Diese für die Umsatzsteuerbefreiung privater ... - BDPK
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<strong>BDPK</strong>-Bundeskongress München 2007<br />
Aktuelle Rechtsentwicklungen zur<br />
<strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> <strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
WP StB Dipl.-Kfm. Ralf Klaßmann,<br />
Partner und Leiter des Kompetenzzentrums „Gesundheit<br />
und Soziales“ der BDO Deutsche Warentreuhand AG<br />
Tel: 0221/97357-101<br />
FAX: 0221/97357-223<br />
ralf.klassmann@bdo.de
Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Inhaltsübersicht:<br />
Ausgangslage:<br />
Die „missliche“ Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes aus dem<br />
Jahre 2004<br />
zu § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG (<strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> mit<br />
dem Betrieb von privaten Krankenhäusern eng verbundenen<br />
Umsätze)<br />
bzw. zur fehlenden Anwendbarkeit des § 4 Nr. 14 UStG<br />
(<strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> <strong>für</strong> Leistungen der Ärzte oder aus einer<br />
ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit) auf Krankenhäuser<br />
Mögliche „Auswege“ aus dem Dilemma <strong>die</strong>ser Rechtsprechung:<br />
(Kritische) Darstellung der in der Praxis seit 2004 diskutierten<br />
Steuerverhinderungs- bzw. Steuerminimierungsstrategien<br />
Neueste („Hoffnung bringende“?) Rechtsentwicklungen:<br />
BFH-Urteil vom 15.03.2007 (Az.: V R 55/03)<br />
Schlussbemerkung<br />
1
Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Ausgangslage <strong>für</strong> <strong>die</strong> aktuelle Diskussion: § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG<br />
<strong>Diese</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> <strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
maßgebliche Vorschrift des deutschen Umsatzsteuerrechts setzt <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Befreiung der eng verbundenen Krankenhausumsätze voraus, dass im<br />
vorangegangenen Kalenderjahr <strong>die</strong> in § 67 Abgabenordnung<br />
bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind.<br />
Nach § 67 AO müssen mindestens 40 Prozent der jährlichen<br />
Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen<br />
nur Entgelte <strong>für</strong> allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden.<br />
Patienten, <strong>die</strong> Wahlleistungen in Anspruch nehmen, sind damit<br />
grundsätzlich "schädlich" im Hinblick auf <strong>die</strong> 40%-Grenze.<br />
Aus Billigkeitsgründen behandelt <strong>die</strong> Finanzverwaltung <strong>die</strong><br />
Wahlleistungen "Telefon- und Fernsehgeräteüberlassung an Patienten"<br />
als "unschädlich" (OFD Rheinland, Verfügung vom 10.03.2006).<br />
2
Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Wird <strong>die</strong> 40%-Grenze des § 67 AO nicht erreicht, tritt im Folgejahr keine<br />
<strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> nach § 4 Nr. 16 b UStG <strong>für</strong> <strong>die</strong> eng verbundenen<br />
Krankenhausumsätze ein.<br />
Es können dann aber ggf. andere Befreiungen zur Anwendung kommen,<br />
z. B. <strong>für</strong> <strong>die</strong> Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 a<br />
UStG).<br />
Die Befreiung <strong>für</strong> ärztliche Umsätze (§ 4 Nr. 14 UStG) ist nach der<br />
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes aber nicht anwendbar (Urteile<br />
vom 18.3.2004 - V R 53/00 - und vom 1.4.2004 - V R 54/98 -).<br />
Umsätze der Krankenhäuser können hiernach nämlich, auch soweit sie<br />
<strong>die</strong> ärztliche Heilbehandlung einschließen, nur nach § 4 Nr. 16 b UStG<br />
steuerfrei sein.<br />
§ 4 Nr. 14 UStG findet auf sie damit grundsätzlich keine Anwendung.<br />
Die Finanzverwaltung folgt <strong>die</strong>ser Rechtsprechung (Abschn. 96 Abs. 2<br />
Satz 2 UStR 2005 bzw. UStR-E 2008), <strong>die</strong> zu erheblicher Rechtsunsicherheit<br />
insbesondere bei den privaten Krankenhäusern, welche <strong>die</strong><br />
40%-Grenze des § 67 AO nicht erfüllen, geführt hat.<br />
3
Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Welche Möglichkeiten bestehen, trotz Nichterfüllens des § 67 AO einen<br />
nennenswerten Teil der Leistungen <strong>privater</strong> Krankenhäuser umsatzsteuerfrei<br />
zu belassen? Gibt es also Auswege aus dem Dilemma?<br />
1.) Verfassungsmäßigkeit der BFH-Rechtsprechung?<br />
Zum Urteil des BFH vom 18.03.2004 ist eine Verfassungsbeschwerde<br />
anhängig (Az.: 1 BvR 1316/04)<br />
2.) Vereinbarkeit der BFH-Rechtsprechung zum deutschen UStG mit<br />
EU-Gemeinschaftsrecht?<br />
vgl. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der MwStSystRL vom 28.11.2006<br />
(früher: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG)<br />
3.) Anwendung anderer (deutscher) Befreiungsvorschriften?<br />
§ 4 Nr. 16 Buchst. c UStG: Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung,<br />
Befunderhebung und Diagnostik, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr<br />
mindestens 40 % der Leistungen erbracht worden sind an<br />
gesetzlich Versicherte, Bezieher von Leistungen nach SGB II, Sozialhilfeempfänger<br />
und Versorgungsberechtigte in der Kriegsopferversorgung<br />
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Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
OFD Frankfurt/Main, Verfügung vom 18.03.2005 - S 7172 A – 7 – St I<br />
2.30 -:<br />
„Handelt es sich bei einer Einrichtung begrifflich nicht um ein<br />
Krankenhaus oder liegen bei einem Krankenhaus <strong>die</strong> weiteren<br />
Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG nicht vor, kann<br />
<strong>die</strong> Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe c UStG (Einrichtung<br />
ärztlicher Heilbehandlung) unter den dort genannten weiteren<br />
Voraussetzungen in Betracht kommen.<br />
Auch hier sind <strong>die</strong> Unterbringung und Verpflegung der Patienten als<br />
eng verbundene Umsätze zu werten und mithin umsatzsteuerfrei.“<br />
Aber: Was ist mit GKV-Patienten mit <strong>privater</strong> Zusatzversicherung?<br />
Aber: Was ist mit Krankenhäusern ohne GKV-Patienten?<br />
4.) „Auslagerung“ der medizinischen Leistungen auf selbständig<br />
tätige Ärzte, um (zumindest) insoweit <strong>die</strong> <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
gemäß § 4 Nr. 14 UStG zu erreichen?<br />
Aber: Einnahmen realisieren <strong>die</strong> Ärzte!<br />
Aber: Verpflegung und Unterkunft sind steuerpflichtig.<br />
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Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Neueste Rechtsentwicklung (insbesondere im Hinblick auf 2. und 4.):<br />
BFH-Urteil vom 15. März 2007 – V R 55/03 -:<br />
„§ 4 Nr. 16 UStG 1980/1991/1993 verstößt gegen den gemeinschaftsrechtlichen<br />
Grundsatz der steuerlichen Neutralität,<br />
weil nicht <strong>für</strong> alle Kategorien privatrechtlicher Einrichtungen, <strong>die</strong> in Art.<br />
13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG genannt sind,<br />
in Bezug auf <strong>die</strong> Erbringung vergleichbarer Leistungen<br />
<strong>die</strong> gleichen Bedingungen <strong>für</strong> ihre Anerkennung gelten.“<br />
Derzeit offen: Ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlich Neutralität<br />
darin zu sehen,<br />
dass bei Privatkrankenhäusern, welche <strong>die</strong> 40%-Grenze des § 67 AO<br />
nicht erfüllen, eine <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> medizinischen Leistungen<br />
gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG nicht gewährt wird,<br />
während Ärzte, <strong>die</strong> ein Krankenhaus betreiben und <strong>die</strong> unter § 4 Nr. 14<br />
UStG fallen, mit ihren ärztlichen und arztähnlichen Leistungen von der<br />
Umsatzsteuer befreit sind?<br />
6
Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Bei konsequenter Anwendung der neuesten Rechtsprechung des<br />
Bundesfinanzhofes muss m. E. gelten:<br />
Jeder Unternehmer - und damit auch jedes Krankenhaus! - muss sich<br />
sowohl auf § 4 Nr. 14 UStG als auch auf § 4 Nr. 16 UStG berufen<br />
können, wenn gleichartige Leistungen anderenfalls steuerlich<br />
ungleich behandelt würden.<br />
Soweit Leistungen - unabhängig, wer sie erbringt - sowohl unter § 4<br />
Nr. 14 UStG als auch unter § 4 Nr. 16 UStG fallen, muss sich jeder<br />
Steuerpflichtige - und damit auch jedes Krankenhaus - auf <strong>die</strong> <strong>für</strong> ihn<br />
günstigere Regelung berufen können.<br />
Dies ergibt sich aus der Systematik des EU-Gemeinschaftsrechts:<br />
Die Grundsätze des EU-Gemeinschaftsrechts können deshalb nicht<br />
auf das nationale deutsche Recht übertragen werden. Das deutsche<br />
Umsatzsteuerrecht ist insoweit nicht richtlinienkonform.<br />
Aber: Was ist mit Unterkunft und Verpflegung bei Bezugnahme auf <strong>die</strong><br />
<strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> des § 4 Nr. 14 UStG?<br />
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Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Die Finanzverwaltung hat auf das BFH-Urteil vom 15.03.2007 V R 55/03<br />
noch nicht reagiert.<br />
Das BFH-Urteil vom 15.03.2007 ist bisher noch nicht im<br />
Bundessteuerblatt veröffentlicht worden und deshalb <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Finanzbehörden nicht allgemein (über den entschiedenen Einzelfall<br />
hinaus) – zwingend – anzuwenden.<br />
Der Entwurf der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 datiert vom Februar<br />
2007;<br />
er kann schon zeitlich <strong>die</strong> neue Rechtsprechung des BFH noch nicht<br />
berücksichtigen.<br />
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Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Was ist privaten Krankenhäusern derzeit zu empfehlen?<br />
Für <strong>die</strong> Zeit vor der BFH-Rechtsprechung vom März und April 2004<br />
Vertrauensschutz reklamieren;<br />
Umsatzsteuerbescheide <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zeit danach (i.d.R. ab 2005), welche<br />
<strong>die</strong> <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> (des § 4 Nr. 14 UStG) versagen, nicht<br />
bestandskräftig werden lassen;<br />
ggf. im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 15.3.2007 auf das zuständige<br />
Finanzamt „offensiv“ zugehen, z. B. durch ausdrückliche<br />
Behandlung der fraglichen Leistungen als nach § 4 Nr. 14 UStG<br />
steuerfrei (in den Voranmeldungen bzw. Steuererklärungen);<br />
im Einzelfall prüfen, ob <strong>die</strong> Anwendung von § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG<br />
„Ziel führend“ ist/sein kann - hierbei ist <strong>die</strong> dort genannte<br />
(abweichende) 40%-Grenze sorgfältig zu prüfen -.<br />
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Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Sollten <strong>die</strong> Leistungen (vorsorglich?) mit Umsatzsteuer abgerechnet<br />
werden, wird <strong>die</strong> Umsatzsteuer geschuldet (sog. „unberechtigter<br />
Steuerausweis“; § 14c Abs. 2 UStG);<br />
<strong>die</strong>se Steuerbeträge können später noch berichtigt werden, jedoch<br />
nur dann, „soweit <strong>die</strong> Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt<br />
worden ist“;<br />
<strong>die</strong>s ist dann der Fall, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der<br />
Rechnung nicht durchgeführt oder <strong>die</strong> geltend gemachte Vorsteuer<br />
an <strong>die</strong> Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist;<br />
<strong>die</strong> Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt<br />
gesondert schriftlich zu beantragen.<br />
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Aktuelle Rechtsentwicklungen zur <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong><br />
<strong>privater</strong> Krankenhäuser<br />
Schlussbemerkung:<br />
Die <strong>Umsatzsteuerbefreiung</strong> <strong>privater</strong> Krankenhäuser ist derzeit<br />
unklarer denn je!<br />
Nach der BFH-Rechtsprechung aus 2004 schien sie „obsolet“.<br />
Dies ist mitnichten der Fall!<br />
§ 4 Nr. 16 Buchst. c UStG kann ggf. im Einzelfall weiterhelfen.<br />
Von (noch größerer) Bedeutung könnte das EU-Gemeinschaftsrecht<br />
sein, wie <strong>die</strong> neueste BFH-Rechtsprechung aus März 2007 deutlich<br />
macht.<br />
Und schließlich hat das Bundesverfassungsgericht wohl auch noch<br />
ein letztes Wort. (Die 40%-Grenzen in § 4 Nr. 16 UStG könnten<br />
verfassungswidrig sein!)<br />
Deshalb muss <strong>für</strong> jedes private Krankenhaus m. E. im Augenblick<br />
gelten:<br />
„Ruhe bewahren“ und (noch etwas) abwarten.<br />
Es kann (eigentlich) nur besser werden!<br />
11
Vielen Dank<br />
<strong>für</strong> Ihre<br />
Aufmerksamkeit!<br />
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