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Teil IV Elektromagnetische Strahlung im Vakuum

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<strong>Teil</strong> <strong>IV</strong><br />

<strong>Elektromagnetische</strong> <strong>Strahlung</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Vakuum</strong><br />

71


Kapitel 9<br />

Das elektromagnetische Feld <strong>im</strong><br />

<strong>Vakuum</strong><br />

9.1 Homogene Wellengleichungen<br />

In diesem Kapitel untersuchen wir die Maxwell-Gleichungen<br />

∇ · E = 0; ∇ · B = 0; ∇ × E = − ∂B<br />

∂t ;<br />

∇ × B = ǫ 0µ 0<br />

∂E<br />

∂t . (9.1)<br />

<strong>im</strong> <strong>Vakuum</strong> (ρ = 0; j = 0).<br />

Entkopplung von magnetischem und elektrischem Feld Im <strong>Vakuum</strong> lassen sich<br />

elektrisches Feld E und magnetische Induktion B vollständig entkoppeln. Wir bilden die<br />

zeitliche Ableitung des Induktionsgesetzes ∇ × E = −Ḃ,<br />

−ǫ 0 µ 0<br />

∂ 2 B<br />

∂t 2 =<br />

( ) (<br />

∂<br />

ǫ 0 µ 0 − ∂B ) (<br />

=<br />

∂t ∂t<br />

und daher, zusammen mit ∇ · B = 0,<br />

ǫ 0 µ 0<br />

∂<br />

∂t<br />

∆B = ǫ 0 µ 0<br />

∂ 2 B<br />

∂t 2 .<br />

)<br />

( )<br />

∂E<br />

∇×E = ∇× ǫ 0 µ 0<br />

∂t<br />

= ∇ × (∇ × B)<br />

} {{ }<br />

∇(∇·B)−∆B<br />

Wir erhalten also die homogene Wellengleichung<br />

(<br />

∆ − 1 c 2 ∂ 2<br />

∂t 2 )<br />

B = 0;<br />

1<br />

c 2 = ǫ 0 µ 0 , (9.2)<br />

wobei c die <strong>Vakuum</strong>-Lichtgeschwindigkeit ist. Analog verfährt man mit dem E-Feld.<br />

D’Alambert Operator Mit der Abkürzung<br />

□ = ∆ − 1 ∂ 2<br />

(9.3)<br />

c 2 ∂t 2<br />

72


das physikalische Vektorfeld durch den Realteil von (9.22) beschrieben wird. Die komplexe<br />

Schreibweise ist oft (z.B. be<strong>im</strong> Differenzieren) bequemer als die reelle; sie ist problemlos,<br />

solange nur lineare Operationen durchgeführt werden.<br />

Zeitliche Mittelwerte Häufig ist man an zeitlich gemittelten Größen interessiert, wie<br />

z.B. die <strong>im</strong> Mittel auftreffenden Energgie elektromagnetischer <strong>Strahlung</strong>. Für eine Funktion<br />

z(t) definiert man den zeitlichen Mittelwert ¯z als<br />

¯z =<br />

l<strong>im</strong><br />

T →∞<br />

1<br />

2T<br />

∫ T<br />

−T<br />

z(t)dt . (9.25)<br />

Bei der Berechnung physikalischer Größen wie etwa der Energiestromdichte treten Produkte<br />

von Vektorfeldern auf. Zeitliche Mittelwerte . . . solcher Produkte kann man in<br />

komplexer Schreibweise wie folgt berechnen: Für zwei Vektorfelder<br />

a(r, t) = a 0 (r) exp(−iωt); b(r, t) = b 0 (r) exp(−iωt) (9.26)<br />

gilt für den zeitlichen Mittelwert des Produktes<br />

(Rea) · (Reb) = 1 2 Re(a · b∗ ) , (9.27)<br />

denn in<br />

(Rea) · (Reb) = 1 4<br />

(<br />

a0 exp(−iωt) + a ∗ 0 exp(iωt) ) ( b 0 exp(−iωt) + b ∗ 0 exp(iωt) )<br />

verschwinden die gemischten Terme mit den Zeitfaktoren exp(±2iωt) nach Zeitmittelung<br />

und es bleibt<br />

(Rea) · (Reb) = 1 4 (a · b∗ + a ∗ · b) = 1 2 Re(a · b∗ ) . (9.28)<br />

Terminologie Monochromatische ebene Wellen sind so wichtig, daß es für alle Größen<br />

feste Begriffe gibt.<br />

Wellenvektor k<br />

Wellenzahl k k = |k|<br />

Kreisfrequenz ω ω = c k<br />

Frequenz ν ν = ω/(2π)<br />

Wellenlänge λ λ = (2π)/k<br />

Schwingungsdauer T T = (2π)/ω<br />

Anhand von (9.22) sieht man, dass die Schwingungsdauer T die zeitliche Periodizität der<br />

Welle bei festgehaltenem Ort r beschreibt,<br />

exp(iω(t + T)) = exp(iωt + 2πi) = exp(iωt); (9.29)<br />

77


analog gibt die Wellenlänge λ die räumliche Periodizität an:<br />

exp(ik(z + λ)) = exp(ikz + 2πi) = exp(ikz) (9.30)<br />

für eine Welle in z-Richtung zu fester Zeit t.<br />

Phasengeschwindigkeit Die Größe<br />

φ = k · r − ωt (9.31)<br />

nennt man die Phase der Welle. Unter der Phasengeschwindigkeit v ph versteht man die<br />

Geschwindigkeit, mit der sich ein Wellenpunkt mit vorgegebener fester Phase bewegt. Um<br />

v ph zu best<strong>im</strong>men, betrachten wir wieder eine ebene Welle in z-Richtung und bilden das<br />

totale Differential von φ(z, t):<br />

dφ = kdz − ωdt. (9.32)<br />

Für φ = const. folgt dann:<br />

v ph = dz = ω = c; (9.33)<br />

dt k<br />

die Phasengeschwindigkeit ist also gleich der Lichtgeschwindigkeit c.<br />

Beziehung zwischen E und B Feld Ausgehende von der Definition (9.22) für das<br />

Vektorpotential findet man für monochromatische ebene Wellen die Felder, siehe (7.1)<br />

und (7.3):<br />

B = ∇ × A; E = − ∂A − ∇Φ . (9.34)<br />

∂t<br />

Im <strong>Vakuum</strong> verschwindet das skalare Potential, Φ → 0, für die Coulomb Eichung ∇·A =<br />

0. Die Coulomb Eichung ist für A 0 · k = 0 erfüllt, siehe (9.22). Damit erhalten wir<br />

Mit ω = ck finden wir die einprägsame Beziehung<br />

B = i(k × A); E = iωA . (9.35)<br />

(<br />

B = i k × E )<br />

iω<br />

= 1 c<br />

k<br />

k × E = 1 c ˆn × E , (9.36)<br />

wobei ˆn = k/k die Ausbreitungsrichtung ist.<br />

Energiedichte Der zeitliche Mittelwert der Energiedichte (reelle Darstellung) ist:<br />

ω F = 1<br />

2T<br />

∫ T<br />

wobei die Energiedichte ω F (mit µ 0 ǫ 0 = 1/c 2 ) durch<br />

−T<br />

ω F dt , (9.37)<br />

ω F = ǫ 0<br />

2 E2 + 1 B 2 = ǫ (<br />

0 E 2 + c 2 B 2) (9.38)<br />

2µ 0 2<br />

78


gegeben ist. Mit A · k = 0 finden wir:<br />

ω F = ǫ 0<br />

4 Re(ω2 A · A ∗ + c 2 k 2 A · A ∗ ) = ǫ 0<br />

2 ω2 |A 0 | 2 = ǫ 0<br />

2 |E 0| 2 , (9.39)<br />

wobei der extra Faktor 1/2 durch die zeitliche Mittelung, siehe (9.27) zustande kommt.<br />

Energiestromdichte Entsprechend zur Zeit-gemittelten Energiedichte (9.39) gilt (mit<br />

ˆn = k/|k| für die Zeit-gemittelte Energiestromdichte ¯S, siehe (8.13),<br />

S = (E × B)/µ 0 = ω |A 0 | 2 k = ωk |E 0 | 2<br />

= k |E 0 | 2<br />

2µ 0 2µ 0 ω 2 2µ 0 ck<br />

= ǫ 0c<br />

2 |E 0| 2 ˆn , (9.40)<br />

wobei wir µ 0 ǫ 0 = 1/c 2 verwendet haben. Vergleicht man (9.39) mit (9.40), so findet man<br />

|S| = c ω F ; (9.41)<br />

die Energie des elektromagnetischen Feldes wird also mit der Lichtgeschwindigkeit c transportiert.<br />

Impulsdichte Die Impulsdichte ⃗π F lässt sich direkt über die Beziehung (8.28) aus dem<br />

Poynting-Vektor S herleiten.<br />

⃗π F = 1 c 2 S = ǫ 0<br />

2c |E 0| 2 ˆn,<br />

c<br />

∣<br />

∣⃗π F<br />

∣ ∣∣ = ωF . (9.42)<br />

Die Beziehung rechter Hand ist mit der relativistischen Energie-Impuls Beziehung<br />

E =<br />

√<br />

m 2 oc 4 + p 2 c 2 , (E = cp) m0 =0<br />

für Ruhemasse-lose <strong>Teil</strong>chen (Photonen) konsistent.<br />

Ebene Wellen als Approx<strong>im</strong>ationen Streng genommen ist eine ebene Welle senkrecht<br />

zur Ausbreitungsrichtung unendlich ausgedehnt; jede praktisch realisierbare Welle<br />

ist dagegen begrenzt. Die ebene Welle ist jedoch eine sinnvolle Approx<strong>im</strong>ation, wenn die<br />

Ausdehnung der realen Welle senkrecht zur Ausbreitungsrichtung groß ist <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

irgendwelchen Hindernissen (z.B. Spalte), durch die sie gestört werden kann.<br />

9.4 Polarisation<br />

Orthogonales Dreibein Wegen der Transversalität und der Orthogonalität von E und<br />

B können wir eine monochromatische ebene Welle der Form (9.22) durch<br />

E = e 1 E 0 exp(i(k · r − ωt)); B = e 2 B 0 exp(i(k · r − ωt)) (9.43)<br />

beschreiben. Da nach (9.36) bilden k, E und B mit B = ˆn×E/c ein orthogonales Dreibein,<br />

also gilt<br />

e i · e j = δ ij ; e i · k = 0 . (9.44)<br />

79


Eine solche Welle nennt man linear polarisiert. Eine zu (9.43) gleichberechtigte, linear<br />

unabhängige ebene Welle zu gleichem Wellenvektor k erhält man, indem man E in e 2 -<br />

Richtung und B in e 1 -Richtung wählt.<br />

Allgemeine Polarisation Der allgemeine Polarisationszustand einer monochromatischen<br />

ebenen Welle ergibt sich nach dem Superpositionsprinzip, z.B. für das elektrische<br />

Feld,<br />

E = (e 1 E 1 + e 2 E 2 ) exp(i(k · r − ωt)); E l = |E l | exp(iφ l ) , (9.45)<br />

mit E l (l = 1,2) als beliebigen komplexen Zahlen. Gleichung (9.45) beschreibt alle möglichen<br />

Polarisationszustände, welche wir nun diskutieren.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Lineare Polarisation Die elektromagnetische Welle ist linear polarisiert wenn in (9.45)<br />

der Fall ist. Richtung und Betrag von E sind dann durch<br />

gegeben.<br />

θ =<br />

φ 1 = φ 2 (9.46)<br />

( ) E2<br />

√<br />

arctan ; E = E1 2 + E2 2 (9.47)<br />

E 1<br />

Zirkuläre Polarisation Gibt es eine Phasendifferenz von ±π/2 in (9.45),<br />

E 1 = E 2 ; φ 1 − φ 2 = ± π 2 , (9.48)<br />

dann wird das elektrische Feld zu<br />

E = E 0 (e 1 ± ie 2 ) exp(i(k · r − ωt)) . (9.49)<br />

80


In reeller Darstellung<br />

E x = E 0 cos(kz − ωt); E y = ∓E 0 sin(kz − ωt) , (9.50)<br />

wenn k in z-Richtung zeigt. Der Drehsinn ist durch die Wahl des Vorzeichens in (9.49)<br />

festgelegt; man erhält links- bzw. rechts-zirkulare Polarisation.<br />

Elliptische Polarisation Für allgemeine Koeffizienten<br />

E 1 ≠ E 2 ; φ 1 − φ 2 ≠ 0 (9.51)<br />

haben wir elliptische Polarisation. Das elektrische Feld E beschreibt dann für festes z eine<br />

Ellipsenbahn, deren Lage relativ zu e 1 durch φ 1 − φ 2 und deren Hauptachsenverhältnis<br />

durch E 1 /E 2 best<strong>im</strong>mt wird.<br />

81


Kapitel 10<br />

Wellenpakete <strong>im</strong> <strong>Vakuum</strong><br />

10.1 Informationsübertragung durch elektromagnetische<br />

Wellen<br />

Ein wichtiger Anwendungsbereich elektromagnetischer <strong>Strahlung</strong> ist die Informationsübertragung.<br />

Monochromatische ebene Wellen sind dazu ungeeignet, da sie keine Information<br />

außer ihrer Periode, oder der Frequenz, vermitteln können.<br />

Amplitudenmodulation Man kann monochromatische ebene Wellen jedoch modulieren<br />

und so Information übertragen. Im einfachsten Fall bildet man eine Überlagerung aus<br />

2 monochromatischen Wellen,<br />

Mit<br />

f(t) = f 0 cos(ω 1 t) + f 0 cos(ω 2 t) = f 0<br />

[<br />

cos(ω1 t) + f 0 cos(ω 2 t) ] . (10.1)<br />

ω m = (ω 1 − ω 2 )/2<br />

ω 0 = (ω 1 + ω 2 )/2<br />

ω 1<br />

ω 2<br />

= ω 0 + ω m<br />

= ω 0 − ω m<br />

und cos(α + β) = cos α cos β − sin α sin β kann (10.1) alternativ auch als amplitudenmodulierte<br />

Schwingung dargestellt werden:<br />

f(t) = 2f 0 cos(ω m t) cos(ω 0 t) , (10.2)<br />

Wenn ω 1 ≈ ω 2 gewählt wird, dann ist (10.2) eine fast harmonische Schwingung der Trägerfrequenz<br />

ω 0 deren Amplitude sich mit der Modulationsfrequenz ω m ändert. Man<br />

erhält das Bild einer Schwebung.<br />

82


Kompliziertere Schwingungsformen und damit mehr Möglichkeiten zur Informationsübertragung<br />

ergeben sich durch Überlagerung mehrerer Schwingungen verschiedener Frequenzen.<br />

Gruppengeschwindigkeit<br />

Wir betrachten nun die Überlagerung zweier orts- und zeitabhängiger ebener Wellen mit<br />

einer allg. Dispersionsrelation ω = ω(k),<br />

f(x, t) = f 0 cos(k 1 x − ω(k 1 ) t) + f 0 cos(k 2 x − ω(k 2 ) t) . (10.3)<br />

Analog zu (10.2) benutzen wir die Darstellung<br />

mit<br />

und<br />

f(x, t) = 2f 0 cos(k m x − ω m t) cos(k 0 t − ω 0 t) , (10.4)<br />

ω m = ω(k 1) − ω(k 2 )<br />

; ω 0 = ω(k 1) + ω(k 2 )<br />

2<br />

2<br />

k m = k 1 − k 2<br />

; k 0 = k 1 + k 2<br />

2<br />

2<br />

Für k 1 ≈ k 2 bewegt sich das Max<strong>im</strong>um k m x − ω m t = 0 der Einhüllenden mit der Gruppengeschwindigkeit<br />

v g fort,<br />

.<br />

v g<br />

≡ x t<br />

= ω m<br />

k m<br />

= ω(k 1) − ω(k 2 )<br />

k 1 − k 2<br />

≈ ∂ω(k)<br />

∂k<br />

∣ . (10.5)<br />

k=k0<br />

Die Gruppengeschwindigkeit ist somit auch die Geschwindigkeit der Informationsübertragung.<br />

Im <strong>Vakuum</strong> fällt für Licht die Gruppengeschwindigkeit v g = ω ′ (k) mit der Phasengeschwindigkeit<br />

v ph = ω/k, siehe (9.33), zusammen, dank der linearen Dispersionsrelation<br />

ω(k) = ck. Wenn sich Licht in Materie ausbreitet gilt i.Allg. v g < c = v ph .<br />

83


10.2 Fourier-Reihen und Fourier-Integrale<br />

Die überlagerung elektromagnetischer Wellen läßt sich systematisch mit dem jeweiligen<br />

Fourierspektrum beschreiben. Wir wiederholen daher hier die grundlegenden Begriffen<br />

und betrachten eine periodische Funktion,<br />

f(t); f(t) = f(t + T) . (10.6)<br />

Alternativ können wir jede Funktion auf dem Intervall t ∈ [0, T] periodisch forsetzen, so<br />

daß (10.6) erfüllt ist.<br />

Fourier-Reihen Jede periodische Funktion läßt sich nun in eine Fourier-Reihe<br />

f(t) =<br />

∞∑<br />

n=−∞<br />

f n exp(−iω n t) ω n = nω ω = 2π<br />

T . (10.7)<br />

entwickeln.<br />

• Man nennt ω = 2π/T die Grundfrequenz. Es gilt f(t) = f(t + T), da<br />

exp(−iω n (t + T)) = exp(−iω n t) exp(−i(2nπ/T)T) = exp(−iω n t)<br />

für jeden Koeffizienten.<br />

• Die Fourier-Reihe (10.7) konvergiert gleichmäßig (und damit auch punktweise),<br />

wenn f(t) periodisch mit der Periode T und stückweise glatt (beliebig oft differenzierbar)<br />

ist.<br />

• Die (schwächere) Forderung der Konvergenz <strong>im</strong> quadratischen Mittel ist erfüllt für<br />

periodische, in [0, T] stetige Funktionen f(t).<br />

• Die ebenen Wellen exp(iω n t)/ √ T bilden ein vollständiges orthonormales Funktionensystem<br />

auf dem Intervall [0, T], siehe weiter unten. Die Fourier-Reihe (10.7) ist<br />

damit nichts anderes als eine Entwicklung nach den Basisfunktionen exp(−iω n t)/ √ T.<br />

Funktionenräume Für zwei Funktionen f(t) und g(t) auf [−T/2, T/2] können wir das<br />

Skalarprodukt<br />

(f, g) ≡<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

f ∗ (t)g(t) dt (10.8)<br />

definieren, als direkte Verallgemeinerung des üblichen Skalarproduktes ∑ j x ∗ jy j zweier<br />

komplexer Vektoren x = (x 1 , x 2 , . . .) und y = (y 1 , y 2 , . . .). Insbesondere sind die Basisfunktionen<br />

e n (t) = exp(−iωnt) √ , ω n = 2πn<br />

(10.9)<br />

T T<br />

<strong>im</strong> Intervall [−T/2, T/2] orthonormiert bezüglich des des Skalarproduktes (10.8).<br />

84


Orthogonalitätsrelationen Um die Orthogonalitätsrelation<br />

(e m , e n ) = 1 T<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

exp(iω(m − n)t) dt = δ mn (10.10)<br />

zu beweisen, brauchen wir nur die Fälle m = n und m ≠ n zu unterscheiden,<br />

und<br />

1<br />

T<br />

∫ T/2<br />

1<br />

T<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

exp(iω(m − n)t) dt = 1 T<br />

−T/2<br />

exp(iω(m − n)t) dt = 1 T<br />

für m ≠ n.<br />

=<br />

=<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

dt = 1 (m = n) ,<br />

1<br />

iω n (m − n) exp(iω(m − n)t)∣ ∣ ∣<br />

t=T/2<br />

1<br />

iω n T(m − n)<br />

[ (<br />

exp i 2π<br />

T (m − n)T 2<br />

2i<br />

iω n T(m − n) sin ( π(m − n) ) = 0<br />

t=−T/2 dt<br />

Fourier-Koeffizienten Die Fourier-Koeffizienten f n in (10.7) sind durch<br />

)<br />

(<br />

− exp −i 2π )]<br />

T (m − n)T 2<br />

f n<br />

= 1 T<br />

∫ T<br />

0<br />

f(t) exp(iω n t) dt = 1 T<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

f(t) exp(iω n t) dt (10.11)<br />

gegeben, wobei wir die Periodizität von f(t) verwendet haben. Für den Beweis verwenden<br />

wir die Orthogonalitätsrelation (10.10) und finden<br />

1<br />

√<br />

T<br />

(e m , f) =<br />

1 T<br />

= 1 T<br />

= ∑ n<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

exp(iω m t)f(t) dt<br />

∑<br />

∫ T/2<br />

f n exp(iω m t) exp(−iω n t) dt<br />

n −T/2<br />

f n (e m , e n )<br />

} {{ }<br />

δ m,n<br />

= f m .<br />

Die Fourier-Reihe ist schlussendlich nichts anderes als die Entwicklung nach einer speziellen<br />

Menge vollständiger Basis-Funktionen. In anderen Zusammenhängen ist es günstiger<br />

andere Basis-Funktionen zu verwenden, wie z.B. Legendre Funktionen oder die Kugelflächenfunktionen.<br />

Fourier-Integrale Wir betrachten nun Funktionen f(t) welche nicht periodisch sind.<br />

Formell können wir dazu in der Dastellung (10.7) für die Fourier-Reihe, zusammen mit<br />

(10.11) für die Koeffizienten, die Periodie T divergieren lassen.<br />

Für den Grenzübergang T → ∞ betrachten wir mit ∆ω = 2π/T den Abstand benachbarter<br />

Frequenzen ω n ,<br />

f(t) = ∑ n<br />

∆ω<br />

∆ω f n exp(−iω n t) =<br />

∞∑<br />

n=−∞<br />

˜f(ω n ) exp(−iω n t) ∆ω (10.12)<br />

85


mit<br />

˜f(ω n ) =<br />

l<strong>im</strong><br />

T →∞<br />

( )<br />

fn<br />

∆ω<br />

( T<br />

= l<strong>im</strong> n)<br />

T →∞ 2π f<br />

Also kann man (10.12) als Riemann-Summe des Fourier-Integrals<br />

. (10.13)<br />

f(t) =<br />

∫ ∞<br />

−∞<br />

˜f(ω) exp(−iωt) dω (10.14)<br />

auffassen. Für die Umkehrung von (10.14) zeigt der Vergleich von (10.11) und (10.13):<br />

˜f(ω) = 1 ∫ ∞<br />

f(t) exp(iωt) dt<br />

2π<br />

. (10.15)<br />

−∞<br />

˜f(ω) heißt die Fourier-Transformierte zu f(t). Sie existiert und (10.14) konvergiert <strong>im</strong><br />

quadratischen Mittel für alle quadratintegrablen Funktionen f(t), für die<br />

∫ ∞<br />

|f(t)| 2 dt < ∞; (10.16)<br />

−∞<br />

˜f(ω) dann auch quadratintegrabel ist.<br />

f(t)<br />

~<br />

f( ω)<br />

−T/2<br />

−T/2<br />

t<br />

ω<br />

Rechteck<strong>im</strong>puls - Unschärferelation Wir berechnen nun die Fourier-Transformierte<br />

für den Rechteck<strong>im</strong>puls<br />

Dann wird<br />

f(t) = 1 für − T 2 ≤ t ≤ T ; f(t) = 0 sonst . (10.17)<br />

2<br />

˜f(ω) = 1<br />

2π<br />

∫ T/2<br />

−T/2<br />

exp(iωt) dt = 1<br />

πω<br />

exp(iωt)<br />

2i<br />

∣ T/2<br />

−T/2<br />

Die Breite ∆ω von ˜f(ω) schätzt man aus obiger Figur ab zu:<br />

∆ω ≈ 2π<br />

T<br />

= sin(ωT/2)<br />

πω<br />

. (10.18)<br />

oder ∆ω∆t ≈ 2π. (10.19)<br />

Je schmaler (breiter) das Signal f(t) werden soll, desto breiter (schmaller) ist das Frequenzspektrum,<br />

das man benötigt.<br />

Die Unschärferelation (10.19) ist nicht an das Beispiel (10.17) gebunden, sondern ist<br />

ein charakteristisches Merkmal der Fourier-Transformation.<br />

Die Unschärferelation (10.19) wird sich in der Quantenmechnik (mit einem Faktor <br />

verziert) als ein Spezialfall der Heisenberg’schen Unschärferelation wiederfinden.<br />

86


Bemerkung Jede andere Variable kann eine Fourier-Transformation verwendet werden,<br />

z.B. Funktionen f(x) des Ortes.<br />

Oft wird die Fourier-Transformation in der symmetrischen Form<br />

mit<br />

f(t) = 1 √<br />

2π<br />

∫ ∞<br />

−∞<br />

˜f(ω) = 1 √<br />

2π<br />

∫ ∞<br />

benutzt. Die Koeffizienten ˜f(ω) sind entsprechend zu reskalieren.<br />

10.3 δ-Distribution<br />

−∞<br />

˜f(ω) exp(−iωt) dω (10.20)<br />

f(t) exp(iωt) dt (10.21)<br />

Distributionen Die Fourier-Transformation (10.14), (10.15) führt auf das folgende mathematische<br />

Problem: Setzt man (10.15) in (10.14) ein, so muss (nach Vertauschung der<br />

Integrationsreihenfolge)<br />

f(t) = 1 ∫ ∞ ∫ ∞<br />

f(t ′ ) exp(−iω(t − t ′ )) dω dt ′ =<br />

2π −∞ −∞<br />

∫ ∞<br />

−∞<br />

f(t ′ )δ(t − t ′ ) dt ′ (10.22)<br />

mit<br />

δ(t − t ′ ) = 1 ∫ ∞<br />

exp(−iω(t − t ′ )) dω (10.23)<br />

2π −∞<br />

für beliebige quadratintegrable Funktionen f(t) gelten. Die hier eingeführte Größe δ(t−t ′ )<br />

ist offensichtlich keine gewöhnliche Funktion, sondern eine Distribution, welche streng<br />

genommen nicht für sich alleine stehen darf, sondern nur in Verbindung mit der Integration<br />

in (10.22) erklärt ist.<br />

x<br />

x<br />

87


Darstellungen der Delta-Funktion Die δ-Distribution (als deren Definition wir <strong>im</strong><br />

folgenden (10.22) betrachten wollen), kann durch jede Folge stetiger Funktionen δ n , für<br />

die<br />

∫ ∞<br />

l<strong>im</strong><br />

n→∞ −∞<br />

f(t ′ )δ n (t − t ′ ) dt ′ = f(t) (10.24)<br />

gilt, dargestellt werden. Beispiele:<br />

• Rechteck<br />

δ n (t) = n für |t| < 1<br />

2n ; δ n(t) = 0 sonst. (10.25)<br />

• Gauß-Funktion („Glockenkurve“)<br />

• Die Darstellung<br />

δ n (t) = 1 sin(nt)<br />

π t<br />

führt direckt auf die Schreibweise (10.23).<br />

δ n (t) = n exp(−πt 2 n 2 ). (10.26)<br />

= 1 ∫ n<br />

exp(iωt) dω (10.27)<br />

2π −n<br />

Vorsicht: Die Gleichungen (10.24) - (10.27) sind so zu verstehen, dass die t ′ -Integration<br />

vor der L<strong>im</strong>es-Bildung n → ∞ auszuführen ist!<br />

Rechenregeln für die Delta-Funktion Wie man sich leicht selber überzeugen kann<br />

gelten die Beziehungen<br />

1.) δ(t) = δ(−t),<br />

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2.) δ(at) = δ(t)/|a| und<br />

3.) δ(t 2 − a 2 ) = [ δ(t + a) + δ(t − a) ] / (2|a|); a ≠ 0 .<br />

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