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Kinderbetreuung<br />
Kita „Lütt Matten“ in Binz<br />
bei Bedarf auch am Wochenende geöffnet<br />
Gespräch mit Undina Seeck, Leiterin des Amtes für Soziales, Jugend und Sport des Landkreises<br />
In der Kita „Lütt Matten“ in Binz können Eltern<br />
ihre Kinder bei Bedarf auch abends und an<br />
den Wochenenden betreuen lassen. Das Angebot<br />
gilt seit 1. Juli 2009. Wie es nach der<br />
Saison weitergeht, wird man sehen.<br />
Wie kam es zu dem Angebot in Binz?<br />
In den vergangenen drei Jahren gab es auf<br />
Rügen drei Angebote dieser Art, die über das<br />
FlexiKid-Projekt des Vereins „Rügen tut gut<br />
e.V.“ an den Standorten Bergen, Binz und Sassnitz<br />
liefen. Da es sich um eine Bundesprojektförderung<br />
handelte, war das Ende abzusehen.<br />
Somit brach die Betreuungsmöglichkeit für<br />
alle Eltern, die abends und an den Wochenenden<br />
eine entsprechende Betreuung benötigten,<br />
weg. Mit Beginn der Saison 2009 wurden aus<br />
Binz die meisten Bedarfe gemeldet. Da der<br />
Landkreis als Leistungsträger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe dafür verantwortlich ist, bedarfsgerechte<br />
und ausreichend Dienste und Einrichtungen<br />
zur Verfügung zu stellen, haben<br />
wir gemeinsam mit der Kommune, den Eltern<br />
und dem Träger nach einer Organisationsund<br />
Finanzierungsmöglichkeit gesucht und<br />
diese auch gefunden.<br />
Wie sieht das in der Praxis aus?<br />
Zunächst einmal wird sich das Angebot auf<br />
die Eltern beschränken, die ihre Kinder sowieso<br />
von Montag bis Freitag in der Kita „Lütt Matten“<br />
untergebracht haben. Wenn diese für ihre<br />
Steppkes auch eine Spät- und Wochenendbetreuung<br />
benötigen, müssen sie im Jugendamt<br />
den Bedarf konkret nachweisen. Das bedeutet,<br />
dass der Arbeitgeber eine Bescheinigung ausstellen<br />
muss, aus der genau hervorgeht, wie<br />
viele Arbeitsstunden das Elternteil als Arbeitnehmer<br />
in der Woche bei ihm leisten muss<br />
und dass der Arbeitnehmer auch im Schichtund<br />
Wochenenddienst eingeteilt ist. Dann<br />
wird dem Elternteil der Bedarfsnachweis zur<br />
Inanspruchnahme, vor allem der Wochenendbetreuung,<br />
ausgehändigt. Wir haben in Zusammenarbeit<br />
mit der Kita unter dem Blickwinkel<br />
des Kindeswohls sicher zu stellen, dass<br />
Kinder täglich nicht länger als zehn Stunden<br />
und insgesamt 50 Stunden in der Woche<br />
fremdbetreut werden. Daraus ergibt sich<br />
auch, dass die Mädchen und Jungen, die am<br />
Wochenende betreut werden, in der Woche<br />
dafür frei haben bzw. die Wochenstundenzahl<br />
nicht überschritten wird. Das setzt sowohl eine<br />
gute Absprache zwischen Arbeitgeber und<br />
Eltern als auch eine gewissenhafte Vertragsgestaltung<br />
zwischen Eltern und der Kita voraus.<br />
Welche Regelungen gibt es bezüglich der<br />
Finanzierung?<br />
Das Angebot wird ein Regelangebot für alle<br />
Elternhäuser der Kita, die es nutzen wollen<br />
und müssen. Damit erhöhen sich die Platzkosten.<br />
In erster Linie werden die Mehrkosten durch<br />
die Gemeinde und die Eltern getragen, da die<br />
Landesmittel und damit auch prozentual die<br />
Kreisanteile gesetzlich festgelegt sind. Aber<br />
der Landkreis trägt in der Binzer Kita für etwa<br />
60 Prozent aller Eltern einen Teil oder sogar<br />
den kompletten Elternbeitrag, da viele Eltern<br />
finanziell nicht so gut gestellt sind. Etliche Familien<br />
könnten auch jetzt noch in die Elternbeitragsübernahme<br />
hineinrutschen, die bisher knapp<br />
über der zumutbaren Belastungsgrenze lagen.<br />
Könnte das Binzer Beispiel in anderen Orten<br />
Schule machen?<br />
Für uns als Landkreis steht außer Frage, dass<br />
es andernorts ebenfalls Bedarf gibt, Kinder<br />
länger oder eben auch an den Wochenenden<br />
betreuen zu lassen. Rügen ist nun einmal Tourismus-<br />
und Dienstleistungsregion, die jedoch<br />
auch saisonalen Schwankungen unterworfen<br />
ist. Darum ist eine gute Planung erforderlich<br />
- Pauschalangebote bringen nichts und sind<br />
zu teuer. Der Betreuungsbedarf muss ermittelt<br />
und möglichst zentralisiert angeboten werden,<br />
damit die Finanzierung gerechtfertigt und effizient<br />
ist. Es ist wichtig, dass die Eltern sich an das<br />
Jugendamt wenden und sich hier rechtzeitig<br />
namentlich in Listen erfassen lassen. Gegenwärtig<br />
haben wir mal hier und mal dort eine<br />
Meldung. Damit kann man nicht planen. Viele<br />
Eltern erfahren in ihrer Kita, dass eine längere<br />
Öffnungszeit nicht machbar ist, weil sie vielleicht<br />
die einzigen sind oder es nur zwei Familien<br />
gibt, die Betreuung am Abend oder am Wochenende<br />
benötigen. In einer Stadt wie Bergen<br />
aber summieren sich Einzelbedarfe. Eltern<br />
würden sich dann für eine Kita entscheiden,<br />
die diese Dienstleistung zukünftig anbietet.<br />
Nur müssen sich diese Eltern an uns wenden.<br />
Welche Berufsgruppen für diesen<br />
Betreuungsbedarf prädestiniert?<br />
Ich denke da an alle Mütter und Väter, die zum<br />
Beispiel im Handel, in der Gastronomie, im<br />
Hotelwesen, in Arztpraxen, in Kanzleien oder<br />
in touristischen Einrichtungen beschäftigt<br />
sind, die insbesondere von April bis Oktober<br />
unseren Inselgästen als Dienstleister zur<br />
Verfügung stehen und dabei ihr täglich Brot<br />
verdienen. Betroffen sind da vor allem auch<br />
alleinerziehende Muttis oder Vatis.<br />
Welche Partner braucht es, um die Problematik<br />
zu lösen?<br />
Wenn es um die Kita- Betreuung unserer<br />
Jüngsten geht, ist es auf keinen Fall allein das<br />
Problem der Eltern, des Trägers oder des<br />
Jugendhilfeträgers. Eltern wollen und müssen<br />
arbeiten gehen. Aber genauso wichtig, wenn<br />
nicht noch wichtiger, ist ihnen das Wohl ihrer<br />
Kinder. Keine Mutter, kein Vater mit einem<br />
schlechten Gewissen kann alles im Beruf geben,<br />
wenn das Kind abends oder an den Wochenenden<br />
reihum von sämtlichen Verwandten<br />
und Bekannten einer Familie hin- und hergereicht<br />
wird. Darum brauchen wir künftig alle,<br />
die an den Rahmenbedingungen mitgestalten<br />
können, an einem Tisch. Damit sind<br />
auch die Arbeitgeber gemeint. Ihre Unterstützung<br />
ist ganz besonders wichtig.<br />
Wie könnte die Unterstützung der<br />
Arbeitgeber aussehen?<br />
Betrieblich gestützte Kindertagesbetreuung<br />
kann jeder Arbeitgeber steuerlich absetzen.<br />
So könnten wir uns vorstellen, neben den<br />
jetzigen vier Finanzierungspartnern Land,<br />
Kreis, Gemeinden und Eltern auch den Arbeitgeber<br />
als fünften Partner ins Boot zu holen.<br />
Mündliche Interessenbekunden gab es bereits<br />
vereinzelt. Auch ein Kita -Fond oder ein Kita-<br />
Förderverein könnte sich gründen, dem die<br />
großen Arbeitgeber beitreten. Wir sind für alle<br />
Ideen offen, eine gute Lösung im Interesse der<br />
Eltern und ihrer Kinder, aber auch letztlich für<br />
unsere Inselwirtschaft zu finden.<br />
Landkreis Rügen<br />
Sept 09 – Nov 09<br />
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