Titelthema: Schlaue Kinder - Landknirpse

Schlaue Kinder
Furkan*
kann keine einfachen Aufgaben lösen
Furkan wurde einem Psychologen vorgestellt, weil er so „unkonzentriert“
sei. Er störte neuerdings die anderen Kinder, wenn sie über ihren
Übungsbögen saßen. Furkan schoss mit einem Gummi Papierkrampen
durch die Klasse und die Lehrerin provozierte er mit frechen Bemerkungen,
wenn sie Übungsblätter austeilte. „Welche Sensation“, rief er
in die Klasse, „wir dürfen heute die Hundert in verschiedene Fünfer-
Gruppen zerlegen. Wie gestern. Und wie vorgestern. Und wie letzte
Woche.“ Seine Hausaufgaben machte er gar nicht mehr. Komisch: Als
der Psychologe Furkan in einem Wissens- und Fähigkeitentest mit immer
schwierigeren Aufgaben konfrontierte, wurde der Junge immer
konzentrierter. Bald rauchte ihm der Kopf, wenn er schwierige Muster
mit Würfeln nachbauen sollte oder sich eine Lösung zu der Frage einfallen
lassen sollte, warum Wahlen geheim abgehalten werden. Furkan
wusste nicht immer alles, aber er wollte nicht aufgeben und verlangte
nach immer neuen, immer schwierigeren Aufgaben. Zwei Stunden
lang. Es war der Psychologe, bei dem allmählich die Konzentration
nachließ, nicht Furkan.
gekürzt aus „Hilfe – ich bin hochbegabt!“, siehe Literaturempfehlung
Katharina*
von der Förderschule auf´s Gymnasium
Katharina lebte mit ihrer Mutter in einem Neubaugebiet mit hohem
Entwicklungsbedarf, wie es so schön heißt. Ihre Mutter ist schon lange
arbeitslos und hat sich aufgegeben. Typischerweise wurde Katharina
in eine Förderschule eingeschult und kam in der 5. Klasse in eine
Integrierte Gesamtschule. Auch dort galt sie als sehr schwierig. Sie
konnte schlecht sprechen, weshalb man sie oft nicht verstand. Sie lief
aus dem Unterricht und biss sogar Lehrer. Jeder war bereit, sie in die
Schublade für Hoffnungslose zu stecken. Ihre Mutter und ihr Sozialverhalten
passten in dieses Bild – bis sich ein Schulsozialarbeiter mit
ihr beschäftigte: Er erkannte, dass sie nicht dumm war, ließ sie testen
und tatsächlich wurde ein IQ von weit über 130 gemessen! Heute geht
sie in eine Hochbegabtenklasse eines Gymnasiums. Entsprechend
ihrer Diagnose wird sie betreut, gefördert und vor allem gefordert.
Zwar verlässt sie noch immer unaufgefordert den Unterricht, malt und
spielt während der Stunde. Sie ist jedoch umgänglicher geworden.
Wenn Lehrer sie zu sehr anspruchsvollem Unterrichtsstoff befragen,
weiß sie alles und oft noch mehr und gilt zum Teil als die Klügste in der
Klasse. Katharina hat die Chance bekommen aus dem Teufelskreis der
sozialen Schicht auszubrechen, etwas, was ihrer Mutter, welche
möglicherweise ebenso hochbegabt ist bzw. war, nicht gelang.
*Namen geändert
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