Ein akkadischer Liebeszauber aus HattuSa*
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72 Daniel Schwemer<br />
Teil des Körpers mit den Substanzen berührt bzw. eingerieben wird.<br />
Auch die Verwendung des Zuchtwidders in diesem Zusammenhang ist<br />
nicht zufällig, begegnet der puhälu doch vielfach in den Potenzbeschwörungen<br />
als Inbegriff der Manneskraft (s.o. zu Vs. 16'-17'). Schließlich<br />
werden in ein weißes Band sieben Knoten geknüpft, das Band dann um<br />
die Hüfte des Patienten gebunden, um diese wiederholten Salbungen zu<br />
unterziehen. Knoten knüpft man in Schnüre zur Herstellung von Amulettstein-Ketten;<br />
diese werden um die Hüfte in der Regel Frauen zur Verhütung<br />
einer Fehlgeburt angelegt32. Das einfache Knüpfen von Knoten<br />
wird auch in einem Beschwörungsritual gegen ein vom Totengeist verursachtes<br />
Stechen (sihilti etemmi) angeordnet. Die schmerzende Körperstelle<br />
wird dort mit dem geknoteten Band bandagiert. Zuvor war jeder<br />
(der siebenmal drei) Knoten dreifach mit der Beschwörung besprochen<br />
worden. Den Knoten wohnt damit die Kraft der Beschwörung inne, die<br />
dann dauerhaft auf das erkrankte Körperteil wirken kann33. In unserem<br />
Text scheint der Paragraphenstrich zwischen Vs. 13' und 14' darauf hinzudeuten,<br />
daß die Beschwörung eher mit dem Vorgang des Salbens als<br />
mit dem des Knotens verbunden ist. In jedem Fall werden auch hier die<br />
Heilmittel, also die weiße Knotenschnur und das reinigende Öl, unmittelbar<br />
am betroffenen Körperteil angewendet, um dem „lendenlahmen"<br />
Patienten zu helfen.<br />
Während also der Wortlaut der Beschwörung an einen auf die Frau<br />
gerichteten <strong>Liebeszauber</strong> denken läßt, zeigt das zugehörige Ritual unzweifelhaft,<br />
daß das therapeutische Anliegen allein dem männlichen Patienten<br />
gilt. Diese Spannung bleibt bestehen, auch wenn man den Gesamttext<br />
als ein Beschwörungsritual zur Potenzsteigerung klassifizieren<br />
möchte, das den typischen saziga-Texten freilich fern steht.<br />
4. Nanaja und Kilili<br />
In Vs. 20' wird die zuvor als Nanaja angesprochene Göttin als Kilili<br />
bezeichnet. Diese Gleichsetzung von Nanaja und Kilili begegnet bislang<br />
allein im vorliegenden Text34, fügt sich aber gut in das schon Bekannte<br />
3 2 Siehe M. Stol, Birth in Babylonia and the Bible. CM 14 (Groningen 2000) 49f. mit den<br />
einschlägigen Belegen.<br />
33 KAR 56 Vs. H'-Rs. 11, hier Rs. 4ff.; zuletzt bearbeitet von J. A. Scurlock, Magical<br />
Means of Dealing with Ghosts (Diss. Chicago 1988) 279-281.<br />
3 4 Der spB Personenname Nanaja-kilili-usri (J. J. Stamm, Die akkadische Namengebung.<br />
MVAG 44 [Leipzig 1939] 310) gehört nicht hierher, sondern ist mit Namen wie Banitu-agä-usri<br />
zu vergleichen. Ob der Göttername Kilili etymologisch mit kililu „Kranz,<br />
Diadem" verbunden werden darf, bleibt unsicher.<br />
<strong>Ein</strong> <strong>akkadischer</strong> <strong>Liebeszauber</strong> <strong>aus</strong> Hattusa 73<br />
cm: Nanaja gehört seit alters zum Kreis der Istar (von Uruk) und wird<br />
dann auch mit I§tar gleichgesetzt35. Auf der anderen Seite wird auch Kilili<br />
eng mit IStar verbunden36, in einem Beschwörungsritual wird Istar als<br />
Kilili angerufen37. Daß gerade innerhalb des sexuellen Kontextes Nanaja<br />
mil dem lieinamen Kilili belegt wird, kann gleichfalls nicht überraschen:<br />
Abiisu.su Kilili ist eine mitunter gefährliche Dämonin, die durch das<br />
I enslei in das H<strong>aus</strong>, näherhin wohl in das Schlafgemach, eindringt38.<br />
" Mol. RIA 9, 146-148; Westenholz, CM 7, 73. Der früheste Hinweis auf die enge typoliiltiiirlie<br />
Verwandtschaft der beiden Göttinnen ist die Zuweisung ein und derselben<br />
luilhiilr Komposition an beide Gestalten (Sjöberg, JCS29, 16-27, cf. dazu auch We-<br />
•ii'iiliiil/. ( M 7, 64).<br />
"' Nach Au Anilin IV 143 (ergänzt nach TCL 15, 10: 243) gehört die Göttin Abasusu, die<br />
M-KHIIIIIIIIH mit Kilili gleichgesetzt wird (cf. die Belege in CAD K 357b lex. section sowli<<br />
l'SI) A/M 143) zu den 18 Botschaftern der Istar (s. R. L. Litke, A Reconstruction<br />
itl 11i«* ANNvto-llabylonian God-Lists An: dA-nu-um and An: Anu sa ameli [New Havt>n<br />
I99H| ISN f.); nach KAV 73 Vs. 18' entspricht ihr auch dort *ki-l[i-Ii]. Zu Kilili<br />
ml W (i I ainbert, Art. Kilili, RIA 5 (1976-80) 591a; R. Frankena, Täkultu (Leiden<br />
1'iM) «J/.<br />
" ( f W I'IIIIIIM, llrschwörungsrituale an Istar und Dumuzi (Wiesbaden 1977) 57: 21 f.,<br />
Illlil ili'ii KiuniiH'iilai zur Stelle ibid. 79.<br />
Hu «iiiiii'iiNi IHM Niiine''ab-ba-Sü-sü bedeutet „Die durch das Fenster hinab (in das<br />
llmm) «jlrtM" (/u Sii-sü = neqelpü). Mehrfach wird auf das <strong>Ein</strong>dringen der Kilili<br />
ilillt'li IIH« 1'i'iiNliT Hc/ug genommen. Die akkadischen Belege sind in CAD S III 357a<br />
• v IIIIIII, ('AHM II 271 a s. v. musirtu zusammengestellt; cf. auch das Epitheton (sar-<br />
IMH) tu (//>(»« in AHR 1 I, 57: 32 und SurpulU 78 (dasselbe Motiv mit Istar in G. Meier,<br />
Afll M | IV'I I -l-I | I46f.: 112, problematisch die Deutung von E ap-ti im Etana-Mythos,<br />
• M lliiul, DUN ftiiiia-Epos. GAAL 1 [Göttingen 2000] 226f. mit Anm. 614). Die<br />
tlllimiliii IIIMI Helene bietet PSD A/II 143 a. Das Motiv wird gerne als orientalisches<br />
Vuilillil Uli die Aphrodite Parakyptusa und das ikonographische Motiv der ,Frau im<br />
hMlilei' In Aimpnich genommen (zuerst H. Zimmern, OLZ 31 [1928] 1-3; cf. zuletzt -<br />
«HlMilliill« mil Ki'wiNNcin Vorbehalt - E. Frahm, AfO 46-47 [1999-2000] 178 mit Bezug<br />
«Iii Iii IniotiHcii, l'ietutes and Pictorial Language, in: M. Mindlin e. a. [Hg.], Figurallv»<br />
I Nii|iiiu|ji< III the Ancient Near East [London 1987] 1-11; von archäologischer<br />
Nullt« «'I limlicmindcie R. D. Barnett, A Catalogue of the Nimrud Ivories [London<br />
•NMI HMI, he« ISO; und jüngst H.-G. Buchholz, Kyprische Bildkunst zwischen<br />
| HMI Illlil Vit) v ( III., in: Ch. Uehlinger (Hg.), Images and Media. OBO 175 [Fribourg/<br />
WMUHHMI J»MKI| .'60 262; zur Aphrodite-Gestalt W. Fauth, Aphrodite Parakyptusa<br />
|WI»«liml«>ii IWi/l dort bes. 417f. zu den sumerischen und akkadischen Belegen). Mir<br />
•fliullll «Ii«* limliliousgcschichtliche Verbindung <strong>aus</strong> zwei Gründen problematisch:<br />
I litt« IkiinoijiiipliiNclie Motiv der ,Frau im Fenster' gehört nicht zum babylonisch-as-<br />
»yil«i>li«in llllilinveiilar, sondern wurde <strong>aus</strong> dem Westen importiert (cf. dazu Barnett,<br />
Im«, eil.; (I llcriiniinn, The Nimrud Ivories, 2: A Survey of the Traditions, in:<br />
M Itiumln «v H. |l lg.|, Von Uruk nach Tuttul. Ks. E. Strommenger. MVS 12 [München/<br />
Wl»n Iv3