Ein akkadischer Liebeszauber aus HattuSa*
Ein akkadischer Liebeszauber aus HattuSa*
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76 Daniel Schwemer<br />
(wohl Hattusili III. an Tukulti-Ninurta I.) oder KBo. 1, 10+ (derselbe an<br />
Kadasman-Enlil II.). Prüft man die Schreibweise Zeichen für Zeichen,<br />
entdeckt man gelegentlich einige wenige Zeichenformen, die vom Gesamtbild<br />
der Handschrift abweichen und die man prima fade eher dem<br />
„hethitischen" Duktus zuordnen würde. <strong>Ein</strong> gutes Beispiel dafür ist der<br />
zitierte Brief KBo. 1, 14 (Vs. 15: SA, 21: LA, Ph. koll.), der auch sprachlich<br />
einige Assyriasmen zeigt49. <strong>Ein</strong> solcher Befund, der natürlich auf eine<br />
breitere Basis gestellt werden müßte, deutet jedenfalls auf einen Kontakt<br />
zwischen fremden Experten und einheimischen Schreibern hin50. In dieses<br />
Bild fügt sich die Tatsache, daß auch akkadische Briefe im Duktus<br />
der ,Hattusa-Schule' überliefert sind - wohl Archivkopien hethitischer<br />
Schreiber nach Vorlagen fremder Experten51. Die Staatsverträge zeigen<br />
ein ganz ähnliches Bild: Hethitisch überliefert sind die Verträge mit anatolischen<br />
Fürsten, akkadisch dagegen die Verträge mit Kizzuwatna,<br />
nordsyrischen Herrschern, Mittani und Ägypten (Ausnahme: Sawuskamuwa-Vertrag);<br />
oft sind überhaupt nur akkadische Versionen überliefert.<br />
Viele der Manuskripte sind im jeweils zeitgenössischen Duktus der ,Hattusa-Schule'<br />
geschrieben (z.B. Eheja, Pillija, Sunassura, Aziru, Tette<br />
u.a.52). <strong>Ein</strong> akkadisches Fragment des mh. Sunassura-Vertrages (KUB 3,4)<br />
zeigt jedoch Zeichenformen, die innerhalb des hethitischen Duktus erst<br />
in der Regierungszeit Tuthalijas IV. zu erwarten wären (cf. bes. KI). Entweder<br />
handelt es sich um eine sehr späte Kopie53, oder - und das ist<br />
m. E. wahrscheinlicher - wir haben eine nicht näher datierbare, womöglich<br />
aber zeitgenössische Niederschrift einer ,nordsyrischen' Schreiber-<br />
<strong>Ein</strong> <strong>akkadischer</strong> <strong>Liebeszauber</strong> <strong>aus</strong> Hattusa 77<br />
II.HHI vor uns54. <strong>Ein</strong> typisches Beispiel für Handschriften in einer<br />
iinidsyrischen Traditionen verpflichteten Schrift bietet die akkadische<br />
ViMMiiin des Talmi-sarrumma-Vertrages, die auch von einem Fragment<br />
Im hellnlischen Duktus bezeugt wird (KUB 48, 72). Beim Tuppi-Teääup-<br />
Veiliug zeig! ein Vergleich des Textvertreters der akkadischen Version<br />
( K U H l, II) mit den Handschriften der hethitischen Fassung erhebliche<br />
I IttiiMNi linde im Schriftbild; man möchte aber nicht <strong>aus</strong>schließen, daß<br />
K U H \. II eine sehr späte Kopie von der Hand eines hethitischen<br />
Nehiellicis dmslelll. Im Fall des Sattiwaza-Vertrages zeigen fast alle Tafeln<br />
den hetluiisihcu Duktus; doch eines der Manuskripte der Suppilu-<br />
IldltlH VtHNlnn wurde in typisch mittanischer Schrift niedergeschrieben55.<br />
DHN lltiupliminiiskripl des Tette-Vertrages bietet zwar weitgehend das<br />
Nlltl de» helhilischcn Duktus, zeigt aber neben altem hethitischen LI<br />
Mtieh (MtitfoM holhilisches (also assyrisches) LI und eine weitere Variante<br />
tttl /«lehens, die der mittelbabylonischen Schreibweise nahesteht56, ein<br />
Ullld «IHM wiihiseheinlich durch das Kopieren einer fremden Vorlage<br />
dllieh »Inen helliilisehen Schreiber entstanden ist. E. Neu äußerte in<br />
MiniMtt «ul die in 1 Jgarit gefundenen akkadischen diplomatischen Texte<br />
HlMhllUehei Piovenien/. die pl<strong>aus</strong>ible Annahme, daß hinter diesen kon-<br />
Mt|Utnl Im .noidsyrisehen' Duktus geschriebenen akkadischen Texten<br />
•Int hvlliltlNelie Kanzlei in Syrien stünde, die am ehesten in Karkamis zu<br />
iwrtwt M>P'<br />
Kill« Hhnliehe Vielfalt bieten auch die Fragmente der akkadischen littftrlRelien<br />
leite <strong>aus</strong> dem Bereich des Schreiber- und Schulmilieus. Ne-<br />
Nft ilnipiuI"- liileln also Tafeln, die augenscheinlich nach Hattusa ver-<br />
4 9 Dazu schon A. Goetze, Kizzuwatna and the Problem of Hittite Geography. YOSR 22<br />
(New Häven 1940) 32, mit Anm. 128.<br />
5 0 Zur Präsenz fremder Schreiber in Hattusa s. Beckman, JCS35, 97-114. Gegen die<br />
Annahme, speziell geschulte hethitische Schreiber seien zweier Duktusvarianten mächtig<br />
gewesen, argumentiert Klinger, art. cit. (Anm. 45) 368 u.ö. Er weist v.a. darauf<br />
hin, daß eine solche Schreibkultur schon viel früher, als dies tatsächlich der Fall ist,<br />
zu sichtbaren <strong>Ein</strong>flüssen des assyrischen auf den hethitischen Duktus hätte führen<br />
müssen.<br />
sl Etwa KBo. 8, 12, Hattusili III. an Ramses II., beachte in diesem Fragment die uneinheitliche<br />
Schreibung von SA in Vs.? 5' vs. Rs.? 8' etc.<br />
52 Zu den Texten s. im allgemeinen G. Beckman, Hittite Diplomatie Texts (Atlanta<br />
21999); auf die Abfassungszeit des jeweiligen Vertrags gehen wohl folgende Mss. zurück:<br />
KBo. 28, 108-109+ (Eheja, ah.), KUB 36, 108 (Pillija, mh.), KBo. 1, 5 (Sunassura,<br />
mh.), alle publizierten Mss. der akkadischen Version des Aziru-Vertrags (cf.<br />
Beckman, op. cit. 187) sind im jüngeren hethitischen Duktus niedergelegt, dasselbe gilt<br />
für den Tette-Vertrag (KBo. 1, 4+ und 16; KUB 3, 2 und 3).<br />
53 So E. Neu/J. Klinger, Heth. 10 (1990) 154f. Anm. 23.<br />
" fcl Hl |»iliiili Uli Iii vnschwiegen, daß die Texte von Staatsverträgen durch<strong>aus</strong> nicht<br />
UMf Iii tl»ll HiilHlllIrli ihrer Niederlegung entstandenen ,Kladden', sondern auch in spä-<br />
MHW KII|III>II illifiliflcii sind; nachgewiesen ist dies etwa für die Mss. des HukkanatoHM**<br />
I» ' > < »i i iib». I >ie I lajasa-Verträge Hattis, in: E. Neu/Ch. Rüster [Hg.], Do-<br />
IIMHHHltlllli A»IIH< Miiions Antiquae. Fs. H. Otten [Wiesbaden 1988] 59-75).<br />
" ÄHir Ii ), 'u dt'ii vriNchiedcnen Versionen des Vertrages s. G. Beckman, Sonic<br />
IM»MIV»lliin« im ihr Suppiluliuma-Sattiwaza Treaties, in: M. E. Cohen e. a (Hg.), The<br />
Ulli«) Will lllf Nrinll Near Lastern Studies in Honor of William W. Hallo (Bethesda<br />
litt)M V . i l mich Kliiiger, art. cit. (Anm. 45) 372ff„ im Rahmen einer GesamtdiskUlllllll<br />
IHM Ohrilirlri ungsbilds der Staatsverträge.<br />
N Kttit I, 'I V« II "t, Ks. iii 57, Rs. iv 14 u.ö. Man beachte auch die schwankende<br />
(Mlll>lliw>>liit> von SA mil zwei bzw. drei Waagerechten.<br />
" H Nun, llullillri und llelhitisch in Ugarit, in: M. Dietrich/O. Loretz (Hg.), Ugarit.<br />
Hill iiMlitftlllriiiiiH'N Kulturzentrum im Alten Orient. ALASP 7 (Münster 1995) 1251'.,<br />
IJW /in liptltlliHclieii Kanzlei in Karkamis vgl. noch I. Singer, A New Hittite Letter<br />
hltlll IdtiMi, in: I Milnno e. a. (Hg.), Landscapes. CRRAI 44, II (Padova 2000) 65 IT.,<br />
Illlil lil»m, ihr lienlies belween Karkamis and Haiti, in: G. Wilhelm (llg.), Akten des<br />
IV liiloiiiHlltinnUMi Kongresses für Hethitologie. SlBoT 45 (Wiesbaden 2001) 635 IT.