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58. curt fragt<br />

Die Schubladen macht auf,<br />

die Grenzen schiebt weit<br />

Siebzehn Jahre Geschichte ohne Drogentote, kaputte Hotelzimmer, Auflösungserscheinungen<br />

und Frauen, die Zwist in die Band bringen. Klingt nicht nach Rockerleben. Vermutlich ist aber<br />

genau das der Grund, warum Tocotronic im Januar bereits das neunte Studioalbum „Schall<br />

und Wahn“ auf den Markt bringen. Dirk von Lowtzow, Sänger und Gitarrist der Band, gab geduldig<br />

Auskunft über Straßen ohne Namen, Grenzverschiebungen und die eigene Repolitisierung.<br />

TEXT: Jan Paetzold: FOTO: Sabine reitmeier<br />

curt: Euer neues Album wird als letzter Teil<br />

der Berlin-Trilogie angekündigt. Hängt das mit<br />

einem bestimmten Konzept zusammen?<br />

DIRK: Die drei Alben bauen inhaltlich und musikalisch<br />

aufeinander auf. Von „Pure Vernunft“ (2005),<br />

über „Kapitulation“ bis „Schall und Wahn“ haben<br />

sich die musikalischen Klangräume immer weiter<br />

geöffnet.<br />

curt: „Pure Vernunft“ habt ihr selbst als Dogma-<br />

Platte bezeichnet.<br />

DIRK: Genau. Das war von der Anmutung her gespielte<br />

Techno-Musik. Sehr trocken, sehr dogmatisch,<br />

sehr regelhaft im Sinne eines Regelwerkes.<br />

Kapitulation war dann unsere Punkrock-Platte<br />

und dieses Album sollte sehr opulent sein, mit viel<br />

Räumen. Auf diese Weise verbinden sich die drei<br />

Alben textlich wie musikalisch. Die größte Klammer<br />

ist aber, dass alle mit dem Produzenten Moses<br />

Schneider, größtenteils demselben Team und in den<br />

gleichen Studios in Berlin aufgenommen wurden.<br />

curt: Auffällig sind die Namen der Titel auf dem<br />

Album, die sehr martialisch klingen: „Stürmt das<br />

Schloss“, „Das Blut an meinen Händen“ oder<br />

„Eure Liebe tötet mich“.<br />

DIRK: Martialisch finde ich eigentlich nicht. Dagegen<br />

würden wir uns als Band verwehren, weil wir<br />

die eigene Gebrechlichkeit sehr stark herausstellen.<br />

Aber ich würde denen schon eine starke Drastigkeit<br />

unterstellen. Und das interessiert uns auch sehr. Der<br />

Vorgang der Verwirrung ist für uns sehr schön. Ich<br />

mochte den Eindruck, dass man auf die Titel schaut<br />

und denkt, das könnte auch ein Album von Slayer<br />

sein. Grundsätzlich finde ich Uneindeutigkeiten und<br />

Scharniere interessant – wenn Text und Musik brechen,<br />

sich Räume öffnen und Schichten freilegen.<br />

curt: Texte und Musik werden größtenteils<br />

von dir geschrieben. Fällt es dir manchmal<br />

schwer, Texten einen Titel zu geben?<br />

DIRK: Ich schreibe meistens erst die Titel und<br />

dann den Text. Ich denke immer, man sollte<br />

einen Titel haben und von dem gehe ich dann<br />

aus und schreibe.<br />

curt: Im Gegensatz zu vielen Musikern, die<br />

ihre Stücke am liebsten durchnummerieren<br />

würden?<br />

DIRK: Das ist so ein bisschen die Haltung<br />

„I want to be, where the streets have no<br />

name“. Ist für mich der größte Quatsch<br />

überhaupt, denn da, wo die Straßen keine<br />

Namen haben, kann es ja nur viel öder sein<br />

als da, wo sie meinetwegen Bismarckstraße<br />

oder Müllerstraße heißen. Ich mag Namen<br />

und Benennungen, ich mag Titel und bei<br />

Filmen den Vorspann am liebsten. Das ist<br />

die Essenz der Sache. Ansonsten ist das<br />

so wie Marmelade ohne Brot – mag ich<br />

gar nicht.<br />

curt: Wie viele Musiker seid ihr keine<br />

Freunde von Schubladen. Andererseits<br />

betont ihr, als Rockband nicht<br />

mit einem Reggaealbum um die Ecke<br />

kommen zu können.<br />

LIVE:<br />

26. März 2010<br />

Tonhalle<br />

kartenverlosung<br />

auf curt.de

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