Gemeinsam Ausgabe II - der evangelischen Kirchengemeinde ...
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5<br />
Verkehrte Welt: Seemannsgarn<br />
Einige Lügengeschichten für<br />
Jung und Alt zusammengestellt<br />
von Margret Korn.<br />
Nachricht vom Leben <strong>der</strong><br />
Spazoren<br />
Peter Hades<br />
Bei Asien gleich querfeldein,<br />
Da leben die Spazoren.<br />
Die haben Rüssel wie ein Schwein<br />
Und tellergroße Ohren.<br />
Von Tokio bis nach Athen<br />
Gibts keine mehr wie diese.<br />
Man sieht sie bloß spazierengehn<br />
Auf einer gelben Wiese.<br />
Sie haben Rosen angebaut<br />
Wohl auf dem gelben Rasen.<br />
Sie schnobern am Lavendelkraut<br />
Und pflückens mit den Nasen.<br />
Nie gibt es eine Hungersnot,<br />
Und kein Spazor kann kochen:<br />
Sie brauchen gar kein Abendbrot,<br />
Wenn sie sich satt gerochen.<br />
Kommt dort einmal ein Regen vor,<br />
Vielleicht auf einer Kirmes,<br />
Dann heben sie das linke Ohr<br />
Statt eines Regenschirmes.<br />
Und kommt ein harter Winter mal,<br />
Und friert das Eis und prickelt,<br />
Dann gehn sie, statt in einen Schal,<br />
Ins rechte Ohr gewickelt.<br />
So brauchen sie zu darben nicht<br />
Und brauchen nicht zu frieren<br />
Und gehen ledig je<strong>der</strong> Pflicht<br />
Spazoren, nein: spazieren.<br />
Einst kam ein Doktor hochgelahrt<br />
Zum Lande <strong>der</strong> Spazoren.<br />
Sie wünschten ihm vergnügte Fahrt<br />
Und winkten mit den Ohren.<br />
Der tyrannische Hecht<br />
Nach Burkard Waldis<br />
Ein Hecht regierte lange Zeit<br />
In einem Flusse, weit und breit.<br />
Ich bin <strong>der</strong> Schrecken aller Tiere,<br />
Die ich in diesem Wasser spüre:<br />
Was hin<strong>der</strong>t mich denn, hub er an,<br />
Daß ich im weiten Ozean<br />
Nicht ebenso wie hier befehle<br />
Und, was ich seh, Zum Fraß mir wähle?<br />
Dies sagt <strong>der</strong> Hecht und schwimmt sogleich<br />
Hinab ins große Wasserreich.<br />
Allein ein Hai, <strong>der</strong> kaum vernommen,<br />
Warum <strong>der</strong> Fremdling angekommen,<br />
Tut seinen weiten Rachen auf<br />
Und speist den argen Fresser auf.<br />
Ganz recht, <strong>der</strong> kleinere Tyrann<br />
Traf endlich einen größeren an.<br />
O möchten, die dem Hechte gleichen,<br />
Mit ihm ein gleiches End erreichen!<br />
Der Walfisch<br />
Peter Hades<br />
Der Walfisch ist kein Schoßtier,<br />
Er ist ein viel zu groß Tier.<br />
Er mißt zweihun<strong>der</strong>t Ellen<br />
Und macht gewaltige Wellen.<br />
Er redet nicht, er bellt mehr.<br />
Er stirbt von keinem Schuß.<br />
Er ru<strong>der</strong>t durch das Weltmeer<br />
Als Flossenomnibus.<br />
Ein Zaun sind seine Zähne,<br />
Die Nase ‘ne Fontäne,<br />
Der Schwanz sogar ein Plättbrett.<br />
Aus seinem Leib man Fett brät.<br />
Das Wasser kräuselt bläulich<br />
Sich um den schwarzen Kloß<br />
Der Walfisch ist abscheulich<br />
Groß.<br />
Das Lied von <strong>der</strong> Hochseekuh<br />
Joachim Ringelnatz<br />
Zwölf Tonnen wiegt die Hochseekuh.<br />
Sie lebt am Meeresgrunde.<br />
Ohei! - - Uha! .<br />
Sie ist so dumm wie ich und du<br />
Und läuft zehn Knoten in <strong>der</strong> Stunde.<br />
Ohei! - - Uha!<br />
Sie taucht auch manchmal aus dem Meer<br />
Und wedelt mit dem Schweife.<br />
Ohei! - - Uha!<br />
Und dann bedeckt sich rings umher<br />
Das Meer mit Schaum von Seife.<br />
Ohei! - - Uha!<br />
Die Kuh hat einen Sonnenstich<br />
Und riecht nach Zimt und Nelken.<br />
Ohei! - - Uha!<br />
Und unter Wasser kann sie sich<br />
Mit ihren Hufen melken.<br />
Ohei! - - Uha!<br />
Der Kapitän<br />
Jakob Loewenberg<br />
Hurra! Jetzt bin ich Kapitän,<br />
Der Stuhl hier ist mein Steuer,<br />
Ich laß die Fahnen lustig wehn,<br />
Leg Kohlen auf das Feuer.<br />
Du bist <strong>der</strong> Schornstein, du stehst da,<br />
Nun geht es vorwärts, Trude,<br />
Nach Afrika, Amerika<br />
Und auch nach Buxtehude.<br />
Das Schiff ist von <strong>der</strong> besten Art,<br />
Keins von den alten Kuffen.<br />
Wir machen eine weite Fahrt,<br />
Nun mußt du tüchtig puffen.<br />
Da kommt <strong>der</strong> Sturm herangebraust,<br />
Ich glaub, die Welt geht unter.<br />
Und da, ein Walfisch, hu, mir graust!<br />
Duck dich, <strong>der</strong> schluckt dich runter.<br />
Da sind wir, pudelnaß mein Rock;<br />
Zu Hause ists doch netter.<br />
Nun brau mir einen steifen Grog,<br />
Verflucht, war das ein Wetter!<br />
Närrische Träume<br />
Gustav Falke<br />
Heute nacht träumte mir, ich hielt<br />
den Mond in <strong>der</strong> Hand,<br />
wie eine große, gelbe Kegelkugel,<br />
und schob ihn ins Land,<br />
als gälte es aIle neune.<br />
Er warf einen Wald um, eine alte Scheune,<br />
zwei Kirchen mitsamt den Küstern, 0 weh,<br />
und roIlte in die See.<br />
Heute nacht träumte mir, ich warf<br />
den Mond ins Meer.<br />
Die Fische alle erschraken, und die WeIlen<br />
spritzten umher<br />
und löschten alle Sterne.<br />
Und eine Stimme, ganz aus <strong>der</strong> Feme,<br />
schalt: Wer pustet mir mein Licht aus?<br />
Jetzt ist‘s dunkel im Haus.<br />
Heute nacht träumte mir, es war<br />
rabenfinster rings.<br />
Da kam was leise auf mich zugegangen,<br />
wie auf Zehen ging‘s.<br />
Da woIlt ich mich verstecken,<br />
stolperte über den Wald, über die<br />
Scheune vor Schrecken,<br />
über die Kirchen mitsamt den Küstern, o weh,<br />
und fiel in die See.<br />
Heute nacht träumte mir, ich sei<br />
<strong>der</strong> Mond im Meer.<br />
Die Fische aIle glotzten und standen<br />
im Kreis umher. .<br />
So lag ich seit Jahren,<br />
sah über mir hoch die Schiffe fahren,<br />
und dacht‘, wenn jetzt wer über Bord sich biegt<br />
und sieht, wer hier liegt,<br />
zwischen SchoIlen und Flun<strong>der</strong>n,<br />
wie wird <strong>der</strong> sich wun<strong>der</strong>n!