Augustinus: Predigt 77 - Dittmer, Jörg
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schwindsüchtig – wer kann das heilen? Er muß zugrunde gehen, er muß sterben.“ Schau,<br />
schon hat der Arzt gesagt: „Er ist schwindsüchtig, er kann nur sterben!“ Und dennoch stirbt<br />
irgendwann einmal der Wassersüchtige nicht davon, und der mit der Elephantiasis stirbt nicht<br />
davon, und der Schwindsüchtige stirbt nicht davon: und dennoch muß jeder, der geboren ist,<br />
von da an auch sterben. Er stirbt davon, er kann nicht anders; dies verkündet sowohl der Arzt<br />
als auch der Laie. Aber auch wenn er langsamer stirbt, stirbt er deshalb etwa nicht? Wann<br />
also ist es eine wahre Gesundheit, außer wenn es die wahre Unsterblichkeit ist? Wenn es nun<br />
die wahre Unsterblichkeit ist, wenn es kein Verderben und keinen Defekt gibt, wozu wird<br />
man dort noch Lebensmittel brauchen? Wenn du also hörst: „Sie werden zu Tische liegen mit<br />
Abraham und Isaak und Jakob!“, dann sollst du nicht deinen Magen bereit machen, sondern<br />
den Geist! Du wirst dort Sättigung finden: und dieser Magen des inneren Menschen hat seine<br />
Speisen! Mit Blick auf diesen Magen wird gesagt: „Glücklich, die hungern und dürsten nach<br />
Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden!“ (Matth. 5, 6). Und sie werden wahrhaftig<br />
gesättigt werden, so daß sie nicht hungern.<br />
15. Die natürlichen Zweige werden abgeschnitten, der wilde Ölbaum wird eingesetzt; warum.<br />
Der Herr setzte also schon den wilden Ölbaum ein, als er sagte. „Viele werden kommen von<br />
Westen und Osten, und sie werden zu Tische liegen mit Abraham und Isaak und Jakob im<br />
Himmelreich.“, das heißt: sie werden in den Ölbaum eingesetzt werden. Denn die Wurzeln<br />
dieses Ölbaums sind Abraham und Isaak und Jakob; die Söhne des Reiches aber, das heißt:<br />
die ungläubigen Juden, werden in das äußerste Finsternis gehen (Matth. 8, 12).<br />
Abgeschnitten werden die natürlichen Zweige, damit der wilde Ölbaum eingesetzt wird. Aber<br />
warum haben die natürlichen Zweige es verdient, abgeschnitten zu werden, wenn nicht<br />
aufgrund ihres Hochmutes? Warum hat der wilde Ölbaum es verdient, eingesetzt zu werden,<br />
wenn nicht aufgrund seiner Demut? Daher hat auch diese Frau gesagt: „Ja, Herr! Denn auch<br />
die Hunde essen von den Resten, die vom Tisch ihrer Herrn fallen.“ Und daher hört sie:<br />
„Frau, groß ist dein Glaube!“ So verhält es sich auch bei jenem Centurio: „Ich bin nicht wert,<br />
daß du unter mein Dach eintrittst! – Amen ich sage euch, einen so starken Glauben habe ich<br />
in Israel nicht gefunden.“ Wir wollen die Demut lernen, oder wir wollen an ihr festhalten!<br />
Wenn wir sie noch nicht haben, wollen wir sie lernen; wenn wir sie haben, wollen wir sie<br />
nicht verlieren! Wenn wir sie noch nicht haben, wollen wir sie haben, damit wir eingesetzt<br />
werden; wenn wir sie schon haben, wollen wir an ihr festhalten, damit wir nicht abgeschnitten<br />
werden!<br />
<strong>Jörg</strong> <strong>Dittmer</strong> 2002