bleiben oder gehen. Am Beispiel der chemischen Industrie werden<br />

die Folgen der strategischen Wahl deutlich. Für den Fall, dass das<br />

Unternehmen bleibt, um weiterhin in Deutschland zu produzieren, muss<br />

klar sein, dass über kurz oder lang nicht alle Produkte nach <strong>China</strong> transportiert<br />

und verkauft werden können. Die Transportkosten stehen in<br />

keinem Verhältnis zum erzielbaren Preis. Bei einzelnen Produkten der chemischen<br />

Industrie liegen die Kosten inklusive Zölle und Transport bei <br />

bis zu 40 Prozent der Herstellkosten. Der Kunde<br />

in <strong>China</strong> fährt immer besser, wenn er vor Ort<br />

einkauft oder selbst produziert. Nicht nur, weil<br />

er die Logistikkosten spart: Für Produkte in der<br />

Spezialchemie kann man in <strong>China</strong> von etwa drei<br />

Prozent Arbeitskosten ausgehen – in Europa oder<br />

in den USA von rund 30 Prozent.<br />

Die absehbare Folge: Die Nachfrage bei den Abnehmern<br />

in <strong>China</strong> geht zurück, die Firma wird<br />

Kunden verlieren und die heimischen Anlagen<br />

immer schlechter auslasten können. Spätestens<br />

dann wird sich die Standortfrage stellen. Schlimmer<br />

noch: Der chinesische Wettbewerber wird<br />

in den heimischen – und in alle anderen Märkte<br />

vordringen. Mit Preisen, bei denen die Deutschen<br />

nicht mithalten können. Die Vorboten sind schon<br />

heute spürbar. Auf Messen für Feinchemie<br />

stammt in der Regel rund ein Drittel der Aussteller<br />

aus <strong>China</strong>, ein weiteres Drittel aus Indien.<br />

Und ihre schiere Anwesenheit reicht aus, die<br />

Preise der deutschen Lieferanten zu drücken.<br />

Die Matrix (nächste Seite) verdeutlicht das Dilemma<br />

und kann bei der Definition einer adäquaten<br />

<strong>China</strong>-Strategie helfen:<br />

Zwei Grundfragen entscheiden über Chance oder<br />

Risiko. 1. Wie attraktiv ist der Markt (Größe,<br />

Wachstum, Profitabilität)? 2. Handelt es sich um<br />

ein global verfügbares Produkt, bei dem die Transportkosten<br />

und Zölle im Vergleich zu den Herstellungskosten<br />

niedrig sind, oder um ein lokales<br />

Produkt? Das Chancen/Risiko-Profil sieht je nach<br />

Unternehmen unterschiedlich aus. Für die großen<br />

Chemie-Player ist das Verhältnis ungefähr 50<br />

zu 50.<br />

<br />

Segment 1: Der Markt ist nicht besonders attraktiv, die Transportkosten<br />

sind hoch. Für Produkte in diesem Segment, beispielsweise Basis-Chemikalien<br />

wie Wasserstoffperoxid oder Schwefelsäure, lohnt die Investition in<br />

<strong>China</strong> nicht. Die chinesische Konkurrenz wird billiger und schneller sein.<br />

Also: zu Hause bleiben.<br />

Segment 2: Lokale Produkte (weil hohe Transportkosten), aber ein schnell<br />

wachsender chinesischer Markt. Massenkunststoffe, aus denen Plastiktüten,<br />

Teile von Spielzeugen, Telefonen oder Fernsehgeräten gefertigt werden,<br />

fallen in diese Produkt-Kategorie. Wer das Geschäft betreibt, muss in<br />

<strong>China</strong> präsent sein – nah beim Kunden, um schnell und kostengünstig liefern<br />

zu können. Deshalb: am Wachstum teilhaben.<br />

Segment 3: Ein globales Produkt und ein wenig attraktiver Markt. Teile<br />

der Feinchemie für die pharmazeutische Industrie fallen beispielsweise<br />

in diesen Bereich. Hohe Investitionen in Anlagen in <strong>China</strong> würden sich<br />

momentan für deutsche Produzenten aufgrund des lokalen Marktes kaum<br />

rechnen. Die pharmazeutische Industrie vor Ort ist noch nicht so entwickelt<br />

wie in Europa oder in den USA, die Kunden lassen sich deshalb<br />

aus der Alten Welt beliefern. Noch. Der chinesische Markt wird sich entwickeln,<br />

die ersten Feinchemikalienhersteller bauen bereits Kapazitäten<br />

auf und liefern durchaus wettbewerbsfähige Produkte. Deshalb heißt es<br />

zunächst: erhöhte Wachsamkeit.<br />

Segment 4: Globale Produkte und ein attraktiver Markt – hohe Investitionen<br />

vor Ort könnten sich durchaus rechnen. Technische Kunststoffe, die<br />

in der Elektronik- und Automobilindustrie eingesetzt werden, fallen in dieses<br />

Segment. Und der chinesische Markt wächst rasant: Die Nachfrage vor<br />

Ort wird auf absehbare Zeit um jährlich sechs bis acht Prozent wachsen,<br />

in Nordamerika und Westeuropa ist mit höchstens zwei bis drei Prozent<br />

Wachstum zu rechnen. Trotzdem drohen auch hier Gefahren: Chinesische<br />

Produzenten sind längst dabei, sich auf die Bedürfnisse der ausländischen<br />

Konzern-Niederlassungen im Land einzustellen. Ihre Produkte entsprechen<br />

zunehmend internationalen Standards, so dass die chinesischen Unternehmen<br />

mittelfristig nicht nur auf den lokalen, sondern auch auf internationalen<br />

Märkten ernst zu nehmende Wettbewerber sein werden. Insbesondere<br />

die etablierten Heimatmärkte europäischer und amerikanischer Lieferanten<br />

sind bedroht. Das Segment ist „zweischneidig“.

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