Vita • Deutsches Verlagshaus • Berlin-Charlottenburg
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Zelle ist, wie sie, ohne doch verwickelt gebaute Organe und spezialisierte Werkzeuge zu<br />
besitzen, die aus dem Wasser abgeschiedene Kieselerde benutzt, um die zierlichsten, kunstvollsten<br />
Gebilde mit mathematischer Regelmäßigkeit hervorzubringen, in einer solchen<br />
Mannigfaltigkeit der geometrischen Grundform und der Ausführung in den unübersehbar<br />
verschiedensten Einzelheiten, daß die blühendste menschliche Phantasie nicht imstande ist,<br />
ähnliches hervorzubringen. Die feste Substanz der Kieselerde wird von einem winzigen,<br />
mikroskopisch kleinen Klümpchen Protoplasma zu Gebilden umgeformt, die ein vollendeter<br />
Künstler nicht exakter herzustellen vermöchte. Die unerschöpfliche Schöpferkraft<br />
der Natur feiert in diesen kleinen Kunstwerken ihren größten Triumph und fordert die<br />
menschliche Kunstfertigkeit geradezu zur Nachahmung und Nachbildung heraus.<br />
s bleibt das unvergängliche Verdienst Haeckels, nicht nur als Zoologe diese<br />
und andere Abteilungen niederer Tiere wissenschaftlich sorgfältig untersucht<br />
zu haben, sondern daß er, selbst ein hervorragender Künstler, auch deren<br />
künstlerische Eigenart voll erfaßt und versucht hat, sie für die Allgemeinheit<br />
und besonders für das Kunstgewerbe nutzbar zu machen. Nachdem Haeckels<br />
Tafelwerk, die „Kunstformen der Natur", zum erstenmal weiteren Kreisen die künstlerischen<br />
Schatzkammern der Natur geöffnet hatte, war man nach und nach auf diese<br />
mehr oder weniger mikroskopische Märchenwelt aufmerksam geworden und seit wenigen<br />
Jahren bemüht man sich erfolgreich, diesen verborgenen Schönheiten nachzugehen, den<br />
Formenschatz der Schöpfung zu heben und nutzbar zu machen.<br />
Noch sind diese Schönheiten weiten Kreisen ein Buch mit sieben Siegeln. Es geht<br />
ihnen wie es einst den Alpen ging. Auch deren erhabene und gewaltige Schönheiten mußten<br />
erst von einigen auserlesenen Menschen entdeckt werden und dann hat es noch lange,<br />
lange Jahre gedauert, bis Tausende und Hunderttausende den ganzen Zauber des Hochgebirges<br />
empfinden konnten. Aehnlich ist es auch mit den mikroskopischen Schönheiten,<br />
die überall in der Natur, in der leblosen wie in der lebenden, zu finden sind. Auch zu<br />
ihrem Verständnis müssen die Menschen erst nach und nach erzogen werden. Unser<br />
vorliegendes Buch soll die Freude an diesen Erscheinungen und Gebilden wecken, das<br />
Verständnis für ihre Gestaltungen anbahnen und im Genuß ihrer Schönheit dem Kunstsinn<br />
Anregung bieten.<br />
http://rcin.org.pl