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Nr. 4/2012 - Magazin Humanité

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Überzeugt<br />

Mein Beitrag am Generationendialog,<br />

eine Art Showblock während<br />

der Nationalen Fachtagung des SRK in<br />

Bern, war ein dankbarer und seltener<br />

Auftrag. Denn bei einer Diskussion findet<br />

mehr Austausch statt, als wenn ich auf der<br />

Bühne musiziere. Und ich sende nicht nur,<br />

sondern empfange auch und reagiere. Ich<br />

entwickle unvorbereitete Sätze. Ziemlich<br />

freestyle. Im Generationendialog habe<br />

ich als 34-Jähriger meine Generation vertreten.<br />

SP-Nationalrat Matthias Aebischer<br />

mit seinen 45 Jahren die nächste Generation<br />

und die ehemalige Politikerin Leni<br />

Robert schon eher die übernächste. Sie<br />

ist mit 76 mehr als doppelt so alt wie ich.<br />

Für mich war gut, dass ich mich nicht gross<br />

vorbereiten musste. Denn wir konnten ja<br />

als Generationenvertreter einfach aus dem<br />

Leben erzählen, unsere Erlebnisse, unsere<br />

Empfindungen – über unseren ganzen Lifestyle.<br />

Das ist ein Lebensgefühl, das muss<br />

niemand irgendwo nachschlagen. Dass<br />

ich zuerst nach dem Ursprung des Namens<br />

«Greis» gefragt wurde, war ja klar.<br />

Die Erklärung ist einfach: Ich kam auf die<br />

Idee, als wir in der Schule den Pleonasmus<br />

durchnahmen und von weissen Schimmeln<br />

sprachen. Da wollte ich ein wenig mit dem<br />

Gegenteil provozieren. Ein junger Greis.<br />

Das Generationenthema ist mir überhaupt<br />

nicht fremd. Nicht nur weil ich mich als<br />

«Früher habe ich das Alter(n)<br />

stark romantisiert.»<br />

freischaffender Künstler schon jetzt mit der<br />

AHV herumschlagen muss. Früher habe<br />

ich das Alter(n) stark romantisiert. Mir kamen<br />

zum Beispiel im Dok-Film «Que sera»<br />

über ein Berner Altersheim, dem auch eine<br />

Kinderkrippe angeschlossen ist, die Tränen.<br />

Aber mit dieser Romantisierung bin<br />

ich auch schon auf die Schnauze gefallen.<br />

Bei der Vernissage der Ausstellung «Sechsundsechzig»<br />

in Liestal BL hielten sich die<br />

vorwiegend älteren Gäste die Ohren zu<br />

und schüttelten den Kopf. Als ich das Konzert<br />

vorzeitig stoppte und das letzte Stück<br />

ankündigte, stand eine Frau auf und rief:<br />

«Nei, es längt jetz!» Ein Albtraum.<br />

Trotzdem wollte ich einmal ernsthaft und<br />

freiwillig in einem Altersheim Dienst leisten.<br />

Ich rief bei einer solchen Institution an und<br />

alles entwickelte sich gut, bis ich meinen<br />

Greis mit Nationalrat Matthias Aebischer an der Fachtagung des SRK<br />

Namen – Greis eben – nannte. Da dachte<br />

die Frau am Telefon an einen Scherz und<br />

sagte: «Okay, ich hänge jetzt auf.» Danach<br />

habe ich es nie mehr probiert.<br />

Der Generationendialog hat Spass gemacht.<br />

Das Publikum hat überraschend<br />

gut mitgemacht und mitgelacht. Matthias<br />

Aebischer kannte ich erst flüchtig. Mir gefällt,<br />

dass er seine eigene Meinung vertritt<br />

und nicht das Parteiprogramm rezitiert.<br />

Bei Leni Robert, die ich erstmals getroffen<br />

habe, kommt mir spontan in den Sinn,<br />

dass ich sie in meiner Jugend besonders<br />

schätzte. Nicht wegen ihrer Politik als Erziehungsdirektorin<br />

des Kantons Bern – damals<br />

verstand ich noch zu wenig davon –,<br />

sondern weil ich als frisch zugezogener<br />

Romand, der noch wenig deutsch sprach,<br />

froh war, dass eine Berner Politikerin einen<br />

für mich gut aussprechbaren Namen trug.<br />

Ich komme jederzeit wieder an einen solchen<br />

Anlass. Und ich freue mich, in ein<br />

paar Jahrzehnten auch mal als Vertreter<br />

der älteren Generation dabei zu sein und<br />

zu schauen, wie stark ich meine Positionen<br />

verändert habe.<br />

➥ redcross.ch/nft12<br />

Bild: www.greis.ch<br />

APROPOS<br />

Nationale Fachtagung SRK<br />

Das SRK organisiert seit 2003 jedes<br />

Jahr eine Nationale Fachtagung. Bei<br />

der zehnten Durchführung war das<br />

«Europäische Jahr des aktiven Alterns»<br />

für die Themenwahl ausschlaggebend.<br />

Am 20. September <strong>2012</strong><br />

tauschten sich 100 Fachleute in Bern<br />

aus über «Zukunft Alter – Neue Wege<br />

für eine generationenfreundliche Gesellschaft».<br />

Der Generationendialog<br />

mit Rapper Greis fand dabei – als<br />

Auflockerung zu Referaten und Workshops<br />

– viel Beachtung.<br />

Greis<br />

wurde als Grégoire Vuilleumier<br />

1978 in Lausanne geboren.<br />

Er gilt als einer der besten<br />

Schweizer Musiker im Bereich<br />

Hip-Hop. Er ist Master UZH der<br />

Publizistik, Politikwissenschaft<br />

sowie Wirtschaftsgeschichte und<br />

lebt in Bern und Basel.<br />

<strong>Humanité</strong> 4/<strong>2012</strong> 15

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