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Dr. Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs ... - BDPK

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<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012<br />

Reizthema MDK-Prüfung im Krankenhaus<br />

Gibt es intelligente Lösungen?<br />

28. Juni 2012<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Boris</strong> <strong>Augurzky</strong>


Kategorischer Imperativ<br />

Handle nur nach<br />

derjenigen Maxime, durch<br />

die du zugleich wollen<br />

kannst, dass sie ein<br />

allgemeines Gesetz werde<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 1 -


Wirtschaftssubjekte tendieren jedoch<br />

zur Maximierung ihres eigenen Nutzens<br />

Auf freien Märkten ist das kein Problem, weil zwei Wirtschaftssubjekte aufeinander<br />

treffen und in einer Verhandlungslösung eine win-win-Situation suchen oder sich ohne<br />

Handel wieder trennen<br />

· Adam Smith: die Maximierung <strong>des</strong> Eigennutzens führt auf freien<br />

Märkten zu maximaler Wohlfahrt<br />

· Problem: auf nicht-freien Märkten, wie z.B. Krankenhausmarkt,<br />

oder auch bei Zwangsabgaben, wie z.B. Steuersystem,<br />

funktioniert das nicht zwangsläufig<br />

· Kontrolle und Strafen sind daher nötig<br />

Quelle: RWI<br />

Ohne Kontrolle gibt es einen starken ökonomischen Anreiz zu überhöhten Abrechnungen<br />

– analog zum vertragsärztlichen Bereich (v.a. PKV) oder Heil- und Hilfsmittelbereich<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 2 -


Backup<br />

Beispiel Steuersystem: wenn die Kontrolle<br />

versagt, werden keine Steuern bezahlt<br />

Quelle: Focus Money am 8.6.2012<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 3 -


Backup<br />

Beispiel Geburtsgewicht:<br />

Auffällige Entwicklungen an den Cut-off-Werten<br />

Erste Ergebnisse einer Untersuchung von Jürges/Köberlein-Neu<br />

Quelle: H. Jürges & J. Köberlein-Neu, Bergische Universität Wuppertal, DGGÖ 26./27. März 2012, Konstanz<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 4 -


In so gut wie allen Fällen verpufft der moralische Appell<br />

Strafen sind wirkungsvoller<br />

Moralischer Appell<br />

verpufft<br />

Quelle: RWI<br />

Einigkeit besteht wohl rasch darüber, dass Kontrollen und Strafen sein müssen;<br />

es stellt sich aber die Frage nach dem „wie“?<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 5 -


Wie läuft es derzeit?<br />

Gezerre darüber, wer mehr rausholt:<br />

Krankenhäuser oder Kassen?<br />

Keine Strafen auf der einen Seite<br />

und Detailprüfungen zur Rechnungsminderung<br />

auf der anderen Seite<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 6 -


Übersicht MDK-Prüfungen: annahmenbasierte Hochrechnung<br />

17,3 Mill. DRG-Fälle<br />

Prüfquote: 12%<br />

2,1 Mill. geprüfte<br />

DRG-Fälle<br />

Kassen / MDK<br />

Fehlerquote: 42%<br />

Krankenhäuser<br />

Aufwand / Prüfung (1) :<br />

70 € MDK, 50 € Kasse<br />

870.000 fehlerhafte<br />

Abrechnungen<br />

1.200.000 korrekte<br />

Abrechnungen<br />

Aufwand / Prüfung (1) :<br />

70 €<br />

Prüfaufwand:<br />

250 Mill. €<br />

Prüfaufwand:<br />

145 Mill. €<br />

Einnahmen:<br />

1.050 Mill. €<br />

Rückerstattung 1.200 € je beanstandeter Fall<br />

Ausgaben:<br />

1.050 Mill. €<br />

Ausgaben:<br />

360 Mill. €<br />

Entschädigung für korrekte Rechnungen 300 € je Fall<br />

Einnahmen:<br />

360 Mill. €<br />

(1) Annahme<br />

Quelle: RWI; DRG-Forum plus 2012<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 7 -


Kosten-Nutzen-Verhältnis gegenwärtig fragwürdig<br />

(Geschätzt Werte)<br />

Kosten<br />

Administrative Kosten<br />

• MDK: 145 Mill. €<br />

• Kassen: 105 Mill. €<br />

• Krankenhäuser: 145 Mill. €<br />

• Zzgl. Kosten bei Gerichtsverfahren<br />

Nutzen<br />

„Überhöhte“ Abrechnungen: 1.050 Mill. €<br />

Abzüglich Ausgleichszahlungen der Kassen<br />

an Krankenhäuser: 360 Mill. €<br />

Gesamt: 395 Mill. €<br />

Gesamt: 690 Mill. €<br />

Dabei kein Anreiz für Krankenhäuser zur<br />

Vermeidung von Fehlabrechnungen und mit<br />

„300€-Regelung“ großer Anreiz für Kassen,<br />

unbedingt „etwas“ finden zu müssen<br />

Ginge es günstiger?<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 8 -


Backup<br />

Ressourcen <strong>des</strong> MDK<br />

Einnahmen und Ausgaben <strong>des</strong> MDK 2010 in Mill. €<br />

(Näherungsweise (1) )<br />

Personal 2010<br />

GKV<br />

SPV<br />

Personalkosten<br />

Sachkosten<br />

Ärzte<br />

Pflegedachkräfte<br />

Andere med. Dienste<br />

Verwaltung<br />

300<br />

180<br />

597<br />

2.376<br />

300<br />

420<br />

1.806<br />

1.931<br />

Finanzierung<br />

Ausgaben<br />

Vollkräfte<br />

(1) Geschätzte Werte bei Ausgaben<br />

Quelle: RWI; MDK; BMG<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 9 -


Alternative 1: Statistische Auffälligkeitsprüfungen<br />

auf Basis der §21-Daten<br />

Auf Basis der<br />

§21-Daten<br />

Prüfung der<br />

abrechnungsrelevanten<br />

Parameter<br />

Vergleich<br />

mit<br />

Grundgesamtheit<br />

Identifikation<br />

von<br />

Auffälligkeiten<br />

Detailprüfung<br />

von auffälligen<br />

Krankenhäusern<br />

Identifikation<br />

der<br />

wissentlichen<br />

und<br />

versehentlichen<br />

Fehlkodierungen<br />

Strafmaß<br />

festlegen<br />

1. Verweildauer an uGV und oGV<br />

2. Art der Kodierung (Diagnosen und OPS)<br />

3. Fallzusammenlegung<br />

4. Anzahl der Beatmungsstunden<br />

5. Höhe <strong>des</strong> Geburtsgewichts<br />

6. Ambulantes Potenzial<br />

Dabei sollte gelten:<br />

Erwartete Höhe <strong>des</strong> Strafmaßes ><br />

erwarteter Ertrag aus Fehlkodierung<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 10 -


Alternative 1: Vor- und Nachteile<br />

Vorteile<br />

Deutlich weniger Bürokratie<br />

Anreiz zur Korrektabrechnung bei<br />

Krankenhäusern wegen Strafzahlung<br />

Anreiz abhängig von der Höhe der<br />

Strafzahlung: bei kleiner Strafzahlung kein<br />

Anreiz, weil erwarteter Gewinn durch<br />

Fehlabrechnung größer ist als erwarteter<br />

Verlust durch Strafe<br />

Keine Entschädigungszahlungen (300 €)<br />

durch Krankenkassen Einsparungen und<br />

kein Anreiz der Kassen, unbedingt etwas<br />

finden zu müssen<br />

Nachteile<br />

Verfahren funktioniert nur eingeschränkt,<br />

wenn die Grundgesamtheit aller Krankenhäuser,<br />

die als Benchmark dient, bereits<br />

verzerrt ist<br />

(Frage, ob InEK die Verzerrung indirekt<br />

ausgleicht)<br />

Unterscheidung nach Art der Fehlkodierung<br />

zur Festlegung <strong>des</strong> Strafmaßes nötig:<br />

„wissentlich“ oder „versehentlich“<br />

subjektive Elemente<br />

Unabhängige Definition der Höhe der<br />

Strafzahlungen nötig<br />

Quelle: RWI<br />

Vorteile dürften überwiegen<br />

Insgesamt aber immer noch gewisser Aufwand und subjektive Elemente<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 11 -


Backup<br />

Wer führt Prüfungen durch?<br />

GKV/MDK oder unabhängige Institution?<br />

Wer hat ein Interesse an Korrektabrechnungen? GKV<br />

Üblicherweise kümmert sich derjenige, der ein Interesse an korrekten Angaben hat, um<br />

die Kontrollen und Prüfungen<br />

Beispiel: Finanzämter führen Betriebsprüfungen durch, um Steuerzahlungen zu<br />

kontrollieren<br />

Aber bei Steuerzahlungen gibt es eigentlich keine „unklaren“ Fälle, dagegen bei DRG-<br />

Abrechnung schon, z.B. wie „lange war die Verweildauer wirklich?“,<br />

Beweismöglichkeiten sind nicht immer gegeben<br />

Daher ist darüber nachzudenken, statistisches Auffälligkeitsprüfungen von einer<br />

unabhängigen Instanz durchführen zu lassen<br />

GKV/MDK führen dann bei Auffälligkeiten Detailprüfungen durch<br />

Eine unabhängige Instanz (Gerichte) kontrolliert bei Bedarf Ergebnisse der Prüfungen<br />

und Höhe <strong>des</strong> festgelegten Strafmaßes<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 12 -


Alternative 2: Rechtehandel<br />

Fixierung der Summe aller Casemixpunkte (CMP) je Bun<strong>des</strong>land<br />

Ausgabe von Zertifikaten an alle Krankenhäuser – gemäß ihrer aktuellen CMP<br />

• Unbegrenzte Geltungsdauer<br />

• Zertifikat berechtigt zur Abrechnung von CMP ggü. Krankenversicherung<br />

• Ohne Zertifikat keine Abrechnung möglich (1)<br />

Anpassung der Zertifikatemenge<br />

• Zusätzliche Menge an Fällen erhöht nicht Gesamtmenge an Zertifikaten im Folgejahr<br />

• Aber zur Abbildung demografisch bedingter Morbiditätsänderung und ggf. Innovationen<br />

jährliche Anpassung der Zertifikatemenge<br />

Funktionsweise<br />

• Mehrbedarf an Zertifikaten Erwerb auf dem Zertifikatemarkt<br />

• Minderbedarf an Zertifikaten Verkauf auf dem Zertifikatemarkt<br />

- Einmalige Erlöse zur Abfederung von Schrumpfungsprozessen<br />

• Marktpreis: über Angebot und der Nachfrage (ca. diskontierter Deckungsbeitrag)<br />

• Marktplatz: Bun<strong>des</strong>agentur für Zertifikatehandel<br />

- Marktteilnehmer und ihre Menge an Zertifikaten sind dort registriert<br />

- Handel nur innerhalb eines Bun<strong>des</strong>lands (wegen unterschiedlichen LBFW)<br />

(1) Oder Abrechnung z.B. nur zu 35% <strong>des</strong> LBFW oder Ausnahme für Notfälle<br />

Quelle: RWI; Universität Duisburg-Essen, Universität Basel<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 13 -


Rechtehandel würde Prüfungen<br />

(weitgehend (1) ) überflüssig machen<br />

KH<br />

Gesamtmenge aller<br />

Zertifikate<br />

Gesamtrechnung<br />

unabhängig von<br />

Abrechnungsprüfungen<br />

KH<br />

KH<br />

KH<br />

KH<br />

Handel<br />

Abrechnungsprüfungen<br />

können völlig<br />

entfallen<br />

KH<br />

KH<br />

KH<br />

KH<br />

Krankenkassen<br />

KH<br />

KH<br />

Rechnet ein KH zu viel<br />

ab, verbraucht es<br />

Zertifikate und schadet<br />

somit auch sich selbst<br />

(1) In Abhängigkeit von der Ausgestaltung <strong>des</strong> Zertifikatehandels<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 14 -


Fazit<br />

Derzeitige Art der Abrechnungsprüfungen nicht besonders effizient<br />

• Hoher Aufwand im Vergleich zum Nutzen<br />

• Keine Anreize für Krankenhäuser zur Korrektabrechnung<br />

• Hoher Anreiz der Kassen zum Auffinden von Fehlern bzw. auch vermeintlichen Fehlern<br />

Alternative 1<br />

• Weg von zahlreichen Detailprüfungen<br />

• Hin zu Auffälligkeitsprüfungen und Detailprüfung bei auffälligen Krankenhäusern<br />

• Vor- und Nachteile, Vorteile überwiegen aber<br />

Alternative 2<br />

• Einführung eines Rechtehandels mit CMP-Zertifikaten<br />

• Vorteile<br />

- (Weitgehend (1) ) keine Abrechnungsprüfungen mehr nötig<br />

- Außerdem Mengendynamik im Krankenhausbereich gebremst<br />

- Außerdem keine Budgetverhandlungen mehr auf KH-Ebene<br />

(1) In Abhängigkeit von der Ausgestaltung <strong>des</strong> Zertifikatehandels<br />

Quelle: RWI<br />

<strong>BDPK</strong>-Bun<strong>des</strong>kongress 2012 - 15 -

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