Auf dem Stundenplan - Unabhängige Nachrichten
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<strong>Unabhängige</strong> <strong>Nachrichten</strong> · Postfach 400 215 · 44736 Bochum<br />
»WER DAS WEINEN<br />
VERLERNT HAT, DER<br />
LERNT ES WIEDER<br />
BEIM UNTERGANG<br />
DRESDENS«<br />
GERHARD HAUPTMANN<br />
»Bis zum 20.3.1945 abends wurden<br />
202.040 Tote, überwiegend Frauen<br />
und Kinder, geborgen. Es ist damit<br />
zu rechnen, daß die Zahl auf 250.000<br />
Tote ansteigen wird.<br />
Für den Befehlshaber der Ordnungspolizei,<br />
gez. Grosse, Dresden den 22.3.1945«<br />
Auszüge aus <strong>dem</strong> Buch »Zerstörung und Wiederaufbau<br />
von Dresden« von Max Seydewitz, Kongress-Verlag,<br />
Berlin (Ost), 1955:<br />
»Hölle Innenstadt«<br />
Es ist unmöglich, alle die grauenhaften Einzelheiten<br />
des entsetzlichen Geschehens zu schildern, das die<br />
Menschen bei <strong>dem</strong> Hagel von Spreng- und Brandbomben<br />
auf die ungeschützte, übervölkerte Stadt<br />
erleiden mußten. Die meisten der wehrlosen Opfer,<br />
die das Schrecklichste erlebten, sind tot und können<br />
nicht mehr sprechen. Aber außer diesen stummen<br />
Anklägern gibt es in Dresden noch Zehntausende<br />
Männer und Frauen, die in der von den anglo-amerikanischen<br />
Bombern zur Hölle gemachten Stadt die<br />
unsagbaren Qualen und Schrecken der Auswirkung<br />
moderner Barbarei durchlitten und die nur durch<br />
besonders glückliche Umstände das nackte Leben<br />
retten konnten. Sie alle packt stets von neuem das<br />
Grauen, wenn sie sich an ihre Erlebnisse in der<br />
Nacht vom 13. zum 14. Februar erinnern, und den<br />
meisten von ihnen fällt es noch immer schwer, darüber<br />
ohne innere Erschütterung zu sprechen ...<br />
»Lebende Fackeln im Feuersturm«<br />
»Zwischen Wolle-Leupold und <strong>dem</strong> Fernsprechamt<br />
wirbelten drei brennende Frauen herum – irrsinnig<br />
schreiende, riesige menschliche Fackeln«, berichtete<br />
eine Telefonistin, die im Fernsprechamt Dienst<br />
hatte. »Es war nicht anzusehen, und ein paar Arbeiter<br />
wollten sie retten. Einer hatte irgendwo eine Wäscheleine<br />
erwischt, ein anderer riß eine Decke von<br />
der Tragbahre, tauchte sie in ein Löschwasserfaß,<br />
wickelte sich vom Kopf bis zu den Knien in den<br />
triefenden Fetzen, schlang die Leine darüber und<br />
rannte durch den Seitenausgang hinaus. Er versuchte,<br />
über die Straße zu kommen. In der Mitte erfaßte<br />
ihn der Flammensturm und wirbelte ihn gegen den<br />
Postplatz. Noch wollte er nicht zurück, wollte helfen,<br />
die lebenden Fackeln zu löschen. Aber vergebens.<br />
Jetzt kroch er auf <strong>dem</strong> Bauch, winselnd vor<br />
Schmerz. Der Dampf auf der siedenden Decke wurde<br />
quälender als Staub und Qualm und Flammen<br />
um ihn her. <strong>Auf</strong> der Straßenmitte packte ihn eine<br />
neue Feuerzunge und wirbelte ihn wieder <strong>dem</strong> Postplatz<br />
zu. So weit, daß die Wäscheleine nicht mehr<br />
reichte. Als wir ihn hereingezogen hatten, fielen<br />
die letzten glimmenden Zunderfetzen von seinem<br />
Leib. Über das krebsrote, verbrühte und verbrannte<br />
Gesicht lief ein schmerzliches Zucken. Aus seinem<br />
Mund mit den festverbissenen Zähnen preßte sich<br />
ein tierischer Laut, rauh und rissig, als bräche eine<br />
Stahlplatte. Der zuckende, nackte verbrannte Körper<br />
wollte sich winden, aufbäumen, wälzen. Er fing<br />
an zu zucken, streckte sich und lag plötzlich still.<br />
Der Krampf, der die Kinnlade band, löste sich. Still,<br />
ganz still lag er – tot.«<br />
<strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Stundenplan</strong><br />
UN . Postfach 400215 . 44736 Bochum<br />
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