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Zwei Sterne für Cutter

Buch © Andrea Rongen Autorenseite: http://andrearongen.wix.com/andrea-rongen

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<strong>Zwei</strong> <strong>Sterne</strong> <strong>für</strong> <strong>Cutter</strong><br />

Teil 5<br />

>Nicht jedes Hufeisen bringt Glück<<br />

Am frühen Morgen des zwanzigsten Mai kam Johnny Fuller aufgeregt in das Marshalloffice<br />

gelaufen. Ohne anzuklopfen riss er die Tür auf und ging zum Schreibtisch hinter dem<br />

Marshall Ryder saß und einen Bericht über die Ereignisse der letzten Nacht schrieb. Johnny<br />

wedelte mit einem Brief in der Hand durch die Luft. Völlig außer Atem hauchte er,<br />

„ Post <strong>für</strong> sie Marshall. Ein Brief aus Texas!“ Nick sah ihn ernst an und schüttelte den Kopf.<br />

„ Und darum machst du so einen Aufwind? Ich bekomme fast jeden Tag Post.“ „ Aber dieser<br />

hier ist aus Texas. Ich bin Texaner, dass haben sie doch nicht vergessen, oder? Ich freue mich<br />

immer, wenn ich etwas aus der Heimat erfahre.“ Nick musste lächeln, als er den Brief<br />

annahm.“ Er ist aber an mich gesendet. Ich glaube nicht, dass da etwas Interessantes <strong>für</strong> dich<br />

drin steht. Warum schreibst du nicht einfach auch mal einen Brief an deine Verwandten.“<br />

„ Marshall! Das ist die Idee. Warum bin ich da nicht früher drauf gekommen? Ich schreibe<br />

einen Brief an meine Tante Luise.“ Johnny war schon wieder bei der Tür als Nick ihm noch<br />

nachrief“, Eigentlich war es ja meine Idee, aber dennoch, viel spaß beim schreiben.“ Auf dem<br />

Ofen stand heißer Kaffee, der seinen Duft im ganzen Office verteilte. Nick goss sich eine<br />

Tasse ein und beobachtete dabei die Straße. Der junge Johnny hüpfte über die Mainstreet wie<br />

ein fünfjähriger. Es sah lustig aus, denn er war schon sechzehn Jahre, groß und schlank. Ein<br />

weicher dünner Flaum bedeckte seine Oberlippe und machte aus ihm einen halbwüchsigen<br />

Mann. Nick nahm den Brief in die Hand und las den Absender.“ Roy Brakes, Laredo“.<br />

Gedankenverloren lehnte er gegen die Wand und dachte an den Sommer vor zehn Jahren.<br />

Nick war damals noch Sheriff und musste sich der Junkers Bande stellen. Wo sie auftauchten<br />

hinterließen sie Verwüstung und Tote. Frank Junker, der Boss der Bande war überzeugt<br />

davon, dass ihn niemand stoppen kann. Ihm gehörte die Welt und er konnte tun was er wollte.<br />

In vier Städten war ihm das auch gelungen. Jeder, der sich ihm und seinen Männern<br />

widersetzte wurde öffentlich ausgepeitscht. Sheriff Epps aus House City starb mitten auf der<br />

Mainstreet und niemand traute sich einzugreifen. Er wurde zu Tode gepeitscht.<br />

Nick erwartete die Bande, da sie sich in südlicher Richtung bewegten. Am Tage vor dem<br />

Eintreffen der Bande saß Roy Brakes im Jail bei Sheriff Ryder wegen Belästigung mehrer<br />

Damen. Er war ein Schürzenjäger und mit allen Wassern gewaschen. Die Frauen beschwerten<br />

sich im Office und fühlten sich belästigt. Nick blieb keine andere Wahl, als ihn einen Tag<br />

festzusetzen. Am nächsten Morgen versuchte Sheriff Ryder vergebens Hilfe zu bekommen.<br />

Niemand wollte sich der Bande in den Weg stellen. Die Bürger von <strong>Cutter</strong> waren sich einig,<br />

dass sie dem Gesetzeshüter genug bezahlen und er seinen Job zu machen habe.<br />

Roy Brakes war der Einzige, der sich neben Nick aufstellte um Frank Junker und dessen zehn<br />

Männer aufzuhalten. Er war draufgängerischer Texaner und stolz auf seine Herkunft. Sie<br />

postierten sich eine Meile vor der Stadt. Nick wollte kein Risiko eingehen, und die Bande<br />

vorher schon abfangen. Rechts und links des Weges waren steile Felswände. Nick steckte eine<br />

Stange Dynamit in einen Spalt und ließ die Lunte sichtbar runterhängen. Roy versteckte sich<br />

hinter einem Fels. Er hatte den Auftrag die Lunte durch einen Schuss zu entzünden. Der Plan<br />

ging auf. Hinter der Bande stürzten die Felsbrocken auf den Weg und vor ihnen stand Sheriff<br />

Ryder. Er riss Frank Junker aus dem Sattel bevor dieser begriff was geschehen war und hielt<br />

ihm den Revolver an die Stirn. Niemand seiner Männer zweifelte an der Ernsthaftigkeit der<br />

Worte die Ryder sprach, „ Werft eure Waffen weg und nehmt die Hände hoch, ansonsten<br />

könnt ihr zusehen wie leicht ein Kugel durch einen Schädelknochen geht.“<br />

Beim Abführen gelang es einen sein Messer aus unter dem Hosenbein hervor zu ziehen und es<br />

hätte sicher sein Ziel nicht verfehlt, wenn Roy ihn nicht in letzter Sekunde angeschossen<br />

hätte. In den darauf folgenden Tage, die Roy noch in der Stadt blieb, hatte Nick noch in guter<br />

Erinnerung.<br />

Der Brief aus Texas war eine Einladung zur Hochzeit. Ausgerechnet Roy hatte nun vor sich<br />

fest zu Binden. Nick schmunzelte, „ Wenn das mal gut geht.“ Sagte er zu sich selbst und sah<br />

1


zur Tür. Sein Freund Sheriff Jett Armstrong kam gerade herein. „ Guten Morgen. Gibt es<br />

etwas Neues?“ fragte er wie immer. „ Ja. Ich habe eine Einladung zu einer Hochzeit<br />

bekommen. Roy Brakes möchte mich zum Trauzeugen haben.“<br />

„ Na Großartig. Viel spaß.“ Sagte Jett. „ Die Hochzeit findet in Laredo statt. In Texas.“ Jett<br />

blieb abrupt stehen. Verblüfft sah er Nick an. „ In Texas, hast vor hinzureisen?“<br />

„ Es wäre ja nur eine Woche dann bin ich wieder da. Ich nehme mein Pferd mit. Die<br />

Zugverbindung reicht nur bis Irontown. Von dort an muss ich die letzten vierzig Meilen<br />

reiten. Ich nehme den heutigen Mittagszug.“ Nick hatte den Kopf gesenkt mit Blick auf den<br />

Brief, den er in der Hand hielt. Jetzt schielte er hoch ohne den Kopf zu heben und beobachtete<br />

Jetts Reaktion. Sheriff Armstrong setzte sich hinter den hinter Schreibtisch, atmete tief ein<br />

und sagte in einem gelassenen Ton“, Ich komm schon klar hier. Ich wünsch dir eine gute<br />

Reise.“ „Danke Jett. Lass dir was einfallen, wenn Major Flint nach mir fragt. Ich geh meine<br />

Sachen packen. Mir bleiben ja nur noch zwei Stunden.“<br />

Nick hatte das Wichtigste noch auf die Schnelle erledigt. Er wies seine Deputys ein, ließ sich<br />

von Peggy Sue ein Proviantpäckchen packen und machte sein Pferd Ladigo Reisefertig.<br />

Der Abschied war kurz und unauffällig. Es sollten möglichst wenige mitbekommen, dass der<br />

Marshall abgereist war. Es gab zu viele Leute in <strong>Cutter</strong>, die seine Abwesenheit sofort<br />

ausnutzen würden, und die Gesetzte brachen. Je später die es bemerkten, desto besser war es<br />

<strong>für</strong> Jett. Pfeifend rollte der Zug vom Bahnhof ab. Die beiden Deputys Alex Cooper und Benno<br />

Walker standen bei den Gleisen und grinsten sich zu. Jett sah es aus den Augenwinkeln.“ Was<br />

grinst ihr so! glaubt ja nicht, dass ihr hier nun eine Woche Urlaub habt. Macht euch an die<br />

Arbeit. Das Office muss gewischt werden und die Fenster sollten auch mal wieder geputzt<br />

werden. Danach möchte ich einen ausführlichen Bericht über die Schlägerei letzte Nacht in<br />

der ihr Beide verwickelt ward.“ Jett wollte gerade gehen, da hielt ihn eine zarte Frauenstimme<br />

auf. „ Oh Sheriff! Es ist schön sie gleich kennen zu lernen. Ihre dominante Art mit den<br />

Deputys hat mir gleich imponiert. Sie sind ein Mann, der genau weiß was er will.“<br />

Jett betrachtete die Frau, die mit einer kleinen Reisetasche am Bahnhof stand. Ihr feuerrotes<br />

Kleid war eng geschnürt um die Brust und wurde ab der Hüfte weit. Es war mit schwarzen<br />

Spitzen abgesetzt, die ein Korsett andeuteten. In ihrer Rechten hielt sie einen Sonnenschirm<br />

ebenfalls aus schwarzer Spitze. Tiefschwarz hingen ihre Locken herunter und der Blick mit<br />

dem Jett ansah hatte etwas Mystisches an sich. Es kam ihm vor, als könnte sie seine<br />

Gedanken lesen. „ Darf ich fragen wer sie sind? Mam?“ fragte Jett zögernd. Denn eine solche<br />

Dame hatte er noch nie zuvor gesehen. „ Ich bin Miss Odin. Clara Odin. Ich brauche dringend<br />

ein Hotelzimmer. Die Fahrt war anstrengend. Meine Kraft verlässt mich. Bitte Sheriff, führen<br />

sie mich zu einem Quartier.“ Mit dem Handrücken berührte sie ihre Stirn und seufzte. Jett sah<br />

die langen ebenfalls schwarz lackierten Fingernägel. „ Fehlt nur noch die Sense.“ Dachte er.“<br />

„Dann stehe gerade dem Tod gegenüber.“ Miss Odin riss ihn aus seinen Gedanken. „ Sheriff,<br />

sie müssen mich stützen.“ Bevor Jett reagieren konnte hackte sie ihren Arm in seine<br />

Armbeuge ein. Neben einem Stapel großer Kisten standen drei Männer wie Statuen<br />

unbeweglich. Alle drei waren in schwarzen weiten Anzügen gekleidet und trugen zudem<br />

einen Umhang, mit rotem Innenfutter. Ihre Arme hielten sie vor der Brust verschränkt und<br />

erst als Miss Odin den Befehl gab rührten sie sich. „ Folget mir und dem Sheriff. Und seit<br />

Vorsichtig mit den Requisiten.“ Jett wunderte sich über nichts mehr. Er war nur Froh, dass<br />

Peggy-Sues Hotel nicht weit vom Bahnhof entfernt lag. Sie buchte zwei Zimmer. Eines <strong>für</strong><br />

sich und eins <strong>für</strong> zwei Begleiter. Jeweils ein dritter musste stets vor ihrer Tür Wache stehen.<br />

Im Office waren Lex und Benno dabei den Boden zu wischen. Als Jett eintrat hielt Lex in<br />

seiner Arbeit inne und fragte, “ was zum Teufel war denn das?“ Jett rieb sich die Augen um<br />

sicher zu gehen das er nicht nur Träumte. „ Wenn du die Frau am Bahnhof meinst, hast du mit<br />

dem Begriff `Teufel` wahrscheinlich richtig geraten. Ich dachte auch, ich würde dem Tod<br />

gegenüber stehen.“ Benno gab grinsend dazu, „ Schade das Nick sie nicht gesehen. Er<br />

verpasst was.“ „ Was soll er denn verpassen. Eine Frau die schwarz gekleidet ist. Vielleicht ist<br />

sie ja in Trauer.“ Sagte Lex und wischte über die Dielen. „ Du hast ja nicht in ihre Augen<br />

gesehen. Mir kam es vor, als könnte sie in mich hineinsehen.“ Ein Schauer lief Jett bei seinen<br />

eigenen Worten über den Rücken.<br />

2


Nick war den ganzen Tag unterwegs. Erst am späten Abend erreichte er die Stadt Irontown.<br />

Müde nahm er sich ein Zimmer in einem Hotel und wachte erst wieder auf, als die ersten<br />

Sonnenstrahlen durch das Fenster schienen. Nach einem guten Frühstück ging die Reise zu<br />

Pferd weiter. Pünktlich zur Hochzeit traf Nick in Laredo ein. Roy Brakes war überrascht<br />

seinen alten Freund wieder zu sehen. Er hatte nicht geglaubt, dass Nick tatsächlich kommen<br />

würde. Die Hochzeit war ein großartiges Fest. Nick hatte nur bedenken, ob sein Freund seiner<br />

Braut auch treu blieb. Er wusste ja, wie sehr Roy Frauenröcke hinter her sah. Er wäre<br />

verrückt, wenn er das täte, denn das Mädchen, welches nun seinen Namen trug war ein<br />

wunderhübsches junges Ding. Die Feier ging bis in die Nacht hinein. Nick trat seine<br />

Rückreise nach dem Frühstück an. Er verabschiedete sich bei der Braut und flüsterte ihr ins<br />

Ohr “, Halt ihn an der kurzen Leine.“ Sie sah zwar fragend an, aber schien doch seine Worte<br />

verstanden zu haben, denn plötzlich lächelte sie und sagte “, Ich kenne ihn. Mach dir keine<br />

Sorgen.“ Roy kam in diesem Moment dazu, fragend sah er seine Frau an.<br />

„ Worüber soll er sich keine Sorgen machen!“ Nick klopfte auf dessen Schulter “, Ach Roy.<br />

Ich wünsche dir alles Gute, viele Babys und ein langes gemeinsames Leben.“ Dann zog er<br />

sich in den Sattel und schlug den Heimweg ein.<br />

Etwa fünf Meilen vor Irontown lahmte sein Hengst Ladigo mit dem rechten Vorderhuf. Nick<br />

besah sich den Fuß und konnte einen Dorn entdecken, der sich zwischen dem Eisen in das<br />

Weiche Hufgewebe gebohrt hatte. Er brauchte fast eine halbe Stunde um ihn zu entfernen. Er<br />

steckte so tief drin, dass Ladigo immer noch lahmte. Langsam trat auch schon die<br />

Dämmerung ein, so dass Nick beschloss hier draußen noch ein Nachtlager einzurichten. Am<br />

Ufer des schmalen Flusses, dem er seit zehn Meilen gefolgt war, kühlte er den Huf des<br />

Pferdes. „ Ich habe noch Kaffee, Brot und Schinken in der Satteltasche. Heute Nacht bleiben<br />

wir hier. Morgen geht es dir bestimmt besser. Es sind ja nur noch fünf Meilen.“ Nick<br />

streichelte die Mähne seines Schecken und löste das Zaumzeug. Ladigo läuft nicht weg,<br />

dessen konnte Nick sich sicher sein. Er war ein treuer Freund und ließ ihn noch im Stich.<br />

Am wärmenden Lagerfeuer trank Nick seinen Kaffee und dachte zurück an die Hochzeit. Er<br />

selber war nun sieben Jahre mit Carol- Ann verheiratet. Es war eine Doppelhochzeit<br />

zusammen mit Jett und seiner Frau Mary. Ganz <strong>Cutter</strong> feierte damals mit. Sein Sohn Jetty aus<br />

erster Ehe war gerade mal fünf Jahre. Er hatte seine Mutter Lea nie kennen gelernt. Sie wurde<br />

bei einem Überfall getötet. Jetty war da noch ein Baby und von der Bande verschleppt. Die<br />

grausamen Bilder des Überfalls verdrängte Nick und konzentrierte auf das schöne<br />

Hochzeitskleid, dass Carol-Ann bei der Trauung trug. Mit geschlossenen Augen saß Nick auf<br />

einem Baumstamm vor dem Feuer, als ihn ein knacken im Unterholz aufschreckte. Sofort<br />

sprang er hoch, hielt den Revolver in der Hand und lauschte in dunkle Nacht hinein. Einige<br />

Sekunden verstrichen, dann raschelte etwas im Gebüsch. „ Komm raus da. Mit erhobenen<br />

Händen.“ Befahl Ryder, denn er war sich nun sicher, dass sich dort ein Mensch versteckte.<br />

In der Zeit, die er bei den Indianern verbracht hatte, hatte er viel über Spurenlesen und der<br />

Natur gelernt. Das konnte kein Tier sein, das sich da im Busch aufhielt.<br />

Langsam kam eine menschliche Gestalt auf ihn zu. Nick hatte das Feuer im Rücken und<br />

konnte im Dunkeln nur schemenhaft das Gesicht des Gegenübers erkennen. Nur die roten<br />

Haare fielen auf, die sich von dem gelben Halstuch deutlich absetzten.<br />

Mit erhobenen Händen kam der Mann näher. Eine auffallend hohe Stimme sagte, „ Aber wer<br />

wird denn gleich so misstrauisch sein, Mister. Ich habe ihren guten Kaffee gerochen und<br />

wollte mich zu einer Tasse einladen.“ „ Warum verstecken sie sich dann erst im Gebüsch?“<br />

wollte Nick wissen und vernahm das leise Rascheln hinter sich zu spät.<br />

Da er nicht wissen konnte, wo der zweite Hinter ihm stand, hechtete Nick nach vorne und<br />

schlug den völlig überraschten Mann genau ans Kinn. Durch die Knöchel seiner Faust konnte<br />

Nick das Brechen eines Zahnes spüren, und bekam in diesem Moment einen harten Schlag auf<br />

den Hinterkopf. Benommen torkelte er zu Seite, sackte dann in die Knie und fiel nach vorne<br />

über. Alle Mühe nicht von der Ohnmacht angesprungen zu werden, war vergebens. Nick lag<br />

war wie gelähmt am Boden. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Die schwer gewordenen<br />

Augenlider wollten immer wieder zufallen, aber er wehrte sich dagegen. Schleierhaft sah er<br />

3


wie zwei Männer, seine Satteltasche durchsuchten. Der Rothaarige fluchte und spukte einen<br />

blutigen Zahn aus. Nick sah den abgebrochenen Eckzahn, der vor seinem Gesicht zu Boden<br />

fiel, dann drehte ihn jemand auf den Rücken. Ein stechender schmerz durchzuckte seinen<br />

Nacken, dann verlor er völlig das Bewusstsein.<br />

Marshall Ryder wusste nicht genau, wie lange er da gelegen hatte, als er endlich wieder die<br />

Augen öffnete. Das Feuer war erloschen und es war noch Nacht. Er blinzelte in den<br />

<strong>Sterne</strong>nhimmel, blieb aber vorsichtshalber noch etwas lang ausgestreckt liegen und betastete<br />

seine Beule am Hinterkopf. Außer starken Kopfschmerzen tat nichts weh. Er konnte alle seine<br />

Glieder bewegen. Erst nachdem er mühsam aufgestanden war, sah er, dass nichts mehr da<br />

war. Sein Pferd, der Sattel, die Satteltasche, alles war weg. Sogar seine Brieftasche, sein Stern<br />

und der Revolver mitsamt dem Gurt. Nur der ausgeschlagene Zahn lag noch am Boden.<br />

Vorsichtshalber hob er ihn auf und steckte ihn in seine Hosentasche.<br />

Dann blickte er auf seine Füße, „ Na wenigsten die Stiefel haben sie mir gelassen.“ Sagte er<br />

zu sich. Denn nun standen fünf Meilen Fußmarsch vor ihm.<br />

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Nick die ersten Häuser der Stadt sah. Er war<br />

Müde und seine Füße taten weh. Aber am schlimmsten waren die Kopfschmerzen. Unrasiert<br />

und mit verschwitztem Hemd suchte er das Sheriff Office auf. Er fand es mittig der<br />

Mainstreet im oberen Geschoss eines zweistöckigen Hauses. Eine lange Außentreppe an der<br />

Wand vorbei führte nach oben.<br />

In <strong>Cutter</strong> begann der Tag mit viel Aufregung. Überall an den Pfeilern der Häuser hingen<br />

Plakate. Jett hatte eine unruhige Nacht auf dem harten Bett im Office hinter sich, als Deputy<br />

Lex Cooper hereinstürmte. „ Hey Jett. Hast du schon die Plakate draußen gesehen?“<br />

Mürrisch antwortete Jett“, Nein. Ich war noch nicht draußen.“ Mit verschlafenen Augen<br />

suchte er nach der Kaffeedose auf dem Regal und musste feststellen, dass diese leer war. Lex<br />

ging aufgeregt hin und her während er zu erklären versuchte.<br />

„ Miss Odin hält heute Abend eine Sitzung. Sie tritt im Restaurant von Peggy-Sue auf und<br />

wird die Zukunft der Stadt voraussagen.“ Jett, der gerade an einer Tasse nippte, mit Kaffee<br />

vom Vortag, spuckte das schwarze Gebräu hustend in die Tasse zurück. Lex sah ihn erstaunt<br />

an, „ schmeckt das so abscheulich?“ fragte er. „ Das auch. Aber was hast du da gerade über<br />

diese Miss Odin gesagt?“<br />

„ Sie kann die Zukunft voraussagen. Allerdings nur die dunklen Seiten. Ist das nicht<br />

schaurig?“<br />

„ So wie die herumläuft, erstaunt mich das nicht. Sie trägt doch selber nur schwarz. Glaubt die<br />

denn wirklich, irgendjemand interessiert sich <strong>für</strong> ihre dunklen vorhersagen? Wer will schon<br />

wissen welches Unheil ihn erwartet.“ An Lex grinsendem Gesicht erkannte Jett, das dieser es<br />

wohl anders sah. „ Du willst doch nicht da hingehen! Das ist doch alles Lug und Trug. Am<br />

Ende will sie nur Geld von dir haben.“<br />

„ Das hat sie schon bekommen. Hier, ich habe zwei Eintrittskarten gekauft.“ Er wedelte mit<br />

zwei bunt bedruckten Papierstreifen durch die Luft. Seufzend ließ Jett sich auf den Rand des<br />

Bettes sinken. „ Und noch was Jett. Der Saal ist ausverkauft. Du kannst keine Karte mehr<br />

bekommen.“ Armstrong sah zur Decke auf, faltete die Hände zusammen und sagte<br />

andächtlich“, Oh Gott sei dank!“ „ Du weißt ja gar nicht, was du da alles verpasst. Sie sagt die<br />

Zukunft voraus! Und noch was. Sie hat gesagt, dass es heute regnen wird. Ein Gewitter<br />

kommt über uns und der Blitz wird einschlagen.“ Jett schüttelte nur den Kopf über so viel<br />

Einfältigkeit.“ Natürlich wird es heute Regnen und ein Gewitter ist auch zu erwarten. Das<br />

habe ich gestern schon an den Wolken erkannt. Und der Blitz wird mit ziemlicher<br />

Wahrscheinlichkeit auch irgendwo einschlagen. Das ist keine Zukunftsvision, dass nennt man<br />

Beobachtungsgabe.“ „ Sag was du willst. Ich werde dort hingehen und viele Andere auch.“<br />

„ Wen nimmst du mit?“ „ Dich bestimmt nicht. Das ist Bennos Karte.“ Jett streifte sich die<br />

Weste über, zog die Schnalle vom Coltgurt enger und ging zur Tür. „ Ich geh Frühstücken.<br />

Wenn du mich brauchst, ich bin bei Peggy-Sue.“ Kaum hatte er die Straße überquert, da kam<br />

auch eine Gruppe Frauen auf ihn zu gestürmt.<br />

4


„ Morgen Sheriff. Haben sie von Miss O….“ „ Ja habe ich“ Fiel er der jungen Frau ins Wort.<br />

„ Ist das nicht großartig. Sie gibt Heute Mittag schon <strong>für</strong> jeden eine Persönliche Sitzung.“<br />

Obwohl er nicht geringste Lust verspürte, sich mit den Leuten über diese verrückte Person zu<br />

unterhalten, blieb er jetzt doch stehen und drehte sich zu der Frau um, die ihn angesprochen<br />

hatte.“ Sie wollen wirklich wissen, welches Unheil sie erwartet?“ „ Aber natürlich. Stellen sie<br />

sich nur vor, wenn sie wissen was passiert, dann können sie es doch rechtszeitig abwenden?“<br />

Die junge Frau schien wie besessen von diesem Gedanken.<br />

„ Und wenn es sich nicht abwenden lässt?“ fraget Jett skeptisch.<br />

„ Ach Sheriff. Sie können mich nicht davon abhalten. Ausgerechnet sie sollten doch an ihrer<br />

Zukunft interessiert sein.“ „ Wieso?“ „ Weil sie einen gefährlichen Job haben und nie wissen,<br />

wann es sie mal erwischt. Wenn sie aber genau wissen, dass sie Morgen von einer Kugel<br />

getroffen werden, können sie doch einfach den gaben Tag drinnen bleiben und dem Tot damit<br />

entgehen.“ Schmunzelnd gab Jett darauf zurück, „ dann hat sie aber gelogen. Wenn sie<br />

meinen Tot voraus gesagt hat und ich dann immer noch lebe.“ Empört wandte sich die Frau<br />

ab. Sie war so besessen von dieser Miss Odin, dass sie sich nicht von dem einfältigen Sheriff<br />

die Laune verderben lassen wollte. Im Restaurant war kein Platz mehr zu bekommen. Alle<br />

Tische standen an die Wand gerückt, der Saal wurde mit Stühlen gefüllt. <strong>Zwei</strong> Männer bauten<br />

eine Bühne auf und die schwarz gekleideten Helfer der Miss Odin packten die Dekorationen<br />

aus den Kisten. Enttäuscht stand Jett in der Tür und beobachtete das Treiben. Dann trat<br />

plötzlich Peggy-Sue auf ihn zu. „ Guten Morgen Sheriff. Sicher wissen sie schon was<br />

heute…“ „ Oh bitte. Sprechen sie nicht davon. Eigentlich bin ich nur hier, weil ich ein<br />

Frühstück haben wollte. Aber ich sehe schon, daraus wird wohl nichts.“ Peggy-Sue nahm Jett<br />

an die Hand und führte ihn durch das Chaos zur Küchentür. „ Aber sicher bekommen sie ihr<br />

Frühstück. Sie können es in der Küche einnehmen, wenn es ihnen nichts ausmacht.“<br />

„ Ich brauche auf jeden Fall erst mal einen Kaffee. Das würde mir schon reichen.“<br />

„ Sie kommen doch sicher auch heute Abend. Ich biete Essen zu Sonderpreisen.“ Im<br />

Speisesaal schepperte eine Glasschüssel zu Boden. Laute Flüche schallten bis in die Küche.<br />

Die Tür wurde aufgerissen und eines der Mädchen, die <strong>für</strong> Peggy-Sue arbeiteten rannte an Jett<br />

vorbei und holte den Besen aus der Ecke. „ Endschuldigung!“ rief sie, als sie beim<br />

hinauslaufen Sheriff Armstrong anrempelte. „ Sind denn alle verrückt geworden?“ fragte Jett.<br />

„ Es ist doch Aufregend. Wann hatten wir das letzte Mal einen so bedeutenden Gast!“ Sagte<br />

Peggy-Sue und schlug die Fäuste in die Hüfte. „ Zum Glück noch nie. Bisher waren es<br />

Theaterleute, Zirkusartisten und Musiker. Wieso macht ihr hier schon so einen Aufstand? Es<br />

soll doch erst heute Abend losgehen.“ Jett schlürfte an seiner Tasse. Der Kaffee war heiß und<br />

wie immer schmeckte er besonders gut bei Peggy-Sue. Leider verriet sie niemandem ihr<br />

Rezept. Noch bevor sie Antworten konnte schallte die Stimme des Ehrengastes durch die<br />

Luft. „ Nein, nein, nein. Die Bühne muss noch ein Zentimeter höher werden. Ich habe mich<br />

doch deutlich genug ausgedrückt. Und was ist das? Es sollten doch Rosen sein. Rote Rosen<br />

und nicht so ein Unkraut. Also bitte.“ Dezent schlich Jett sich zur Hintertür. Er wollte ihr auf<br />

keinen Fall begegnen. Es gab noch genug wichtigere Arbeit zu tun. Er war schon froh, als er<br />

den Korridor erreichte, da stand sie auf einmal vor ihm. Sie kam aus der Vordertür und traf<br />

unausweichlich auf den Sheriff.<br />

„ Sheriff Armstrong. Es ist schön sie zu sehen. Sicherlich kommen sie doch auch heute<br />

Abend.“ Jett war froh, dass alle karten ausverkauft waren, so konnte er einer Diskussion<br />

umgehen.“ Tut mir leid Miss, aber es gibt keine Karten mehr.“ Lachend wedelte sie mit den<br />

Händen als wolle sie sich Luft zu fächeln. „ Aber nicht doch. Für sie habe ich habe immer ein<br />

paar in Reserve.“ Ganz nah trat sie an Jett heran und steckte ihm eine Eintrittskarte in die<br />

Hemdtasche. „ Mein Süßer. Ich habe eine Schwäche <strong>für</strong> das Gesetz. Und vor <strong>für</strong> die, die es<br />

Hüten. Wann bekomme ich Marshall Ryder mal zu sehen?“ „ Oh ähm…er ist nicht in der<br />

Stadt. Er musste beruflich weg.“ Es war sicher nicht klug, ihr von Nicks Abwesenheit zu<br />

erzählen, aber was hätte er sagen sollen. Nick war <strong>für</strong> die nächsten vier Tage nicht da.<br />

„ Das ist aber Schade. Ich habe viel von ihm gehört.“<br />

„ So? tut mir leid Mam. Aber ich muss an meine Arbeit.“ Jett schob sie sanft bei Seite und<br />

wollte zur Tür hinaus, da rief sie ihm noch hinterher, „ In einer Stunde beginne ich mit<br />

5


Einzelsitzungen. Für sie Sheriff räume ich gerne eine halbe Stunde ein. Wann immer sie Zeit<br />

haben.“ Jett blieb in der Tür stehen und kaute nervös auf der Unterlippe herum.<br />

„ Danke, aber ich habe keinen Bedarf.“ „ Wieso nicht? Haben sie angst vor der Zukunft?“<br />

„ Das reicht jetzt!“ Schimpfte Jett, alle seine Manieren vergessend. „ Haben sie eigentlich<br />

eine Ahnung was sie hier anrichten? Gar nicht auszudenken wie viele Menschen nach ihrer<br />

billigen Show in Panik geraten. Im tiefen Inneren will keiner sein Schicksal vorher wissen,<br />

aber sie wecken ja eine Neugierde in die Menschen die sie ihren Zauber auch noch <strong>für</strong> Echt<br />

halten.“ „ Zauber nennen sie meine Gabe? Ich werde ihnen beweisen, dass es keine Magie ist.<br />

Kommen sie heute Abend und sie werden staunen.“ Miss Odin warf den Kopf nach hinten in<br />

den Nacken und stolzierte wie ein Storch die Treppenstufen hinauf. Jett fluchte in sich hinein.<br />

Er wollte diese Unterhaltung doch nicht mit ihr führen und nun ist es doch geschehen.<br />

„ Soll sie doch die ganze Stadt auf den Kopf stellen. Sie wird abreisen und hier herrscht<br />

wieder Frieden.“ Sagte er beim hinausgehen zu sich.<br />

Nick kam am Mietstall vorbei und sah neugierig durch die offen stehende Stalltür. Seine<br />

Vermutung erwies sich als Richtig. Ladigo stand in einer der Boxen. Man hatte sie in ganz<br />

hinten in einer, mit Sichtschutz abgetrennten Box verstecken wollen, aber der Hengst<br />

wieherte laut, als er seinen Herren witterte. Liebevoll tätschelte Nick den Hals des Tieres.<br />

„ Hey alter Freund. Schön dich wieder zu sehen.“ Von hinten kam ein Mann mit einer<br />

Mistgabel in der Ahnd auf ihn zu. „ Was machen sie da? Pferde stehlen, dass habe ich gern.<br />

Aber nicht in meinem Stall. Mit solchen Kerlen mache ich kurzen Prozess.“ Der Mann hielt<br />

die Mistgabel verkrampft mit beiden Händen fest. Angst stand in seinen Augen, aber auch die<br />

Entschlossenheit zu zustechen, wenn sein Gegenüber eine falsche Bewegung macht. Nick hob<br />

die Hände hoch um ihm zu zeigen, dass er nicht auf Kampf aus war und sagte beruhigend,<br />

„ Legen sie das Ding weg Mister. Ich habe nur nach meinem Pferd gesehen.“<br />

„ Das ist mein Pferd. Ich habe es heute Früh gekauft.“ Sagte der Mann und kam bedrohlich<br />

näher. „ Man hat mich Überfallen und mein Pferd gestohlen. Es gehört mir.“<br />

„ Das kann jeder behaupten. Ich habe einen Kaufvertrag und damit bin ich der Rechtmäßige<br />

Besitzer. Also verschwinden sie auf der Stelle, oder ich jage ihnen die Gabel in die Rippen.“<br />

Der Träger der Latzhose viel dem Mann herunter, aber das störte ihn nicht. Mit Wut<br />

glimmenden Augen starrte er Nick an. Ryder zog es vor den Stall zu verlassen und mit dem<br />

Sheriff der Stadt zu Reden. Ladigo war hier erst mal gut aufgehoben. Der Stallmeister war<br />

sich sicher Bewusst, dass er ein gestohlenes Pferd gekauft hatte. Denn sonst würde kein<br />

Grund bestehen, das Tier in der hintersten Ecke zu verstecken.<br />

Marshall Ryder ging die Stufen zum Sheriffoffice hinauf. Noch nie zuvor hatte er ein Office<br />

gesehen, dass im ersten Stock lag. Als er zur Tür eintrat und das Fenster sah, staunte er nicht<br />

schlecht. Eigentlich eine gute Idee. Von hier Oben hatte der Sheriff eine verdammt gute<br />

Aussicht über die ganze Straße. Der Gesetzeshüter Bill Colbert war ein kräftiger,<br />

übergewichtiger Mann der gerade noch so in seinen Lehnensessel passte. Die viel zu kleine<br />

Weste sah lächerlich aus und passte gar nicht zu dem engen kragenlosen Hemd an dem schon<br />

zwei Knöpfe abgesprungen waren. Breite Koteletten gingen bis zum Kinn und das blonde,<br />

fettige Haar war zur Seite gekämmt. Als Nick vor dem Schreibtisch stand schrieb der Sheriff<br />

etwas zu Papier. Kleine Zettel lagen verteilt auf dem Tisch. Auf jedem standen Befehle und<br />

Anordnungen geschrieben. Die Schrift war so schlecht, dass Nick sie kaum entziffern konnte.<br />

Es waren belanglose Order an den Major, den Stallmeister und den Keeper des einzigen<br />

Saloons der Stadt. Nick las sie oberflächlich. Books: Neue Tinte, Papier. Galling: drei Dollar<br />

bis vier Uhr. Books: heute keine Laura, treffen im Saloon, sechs Uhr. Books: Kuchen um drei.<br />

Er ließ sich also ganz schön bedienen. Mindestens fünfzehn solcher Zettel lagen herum.<br />

Entweder brauchte der Sheriff sie um jegliche Diskussionen zu ersparen, oder er war<br />

vergesslich und musste sich alles Notieren.<br />

Mit der linken Hand griff er ständig zu einem Teller, und stopfte sich Kuchenstücke in den<br />

Mund. Bei jedem Stück fielen Krümel auf das Papier, die er fluchend wegwischte. Nick sah<br />

ihm einige Minuten angeekelt zu. Weil der Sheriff keine Notiz von ihm nahm, fing Nick an zu<br />

6


Reden.“ Ich wurde Überfallen und möchte eine Anzeige aufgeben. Ich bin sicher, die Männer<br />

die mich beraubt haben sind immer noch hier in der Stadt.“<br />

Langsam hob der Sheriff den Kopf. Kuchenreste hingen an seinem Kinn als er Nick von oben<br />

bis unten ansah. „ So! wie kommen sie darauf?“ „ Weil mein Pferd hier im Mietstall steht.<br />

Und weil die Kerle sicherlich nicht damit rechnen, dass ich noch lebe.“<br />

„ Wie willst du Beweisen, dass es dein Gaul ist. Mister Galling hat viele Pferde bei sich im<br />

Stall stehen, und wenn ich dich sie so ansehe, kommt mir der Gedanke, dass du lügst. Ich<br />

habe schon viele Landstreicher gesehen und kenne ihre Maschen, aber deine ist neu.<br />

Trotzdem falle ich nicht auf diese billigen Spielchen rein.“<br />

Nick atmete tief ein. Er musste sich beherrschen, dem fetten Sheriff nicht am Kragen zu<br />

packen und ihm eine rein zu schlagen. Schon die Anrede war respektlos.<br />

„ Ich bin mir im Klaren, dass ich im Moment etwas unsauber aussehe, aber immer noch<br />

besser als ihre Erscheinung und sie sind hier der Sheriff. Ich bin Marshall. Mein Name ist<br />

Nick Ryder aus <strong>Cutter</strong>, Arizona.“<br />

„ Soso aus Arizona. Was suchst du dann hier in Texas? du hast keinerlei Befugnisse hier.“<br />

„ Das weiß ich. Ich bin auf der Durchreise, weil ich einen Freund besucht habe.“<br />

„ Ihr aus Arizona, habt wohl nichts zu tun in euerem Kaff. Ich kann mir keinen Urlaub<br />

leisten.“ Sheriff Colbert schob sich das nächste, mit Schokolade überzogene Stück Kuchen in<br />

den Mund. Er spuckte, als er mit vollem Mund weiter sprach.“ Kannst du dich Ausweisen?“<br />

„ Nein. Mir wurde alles gestohlen. Ich habe nicht mal mehr meinen Stern. Aber sie können ja<br />

mal mit dem Mietstallmeister reden. Wenn er mein Pferd hat, dann hat er vermutlich auch<br />

meine Satteltasche. Vielleicht sind meine Sachen noch drin.“<br />

Sheriff Colbert erhob sich mühsam aus dem Sessel. Sein Hinterteil passte auf den Zentimeter<br />

noch zwischen die Armlehnen. Mit beiden Händen stützte er sich auf den Schreibtisch auf.<br />

Nick sah behaarten Finger und die ungepflegten Fingernägel. „ Willst du dahergelaufener<br />

Landstreicher etwa sagen, dass Mister Galling ein Dieb ist? Ein Mann der hier schon viele<br />

Jahre ehrliche Arbeit verrichtet. Verschwinde aus meinem Office und wage es ja nicht dich<br />

dem Gesetz zu widersetzen. Ich sollte dich am Besten gleich hinter Gitter stecken.“<br />

„ Nicht nötig. Bewegen sie sich nur nicht unnötig. Ich bin schon weg.“ Nick verließ betrübt<br />

das Office. Hier konnte er keine Hilfe erwarten. Sein nächster Weg führte ihn den Saloon.<br />

Dort konnte er vielleicht irgendetwas erfahren. Immerhin haben die Diebe auch seine<br />

Brieftasche gestohlen, in der noch dreiundvierzig Dollar waren. Das Geld haben die bestimmt<br />

längst ausgegeben und wäre der beste Ort da<strong>für</strong>? Natürlich der Saloon.<br />

Nick blieb an der Schwingtür stehen und sah sich im Saloon um. Es war noch nicht viel los.<br />

<strong>Zwei</strong> Männer standen an der Theke, weitere vier saßen am Tisch und Pokerten. Ein Girl<br />

brachte einen Teller mit Steak und Bohnen zu einem Pokerspieler. Der Duft zog bis in Nicks<br />

Nase. Sein Magen knurrte, als bei dem Anblick des saftigen Fleisches. Erst jetzt viel Nick auf,<br />

dass er seit Stunden nichts mehr gegessen hatte. Langsam ging er zur Theke und überlegte,<br />

wie er wohl dem Keeper etwas zu Essen abschwatzen konnte. Der Mann hinter der Theke war<br />

ein großer, schlanker Bursche. Er kam sofort auf Nick zu und sprach ihn mit rauer Stimme an.<br />

„ Einen Whiskey?“ Sein volles blondes Haar war hinten zusammengebunden, so dass ein<br />

kurzer Pferdeschwanz zu sehen war. Seine müden Augen zeigte die Langeweile an, mit der er<br />

hier seine Arbeit verrichtete.<br />

„ Nein Danke. Sie haben nicht vielleicht ein stück Brot übrig? Meinetwegen kann es auch<br />

trocken sein.“ Sprachlos sah der Keeper Nick an. Dann sprudelte es wie ein Wasserfall aus<br />

ihm heraus. „ Das habe ich gerne, Bettler. Wenn du kein Geld hast, such dir Arbeit. Ich<br />

Muss auch sehen wovon ich Lebe. Entweder du hast Geld, oder du verschwindest aus meinem<br />

Saloon.“ Er streckte sich zu voller Größe und überragte Nick um einen halben Kopf, dann rief<br />

er laut aus, „habt ihr das gehört? Der Kerl hier bettelt um ein stück Brot. Helft ihm mal und<br />

zeigt ihm den Ausgang!“ Bevor Nick noch etwas sagen konnte kamen zwei der Männer auf<br />

ihn zu und packten ihn am Kragen. Ryder hatte gar keine Chance sich zu verteidigen. Sie<br />

schoben ihn unsanft zur Tür und gaben ihm einen Schubs hinterher. Nick stolperte die<br />

7


Stepwalk Stufen hinunter und konnte sich gerade noch an der Pferdestange fangen. Die ganze<br />

Stadt schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Die letzte Möglichkeit doch noch Hilfe zu<br />

bekommen war ein Besuch beim Major. Aber wo wohnte er? Niemand gab ihm eine<br />

Auskunft. Er sprach ein paar Männer sowie zwei Frauen an, die sich auf der Straße aufhielten,<br />

aber sie wichen ihm aus. Müde und hungrig setzte er sich auf eine Stufe und vergrub sein<br />

Gesicht in den Händen. „ Das kann doch alles gar nicht wahr sein.“ Dachte er. Vom Fenster<br />

des Sheriffoffice aus schaute der dicke Gesetzeshüter auf die Straße. Genüsslich grinste er<br />

über die aussichtslose Lage des Marshalls, der da unten auf der Treppe saß.<br />

In <strong>Cutter</strong> schien alles verrückt geworden zu sein. Eine Menschenschlange stand vor dem<br />

Hotel und wer dort nicht anstand, der hielt sich in Gruppen auf, die laut Diskutierten.<br />

Jett stand im Office und schüttelte immer wieder den Kopf. Auch Lex Cooper war von dem<br />

Zukunftsfieber angesteckt. Als ihm zum zweiten Mal die Tasse aus der Hand fiel wurde es<br />

Jett zu Bunt. „ Mensch sei doch mal konzentrierter und spring hier nicht so dumm rum. Du<br />

benimmst dich ja wie ein Affe.“ Lex schaute auf die große Standuhr. „ Nur noch eine Stunde,<br />

dann geht es los.“ Sagte er aufgeregt. „ Sieh doch. Es hat angefangen zu regnen. Miss Odin<br />

hatte Recht. Ich kann auch schon den Donner hören.“<br />

„ Du hörst gleich einen Donner von mir, wenn du dich nicht bald auf deinen Hintern setzt und<br />

ruhig bist.“ Die ersten Regentropfen fielen vom Himmel und mit ihnen kamen die ersten<br />

Schreie von Draußen her. Jett rannte raus, weil er glaubte jemand sei in Gefahr. Dann sah er<br />

Joana Fester, die Frau des Bäckers, sie kam auf ihn zu gerannt und fiel ihm kreischend um<br />

den Hals. „ Oh mein Gott. Mein Mann stirbt.“ Jett löste den Griff von sich und fragte die<br />

völlig verzweifelte Frau, “ Wo? Was ist passiert?“ „ Sie hat gesagt, dass er nicht mehr lange<br />

Leben wird. Schon bald erwischt ihn ein Herzinfarkt. Ich muss zu ihm. Er darf sich nicht<br />

mehr anstrengen. Am besten, wir verkaufen die Bäckerei.“<br />

„ Misses Fester! Waren sie bei Miss Odin?“ „ Ja Natürlich. Bitte endschuldigen mich Sheriff,<br />

ich muss einen Käufer <strong>für</strong> die Bäckerei finden.“ Sie raffte ihren Rock etwas an, damit er nicht<br />

über den nassen Boden schleift und rannte los. Jett sah ihr nach. Der Regen wurde stärker und<br />

lief an seiner Hutkrempe herunter. Ein junger Mann rief ihm von der Ferne zu “, Sehen sie<br />

doch Sheriff! Es regnet, wie vorhergesagt!“ Der Schmied Ole Swenson war der nächste, der<br />

auf die Straße kam und laut klagte “, Was soll ich tun? Meine Schmiede, meine schöne<br />

Schmiede. Alles habe ich da hinein gesteckt, mein gesamtes schwerverdientes Geld. Und nun<br />

erfahre ich, dass sie abbrennen wird.“ „ Sie haben es da ja noch gut“, rief ein Anderer. „ Ich<br />

werde bald im Rollstuhl sitzen. Am besten ich lasse mir schon einen anfertigen vom Tischler.<br />

Das wird mein gesamtes erspartes Geld kosten.“<br />

Jett wusste nicht ob es sich noch lohnt einzugreifen oder ob er einfach zusehen sollte. Die<br />

beste Idee war wohl, in einer Stunde zu diesem Treffen zu gehen und dem ganzen ein Ende zu<br />

bereiten, wenn es aus den Fugen gerät. „Das wird nicht leicht werden“ dachte er. Schließlich<br />

hatte er die ganze Stadt gegen sich. Jett beschloss seinen Freund Doktor Jim Leonard einen<br />

Besuch abzustatten. Er war ein studierter Doktor und würde sicherlich auch nicht an den<br />

Spuck glauben. „ Oh Nick, du weißt gar nicht wie gut du es im Moment hast.“ Murmelte er<br />

während er zur Arztpraxis ging.<br />

Ryder blieb gar keine andere Wahl als bis zum Einbruch der Dunkelheit zu warten. Dies tat<br />

er unter einer alten Eiche am Rande der Stadt. Dann schlich er zum Mietstall. Das Tor war<br />

verschlossen. Aber bei seinem letzten Besuch hier fiel ihm die Futterklappe an der<br />

Außenwand auf. Dort war eine Rutsche auf der das Getreide <strong>für</strong> die Pferde bis zu einem<br />

Auffangbecken rutschte. Ein Handwagen stand außen davor mit dem er wohl das Getreide<br />

beim Müller holte um es hier abzulassen. Die Klappe war nicht sehr groß, aber Nick passte,<br />

mit seinem schlanken Körper, dennoch hindurch. Leises schnauben und scharren der Pferde<br />

war zu hören, als er sich an der Wand entlang tastete. Vorne am Tor hing eine Lampe, die<br />

8


musste er erreichen, denn hier herrschte völlige Dunkelheit. Ein altes Wagenrad lag im Weg<br />

über das Nick stolperte. Zum Glück war der Boden gefegt und es lagen keine weitere<br />

Gegenstände herum. Nick konnte den Sturz sanft abfangen. Für einen Moment war er<br />

Orientierungslos. Wo war das Tor? Hatte er sich um die Eigene Achse gedreht und stand nun<br />

anders herum? Leise flüsterte er den Namen seines Pferdes. „ Ladigo.“ Sofort antwortete das<br />

treue Tier ihm mit einem Schnauben. Es kam ganz klar von Rechts. Also musste das Tor<br />

irgendwo vor ihm sein. Er tastete sich an der Sattelstange entlang, die ihn ein gutes Stück<br />

Sicher vorwärts führte. Dann endlich fand er die Lampe. Auf dem Balken lagen die<br />

Streichhölzer. Nick sah sich im Stall um. Irgendwo hier musste doch seine Satteltasche sein.<br />

Bei den allen Sätteln hing die Tasche dran, nur nicht an seinem. Wenn sie tatsächlich noch<br />

hier war, blieb nur noch der Schrank als Versteck. Ein großer zweitüriger Eichenschrank<br />

dessen Türen mit einem Vorhängeschloss verschlossen waren. „ Mist!“ Fluchte Nick und sah<br />

sich um, ob irgendetwas herumlag, womit er das Schloss öffnen konnte. Gleich neben dem<br />

Eingang stand die Mistgabel. „ Ein Versuch ist es wert.“ Sagte er zu sich und setzte die<br />

eisernen Zinken zwischen Schloss und Scharnier an. Er musste kräftig ziehen und rutschte<br />

zweimal ab. Beim dritten Versuch brach das Scharnier aus dem Holz und die Tür hing nur<br />

noch an einer Angel. Nick hob sie ein Stück an und konnte sie ein Stück öffnen. Eine Seite<br />

war nun einsichtig und mit etwas Glück war es die Richtige. Er hielt die Lampe an den Spalt<br />

so das der schein das Innere beleuchtete. Seine Augen leuchteten mit, als er sah, dass sie auf<br />

dem oberen Brett lag. Er zwängte sich in den schmalen Spalt und angelte mit den Fingern<br />

nach der Satteltasche. Dabei ertastete er einige Zettel, die auf dem gleichen Brett lagen.<br />

Er zog sie vor und konnte bei näherem hinsehen die Schräge Schrift des Sheriffs erkennen.<br />

Es waren die gleichen Papierchen, die auch im Office herum lagen. Nock schüttelte den Kopf.<br />

Anscheinend bestimmte der Sheriff hier jeden Schritt des Stallmeisters, so viele Zettel hielt er<br />

in der Hand. Aber das war nicht der Grund <strong>für</strong> das Aufbrechen der Schranktür. Wieder<br />

zwängte er seinen Arm durch die Öffnung und konnte die Ausbeulung der Seitentaschen<br />

fühlen, also waren seine Sachen noch darin. Man hatte sie noch nicht gelehrt. In dem Moment<br />

indem er sie mit Zeigefinger und Daumen ein Stück herangezogen hatte, öffnete sich das Tor.<br />

Stallmeister Galling stand groß und breit im Torrahmen, im Anschlag hielt er ein Gewehr<br />

dessen Lauf auf Nick zielte.<br />

„ Sieh mal einer an. Du schon wieder. Ich wusste das du zurückkommst, Landstreicher. Ich<br />

habe dich auf frischer Tat ertappt und mache von meinem Recht gebrauch, dich abknallen zu<br />

dürfen.“ Er entsicherte die Winchester, krümmte den Zeigefinger am Abzug und schoss. Nick<br />

konnte seinen Arm noch rechtzeitig herausziehen um sich hinter den Schrank zu werfen. Die<br />

Kugel zischte über seinen Kopf hinweg und schlug in die hintere Wand ein. Die Pferde<br />

begannen sofort nervös zu trampeln und traten angstvoll gegen die Boxen. Lautes wiehern<br />

hallte durch den Stall. Mit einem Hechtsprung schaffte Nick es hinter den Futtertrog zu<br />

springen um von dort an, die Getreideklappe zu erreichen. Galling ahnte sein Vorhaben. Er<br />

versperrte ihm den Weg und wollte von dieser Seite aus einen sicheren Schuss abgeben, da er<br />

Nick in der Falle glaubte. Den dunklen Winkel ausnutzend sprang Ryder nach vorne, dem<br />

Mann in die Arme und stieß ihn um. Galling lag nun unter ihm. Er versuchte nach dem<br />

Gewehr zu greifen, das ihm aus der Hand gefallen war, aber es lag um ein paar Zentimeter zu<br />

weit weg. „ Es tut mir leid Mister, aber sie lassen mir keine andere Wahl.“ Sagte Nick und<br />

gab ihm einen Kinnhaken, der Galling sofort in das Land der Träume schickte. Nick konnte<br />

das Gewehr noch packen, jedoch die Satteltasche musste er liegen lassen. Die Schüsse haben<br />

die Stadt geweckt, viele Stimmen näherten sich dem Stall, unter ihnen hörte er auch die<br />

Stimme des Sheriffs. Bevor er sich durch die Klappe zwängte hielt er inne. Eine<br />

ungewöhnlich hohe Männerstimme gab Befehle an die Deputys. Das war der Kerl, der ihn am<br />

Feuer um eine Tasse Kaffee bat und ihn anschließend ausraubte. Ihm blieb keine Zeit mehr<br />

weiter zu lauschen. Zum Glück war noch niemand auf die Idee gekommen hier hinten einen<br />

Posten aufzustellen. Marshall Ryder konnte ungesehen flüchten.<br />

Eine Stunde später standen Sheriff Colbert, Stallmeister Galling und Major Books im Office.<br />

9


Der Sheriff wuchtete seinen Bauch um den Schreibtisch und ließ sich mürrisch in seinen<br />

Lehnensessel fallen. Die Holzbeine des Sessels knarrten und schoben leicht auseinander. Die<br />

hinteren Beine des Stuhls hatte ein Tischler schon mit einer Querstrebe abgesichert, dennoch<br />

würden sie dem Gewicht nicht mehr lange standhalten. Er schaute den Major an und sagte,<br />

„ Warum habt ihr nicht wie die Anderen umgebracht. Kannst du etwa nicht mehr richtig<br />

zuschlagen? Jetzt haben wir einen Marshall aus Arizona hier, der uns Probleme bereiten<br />

wird.“<br />

„ Das ist nicht fair Sheriff. Bis jetzt haben wir mit jedem Überfall fette Beute gemacht. Aber<br />

keine Sorge, wir werden mit dem schon fertig. Er wird hier keine Freunde finden und ewig<br />

kann er sich nicht versteckt halten.“ Verteidigte sich Major Books. Dann wandte Sheriff<br />

Colbert sich an Galling “, Du musst den Gaul wo anders verstecken. Fast wäre ihm ein Flucht<br />

mit dem Tier gelungen. Dann ist es vorbei mit unsrer Macht. Er darf Irontown nicht lebend<br />

verlassen, ist das klar! Ich kann mir keine weiteren Schnüffler leisten, die mir auf die Finger<br />

sehen.“ „ Wie finden ihn. Keine Sorge.“ Sagte Books mit sicherer Stimme. Galling nickte<br />

dem bei. „ Dann macht euch an die Arbeit.“<br />

Nick lag lang ausgestreckt auf dem Dach Hotels. Das einzige Gebäude, das höher war, als das<br />

Office und ihm genau gegenüber lag. Er konnte zwei Männer sehen, die das Office verließen.<br />

Als diese in den Lichtkegel der aufgehängten Kerosinlampe traten, erkannte er den Mann mit<br />

den roten Haaren. Deutlich waren in der klaren Nacht ihre Stimmen zu hören.<br />

„ Was nun? Wo fangen wir mit der Suche an?“ fragte Galling.<br />

„ Erst mal gehen wir was trinken.“ Antwortete Books und wollte los Richtung Saloon<br />

losgehen. Galling hielt ihn am Arm zurück. „ Bist du verrückt? Er hat gesagt, dass wir ihn<br />

suchen sollen. Du bekommst gewaltigen Ärger, wenn du dich jetzt besäufst.“<br />

„ Wer redet von besaufen! Ich will doch nur einen Whiskey trinken. Das werde ich als Major<br />

doch wohl können. Wenn dem Fettsack das nicht passt, hat er Pech gehabt. Ich bin es, der ihm<br />

das Amt wegnehmen kann, nicht umgekehrt!“<br />

Für einen Augenblick schloss Nick die Augen. Die Hoffnung beim Major Hilfe zu bekommen<br />

war nun auch zerstört. Aber langsam begriff er die Zusammenhänge. Der Junge Major muss<br />

wohl durch die Hilfe des Sheriffs sein Amt bekommen haben. Anscheinend unterdrücken sie<br />

die ganze Stadt. Das hier jeder Angst hat, etwas zu Sagen wäre damit verständlich. Nichts ist<br />

schlimmer als ein Korrupter Sheriff. Und so einer stand gegenüber am Fenster und blickte auf<br />

die Straße. Zum Glück war es eine warme <strong>Sterne</strong>nklare Nacht. Nick drehte sich auf den<br />

Rücken und schlief vor Erschöpfung ein.<br />

Sheriff suchte Armstrong suchte Doktor Leonard, konnte ihn aber nirgends finden. Er<br />

schlenderte die Straße entlang und versuchte zu Verstehen was hier gerade geschah. Niemand<br />

verrichtete seine Arbeit mehr. Die Bäckerei war geschlossen. An der Tür hing ein Schild: ZU<br />

VERKAUFEN. Dabei war es der größte der Traum des Bäckermeisters Fester Carl, endlich<br />

einen eigenen Laden zu besitzen. Nach Jahrelanger Knechtschaft unter seinen Vater, gehörte<br />

ihm nach dessen Tot, das Geschäft. Er besaß es nun seit drei Jahren. Sein Vater starb im<br />

hohen Alter von vierundachtzig. Er hatte bis zum letzten Atemzug das Zepter voll in der<br />

Hand. Er starb an einem Herzinfarkt. Carl heiratete eine Woche später seine damals heimliche<br />

Geliebte Ilse. Niemand nahm ihm das Übel. Jeder wusste, unter welchem Druck der Junge<br />

jahrelang stand und dass er um seinen Vater nicht lange trauern würde.<br />

Jett wollte noch einmal mit dem Bäcker reden. Ihm den Unsinn aus dem Kopf schlagen, aber<br />

er fand schon nicht die richtigen Worte. Leichte Kopfschmerzen erschwerten im sich zu<br />

konzentrieren. Er rieb sich den Nacken, den sich steif und verspannt anfühlte und sah dabei<br />

zum Friedhof hinüber, der am Ende der Straße lag. Plötzlich hielt er in seiner Bewegung inne.<br />

War es ein Trugbild oder hatte er es wirklich gesehen? Schnell rannte er die Straße weiter und<br />

den kleinen Hügel hinauf. Ein weißer Zaun umrandete den Boothill auf dem schon etliche<br />

Tote ihre letzte Ruhe fanden. Unter der großen Trauerweide stand ein Wagen. <strong>Zwei</strong> Pferde<br />

waren daran angezäumt, auf der Ladefläche stand Garry Pyton. Um seinen Hals war eine lag<br />

eine Schlinge dessen anderes Ende um einen Ast gebunden war. Sheriff Armstrong blieb am<br />

10


Zaun stehen und sah zu dem jungen zwanzigjährigen Mann, der zitternd auf dem Wagen<br />

stand. „ Gehen sie Sheriff. Hauen sie ab. Lassen sie mich alleine.“ Schrie er. Langsam schritt<br />

Jett zum Eingang, ging bis zum ersten Grab und blieb dort wieder stehen, denn Garry trat mit<br />

den Füßen auf die Ladefläche des Wagens. Das machte die Pferde nervös. Sie brauchte nur<br />

zwei Schritte zu tun, dann würde der Wagen unter Garrys Füßen weg sein und er am Galgen<br />

baumeln. „ Hör zu Junge. Was auch immer dich betrübt, ich kann dir helfen. Komm da runter<br />

und rede mit mir.“ Jett versuchte ihn umzustimmen, aber Garry schien sehr verzweifelt.<br />

„ Niemand kann mir helfen. Ich will nicht so leben. Eher werde ich sterben, bevor es soweit<br />

ist!“ Eine Ahnung stieg in Jett auf und gezielt fragte er, „ warst du bei Miss Odin? Hat sie dir<br />

was in den Kopf gesetzt?“ „ Ich wollte erst nicht. Aber Lory war ganz begeistert und nahm<br />

mich mit.“ „ Weiß deine Freundin, dass du dir hier das Leben nehmen willst?“<br />

„ Um Himmels willen, nein. Wenn ich tot bin, sagen sie ihr, dass ich ihr ein Leben mit einem<br />

Krüppel ersparen wollte. Sie soll sich einen Mann suchen, der das ganze Leben <strong>für</strong> sie sorgen<br />

kann.“ Garry straffte seine Haltung. Wie ein Soldat stand er da. Seine eigenen Worte machten<br />

ihn stolz und er war fest überzeugt, als Held zu sterben.<br />

„ Stell dir mal vor, deine Lory findet einen Mann, der sie nicht so gut behandelt wie du.<br />

Vielleicht schlägt er sie sogar oder nutzt sie nur aus. Wieso kannst du dir so sicher sein, dass<br />

sie etwas findet. Garry, du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Zusammen mit Lory kannst<br />

du glücklich alt werden. Sie liebt dich!“<br />

„ Miss Odin hat gesehen, wie ich im Bett liege. Gelähmt vom Nacken an abwärts. Ich konnte<br />

nicht mal mehr die Finger bewegen. Wollten sie warten, bis es soweit ist Sheriff? Bis sie ihr<br />

hin siechendes Leben nicht einmal mehr selbst beenden können?“<br />

„ Miss Odin ist eine Schwindlerin. Sie macht viel Geld mit ihrer Show. Niemand kann die<br />

Zukunft vorher sagen, sie ein unbeschriebenes Blatt.“<br />

„ Haben sie denn nicht die Zeitungen gelesen? Im Hotel liegen dutzende davon mit Berichten<br />

über ihre sagenhaften Vorhersagen. Alles, was sie sagte traf ein. In Laramie gab es einen<br />

Indianeraufstand. Sie hat die exakte Zahl von fünfundzwanzig Toten, weißen Männern voraus<br />

bestimmt. Und in Texas, Laredo gab es einen Banküberfall. Die Bank wurde in die Luft<br />

gesprengt und riss zehn Menschen mit in den Tot.“ Jett staunte nicht schlecht. Von den<br />

Zeitungen hatte er bisher noch nichts gehört. Anscheinend ließ sie keine Mittel aus, um ihr<br />

mieses Geschäft Nachdruck zu verleihen. Jett bemerkte, dass er an Garry nicht mehr heran<br />

kam. Zu tief saß die Angst in dem Jungen auf eine hoffnungslose Zukunft. Er wollte gerade<br />

nach vorne hechten und die Pferde daran hindern sich zu bewegen, da schnalzte Garry mit der<br />

Zunge. Die gut erzogenen Tiere trabten sofort an. In der nächsten Sekunde hing Garry Pyton<br />

mit den Füßen in der Luft. Das Seil spannte sich und die Schlinge zog sich zu. Im Reflex griff<br />

der Junge nach der Schlinge am Hals, konnte seine Finger aber nicht mehr dazwischen<br />

schieben, so sehr war sie schon zugezogen. Jett hatte nur noch eine Chance. Hinrennen und<br />

ihn hochhalten bis Hilfe kam, war unmöglich, da er viel zu hoch hing. Er kniete vor dem<br />

Grabstein nieder legte seine Hand mit dem Revolver auf den oberen Rand des Steines und<br />

zielte auf das Seil. Der erste Schuss ging knapp daneben, doch schon der <strong>Zwei</strong>te zerfetzte die<br />

Hälfte der Fasern. Ein dritter Schuss war nicht mehr nötig. Das Seil riss unter dem Gewicht<br />

des Jungen. Unsanft landete dieser auf den Boden. Röchelnd blieb er liegen, während Jett ihn<br />

von der Schlinge befreite. „ Sei kein Narr. Noch bist du gesund und kräftig. Ich gebe dir mein<br />

Wort, solltest du irgendwann gelähmt daliegen, werde ich dein Leben beenden.“<br />

„ Und was mache ich, wenn es sie vorher erwischt?“ krächzte Garry.<br />

„ Dann wird es der Marshall tun. Komm lass uns zurückgehen.“ Garry ließ den Kopf hängen.<br />

Er schämte sich <strong>für</strong> das, was er getan hatte. „ Werden sie es rund erzählen Sheriff?“<br />

„ Keine Sorge. Das bleibt unter uns. Aber mach das ja nicht noch mal.“ Sie nutzten den<br />

Wagen <strong>für</strong> den Rückweg und erzählten der aufgeregten Lory, die Pferde wären<br />

durchgegangen und sie musste sie wieder einfangen.<br />

Jett ging ohne Umwege zum Hotel. Im Eingansbereich lagen tatsächlich einige Zeitungen auf<br />

einen Tisch ausgebreitet. Er sah auf die Titelseiten. Louisa News, Gordon City New<br />

Information GCNI, News of Tyredo und Times of Holloway. Dies waren alles Städte, die weit<br />

weg waren. Und mit Sicherheit besaß keine dieser Städte eine Telegraphenstation.<br />

11


Merkwürdig waren auch die Berichte über Miss Odin. Jeweils eine ganze Seite füllte so eine<br />

Nachricht. Weder auf dem Titelblatt noch im Inneren gab es sonst einen Hinweis auf sie. „Da<br />

kommt einem doch der Gedanke, dass die Seiten nachträglich eingelegt wurden.“<br />

Peggy-Sue kam um die Ecke. Freudestrahlend begrüßte sich den Sheriff. „ Schön sie hier zu<br />

sehen. Möchten sie einen Drink, solange sie warten?“ In ihrer Hand hielt sie ein Tablett auf<br />

dem gefüllte Sektgläser standen. „ Nein Danke. Ich bin nicht hier um bei Miss Odin mein<br />

Schicksal zu erfahren. Ich will ihr etwas sagen. Wo ist sie?“<br />

„ Tut mir leid, aber sie hat eine Sitzung. Die ganzen Leute, die sie dort im Restaurant sehen<br />

warten alle auf eine Private Seance.“ „ Es ist mir egal worauf die warten. Also wo ist sie!“<br />

Energisch sah er sie an, aber Peggy-Sue sagte nichts. Erschrocken über die Grobheit des sonst<br />

so freundlichen Sheriffs verschlug es ihr die Stimme. Im ersten stock wurde eine Tür<br />

geöffnet. Kreidebleich kam eine junge Dame heraus. Sie zog ein Taschentuch aus ihrem<br />

Handtäschchen und tupfte sich die Tränen ab. Schon ging der Nächste die Stufen hinauf. Jett<br />

überholte ihn indem er drei Stufen übersprang. Der Mann hielt ihn an der Weste zurück.<br />

„ Hey, ich bin dran! Ich warte schon seit zwei Stunden!“ schimpfte der Mann hinter ihm her.<br />

Jett drehte sich zu ihm um und sagte mit ernster Stimme “, Wollen sie ihr Schicksal wissen?<br />

Das kann ich ihnen auch sagen. Sie sterben in den Sekunden bei einem Treppensturz, wenn<br />

sie mich nicht loslassen.“ Das Mädchen, das vorhin aus der Tür kam stand schluchzend im<br />

Flur. Jett war so wütend, das er nicht mal anklopfte. Er riss die Tür auf, die mit gepolter gegen<br />

den Schrank schlug und stand breitbeinig im Rahmen. Im abgedunkelten Zimmer saß Miss<br />

Odin an einem Tisch. Vor ihr lag eine Glaskugel. Kerzen beleuchteten ihr Gesicht. Im<br />

Hintergrund sah Jett die drei Männer, die sie begleiteten. Er machte einen Schritt auf sie zu,<br />

da kamen die Bodyguards ihm schon entgegen. Miss Odin winke sie ab. „ Alles in Ordnung<br />

Jungs. Der Sheriff möchte sicher nur in ruhe mit mir reden. Setzten sie sich doch.“ Vor dem<br />

Tisch stand ein Stuhl, der so klein war, dass jeder zu ihr aufsehen musste, der dort Platz nahm.<br />

„ Ich habe gespürt, dass sie kommen. Die Geister haben mir schon von ihrem Schicksal<br />

erzählt. Passen sie gut auf, wenn sie allein auf der Straße stehen. Eine Kugel wird sie treffen.“<br />

Jett setzte sich nicht. Er blieb vor dem Tisch stehen und blickte in ihre dunklen Augen.<br />

„ Wissen sie eigentlich, was sie anstellen?“ „ Ich helfe den Menschen mit ihren Schicksalen<br />

Besser fertig zu werden. Wenn ich weiß was auf mich zukommt, dann kann ich mein Leben<br />

danach richten. Wer sonst hat die Chance noch vor seinem Tode alles zu erledigen. Sich von<br />

seinen Lieben zu verabschieden und es ihnen leichter zu machen. Wenn sie wüssten, dass sie<br />

Morgen Typhus bekämen, würden sie da nicht heute schon in Quarantäne gehen um andere<br />

nicht zu gefährden?“ In ihren Augen flammte es auf. Sie war gut, sehr gut in ihrer Rolle.<br />

„ Hören sie auf! Fast hätte sich ein Junger Mann ihretwegen das Leben genommen. Ein<br />

gesunder, kräftiger und frisch verliebter Bursche. Der Bäcker will sein Backhaus verkaufen,<br />

wo sein ganzes Leben drinsteckt. Der Schmied packt zurzeit keinen Hammer mehr an. Die<br />

ganze Stadt steht auf dem Kopf. Ich will gar nicht erst wissen, was sie dem armen Mädchen<br />

erzählt haben, die hier vor mir heraus kam. Das muss aufhören.“<br />

„ Sie können es mir nicht verbieten, Sheriff.“ „ Wetten doch?“ „ Versuchen sie es doch.<br />

Nennen sie mir nur einen Namen, der sie unterstützt. Sie haben alle gegen sich, bedenken sie<br />

das. Die nächste Wahl kommt ganz sicher.“ Wütend schlug Jett mit der faust auf den Tisch.<br />

Diese Miss Odin hatte Recht. Ihm waren völlig die Hände gebunden. Er konnte sie nicht<br />

festnehmen, denn sie tat nichts Illegales, jedenfalls konnte er es nicht nachweisen. Und die<br />

Sitzung absagen, ging gar nicht. Die Bürger <strong>Cutter</strong>s würden ihn lynchen. Also konnte er nur<br />

weiterhin nach Beweise suchen, die ihren Betrug aufdeckten.<br />

Die Mainstreet war leer. Wie in einer Geisterstadt fegten nur die ausgetrockneten Büsche über<br />

die Straße. Armstrong stand mitten auf der Kreuzung, als plötzlich ein Schuss fiel. Die Kugel<br />

traf seine Schulter und riss ihn einmal um die eigene Achse. Bevor er die Orientierung wieder<br />

fand konnte er nicht mehr feststellen wo her der Schuss kam. Laute Schreie hallten aus dem<br />

Hotel und der Mann den er eben auf der Treppe überholt hatte rief laut. „ Das hat Miss Odin<br />

vorhergesagt. Ich habe es genau gehört. Ich stand in der Tür. Sie hat ihn gewarnt. Ein Schuss<br />

fällt, wenn er allein auf der Straße steht! Sie ist ein Engel! Nur Engel wissen über unser<br />

Schicksal bescheid.“ „ Wohl eher ein Teufel. Mit allen Intrigen.“ Murmelte Jett und rieb seine<br />

12


schmerzende Schulter. Angst vor einen weiteren Anschlag hatte er nicht. Für ihn war klar wer<br />

der Schütze war. Dies galt nur der Miss Odin weiterer Unterstützung.<br />

Doktor Leonard war immer noch nicht in seiner Praxis. Also beschloss Jett sich selbst zu<br />

behandeln. Es war ja zum Glück nur ein Streifschuss. Schmerzlich aber nicht gefährlich.<br />

Er saß allein in seinem Office und es hatte den Anschein, dass ruhige Nacht werden würde.<br />

Aber das war nur die Ruhe vor dem Sturm. Und dieser wird in einer Stunde losbrausen. Er<br />

wird seinen Auslöser im Saal des Hotels Von Peggy-Sue finden und Jett konnte nichts<br />

dagegen tun.<br />

Es war der quälende Hunger, der Nick aus seinem schlaf riss. Jetzt knurrte der Magen nicht<br />

nur, sondern rebellierte mit Krämpfen. Er musste unbedingt was zu Essen finden. Er<br />

beschloss sich nicht länger zu verstecken. Es war dunkel als Galling ihn im Stall erwischte. Er<br />

konnte nicht beweisen, dass Nick der Nächtliche Einbrecher war. Natürlich war es riskant,<br />

denn der Sheriff wird alles versuchen ihm den Einbruch anzuhängen, aber Nick setzte nun<br />

alles auf eine Karte. Er konnte sich nicht ewig verstecken. Außerdem fuhr Morgen sein Zug<br />

und den wollte er unter keinen Umständen verpassen, denn er fährt nur einmal die Woche.<br />

Nick klopfte sich den Staub aus der Hose, strich sein Haar mit den Fingern zu Recht und<br />

marschierte zum Sheriffoffice.<br />

Er hatte einen guten Grund das Office noch mal zu besuchen. Dort gab es mit Sicherheit<br />

etwas zu Essen. Bestimmt stand wieder ein Teller Kuchen auf dem Schreibtisch. Er würde gar<br />

nicht erst danach fragen, sondern dreist zugreifen.<br />

Wie erwartet saß der Sheriff in seinem Sessel. Er hatte mühe mit den kurzen Armen den Tisch<br />

zu erreichen, doch näher ranrücken ging auch nicht. Dazu war der Bauch im Weg.<br />

Seine Gesichtsfarbe wich völlig, als er Nick Ryder in der Tür stehen sah. Bleich starrte er den<br />

Gesuchten Dieb an. Nicks erster Blick galt dem Schreibtisch und er hatte richtig gewettet. Es<br />

kam sogar noch besser, denn statt eines Kuchens lagen Hühnchenbeine auf einem Tablett.<br />

„ Ich habe gehört sie suchen mich Sheriff. Darf ich den Grund erfahren?“ Während Nick eine<br />

Belanglose frage stellte, an deren Antwort er gar nicht interessiert war, ging er zum<br />

Schreibtisch, nahm ein Hühnerbein weg und setzte sich auf einen Stuhl. Sheriff Colbert war<br />

so in Rage, dass ihm das gar nicht auffiel. Seine Gesicht wechselte von weiß ins dunkelrot.<br />

„ Hast du den Verstand verloren? Erst erzählst du mir von einem Raub, dass ist schon mal<br />

Irreführung des Gesetzes. Bettelei im Saloon und schließlich Einbruch im Mietstall mit<br />

Körperverletzung. Da<strong>für</strong> kann ich dich <strong>für</strong> lange Zeit festsetzten.“ Nick hörte nur mit einem<br />

Ohr zu. Er genoss das Hühnerbein und griff gleich darauf ein zweites Mal zu.<br />

„ Finden sie das nicht langsam lächerlich? Anstatt mir zu helfen werfen sie mir noch Steine<br />

zwischen Beine. Ich war nicht im Stall und ich habe auch nicht im Saloon gebettelt.“<br />

„ Mister Galling hat dich bei der tat erwischt.“<br />

„ Ich habe die Aufregung mitbekommen. Es war Nacht und ziemlich dunkel. Er kann<br />

unmöglich jemanden erkannt haben. Außerdem wurde er doch niedergeschlagen, oder irre<br />

ich da? Vielleicht hat er im Unterbewusstsein Geister gesehen.“<br />

„ Du warst es. Es gibt Beweise da<strong>für</strong>!“<br />

„ So? welche denn!“<br />

„ Du hast versucht den Schrank aufzubrechen um an deine Satteltasche ranzukommen.“<br />

Nick legte das abgeknabberte Bein auf das Tablett zurück und beugte sich weit vor. Er sah tief<br />

in die Augen des Sheriffs, der plötzlich begriff, dass er zuviel gesagt hatte.<br />

„ Sie wissen also von meiner Tasche? Das ist sehr schön. Gestern war ich noch ein Lügner.“<br />

„ Ich ähm…es war eine logische Schlussfolgerung. Wer sonst hätte Interesse daran den<br />

Schrank aufzuhebeln.“<br />

„ Weiß nicht. Wie viele geklaute Gegenstände liegen denn da drin? Leben die rechtmäßigen<br />

Besitzer überhaupt noch? Ich will meine Tasche zurück. Sofort. Am besten mit allem was<br />

darin war, sonst werde ich sie und den Stallmann fertig machen. Und glauben sie mir, ich bin<br />

durchaus in der Lage dazu, auch wenn ich hier keine Amtsbefugnis habe. Die Gesetzte sind in<br />

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ganz Amerika die gleichen.“ Nick erzählte ganz bewusst nichts vom Major. Er wollte nicht<br />

gleich alle Karten offen legen. Soll sich der Major ruhig noch Sicher fühlen, dann macht er<br />

bestimmt irgendwann einen Fehler.<br />

Schwerfällig wuchtete sich Sheriff Colbert hoch. „ Du willst mir drohen?“<br />

„ Es ist mir egal wie sie es nennen. Ich bin im Saloon und ich warte genau eine Stunde. Bis<br />

dann habe ich meine Sachen wieder.“ Nick verließ das Office mit gefülltem Magen. Endlich<br />

wieder ein gutes Gefühl. Hunger kann grausam sein. Grinsend ging er die Stufen hinunter.<br />

Unter seiner Weste hielt die Whiskeyflasche versteckt, die er dem Dicken vom Schreibtisch<br />

gestohlen hatte. Er probierte einen Schluck und stellte fest, dass es nicht mal der schlechteste<br />

Whiskey war, den er je getrunken hatte. Zum Saloon wollte er gar nicht. Viel mehr war sein<br />

Plan, den Sheriff zu beobachten. Holte er selber die Tasche oder ließ er es den Major tun?<br />

Nick versteckte sich in einer schmalen Gasse zwischen Hotel und dem Nachbarhaus und<br />

beobachtete das Office. Er stand etwa zehn Minuten da, als eine Stimme von hinten sagte,<br />

„ Hände hoch und langsam umdrehen.“<br />

Wie ausgehungerte Hyänen drängten sich die Menschen in das Restaurant, das man zum Saal<br />

mit vielen Stühlen und einer Bühne umgebaut hatte. Mittlerweile war das Gewitter genau über<br />

der Stadt. Heftige Donner grollten und grelle Blitze durchzuckten die Nacht. Der Regen<br />

prasselte in dicken Tropfen herunter, so das es noch mehr Gedränge am Eingang gab, denn<br />

jeder wollte schnellst möglichst ins Trockene. Jett stand vor der Tür des Doktor Jim Leonard<br />

und pochte dagegen. Es dauerte auch nicht lange, da öffnete sich die Tür und Leonard stand<br />

im feinen Anzug gekleidet vor ihm. „ Hey Jett. Bist du hier um mich abzuholen?“ Jett stand<br />

mit offenem Mund da und brauchte einige Sekunden, seine Verwunderung zu überwinden.<br />

„ Gehst du etwa auch dort hin?“ fragte er. „ Sicher. So was kann man sich doch nicht<br />

entgehen lassen. Diese Chance bekommst du sicher nie wieder im Leben.“<br />

„ Ich habe mehr Verstand von dir erwartet. Du glaubst doch nicht im ernst an diesen<br />

Quatsch!“ Leonard kam eine Schritt raus und verschloss die Tür hinter sich.<br />

„ Ich habe schon von solchen Leuten gehört. Es gibt wirklich Menschen, die eine solche Gabe<br />

haben. Warum nicht auch sie? Einer ihrer Helfer war bei mir. Er hatte sich in den Finger<br />

geschnitten. Es war nur ein Kratzer aber beim säubern der Wunde erzählte er mir interessante<br />

Dinge über diese Frau. Es schadet doch nichts sich das mal anzusehen!“<br />

Mit großen Schritten ging Leonard auf das Hotel zu. Jetzt hatte Sheriff Armstrong keine<br />

andere Wahl mehr. Er musste sich das anhören um schlimmeres zu vermeiden. Wenn er dort<br />

nicht gesehen wurde, würde niemand auf ihn hören, weil sie ihm dann vorwerfen könnten,<br />

dass er nicht dabei war. Er betrat den Saal als Letzter. Dunkle Vorhänge verdichteten die<br />

Fenster, dass kein Licht mehr hinein drang. Überall standen Kerzenständer verteilt, die ein<br />

schummriges Licht verbreiteten. Auf der Bühne war ein Sessel zu sehen und jede menge<br />

Knochen lagen auf dem Boden verteilt. Sogar einen Totenschädel konnte Jett im fahlen Licht<br />

erkennen. Dieser steckte auf einem Stab, der wiederum auf einem Ständer befestigt war.<br />

Ein schwarzer Teppich lag ausgerollt im Mittelgang, der bis zur Bühne führte. In der<br />

hintersten Ecke saß einer ihrer Männer und spielte leise schaurige Musik auf einer Geige.<br />

Ein Glas, welches mit einer goldenen Flüssigkeit gefüllt war hing baumelnd von der Decke<br />

herab genau vor einer großen Kerze. Dies hatte den Effekt eines mystischen Schatten-<br />

Lichtspiels. „ Sie hat wirklich an alles Gedacht. Nun weiß ich auch was in den vielen Kisten<br />

drin war, die sie mitschleppte.“ Dachte Jett und beobachtete die Leute, die nun alle Platz<br />

genommen hatten. Man konnte die Anspannung spüren, die in der Luft lag. Bei jeder anderen<br />

Versammlung wäre lautes Gerede gewesen, bis einer um Ruhe bittet. Hier wurde leise<br />

getuschelt Niemand wollte die Atmosphäre zerstören. Wie in Trance warteten sie alle auf den<br />

Beginn. „ Verdammt Clever. Das muss ich mir Eingestehen. Sieht aus wie eine<br />

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Massenhypnose, wenn es so was überhaupt gibt.“ Jett öffnete hinter sich die Tür um noch<br />

einmal die frische Luft von Draußen einzuatmen, denn im Saal stieg weißer Nebel auf.<br />

Wie auch immer sie das gemacht hat, es war Eindrucksvoll. Trotz ihrer arroganten Art, sah<br />

Jett, wie verzweifelt eigentlich diese Frau sein musste. Sie ließ niemanden an sich heran.<br />

Sie war nicht wie andere Frauen, die durch ein Kleidergeschäft gingen und sich über die neue<br />

Mode erfreuten. Sie teilte mit niemandem ihr Leben, horchte nur nach den wünschen Anderer.<br />

Ob das auf die Dauer eines Lebens auszuhalten ist, bezweifelte Jett. Aber wie sollte er ihr<br />

helfen. Hier vermutete er erst mal einen Betrug und diesen zu Beweisen war nun sein Ziel.<br />

Dann war es endlich so weit. Miss Odin schritt über den schwarzen Rollteppich.<br />

In der einen Hand eine Kerze, die in einem Schädelknochen steckte, in der Anderen eine<br />

Glaskugel. Die Musik der Geige wurde lauter und gab den Takt zu ihren Schritten an.<br />

Sie trug ein weites schwarzes Gewand mit langer Schleppe. Ein Schleier verdeckte ihr<br />

Gesicht. Andächtig schritt sie zur Bühne und nahm in dem Sessel platz. Die Musik hörte auf,<br />

Totenstille herrschte im Saal. Niemand traute sich etwas zu sagen.<br />

Plötzlich sprang Miss Odin auf, jeder im Publikum zuckte zusammen. Sie hielt die Glaskugel<br />

in die Luft und sprach“, Geister der Finsternis, sprecht zu mir!“ Geschickt setzte wieder die<br />

Mystische Musik ein und unterstützte die Schaurige Vorstellung.<br />

„ Hört! Ich bin in der Stadt <strong>Cutter</strong>. Gebt mir Antworten auf meine Fragen. Wie sieht die<br />

Zukunft der Stadt und ihrer Bürger aus!“ Jett sah, dass niemand sich bewegte. Sie saßen wie<br />

Gipsfiguren gepresst in ihren Stühlen und lauschten der Stimme der Miss Odin.<br />

Dann erschallte ein Knall. Wieder zuckten alle zusammen. Der Geiger muss ihn mit zwei<br />

Holzschlägern verursacht haben. Sie schaute sich im Publikum um und sprach.<br />

„ Wir haben einen Ungläubigen unter uns. Die Geister wollen sich mir nicht offenbaren.“<br />

Jetzt setzte doch ein raunen ein und jeder sah seinen Nachbarn an, ob dieser der Schuldige sei.<br />

Miss Odin streckte den Zeigefinger aus. Jeder drehte sich um und sah den Sheriff an auf den<br />

der Fingerzeig hinwies. Jett drehte sich ebenfalls um, aber hinter ihm stand niemand mehr.<br />

„ Ja sie sind gemeint, Sheriff Armstrong! Ihre ungläubige Seele stört die Sitzung. Kommen<br />

sie vor.“ Nur zögernd ging Jett Richtung Bühne. Ihm war gar nicht wohl über den Rollteppich<br />

zu gehen, den zuvor die Betrügerin beschritten hatte. Als er vor Miss Odin stand streckte sie<br />

ihre langen Finger aus, packte Jetts Handgelenk und ehe er es bemerkte hatte er eine<br />

Handschelle um sein Handgelenk. Eine lange Kette führte über die Bühne, dessen Ende an<br />

einem Wandhaken befestigt war.<br />

„ Über diese eiserne Kette kann deine negative Aura abfließen.“ Sie trat näher an ihn heran<br />

und ohne dass es jemand aus dem Publikum sehen konnte, stach sie mit einer Spritze in Jetts<br />

Rücken. Die Nadel ging durch Weste und Hemd bis unter die Haut. Jett spürte den Stich<br />

kaum. Ihm wurde augenblicklich schwindelig und die Knie wurden weich wie Butter. Er war<br />

nicht mehr in Lage irgendetwas zu sagen. Kraftlos sank er in ihre Arme. Sie ließ seinen<br />

schweren Körper zu Boden sinken und hob wieder ihre Glaskugel in die Luft.<br />

„ Seht! Der Sheriff ist geheilt. Seine Seele ist nun gereinigt. Geister der Finsternis, nun könnt<br />

ihr zu mir reden.“ Niemand stand auf um Sheriff Armstrong zu helfen. Sie alle glaubten an<br />

die Worte der Wahrsagerin. Jett war völlig Bewegungsunfähig. Wie gelähmt musste er alles<br />

vom Boden aus mit ansehen. Wut stieg in ihm auf. Wut über seine eigene Dummheit und über<br />

diese Betrügerin, die in kurzer Zeit die ganze Stadt in ihrem Bann hatte. Dann fiel ihm etwas<br />

auf, das er schon viel früher hätte bemerken müssen. Wo waren die drei anderen Männer, die<br />

ständig Miss Odin folgten. Er hatte sie weder hier im Restaurant noch draußen irgendwo<br />

gesehen. Ein schrecklicher Gedanke überfiel ihn. „ Die ganze Stadt war hier versammelt. Ein<br />

leichtes Spiel <strong>für</strong> jeden Einbrecher. Deshalb musste auch er her. Nur deshalb bekam er eine<br />

Eintrittskarte geschenkt, weil er der Einzige war, der nicht kommen wollte. Das würde auch<br />

seine jetzige Situation bestätigen. Sie hatte Angst, dass der Sheriff ihr doch noch auf die<br />

Schliche kam und das wäre ja auch passiert. Nun lag er hier und konnte nicht mal seine<br />

Deputys warnen. Selbst Doc Leonard reagierte nicht auf seine Lage. Obwohl er doch als<br />

studierter Arzt den Betrug mit der gereinigten Seele durchschauen müsste. Hilflos hörte er die<br />

Worte der Miss Odin, die ihr Handwerk wirklich gut verstand.<br />

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„ Ich höre euch, ihr Geister! Ja redet weiter… ich sehe Feuer… großes Feuer. Viele Häuser<br />

brennen ab. Ich sehe Marshall Ryder…ersteht auf der Straße und wird von einer Kugel tödlich<br />

getroffen…und da! ... Blut…viel Blut. Die ganze Straße ist rot gefärbt. Oh… so viel unheil.<br />

Sie ließ sich in den Sessel fallen und spielte die Ohnmächtige. Ihr Begleiter eilte herbei um ihr<br />

etwas Wasser einzuflößen. „ Gebt ihr eine halbe Stunde Pause. Der Kontakt zu den Geistern<br />

schwächt sie immer sehr. Gleich geht es weiter.“ Eine Sichtschutzwand wurde vorgeschoben<br />

und niemand sah, was sich dahinter ereignete.<br />

Nach einer viertel Stunde Pause ging die Show weiter. Es kamen noch mehr unheilvolle<br />

Zukunftsvisionen. Dann forderte Miss Odin auf, dass jeder seinen Stuhlnachbar an die Hand<br />

nimmt. „ Schließt nun eure Augen und konzentriert euch auf die Spannung in der Luft. Ihr<br />

könnt die Geister spüren, wenn ihr euch ihnen ganz hingebt. Atmet tief ein und langsam<br />

wieder aus.“ Eine Frauenstimme rief plötzlich „ ja ich sehe sie! ich spüre ein kribbeln sie sind<br />

in meinem Körper.“ „ Wehren sie sich nicht. Gemeinsam können wir die schlimmsten<br />

Katastrophen abwenden. Verweilt mit mir bis Mitternacht.“<br />

Aus allen Ecken kamen nun immer mehr Stimmen die riefen, dass sie Kontakt zur Unterwelt<br />

haben. Ein Mann beschrieb wie in Trance sogar das Aussehen eines Geistes und bekam<br />

tatsächlich mehrere Zustimmungen.<br />

Miss Odin schritt wie eine Königin von der Bühne herunter ins Publikum. Sie ging auf<br />

einzelne Personen zu und berührte sie an Kopf und Schulter. Einige befahl sie auf zu stehen<br />

und sie zu Umarmen, damit sie die negative Aura durchbrechen konnte. Die meisten streckten<br />

ihre Arme aus um sie zu berühren und ebenfalls eine Umarmung zu erhalten, aber Miss Odin<br />

suchte ihre Opfer genau aus. Sie begründete ihre Endscheidung nach Stärke der<br />

Schicksalschwingungen die sie bei den Auserwählten spürte.<br />

Doktor Leonard war der Einzige, dem plötzlich das Verschwinden des Sheriffs auffiel. Wo<br />

war er hin? Was war eigentlich eben passiert? Er löste sich von dem Griff seines Nachbarn,<br />

der ihn erst böse ansah, dann aber dem nächsten in der Reihe seine Hand gab. Geduckt schlich<br />

Leonard an der hintersten Reihe vorbei bis zur Zwischentür, die zum Korridor führte. Es war<br />

eine und eine halbe Stunde vor Mitternacht. Wollten die Menschen tatsächlich so lange da<br />

drinnen sitzen und Meditieren? Im Treppenhaus war niemand zu sehen. Unbemerkt konnte<br />

Leonard die Stufen hinauf gehen und oben die Zimmer checken. Irgendwo musste doch<br />

Sheriff Armstrong sein?<br />

Mit erhobenen Händen drehte Nick sich langsam um. Er presste die Lippen zusammen um<br />

nicht einen Fluch los zu lassen, dass er die Rückendeckung vernachlässigt hatte.<br />

Der Fremde kam einen Schritt näher und trat damit ins Sonnenlicht. Nick sah einen Mann in<br />

seiner Größe, schwarze Haare, dunkle Augen und blue Jeans. Er trug einen großen Texashut<br />

und einen auffälligen Revolvergurt mit den Inizialien DL. Zu Nicks Überraschung steckte er<br />

den Revolver ins Holster zurück und reichte ihm die Hand.<br />

„ War gar nicht so leicht dich zu finden. Marshall.“ Sagte er und Nicks Verblüffung wurde<br />

größer. „ Wenn ihr schon wisst wer ich bin, hätte ich auch gerne gewusst mit wem ich das<br />

Vergnügen habe.“ „ Sicher. Mein Name ist Don Lasko. Ich bin Texas Ranger. Seit drei Tagen<br />

bin ich hier untergetaucht und beobachte den Sheriff und diese lausige Ratte von Major. Ich<br />

weiß, dass Beide korrupt sind und falsche Spiele spielen, aber ich konnte es ihnen bis jetzt<br />

noch nicht nachweisen. Fest steht, dass der Major früher Mal zu einer Bande gehörte, die <strong>für</strong><br />

viele Überfälle auf die Bahn verantwortlich waren. Nun rauben sie Reisende aus, töten sie,<br />

lassen ihre Leichen verschwinden und kassieren so eine Menge Geld und Ware.“<br />

„ Ich weiß. Ich bin selber darauf reingefallen.“ Sagte Nick mit ärgerlichem Unterton.<br />

„ Ich habe davon zu spät erfahren und war mehr als überrascht, sie hier lebend zu sehen.“<br />

„ Das verdanke ich wohl dem Metallstreifen, den ich hinten im Hut unter dem Futter habe.<br />

Ein guter Tipp von einem sehr berühmten Marshall, das Stück Metall hat mir schon oft das<br />

Leben gerettet.“ „ Klingt gut, muss ich mir merken.“ „ Warum haben die überhaupt einen<br />

solchen Mann zum Sheriff gewählt?“<br />

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Lasko nahm seinen Hut und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „ Colbert hat die Schule<br />

erbauen lassen und eine Kirche errichtet. Er bezahlte den Farmern einen Ausgleich, wenn die<br />

Ernte schlecht war. Da<strong>für</strong> haben sie ihn gewählt. Er sorgte da<strong>für</strong>, dass Books Major wurde<br />

und hat somit alle Macht in der Hand. Wer sich dem widersetzt wird eingebuchtet oder<br />

verschwand <strong>für</strong> immer auf merkwürdige Weise.<br />

Das Geld dazu verschaffte er sich mit den Überfällen. Ich bin sicher das auch größere<br />

Geschäfte auf seinen Mist laufen. Wie den Überfall auf die Bank von Moskitocreak.“<br />

Nick rieb das Kinn. Nach kurzer Überlegung schlug er vor, „ Wir müssen dem Sheriff eine<br />

Falle stellen. Er soll sich selbst verraten. Ich hab da auch schon eine Idee. Aber wir müssen<br />

uns später weiter unterhalten. Ich muss gleich im Saloon sein. Der Sheriff will mir meine<br />

Satteltasche wieder besorgen.“ Sagte Nick und wollte schon losgehen, doch Lasko ihn<br />

zurückhielt. Er wies mit dem Daumen hinter sich. Deutlich hob sich der Umriss einer Tasche<br />

von der dunklen Mauer ab. Dort lag sie. Die Satteltasche, die Nick gehörte.<br />

„ Hey wie bist du denn daran gekommen?“ fragte er. „ Frag lieber nicht. Aber ich bin mir<br />

sicher, dass der Sheriff jetzt Panik bekommt. Gleich wird er Major Books und Galling wieder<br />

zu sich rufen.“ Nick kramte in den Fächern der Tasche und fand alle seine Sachen darin<br />

wieder. Sogar den Stern hatten sie dazu gelegt, der vorher in seiner Weste war. Nur die<br />

Brieftasche fehlte. Er holte die vier Dollarmünzen hervor, die lose darin rumkullerten und<br />

hielt sie in der Hand. Welch ein beruhigendes Gefühl, nicht mehr Pleite zu sein. Auch wenn<br />

es nur vier Dollar waren. Sie reichten <strong>für</strong> ein Bad und ein anständiges Essen. Doch zuerst<br />

erklärte er Lasko seinen Plan. „ Deine Tarnung musst du nun aufgeben. Ich kann nur als<br />

Zeuge fungieren. Den Major festnehmen kannst nur du.“ Nachdem Nick alles bis ins Detail<br />

erklärt hatte fand Don Lasko die Idee des Marshalls gar nicht schlecht.<br />

Doch vorher musste er noch mit seinem Freund sprechen. Es dauerte nur zehn Minuten, da<br />

kam er zurück, steckte sich den Ranger Stern an die Brust und ging mit Nick zum Office. Wie<br />

erwartet standen der Major und der Stallmann im Raum, Beide Kopf hängend. Schon von<br />

draußen hörten Don und Nick, wie der Sheriff sie beschimpfte. „ Dem hast du ordentlich<br />

Angst gemacht.“ Sagte Don. Der Sheriff legte gleich los, als er Nick eintreten sah“, Ich habe<br />

ihre verdammte Tasche nicht. Und noch was….“<br />

Bevor er weiteres sagen konnte fiel Don ihm ins Wort“, Major Galling. Ich bin Texas Ranger<br />

Lasko. Ich nehme sie fest wegen überfall und raub an Mister Ryder.“ Mit sicherem Gefühl,<br />

dass man ihm nichts Nachweisen konnte, blieb er ruhig stehen und grinste. „ Sie haben<br />

keinerlei Beweise. Außerdem war ich zur Tatzeit hier im Office. Sheriff Colbert und Mister<br />

Galling können das beschwören.“ Er riskierte einen Blick zum Sheriff, und erhielt ein<br />

zustimmendes Nicken. „ Sie wurden aber von Mister Ryder erkannt.“ „ Wie denn? Es war<br />

dunkel.“ Sheriff Colbert stand auf, ging um den Schreibtisch herum und zog den Major hinter<br />

sich. „ Du redest zu viel.“ Sagte er forsch, aus Angst, auch er könne sich verplappern. „ Wenn<br />

sie keine Beweise aufbringen können verlassen sie mein Office.“ „ Nein. Sie werden gehen.<br />

Ab heute übernehme ich das Kommando. Geben sie mir den Zellenschlüssel.“ Don ging auf<br />

Marshall Ryder zu reichte ihm die offene Hand. „ Den Zahn bitte, Marshall.“ Nick holte den<br />

ausgeschlagenen Zahn des Majors aus seiner Hosentasche und legte Don in die Hand. „ Ist<br />

das hier ihr Zahn?“ fragte er den Major. Books sah fragend Colbert an. An den Zahn hatte er<br />

gar nicht mehr gedacht. Sheriff Colbert wollte die Situation noch retten indem er behauptete“,<br />

Der kann jedem gehören. Nur weil Books eine Lücke im Gebiss hat beweist das noch gar<br />

nichts. Vielleicht hat der Kerl sich den selber ausgeschlagen und will ihn nun meinen Freund<br />

andrehen.“ „ Marshall Ryder fehlt kein Zahn. Und das das ihrer ist Major kann ich<br />

Beweisen.“ Don hatte noch nicht ausgeredet, da klopfte es schon an der Tür.<br />

„ Komm nur rein.“ Rief Don. „ Darf ich vorstellen, das ist Doktor Hoby. Er wird gleich<br />

klären, ob es der Zahn von Major Books ist, oder nicht. Bitte Doc.“ Er ließ seinen Freund Leo<br />

Hoby vorgehen, damit dieser dem Beschuldigten in den Mund schauen konnte. Galling<br />

wehrte sich. „ Ich lass doch nicht jeden dahergelaufenen Burschen in mein Maul schauen?<br />

Woher weiß ich, ob er wirklich Arzt ist?“ Leo Hoby kramte eine Urkunde aus der Arzttasche,<br />

die er bei sich trug und legte sie offen auf den Schreibtisch. Leo Hoby Vet. Dr. stand in<br />

großen Buchstaben in der ersten Zeile. Don war die Warterei satt. Er hielt dem Major den<br />

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Revolver an die Schläfe und sagte mit bitterem Ernst“, Wenn du nicht augenblicklich dein<br />

Maul auf machst, wirst du es nie wieder können!“ Widerwillig kam er Aufforderung nach.<br />

Leo betrachtete die Zahnlücke genau. Besah sich den losen Eckzahn und kam zu dem<br />

Ergebnis“, Der Eckzahn ist auf Grund seiner Fäulnis höchstens zwei Tage alt. Dies gilt auch<br />

<strong>für</strong> die Wunde im Zahnfleisch. Abgesehen davon sollten sie dringend einen Zahnarzt<br />

aufsuchen, da das kleine fehlende Stück an der Wurzel noch in ihrem Kiefer steckt. Das wird<br />

sich irgendwann entzünden.“ Ohne weitere Worte packte Don Major Books am Arm und<br />

schob ihn in eine der Zellen. „Das sollte ja wohl reichen. Bitte verlassen sie das Office<br />

Sheriff, ich will den Gefangenen verhören.“ Missmutig verließ Colbert sein Büro. Doch bevor<br />

er ging warf er Books noch einen warnenden Blick zu.<br />

Hoby verabschiedete sich ebenfalls.“ Ich muss noch nach ein paar Ferkel sehen. Die Mutter<br />

verweigert ihnen die Milch.“ Er nahm seine Arzttasche unter den Arm und grinste dem<br />

Gefangenen zu. Books wurde kreidebleich. Mit offenem Mund starrte er den Tierarzt an.<br />

„ Was guckst du so? ich habe dir meine Urkunde gezeigt. Darauf steht ganz deutlich, dass ich<br />

Doktor der Tiermedizin bin. Aber mach dir keine Sorgen. Ich habe mir vorher die Hände<br />

gewaschen. Ich war nämlich drüben bei den Rindern, bevor ich kam und musste bei einer<br />

Verstopfung nachhelfen. Ach übrigens, die Rinder haben schönere Zähne als du.“<br />

Colbert und Galling stiefelten zum Mietstall. Der Sheriff kochte vor Wut. „ Dieser<br />

aufgeblasene Affe. Schmeißt mich aus meinem Büro. Aber das wird noch Konsequenzen<br />

haben.“ Galling hingegen blieb kühl. Ruhig sagte er“, Was machen wir, wenn Books redet.“ „<br />

Keine Sorge, das wird er nicht. Er weiß was ihn dann blüht. Wo zum Teufel kam dieser<br />

Ranger auf einmal her! Wir müssen jetzt ganz vorsichtig sein. Uns darf kein Fehler<br />

Unterlaufen.“ Nervös lief er mit geballten Fäusten auf und ab. „ Hast du die gestohlenen<br />

Sachen der Toten versteckt, wie ich es dir gesagt habe?“ „ JA.“ Sagte Galling und war über<br />

seine Eigene Stimme erstaunt. Normalerweise stotterte er beim Lügen. Erst recht, wenn er<br />

Colbert anlog. Er hatte alles versteckt, bis auf die Brieftasche des Marshalls. Sie war aus<br />

braunem Leder und mit einem schwarzen Rand vernäht. Auf der Vorderseite war ein<br />

Pferdekopf gestickt. Galling gefiel dieses Stück so gut, dass er sie <strong>für</strong> sich behalten wollte.<br />

Der Sheriff wusste ja nicht, dass sie Ryder gehörte. Er würde später sagen, sie war ein<br />

Geschenk seiner Tante.<br />

„ Wir müssen nur Ruhe bewahren und abwarten. Irgendwann verschwinden sie schon<br />

wieder.“ Colbert musste sich setzten. Er war es nicht gewohnt so viel zu laufen. Die meiste<br />

Zeit verbrachte er im Sessel über seiner Schreibarbeit, die er <strong>für</strong> sehr Wichtig hielt.<br />

Leonard war im ersten Stock des Hotels angekommen. Er öffnete die erste Tür und sah hinein.<br />

Das Zimmer war leer. Ein sauber überzogenes Bett, ein leerer Schrank. Hier war Niemand<br />

eingemietet. Hinter der zweiten Tür war ebenfalls alles sauber. Er öffnete die Dritte. Hier<br />

schien jemand zu wohnen. Aber außer ein paar leeren Kisten, Wäsche und Rasierzeug gab es<br />

hier nichts zu sehen. Leonard betätigte den Knauf der vierten Tür. Verschlossen. Er überlegte,<br />

ob es rechtens war sie aufzubrechen. Mit welcher Begründung konnte er das Schloss zustören.<br />

Sicher war er auf der Suche nach Jett Armstrong, der so plötzlich von der Bühne<br />

verschwundne war, aber er konnte ja auch in seinem Office sitzen. Ein ungutes Gefühl stieg in<br />

Leonard hoch. Irgendwie glaubte er, dass sein Freund in Gefahr sei. Er sah sich nach allen<br />

Seiten um. Niemand war zu sehen. Wer also sollte ihm die Schuld an der aufgebrochenen Tür<br />

geben, wenn es keine Zeugen gibt und sich die Spur als falsch erweist. Leonard ging zwei<br />

Schritte zurück um genug Anlauf zu haben und mit Schwung gegen die Tür zu stoßen. Es tat<br />

nicht weh. Das dünne Holz gab sofort nach und sprang aus dem Rahmen. Sein Verdacht war<br />

berechtigt. Auf dem Bett lag Sheriff Armstrong. Seine Arme gefesselt am Kopfende, den<br />

Mund geknebelt. Still lag da und reagierte nicht einmal auf die Zurufe. „ Hey Jett. Komm zu<br />

dir. Ich bin es. Leonard. “ Er schüttelte dessen Schultern und gab ihm eine leichte Ohrfeige.<br />

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Mit trüben Augen sah Jett seinen Freund am Bettrand stehen. Jett fühlte sich wie ein<br />

Betrunkener. Alles drehte sich. Die Worte seines Freundes klangen laut und dröhnten in<br />

seinem Kopf. Er versuchte etwas zu sagen aber es kam nur Gestammel heraus. „ Jim. D…<br />

Bank…Raub. Ich wus…“ Leonard schnitt die Fesselung durch und half ihm in sitzende<br />

Position. Er nahm Jetts Arm, legte ihn um seine Schulter und half zog ihn hoch. Jett<br />

schwankte beim verlassen des Zimmers. Seine weichen Knie konnten kaum sein Gewicht<br />

tragen. Mit viel Mühe schafften sie es auf die Straße und erreichten Leonards Praxis, die zum<br />

Glück genau gegenüber lag. „ Setz dich. Ich hab dich gleich wieder in Ordnung.“ Sagte Jim<br />

Leonard während er eine Spritze aufzog. Jett kniff immer wieder die Augen, aber das Bild<br />

änderte sich nicht. Seine Zunge war wie ein Stein und wollte nicht richtig funktionieren.<br />

Jim gab ihm die Injektion in den Arm. „ So, gleich fühlst du dich besser.“ Er gab ihm noch<br />

ein Glas Wasser, was merklich die Zunge lockerte. Tatsächlich ging es Jett schon in den<br />

ersten Minuten nach der Medizin besser. Die Welt hörte auf sich um ihn zu drehen und ein<br />

klarer Blick stellte sich ein. „ Wo warst du?“ waren seine ersten Worte. „ Ich dachte, dass<br />

wenigstens du nicht darauf reinfällst und vernünftig denkst.“ Jim kratzte sich am Kopf.<br />

Armstrong hatte vollkommen Recht. Er hätte sich nicht von der Masse mitreißen lassen<br />

sollen. Aber auch bei ihm hatte der gesunde Menschenverstand ausgesetzt, weil die Neugier,<br />

etwas über seine Zukunft zu erfahren, alles überstieg. Es kamen viele Menschen nach <strong>Cutter</strong>,<br />

die ihre Talente zur Schau stellten und immer war es etwas außergewöhnliches, nicht dem<br />

Alltag entsprechend. Theaterbesuche und Zirkusvorstellungen gab es immer wieder, aber eine<br />

Wahrsagerin, die auch noch Beweise ihrer Kunst vorzeigen konnte, hatte allen den Kopf<br />

verdreht. Jim versuchte sich rauszureden“, Was hast du? Ich bin doch hier und helfe dir. Als<br />

du da vorne auf der Bühne standest und sie deine Seele reinigte, habe ich sofort gemerkt, dass<br />

da etwas nicht stimmt.“ „ Dann hast du aber verdammt lange bebraucht mich aus dem<br />

Zimmer zu befreien.“ Wieder kratze Jim sich den Nacken. Für Jett war das ein klares Zeichen,<br />

dass sein Freund verlegen war. „ Ich ähm…musste doch abwarten was geschieht. Es dauerte<br />

eben ein bisschen Zeit, bis ich die richtige Tür gefunden hatte.“<br />

Jett lächelte. Er war froh nun doch einen Helfer gefunden zu haben. „ Wir müssen uns<br />

beeilen. Die ganze Show ist sicherlich nur da<strong>für</strong> da, um in aller Ruhe die Bank auszurauben.“<br />

„ Wie kommst du da drauf?“<br />

„ Ganz einfach. Hast du heute Abend schon die zwei Männer gesehen, die sonst ständig um<br />

Miss Odin herumtanzen. Nur Einer steht auf der Bühne. Die beiden anderen machen doch<br />

bestimmt nicht nur Kaffeepause. Lass uns zur Bank gehen und nach dem Rechten sehen.“<br />

Die ersten Schritte schwankte Jett noch, dann kehrte seine kraft zurück. Sie rannten zum<br />

Bankgebäude und lugten durch die Fenster. Nichts war zu sehen. Drinnen lag alles in<br />

friedlicher Dunkelheit. „ Was jetzt?“ fragte Jim der von Detektivarbeit überhaupt keine<br />

Ahnung hatte. „ Wir müssen nachsehen ob sie nicht schon hier waren. Immerhin ist die Show<br />

schon eine ganze Weile am laufen.“ Die Tür war verschlossen, aber Jett öffnete sie geschickt<br />

mit einem Messer, das Jim ihm reichte. Knackend sprang die Tür auf. „ Wenn die hier<br />

gewesen wären, müsste dann nicht das Schloss kaputt sein? Oder eine Fensterscheibe?“<br />

flüsterte Jim. „ Vielleicht waren die ja auch so einfallsreich und haben ein Messer benutzt.“<br />

Jett tastete sich zum Tresor vor. Dieser war verschlossen, wie er feststellen konnte. Nichts<br />

deutete auf einen Einbruch hin. „ Verdammt! Habe ich mich denn so in dieser Frau getäuscht?<br />

Ich war mir sicher, dass nicht nur die Eintrittsgelder ihre einzige Einnahme sind.“ Jett kaute<br />

nachdenklich auf der Unterlippe bis Jim ihm auf die Schulter klopfte. „ Komm schon. Du hast<br />

dein bestes getan. Lass uns hier verschwinden. Ich habe ein komisches Gefühl, nachts allein<br />

in der Bank rum zu sitzen.“ Beim hinausgehen fragte Jett sich noch einmal, wo denn die<br />

beiden Männer hin sein konnten. Ob sie sich in Olgas Freudenhaus vergnügten? Aber das<br />

ging ja nicht. Olga war mit allen Mädchen bei der Sitzung. Genauso wie George der Salooner.<br />

Und wenn der Saloon zu hatte, dann werden auch die im Saal sitzen, die weniger Interesse<br />

daran hatten, denn es war das Einziger, was man an diesem Abend tun konnte.<br />

Jett blieb plötzlich mitten auf der Straße stehen. Er drehte sich zu Jim um und sah ihn mit<br />

glänzenden Augen an. „ Was hast du? Ist dir nicht gut? Fragte der Arzt besorgt.<br />

„ Mir geht es Prima. Besser als je zuvor, denn ich weiß jetzt was ihr Plan ist.“<br />

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Jim sah ihm noch nach wie er mit großen Schritten davon ging.<br />

„ Warte auf mich. Ich bin neugierig was du damit meinst.“<br />

„ Dann komm mit. Es wird Zeit der Alten das Geschäft zu vermiesen.“<br />

Nick schlenderte zum Saloon. Hier war der beste Ort ein Gerücht in die Welt zu setzen. Sein<br />

Plan wurde nun in die Tat umgesetzt. Er zwängte sich durch eine Gruppe Cowboys hindurch,<br />

die an der Theke standen und den schwülen Abend bei einem Drink genossen. Nick zog den<br />

Revolver aus dem Holster, des neben ihm stehenden Cowboys und schlug mit dem Kolben<br />

auf die Thekenplatte. Die lauten Schläge übertönten die vielen Stimmen im Raum und der<br />

Keeper sah mürrisch zu ihm hinüber. „ Hey was soll das? Wollen sie meinen Saloon<br />

demolieren?“ knurrte er. Nick wartete bis der Keeper ihm gegenüberstand und sagte grinsend.<br />

„ Ich habe Hunger. Bringen sie mir ein kräftiges Steak mit Bohnen. Aber schnell, sonst mache<br />

ich wirklich noch Kleinholz aus deiner Bude hier!“ Sagte er mit durchdringender Stimme.<br />

Den Revolver gab er dem Besitzer in die Hand, der ihn verblüfft anstarrte. Er hatte gar nicht<br />

bemerkt, dass ihm seine Waffe genommen wurde. Der Keeper war wenig erfreut über den<br />

Auftritt des Fremden, der hier schon einmal gebettelt hatte. „ Ich will erst Geld sehen. Wenn<br />

du hier nur wieder betteln willst, dann geh lieber gleich, sonst lasse ich dich ein zweites Mal<br />

rausschmeißen und diesmal wird es unangenehmer <strong>für</strong> dich!“ Nick ließ zwei Dollarmünzen<br />

auf die Theke fallen. Während sich die Münzen noch drehten und auf der glatten Holzplatte<br />

tanzten sagte er. „ Das wird wohl reichen.“ Mit noch lauterer Stimme, so das es jeder im<br />

Saloon hören konnte fügte er hinzu“, Und einen Whisky hätte ich noch gerne. Einen guten,<br />

denn ich möchte anstoßen, auf eine gelungene Festnahme.“ Der Keeper wurde sofort<br />

hellhörig. Neugierig lehnte er sich nach vorne bis er fast über die andere Thekenseite hing.<br />

„ Wen haben sie denn festgenommen. Um was geht es denn?“ Nick trat einen Schritt auf<br />

einen zu. Mit schnellem Griff packte er den Pferdeschwanz des Keepers und zog dessen Kopf<br />

in den Nacken.“ Sie sind aber neugierig. Bekomme ich ihn nun meinen Drink und das<br />

Essen?“ sagte er eindringlich. Der Keeper verzog schmerzhaft das Gesicht und stammelte ein<br />

„, Ja ja sicher. Es kommt gleich.“ Jetzt hatte er alle Augen auf sich vereint. Genau das wollte<br />

Nick erreichen. Er nahm das Glas Whiskey in die Hand, dass ihm der Keeper eilig zuschob,<br />

hob es in die Luft und sagte.“ Ein hoch auf alle Texas Ranger. Soeben wurde der Major<br />

festgenommen. Hier wird in Zukunft ein neuer Wind wehen. Die Korruption hat ein Ende.“<br />

Lautes Gemurmel setzte ein und einen hörte man heraus, wie er sagte“, Was hat er da gesagt?<br />

was ist denn eine Korrupti…, worum geht es hier?“ Nick sprach weiter denn er wollte, dass<br />

jeder es hört. Es gehörte zu seinem Plan. „ Euer Major ist ein mieser, hinterhältiger Schurke.<br />

Doch nun hat er Reue gezeigt und gestanden. Auch Sheriff Colbert und der Mietstallbesitzer<br />

Galling hängen da mit drin.“ Wieder war es der Keeper der erwartungsvoll fragte“, Und wie<br />

wollen sie das Beweisen? Mag sein das Major Books seine Taten gestanden hat, aber egal was<br />

er über den Sheriff erzählt hat, oder über sonst jemandem, es sind nur leere Worte eines<br />

ängstlichen Gefangenen. Ohne Beweise hat der Ranger nichts in der Hand.“<br />

Für einen kurzen Moment stutzte Nick. Steckte der Keeper etwa auch da mit drin? Wen<br />

meinte er, als er sagte, >sonst jemandem


noch was im Ärmel. Und <strong>für</strong> sonst noch jemand, aber da<strong>für</strong> wird noch verhandelt. Wichtig ist<br />

erst mal der Sheriff.“ Als Nick sein Glas am Mund ansetzte und die goldene Flüssigkeit mit<br />

einem Schluck hinunter spülte, begann eine laute Unterredung unter den Männern.<br />

Aus den Augenwinkeln beobachtete er die Reaktion des Keepers auf seine Worte. Er sah die<br />

zittrige Hand, die versuchte ein Glas ab zu trocknen. Auch das nervöse zucken der<br />

Kieferknochen entging Nick nicht. Dieser Mann hinter der Theke hatte Angst.<br />

Nick bekam sein Essen vor gesetzt und er aß es mit Genuss. Die Hühnerkeule aus dem Office<br />

war längst verdaut und erneuter Hunger machte sich im Magen bemerkbar. Währen er sein<br />

Steak aß, schlich sich der Keeper durch eine Hintertür hinaus. Nick hatte es zwar bemerkt,<br />

aber er wollte da<strong>für</strong> nicht sein gutes Essen stehen lassen. Schließlich waren Ranger Lasko und<br />

Doc Hoby auf ihre Posten. Sie sollten den Sheriff und den Stallmann beobachten, denn diese<br />

Beiden müssten jetzt bald von der Geschichte erfahren und Angst bekommen.<br />

Jett rannte über die Straße zum Haus der alten Dame Misses Simmons. Sie lebte allein und<br />

war eine reiche Witwe. Sie zeigte ihren Wohlstand gerne öffentlich indem sie stets teuere<br />

Kleider und Pelze trug. Die Haustür war verschlossen und es gab keine Hinweise auf ein<br />

fremdes Eindringen. Leonard beobachtete das nachdenkliche Gesicht seines Freundes.<br />

„ Glaubst du, sie rauben die Häuser der Leute aus?“ fragte er.<br />

„ Ja das habe ich vermutet. Es würde weniger auffallen, als die Bank zu leeren. Aber hier<br />

waren sie wohl noch nicht. Ich gehe weiter rauf nachsehen und du kontrollierst die Häuser in<br />

die andere Richtung. Wenn dir irgendetwas auffällt, sag mir bescheid.“<br />

Doc Leonard schaute durch jedes Fenster und prüfte die Türen, aber er konnte nichts finden,<br />

was auf einen Einbruch hindeutete. Jett ging am Hotel vorbei. Immer noch flackerte<br />

schummriges Licht im Saal, als er durch die Scheibe und durch eine Ritze im Vorhang<br />

blickte. Miss Odin saß nach wie vor auf ihrem „Thron“ und hielt die Leute in ihrem Bann.<br />

Am liebsten wäre hineingestürmt und hätte sie festgenommen wegen Betäubung und<br />

gefangen halten eines Gesetzeshüters, aber er wollte die Wahrheit wissen. Jett war fest davon<br />

überzeugt, dass mehr hinter der ganzen Sache steckte. Schließlich kam ihm ein Gedanke. Er<br />

lief die Straße hinunter und suchte nach Doktor Leonard. Er fand ihn in der kleinen<br />

Nebengasse, die zum Anwesen der Big Olga führte, wo normalerweise um diese Zeit die<br />

Mädchen nach Männerkundschaft Ausschau hielten. War an einem Fenster der rote Vorhang<br />

zugezogen, kam es dort zum Geschäftlichen.<br />

„ Hey Leonard!“ rief Jett von weitem.“ Warum in die Ferne schweifen, wenn das<br />

Offensichtliche so nahe ist.“ Jim Leonard drehte sich zu ihm herum. „ Ist alles in Ordnung<br />

bei dir?“ fragte er besorgt über die poetische Formulierung des Satzes.<br />

„ Wir sollten als erstes bei dir nachsehen. Ist dir vorhin in deiner Praxis nicht irgendetwas<br />

aufgefallen!“. Leonard legte den Zeigefinger seiner rechten Hand an den Mund und überlegte.<br />

„ Nein. Es war alles so wie immer.“ „ Wir sollten dennoch zurückgehen und nachsehen. Hast<br />

du nicht gesagt, dass einer ihrer Männer bei dir war?“ „ Das ist richtig. Er hatte sich in den<br />

Finger geschnitten.“ Bestätigte der Doc.<br />

„ Glaubst du ernsthaft, dass er deswegen bei dir war? Ein Mann, der aussieht wie ein<br />

wandelnder Kleiderschrank rennt doch nicht wegen einem Kratzer gleich zum Arzt.<br />

Außerdem benutzte sie eine Spritze um mich zu betäuben. Ich frag mich wo sie die wohl her<br />

hat?“ Es dauerte einen Moment bis Leonard schließlich einfiel „, du hast Recht. Ich musste<br />

kurz vor die Tür weil sein Gefährte mich rief. Er wollte nur wissen wie lange es noch dauert<br />

und hat mich gefragt, was ich ihm gegen Kopfschmerzen empfehlen könnte.“<br />

„ Na also! Es war genug Zeit <strong>für</strong> den Kerl um sich in deiner Praxis um zu sehen.“<br />

Sie gingen Beide mit schnellem Schritt zurück in das Haus des Doktor Leonard.<br />

Jim brauchte nicht lange zu suchen, da fiel ihm auf, dass im Glasschrank ein Fläschchen<br />

fehlte. Es beinhaltete eine verdünnte Form von Curare. Es wird aus Lilienpflanzen gewonnen<br />

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und dient als Betäubungsmittel bei Operationen, weil es die Muskulatur lähmt, nicht aber das<br />

Herz angreift. Auch eine Spritze wurde entwendet.<br />

„ Sieh mal in deiner Schreibtischschublade nach. Dort hast du doch das Geld der Patienten<br />

drin. Ich nehme an, dass Miss Odins Helfer dir was gezahlt hat und die Aufbewahrung des<br />

Geldes gesehen hat.“ Sagte Jett aber Leonard winkte ab. „ Das habe ich eben schon getestet.<br />

Sie ist noch verschlossen.“ „ Tu mir den Gefallen und öffne sie“, beharrte Jett. Leonard griff<br />

in seine linke Tasche, dann in die Rechte und zog den Schlüssel hervor. Er öffnete das<br />

Schloss der Schublade und sah schockiert hinein. An seinem Gesichtsausdruck erkannte Jett<br />

schon die Antwort. „ Ich nehme an, sie ist leer!“ Leonard sank auf einen Stuhl, stützte sein<br />

Kinn und dachte nach. „ Wie kann das? Den Schlüssel trage ich immer bei mir und so viel<br />

Zeit hatte er auch nicht sie Anderweitig zu öffnen und wieder abzuschließen.“<br />

Ratlos saßen sich die beiden Männer gegenüber. Was ging hier vor? Eine menge Fragen<br />

schossen Jett durch den Kopf und er fand keine Antworten. Ein Blick zur Wanduhr zeigte<br />

ihm, dass die Zeit ablief. In einer halben Stunde ist die Sitzung vorbei, und die Leute stürmen<br />

heraus. Dann wird es schwierig werden weiter nach Spuren zu suchen.<br />

„ Verdammt. Warum ist mir das nicht gleich aufgefallen!“ schrie Leonard so laut, dass Jett<br />

zusammen zuckte.<br />

“ Der Schlüssel!“ er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „ Ich trage ihn immer in der<br />

linken Tasche. Aber nun war er Rechts. Na klar. Er muss ihn mir beim verarzten des Fingers<br />

entwendet haben. Als ich dann draußen war konnte er das Geld rausnehmen, und die Lade<br />

wieder verschließen.“ Jett sah ihn fragend an. „ Und wie kommt der Schlüssel wieder in deine<br />

Tasche zurück?“ „ Beim Händeschütteln. Er hat sich mit einem Handschlag bedankt.<br />

Natürlich mit der Rechten wie es üblich ist. So konnte er mit der Linken, den Schlüssel<br />

wieder in die Tasche stecken. Wer weiß denn später noch in welcher Tasche er etwas getan<br />

hat. Es sei denn er hat ihn immer der Einen so wie ich.“<br />

„ Das nenne ich mal ein >Cleverer Plan


„ Das habe ich gern. Die ganze Zeit hast du fleißig davon profetiert und jetzt ziehst du den<br />

Schwanz ein. Das eine Sage ich dir. Wenn mein Kopf in der Schlinge hängt, hängst du mit.<br />

Wir haben uns das hier zusammen aufgebaut und ich lasse es mir von niemandem nehmen.<br />

Auch nicht von so einem Ranger und schon gar nicht von einem Marshall aus Arizona!“<br />

„ Er ist Marshall?“ schoss die frage aus dem Mund des Keepers.<br />

„ Haltet eure Klappen.“ Fiel der Stallmann ein.“ Soll denn die ganze Stadt mithören? Denkt<br />

lieber über eine Lösung nach. Kann es wirklich sein, dass Books geplaudert hat und uns was<br />

andrehen kann.“<br />

„ Wir sollten es auf jeden Fall testen.“ Sprach der Sheriff. „ Na los besorg dir eine Schaufel.“<br />

Befahl er und wog seinen dicken Bauch hin und her.<br />

„ Wieso ich? Du machst gefälligst mit. Schließlich geht es in erster Linie um deinen Kragen.“<br />

Stallmeister Galling zitterte in der Stimme. Er war es nicht gewohnt seinem Boss zu<br />

widersprechen. Aber hier ging es um sein Leben und wenn er den Sheriff da<strong>für</strong> auflaufen<br />

lassen musste, seine Zukunft sollte nicht am Galgen enden.<br />

Die drei Männer trennten sich. Während der Keeper zurück in den Saloon ging, stampfte<br />

Galling in den Stall um die Pferde an den Wagen zu spannen. Er legte zwei Schaufeln auf die<br />

Ladefläche obwohl er genau wusste, dass Colbert nicht mit machen würde. Ein feines<br />

schmunzeln legte sich auf seine Lippen, bei dem Gedanken den Dicken beim schaufeln zu<br />

zusehen. Noch nie hatte er den Sheriff auf einem Pferd sitzen sehen. Es wäre auch reine<br />

Tierquälerei. Kein Ross auf Erden würde diese Last tragen können. Wieder lachte er in sich<br />

hinein. Diesmal bei dem Gedanken wie er wohl mit diesem Bauch bei einem Pferd hochkäme.<br />

Sicher müsste man ihm eine Leiter hinstellen. Doch <strong>für</strong> so gelenkig hielt er ihn nicht, dass<br />

dieser sein schweres Bein über den Pferdekörper heben konnte.<br />

Nick sah, wie der Keeper herein kam, sich mit einem Mann unterhielt und wieder Richtung<br />

Küche verschwand. Nach und nach folgten ihm immer wieder ein bis zwei Männer. Es waren<br />

insgesamt Neun, die sich in die Küche schlichen. Nick aß in aller Ruhe weiter. Ihn<br />

interessierte nur der Sheriff und dieser machte sich durch den Hintereingang aus dem Staub.<br />

Er war fast fertig als Ranger Lasko herein kam und ihn ansprach. „ Es geht los. Dieser Galling<br />

hat einen Wagen angespannt und ist mit Sheriff Colbert losgefahren los gefahren. Ich habe<br />

dein Pferd schon gesattelt wir können aufbrechen.“ Mit einer Serviette wischte Nick seine<br />

Mundwinkel sauber und stand auf. „ Ich kann es kaum erwarten!“ sagte er. Don Lasko und<br />

Ryder zogen sich in ihre Sättel und nahmen die Verfolgung auf. Die Fahrt war nicht lang,<br />

schon nach zwanzig Minuten blieb der Wagen stehen und Sheriff Colbert wuchtete sich vom<br />

Kutschbock hinunter. Der Wagen, der zuvor noch unter dem Gewicht zu leiden hatte, streckte<br />

seine Federn und nahm wieder eine Waagerechte Position an. Die zwei angespannten Pferde<br />

schnauften. Sicherlich waren auch sie erleichtert. Nick und Don hockten im Schutz einiger<br />

Büsche und beobachteten das Geschehen.<br />

Colbert wusch seine Stirn mit einem Tuch ab. „ Verdammt ist das heiß hier. Los fang an!“<br />

Böse sah Galling ihn an. „ Was soll das heißen? Wir sitzen beide in der Klemme also machst<br />

du auch mit.“ Knirschte er wobei er drohend die Schaufel in die Luft hielt. Colbert ging ein<br />

paar Schritte zurück. Er blieb erstaunlich ruhig als er sagte “, da oben in der Luft brauchst du<br />

nicht zu graben, in der Regel liegen Tote unter der Erde.“ Wieder liefen dicke Schweißperlen<br />

über sein Gesicht. Die Fahrt allein war schon zu viel Anstrengung <strong>für</strong> einen Mann, der sonst<br />

nur am Schreibtisch sitzt und wahllos Essen in sich hineinschibt.<br />

„ Deine Witze werden dir noch vergehen, wenn ich den Zettel gefunden habe.“<br />

„ Du willst mir drohen? Nach allem was ich <strong>für</strong> dich und die ganze Stadt getan habe. Los fang<br />

endlich an. Wenn Books tatsächlich Beweise hinterlassen hat, haben wir noch einige Gräber<br />

mehr zu öffnen.“ Widerwillen fing stach Galling die Schaufel in den Festgewordenen Boden.<br />

Es war harte Arbeit und nach jedem Spatenstich schnürte sich seine Kehle vor quälender<br />

Trockenheit mehr zusammen. Durstig gierte er nach der Wasserflasche, die am Kutschbock<br />

hing. „ Ich kann nicht mehr, ich brauche einen schluck Wasser.“ Krächzte er. Galling stand<br />

schon bis zu den Knien in der Grube als er wütend die Schaufel in die Erde stach damit sie<br />

stehen blieb und er eine Pause machen konnte. Doch dann hielt er plötzlich inne. Wie erstarrt<br />

blickte er zu seinen Füßen. Sheriff Colbert trat an den Rand der Grube um zu sehen was los<br />

23


war. Der Stallmann zeigte mit ausgestrecktem Finger zu seinen Stiefeln. Eine schwarzblau<br />

gefärbte Hand ragte aus dem Lehm. Es waren nur noch drei Finger daran, die gekrümmt und<br />

halb verfault waren. Die Beiden zogen ihre Halstücher vor Mund und Nase, da der Gestank<br />

der Verwesung immer stärker beim ausgraben wurde. Nach gut zehn Minuten lag die Leiche<br />

frei. Galling hielt sich den Mund zu, denn hatte das Gefühl sich gleich übergeben zu müssen.<br />

Mit der anderen Hand tastete er den Toten ab. Ungeduldig beobachtete ihn der Sheriff dabei.<br />

Seine Rechte umspannte schon den Revolverkolben. Er würde Galling ohne zögern<br />

erschießen, sollte dieser mit dem Beweisstück abhauen wollen.<br />

„ Was ist nun, hast du es?“ nervös ging er am Grab auf und ab wobei er seinen Gefährten<br />

nicht aus den Augen ließ. „ Hier ist nichts.“ „ Dreh den Kerl doch mal um. Vielleicht liegt<br />

unter ihm etwas.“<br />

Marshall Ryder sah zu Ranger Lasko und nickte. Don erwiderte sein Zeichen und Beide<br />

sprangen aus ihrer Deckung hervor. Wie aus Holz geschnitzt stand Sheriff Colbert Stocksteif<br />

da, als er die Stimme des Rangers hörte. „ Ein schöner Tag, nicht wahr? Das Wetter lädt so<br />

richtig ein zum Leichenschmaus. Sie sind verhaftet Sheriff Bill Colbert. Und sie natürlich<br />

auch Mister Jack Galling.“ Ein leises Fluchen zischte durch die Zähne des Stallmannes, der<br />

bis dahin gehofft hatte, dass der Ranger ihn nicht gesehen hatte. Immerhin stand er noch<br />

geduckt in der Grube. „ Was wollen sie Ranger! Ich habe nichts verbrochen. Hier irgendwo<br />

habe ich ein Säckchen mit ein paar kleinen Goldnuggets vergraben, die ich im Fluss fand.<br />

Nun wollte ich sie mir holen habe aber eine Leiche gefunden.“ Lasko war verblüfft, wie<br />

schnell dieser Kerl eine Ausrede parat hatte. Er war wirklich schlagfertig. Aber das sollte ihm<br />

hier wenig helfen, schließlich haben er und auch Marshall Ryder das ganze Gespräch mit<br />

angehört. „ Red keinen Unsinn. Komm da raus und nimm die Hände hoch.“ Während Don<br />

zusah wie Galling aus der Grube stieg bemerkte Nick das leichte zucken, der rechten Hand<br />

des Sheriffs. Blitzschnell hatte er seinen Revolver gezogen und Colbert blickte in die<br />

Mündung der Waffe. „ Das würde ich nicht tun!“ kam der scharfe Ton des Marshalls an sein<br />

Ohr. Langsam ließ er seine Hand sinken. Nick trat ein paar Schritte näher heran, so dass er in<br />

die Augen seines Gegners blicken konnte. „ Es ist vorbei Colbert. Das Spiel ist aus.“<br />

„ Welches Spiel?“ stammelte der Sheriff. „ Galling hat Recht, wir suchen lediglich nach<br />

seinem Gold.“ Nick machte einen weiteren Schritt und stand nun direkt vor ihm. Er sah den<br />

Schweiß, der dem Sheriff die Stirn herunter lief. Colbert ging einen Schritt zurück und stieß<br />

gegen das Wagenrad. Seine zittrigen Finger griffen danach um Halt zu finden, denn auch<br />

seine Knie wurden weich und konnten den schweren Körper nicht mehr halten.<br />

„ Reden sie keinen Blödsinn. Ranger Lasko und ich haben alles gehört.“<br />

„ Ich habe den Mann nicht umgebracht. Das schwöre ich. Er war es.“ Plötzlich wieder von<br />

neuem Mut gefasst wies Colbert mit ausgestrecktem Finger auf Galling der von Lasko gerade<br />

die Hände gefesselt bekam.<br />

„ Du Schwein! Glaubt ihm kein Wort!“ rief er zurück und spuckte. Ungewollt traf er einen<br />

Stiefel des Rangers und handelte sich da<strong>für</strong> eine Ohrfeige ein. Lasko wischte sie am<br />

Hosenbein des Gefangenen ab und schubste ihn vorwärts zum Wagen.<br />

„ Ihr Beide seit verhaftet. Ihr habt uns zu der Leiche gebracht. Nur wer sie verscharrt hat und<br />

wer den Auftrag dazu gab, konnte wissen wo sie lag. Machen sie sich keine Hoffnungen.“<br />

„ Sie haben uns geblufft? Books hat gar keine Beweise hinterlassen.“<br />

Nick grinste. „ Hat doch funktioniert. Und nun rauf da.“ Er schob den schweren Körper mit<br />

aller kraft auf die Ladefläche des Wagens. Colbert widersetzte sich nicht. Anscheinend hatte<br />

eingesehen, dass er keine Chance mehr hatte. Seine ganze Macht war nun gebrochen. Mit<br />

herab hängendem Kopf ließ er sich nieder und fuhr seinem Schicksal entgegen.<br />

Lasko saß auf dem Kutschbock, Nick ritt hinter dem Wagen her. Als sie die Stadt erreichten<br />

kam Doktor Leo Hoby auf sie zu. Er atmete kurz auf, als er die Beiden mit den Gefangenen<br />

erkannte. Er hatte nicht daran gezweifelt, dass Lasko es nicht schaffen würde, aber eine<br />

gewisse Angst um seinen Freund hatte er immer. Denn er wusste auch, dass Don oft<br />

unüberlegt und hitzig reagiert. „ Schön, dass ihr sie geschnappt habt. Jetzt müsst ihr euch nur<br />

noch den Keeper vornehmen, er hat versucht Major Books zu befreien.“<br />

24


„ Ist es ihm gelungen?“ fragte Don mit ernstem Blick. „ Nein. Ich konnte ruhig stellen. Er<br />

befindet sich gerade im Stall. Da ich die Schlüssel zu den Zellen nicht gefunden habe, habe<br />

ich ihn in eine Pferdebox gesperrt. In der, die rundum gemauert ist und eine Massive Tür hat.<br />

Ich nehme an, dass diese Box <strong>für</strong> unruhige Hengste gebaut wurde.“ „ Sehr gute Arbeit Hoby.<br />

Aber wie hast du ihn überwältigt?“ Leo Hoby zog stolz die Schultern zurück und berichtete.<br />

„ Keeper Johnson fand ebenfalls die Schlüssel nicht und so versuchte er das Schloss mit einer<br />

Spitzhacke zu zerschlagen. Ich habe es zufällig gehört und ihn dann mit meinem Pusterohr<br />

einen Betäubungspfeil in den … na du weißt schon geschossen.“<br />

Nick und Don lachten laut auf. Sie schoben die beiden Gefangenen in die Zellen und lobten<br />

noch einmal den einfallreichen Tierarzt. „ Die Schlüssel hatte ich in meiner Tasche.“ Erklärte<br />

Don.“ Ich habe mir schon gedacht, dass hier noch mehr Leute mit drin stecken und wollte<br />

kein Risiko eingehen. Und wie wir sehen, habe ich Recht behalten.“<br />

Sie gingen zusammen zum Stall um den Keeper zu holen und ihn ebenfalls in eine der Zellen<br />

zu stecken. Am Eingang wurde Don von einer Frau angehalten. Sie sprach ihn mit weicher<br />

Stimme Dank aus. Während Don sich von ihrer Schönheit verzaubern ließ gingen Nick und<br />

Hoby zur Box. Der Keeper lag immer noch bewusstlos im Stroh. Nur wenig Licht drang<br />

hinein so dass Nick erst seine Augen zusammen kneifen musste, um sich an die Dunkelheit zu<br />

gewöhnen. Als er die Box betrat sprang ihn der Schatten auch schon entgegen. Keeper<br />

Johnson war längst nicht mehr benommen. Im Stroh hatte er ein Hufeisen ertastet und<br />

umklammerte es mit seinen Fingern. Er wartete auf eine Gelegenheit die ihn zur Flucht<br />

verhelfen konnte. Als nun Nick eintrat sammelte er all seiner Kraft zusammen, warf er sich<br />

nach vorne, schlug Nick mit dem Hufeisen ins Gesicht, stieß Hoby zur Seite, der im Gang<br />

stand und wollte zum Tor rennen. Aber er rechnete nicht mit Ranger Lasko, der noch auf der<br />

Straße stand und mit dem jungen Mädchen flirtete. Johnson kam nicht weit. „ Hey! Stehen<br />

bleiben. Wo willst du denn so eilig hin?“ drang die Stimme des Gesetzes an sein Ohr.<br />

Unbewaffnet und noch immer etwas Schwindelig von der Betäubung ergab er sich.<br />

Mit erhobenen Händen stand er mitten auf der Straße und spürte die Blicke die aus sämtlichen<br />

Fenstern auf ihn gerichtet waren. Die Leute von Irontown kamen langsam auf die Straße.<br />

Endlich fassten sie wieder Mut. Die lange Unterdrückung unter der Macht des Sheriffs und<br />

seine Gefährten waren nun vorbei. Lasko legte dem korrupten Keeper Handschellen an und<br />

fesselte ihn am Pferdetrog. Besorgt ging er in Stall um nach seinen Freunden zu sehen.<br />

„ Hoby, Nick ist alles in Ordnung?“ Er hörte ein leises stöhnen am anderen Ende des Stalls.<br />

Nick saß auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken gegen die Wand. Über ihn gebeugt stand<br />

Hoby, der ihm ein Tuch unter die Nase hielt und sagte.“ Ich wollte dich gerade warnen. So<br />

lange konnte die Betäubung nicht anhalten.“ „ Ist schon gut.“ Kam Nicks gedämpfte Stimme<br />

unter Tuch hervor. Als Hoby sich umdrehte, sah Don das Blut an dessen Händen. „ Seine<br />

Nase ist gebrochen. Du kommst genau richtig. Halte seinen Kopf, ich muss das Nasenbein<br />

wieder richten.“ Es war nur ein kurzer Ruck, aber auch ein schmerzhafter. Nick biss die<br />

Zähne zusammen. „ So dass war es. Sie ist wieder gerade.“ Beruhigte Hoby ihn und half ihm<br />

hoch. Am liebsten hätte Nick sich wieder hingesetzt. Die Knie waren weich wie Butter und<br />

ein stechender Schmerz durchzuckte die Stirn.<br />

Draußen auf der Straße wurde es auf einmal laut. Stimmen fluchender Männer waren zu hören<br />

und mitten drin die Schreie des Keepers. Don rannte hinaus und sah sofort was dort geschah.<br />

Die Bürger der Stadt rächten sich an Johnson <strong>für</strong> die Jahrelange Ausbeutung. Sie schlugen mit<br />

Knüppeln und Stöcken auf den wehrlos, gefesselten Mann ein. Sogar Frauen traten mit ihren<br />

hochhackigen Schuhen zu. Don konnte sie nur mit einem warnenden Schuss auseinander<br />

treiben. Blutüberströmt lag Keeper Johnson im Straßenstaub. Doktor Hoby konnte nur noch<br />

seinen Tot feststellen.<br />

„ Ich hoffe ihr seit nun zufrieden. Es war keine leichte Arbeit <strong>für</strong> mich und meine Freunde die<br />

Macht zu Brechen, die von Sheriff Colbert, Stallmeister Galling und Major Books ausgingen.<br />

Mister Johnson war in der ganzen Sache das kleinste Übel. Ich verabscheue so was hier. Er<br />

hatte wie die Anderen ein Recht auf einen Prozess. Geht nach Hause und überlegt euch, wie<br />

ihr mit dieser Tat weiterleben könnt. Denn damit habt ihr gezeigt, dass ihr auch nicht besser<br />

seid. Er war gefesselt und hilflos!“<br />

25


Nick blieb noch bis zum nächsten Tag und half Don wieder Ordnung in die Stadt zu bringen.<br />

Nach einem gemeinsamen Frühstück verabschiedete er sich.“ Es war schön euch kennen<br />

gelernt zu haben. Wenn ihr einmal in Arizona seid, kommt mich auf jeden Fall in <strong>Cutter</strong><br />

besuchen. So Long.!“<br />

„ Na komm. Es geht los.“ Flüsterte Jett und rannte schon raus auf die Straße. Sie holten die<br />

beiden schwarz gekleideten Männer, die sich in den Hinterhof schlichen schnell ein. Doktor<br />

Jim Leonard blieb im Hofeingang stehen, während Sheriff Armstrong einem der Männer auf<br />

die Schulter klopfte. Erschrocken drehte dieser sich. Sofort erkannte er den Sheriff und holte<br />

zum Schlag aus, doch Jett hatte mit so was gerechnet. Er duckte unter dem Hieb ab und ließ<br />

den, mit Schwung kommenden Arm, ins Leere schlagen. Der Angreifer verlor sein<br />

Gleichgewicht und torkelte um seine eigene Achse. Kaum kam fand er wieder Halt, schlug<br />

Jett ihm einen rechten Hacken unter das Kinn. Er staunte nicht schlecht, als er sah, dass der<br />

Gegner noch auf seinen Beinen stand. Bei jedem Anderen bisher, hatte dieser Schlag stets<br />

seine Wirkung und hob den Getroffenen aus den Stiefeln. Doch dieser hier blieb stehen. Wie<br />

eine Eiche stand er da und schielte in den Himmel. „ Vielleicht pustest du mal Jett, ich bin<br />

sicher dann fällt er um.“ Jim stand am Tor. Vor ihm lag der zweite Mann bewusstlos am<br />

Boden.<br />

Er hatte noch versucht zu Fliehen, als der Sheriff kam, rannte allerdings Jim in die Arme.<br />

Gleich neben dem Tor lehnte der Verschlussbalken, den Jim Leonard dem Flüchtenden über<br />

den Schädel zog.<br />

Jetts Gegner dagegen war hart im Nehmen. Nach einpaar Sekunden starre, kam er wieder zu<br />

sich, rieb sein Kinn und stürmte wütend auf Armstrong zu.<br />

Jetzt zeigte sich, wie Gefährlich der Mann war, der stets Miss Odins begleitete und<br />

beschützte. Jett konnte dem nächsten Hieb nur in letzter Sekunde ausweichen. Er kam mit<br />

einer Traumhaften Geschwindigkeit und von links angetäuscht. Nur die vielen Stunden, die er<br />

mit Nick Kämpfen trainiert hatte, retteten ihn vor diesem Schlag. Es war eine Action des<br />

Gegners mit der Jett rechnete und instinktiv abduckte. Ein zweiter und ein dritter Schwinger<br />

folgten. Jett konnte nur abwehren. Er kam nicht zum Angriff. Jede Chance die er nutzen<br />

wollte, nach vorne zu Stürmen wurde ihm versagt. Jim beobachtete den Kampf und verzog<br />

bei jedem Schlag das Gesicht, als bekäme er die Hiebe ab. Er zögerte noch, wollte nicht<br />

eingreifen um Jett seinen Kampf zu nehmen. Es wäre Unfair den Kämpfern gegenüber sich<br />

jetzt als dritter Mitstreiter einzumischen. Doch sollte Jett diese Partie verlieren musste er<br />

handeln. Fest umklammert hielt er immer noch den Balken in den Händen.<br />

Der Fremde stampfte wie ein wilder Stier vorwärts und drängte Jett zurück. Es war eine Kiste,<br />

die den Kampf eine Wende bescherte. Jett übersah sie und stolperte rückwärts darüber. Noch<br />

im Sturz traf ihn die schwere Faust des Gegners auf das rechte Auge. Die Kiste zerbrach unter<br />

dem Gewicht des stürzenden Sheriffs. Münzen, Schmuck und Dollarscheine fielen heraus.<br />

Während Jett rückwärts auf Händen und Füßen kroch, kam der Kämpfer auf ihn zu gestürmt.<br />

Er sah seine Chance gekommen diesen Kampf nun endlich zu seinen Gunsten zu Beenden.<br />

Jim machte schon ein paar Schritte vorwärts um gleich zuschlagen zu können, denn auch er<br />

sah <strong>für</strong> Armstrong kaum noch einen Ausweg.<br />

Jim holte gerade zum Schlag aus da brüllte der Fremde laut auf. Er war auf die zerbrochenen<br />

Bretter der Kiste getreten und hatte den Nagel nicht gesehen, der mit der Spitze nach oben aus<br />

einem Brett ragte. Der lange Nagel hatte sich durch die abgelaufene Stiefelsohle gebohrt und<br />

steckte so tief in seinem Fuß, dass er fast wieder oben herauskam. Noch bevor er sich befreien<br />

konnte sprang Jett wieder auf seine Beine, und diesmal setzte er seine ganze Energie in diesen<br />

einen Kinnhacken, den er im Schlaf beherrschte und mit dem er bisher alle seine kämpfe<br />

gewonnen hatte.<br />

26


Wie eine Fadenlose Marionette sank der Mann in schwarz in sich zusammen. Aufatmend und<br />

erleichtert stand Jett da und sah lächelnd auf den Bewusstlosen nieder.<br />

„ Mann, war das ein Stier!“ Keuchte er. Jim warf seinen Balken weg und klopfte seinem<br />

Freund lobend auf die Schulter. „ Gut gemacht. Aber <strong>für</strong> einen kurzen Moment hatte ich das<br />

Gefühl, du würdest den Kampf verlieren.“ „ Ging mir genauso.“ Sagte Jett und zwinkerte mit<br />

dem Auge. „ Aua! Verdammt der Kerl hat mir ein blaues Auge verpasst.“ Vorsichtig tastete er<br />

nach Schwellung und bemerkte jetzt erst, dass sein rechtes Auge zugeschwollen war.<br />

Doktor Leonard besah sich es kurz und gab ihm den Rat es zu Kühlen. Mit etwas Eis oder<br />

einem rohen Steak.<br />

„ Aber zuerst kümmern wir uns um diese Sache hier. Hilf mir mal den Fuß aus dem Nagel zu<br />

ziehen.“<br />

Nachdem Beide gefesselt waren durchsuchte Jett ihre Taschen und wurde fündig. Zwölf<br />

Schlüssel hielt er in seiner Hand und an jedem hing ein Schildchen mit Namen dran, damit bei<br />

der Rückgabe auch kein Fehler unterläuft.<br />

„ Jim, du sammelst die Wertsachen ein und bringst sie ins Office. Ich werde der Miss Odin<br />

jetzt das Handwerk legen.<br />

Im Saal herrschte immer noch totenstille. Nur die sanfte Stimme der Wahrsagerin war zu<br />

hören. Er stand hinter der Bühne und beobachtete die Szene. Nervös blickte Miss Odin sich<br />

immer wieder um. Sie wartete auf ihre Helfer die nun schon über der Zeit waren. Die Kerzen<br />

brannten nicht mehr lange. Nur kurze Stummel brannten vor sich hin.<br />

Nach kurzer Überlegung entschloss sich Jett dem Ganzen ein offizielles Ende zu bereiten.<br />

Miss Odin stand im mittleren Gang zwischen zwei Stuhlreihen. Sie hielt ihre Arme in die<br />

Lüfte und summte eine Melodie. Ausnahmslos Jeder im Saal schwankte auf seinem Stuhl hin<br />

und her als wären sie alle in einer anderen Welt. Der einzige Grund <strong>für</strong> diese Show, waren die<br />

unauffälligen Einbrüche mit den Schlüsseln der Eigentümer. Sie konnte weder in die Zukunft<br />

sehen, noch besaß sie die Gabe mit den Toten zu reden, aber ein Talent stand ihr zu. Miss<br />

Odin verstand es, einen ganzen Saal in Trance zu versetzen und den Menschen Visionen zu<br />

geben, von denen sie fest überzeugt waren. Ihre ganze Taktik, der Aufwand mit den falschen<br />

Zeitungen und die Vorhersagen, die sie selber Wahr machte, so wie beim Schuss auf den<br />

Sheriff, waren bis ins Detail durchdacht.<br />

Sie stand mit dem Rücken zur Bühne als Jett die Sitzung Unterbrach indem er laut rief.<br />

„ Guten Abend meine Damen und Herren. Ich möchte sie hier mit darauf aufmerksam<br />

machen, dass sie sich alle haben täuschen lassen von dieser genialen und einzigartigen<br />

Schaustellerin Miss Odin! Ihre Show ist wirklich fantastisch und sie haben eine ganze Stadt<br />

verzaubert. Ich bitte um einen kräftigen Applaus <strong>für</strong> Miss Odin und ihr Theater.“<br />

Sofort setzte ein lautes raunen unter den Zuschauern an. Verwirrt redeten alle durcheinander.<br />

Miss Odin kam auf die Bühne gestürzt. Wütend blieb sie vor Jett stehen, hob ihren<br />

Zeigefinger und drohte.“ Sheriff Armstrong sie haben nun schon zum zweiten Mal meine<br />

Sitzung gestört. Ich muss sie bitten diese Bühne zu verlassen sonst werde ich…“ Jett fiel ihr<br />

ins Wort“, Ihre Leibwache rufen? Tut mir Leid, aber die liegen gefesselt im Hof. Wenn sie<br />

jetzt das tun was ihnen sagen, kommen sie noch glimpflich aus dieser Nummer raus.<br />

Ansonsten werde ich sie auf der Stelle und vor allen Augen festnehmen.“<br />

„ Was haben sie vor? Wollen sie mich vor allen Leuten lächerlich machen?“ sie stemmte ihre<br />

Hände in die Hüfte. „ Ich möchte das Schlimmste verhindern. Wenn ich sie als Betrüger<br />

ansage werden sich eine menge Leute hier im Saal schämen <strong>für</strong> ihre Visionen und ihren<br />

Glauben. Ich möchte nicht, dass sie ihre Gesichter verlieren, weil sie ihr Spiel aus festem<br />

Glauben mitgemacht haben und sogar Geheimnisse preisgaben, die sie sonst nie erzählt<br />

hätten. Also spielen wir nun nach meinen Regeln. Ihre Männer werden unter meiner Aufsicht<br />

die gestohlenen Güter zurück bringen und sie lassen sich etwas einfallen, wie sie die Schlüssel<br />

an ihre Besitzer austeilen.“<br />

„ Was geschieht dann mit mir?“ „ Darüber reden später. Jetzt sollten wir den Schaden<br />

möglichst unauffällig wieder rückgängig machen.“<br />

Miss Odin erkannte, dass ihr keine andere Wahl blieb. Sie versuchte wieder Ruhe im Saal zu<br />

bekommen und erklärte ihrem Publikum, dass sie keine Wahrsagerin sei und ihre Show auf<br />

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Hypnose aufgebaut war. Während sie ihnen erklärte, dass die Visionen der Einzelnen nur ein<br />

Blick ins eigene Innere war dem sie verholfen hatte, sorgte Jett da<strong>für</strong>, dass die gestohlenen<br />

Wertsachen wieder an Ort und Stelle kamen. Ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen<br />

übergab er Miss Odin die Schlüssel, die sie mit geschickter Hand wieder in die richtigen<br />

Taschen verschwinden ließ. Ihre Show endete mit einem riesigen Applaus. Zufrieden<br />

verließen die Gäste den Saal. Glücklich darüber, dass die vorhergesagten Schicksale nun doch<br />

nicht eintreffen werden. Für sie wurde das ganze Spektakel als glanzvolle Theater Vorstellung<br />

mit Massenhypnose dargestellt. Jeder, der etwas Peinliches von sich gegeben hatte, konnte es<br />

nun damit endschuldigen.<br />

Miss Odin saß im Office auf einem Stuhl und erwartete ihr Urteil von Sheriff Armstrong.<br />

Sie hatte mit schlimmen Folgen gerechnet, aber was Jett Armstrong ihr nun Vorschlug ließ sie<br />

erstaunen.<br />

„ Ich muss sagen, sie sind erstaunliche Person. Noch nie habe jemanden kennen gelernt, der<br />

eine ganze Stadt auf sich lenkten kann alle auch noch so begeistert. Ich möchte ihnen eine<br />

Chance geben auf ehrliche Weise ihr Geld zu verdienen und die Menschen zu begeistern.<br />

Hier auf dem Schreibtisch liegt ein Bericht den ich an alle Städte senden werde die einen<br />

Telegrafen haben. Die Nachricht wird sich dann schnell im Land verbreiten. Lesen sie und<br />

sagen mir dann, ob sie einverstanden sind.<br />

Mit leicht zittrigen Fingern nahm Miss Odin das Schriftstück in die Hand und überflog die<br />

Zeilen.<br />

Miss Odin hat in <strong>Cutter</strong> einen ganzen Abend <strong>für</strong> Spannung gesorgt und den Bürgern der Stadt<br />

Eine Show gezeigt, wie ich sie noch nie zuvor erlebt habe. Ihre Kunst der Hypnose und damit<br />

verbundenen Magieshow ist eine Aufführung in jeder Stadt wert. Ich kann sie nur Empfehlen.<br />

Verraten sie nur nicht ihre Verstecke und ihr Hab und Gut, denn die Magie ist Geheimnisvoll.<br />

Sheriff Jett Armstrong, <strong>Cutter</strong><br />

„ Ich möchte einen Plan von ihnen haben, wo sie in den nächsten Monaten Auftreten wollen.<br />

Und ich werde mich dort erkundigen über ihre Auftritte. Sollte ich irgendeine Negative<br />

Nachricht erhalten, dass wieder sämtliche Wertsachen verschwunden sind, dann glauben sie<br />

mir, sitzen sie sehr schnell hinter Gittern und dürfen den Rest ihres Lebens ein paar Wächtern<br />

des Straflagers schöne Augen machen.“ Jett sah sie eindringlich an. Miss Odin kämpfte gegen<br />

ihre Tränen an. Mit feuchten Augen sagte sie.“ So etwas hat noch nie jemand <strong>für</strong> mich getan.<br />

Die Menschen sehen mich immer nur als Medium an. Sie wollen immer nur ihre Zukunft von<br />

mir wissen, aber niemand interessiert sich über mein Leben, über mich als Frau. Das fing<br />

schon in der Schule an. Ich habe nie richtige Freunde gehabt, war immer nur ausgestoßen.<br />

Dann habe ich rein Zufällig jemanden über sein Schicksal erzählt, nur um Aufmerksamkeit zu<br />

bekommen und dieses trat tatsächlich ein. Seit dem wurde ich umlagert, stand ständig im<br />

Mittelpunkt. Ich musste allerdings bei einigen Vorhersagen nachhelfen, damit mein Vertrauen<br />

bestand hielt. So lebe ich nun seit vielen Jahren.“ Weiter reden konnte sie nicht, dann brachen<br />

ihre Tränen aus. Jett sah sich im Office um und fand neben dem Ofen ein Tuch liegend, dass<br />

er benutzte wenn der Wasserkessel am Griff zu heiß wurde. Er reichte es ihr.<br />

„ Sie sind also mit meinem Vorschlag einverstanden?“ Miss Odin nickte und schnaubte in das<br />

Tuch. „ Ich wünsche ihnen alles Gute auf ihrem neuen Weg und denke sie an meine Worte.<br />

Nie wieder Betrug!“<br />

Deputy Alex Cooper stand sprachlos an der Wand gelehnt. Auch ihn tat Miss Odin Leid.<br />

Mit ernstem Blick sah Jett zu ihm. „ Die ganze Sache bleibt unter uns. Nur du. Ich und Doc<br />

Leonard wissen von dem Betrug und dabei soll es auch bleiben.“<br />

Lex nickte. „ Ich hoffe du behältst Recht und sie ändert sich.“<br />

„ Da bin ich mir Sicher. So und jetzt sollten wir uns wieder an die Arbeit machen. Ich muss<br />

noch Berichte schreiben und du kümmerst dich um die gestohlenen Brote des Bäckers. Der<br />

Fall ist ja durch die ganze Geschichte in Vergessenheit geraten.“<br />

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„ Ich spreche gleich als erstes mit unserem Bäcker Fester. Zum Glück hat er das<br />

Verkaufsschild weggenommen und hat keine Angst mehr, dass er frühzeitig einem<br />

Herzinfarkt erliegt.“ Jett kaute auf seiner Unterlippe und sagte nach kurzer Überlegung.<br />

„ Hoffentlich erwischt ihn nicht wirklich rein Zufällig der Schlag. Bei dem Stress den er sich<br />

täglich in seiner Backstube aussetzt. Ich glaube, dann denken die Leute wieder an Miss Odin<br />

und ob nicht doch etwas Wahres dran sei.“<br />

Gegen Abend stand Miss Odin mit ihren drei Begleitern am Bahnhof. Laut pfeifend rollte der<br />

Zug ein. Die Sonne schickte ihre letzten Strahlen übers Land und ließ alles in einem rotorangenen<br />

Licht erscheinen. Sie hatte ein neues Kleid gekauft und trug beim Abschied nicht,<br />

wie gewohnt, ein schwarzes sondern ein wunderschönes rotes Kleid mit Spitzen.<br />

„ Vielen Dank Sheriff. Sie sind ein ganz besonderer Mann. Ich werde sie nicht enttäuschen.<br />

Nur eine Bitte hätte ich noch.“ Erwartungsvoll blickte sie in Jetts blaue Augen. „ Darf ich<br />

einmal wiederkommen? Vielleicht auch nur um mich hier zu entspannen, wenn meine lange<br />

Reise mich zu sehr in Anspruch nimmt.“<br />

Jett nahm ihre Hand. Wie ein Gentlemen küsste er sie zart und sagte“, Sie sind hier stets<br />

Willkommen. Madam.“ Die Männer hoben die vielen Kisten in den Zug, der mittlerweile zum<br />

Stillstand kam. Sie sagten wie immer nicht viel. Nur ein kurzes Nicken zum Abschied. Jett<br />

betastete sein Auge, als er den einen der Männer humpelnd einsteigen sah. Es stimmte ihn<br />

zufrieden, wie er sah, dass auch sein Gegner etwas einstecken musste und nahm sich fast vor,<br />

in Zukunft noch intensiver mit Nick das Kämpfen zu üben.<br />

Miss Odin winkte aus dem Fenster des Zuges und noch bevor er anrollte rief sie“, Schade das<br />

ich nicht den Marshall kennen lernen durfte. Aber richten sie ihm bitte etwas von mir aus.<br />

Nicht jedes Hufeisen bringt glück!“ Dann war sie weg. Schnell zog die Lok die Waggongs<br />

aus dem Bahnhof und verschwand in der Dämmerung. Jett sah dem winzigen schwarzen<br />

Punkt noch nach bis auch dieser außer Sichtweite war.<br />

Eine altbekannte Stimme riss ihn aus den Gedanken.<br />

„ Hey, was ist denn das <strong>für</strong> eine Begrüßung?“ erschrocken drehte er sich um. Hinter ihm stand<br />

Marshall Nick Ryder. Er war auf der anderen Seite des Zuges ausgestiegen, weil er sein Pferd<br />

Aus dem Waggon holen musste.<br />

„ Schön, dass du wieder da bist.“ Gab Jett zurück und klopfte ihm Freundschaftlich auf die<br />

Schulter. „ Wir haben dich schon vor zwei Tagen erwartet, was war los?“<br />

„ Das ist eine lange Geschichte. Was hältst du von einem Abendessen. Ich habe einen<br />

Bärenhunger.“<br />

Im Restaurant von Peggy-Sue war alles wieder beim Alten. Die Bühne wurde abgebaut,<br />

Tische und Stühle standen wieder an ihrem Gewohnten Platz. Die rot-weiß karierten<br />

Tischdecken lagen auf den Tischen auch die Küche roch schon wieder nach köstlich<br />

zubereiteten Essen.<br />

Nick und Jett saßen sich gegenüber und warteten auf die bestellten Steaks. Während dessen<br />

genoss Nick sein kühles Bier lehnte sich zurück und fragte.<br />

„Gab es Schwierigkeiten in <strong>Cutter</strong> während meiner Abwesenheit?“<br />

„ Wieso. Hier war alles wie immer.“<br />

„ Du willst mir doch nicht erzählen, dass du mit Auge gegen eine Tür gerannt bist.“<br />

Wieder tastete Jett nach seinem immer noch blauen Auge. Die Schwellung war<br />

zurückgegangen, aber die blaue Färbung war noch deutlich zu sehen.<br />

„ Ach das war nur eine kleine Schlägerei. Nichts von Bedeutung.<br />

Aber was ist mit deiner Nase? Hast du dich auf der Hochzeit mit dem Bräutigam um die Braut<br />

geschlagen?“<br />

Lachend nahm Nick einen großen Schluck aus seinem Glas. „ Nein. Die Hochzeit war sehr<br />

schön. Ich hoffe der frisch Vermählte Gatte weiß sein Glück auch zu schätzen.“ Auch bei<br />

Nick waren die Spuren der Verletzung noch deutlich zu sehen. Eine dicke rote Strieme zog<br />

sich Quer über das Nasenbein.<br />

„ Das war ein Hufeisen.“ Sagte er trocken.<br />

„ Du hast dich von einem Pferd treten lassen?“ Gab Jett erstaunt zurück, denn er wusste was<br />

<strong>für</strong> ein Pferdekenner sein Freund war. Noch nie hat ihn ein Pferd getreten oder abgeworfen.<br />

29


„ Nein. An diesem Eisen war kein Pferd mehr dran.“<br />

Jett wollte gerade etwas dazu sagen, da fielen ihm die Worte der Miss Odin wieder ein.<br />

Nicht jedes Hufeisen bringt Glück! Eine Menge Gedanken schossen in diesem Moment durch<br />

seinen Kopf.<br />

Hatte sie denn nun doch die Gabe in die Zukunft zu schauen, oder war es nur wieder Zufall.<br />

Unbewusst flüsterte er die Worte leise vor sich hin. Nick sah ihn besorgt an.<br />

„ Was meinst du?“ als er keine Antwort bekam hakte er nach“, Alles in Ordnung mit dir?“<br />

„ Ja. Ich glaube wir uns Beide doch noch eine Menge zu erzählen. Sag mal, glaubst du an eine<br />

vorhersehbare Zukunft?“<br />

„ Was <strong>für</strong> eine lustige Frage. Mhmm, wenn jemand die Gabe dazu hat soll er damit andere<br />

beglücken, ich will sie nicht wissen. Jede Kugel, die auf mich abgefeuert wird könnte mein<br />

Leben beenden. Zu wissen welche es ist, macht die Sache auch nicht einfacher. Wenn ich<br />

ganz Sicher Morgen drauf gehen sollte, bin dann Heute Kugelsicher?“<br />

In diesem Moment kam Peggy-Sue mit zwei Tellern im Arm auf sie zu.<br />

„ Marshall Ryder, ich bin so Glücklich, dass sie wieder da sind. Schade, dass sie Miss Odin<br />

nicht kenn gelernt haben. Sie haben eine großartige Show hier verpasst. Es war einfach<br />

unbeschreiblich. Sie hat…“<br />

„ Danke Peggy-Sue, aber der Marshall und ich möchten jetzt gerne unsere Steaks genießen.“<br />

Fiel Jett ihr ins Wort. Die kluge Hotelleiterin verstand sofort, was Sheriff Armstrong meinte<br />

und ging ihrer Arbeit nach. Auch sie hatte bemerkt, wie müde der Marshall von der Reise<br />

war. Es gab schließlich noch genug Gelegenheiten, in denen sie ihm alles Berichten konnte.<br />

„ Ich glaube wir haben erst mal alle Genug von den Geschichten über Miss Odin.“ Seufzte<br />

Jett. Nick sagte nichts dazu. Er wusste, Jett würde ihm schon irgendwann alles erzählen.<br />

Auch er hatte im Moment keine Lust von seinen Erlebnissen auf seiner Reise zu reden. Nach<br />

dem Essen wollte er sich nur noch hinlegen und schlafen. Aber dann fiel ihm ein, was er im<br />

Zug gehört hatte und das der Name, Miss Odin mehrfach genannt wurde.<br />

„ Übrigens habe ich von einer Miss Odin gehört. Sie trat wohl in Moskito Town auf. Aber<br />

diese Dame war eine hinterhältige Diebin und hat viele Leute um ihr Hab und Gut gebracht.“<br />

Sagte Nick während er sein Fleisch in Stücke schnitt.<br />

„ Oh da muss es sich wohl um eine Verwechslung handeln. Die Miss Odin, die hier war, war<br />

eine ganz besondere Frau.“<br />

Auf dem Weg zu seinem Haus sah Nick viele Menschen die noch Wach waren und sich<br />

angeregt auf der Straße unterhielten. Er wurde freundlich begrüßt, auch von denen, die sonst<br />

lieber weg sahen wenn er kam. Sogar die alte Genny wünschte ihm eine gute Nacht. Sie war<br />

die Vorsitzende des Frauenvereins und legte sich ständig mit ihm an, wenn sich die Frauen<br />

wieder einmal unterdrückt fühlten.<br />

Viel zu Müde um diese Merkwürdigkeiten nach zu Denken ließ er sich in seinem Bett nieder.<br />

„ Morgen wird sich schon alles aufklären.“ Dachte er und schlief ein.<br />

ENDE<br />

Andrea Rongen<br />

30

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