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Nr. 4/2012 - Magazin Humanité

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konkret<br />

Möchten Sie auch ein Gläschen Wodka?»<br />

Die freundliche Einladung von<br />

Nina Shumik lässt sich umso weniger ausschlagen,<br />

als sie von einer ehemaligen Ärztin<br />

ausgesprochen wird. Der 78-Jährigen<br />

scheint das gelegentliche Gläschen jedenfalls<br />

nicht geschadet zu haben. Sie ist körperlich<br />

und geistig bewundernswert vital<br />

und besitzt eine grosse Ausstrahlung. Seit<br />

ihrer Pensionierung vor 14 Jahren engagiert<br />

sich Nina Shumik gemeinsam mit sechs anderen<br />

noch rüstigen «Babuschkas», Grossmüttern,<br />

für den Rotkreuz-Besuchsdienst<br />

im Städtchen Schuschin. Wenn sie nicht<br />

gerade auf Hausbesuch ist, verbringt sie<br />

bei sich zu Hause viel Zeit beim Nähen<br />

und Stricken, um die älteren Kranken und<br />

Behinderten mit etwas Nützlichem zu überraschen.<br />

In ganz Weissrussland sind es<br />

700 ältere Freiwillige, die pflegebedürftige<br />

und isoliert lebende Betagte regelmässig<br />

besuchen und mit Rat und Tat beistehen.<br />

APROPOS<br />

Schöne Landschaft –<br />

bedrückende Realität<br />

Fünf Mal so gross wie die Schweiz<br />

und mit 9,5 Millionen Einwohnern eher<br />

dünn besiedelt, so lässt sich Weissrussland<br />

oder Belarus zusammenfassen. In<br />

der Hauptstadt Minsk leben 1,7 Millionen<br />

Menschen. Ein Drittel der Landesfläche<br />

ist bewaldet, naturbelassene Flüsse<br />

sowie Moore und Sümpfe prägen das<br />

Landschaftsbild.<br />

Weissrussland hat eine tragische Geschichte.<br />

Die Verbrechen des Stalinismus<br />

und dann während der deutschen<br />

Besetzung im Zweiten Weltkrieg haben<br />

Hunderttausenden von Menschen das<br />

Leben gekostet. Nach dem Zusammenbruch<br />

der Sowjetunion wurde Weissrussland<br />

1991 formell unabhängig.<br />

Doch unter seinem gegenwärtigen autoritären<br />

Regime ist das Land politisch<br />

und wirtschaftlich stark von Russland<br />

abhängig. Wirtschaftlich bekommt die<br />

Bevölkerung Weissrusslands die Folgen<br />

der hohen Inflation stark zu spüren und<br />

auch die Arbeitslosigkeit ist angestiegen.<br />

Viele gut ausgebildete Jugendliche<br />

verlassen das Land.<br />

Dabei entlasten sie die Krankenschwestern<br />

des Spitexdienstes, denen damit mehr Zeit<br />

bleibt für die medizinische Betreuung.<br />

Schicksalsschläge bewältigt<br />

In ihrer sorgfältig eingerichteten Wohnung<br />

erzählt uns Nina Shumik ihr persönliches<br />

Schicksal. Nur wenige Jahre, bevor<br />

sie ihre berufliche Laufbahn als Laborärztin<br />

beendete, kamen ihr Sohn und ihre<br />

Schwiegertochter bei einem Autounfall<br />

ums Leben. Sie liessen zwei schulpflichtige<br />

Kinder zurück, um die sie sich als<br />

Grossmutter fortan kümmerte. Ihr Mann,<br />

ebenfalls Arzt, verstarb nur drei Monate<br />

später an Herzversagen. Die beiden<br />

Enkelkinder sind inzwischen erwachsen,<br />

und sie hat nun mehr Zeit für ihr freiwilliges<br />

Engagement im Besuchsdienst des<br />

Roten Kreuzes. Das wöchentliche Treffen<br />

mit den sechs anderen freiwillig tätigen<br />

Babuschkas dient sowohl der Weiterbildung<br />

wie auch dem Erfahrungsaustausch.<br />

«Wir sind wie eine Familie und geben<br />

uns gegenseitig Halt. Mit unserem Einsatz<br />

für allein lebende kranke Menschen<br />

verleihen wir auch unserem eigenen Leben<br />

einen tieferen Sinn», meint Nina Shumik.<br />

Mit 78 ist sie die Älteste der aktiven<br />

Frauengruppe und damit 20 Jahre älter<br />

als deren jüngstes Mitglied.<br />

Hausbesuch auf<br />

Weissrussisch-Polnisch<br />

Wir begleiten Nina Shumik beim Besuch<br />

der 85-jährigen Yva-Everina Yoch. In der<br />

Wohnung der zierlichen Frau treffen wir<br />

auch die Krankenschwester des Spitexdienstes<br />

des Roten Kreuzes. Diese kommt<br />

zwei Mal pro Woche bei der Herzpatientin<br />

vorbei. Dank dieser medizinischen<br />

Pflege und vor allem der regelmässigen<br />

Besuche von Nina Shumik kann die alte<br />

Dame noch in ihrer eigenen Wohnung<br />

leben.<br />

Mit ihrer klangvollen Stimme erzählt<br />

Yva-Everina Yoch aus ihrem Leben. Die<br />

kinderlose Witwe arbeitete über 40<br />

26 <strong>Humanité</strong> 4/<strong>2012</strong>

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