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Abschlussbericht - PTB

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Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Nr.: 05 /09<br />

BMWi<br />

Kurztitel des Projekts:<br />

<strong>Abschlussbericht</strong><br />

Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei<br />

kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Bundesanstalt:<br />

<strong>PTB</strong><br />

Projektbeginn: 1.9.2010 Projektende 31.12.2011<br />

1 Projektergebnisse<br />

1.1 Wissenschaftlich-technische Ergebnisse<br />

Messungen auf Koordinatenmessgeräten (KMG) sind u. a. beeinflusst durch Geometrieabweichungen<br />

entlang der Führungsbahnen des KMGs (Abb. 1) sowie durch Messabweichungen<br />

verursacht durch das Tastsystem (Abb. 2). Um die Rückführung von Messungen auf<br />

KMG (Abb. 3) mit höchster Genauigkeit bereitzustellen, müssen diese Fehlereinflüsse erfasst,<br />

analysiert und korrigiert werden.<br />

Abb. 1: Geometrieabweichungen<br />

der Führungen<br />

Abb. 2: Messabweichungen<br />

des Tastsystems<br />

1


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Abb. 3: Rückführung von 3D-Messungen auf Koordinatenmessgeräten<br />

1.1.1 Ermittlung von kurzperiodischen Fehlern der Führungsbahnen<br />

Kurzperiodische Abweichungen können durchaus signifikant sein. Hier wird der Ansatz<br />

verfolgt, die Abweichungen durch Messung an einer geneigten Fläche zu ermitteln. I. A. besteht<br />

dabei das Problem, eindeutig zwischen kurzwelligen Messabweichungen aus dem<br />

Positionsmesssystem und solchen aus der Geradheitsabweichung der Führungsbahnen zu<br />

unterscheiden.<br />

G<br />

<br />

<br />

<br />

G<br />

<br />

Abb. 4: Überlagerung von kurzwelligen Maßstabsabweichungen (a) und Geradheitsabweichungen<br />

(b) bei Messung entlang eines geneigten Lineals<br />

Unter der Annahme konstanter Abweichungen mit den Wellenlängen M für den Maßstab<br />

und G für die Geradheit und den zugehörigen Amplituden AM und AG ergeben sich an einem<br />

mit kleinem Winkel gegen die Führung geneigten Lineal die Wellenlängen bzw. Amplituden<br />

2


Abweichung in µm<br />

Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

wobei<br />

gesetzt werden kann, wenn sehr klein gewählt wird. Wird das Lineal unter<br />

zwei Winkeln 1 und 2 gemessen, verändert sich die Wellenlänge der Geradheitsabweichung<br />

kaum, während sich die Wellenlänge der Maßstabsabweichung linear mit der<br />

Änderung des Winkels ändert. Entsprechend der Theorie wurden Geradheitsmessungen<br />

an verschiedenen geneigten Normalen parallel zu den Verfahrachsen des KMGs durchgeführt.<br />

Die Neigung und Länge des aufgenommenen Profils orientieren sich dabei an der längsten<br />

Wellenlänge M (z. B. 0,2 mm), die erfasst werden soll und die sich auch nach Möglichkeit<br />

in voller Länge im Profil abbilden soll. Die maximal mögliche Messlänge entlang eines<br />

Profils wird dabei durch die Länge des Normals bestimmt. Unter diesen Randbedingungen<br />

wurde eine Messlänge von 100 mm festgelegt, die unter den Neigungen von 0,1° und 0,2°<br />

an gleicher Stelle im Messvolumen gemessen wurden.<br />

Ein erster Ansatz, die Geradheitsmessungen mittels Fast Fourier Transform (FFT) zu analysieren<br />

und per Vergleich der Wellenlängenspektren den Anteil zu ermitteln, der aus den<br />

Maßstabsabweichung stammt, führte nicht zum Ziel. Signifikante Unterschiede zwischen<br />

den Wellenspektren unterschiedlicher Neigung konnten nicht detektiert werden.<br />

Als zielführend erwies sich hingegen, die gemessenen Geradheitsabweichungen in einem<br />

ersten Schritt zu filtern, um insbesondere hochfrequente Schwingungen mit einem<br />

Gaußfilter bis zu einer Grenzwellenlänge S abzuschwächen. Die Grenzwellenlänge S richtet<br />

sich dabei nach der kleinsten gesuchten Wellenlänge M. In Anhängigkeit vom Winkel <br />

gilt S M//p mit p > 1, wobei p meist 2 gewählt wurde. Aufgrund des Signal-Rausch-Verhältnisses<br />

erwiesen sich das Abtastintervall von 0,01 mm (im Scanning-Modus) bzw. 0,1<br />

mm (bei Einzelpunktantastung) als ausreichend klein im Vergleich zu den Intervallen 0,5<br />

mm und 1 mm. Abb. 5 zeigt beispielhaft ein im Einzelpunktmodus gemessenes Oberflächenprofil<br />

(blau) bei einer Linealneigung von 0,1° und rot das mit einem Gaußfilter gefilterte<br />

Geradheitsprofil (S = 5 mm).<br />

0.2<br />

Profil / Einzelpunktmessung 0.1 mm / Neigung 0.1° / 2 von 5<br />

0.1<br />

0.0<br />

-0.1 470 490 510 530 550 570<br />

-0.2<br />

-0.3<br />

Profillänge in mm<br />

Abb. 5: Oberflächenprofil entlang eines Lineals (blau) und tiefpassgefiltertes Profil (rot)<br />

3


Abweichung in µm<br />

Korrelation<br />

Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Zum Auffinden von Periodizitäten wurde dann in einem zweiten Schritt die Korrelation des<br />

gefilterten Profils mit sich selbst bei unterschiedlichen Verschiebungen zwischen den<br />

Stützstellen berechnet. Das Ergebnis ist eine Autokorrelationsfunktion wie in Bild 6 dargestellt.<br />

Die Nulldurchgänge, Maxima bzw. Minima dieser Funktion lassen sich in einfacher<br />

Weise detektieren. Die Abstände dazwischen spiegeln die Wellenlänge wider. In dem<br />

gezeigten Beispiel beträgt im Mittel<br />

, woraus sich für den kurzperiodischen<br />

Teilungsfehler ergibt. Die Einzelwerte von variierten zwischen<br />

den Grenzen<br />

für die einzelnen Wiederholungsmessungen. Daraus<br />

resultiert eine relative Unsicherheit für die Bestimmung von M von 10 % bzw. 2 µm.<br />

1.0<br />

0.5<br />

Autokorrelation / Einzelpunktmessung 0.1 mm /<br />

Neigung 0.1°/ 2 von 5<br />

0.0<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

Korrelationslänge in mm<br />

Abb. 6: Autokorrelationsfunktion des gefilterten Profils<br />

Abb. 7 zeigt beispielhaft ein Oberflächenprofil blau bei einer Linealneigung von 0,2° und<br />

rot das gefilterte Geradheitsprofil (S = 2,6 mm). Die zugehörige Autokorrelationsfunktion<br />

ist in Bild 8 dargestellt. Hier werden neben kurzperiodischen Fehleranteilen auch langwellige<br />

Geradheitsabweichungen deutlich.<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

470<br />

-0.1<br />

490 510 530 550 570<br />

-0.2<br />

-0.3<br />

Profil / Einzelpunktmessung 0.1 mm / Neigung 0.2° / 6 von 7<br />

Profillänge in mm<br />

Abb. 7: Oberflächenprofil bei einer Neigung von 0.2°<br />

4


Korrelation<br />

Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

1.0<br />

0.5<br />

Autokorrelation / Einzelpunktmessung 0.1 mm /<br />

Neigung 0.2° / 6 von 7<br />

0.0<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

Korrelationslänge in mm<br />

Abb. 8: Autokorrelationsfunktion aus kurz- und langwelligen Geradheitsabweichungen<br />

Um die Amplituden der kurzwelligen Maßstabsabweichungen betragsmäßig abschätzen zu<br />

können, wurde das gefilterte Profil durch eine trigonometrische Summe folgender Art approximiert.<br />

<br />

<br />

Hierin sind i die aus der Autokorrelationsfunktion geschätzten Wellenlängen der lang-<br />

und kurzperiodischen Geradheitsabweichungen. Im Allgemeinen ist n =<br />

= <br />

gleich der<br />

Wellenlänge des kurzperiodischen Fehlers. Der Wert<br />

für die Amplitude des kurzperiodischen<br />

Fehlers ergibt sich dann aus , wobei . Die<br />

Koeffizienten an und bn wurden bestimmt, indem für die gemessenen Geradheitsabweichungen<br />

di die Quadratsumme der Widersprüche =(di-s(x)) 2 nach der Methode der<br />

kleinsten Quadrate minimiert wurde.<br />

Im Rahmen des Projekts sind intensive Untersuchungen auf der Koordinatenmessmaschine<br />

PMM 866/Nr. 570 durchgeführt und – wie beschrieben - die kurzperiodischen Fehler analysiert<br />

worden. An Linealen mit der Neigung 0,1°, 0,2° und 0,3° waren dazu Geradheitsmessungen<br />

parallel zu den Achsen der Maschine durchgeführt wurden. Als Amplitude des<br />

kurzperiodischen Teilungsfehlers wurden Werte 0,02 µm ermittelt bei einer mittleren<br />

Wellenlänge von (20 2) µm.<br />

1.1.2 Kompensation von kurzperiodischen Fehlern durch Mittelung<br />

Der Einfluss von kurzperiodischen Fehlern lässt sich durch Mittelung reduzieren. Ein kurzperiodischer<br />

Fehler mit der Amplitude und der Wellenlänge verursacht an der Position<br />

eine Messabweichung . Für die Position ändert sich das Vorzeichen von<br />

, so dass die Summe der Messabweichungen ist. Für die<br />

praktische Anwendung heißt das, dass der Einfluss kurzperiodischer Fehler bei Messungen<br />

verschwindet. Dies ist so, wenn quer zur Richtung der zu bestimmenden Messgröße eine<br />

gerade Anzahl n von Messpunkten ( n = 2, 4, 6, 8, …) derart angeordnet wird, dass deren<br />

5


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Projektion auf die Maschinenachsen in ein Intervall der Länge<br />

kurzperiodischen Messabweichungen paarweise tilgen.<br />

fällt und sich die<br />

Angewendet auf die Messung eines Endmaßes bedeutet dies, dass das Endmaß nicht exakt<br />

parallel zu den Maschinenachsen des KMGs ausgerichtet werden sollte, sondern leicht<br />

schräg mit dem Winkel zu einer der Maschinenachsen. Die Größe des Winkels ergibt sich<br />

dabei aus<br />

Längsachse des Endmaßes in der Ebene des Winkels<br />

, wobei b die Länge des Bereichs bezeichnet, in dem quer zur<br />

die n Messpunkte auf den Messflächen<br />

äquidistant anzuordnen sind. Angenommen die Wellenlänge des kurzperiodischen<br />

Fehlers beträgt 20 µm, b = 10 mm und n = 6, so ergibt sich für den Winkel ein Wert<br />

von 0,095°. Auf den Messflächen werden dann entlang einer Linie sechs Punkte äquidistant<br />

im Abstand von 2 mm ( = b/(n-1) ) angetastet, um den Einfluss des kurzperiodischen<br />

Fehlers zu minimieren.<br />

Auch bei Messung eines Kugelstabes kann der Einfluss der kurzperiodischen Fehler durch<br />

eine angepasste Messstrategie reduziert werden. Der Kugelstab wird dazu annähernd parallel<br />

zu einer Maschinenachse ausgerichtet ( 1°). Abhängig vom Radius R der Kugeln<br />

des Stabes und der Wellenlänge des kurzperiodischen Fehlers werden auf beiden<br />

Kugeln Punkte auf einem Kugelabschnitt bzw. Kreisabschnitt zusätzlich angetastet. Für die<br />

Länge der Sehne a des Kreisabschnitts gilt: . Mit = 20 µm und R =<br />

15 mm ergibt sich beispielsweise a 1,55 mm. Entlang des Bogens sind auf den Kugeln n<br />

Antastpunkte wie folgt zu verteilen. Beginnend mit dem Polpunkt, in dem die Gerade durch<br />

die Mittelpunkte der beiden Kugeln des Stabs die Kugeloberfläche schneidet, werden auf<br />

der einen Hälfte des Kreisbogenabschnitt Einzelpunkte im Abstand von ai = a/2/(i-1) mit i<br />

= 2, 4, 6, … n angetastet, auf dem anderen Halbbogen im Abstand von aj = a/2/(j-1) mit j =<br />

1, 3, 5, … n, um den Einfluss kurzperiodischer Fehler zu minimieren. Der Kreisbogenabschnitt<br />

liegt dabei wahlweise in einer der beiden Ebenen, die durch die beiden Maschinenachsen<br />

nahezu rechtwinklig zur Längsrichtung des Kugelstabs aufgespannt wird<br />

(Bild 9).<br />

Abb. 9: Messtechnische Elimination von kurzperiodischen Fehlern (Prinzipskizze)<br />

1.1.3 Richtungsabhängige Antastabweichungen<br />

Das kurzperiodische Abweichungsverhalten von Koordinatenmessgeräten wird außer von<br />

Teilungsfehlern der Linearachsen zusätzlich durch Messabweichungen des Tastsystems<br />

bestimmt. Letztere werden üblicherweise mit Hilfe einer Prüf- oder Kalibrierkugel bestimmt.<br />

Die Rundheitsabweichung der Prüfkugel ist bei neuen, hoch-präzisen Koordinatenmessgeräten<br />

nicht zu vernachlässigen. Durch Kalibrierung der vollständigen Oberflächentopographie<br />

der Prüfkugeln soll erreicht werden, dass eine genaue und zuverlässige Tren-<br />

6


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

nung zwischen Fehlern des Antastsystems und Unrundheiten der Prüfkugel mit bislang<br />

einmaliger Ortsauflösung möglich wird.<br />

Zur Erprobung des Fehlertrennverfahrens und zur quantitativen Abschätzung von Fehlerbeiträgen<br />

sind Testmessungen an bekannten, herkömmlich kalibrierten Stahl- und Keramikkugeln<br />

durchgeführt worden. Für einzelne Großkreise beträgt deren sphärische Rundheitsabweichung<br />

0,1 µm bei einer Kalibrierunsicherheit von gleichfalls 0,1 µm. Bei den<br />

Messungen wurde jeweils die obere Halbkugel der Prüfkugeln in einem konstanten Gitterabstand<br />

von 7,5° an 577 Positionen angetastet. Um relative Verschiebungen der Kugelposition<br />

gegenüber den mechanischen Geräteachsen während der Dauer der Messung (ca. 1<br />

Std) zu erkennen und ggfs. zu eliminieren, sind die Messpunkte im Vor- und Rücklauf angetastet<br />

worden. Ausgeprägte, zeitabhängige Driften wurden vereinzelt bei den Wiederholungsmessungen<br />

beobachtet und durch Mittelung von Vor- und Rücklauf eliminiert. Zur<br />

Bestimmung von Messabweichungen in Abhängigkeit von der Antastrichtung sind die<br />

Messpunkte einer Ausgleichung nach der Methode der Kleinsten Quadrate unterzogen<br />

worden. Die orthonormalen Abstände der Messpunkte (Abweichungen) zur besteingepassten<br />

Kugel wurden statistisch untersucht. Dazu standen je Versuchsreihe Daten aus 20<br />

gleichartigen Wiederholungsmessungen zur Verfügung. Die Messungen fanden auf zwei<br />

ultrapräzisen Geräten mit hochgenau messendem Tastkopf statt. Die Geräte stammten von<br />

unterschiedlichen Herstellern. Bei einem Gerät wurden die Messungen mit zwei unterschiedlichen<br />

Antastkräften (Normalkraft und „LowForce“) wiederholt. Es zeigte sich, dass<br />

die ermittelten Messabweichungen tendenziell für beide Geräte ähnliche Charakteristiken<br />

aufweisen. Signifikant unterschiedliche Messabweichungen in Abhängigkeit von der Antastkraft<br />

wurden bei Standardtastern nicht festgestellt. Für beide Messmaschinen wurden<br />

relativ kleine systematische Messabweichungen analysiert.<br />

Die Wiederholgenauigkeit für Punkte gleicher Position liegt bei 0,04 µm (Standardmessunsicherheit<br />

berechnet aus jeweils 20 Wiederholungsmessungen, quadratisch gemittelt über<br />

Messungen an 577 unterschiedlichen Positionen auf der Kugeloberfläche). Die Standardmessunsicherheit<br />

berechnet aus 577 Messabweichungen zur jeweils besteingepassten<br />

Kugel liegt bei 0,10 µm (Mittelwert aus 20 Wiederholungsmessungen). Bild 10 zeigt exemplarisch<br />

die auf einem KMG vom Typ PMM 12106 ermittelten, mittleren Antastabweichungen.<br />

Zu erkennen ist, dass die maximale Messabweichung bei ca. ± 0,3 µm liegt. Ursachen<br />

für die Abweichungen können sein: (1) Rundheitsabweichungen der Prüfkugel, (2) Rundheitsabweichungen<br />

der Tastkugel am Koordinatenmessgerät, (3) unvollständig korrigierte<br />

systematische Fehler des Tastsystems.<br />

7


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Molweide-Projektion<br />

Polar-Projektion<br />

Abb. 10: Antastabweichungen auf einer Halbkugel in µm<br />

Bild 11: Korrelation der Antastabweichungen für „steifen“ Taster<br />

8


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Die Analyse der Antastabweichungen zeigt, dass die verschiedenen Messreihen durchschnittlich<br />

mit r = 0,7 korreliert sind. Bild 11 zeigt beispielhaft die Auswertung für eine<br />

Messung auf einem KMG vom Typ UPMC 1200 mit Standardtaststift und Standardantastkraft.<br />

Ähnliche Korrelationen konnten auch für Maschinen vom Typ PMM 866 und<br />

PMM 12106 nachgewiesen werden. Dies ist ein klares Indiz für systematische,<br />

positionsabhängige Restabweichungen.<br />

Bild 12: Korrelation der Antastabweichungen für einen „weichen“ Taster -<br />

Standardantastkraft vs. „Low Force“<br />

Die Untersuchungen zeigten, dass das Korrelationsverhalten bei Messung mit Standardtastern<br />

in erster Näherung unabhängig von der Antastkraft ist. Bild 12 zeigt demgegenüber<br />

die Auswertung für Messungen mit einem „weichen Taster“ (Taststift abgewinkelt um 45°)<br />

bei zwei unterschiedlichen Antastkräften (Standardantastkraft vs. Low-Force). Deutlich ist<br />

zu erkennen, dass die Korrelation der Antastabweichungen zwischen normaler und kleiner<br />

Antastkraft („low force“) relativ gering ist.<br />

1.1.4 Neuartiges Kalibrierverfahren für Prüfkugeln<br />

Die obigen Untersuchungen zum Antastverhalten wurden mit kalibrierten Kugeln durchgeführt,<br />

wie sie standardmäßig zum Einmessen oder Prüfen von Tastsystemen auf KMGs<br />

benutzt werden. Die Rundheit dieser Kugeln wird üblicherweise entlang ausgewählter<br />

Schnitte (Großkreise) mit herkömmlichen Rundheitsmessgeräten geprüft. Die gemessenen<br />

Rundheitsabweichungen in diesen Schnitten lagen bei den verwendeten Kugeln bei 0,1<br />

µm. Es konnte jedoch experimentell gezeigt werden, dass diese kleinen Rundheitsabweichungen<br />

signifikant die Messungen beeinflussen. Wie oben berichtet, sind Messreihen<br />

zur Ermittlung systematischer Antastabweichung sehr gut reproduzierbar. Der Korrelationskoeffizient<br />

beträgt durchschnittlich r = 0,7. Für Messungen, bei denen die Prüfkugel<br />

gegenüber dem Maschinen-Koordinatensystem nur gedreht wurde, fällt der Korrelations-<br />

9


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

koeffizient auf r = 0,5 ab. Dies verdeutlich, dass für die hochpräzise Prüfung von Tastern<br />

Prüfkugeln benötigt werden, deren Rundheitsabweichungen flächenhaft mit kleiner Messunsicherheit<br />

bekannt ist, um diese beim Prüfen von Tastern für jeden einzelnen Messpunkt<br />

korrigieren zu können.<br />

Da kommerziell erhältliche Einmesskugeln zur Bestimmung von Rundheitsabweichungen<br />

im Kugelinterferometer der <strong>PTB</strong> ungeeignet sind, wurden drei präzise Stahlkugeln mit<br />

geeigneter Oberfläche (Rauheit, Formabweichung) beschafft.<br />

Um die Oberflächentopographie von Kugeln mit einem Durchmesser von 30 mm im Kugelinterferometer<br />

der <strong>PTB</strong> zu bestimmen, ist ein spezieller Adapter zur Lagerung und Zentrierung<br />

der Kugeln in der Mitte der Messapparatur notwendig. Ein derartiger Adapter (Bild<br />

13) wurde im Wissenschaftlichen Gerätebau der <strong>PTB</strong> gefertigt und Anfang des Sommers<br />

fertig gestellt. Messungen mit dem Adapter zeigten jedoch, dass die Fertigungsabweichungen<br />

zum Teil zu groß waren. Der Adapter musste daher nachgearbeitet werden, so dass die<br />

Kalibrierung der Prüfkugel im Kugelinterferometer erst im Herbst begonnen werden<br />

konnte.<br />

Bild 13: Adapter zur Aufnahme der Prüfkugel im Kugelinterferometer<br />

Die Durchführung der Messungen im Kugelinterferometer war sehr zeitaufwendig, da die<br />

gesamte Kugeloberfläche nicht in einem einzigen Messprozess vollständig erfasst werden<br />

konnte. Das Kugelinterferometer musste immer wieder geöffnet werden, um die Kugel<br />

manuell neu auszurichten und um so sukzessive die Kugeloberfläche in mehreren Teilabschnitten<br />

komplett zu erfassen. Dabei ging stets das Vakuum verloren. Das Aufbauen eines<br />

neuen Vakuums kostete stets viel Zeit.<br />

Bild 14 zeigt das Ergebnis der Messungen im Kugelinterferometer: Die rekonstruierte<br />

Oberflächentopographie mit einzelnen Fehlstellen (schwarz), die nicht erfasst werden<br />

konnten, wie z. B. die Sackbohrung mit Gewinde zum Aufstielen der Kugel. Die Unsicherheit<br />

der Rundheitsabweichungen beträgt weniger als 50 nm.<br />

10


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

Molweide-Projektion<br />

Bild 14: Rekonstruktion der Oberflächentopografie der Prüfkugel<br />

1.1.5 Beschreibung der Form der Prüfkugel durch Kugelflächenfunktionen<br />

Die Oberflächentopographie einer Kugel, d. h. deren Rundheitsabweichungen r zum mittleren<br />

Radius r0, lässt sich durch Kugelflächenfunktionen in Abhängigkeit von Breite und<br />

Länge beschreiben.<br />

<br />

In der angegebenen Funktion (Bild 15) sind die Legendre-Polynome<br />

als<br />

Funktion der Poldistanz (Winkel zwischen Breitenkreis und Pol) bekannt. Hingegen sind<br />

die Koeffizienten Aim und Dim zunächst unbekannt. Liegen diskrete Messpunkte vor, die die<br />

Oberfläche der Kugel beschreiben, so lassen sich die Koeffizienten nach der Methode der<br />

Kleinsten Quadrate schätzen, indem die Quadratsumme der Widersprüche zwischen den<br />

gemessenen Abständen der Oberflächenpunkte zum Kugelmittelpunkt und den Radien aus<br />

der Kugelflächenfunktionen minimiert wird. Von Vorteil ist, dass die Funktion zur Besteinpassung<br />

zu linearen Fehlergleichungen führt und daher keine Iteration notwendig ist. Zu<br />

beachten ist, dass die Legendre-Polynome normiert werden, da sonst deren Zahlwerte<br />

recht groß werden können.<br />

11


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

f ( ,<br />

) ( A<br />

00<br />

cos0 D<br />

00<br />

sin 0) P<br />

0<br />

0<br />

<br />

( A<br />

10<br />

cos0 D<br />

10<br />

sin 0) P<br />

0<br />

1<br />

( A<br />

11<br />

cos<br />

D<br />

11<br />

sin )<br />

P<br />

1<br />

1<br />

<br />

( A<br />

20<br />

cos0 D<br />

20<br />

sin 0) P<br />

0<br />

2<br />

( A<br />

21<br />

cos<br />

D<br />

21<br />

sin )<br />

P<br />

1<br />

2<br />

<br />

( A<br />

22<br />

cos 2<br />

D<br />

22<br />

sin 2<br />

) P<br />

2<br />

2<br />

<br />

( A<br />

30<br />

cos0 D<br />

30<br />

sin 0) P<br />

0<br />

3<br />

( A<br />

31<br />

cos<br />

D<br />

31<br />

sin )<br />

P<br />

1<br />

3<br />

<br />

( A<br />

32<br />

cos 2<br />

D<br />

32<br />

sin 2<br />

) P<br />

2<br />

3<br />

( A<br />

33<br />

cos3<br />

D<br />

33<br />

sin 3<br />

) P<br />

3<br />

3<br />

<br />

( A<br />

40<br />

cos0 D<br />

40<br />

sin 0) P<br />

0<br />

4<br />

( A<br />

41<br />

cos<br />

D<br />

41<br />

sin )<br />

P<br />

1<br />

4<br />

<br />

( A<br />

42<br />

cos 2<br />

D<br />

42<br />

sin 2<br />

) P<br />

2<br />

4<br />

( A<br />

43<br />

cos3<br />

D<br />

43<br />

sin 3<br />

) P<br />

3<br />

4<br />

( A<br />

44<br />

cos 4<br />

D<br />

44<br />

sin 4<br />

) P<br />

4<br />

4<br />

<br />

...<br />

f ( ,<br />

) r<br />

0<br />

<br />

n<br />

<br />

i1<br />

( A<br />

i1<br />

cos<br />

D<br />

i1<br />

sin )<br />

P<br />

1<br />

i<br />

<br />

n<br />

<br />

i2<br />

( A<br />

i2<br />

cos2<br />

D<br />

i2<br />

sin 2<br />

) P<br />

2<br />

i<br />

<br />

n<br />

<br />

i3<br />

( A<br />

i3<br />

cos3<br />

D<br />

i3<br />

sin 3<br />

) P<br />

3<br />

i<br />

<br />

n<br />

<br />

i4<br />

( A<br />

i4<br />

cos4<br />

D<br />

i4<br />

sin 4<br />

) P<br />

4<br />

i<br />

<br />

n<br />

<br />

i5<br />

( A<br />

i5<br />

cos5<br />

D<br />

i5<br />

sin 5<br />

) P<br />

5<br />

i<br />

<br />

n<br />

<br />

i6<br />

( A<br />

i6<br />

cos6<br />

D<br />

i6<br />

sin 6<br />

) P<br />

6<br />

i<br />

<br />

n<br />

<br />

i7<br />

( A<br />

i7<br />

cos7<br />

D<br />

i6<br />

sin 7<br />

) P<br />

7<br />

i<br />

...<br />

Bild 15: Kugelflächenfunktion zur Ermittlung, Interpolation und rechnerischen Korrektur von sphärischen Rundheitsabweichungen<br />

12


Aufnahme und Elimination kurzperiodischer Fehler bei kartesischen Koordinatenmessgeräten<br />

1.1.6 Korrektur von räumlichen Antastabweichungen aufgrund von Rundheitsabweichung<br />

der Prüfkugel<br />

Sind aus den diskreten Messpunkten die Koeffizienten für die Kugelflächenfunktion nach<br />

der Methode der Kleinsten Quadrate geschätzt worden, kann für jeden beliebigen Punkt auf<br />

der Kugeloberfläche eine Rundheitsabweichung ri(,) rechnerisch bestimmt werden.<br />

Bild 16 (rechts) zeigt die Antastabweichungen für die obere Halbkugel der kalibrierten<br />

Prüfkugel, ermittelt an 577 Positionen in einem konstanten Gitterabstand von 7,5°.<br />

Bild 16 (links) zeigt die für die Antastpunkte berechneten Rundheitsabweichungen der<br />

Prüfkugel.<br />

Zu beachten ist, dass sich die Anzahl und Verteilung der Messpunkte bei der Ermittlung der<br />

Antastabweichung deutlich von der Anordnung der Messpunkte bei der Kalibrierung im<br />

Kugelinterferometer unterscheidet. Dies führt i. A. dazu, dass sich – abgesehen von Messabweichungen<br />

- der Radius, der als Bezug für die Antastabweichungen die Kugeloberfläche<br />

festlegt, allein aufgrund der Oberflächentopographie zwischen beiden Messungen unterscheidet.<br />

Um diesen Unterschied auszugleichen, müssen die beiden Radien angepasst<br />

werden. Dies geschieht durch Berechnung eines Offsets r0. An den 577 Positionen, an<br />

denen die Antastabweichung ermittelt wurde, muss die Summe der Rundheits- und die der<br />

Antastabweichungen gleich null sein. Für die Antastabweichungen ist dies durch das Messund<br />

Auswerteverfahren erfüllt. Für die im Kugelinterferometer gemessenen Rundheitsabweichungen<br />

ist dies nicht der Fall. Der Offset ergibt sich dann aus der Bedingung<br />

für j = 1, …, 577, wobei die Rundheitsabweichungen sind,<br />

die an jenen Positionen bestimmt wurden, an denen auch die Antastabweichungen ermittelt<br />

wurden. Bild 16 (links) zeigt die so angepassten Rundheitsabweichungen, rechts<br />

daneben die an der gleichen Prüfkugel auf einem Koordinatenmessgeräte ermittelten<br />

Antastabweichungen.<br />

Polar-Projektion<br />

Bild 16: links: Rundheitsabweichungen der Prüfkugel<br />

rechts: gemessene Antastabweichungen (in µm)<br />

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