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Der Islam in den Medien Anmerkungen zum Einfluss der so ...

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<strong>Der</strong> <strong>Islam</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Medien</strong><br />

<strong>Anmerkungen</strong> <strong>zum</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker und des Internets auf die aktuelle<br />

Berichterstattung 1<br />

Von Thorsten Gerald Schnei<strong>der</strong>s<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche heute als e<strong>in</strong>e Art Zwitterwesen zu Ihnen. E<strong>in</strong>erseits als<br />

Politik‐ und <strong>Islam</strong>wissenschaftler, an<strong>der</strong>erseits als Journalist. In mir vere<strong>in</strong>en sich al<strong>so</strong> zwei im Grunde<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> oft wi<strong>der</strong>strebende Berufsgruppen. Die e<strong>in</strong>en meckern über mangelnde Genauigkeit <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en, die an<strong>der</strong>en meckern über die Detailversessenheit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en. Angesichts <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> Zeit,<br />

kann ich Ihnen aber <strong>so</strong>wie<strong>so</strong> nur e<strong>in</strong>en kurzen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Thematik geben. Me<strong>in</strong> Ziel ist es daher,<br />

Sie thesenartig auf e<strong>in</strong> paar aktuelle Probleme h<strong>in</strong>zuweisen und e<strong>in</strong>ige Impulse für die anschließende<br />

Diskussion zu geben.<br />

Me<strong>in</strong>e Ausführungen basieren <strong>zum</strong> e<strong>in</strong>en auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und <strong>zum</strong> an<strong>der</strong>en auf<br />

persönlichen Erfahrungen und Gesprächen <strong>so</strong>wie eigenen Beobachtungen aus dem journalistischen<br />

Alltag. Sie bekommen al<strong>so</strong> ke<strong>in</strong>en streng wissenschaftlichen Fachvortrag geboten – allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

ke<strong>in</strong> leeres Gerede.<br />

In erster L<strong>in</strong>ie möchte ich Ihre Aufmerksamkeit nun auf drei Aspekte lenken:<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

1. die wirtschaftliche Situation <strong>der</strong> <strong>Medien</strong>branche,<br />

2. <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker auf die aktuellen <strong>Medien</strong>diskurse,<br />

3. die Rolle des Internets <strong>in</strong> diesem Zusammenhang.<br />

Die groben Züge des Themas „<strong>Islam</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Medien</strong>“ dürften <strong>den</strong> meisten bekannt se<strong>in</strong>. Dass es bei<br />

Berichterstattungen über „<strong>den</strong>“ <strong>Islam</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel um Terroranschläge, Ehrenmorde o<strong>der</strong> religiösen<br />

Fanatismus geht, ist ke<strong>in</strong> Geheimnis. Das kann je<strong>der</strong> selbst beobachten und ist zudem durch viele<br />

Studien belegt (s. Kai Hafez). Diese Entwicklung ist zwar nicht erst seit dem 11. September <strong>so</strong>, aber<br />

sie hat sich dadurch und durch <strong>den</strong> Mord an dem nie<strong>der</strong>ländischen Filmemacher Theo van Gogh<br />

2004 verstärkt. Um nur kurz zwei Zahlen zu nennen: In <strong>den</strong> Jahren bis 1990 beschäftigten sich etwa<br />

50 bis 60 Prozent <strong>der</strong> Berichte mit Konfliktthemen, nach 2004 waren es mehr als 80 Prozent.<br />

Die Berichterstattung über <strong>so</strong>lche Themen liegen – <strong>zum</strong><strong>in</strong>dest bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad – <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Natur <strong>der</strong> Sache. Das „Normale“ ist nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen relevant für Presse, Funk und Fernsehen.<br />

Die Konsumenten verlangen nach dem Be<strong>so</strong>n<strong>der</strong>en, nach dem Spektakulären – und die <strong>Medien</strong><br />

erfüllen diesen Wunsch.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus füttern sie diesen Wunsch allerd<strong>in</strong>gs auch aus eigenem Antrieb an. E<strong>in</strong>ige Häuser s<strong>in</strong>d<br />

dabei eifriger als an<strong>der</strong>e. Zu Recht verweisen daher viele auf die journalistische Verantwortung. Und<br />

zu Recht wird diese mit steigen<strong>der</strong> Reichweite und steigen<strong>der</strong> Bedeutung e<strong>in</strong>es Mediums<br />

1 <strong>Der</strong> vorliegende Text war Grundlage e<strong>in</strong>es im Rahmen <strong>der</strong> Tagung frei gehaltenen Vortrags. Nicht alles<br />

Gesagte ist hier nie<strong>der</strong>geschrieben und nicht alles Nie<strong>der</strong>geschriebene wurde präsentiert.


entsprechend stärker e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>t. <strong>Der</strong> Wi<strong>der</strong>streit zwischen Moral und Ökonomie ‐ auch das ist e<strong>in</strong><br />

altbekanntes Problem <strong>der</strong> <strong>Medien</strong>branche.<br />

<strong>Medien</strong> und Wirtschaftlichkeit<br />

Bad news is good news. Dieses viel zitierte <strong>Medien</strong>dogma ist nicht mehr alle<strong>in</strong> wegweisend. Und das<br />

führt uns <strong>zum</strong> eigentlich Thema me<strong>in</strong>es Kurzvortrags.<br />

Die gesamte <strong>Medien</strong>landschaft bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em massiven Umbruch, <strong>den</strong> es <strong>in</strong> dieser Intensität<br />

und <strong>in</strong> dieser Schnelligkeit wohl noch nicht gegeben hat. Und h<strong>in</strong>zu kommt: Niemand weiß genau,<br />

woh<strong>in</strong> die Reise gehen wird. Das betrifft vor allem Pr<strong>in</strong>terzeugnisse, aber auch Funk und Fernsehen.<br />

Die Konsumenten wan<strong>der</strong>n zunehmend ab. Das Problem heißt: Internet.<br />

<strong>Der</strong> naheliegende Gedanke, die Aktivitäten e<strong>in</strong>fach dorth<strong>in</strong> zu verlagern, greift allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong><br />

ausreichendem Maße. Denn im Internet herrscht die Kultur <strong>der</strong> kostenlosen<br />

Informationsbeschaffung. Das heißt, Verlage und <strong>Medien</strong>anstalten f<strong>in</strong><strong>den</strong> bislang ke<strong>in</strong>en Weg, ihre<br />

Produkte im Internet wirtschaftlich zu vermarkten. <strong>Der</strong> Nutzer ist e<strong>in</strong>fach nicht bereit, dafür zu<br />

zahlen, und für die Werbebranche verzeichnen die Onl<strong>in</strong>e‐Auftritte zu wenig Besucher.<br />

Warum erzähle ich das? Weil die Situation <strong>in</strong> <strong>den</strong> Redaktionsstuben <strong>zum</strong> Teil für kopfloses Treiben<br />

<strong>so</strong>rgt. Es müssen Konsumenten her, die <strong>zum</strong> e<strong>in</strong>en direkt Geld e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und <strong>zum</strong> an<strong>der</strong>en durch<br />

ihre schiere Anzahl die Bedeutung e<strong>in</strong>es Produkts unterstreichen – je mehr Leser, desto wichtiger die<br />

Zeitung, desto mehr E<strong>in</strong>nahmen für <strong>den</strong> Verlag. Wie lassen sich Konsumenten nun verme<strong>in</strong>tlich am<br />

e<strong>in</strong>fachsten anlocken? Mit populistischen Mitteln. Und damit s<strong>in</strong>d wir wie<strong>der</strong> beim <strong>Islam</strong>.<br />

<strong>Islam</strong> ist das Stichwort dieser Tage. Ke<strong>in</strong> Tag, an dem irgende<strong>in</strong> <strong>Medien</strong>erzeugnis ohne dieses Thema<br />

auskäme. Mit kaum e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en politischen Thema lassen sich zurzeit besser und e<strong>in</strong>facher große<br />

Teile <strong>der</strong> Bevölkerung mobilisieren.<br />

Die <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker<br />

Be<strong>so</strong>n<strong>der</strong>s attraktiv ist vor diesem H<strong>in</strong>tergrund das Stichwort „<strong>Islam</strong>kritik“. Unter dieser Marke<br />

reüssieren seit mehrere Jahren Per<strong>so</strong>nen wie Henryk M. Bro<strong>der</strong>, Ralph Giordano, Necla Kelek und<br />

natürlich nicht zuletzt Thilo Sarraz<strong>in</strong>. Die <strong>Medien</strong> stürzen sich auf sie. E<strong>in</strong>erseits <strong>der</strong> Boulevard,<br />

an<strong>der</strong>erseits aber ganz genau<strong>so</strong> die Qualitätsmedien.<br />

Die <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker bekommen seit Jahren beispiellos viel Platz geboten, um <strong>in</strong> eigenen<br />

Essays, <strong>in</strong> Interviews o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Talkshows ihre Sichtweisen über die Theologie und die Historie des <strong>Islam</strong><br />

kund zu tun.<br />

Erstaunlich ist nur, dass sich e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> <strong>Medien</strong>konsumente <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise darüber zu verwun<strong>der</strong>n<br />

sche<strong>in</strong>t, dass niemand <strong>der</strong> genannten Per<strong>so</strong>nen über e<strong>in</strong>e nennenswerte Expertise h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

islamischen Theologie o<strong>der</strong> <strong>der</strong> islamischen Geschichte verfügt. An<strong>der</strong>erseits würde es die gleichen<br />

Per<strong>so</strong>nen aber vermutlich sehr wohl irritieren, wenn e<strong>in</strong> Volkswirt auf e<strong>in</strong>mal auf allen Titelseiten<br />

dieser Republik über die Bedeutung <strong>der</strong> Bergpredigt für die gesamte Christenheit spräche. Warum<br />

al<strong>so</strong> lassen sich das die Konsumenten beim Thema <strong>Islam</strong> bieten?<br />

Auch gewisse Ausfälle <strong>der</strong> <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker führen nicht zur Zurückhaltung. Necla Kelek gab<br />

vor e<strong>in</strong>iger Zeit im ZDF folgendes Statement über männliche Muslime ab:<br />

„Be<strong>so</strong>n<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Mann […] ist ständig eigentlich herausgefor<strong>der</strong>t und muss auch <strong>der</strong> Sexualität<br />

nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er ke<strong>in</strong>e Frau f<strong>in</strong>det, eben dann e<strong>in</strong>


Tier […] und das hat sich im Volk <strong>so</strong> durchgesetzt, das ist e<strong>in</strong> Konsens.“ (Forum am Freitag,<br />

16.7.2010).<br />

Frauen mit Kopftuch und westlich‐mo<strong>der</strong>ner Kleidung bezeichnet Necla Kelek <strong>in</strong> ihrem Buch<br />

„Himmelsreise“ als – <strong>Islam</strong>‐Bitches (S. 11). Trotz <strong>so</strong>lcher Ausfälle und trotz be<strong>den</strong>kenswerter<br />

Argumentationsmuster ist sie weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gefragte Gesprächspartner<strong>in</strong>, Gastautor<strong>in</strong> und wird wie<br />

zuletzt durch die FDP‐nahe Friedrich‐Naumann‐Stiftung mit Preisen dekoriert. In <strong>den</strong> vergangenen<br />

fünf Jahren hat sie alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er überregionalen Tageszeitung 25 große Essays veröffentlicht. Sie<br />

kam al<strong>so</strong> fast je<strong>den</strong> 2. Bis 3. Monat <strong>zum</strong> Zug. Es gibt nicht viele Gastautoren, die <strong>der</strong>art hofiert<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Aktuell erstaunt mich ferner, e<strong>in</strong>e künstliche Zeitungs‐„Debatte“ über Goethes West‐Östlichen Divan.<br />

Zuerst hat sich Thilo Sarraz<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem Blatt dazu geäußert, anschließend Necla Kelek. Noch bevor ich<br />

e<strong>in</strong>e Zeile gelesen hatte, g<strong>in</strong>g mir die Frage durch <strong>den</strong> Kopf: S<strong>in</strong>d die bei<strong>den</strong> jetzt auch noch<br />

Germanisten o<strong>der</strong> Literaturwissenschaftler gewor<strong>den</strong>?<br />

Nach <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Veröffentlichungen folgten mehrere „echte“, al<strong>so</strong> auf diesem Fachgebiet<br />

ausgewiesene Experten. Sie ließen im Grunde ke<strong>in</strong> gutes Haar an <strong>den</strong> Äußerungen, was e<strong>in</strong>en nicht<br />

erstaunen dürfte. Doch mir geht es hier nicht um die Inhalte, <strong>so</strong>n<strong>der</strong>n die implizite Aufwertung von<br />

Thilo Sarraz<strong>in</strong> und Necla Kelek.<br />

Die zentrale Frage, die auch wir uns stellen <strong>so</strong>llten, lautet al<strong>so</strong>: Warum ist das <strong>so</strong>? Warum treffen<br />

diese Leute <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Medien</strong> und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit auf e<strong>in</strong>e <strong>so</strong> große Re<strong>so</strong>nanz? Mit <strong>den</strong><br />

Terroranschlägen im Namen des <strong>Islam</strong> alle<strong>in</strong> lässt sich das eben<strong>so</strong> wenig erklären, wie mit alten<br />

<strong>Medien</strong>dogma „Bad news is good news“. (In dem von mir herausgegebenen Buch „<strong>Islam</strong>fe<strong>in</strong>dlichkeit.<br />

Wenn die Grenzen <strong>der</strong> Kritik verschwimmen“ f<strong>in</strong><strong>den</strong> Sie im Übrigen e<strong>in</strong>e ausführliche Analyse <strong>der</strong><br />

Argumentationsstrategien und darüber h<strong>in</strong>aus konkrete Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen mit e<strong>in</strong>zelnen <strong>der</strong><br />

besagten <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker.)<br />

Das Internet<br />

Die alten und die neuen <strong>Medien</strong> wie Facebook, Twitter o<strong>der</strong> dutzende Weblogs bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich <strong>der</strong>zeit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Phase, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie sich gegenseitig befruchten. Aus <strong>der</strong> Perspektive unseres Themas e<strong>in</strong>e<br />

heikle Verknüpfung.<br />

Internet, genauer gesagt, Web 2.0 heißt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel: Anonymität und k<strong>in</strong><strong>der</strong>leichtes E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen <strong>der</strong><br />

eigenen Me<strong>in</strong>ung. Sei es <strong>in</strong> Kommentarspalten unter Onl<strong>in</strong>e‐Artikeln, durch das Hochla<strong>den</strong> von Video<br />

o<strong>der</strong> das Versen<strong>den</strong> von Emails. Diese Möglichkeiten wer<strong>den</strong> von e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Menschenschlag offenbar be<strong>so</strong>n<strong>der</strong>s ausgeschöpft.<br />

In <strong>den</strong> neuen <strong>Medien</strong> hat die übelste Hetze gegen die Religion des <strong>Islam</strong> und ihrer Anhänger ihren<br />

Platz e<strong>in</strong>genommen. Man stößt auf <strong>der</strong>be Schmähungen, die sich an <strong>der</strong> Grenze zur Volksverhetzung<br />

und bisweilen jenseits davon bewegen. In Weblogs liest man:<br />

„<strong>Islam</strong> ist e<strong>in</strong>e freiwillige Geisteskrankheit“.<br />

„Ich will nicht, daß wenn ich Blut spende me<strong>in</strong> Blut irgendwann e<strong>in</strong>em Musel das Leben rettet und<br />

genau<strong>so</strong>wenig will ich dass <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en A<strong>der</strong>n Muselblut fliesst.“<br />

„Wie verbläst man eigentlich e<strong>in</strong>en […] Türken waidgerecht? Da gibt es nichts zu verblasen,<br />

Jagdhornbläser verblasen jagdbares, erlegtes Wild, ke<strong>in</strong> Ungeziefer!“<br />

Solche tagtäglich getroffenen Äußerungen stammen nicht aus versteckten rechtsextremistischen<br />

Foren, <strong>so</strong>n<strong>der</strong>n aus e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> mittlerweile erfolgreichsten Weblogs Deutschlands, über das Henryk


Bro<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal geschrieben hat, man könne darüber sehr geteilter Me<strong>in</strong>ung se<strong>in</strong>: Politically Incorrect,<br />

kurz PI. Die Seite zählt nach eigenen Angaben rund 50.000 Besucher pro Tag.<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die etablierten <strong>Medien</strong><br />

Die Stimmungsmache, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> digitalen <strong>Medien</strong>welt betrieben wird, geht nicht im luftleeren Raum<br />

vonstatten. Sie f<strong>in</strong>det verschie<strong>den</strong>e Wege <strong>in</strong> die reale Welt und bee<strong>in</strong>flusst dort die Macher. Blogs<br />

wie PI wer<strong>den</strong> von Journalisten, Wissenschaftlern, Politikern und an<strong>der</strong>en Multiplikatoren durchaus<br />

<strong>in</strong>tensiv verfolgt. Die Bee<strong>in</strong>flussung erfolgt <strong>zum</strong> e<strong>in</strong>en<br />

‐ <strong>in</strong>direkt, <strong>in</strong>dem sie die Hemmschwelle für eigene Aussagen und Argumentationen s<strong>in</strong>ken<br />

lässt.<br />

‐ <strong>zum</strong> an<strong>der</strong>en direkt, weil <strong>in</strong> diesen Blogs konkret dazu aufgerufen wird, <strong>zum</strong> Beispiel<br />

Leserbriefe und Emails an Zeitungen zu schreiben.<br />

Letzteres führt <strong>in</strong> manchen Redaktionen zu Irritationen. Im Vergleich <strong>zum</strong> gewöhnlichen Feedback<br />

<strong>der</strong> Leser, kommen plötzlich erstaunlich viele Zuschriften o<strong>der</strong> Höreranrufe mit e<strong>in</strong>em islamkritischen<br />

Tenor. Wenn man diese Manipulation nicht kennt, wird daraus leicht <strong>der</strong> Schluss gezogen: Unsere<br />

Leser s<strong>in</strong>d be<strong>so</strong>n<strong>der</strong>s islamkritisch. Was wie<strong>der</strong>um zu <strong>der</strong> Entscheidung führt, wir müssen diese<br />

Vielzahl an islamkritischen Lesern stärker bedienen. So ersche<strong>in</strong>en mehr und mehre Berichte. Sie<br />

bee<strong>in</strong>flussen ihrerseits wie<strong>der</strong> neue Leser, die dann das Internet nutzen, um sich weiter zu<br />

<strong>in</strong>formieren. So schließt sich <strong>der</strong> Kreis.<br />

<strong>Der</strong> Redakteur<br />

Die politische Ausrichtung e<strong>in</strong>es Mediums wird nicht nur durch die Vorgaben von Oben gesteuert.<br />

Treibende Kraft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Redaktion kann auch <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter se<strong>in</strong>. Je<strong>der</strong> Redakteur setzt<br />

mit se<strong>in</strong>em Bericht e<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong> <strong>in</strong> das große Ganze. Das heißt, um die Berichterstattung – <strong>in</strong> unserem<br />

Fall über <strong>den</strong> <strong>Islam</strong> – zu verstehen, muss man nicht nur die Grundausrichtung e<strong>in</strong>es Mediums <strong>in</strong>s<br />

Auge fassen, <strong>so</strong>n<strong>der</strong>n auch die Rolle des Redakteurs.<br />

Und für diese s<strong>in</strong>d neben dem beruflichen Auftrag bisweilen zwei private Motive handlungsleitend: 1.<br />

<strong>der</strong> persönliche Profit und 2. die persönlichen Interessen.<br />

1. Persönlichen Profit erlangt man <strong>zum</strong> Beispiel durch kontroverse, vieldiskutierte Beiträge o<strong>der</strong><br />

durch Berichte, die <strong>der</strong> Chefetage verme<strong>in</strong>tlich genehm s<strong>in</strong>d. Oftmals bieten sich dazu<br />

Berichte an, die polarisieren. Und Polarisierung erlangt man nur schwer durch ausgewogene<br />

und re<strong>in</strong> sachliche Beiträge. Genau dies ist e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>falltür für Polemiker wie Henryk M. Bro<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Provokateure wie Thilo Sarraz<strong>in</strong>.<br />

2. Die zweite E<strong>in</strong>falltür erhalten die <strong>so</strong> genannten <strong>Islam</strong>kritiker durch das zweite Hauptmotiv im<br />

H<strong>in</strong>blick auf die aktuelle Berichterstattung über <strong>den</strong> <strong>Islam</strong>. Je<strong>der</strong> Redakteur lässt bewusst<br />

o<strong>der</strong> unbewusst se<strong>in</strong>e persönlichen Interessen <strong>in</strong> die Arbeit e<strong>in</strong>fließen. Das ist menschlich<br />

und lässt sich nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus verfügen manche aber auch über ideologischen Eifer, <strong>der</strong> sich mal mehr o<strong>der</strong><br />

mal weniger – <strong>in</strong> unserem Kontext – gegen <strong>den</strong> <strong>Islam</strong> und gegen Muslime richtet.<br />

Entsprechende Kollegen kann es <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Redaktionsstube geben, <strong>den</strong>n <strong>Islam</strong>fe<strong>in</strong>dlichkeit ist<br />

nicht auf e<strong>in</strong>e bestimmte politische Haltung beschränkt. Sie taucht rechts, wie l<strong>in</strong>ks auf (s.<br />

Siegfried Jäger). Diese Kollegen arbeiten mit dem Ziel, durch ihre Berichte ihnen genehme<br />

Stimmung zu machen bzw. ihnen genehme Stimmungen aufrecht zu erhalten. Da dies<br />

außerhalb <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsseiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur latent geschehen kann, greift <strong>der</strong> Redakteur


zu e<strong>in</strong>em alten Trick: Er schafft Platz für (prom<strong>in</strong>ente) Per<strong>so</strong>nen, die an se<strong>in</strong>er Stelle die<br />

eigene Me<strong>in</strong>ung <strong>zum</strong> Leser transportieren: <strong>zum</strong> Beispiel Necla Kelek, <strong>zum</strong> Beispiel Thilo<br />

Sarraz<strong>in</strong> etc.<br />

Damit b<strong>in</strong> ich am Ende angelangt. Und wenn Sie sich fragen, was die Qu<strong>in</strong>tessenz aus diesem Vortrag<br />

se<strong>in</strong> könnte, dann schlage ich vor: Seien Sie als <strong>Medien</strong>nutzer kritisch und be<strong>den</strong>ken Sie, dass auch<br />

bei seriösen <strong>Medien</strong> nicht immer die neutrale Weitergabe von Informationen im Vor<strong>der</strong>grund steht.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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