Integration in der Praxis Nr. 20 - cisOnline
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höherem Maß vervielfachen,<br />
als es <strong>der</strong> Zahl<br />
<strong>der</strong> beteiligten Personen<br />
entspräche.<br />
- Dieser Gesichtspunkt<br />
verb<strong>in</strong>det sich mit jenem<br />
<strong>der</strong> Entscheidungen, die<br />
nicht immer schlüssig<br />
o<strong>der</strong> vollständig aus den<br />
gefundenen „sachlichen“<br />
Aspekten abgeleitet werden<br />
können, son<strong>der</strong>n<br />
e<strong>in</strong>en Sprung <strong>in</strong>s Ungewisse<br />
darstellen. Die<br />
Organisation solcher Entscheidungsprozesse<br />
entspricht<br />
e<strong>in</strong>er gelungenen,<br />
verfehlten o<strong>der</strong> verabsäumten<br />
Leistung <strong>der</strong><br />
Gruppe auch dann, wenn<br />
sie an e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Person<br />
delegiert wird.<br />
6<br />
Die Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>er<br />
Gruppe o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Teams<br />
übertrifft jene e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen<br />
Menschen <strong>in</strong> allen drei<br />
Bereichen. Der größte Vorsprung<br />
zeigt sich bei Leistungen<br />
des Suchen/F<strong>in</strong>dens<br />
und des Entscheidens o<strong>der</strong><br />
Bestimmens – sofern e<strong>in</strong>ige<br />
Bed<strong>in</strong>gungen beachtet und<br />
erfüllt werden: E<strong>in</strong> hierarchisch<br />
strukturiertes Team,<br />
<strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Mensch<br />
bestimmt und die an<strong>der</strong>en<br />
Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong>nerhalb genau<br />
festgelegter Regeln o<strong>der</strong><br />
Kompetenzen arbeitsteilig<br />
handeln müssen, bei <strong>der</strong><br />
Suche nach guten Lösungen<br />
nicht mitwirken und bei<br />
Entscheidungen nicht mitreden<br />
können, ist völlig von<br />
<strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Führungsperson<br />
abhängig und als<br />
Team nur zu gleichförmigen<br />
Verfahren auf <strong>der</strong> Ebene<br />
des Hebens und Tragens<br />
befugt und nach e<strong>in</strong>iger Zeit<br />
auch nur noch dazu befähigt.<br />
Bei e<strong>in</strong>igen Arbeitsprozessen,<br />
<strong>in</strong> denen es vor<br />
allem auf rasche und sehr<br />
genaue Ergebnisse ankommt<br />
– etwa bei chirurgischen<br />
Operationen o<strong>der</strong> gefährlichen<br />
E<strong>in</strong>sätzen – ist<br />
e<strong>in</strong>e solche Delegation <strong>der</strong><br />
Suche und des Entscheidens<br />
an e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelperson<br />
nicht nur s<strong>in</strong>nvoll, son<strong>der</strong>n<br />
unvermeidlich. Der relativ<br />
sichere und sehr rasche<br />
Erfolg o<strong>der</strong> die „Effektivität“<br />
e<strong>in</strong>er solchen Teamstruktur<br />
ist aber verführerisch. Er bewirkt<br />
oftmals, dass sie auch<br />
außerhalb unmittelbar drängen<strong>der</strong><br />
Probleme, die sofortige<br />
Reaktionen erfor<strong>der</strong>n,<br />
aufrechterhalten wird. Als<br />
wünschenswert gelten dann<br />
vor allem genaue Konformität,<br />
die nicht nur <strong>der</strong> Führungsperson,<br />
son<strong>der</strong>n nach<br />
e<strong>in</strong>iger Gewöhnung auch<br />
den an<strong>der</strong>en Teammitglie<strong>der</strong>n<br />
bequemer ersche<strong>in</strong>t.<br />
Unterschiede o<strong>der</strong> persönliche<br />
Beson<strong>der</strong>heiten gelten<br />
dann eher als störend und<br />
erhalten wenig Raum. Kreative<br />
Beiträge, <strong>der</strong>en S<strong>in</strong>nhaftigkeit<br />
aufwändig geprüft<br />
werden müsste, werden<br />
nicht anerkannt und schließlich<br />
gar nicht mehr gesucht.<br />
Die Verantwortung für die<br />
Leistungsfähigkeit und den<br />
<strong>in</strong>neren Zusammenhalt des<br />
Teams verlagert sich auf die<br />
Führungsperson, die e<strong>in</strong>e<br />
sehr e<strong>in</strong>same Position e<strong>in</strong>nimmt.<br />
Aber auch wenn die<br />
an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>e solche Befreiung<br />
von <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen<br />
Verantwortung e<strong>in</strong>ige Zeit<br />
als bequem empf<strong>in</strong>den<br />
mögen, beg<strong>in</strong>nen sie früher<br />
o<strong>der</strong> später unter <strong>der</strong> Tatsache<br />
zu leiden, dass von<br />
ihnen nur Gleichförmigkeit<br />
erwartet wird, dass ihre Beson<strong>der</strong>heiten<br />
unwichtig s<strong>in</strong>d<br />
und dass ihnen die Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> persönlichen Entfaltung<br />
vorenthalten wird.<br />
Da ohneh<strong>in</strong> alle Kompetenzen<br />
genau festgelegt s<strong>in</strong>d,<br />
sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong>tensive Verständigung<br />
über die geme<strong>in</strong>same<br />
Arbeit unnötig und sogar<br />
störend. Das entstehende<br />
Beziehungsvakuum wird<br />
durch Unsicherheit, Unbehagen,<br />
Misstrauen, Verdächtigungen<br />
und Intrigen<br />
gefüllt. Das „burn out-Syndrom“,<br />
von dem heute viel<br />
die Rede ist, beruht zu<br />
e<strong>in</strong>em beträchtlichen Teil<br />
auf solchen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen,<br />
<strong>in</strong> denen allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht viel „brennt“. Die Unzufriedenheit<br />
schwelt nur und<br />
verbreitet erstickenden<br />
Rauch.<br />
Wenn die Überlegenheit von<br />
Gruppenleistungen gegenüber<br />
E<strong>in</strong>zelleistungen nicht<br />
nur potentiell vorhanden<br />
bleiben, son<strong>der</strong>n auch zur<br />
Geltung kommen soll, dann<br />
ist e<strong>in</strong>e ständige Bearbeitung<br />
<strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dungen zwischen<br />
dem nötigen stabilen<br />
Rahmen <strong>der</strong> jeweiligen Leistungsziele<br />
e<strong>in</strong>erseits und<br />
den Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> beteiligten<br />
Personen erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Diese Beson<strong>der</strong>heiten<br />
dürfen dann nicht mehr als<br />
störende Eigenheiten, son<strong>der</strong>n<br />
müssen als mögliche<br />
Bereicherung angesehen<br />
werden. Damit sie auch als<br />
solche wirken können, müssen<br />
sie allen bekannt se<strong>in</strong>.<br />
Die Verständigung <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>es Teams darf sich daher<br />
nicht auf die „sachlichen“<br />
Aspekte <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />
beschränken, son<strong>der</strong>n<br />
muss auch die persönlichen<br />
Vorlieben, Fähigkeiten und<br />
Schwächen, auf die Rücksicht<br />
zu nehmen ist, erfassen.<br />
Damit wird <strong>der</strong> mühsame<br />
Prozess <strong>der</strong> Entstehung<br />
und Erhaltung gegenseitigen<br />
Vertrauens und<br />
entsprechen<strong>der</strong> Verständigungsformen<br />
zum zentralen<br />
Faktor gel<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
missl<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Teambildung.