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edaktionelle Meldungen Drucken<br />

27.03.2012 Vorarlberg Bauwirtschaft<br />

Passivhäuser der gemeinnützigen Wohnbauträger größtenteils mit<br />

Gas-Zentralheizungen<br />

Konzept, die teureren Passivhäuser nur über Belüftungsanlagen zu heizen, gilt mittlerweile als unrealistisch - das<br />

bestätigen auch Vogewosi und Alpenländische Heimstätte<br />

Bregenz (Wirtschaftspresseagentur.com) - Für unbenommene Beobachter ist es eine Überraschung. Denn so wurde<br />

es bislang weder von der <strong>Vorarlberger</strong> Politik noch vom Energieinstitut kommuniziert - und so war es ursprünglich<br />

angesichts der Diskussion rund um Energieautonomie und Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen im Ländle auch<br />

nicht vorgesehen. Doch Faktum ist: In den Passivhaus-Wohnanlagen von Vorarlbergs gemeinnützigen Wohnbauträ-<br />

gern sorgen in fast allen Fällen weiterhin Warmwasser-Zentralheizungen für die Erwärmung der Raumluft. Und die<br />

Energie dafür wird in sehr vielen Fällen von herkömmlichen Gas-Thermen zur Verfügung gestellt.<br />

Das ursprüngliche Passivhaus-Konzept, wonach ein Passivhaus über so gute Wärmedämm-Eigenschaften verfügt,<br />

dass es für das Heizen nur noch eine minimale Erwärmung der über automatische Belüftungen zugeführten Luft<br />

braucht, gilt unter Bauexperten mittlerweile als komplett überholt. "Die Wohnrealität gerade im sozialen Wohnbau hat<br />

hier die theoretisch errechneten Werte zunichte gemacht", heißt es hinter vorgehaltener Hand. Dazu komme: Den<br />

Bewohnern fehle in vielen Fällen einfach das Bewusstsein für die Funktion eines Passivhauses. Besonders pikant<br />

erscheint diese Erkenntnis, da gemeinnützige Wohnbauträger seit 2007 per Gesetz in Vorarlberg gar keine andere<br />

Wahl haben, als im teureren Passivhaus-Standard zu bauen. Der Einbau von Gas-Zentralheizungen findet jedoch<br />

auch in privat errichteten Passivhaus-Wohnanlagen statt.<br />

Auf der Homepage des <strong>Vorarlberger</strong> Energieinstituts heißt es zum Passivhaus: "Diese Häuser nutzen ihre vorhande-<br />

nen inneren Wärmequellen wie Leuchten oder Elektrogeräte und die natürliche Sonneneinstrahlung durch die Fens-<br />

ter. So wird das Haus passiv warm gehalten. Das Haus benötigt kaum noch aktive Wärmeeinträge, in der Regel von<br />

einem kleinen Ofen oder von einer Frischlufterwärmung durch ein Minipümpchen." Von einer Zentralheizung ist hier<br />

keine Rede, geschweige denn von einer mit <strong>Erdgas</strong> betriebenen Anlage.<br />

Alpenländische Heimstätte: Alle sieben Passivhaus-Wohnanlagen haben Gas-Zentralheizung<br />

Die Aufgabe dieses "Minipümpchens" übernimmt zum Beispiel in allen sieben neu errichteten Passivhaus-<br />

Wohnanlagen der Alpenländischen Heimstätte eine mit Gas befeuerte Warmwasser-Zentralheizung. "Wir hätten uns<br />

nicht getraut, in den Anlagen flächendeckend über die Erwärmung der Raumluft via Belüftungsanlage zu heizen",<br />

sagte Geschäftsführer Wilhelm Muzyczyn. In den Gebäuden gebe es eine teilweise Belegung der Böden mit einer<br />

Fußbodenheizung, die mit einer sehr geringen Vorlauftemperatur betrieben werde. Das automatische Lüftungssys-<br />

tem diene ausschließlich dem Komfort. Der fossile Brennstoff Gas eigne sich in diesen Anlagen insbesondere des-<br />

halb, weil er in Kombination mit einer Solaranlage auch effizient für die Warmwasser-Aufbereitung genutzt werden<br />

könne.


Der Ansatz, Passivhäuser über den Wärmeeintrag durch die Sonne ausreichend zu heizen, sei in Wohnanlagen<br />

problematisch, da die einzelnen Wohnungen in fast allen Fällen in unterschiedliche Himmelsrichtungen ausgerichtet<br />

seien. "In einer südlich ausgerichteten Wohnung mag das noch funktionieren, aber in einer Nord-Ost-Lage geht das<br />

kaum mehr", so Muzyczyn. So habe dieses ursprüngliche Konzept bei der Alpenländischen Heimstätte bei einem<br />

Pilotprojekt in Bludenz Ende der 1990er-Jahre funktioniert, wo alle Wohnungen nach Süden ausgerichtet waren.<br />

"Derzeit funktioniert ein Passivhaus generell ohne konventionelle Heizung aber nicht", so Muzyczyn. Relevant für ein<br />

Passivhaus sei jedoch nicht der Brennstoff, mit dem die restliche notwendige Raumwärme erzeugt werde, sondern<br />

ein Heizwärmebedarf, der nicht über 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr liegen dürfe. Zudem<br />

müsse ein Passivhaus luftdicht und wärmedicht sein, wodurch der Wärmebedarf generell "extrem" gesenkt werden<br />

kann, sagte Muzyczyn.<br />

Passivhäuser der Vogewosi haben weiterhin oftmals Gas-Zentralheizungen<br />

Auch der größte gemeinnützige Wohnbauträger in Vorarlberg, die Vogewosi, hat in den rund 15 neu gebauten und<br />

sieben sanierten Passivhauswohnanlagen eine Warmwasser-Zentralheizung installiert. In vielen Fällen seien es Gas-<br />

Thermen, manchmal sei auch der Anschluss an eine Fernwärmeanlage erfolgt. "Keine Frage: Wir haben in allen<br />

Passivhausanlagen eine konventionelle Zentralheizung installiert", so Geschäftsführer Hans-Peter Lorenz. Das ur-<br />

sprüngliche Passivhaus-Konzept (Erwärmung der Raumluft nur über die Lüftungsanlage), wo man in der Realität so<br />

ungefähr 18 Grad Celsius Raumtemperatur bekomme, sei "unmöglich umzusetzen". "Den Mieter interessiert es nicht,<br />

wie das Haus geheizt wird. Es muss nur warm sein", so Lorenz. Diese zusätzliche Wärme werde über herkömmliche<br />

Zentralheizungen zugeführt.<br />

Theoretische Passivhaus-Werte nicht realistisch<br />

In der Praxis hänge der schlussendlich erreichte Heizwärmebedarf, der beim Passivhaus mit den genannten 15 Kilo-<br />

wattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr (oder mit 10 Kilowattstunden pro Quadratmeter Bruttogeschoss-<br />

fläche) gedeckelt ist, sehr stark vom Nutzerverhalten der Bewohner ab. "Diese theoretisch errechneten 10 Kilowatt-<br />

stunden erreichen wir in unseren Häusern nicht. Das geht nur im besten Fall zum Beispiel bei Einfamilienhäusern<br />

oder Kleinwohnanlagen, wo alle Bewohner das Konzept aktiv leben. In unseren Häusern mit externer Zuteilung von<br />

Mietern kommen wir auf einen Durchschnittsverbrauch von etwa 20 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, also<br />

den doppelten Wert", so Lorenz. Die Definition der Passivhäuser sei deshalb zu hinterfragen, denn man dürfe dieses<br />

Thema nicht allzu blauäugig sehen. "Die Praxiswerte liegen fast überall doch deutlich über den theoretischen Wer-<br />

ten."<br />

Auf die Frage, ob denn die mit dem Bau von Passivhäusern verbundenen Mehrkosten - Bauexperten schätzen den<br />

Mehraufwand auf fünf bis zwölf Prozent - im sozialen Wohnbau überhaupt gerechtfertigt seien oder ob man nicht<br />

auch mit Niedrigenergiehäusern das Auslangen finde, wollte Lorenz im Detail nicht eingehen. Nur soviel: "Faktum ist,<br />

dass ein Passivhaus nur ein Fünftel des Heizwärmebedarfs eines Niedrigenergiehauses benötigt. Hier gibt es also<br />

einen klaren Vorteil." Auf der anderen Seite müsse man die Mehrkosten etwa für die Vogewosi in Höhe von zehn<br />

Prozent der Baukosten berücksichtigen. Dazu komme, dass die technische Wartung eines Passivhauses doch teurer<br />

sei als von gewöhnlichen Gebäuden und dass die Wartung oftmals auch teurer sei als ursprünglich geplant. Das<br />

verbessere sich aber, weil ein Markt mit mehreren Anbietern entstehe. "Passivhäuser sparen Energie. Aber die<br />

Mehrkosten für Wartung & Co fressen sicherlich einen Großteil dieser finanziellen Einsparungen wieder auf", so<br />

Lorenz. Wenn man die Mehrkosten für die Investitionen und die Wartung zusammennehme, dann erziele man finan-<br />

ziell gesehen gar keine Einsparung.<br />

Energieberater Torghele: Passivhaus ohne Heizung ist ein Irrglaube<br />

Der Dornbirner Energieberater Karl Torghele erklärte, dass es ein Irrglaube sei, dass Passivhäuser keine Heizungs-<br />

anlage benötigen. Er bestätigte jedoch, dass das Passivhaus-Konzept ursprünglich davon ausgegangen sei, dass<br />

man solche Häuser mit der innen erzeugten "Wärme" durch Bewohner und Elektroanlagen heizen könne. "Das hat


sich aber überholt, denn es ist nicht angenehm und komfortabel, in so einem Haus ohne zusätzliche Heizung zu<br />

wohnen." Die Heizung sei im Gegensatz zur automatischen Komfortlüftung aber keine zwingende Notwendigkeit.<br />

"Aber sie wird fast überall eingebaut." Dafür genügen würden Kleinstheizkörper oder wie in Vorarlberg teilweise Be-<br />

legungen mit Fußbodenheizungen. Diese könne man dann über Fernwärme, Pelletsheizungen oder Wärmepumpen<br />

betreiben. Öl- und Stückholzheizungen seien aufgrund der nicht ausreichenden Dosierbarkeit weniger geeignet. In<br />

Wohnanlagen komme sehr oft Gas zum Einsatz. "Aber das rein luftgeführte Konzept ist problematisch. Es ist nicht zu<br />

empfehlen, da es nicht praxistauglich ist."<br />

Auf die Kosten angesprochen meinte auch Torghele, dass Passivhäuser zwar deutlich weniger Energie verbrauchen<br />

würden. "Doch Geld spart man sich mit einem Passivhaus nicht. Denn die erhöhten Baukosten, der Strombedarf für<br />

die automatischen Lüftungen sowie die Filterwartungen gleichen diese Ersparnis wieder aus." Im sozialen Wohnbau<br />

mache die automatische Lüftung jedoch durchaus Sinn, da sie für mehr Komfort sorge und das Schimmelproblem<br />

besser in Griff zu bekommen sei.<br />

Gemeinnützige Wohnungen haben wegen Passivhaus-Standard höhere Wohnbauförderung<br />

Genaue Daten über die Mehrkosten des Passivhaus-Standards gibt es bislang nach Auskunft von Bauexperten noch<br />

nicht. Dass der Passivhaus-Standard die öffentliche Hand bei der Wohnbauförderung jedoch mehr Geld kostet als<br />

andere Bauten, das zeigt ein Blick in die Wohnbauförderungs-Statistik des Landes Vorarlberg etwa für 2011. Denn<br />

die 326 integrativen Mietwohnungen (Vogewosi & Co) wurden mit 22,2 Millionen Euro gefördert, im Schnitt also mit<br />

etwa 68.000 Euro pro Wohnung. Die 85 privaten Mietwohnungen (Investorenwohnungen) kamen auf annähernd<br />

62.000 Euro pro Wohnung, also mehr als 6.000 Euro weniger. Im Jahr 2010 lag dieser Unterschied noch höher,<br />

nämlich bei annähernd 13.000 Euro pro Wohnung, um welche integrative Mietwohnungen höher gefördert wurden.<br />

Das hängt mit den Vorschriften der Wohnbauförderung zusammen, wonach der Passivhaus-Standard je nach Aus-<br />

führung höher gefördert wird. Für Lothar Hinteregger, den Leiter der Abteilung Wohnbauförderung beim Land Vorarl-<br />

berg, ist der Passivhaus-Standard sicher ein wesentlicher Grund, warum gemeinnützige Wohnbauten höher gefördert<br />

werden. Dazu kommen aber auch andere Sonderfaktoren wie etwa, dass solche Wohnanlagen fast immer zwingend<br />

einen Lift benötigen, was die Kosten und damit die Förderung in die Höhe treibe.<br />

Auch Hinteregger bestätigte, dass in den gemeinnützigen und millionenschwer geförderten Passivhaus-Wohnbauten<br />

(aber auch bei Privaten) eine Gasheizung als zentrales Heizsystem installiert sei. "Viele Bewohner in den Sozialwoh-<br />

nungen haben nun einmal dieses Passivhaus-Denken noch nicht." Er gebe jedoch zu bedenken, dass dieser vorge-<br />

schriebene Passivhaus-Standard bei den Gemeinnützigen dazu geführt habe, dass private Anbieter nachgezogen<br />

hätten. Derzeit würden zwei Drittel aller Förderzusagen in Vorarlberg im Neubau-Bereich auf Häuser entfallen, die im<br />

Passivhaus-Standard errichtet werden. "Das Land hat hier sicherlich einen Trend mit verursacht", so Hinteregger.<br />

Gesamtbilanz von Passivhäusern mit Fragezeichen<br />

Bauexperten bezweifeln jedoch, dass Passivhäuser gegenüber zum Beispiel Niedrigenergiehäusern so deutliche<br />

Vorteile in der energetischen Gesamtbilanz haben, dass es politisch gerechtfertigt ist, sie den gemeinnützigen<br />

Wohnbauträgern vorzuschreiben und den privaten Bauherren und der Öffentlichkeit als "die einzige glücklich ma-<br />

chende Errungenschaft" zu präsentieren. Die bisherigen Erfahrungen würden klar zeigen, dass zwischen dem theo-<br />

retischen Anspruch und der gelebten Wohnpraxis in der Realität ein teilweise deutlicher Unterschied bestehe. (gübi)

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