september – november 2006
september – november 2006
september – november 2006
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act<br />
3 | SEPTEMBER <strong>–</strong> NOVEMBER <strong>2006</strong><br />
Fluchtgrund<br />
Klimawandel<br />
Die „Rainbow<br />
Warrior“<br />
im Libanon<br />
Nationalpark<br />
Donauauen<br />
AktivistInnen im Portrait<br />
Verlagspostamt 1050 Wien • P.b.b.<br />
DVR. Nr. 0462276 • Zulassungsnr. 02Z033302M
Internationale Greenpeace Aktionen<br />
actintro<br />
Editorial<br />
Inhalt<br />
Weltweit für den Klimaschutz<br />
Neurath, Deutschland, 13. 6. <strong>2006</strong><br />
actintro<br />
Kohle ist in Zeiten des Klimawandels neben<br />
Atomkraft die wohl dümmste Art Energie zu<br />
erzeugen. Leider hat sich das zu einigen Europäischen<br />
Regierungen noch immer nicht<br />
durchgesprochen. Aus diesem Grund projiziert<br />
Greenpeace „CO 2 kills!“ auf den Kühlturm des<br />
Kohlekraftwerks Neurath. Es wird langsam Zeit,<br />
den Ausbau der erneuerbare Energien Sonne,<br />
Wind und Biomasse zur Priorität zu erklären.<br />
Foto: Greenpeace<br />
02 INTERNATIONALE AKTIONEN<br />
03 EDITORIAL<br />
action<br />
04 FÜR MENSCHEN UND MEERE<br />
Ein Greenpeace-Schiff segelt im Mittelmeer<br />
für Umwelt und Frieden.<br />
Foto: Bernd Arnold / VISUM /GP<br />
Rotterdam, Niederlanden, 13. 6. <strong>2006</strong><br />
„Smoking kills“ malen AktivistInnen in<br />
riesigen Buchstaben auf ein Gebäude des<br />
Energieversorgers E.O.N. nahe Rotterdam.<br />
Der Slogan ist von der Zigarettenwerbung<br />
geklaut, und tatsächlich sind die Emissionen<br />
von Kohlekraftwerken ähnlich schädlich <strong>–</strong><br />
nur dass man ihnen nicht entkommt.<br />
Nur ein stillgelegtes Kohlekraftwerk ist<br />
ein gutes Kraftwerk.<br />
Foto: GP/ Philip Reynaers<br />
Zürich, Schweiz, 21. 6. <strong>2006</strong><br />
Manila, Philippinen, 21. 7. <strong>2006</strong><br />
Eine Aktion der anderen Art: Neun von<br />
Luftverschmutzung betroffene SchweizerInnen<br />
klagen die Behörden auf saubere Luft. Oder<br />
genauer: dass diese ihrer Schutzverpflichtung<br />
nachkommen. Greenpeace unterstützt die<br />
KlägerInnen, die bis zum Europäischen<br />
Gerichtshof für Menschenrechte gehen wollen.<br />
Im Bild: Der Schweizer Verkehrskampagner,<br />
eine Klägerin und der langjährige Leiter der<br />
USZ-Allergiestation. Foto: GP/ Grasser<br />
Mit Schwimmreifen stehen AktivistInnen<br />
vor dem Energie-Department in Manila.<br />
Eine ähnliche Aktion findet zeitgleich in<br />
Bangkok, Thailand, statt. Es ist ein Appell an<br />
die beiden Regierungen, dem zunehmend<br />
spürbareren Klimawandel etwas entgegenzusetzen<br />
und auch die ASEAN (Association of<br />
South-East Asian Nations) in diese Richtung zu<br />
drängen.<br />
Foto: GP/ Alex Baluyot<br />
Liebe Greenpeace-UnterstützerInnen,<br />
Seit fünf Jahren begrüße ich Sie an dieser Stelle mit<br />
einem aktuellen Thema und ersuche um Ihre tatkräftige<br />
Hilfe. In meinem 21. Editorial nehme ich nun<br />
Abschied von der Tätigkeit als Geschäftsführer bei<br />
Greenpeace Zentral- und Osteuropa. Allerdings nur,<br />
um mich ab September als „Development- and<br />
Fundraising-Director“ bei Greenpeace International<br />
einer noch größeren Verantwortung zu stellen.<br />
Wir haben in den vergangenen fünf Jahren viel<br />
erreicht. Unsere zentrale Vision, der Aufbau der<br />
Umweltarbeit in Osteuropa, ist umgesetzt: Von der<br />
Ostsee bis zum Schwarzen Meer begegnen wir der<br />
Umweltverschmutzung mit starken Teams, in Polen,<br />
der Slowakei, Ungarn und Rumänien. Die Erfolge<br />
können sich sehen lassen: So sind einige Länder aus<br />
der Gentechnik ausgestiegen. Mit der Schiffstour<br />
2005 durch acht Donaustaaten konnten wir auf viele<br />
Energieprobleme hinweisen. Das Ende einiger zerstörerischer<br />
Projekte wie eines Goldbergwerks in<br />
Rumänien oder eines Straßenprojekts durch einige<br />
der wertvollsten Naturgebiete Polens steht bevor.<br />
Und auch in Österreich waren wir mit unseren<br />
Kampagnen gegen die Auswüchse des Straßenverkehrs,<br />
gegen Gifte und Gentechnik in Lebensmitteln<br />
oder für eine nachhaltige Fischeinkaufspolitik der<br />
Supermärkte erfolgreich.<br />
Mein Nachfolger Klaus Hochkogler beginnt am 1.<br />
Oktober. Er wird sich in der nächsten ACT-Ausgabe<br />
bei Ihnen vorstellen. Meine Bitte an Sie: Unterstützen<br />
Sie uns auch in Zukunft weiterhin, damit wir unseren<br />
Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen.<br />
Dr. Bernhard Drumel<br />
Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa<br />
actreport<br />
06 FLUCHTGRUND KLIMAWANDEL:<br />
Der Klimawandel zwingt immer mehr Afrikaner,<br />
die Flucht nach Europa anzutreten.<br />
facts<br />
10 DAS KLIMA UND DU<br />
Wir alle sind Verursacher des Klimawandels: Mit ein paar<br />
einfachen Tricks lässt sich der CO 2 -Ausstoß reduzieren.<br />
11 ERFOLGE<br />
12 GENTECHNIK AUF DEM PRÜFSTAND<br />
Mit der EFSA bestimmt in der EU eine äußerst<br />
dubiose Organisation, ob eine Gentech-Pflanze<br />
gefährlich ist oder nicht.<br />
14 WENIG GRUND ZUM FEIERN<br />
Das Beispiel Nationalpark Donauauen zeigt,<br />
es gibt nur wenig Grund, „25 Jahre Nationalparks“<br />
in Österreich zu feiern.<br />
acteure<br />
16 „ENTSCHEIDEND IST DAS WACHSTUM“<br />
Interview mit Alexander Egit, der beim<br />
Aufbau der Greenpeace-Büros in China dabei ist.<br />
18 „DU STEHST ALS PERSON DA“<br />
Vier Greenpeace-AktivistInnen im Portrait.<br />
interaction<br />
22 GREENPEACE SUCHT EIN NEUES ZUHAUSE<br />
Hat wer zufällig ein großes Büro übrig?<br />
„EINEN POSITIVEN BEITRAG<br />
ZUM ERHALT UNSERES PLANETEN LEISTEN“<br />
Interview mit einem langjährigen Greenpeace-Spender<br />
zum Thema „Spenden statt Geschenke“<br />
IMPRESSUM<br />
23 DAS GREENPEACE-BILD<br />
FILMTIPP: „An Inconvenient Truth“<br />
24 CARTOON VON GERHARD HADERER<br />
02<br />
03
FÜR MENSCHEN UND MEERE<br />
Ein Greenpeace-Schiff segelt im Mittelmeer für Umwelt und Frieden von Antje Helms, Meereskampagnerin<br />
Eigentlich sollte das Greenpeace-<br />
Flaggschiff „Rainbow Warrior“ drei<br />
Monate lang den Greenpeace-Büros rund<br />
ums Mittelmeer helfen, ihre gemeinsame<br />
Meeres-Kampagne neu durchzustarten:<br />
„Defending Our Mediterranean“, lautete<br />
das Motto in Italien, Griechenland, der<br />
Türkei, Israel, Malta, Spanien, Frankreich<br />
„Das Töten der Bomben ist<br />
genauso ein Akt der Gewalt<br />
wie die Zerstörung der Umwelt.“<br />
und im Libanon <strong>–</strong> mit einem gemeinsamen<br />
Ziel: Ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten.<br />
Wie geplant verlässt die „Rainbow<br />
Warrior“ am 19. Juni den Hafen von<br />
actreport<br />
Genua <strong>–</strong> als Fischereipatrouille. Vor<br />
Sizilien konfiszieren die Aktivisten an<br />
Bord mehrere illegale Treibnetze. Drei<br />
Wochen lang sammelt die Greenpeace-<br />
Crew zahlreiche Beweise für das erschreckende<br />
Ausmaß der illegalen Fischerei<br />
mit den Treibnetzen. Sofia, griechische<br />
Meereskampagnerin, zeichnet bei einer<br />
Pressekonferenz im Hafen von Athen ein<br />
deutliches Bild: „Jede Nacht werden so<br />
viele solche Netze ausgelegt, dass sie<br />
aneinandergereiht das Mittelmeer<br />
zweimal durchziehen könnten.“<br />
Am 16. Juli erreicht die „Rainbow<br />
Warrior“ Istanbul <strong>–</strong> und verwandelt sich<br />
in ein Forschungsschiff. Auf dem Weg<br />
nach Süden sollen Zählungen von Walen<br />
und Delfinen WissenschaftlerInnen aus<br />
der Türkei und Israel helfen, mehr über<br />
das Vorkommen von Meeressäugern im<br />
östlichen Mittelmeer herauszufinden.<br />
Danach sind Hafenbesuche in Beirut und<br />
in Haifa geplant. Doch es kommt anders.<br />
Plötzlich tauchen die Namen dieser<br />
Städte in den Nachrichten auf. Das<br />
Ostmittelmeer hat sich innerhalb weniger<br />
Tage zum akuten Krisengebiet entwickelt.<br />
Basma, Greenpeace-Pressesprecherin<br />
im Libanon, schreibt mir aus<br />
Beirut: „Wir werden morgen versuchen<br />
über die syrische Grenze das Land zu<br />
verlassen. Betet für uns und für den<br />
Frieden.“ Während Greenpeace-Mitarbeiter<br />
in Beirut vor den Bomben flüchten,<br />
verlässt die „Rainbow Warrior“ den<br />
Hafen von Istanbul mit einem großen<br />
Transparent zwischen den Masten:<br />
„Frieden jetzt!“ Es wird klar, dass<br />
die Schiffsroute geändert werden<br />
muss. Hibsy, israelische Internetredakteurin<br />
an Bord der „Rainbow<br />
Warrior“, schreibt im Logbuch: „Wir<br />
kämpfen für den Schutz des Mittelmeeres<br />
in einer sehr schwierigen<br />
Zeit. Das Töten der Bomben ist<br />
genauso ein Akt der Gewalt wie die<br />
Zerstörung der Umwelt.“<br />
Währenddessen bahnt sich für das<br />
ganze östliche Mittelmeer neben der<br />
humanitären auch eine ökologische<br />
Katastrophe an: Aus den zerbombten<br />
Tanks eines libanesischen Kraftwerkes<br />
strömen 35.000 Tonnen<br />
Schweröl ins Meer. Binnen weniger<br />
Tage breitet sich der Ölteppich über<br />
100 Kilometer weit aus. Doch wegen<br />
der anhaltenden Kämpfe kann nichts<br />
unternommen werden, um das<br />
Ausmaß der Ölkatastrophe einzudämmen.<br />
Auch die Crew der<br />
„Rainbow Warrior“ muss tatenlos<br />
abwarten.<br />
Anfang August wird das Greenpeace-Schiff<br />
zu dem, was es eigentlich<br />
am allerwenigsten ist <strong>–</strong> ein<br />
Transportschiff. Für „Ärzte ohne<br />
Grenzen“ pendelt es mit wichtigen<br />
medizinischen Hilfsgütern zwischen<br />
Zypern und Beirut hin und her, denn<br />
wegen des schwelenden Konflikts<br />
finden sich kaum andere Transportmöglichkeiten.<br />
Um das Sicherheitsrisiko<br />
zu begrenzen, werden die<br />
israelischen und libanesischen<br />
Behörden vor jeder Überfahrt<br />
informiert.<br />
Canan, meine Kollegin von Greenpeace<br />
Istanbul, spricht mir aus dem<br />
Herzen: „Als Meereskampagnerin<br />
hoffe ich, dass diese Schiffstour dazu<br />
beitragen kann, dass die Länder<br />
rund ums Mittelmeer besser zusammenarbeiten<br />
<strong>–</strong> und ihre Konflikte<br />
endlich der Vergangenheit angehören.“<br />
Auf der „Rainbow Warrior“<br />
arbeiten Menschen aus dreizehn<br />
Nationen friedvoll zusammen. Wie<br />
Sofia, Basma, Canan und Hibsy<br />
zeigen sie mir auf beeindruckende<br />
Weise, was für eine friedvolle<br />
Zusammenarbeit so entscheidend ist:<br />
Energie, Hoffnung, Mut, Gewaltfreiheit<br />
und Zusammenhalt über<br />
Grenzen hinaus. <br />
Fotos: Seite 4: GP/ Roger Grace •<br />
Seite 5 (von oben): GP/ Roger Grace • GP/ Nick Cobbing •<br />
GP/ Roger Grace • GP/ Christine Wurnig<br />
Das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“<br />
mit der Friedensbotschaft Richtung Krisengebiete...<br />
... war eigentlich als Fischereipatrouille und Forschungsschiff<br />
für Wale zum Schutz des Mittelmeeres unterwegs.<br />
Greenpeace-Aktion für den Verzicht bedrohter<br />
Fischarten vor Österreichs Supermärkten.<br />
ÖSTERREICH IST (FAST) HAIFREI<br />
Greenpeace versucht, Österreichs Superund<br />
Großmärkte durch Gespräche und<br />
Protestaktionen von einer ökologischen<br />
Fischeinkaufspolitik und vom Verzicht auf<br />
bedrohte Fischarten zu überzeugen.<br />
Die gute Nachricht zuerst: In Österreichs Super- und<br />
Großmärkten werden bald keine Haiprodukte mehr<br />
verkauft. Als Reaktion auf den Ende Mai veröffentlichten<br />
Greenpeace-Report „Ausverkauf der Meere <strong>–</strong> Bedrohter<br />
Fisch in Österreichs Supermärkten“ haben sechs<br />
österreichische Handelsketten beschlossen, den selten<br />
gewordenen Raubfisch auszulisten.<br />
Zahlreiche Unternehmen hatten infolge des Greenpeace-<br />
Drucks mitgeteilt, zukünftig auf bestimmte Fischarten zu<br />
verzichten. Der Waldviertler Nah&Frisch-Zulieferer Kastner<br />
auf Hai und tropische Shrimps, das westösterreichische<br />
Unternehmen Wedl auf Hai und Rochen. Die Tiroler Kette<br />
MPreis wird den Tiefseefisch Hoki aus dem Regal<br />
neh men, der Nah&Frisch-Zulieferer Kiennast Hai und<br />
Schwertfisch.<br />
Doch das kann nicht alles gewesen sein, findet Nina<br />
Thüllen, Greenpeace-Meeresexpertin: „Es ist bedauerlich,<br />
dass Unternehmen wie Spar, Rewe (Billa, Merkur, Penny)<br />
und Metro, die schon seit längerem auf Hai verzichten,<br />
meinen, damit ihre Schuldigkeit getan zu haben.“<br />
Andere agieren vorbildlich: Bereits im Mai bzw. Juli hatten<br />
Lidl und ADEG weitreichende Schritte in Richtung eines<br />
nachhaltigen Fischeinkaufs gesetzt. Beide Unternehmen<br />
hatten mehrere Fisch- bzw. Krustentierarten ausgelistet.<br />
ADEG analysiert nun sein Sortiment und erarbeitet<br />
Alternativen.<br />
Die Situation drängt zum Handeln. Die Welternährungsorganisation<br />
der Vereinten Nationen bezeichnet 76 Prozent<br />
der wirtschaftlich wichtigen Fischbestände als „komplett<br />
ausgebeutet“, „überfischt“ oder „erschöpft“. Die Bestände<br />
großer Raubfischarten wie Dorsch, Tunfisch und Schwert -<br />
f isch sind bereits um bis zu 90 Prozent zurückgegangen.<br />
your acts<br />
PROTESTMAIL AN<br />
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http://marktcheck.greenpeace.at/3514.html<br />
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04 05
actreport<br />
FLUCHTGRUND<br />
WANDEL<br />
Immer mehr Afrikaner machen sich<br />
auf den Weg, ihr Heil in Europa zu suchen.<br />
Viele werden von den Folgen des Klima wandels<br />
dazu gezwungen. Europa sieht sich mit einem<br />
Problem konfrontiert, das es mit verursacht hat.<br />
von Corinna Milborn<br />
Wer seinen Urlaub heuer an<br />
spanischen Küsten verbringt, läuft<br />
Gefahr, auf besonders drastische Weise<br />
mit den Folgen des globalen Klimawandels<br />
konfrontiert zu werden. Da ist nicht<br />
nur die seit drei Jahren anhaltende Dürre,<br />
die in billigeren Unterkünften die<br />
Duschen tröpfeln lässt. Es kann auch<br />
passieren, dass man in der Früh am<br />
Strand auf die angeschwemmte Leiche<br />
eines Afrikaners stößt. Oder dass zwischen<br />
den Schlauchbooten der Kinder ein<br />
überladenes Fischerboot voll verdurstender<br />
Flüchtlinge an den Strand treibt.<br />
Aus Westafrika ist die größte Flüchtlingswelle<br />
aller Zeiten nach Europa unterwegs:<br />
Allein auf den kanarischen Inseln<br />
kamen im ersten Halbjahr <strong>2006</strong> mehr als<br />
doppelt so viele Auswanderer als im<br />
ganzen Jahr zuvor <strong>–</strong> 11.000 wurden bis<br />
Ende Juni aufgegriffen, bis zu 500 am Tag<br />
schaffen die gefährliche Überfahrt aus<br />
Marokko, Mauretanien oder dem Senegal.<br />
In Mauretanien sollen weitere<br />
500.000 auf eine Gelegenheit zur Überfahrt<br />
warten, in Libyen sollen es <strong>–</strong> sagt<br />
das dortige Innenministerium <strong>–</strong> gar zwei<br />
Millionen sein, auf der Route von Marokko<br />
über das Mittelmeer nach Spanien<br />
sind etwa 50.000 Menschen unterwegs.<br />
Die meisten von ihnen kommen aus<br />
Westafrika, viele aus der Sahelzone. Ein<br />
Drittel bis die Hälfte, schätzt das Rote<br />
Kreuz, überlebt die Reise nicht. Warum<br />
tun sich Menschen solche Strapazen an?<br />
Ceuta. Grenze Afrik <strong>–</strong> Europa.<br />
„Wir sind hier, weil wir keine andere<br />
Wahl haben“, sagt dazu Mahouda aus <br />
06 07
FLUCHTGRUND<br />
KLIMAWANDEL<br />
Aus Westafrika ist die größte Flüchtlingswelle<br />
aller Zeiten nach Europa unterwegs.<br />
Ein Drittel bis die Hälfte, überlebt<br />
die Strapazen der Reise nicht.<br />
08<br />
Die Sahelzone trocknet aus.<br />
Keine andere Region der Erde ist vom<br />
Klimawandel so massiv betroffen.<br />
Mali. Er ist vor drei Jahren aus seinem Dorf in<br />
der Sahelzone aufgebrochen, um nach Europa<br />
zu fliehen, und steckt nun seit Monaten in<br />
Ceuta fest, der kleinen spanischen Exklave auf<br />
afrikanischem Boden. Bei einem der Massenanstürme<br />
auf den sechs Meter hohen Zaun, der<br />
Europa von Afrika trennt, hat er es über die<br />
Grenze geschafft und sich dabei einen Fuß<br />
gebrochen. „Was ist schon ein gebrochener<br />
Fuß gegen Europa?“ lacht er darüber. Tatsächlich<br />
musste er auf der Reise Schlimmeres<br />
durchmachen: Mit einer Flüchtlingsgruppe<br />
ging er den Großteil des Weges zu Fuß <strong>–</strong> quer<br />
durch die Sahara. Viele sind auf diesem Weg<br />
gestorben, sagt er.<br />
Andere haben Überfälle in Marokko nicht<br />
überlebt oder haben ihr Geld einem Schlepper<br />
und sich selbst einem Fischerboot anvertraut<br />
und wurden nie wieder gesehen. „Jeder von<br />
uns weiß, dass er auf der Fahrt sterben kann“,<br />
sagt Mahouda. „Aber im Sahel kann man nicht<br />
mehr leben, seit der Regen ausbleibt. Wir<br />
müssen für unsere Familien sorgen, die<br />
verhungern sonst. Für uns heißt es: Europa <strong>–</strong><br />
oder der Tod.“<br />
Ouahigouya, Sahel, Burkina Faso.<br />
Krieg, Armut, falsche Hoffnungen <strong>–</strong> das sind<br />
Gründe, die für die Fluchtwelle nach Europa<br />
aufgezählt werden. Doch ein Lokalaugenschein<br />
in der Sahelzone zeigt: Es gibt noch<br />
einen gravierenderen Grund, unausweichbarer<br />
als ein Krieg, und langfristig gnadenloser: Die<br />
Sahelzone trocknet aus. Keine andere Region<br />
der Erde ist vom Klimawandel so massiv<br />
betroffen. „Die Regenmenge hat sich nicht<br />
geändert, doch der Regen bringt nicht mehr<br />
Leben, sondern den Tod: Die Regenfälle<br />
kommen viel zu spät, dann dafür kurz und<br />
heftig, und dabei reißen sie alles mit“, erklärt<br />
Bernard Ledea Ouedraogo, Träger des Alternativen<br />
Nobelpreises, der im Norden von Burkina<br />
Faso seit 30 Jahren gegen den Hunger kämpft.<br />
Hunderte Dörfer haben unter seiner Anleitung<br />
Kooperativen aufgebaut, die gemeinsam Hirse<br />
lagern und in der Trockenzeit Gemüse anbauen.<br />
„Wir haben viel geschafft, aber wir haben<br />
zwei große Probleme: die Geburtenrate und<br />
den Klimawandel. Gegen die Bevölkerungsexplosion<br />
können wir etwas tun. Aber was<br />
machen wir gegen die Dürre?“<br />
Dorf Tolo, Sahel, Burkina Faso.<br />
In Tolo hat der Regen im vergangenen Jahr<br />
den Damm mitgerissen. Es ist ein kleines Dorf<br />
mitten im Sahel, nahe an der Grenze zu Mali,<br />
mit etwa 5.000 Einwohnern. Hier<br />
wird auch in guten Zeiten nur einmal<br />
am Tag gegessen: Am Abend gibt es<br />
Hirsebrei. Bis zur Ernte sind es noch<br />
acht Monate, die Vorräte sind jetzt<br />
schon knapp. Bis 2004 konnten die<br />
Dorfbewohner zusätzlich Gemüse<br />
anbauen. Ein Bewässerungsdamm<br />
aus rohen Steinquadern, gebaut in<br />
den 70er Jahren, staute die Weiße<br />
Volta, das Wasser versorgte die<br />
Felder und die Tiere. Dann kam<br />
eines der heftigen Gewitter, der<br />
Damm brach. Das ganze Dorf<br />
begleitet uns über die zersprungene<br />
Erde zum kläglichen Rest des Sees,<br />
einer schlammigen Lacke. Hunderte<br />
Kinder laufen mit, ihre Bäuche sind<br />
aufgebläht und von Krätzespuren<br />
übersät. Zwei, drei Wochen wird das<br />
Weltweit könnte die Zahl der Klimaflüchtlinge<br />
im Jahr 2010 bereits 50<br />
Millionen betragen, schätzt die UNO.<br />
Wasser vielleicht noch reichen.<br />
Dann kommt der Hunger. „Unsere<br />
einzige Chance ist, dass die Jungen<br />
auswandern“, erklärt einer der<br />
alten Männer.<br />
Die Zuwendungen der Auswanderer<br />
machen für die Länder der Sahelzone<br />
mittlerweile den größten Posten<br />
im Bruttonationalprodukt aus. Für<br />
Dörfer wie Tolo bedeuten sie das<br />
nackte Überleben.<br />
Rabat, Marokko,<br />
EU-Afrika-Konferenz.<br />
Der Klimawandel wird nicht dort<br />
gemacht, wo er seine tödlichen<br />
Folgen zeigt: Europa ist für 20,8<br />
Prozent des weltweiten Energieverbrauchs<br />
verantwortlich, Afrika für<br />
nur knapp über drei Prozent. Doch<br />
die Folgen kommen nun in kleinen<br />
Booten auch in Europa an. Weltweit<br />
könnte die Zahl der Klimaflüchtlinge<br />
im Jahr 2010 bereits 50 Millionen<br />
betragen, schätzt die UNO.<br />
Auf der Konferenz der EU und<br />
Afrika zu illegaler Migration im Juli<br />
<strong>2006</strong> ist das allerdings kein Thema.<br />
Die EU will nur eines besprechen:<br />
Wie die Masse der Auswanderer<br />
gestoppt werden kann, bevor sie<br />
europäischen Boden erreicht. 40<br />
Millionen Euro hat allein Marokko<br />
im vergangenen Jahr erhalten, um<br />
Flüchtlinge abzufangen und zurückzuschicken.<br />
In Libyen finanziert<br />
Italien große Lager, in die Bootsflüchtlinge<br />
abgeschoben werden. In<br />
Mauretanien kontrolliert die EU die<br />
Häfen und finanziert Auffanglager.<br />
Mit Mali, dem Senegal und Ghana<br />
wird über Massenabschiebungen<br />
verhandelt. Die Meerengen zwischen<br />
Europa und Afrika werden<br />
von Land, Wasser und Luft aus<br />
kontrolliert, und nun sogar vom<br />
Weltraum aus: Fünf Satelliten<br />
beobachten seit Juni Fluchtbewegungen<br />
in der Sahelzone bis hin in<br />
den Niger. Fluchtgründe waren auf<br />
der Konferenz kaum ein Thema.<br />
Im Sahel hat unterdessen die<br />
Regenzeit noch immer nicht eingesetzt.<br />
Mitte Juli und die Sonne<br />
brennt vom Himmel. „Wir machen<br />
uns auf eine neue Hungersnot<br />
gefasst“, sagt Moussa aus<br />
Ouahigouya. Er hat mich vorgestern<br />
angerufen <strong>–</strong> seine ganze Familie<br />
habe zusammengelegt, um ihm die<br />
Reise nach Europa zu finanzieren.<br />
Er will sich hier durchschlagen und<br />
Geld verdienen. „Ich will nicht<br />
weg“, sagt er. „Aber es ist die<br />
einzige Chance.“ <br />
Fotos: Seite 6+7: EPA / Carlos De Saa •<br />
Seite 8: EPA / Carlos De Saa • EPA / Juan Medina<br />
Seite 9: Alexandra Haager<br />
your acts<br />
BUCHTIPP<br />
Milborn, Corinna: „Gestürmte Festung Europa.<br />
Einwanderung zwischen Stacheldraht und<br />
Ghetto.“ Styria: Wien-Graz-Klagenfurt <strong>2006</strong>.<br />
www.festungeuropa.net<br />
Follow up<br />
Glück gehabt: Wale<br />
Bei der diesjährigen<br />
Tagung der<br />
Internationalen<br />
Walfangkommission<br />
(IWC) in St.<br />
Kitts und Nevis,<br />
Japan, sind die<br />
seltenen Meeressäuger<br />
gerade<br />
noch mit einem<br />
Blauwalauge davon gekommen. Allerdings: Mit<br />
32 zu 30 Stimmen haben sich die Wale-schützenden<br />
Nationen nur mehr denkbar knapp<br />
durchgesetzt. Japans Strategie, sich immer mehr<br />
kleine Länder mit „Hilfsgeldern“ einzukaufen,<br />
hat Erfolg. Das Walfangmoratorium selbst kann<br />
zwar nur eine Dreiviertelmehrheit zu Fall bringen,<br />
aber schon nächstes Jahr könnten einige<br />
kleinere und doch wichtige Entscheidungen zu<br />
Ungunsten der Wale ausgehen. Greenpeace<br />
wird jedenfalls Anfang nächsten Jahres wieder<br />
im Südpolarmeer sein, um sich den japanischen<br />
Walfängern entgegenzustellen. <br />
Glück gehabt: AKW Forsmark<br />
Das war knapp:<br />
Das schwedische<br />
Atomkraftwerk<br />
Forsmark ist Anfang<br />
August nur<br />
wenige Minuten<br />
und eher zufällig<br />
einer Kernschmelze<br />
entkommen.<br />
Ein Kurzschluss,<br />
ein Konstruktionsfehler und Personal, das auf<br />
dieses Szenario nicht vorbereitet war. Nach Aussage<br />
des früheren Direktors des AKW sei es „pures<br />
Glück gewesen, dass es nicht zu einer Kernschmelze<br />
gekommen ist“. Die schwedische<br />
Atomaufsichtsbehörde sieht das ähnlich.<br />
Das sei allen ins Stammbuch geschrieben, die<br />
meinen, ein Unfall wie in Tschernobyl sei in einem<br />
westlichen Hochtechnologieland nicht<br />
möglich: Es gibt kein sicheres Atomkraftwerk<br />
und daher weltweit genau 443 AKW zuviel. <br />
Fotos: (von oben) GP/ Dank Ngo • Greenpeace<br />
09
Das KLIMA und DU<br />
facts<br />
Greenpeace appelliert seit vielen Jahren an Industrie und Politik, wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel zu<br />
setzen. Doch rund ein Drittel des Energieverbrauchs entfällt in Österreich auf die privaten Haushalte. Wir zeigen mit<br />
einfachen Tipps, wie jede/r dazu beitragen kann, unser Klima zu schützen. von Hagen Schönherr und Claudia Sprinz<br />
Rund 30 Prozent des Stromverbrauchs<br />
und mehr als ein Drittel der<br />
Kohlendioxidemissionen in Österreich<br />
werden von den privaten Haushalten<br />
verursacht. Wer also glaubt, dass nur<br />
Industrie, Energieversorger und Politik<br />
schuld am Klimawandel sind, irrt. Wir alle<br />
teilen die Verantwortung, unsere knappen<br />
Ressourcen zu bewahren und den<br />
Umstieg auf klimaschonende Energieträger<br />
voranzutreiben. Dabei können schon<br />
mit kleinem Aufwand beachtliche Erfolge<br />
erzielt werden, die sogar den eigenen<br />
Geldbeutel entlasten.<br />
Klimaschutz unterwegs<br />
Sparen statt Fahren: Strecken unter fünf<br />
Kilometern kann jede/r leicht zu Fuß oder<br />
mit dem Fahrrad zurücklegen. Für den<br />
kleinen Einkauf also das Auto stehen<br />
lassen und auf alternative Verkehrsmittel<br />
umsteigen (Rad, Busse und Bahnen). Für<br />
den Weg zur Arbeit bieten sich Fahrgemeinschaften<br />
an <strong>–</strong> das spart nebenbei<br />
noch Geld. Wer auf den Großeinkauf<br />
nicht verzichten will, kann sich Lebensmittel<br />
auch zustellen lassen.<br />
Sparsam fahren: Wer trotzdem nicht auf<br />
das Auto verzichten kann oder will sollte<br />
bereits beim Kauf darauf achten ein<br />
sparsames Modell zu wählen <strong>–</strong> das<br />
funktioniert aber nur, wenn man auch<br />
spritsparend fährt. Wichtig sind zum<br />
Beispiel frühzeitiges Hochschalten,<br />
Motorbremse statt Fußbremse und das<br />
Abschalten des Motors auch bei kurzen<br />
Ampelstehzeiten.<br />
Ab in den Urlaub: Mit der Bahn reist<br />
man nicht nur entspannter, sondern<br />
schont auch die Umwelt <strong>–</strong> denn die Bahn<br />
hat beim Klimaschutz die Nase vorn.<br />
Wer auf günstige Aktionen achtet und<br />
früh bucht, kommt nebenbei günstiger<br />
weg. Fliegen schadet dem Klima weit<br />
mehr als alles andere, ist also für Klimabewusste<br />
nur vertretbar, wenn’s gar<br />
nicht anders geht.<br />
Wohnen und Leben<br />
Stromverbrauch senken: Stand-by-<br />
Schaltungen bei Fernseher, Radio und<br />
andere elektrische Geräte sind verantwortlich<br />
für bis zu acht Prozent des<br />
gesamten Stromverbrauchs. Also abschalten.<br />
Auch Haushaltsgeräte können wahre<br />
Energiefresser sein, beim Kauf auf einen<br />
günstigen Verbrauch (erkennbar durch<br />
die Energieeffizienzklasse) achten.<br />
Handyladegeräte nach Gebrauch<br />
ausstecken.<br />
Hausbau: Investitionen in eine gute<br />
Wärmedämmung machen sich schnell<br />
bezahlt. Solaranlagen auf dem Dach<br />
produzieren zudem Strom und Warmwasser<br />
ohne die Umwelt zu sehr zu belasten.<br />
Im Winter liegt die ideale Raumtemperatur<br />
bei höchstens 21 Grad, mehr ist weder<br />
gesund noch umweltfreundlich. Wer<br />
morgens lüftet und sonst an heißen Tagen<br />
die Türen und Fenster geschlossen lässt,<br />
hat es im Sommer angenehm kühl. Klima-<br />
anlagen sind dagegen richtige Stromfresser, alte Geräte enthalten<br />
sogar klimaschädliche Kohlenwasserstoffe.<br />
Öko- statt Atomstrom: Damit fördern Sie die Investition in<br />
erneuerbare Energieträger <strong>–</strong> jetzt den Stromanbieter wechseln!<br />
Ökostrom (www.oekostrom.at) und die Alpen Adria Naturstrom<br />
AG (www.aae-energy.com) bieten klimafreundliche Alternativen.<br />
Bio statt billig: Saisonale, möglichst unverarbeitete Bio-Lebensmittel<br />
aus der Region sind nicht nur gesünder und in der Regel<br />
auch ressourcenschonender hergestellt, sondern stärken auch die<br />
heimische Landwirtschaft.<br />
Verpackung: Es zählt, was drin ist, die Ver packung wird ohnedies<br />
weggeworfen. Eine weniger voluminöse und sparsame Verpackung<br />
schont die Umwelt. Mehrwegver packungen reduzieren<br />
die Müllberge, und Emissionen bei der Entsorgung werden<br />
vermieden.<br />
Natur im Garten: Statt aufwändigem Rasen lieber eine pflegeleichte<br />
Blumenwiese <strong>–</strong> mit weniger Energiebedarf für Pflege und<br />
Be wässerung und außerdem ohne Einsatz von giftigem Dünger<br />
und Spritzmitteln.<br />
Brauche ich das wirklich? Schlaue Umwelt- und Klimaschützer<br />
lassen sich nicht vom Konsumdruck manipulieren. Kaufen Sie<br />
nur, was Sie wirklich brauchen! <br />
Foto: Seite 10: GP/ Teresa Novotny<br />
your acts<br />
VIELE WEITERE TIPPS für einen ökologischen Lebensstil und eine<br />
Datenbank mit mehr als 2.500 bewerteten Lebensmitteln, Getränken und<br />
Kosmetika finden sich auf www.marktcheck.at, einer Website für bewusste<br />
KonsumentInnen von Greenpeace und anderen Umwelt-, Tierschutz- und<br />
Sozialorganisationen.<br />
AUCH „LEBENSART“, das Magazin der Umweltberatung und BioAustria, ist<br />
voll mit aktuellen Anregungen für eine nachhaltige Lebenskultur in Österreich.<br />
Das acht mal im Jahr erscheinende Heft informiert über nachhaltige Entwicklungen<br />
in den Bereichen Bauen & Wohnen, Biolandbau & Garten, Chemie, Energie,<br />
Entwicklungspolitik, Ernährung, Gesundheit, Gesellschaft, Kultur, Mobilität und<br />
Ressourcen. Kostenlose Probeexemplare zum Kennenlernen oder ein<br />
Jahresabo um 22 Euro gibt es unter: Tel.: 02742/708 55, Fax: DW: 20,<br />
Mail: tamara.graf@lebensart.at, www.lebensart.at<br />
Erfolge<br />
Computer ohne Schadstoffe<br />
Wieder ein Erfolg im<br />
Kampf gegen Giftstoffe in<br />
Elektrogeräten: Der Computer-Gigant<br />
Dell hat<br />
Greenpeace Ende Juni<br />
zugesichert, in Zukunft<br />
auf die gefährlichsten<br />
Substanzen in seinen<br />
Laptops und anderen<br />
elektronischen Produkten<br />
zu verzichten. Damit reiht sich das Unternehmen in eine<br />
beachtliche Liste von Konzernen, die Greenpeace mit seiner<br />
internationalen Chemie-Kampagne bereits auf die Seite der<br />
Guten gezogen hat. <br />
Philippinen ohne Kohlekraftwerk<br />
Die wachsende Widerstandsbewegung<br />
gegen<br />
weitere Kohlekraftwerke<br />
auf den Philippinen darf<br />
sich freuen. Die „Philippine<br />
National Oil Com -<br />
pany“ (PNOC) hat Mitte<br />
Juli zugesagt, auf ein geplantes<br />
Kohlekraftwerk<br />
bei Isabela zu verzichten.<br />
Erst zwei Wochen zuvor hatte Greenpeace gemeinsam mit<br />
GemeindevertreterInnen aus den umliegenden Ortschaften<br />
vor dem Gelände von PNOC protestiert. 15.000 Unterschriften<br />
konnten übergeben werden, ein klares Zeugnis für das<br />
Unbehagen der lokalen Bevölkerung gegen diese für Umwelt<br />
und Gesundheit schädliche Form der Energiegewinnung. <br />
Urwald ohne Soja<br />
Ein Etappensieg im Kampf<br />
um die Rettung der letzten<br />
Urwälder Brasiliens:<br />
Die weltweit führenden<br />
Agrarfirmen und Soja-<br />
Händler Cargill, Bunge,<br />
ADM und A.Maggi stimmten<br />
Ende Juli einem zweijährigen<br />
Moratorium für<br />
brasilianische Urwald-<br />
Soja zu. Die Unternehmen werden in dieser Zeit auf den<br />
Kauf von Soja von neu angelegten Feldern innerhalb<br />
des Amazonas-Regenwaldes verzichten. Die Entscheidung<br />
der Agrar-Riesen ist das Ergebnis einer internationalen Kampagne<br />
von Greenpeace unter dem Motto „Der Regenwald<br />
brennt für unser Essen“. <br />
Fotos: (von oben) GP/ Natalie Behring • GP/ Luis Liwanag • GP/ Daniel Beltra<br />
10 11
Gentechnik auf dem Prüfstand<br />
Wer entscheidet eigentlich in Europa, ob eine Gentech-Pflanze gefährlich ist oder nicht? Ein Blick hinter die Kulissen<br />
der umstrittenen Europäischen Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA. von Steffen Nichtenberger<br />
Im September <strong>2006</strong> feiern Gentechnik-Befürworter<br />
ein fragwürdiges<br />
Jubiläum. Genau vor zehn Jahre wurde<br />
Monsantos herbizidresistente Roundup-<br />
Ready-Sojabohne als erste gentechnisch<br />
veränderte Pflanze in der EU zugelassen.<br />
Ginge es nach dem Willen der EuropäerInnen,<br />
hätte keine einzige gentechnisch<br />
veränderte Pflanze die Marktzulassung.<br />
Erst im Juni <strong>2006</strong> sprachen sich im<br />
Rahmen einer Eurobarometer-Umfrage 58<br />
Prozent der EuropäerInnen gegen<br />
Genfood aus.<br />
Trotzdem beugt sich die EU-Kommission<br />
den Interessen einiger mächtiger Agromultis<br />
wie Monsanto, Syngenta oder<br />
„Die EU stellt die Interessen<br />
der Gentech-Industrie<br />
vor jene ihrer BürgerInnen“<br />
Bayer und lässt Gentech-Pflanzen zum<br />
Anbau, zur Verfütterung oder sogar zum<br />
Verzehr in Europa zu. Die wissenschaftliche<br />
Unbedenklichkeitserklärung dazu<br />
12<br />
liefert die umstrittene Europäische<br />
Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA<br />
(European Food Safety Authority).<br />
Krank machender Gentech-Mais<br />
Wie so oft bedurfte es erst eines handfesten<br />
Skandals, um ihre seltsame Rolle<br />
zu einem öffentlichen Thema zu machen:<br />
Im Rahmen einer Fütterungsstudie mit<br />
Monsantos Gentech-Mais MON 863<br />
wiesen Ratten massive Störungen im<br />
Blutbild auf. Zusätzlich wurden eine<br />
Erhöhung des Blutzuckers bei weiblichen<br />
und die Zunahme von Nieren-Entzündungen<br />
bei männlichen Tieren festgestellt.<br />
Die französischen Behörden informierten<br />
die EFSA umgehend. Doch diese ignorierte<br />
die Studie und gab grünes Licht für<br />
die EU-Zulassung von MON 863 als<br />
Futter- und sogar als Lebensmittel. Die<br />
französische Tageszeitung „Le Monde“<br />
berichtete über den Vorfall und zerrte die<br />
EFSA erstmals ins Rampenlicht der<br />
Medienöffentlichkeit. Zwar versuchte<br />
Monsanto die Studienergebnisse im<br />
facts<br />
Nachhinein statistisch zu verwässern,<br />
Greenpeace konnte den Betrugsversuch<br />
aber gemeinsam mit dem französischen<br />
Gentechnik-Forscher Gilles-Eric Seralini<br />
aufdecken.<br />
Wer sind denn nun die „ExpertInnen“ in<br />
der EFSA, die bis dato keiner einzigen<br />
Gentech-Pflanze einen negativen Bescheid<br />
ausgestellt haben? Die Umweltgruppe<br />
Friends of the Earth ging der<br />
Frage nach, und die Ergebnisse versetzen<br />
selbst hartgesottene Verschwörungstheoretiker<br />
in Staunen. Zahlreiche WissenschaftlerInnen,<br />
die für die EFSA Beurteilungen<br />
durchführen, finden sich auf<br />
gesponserten Kongressen und sogar in<br />
einem Video der Biotech-Industrie<br />
wieder. So gerieten vor allem die deutschen<br />
Gremiumsmitglieder Detlef Bartsch<br />
und Hans-Jörg Buhk ins Zentrum der<br />
Kritik. Leider scheinen derartige Verstrickungen<br />
alltäglich zu sein. Auch die<br />
staatliche österreichische Lebensmittelsicherheitsagentur<br />
AGES ist in der<br />
Vergangenheit regelmäßig gemeinsam<br />
mit VertreterInnen aus der Pestizid- und<br />
Gentech-Industrie öffentlich aufgetreten.<br />
Voreingenommene<br />
WissenschafterInnen<br />
Die WissenschafterInnen der EFSA sind<br />
also zum Teil befangen, aber greifen sie<br />
bei der Risikobewertung von Gentech-<br />
Pflanzen nicht auf objektive Daten<br />
zurück? Die beiden Greenpeace-Experten<br />
Eric Gall und Christoph Then haben sich<br />
das näher angesehen, und auch hier sind<br />
die Ergebnisse schockierend. Die Daten<br />
und Studien stammen fast ausschließlich<br />
von den Firmen, die um die jeweilige<br />
Zulassung angesucht haben. Eric Gall<br />
bringt die Kritik auf den Punkt: „ Es ist<br />
absurd, dass die Gentech-Multis mit Hilfe<br />
der EFSA selbst darüber entscheiden<br />
dürfen, ob ihre Pflanzen ein Risiko für<br />
Mensch und Umwelt darstellen oder<br />
nicht. Obwohl die EFSA per EU-Recht<br />
dazu verpflichtet ist, auch andere Studien<br />
in ihre Risikobewertung einzubinden,<br />
werden kritische wissenschaftliche<br />
Kommentare von Mitgliedsländern<br />
konstant ignoriert.“ Langzeitstudien?<br />
Vorsorgeprinzip? Selbstverständlichkeiten<br />
bei einer ordentlichen Risikobewertung,<br />
aber für die EFSA kein Thema.<br />
Christoph Then, Gentechnik-Experte und<br />
Tierarzt, vermisst zusätzlich die notwendige<br />
Transparenz: „Die EU stellt die<br />
Interessen der Gentech-Industrie vor jene<br />
ihrer BürgerInnen. Unter dem Vorwand<br />
der Vertraulichkeit werden viele Studien<br />
zu Gentech-Pflanzen von der EFSA unter<br />
Verschluss gehalten. Der Verdacht liegt<br />
nahe, dass hier unangenehme Forschungsergebnisse<br />
vertuscht werden<br />
sollen.“ Immerhin, im Fall des oben<br />
erwähnten Gentech-Mais MON 863<br />
konnte Greenpeace Monsanto per<br />
Gerichtsbeschluss zur Offenlegung der<br />
Forschungsdaten zwingen.<br />
Trotzdem sind die Kompetenzen der<br />
EFSA damit noch lange nicht erschöpft.<br />
Auch in der Frage der nationalen Anbauverbote<br />
für in der EU zugelassene<br />
Gentech-Pflanzen vertraut die Europäische<br />
Kommission auf die Meinung<br />
ihrer Agentur. Diese Anbauverbote sind<br />
derzeit Gegenstand einer WTO-Klage,<br />
das endgültige Urteil des Schiedsgerichts<br />
soll im September veröffentlicht werden.<br />
Doch schon jetzt scheint entschieden,<br />
dass die EU-Kommission erneut im<br />
Umweltministerrat im Oktober über<br />
besagte Anbauverbote abstimmen lassen<br />
will. Und das, obwohl sich bereits im Juni<br />
2005 im selben Gremium mehr als die<br />
notwendigen zwei Drittel der EU-<br />
UmweltministerInnen für die Beibehaltung<br />
der Importverbote ausgesprochen<br />
haben. Die fragwürdige rechtliche<br />
Grundlage für das erneute Votum liefert,<br />
wie könnte es anders sein, ein Gutachten<br />
der EFSA.<br />
Zu guter Letzt hat die EFSA auch noch<br />
die Gentechnik-Vorsorgegesetze der<br />
österreichischen Bundesländer im Visier.<br />
Was die Landwirtschaft vor Schäden<br />
durch Gentechnik-Anbau schützen soll,<br />
ist der EU-Kommission ein lästiges<br />
Hindernis.<br />
Wachsende Kritik<br />
Aber auch das Positive soll nicht zu kurz<br />
kommen: Österreich ist nicht allein mit<br />
seinem gentechnikkritischen Kurs. Selbst<br />
die EU-Kommission scheint gespalten. So<br />
hat der aus Griechenland stammende EU-<br />
Umweltkommissär Stavros Dimas zum<br />
Ärger seiner AmtskollegInnen öffentlich<br />
die derzeitige Risikobewertung von<br />
Gentech-Pflanzen kritisiert und eine<br />
Reform der EFSA gefordert.<br />
Ähnlich die EU-UmweltministerInnen:<br />
Bei den Umweltministerräten unter<br />
Ratspräsident Pröll haben sich über 20<br />
Mitgliedsländer gegen die gängige<br />
Gentechnik-Zulassungspraxis durch<br />
Kommission und EFSA und für neue,<br />
rechtlich verbindliche Vorschriften<br />
ausgesprochen. Einen konkreten Beschluss<br />
darüber, ob und wie die EFSA<br />
reformiert wird, steht zwar noch aus, aber<br />
Österreich hat die Weichen gestellt. Jetzt<br />
liegt es an der finnischen EU-Präsidentschaft,<br />
Nägel mit Köpfen zu machen und<br />
den Gentechnik-BefürworterInnen das<br />
Jubiläum zu verderben. <br />
Fotos: Seite 12: GP/ Eric de Mildt •<br />
Seite 13 (von oben): GP/ Gabriel Paun • GP/ Dott •<br />
GP/ Eric de Mildt • GP/ Gabriel Paun<br />
your acts<br />
MEHR INFORMATIONEN<br />
FOE-Studie zu EFSA:<br />
www.foeeurope.org/GMOs/publications/<br />
EFSAreport.pdf<br />
Greenpeace-EU-Büro:<br />
eu.greenpeace.org/issues/news.html<br />
Die EU-Kommission beugt sich den Interessen<br />
einiger mächtiger Agromultis und lässt<br />
Gentech-Pflanzen zum Anbau, zur Verfütterung<br />
oder sogar zum Verzehr in Europa zu.<br />
Greenpeace-Aktion mit Freiheitsstatuen:<br />
stellvertretend für die 25 Mitgliedsstaaten<br />
und ein gentechnikfreies Europa.<br />
13
WENIG Grund zum FEIERN<br />
facts<br />
Österreich feiert „25 Jahre Nationalparks“.<br />
Aber Moment noch mit der<br />
Torte. Ein kritischer Blick auf das<br />
Fallbeispiel Nationalpark Donauauen.<br />
von Nina Thüllen und Jurrien Westerhof<br />
1871 brachen der Geologe<br />
Ferdinand Vandiveer Hayden, ein<br />
Fotograf und ein Maler auf, das Yellowstone-Gebiet<br />
zu bereisen. Was sie mitbrachten,<br />
faszinierte und überzeugte den<br />
US-Kongress, ein Jahr später mit dem<br />
Yellowstone den ersten Nationalpark der<br />
Welt einzurichten.<br />
Auch Österreich weist heute sechs<br />
Nationalparks auf. Die Vereinbarung, mit<br />
den Hohen Tauern den ersten Nationalpark<br />
Österreichs zu schaffen, wurde 100<br />
Jahren nach Haydens Expedition getroffen.<br />
Zehn Jahre später nominierte<br />
Kärnten 1981 als erstes Bundesland seine<br />
Anteilsfläche. Daher blickt Österreich<br />
heuer auf „25 Jahre Nationalparks in<br />
Österreich“ zurück.<br />
Umweltminister Pröll weist anlässlich des<br />
Jubiläums auf die „besondere Bedeutung<br />
und die Leistungen“ dieser „Vorzeigeprojekte<br />
im Naturschutz“ hin. Er freut sich,<br />
dass 6,5 Prozent aller Sommernächtigungen<br />
Österreichs in die Nationalparkgemeinden<br />
fallen und dass dort 247 Mio.<br />
Euro an Wertschöpfung erzeugt werden.<br />
Nationalpark Donauauen<br />
Doch in den Stolz mischen sich Zweifel.<br />
Nehmen wir als Beispiel den Nationalpark<br />
Donauauen. Bei seiner Gründung<br />
1996 wurden 11.500 Hektar als Zielfläche<br />
bestimmt. Die ursprünglich festgelegte<br />
Fläche von 9.300 Hektar ist jedoch nie<br />
angewachsen. Im Gegenteil: Anstatt das<br />
Gebiet zu vergrößern, wird es in ein<br />
enger werdendes Korsett von Infrastrukturprojekten<br />
gezwängt. Die schlauchartige<br />
Form macht es zusätzlich offen für<br />
Außeneinflüsse. Die wichtigsten Bedrohungen<br />
sind hier aufgezählt.<br />
Der Nationalpark trocknet aus<br />
Als Folge der Donauregulierung im 19.<br />
Jahrhundert und vor allem des Baus von<br />
Staudämmen seit Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
tieft sich die Donau ein. Der Wasserspiegel<br />
in den Altarmen und der Grundwasserspiegel<br />
im Au-Boden sinken<br />
ständig ab. Dämme verhindern das<br />
Einströmen der Donau. Die Au verlandet<br />
stellenweise und verändert dort langfristig<br />
ihren Charakter in Richtung eines<br />
Mischwaldes.<br />
Nationalpark oder Verkehrsinsel?<br />
Östlich und nördlich von Wien entsteht<br />
ein riesiges Autobahnnetzwerk. Ein Teil<br />
davon ist ein geplanter zweiröhriger<br />
Autobahntunnel unter der Lobau, ein<br />
anderer die Marchfeldautobahn Wien <strong>–</strong><br />
Bratislava. Der Tunnelausgang und die<br />
Entlüftungsschächte des Lobautunnels<br />
werden direkt an den Parkgrenzen<br />
liegen, die Marchfeldautobahn durchschneidet<br />
Marchfeld und Marchauen.<br />
Und das, obwohl es 15 km südlich bereits<br />
eine Autobahn gibt. Es sollen „leistungsfähige“<br />
Verbindungen in den Osten<br />
geschaffen werden, die Wien und<br />
Niederösterreich angeblich für ihre<br />
wirtschaftliche Entwicklung brauchen.<br />
Die Zugverbindung durchs Marchfeld<br />
nach Bratislava besteht jedoch immer<br />
noch aus einer einspurigen Dieselverbindung,<br />
alle zwei Stunden zuckelt ein Zug<br />
vorbei. Werden all diese Straßenpläne<br />
umgesetzt, so rollt die Transitlawine bald<br />
auch im Osten Österreichs. Profitieren<br />
werden multinationale Konzerne, die ihre<br />
Fracht noch billiger per LKW durch<br />
Europa transportieren lassen können.<br />
Unser Vorteil: Das polnische Fruchtjoghurt<br />
könnte ein oder zwei Cent billiger<br />
werden.<br />
Sand- und Kiesgewinnung<br />
Direkt am Südufer der Donau werden<br />
Sand und Kies abgebaut. Die Folgen: bis<br />
in den Nationalpark vordringender Staub<br />
und Lärm, aber auch die Veränderung<br />
des für die Au so wichtigen Grundwasserhaushalts.<br />
Die entstehenden Gruben<br />
werden als Deponien für Bauschutt,<br />
Betonaufbruch, Asphaltaufbruch und<br />
anderes genutzt.<br />
Ostautobahn<br />
Trotz massivem Widerstand von Umweltorganisationen<br />
wurde 1994 die Ostautobahn<br />
fertig gebaut. Stellenweise wird sie<br />
derzeit sogar um eine dritte Spur erweitert.<br />
Die tägliche Frequenz liegt bei<br />
65.000 Fahrzeugen, für das Jahr 2020<br />
werden 110.000 prognostiziert.<br />
Donauvertiefung<br />
Derzeit ist die Donau im Bereich des<br />
Nationalparks zwei bis 2,20 Meter tief.<br />
Doch es wird geplant, sie endgültig zur<br />
Schiffsautobahn auszubauen und den<br />
Wasserspiegel auf 2,80 m zu erhöhen.<br />
Nachvollziehbar ist das nicht, weil die<br />
Empfehlung der Donaukommission bei<br />
2,50 m liegt. Selbst der Geschäftsführer<br />
der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft<br />
Cargo, Marktführer beim Transport von<br />
Gütern auf der österreichischen Donau,<br />
hält eine Tiefe von 2,50 m für ausreichend.<br />
Der WWF befürchtet, dass mit<br />
dem Projekt ein Impuls für die Vertiefung<br />
der Donau auf der gesamten befahrbaren<br />
Strecke von 2.500 km gegeben wird. Nur<br />
wenn die Donau gleichmäßig tief ist,<br />
können größere Schiffe sie befahren. Man<br />
passt den Fluss den Schiffen an, anstatt<br />
die Schiffe dem Fluss.<br />
Das Verkehrsministerium versucht den<br />
Ausbau mit dringend benötigten Ausgleichsmaßnahmen<br />
für den Nationalpark<br />
zu erkaufen: So sollen Altarme, die den<br />
Zufluss von Donauwasser in den Park<br />
versperren, wieder geöffnet werden. Dass<br />
dieses Projekt das Ticket für die Vertiefung<br />
der gesamten Donau sein könnte,<br />
mit katastrophalen ökologischen Auswirkungen<br />
auf bislang unberührte Gebiete<br />
in Ländern wie Rumänien, Bulgarien<br />
und Kroatien, wird dabei verschwiegen.<br />
Flugzeuge ziehen ihre Bahnen<br />
Sämtliche Landungen auf der Piste 16<br />
bzw. Starts auf der Piste 34 des Flughafens<br />
Schwechat kreuzen die Donauauen<br />
in der Höhe von Mühlleiten. Im Jahr 2005<br />
macht das in Summe 36.260 Flugbewegungen<br />
(An- und Abflüge, ohne Warteschleifen).<br />
Dabei wird nicht nur großer<br />
Lärm erzeugt, sondern vermutlich auch<br />
überschüssiges Kerosin abgelassen. Für<br />
die Zukunft ist eine Zunahme des<br />
Flugverkehrs zu erwarten, es gibt sogar<br />
Pläne, eine dritte Piste am Flughafen<br />
Schwechat zu errichten. <br />
Fotos: Seite 14+15: GP/ Nina Thuellen<br />
NATIONALPARK DONAUAUEN<br />
Wo: Entlang der Donau von Wien/Lobau bis zur<br />
österreichisch-slowakischen Grenze.<br />
Fläche: 9.300 ha, Länge: ca. 36 km,<br />
Eröffnung: 1996<br />
Bewohner: ca. 800 höhere Pflanzenarten,<br />
über 30 Säugetier- und 100 Brutvogelarten,<br />
acht Reptilien-, 13 Amphibien-,<br />
60 Fisch- und Tausende Insektenarten.<br />
your acts<br />
LINKS zum Thema „bedrohte Lobau“ gibt’s<br />
unter: http://www.lobau.org/index.php?mode=10<br />
Der Nationalpark Donauauen:<br />
Außeneinflüsse wie Staudämme führen<br />
bereits teilweise zum Austrocknen der Au.<br />
Infrastrukturprojekte, riesige Autobahnnetze,<br />
Sand- und Kiesgewinnung verschmutzen<br />
Luft und Wasser.<br />
14<br />
15
acteure<br />
Fotos: GP/Teresa Novotny<br />
„Entscheidend ist das Wachstum“<br />
INTERVIEW mit Alexander Egit,<br />
44, über Greenpeace in China.<br />
Der studierte Politikwissenschafter<br />
arbeitet seit über zwei Jahrzehnten<br />
in der Umweltszene.<br />
Seit 1996 ist er bei Greenpeace in<br />
Zentral- und Osteuropa angestellt,<br />
davon acht Jahre als Kampagnenleiter,<br />
und war maßgeblich am Aufbau<br />
der osteuropäischen Büros beteiligt.<br />
Die vergangenen beiden Jahre<br />
pendelt er als strategischer Berater für<br />
die chinesischen Büros zwischen<br />
Peking, Hongkong und Wien.<br />
Was hat dich nach China gebracht?<br />
Greenpeace International hat China zur<br />
Priorität erklärt und Büros in Hongkong,<br />
Peking und Guangzhou eingerichtet. Ich<br />
bin dort, um strategisch zu beraten und mit<br />
einem Team einen Mehrjahresplan zu erarbeiten,<br />
aber auch um die Mitarbeiter vor<br />
Ort zu trainieren.<br />
Warum China und nicht Indien oder Afrika?<br />
China hat die höchste Wachstumsdynamik;<br />
was in China passiert, hat die größte globale<br />
Auswirkung. Man denke nur an den<br />
Klimawandel. Auch die kaufkräftige KonsumentInnenenschicht<br />
wächst in China rasant,<br />
sodass sie im überregionalen Maßstab<br />
zur Umweltzerstörung beiträgt.<br />
Man kann wohl nicht einfach als westliche<br />
Organisation in China aufkreuzen und<br />
seine Arbeit verrichten. Wo liegen die<br />
Unterschiede?<br />
Natürlich ist das Regime in China nicht zu<br />
vergleichen mit einer europäischen Demokratie.<br />
Es ist ein Einparteien-System, es<br />
gibt Medienzensur. Andererseits besteht<br />
für Umweltthemen insgesamt ein offenes<br />
Ohr. Die Chinesen sehen, dass ihr Wirtschaftswachstum<br />
von den Umweltfolgekosten<br />
aufgefressen wird. Die Gesundheitskosten<br />
durch die Luftverschmutzung<br />
und den Pestizideinsatz oder der Verlust<br />
fruchtbarer Flächen oder Trinkwasserressourcen<br />
sind gewaltige Probleme. Die sind<br />
der chinesischen Regierung bewusst. Außerdem<br />
verursachen Umweltprobleme oft<br />
soziale Unruhen. Wenn es kein Trinkwasser<br />
mehr gibt oder Felder nicht mehr bewässert<br />
werden können, weil ein Fluss verseucht<br />
wurde, wehren sich die Menschen.<br />
Also duldet die Regierung NGOs?<br />
Sie unterstützt sie sogar, solange man von<br />
bestimmten Themen die Finger lässt, etwa<br />
dem Drei-Schluchten-Staudamm oder<br />
Atomkraft. Es ist übrigens nicht so, dass die<br />
JournalistInnen in China, die über Umweltthemen<br />
schreiben, zensuriert werden,<br />
sondern sie wissen selbst, was sie schreiben<br />
können und was nicht. Aber der Hunger<br />
nach Umweltinformationen ist in China<br />
enorm hoch.<br />
Welche Themen werden am ehesten aufgegriffen?<br />
Themen rund um Gentechnik und Ernährung<br />
zum Beispiel. Wir haben gerade sehr<br />
erfolgreich auf Pestizide in Lebensmitteln<br />
hingewiesen. Bei der Gentechnikkampagne<br />
geht es uns um Produkte, die gentechnisch<br />
veränderte Organismen enthalten,<br />
aber auch um Freisetzungen. Seit zwei<br />
Jahren ist die Aussaat von gentechnisch<br />
verändertem Reis gestoppt.<br />
Die chinesische Regierung fürchtet sich davor,<br />
Exportmärkte für ihre Reisprodukte zu<br />
verlieren, aber auch vor der Abhängigkeit<br />
von multinationalen Konzernen. Sie wollen<br />
zwar Multis reinholen, ihnen auf der anderen<br />
Seite aber nicht zu viel Macht geben.<br />
Was sie vor allem ablehnen, ist, dass<br />
Chinesen schlechter behandelt werden<br />
oder eine problematischere Nahrung zu<br />
sich nehmen als z. B. Europäer.<br />
Das klingt, als wäre die chinesische Regierung<br />
in einigen Dingen sehr weitsichtig?<br />
Die wirklich machtvollen PolitikerInnen<br />
sind noch sehr stark auf dieser Wachstumsschiene.<br />
Darunter gibt es schon PolitikerInnen,<br />
die verstehen, dass es so nicht weitergehen<br />
kann. Man versucht in China mit<br />
diversen Maßnahmen, ein bisschen zu ökologisieren,<br />
aber entscheidend ist das<br />
Wachstum. Es geht einfach zu schnell. Und<br />
weil China so ein riesengroßes Land ist,<br />
geht es hier auch um die globale Zukunft.<br />
Wie effizient auch immer die Autos oder<br />
die elektrischen Geräte in China sind, bei<br />
der momentanen Zunahme reicht das<br />
einfach nicht.<br />
Zu welchen Themen arbeitet Greenpeace<br />
noch in China?<br />
Energie ist ein wichtiges Thema, das massive<br />
Wachstum im Verkehrs- und im Kraftwerksbereich.<br />
Greenpeace fokussiert sich<br />
auf die Energieproduktion, vor allem auf<br />
kalorische Kraftwerke. Wir versuchen<br />
„China Light and Power“ (CLP), einen der<br />
weltgrößten Energiekonzerne, dazu zu<br />
bewegen, auf erneuerbare Energien umzustellen.<br />
Man darf China nicht unterschätzen, es<br />
passiert viel. China hat die weltweit größte<br />
Fläche an thermischen Solaranlagen installiert<br />
und ist in absehbarer Zeit wohl<br />
auch einer der größten Windenergieproduzenten.<br />
Aber auch hier: Das Wachstum<br />
saugt alles auf.<br />
Weitere Themen?<br />
China importiert Holz oft aus illegalen<br />
Quellen, z. B. aus Papua-Neuguinea, exportiert<br />
es dann in verarbeiteter Form nach<br />
Europa und profitiert von der Wertschöpfung.<br />
Wir arbeiten daran, dass China nicht<br />
länger auf diese Art die illegale Abholzung<br />
tropischer Regenwälder unterstützt.<br />
Ein anderes Thema: elektronischer Müll,<br />
der nach China gebracht und von den<br />
Menschen unter fürchterlichen Bedingungen<br />
zerlegt wird. Wir versuchen, das Thema<br />
bei der Wurzel zu packen und Computerkonzerne<br />
oder Mobiltelefonhersteller<br />
dazu zu bringen, von vornherein auf<br />
giftige Substanzen in den Produkten zu<br />
verzichten.<br />
Waren deine in Europa gesammelten<br />
Erfahrungen mit Kampagnen auf China<br />
übertragbar?<br />
Nein, aber ich habe viel mit Osteuropa gearbeitet,<br />
jetzt bei Greenpeace und vorher<br />
bei Global 2000, auch schon zu kommunistischen<br />
Zeiten. Die Bedingungen waren<br />
in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Natürlich<br />
ist es anders, zum Beispiel weil es in<br />
China keine Oppositionsparteien gibt. Es<br />
geht einem Politiker in China nicht darum,<br />
bei den nächsten Wahlen zu gewinnen, es<br />
geht ihm nicht einmal besonders um sein<br />
Image. Das hat Vor- und Nachteile. Er hat<br />
nicht viel zu verlieren, aber dafür kann er<br />
von einer höheren Warte aus agieren.<br />
Die Umsetzungschancen sind in China<br />
höher, weil Dinge zum Teil ohne Rücksicht<br />
auf Verluste passieren. Im negativen Sinn<br />
etwa beim Drei-Schluchten-Staudamm:<br />
Der Energiehunger ist groß, also werden<br />
eine Million Menschen, auch gegen<br />
ihren Willen, abgesiedelt. Umgekehrt<br />
können sie ein notwendiges Umweltprogramm<br />
in einem unglaublichen Tempo<br />
durchziehen.<br />
Und auf Unternehmensseite?<br />
Da sind die Unterschiede nicht so groß.<br />
Für Greenpeace macht es natürlich einen<br />
Unterschied, dass wir keine direkten Aktionen<br />
machen können, außer in Hongkong.<br />
Wir können uns im Grunde nicht<br />
einmal mit einem Transparent auf einen<br />
Platz stellen. Ein sich spontan formierender<br />
Protest ist für die Regierung in China<br />
schwer handhabbar. Sie wollen die<br />
Kontrolle behalten.<br />
Wie arbeitet Greenpeace, wenn nicht mit<br />
Aktionen?<br />
Es gibt zum Beispiel Mitarbeiter, die als<br />
Bauern verkleidet gentechnisch veränderten<br />
Reis einkaufen gehen. Wenn die zuständigen<br />
Behörden oder die Wissenschaftler<br />
behaupten, den gibt’s nicht,<br />
legen wir den Sack Reis bei einer Pressekonferenz<br />
gemeinsam mit Labor-Gutachten<br />
auf den Tisch.<br />
Ähnlich arbeiten wir bei Pestiziden: Wir<br />
testen Gemüse und präsentieren die Resultate.<br />
Wir versuchen auch, die Einhaltung<br />
bestehender Umweltgesetze einzufordern.<br />
Es gibt viele Provinzen, wo<br />
Umweltgesetzte verletzt werden. Dort informieren<br />
wir die Medien und rütteln damit<br />
die Verantwortlichen auf. Aber eben<br />
nicht durch Bilder, sondern eher durch<br />
den Inhalt.<br />
Wie beurteilst du China als Militärmacht?<br />
Das Verhältnis zu Taiwan oder zu Japan<br />
ist nicht so schlecht, wie es immer dargestellt<br />
wird. Viel bedrohlicher sind die bevorstehenden<br />
Ressourcenkämpfe. Wenn<br />
es China nicht schafft, seine Ressourcenprobleme<br />
zu lösen, der innenpolitische<br />
Druck aber steigt, weil die Menschen in<br />
Richtung Wohlstand unterwegs sind, dann<br />
steigt der Druck zur Ressourcenkolonialisierung,<br />
ähnlich wie bei den USA. Dann<br />
wird die Welt den Preis dafür bezahlen.<br />
Sowohl was das globale Klima als auch<br />
was den Frieden betrifft.<br />
Hast du die Umweltverschmutzung auch<br />
selbst erfahren?<br />
Es gibt Tage, an denen ich die 20 Minuten<br />
Fußmarsch von meiner Unterkunft zum<br />
Büro in Peking mit einer Maske zurücklege,<br />
weil die Staubbelastung so hoch ist.<br />
Man merkt auch, dass die Wüste an Peking<br />
heranrückt, eine Folge des Klimawandels.<br />
Statt, wie bei uns, Schnee und<br />
Hagel liegt manchmal Sand in der Stadt.<br />
Das hat etwas sehr Apokalyptisches. Vielleicht<br />
ist auch deshalb Umwelt ein so großes<br />
Thema: Du spürst die negativen Auswirkungen<br />
jeden Tag in der Hauptstadt.<br />
Kann man da optimistisch bleiben?<br />
Die Frage ist: Wo geht die Reise hin? Der<br />
höhere Wohlstand führt zu mehr Verbrauch,<br />
aber auch zu mehr Bewusstsein.<br />
Dieses höhere Bewusstsein einer Zivilgesellschaft<br />
ist immer ein ganz wichtiger<br />
Motor, nicht nur für ökologische, sondern<br />
auch für politische Veränderungsprozesse.<br />
Es geht in vielerlei Hinsicht in die richtige<br />
Richtung. Aber geht es schnell genug?<br />
Hier sehe ich auch ein bisschen die Rolle<br />
von Greenpeace: Wir müssen Prozesse,<br />
die in die richtige Richtung gehen, beschleunigen.<br />
<br />
Interview: Roman Kellner<br />
16<br />
17
„Du stehst als Person da“<br />
Mal ketten sie sich vor einer Konzernzentrale an, mal seilen sie sich von einem prominenten Gebäude ab, mal verteilen<br />
sie einfach nur Informationen an PassantInnen. Die gelben Jacken anonymisieren, doch darin stecken IndividualistInnen,<br />
die für eine Sache geradestehen. Stellvertretend für viele: Vier<br />
AktivistInnen im Porträt.<br />
von Roman Kellner<br />
„Sie denken mehr nach, sie wollen mehr wissen und mehr tun“<br />
Bianca Müller, 19, Area-Networkerin und Assistenz beim Projekt „Zukunftsfähig“<br />
„Wie beim Fußball“<br />
Tom Trenker, 28, Aktivist und AktivistInnen-Betreuer<br />
acteure<br />
Das Engagement wurde Bianca nicht in<br />
die Wiege gelegt. Ihre Familie ist konservativ,<br />
der Onkel besitzt eine Tankstelle im<br />
ersten Wiener Gemeindebezirk. Wenn<br />
Bianca zu Hause von Umweltthemen anfängt,<br />
führt das regelmäßig zu Streit und<br />
Tränen. Doch da gibt es in der Schule Mag.<br />
Neumann, die Deutschprofessorin. „Sie<br />
hat uns irgendwie zum Denken gezwungen.“ Und die Literatur:<br />
Morton Rhue zum Beispiel, der Autor von „Die Welle“.<br />
Mit 15 beschließt Bianca, aktiv zu werden, stößt auf die Greenpeace-Homepage<br />
und kurz darauf zu den Jugendaktionsgruppen<br />
(JAG). Die Eltern sind dagegen. „Greenpeace nutzt dich nur<br />
aus“, monieren sie. Aber im Grunde, so Bianca, wüsste ihre<br />
Familie gar nicht, was Greenpeace eigentlich tut und bewirkt.<br />
Bei den JAG, Jugendliche<br />
zwischen 14 und 20, fühlt<br />
sich Bianca verstanden: „Unter<br />
denen gibt es viele Freigeister.<br />
Sie sind aufgeklärter,<br />
sie denken mehr nach, sie<br />
wollen mehr wissen und<br />
mehr tun.“ Die JAG dürfen<br />
noch an keinen illegalen Aktionen<br />
teilnehmen. Also fließen<br />
ihre Energien in Infostände,<br />
kleinere Aktionen,<br />
Workshops und neuerdings<br />
auch so genannte Shoppingtouren.<br />
Bei Spaziergängen<br />
durch Einkaufsstraßen erzählen<br />
sie Geschichten oder<br />
stellen Fragen. Bei<br />
McDonald’s ist das Thema,<br />
wie der Burger auf den Teller<br />
kommt, bei H & M die Geschichte<br />
einer Jeans und bei<br />
Tchibo der fehlende Trans-<br />
Fair-Kaffee. „Wir wollen<br />
niemanden vor den Kopf<br />
stoßen. Es geht um Bewusstseinsarbeit.“<br />
Neuerdings tragen Bianca und andere JAG mit dem Workshop<br />
„Einmal Zukunft, bitte“ die Themen Globalisierung und<br />
Nachhaltigkeit an Schulen. Fürchtet sie sich nicht vor einer<br />
Klasse von 14- oder 15-Jährigen? Wenn die Klasse motiviert ist,<br />
antwortet Bianca, sei es nicht so schwer. Man müsse halt gut<br />
informiert sein.<br />
Mittlerweile koordiniert die 19-Jährige als „Area-Networkerin“<br />
die JAG und ist geringfügig bei Greenpeace angestellt. Nachdem<br />
sie vergangenen Sommer die Krankenpflegeschule abgebrochen<br />
hatte, fing sie an, freiwillig im Greenpeace-Büro mitzuarbeiten.<br />
Daraus entwickelte sich ein Assistenzjob beim<br />
Zukunftsprojekt (Näheres unter www.einefueralle.at). Und auch<br />
ihr Leben außerhalb von Greenpeace hat wieder mehr Orientierung<br />
bekommen: Nach einem Aufbaulehrgang für wirtschaftliche<br />
Berufe will sie studieren,<br />
am liebsten Geschichte, Philosophie<br />
und Parapsychologie.<br />
Greenpeace wird sie<br />
freilich die Treue halten.<br />
Noch heuer steht ein<br />
Aktionstraining am Programm,<br />
um in Zukunft auch<br />
bei härteren Aktionen dabei<br />
sein zu können.<br />
Ist Bianca nun die große<br />
Ausnahme ihrer Generation,<br />
eine Außenseiterin der Spaßgesellschaft?<br />
Nein, so hart<br />
geht Bianca mit den Jungen<br />
von heute nicht ins Gericht:<br />
„Viele junge Leute interessieren<br />
sich für Umweltthemen,<br />
aber sie engagieren<br />
sich halt nicht.“ Und wird sie<br />
ihre Familie je überzeugen<br />
können? Nein, das glaube sie<br />
nicht, obwohl sie es immer<br />
wieder versuche. Aber seit<br />
Bianca bei den JAG ist, weiß<br />
sie, dass es vielen so geht.<br />
Das hilft.<br />
Tom ist die Liebenswürdigkeit in Person:<br />
Sanfte Stimme, Tiroler Akzent, geschlechtsneutrale<br />
Formulierungen. Kaum zu glauben,<br />
dass ausgerechnet er, der überzeugte<br />
Veganer, schon bei zwei Aktionen Opfer<br />
von Aggression wurde.<br />
Beim ersten Mal blockiert er mit Greenpeace<br />
den Hintereingang des Umweltministeriums.<br />
Ein enger, dunkler Vorraum, keine Fotografen. Ein<br />
Angestellter des Ministeriums will um jeden Preis in das Gebäude,<br />
packt Tom und stößt ihn zurück. Der Aktivist schlägt hart mit<br />
dem Kopf auf dem Steinboden auf. Der Mann verschwindet im<br />
Gebäude, Tom liegt am Boden, nimmt für kurze Zeit nur eingeschränkt<br />
wahr, was um ihn herum passiert. Sein Resümee:<br />
„Meine schlimmste Erfahrung bisher“. Beim zweiten Mal <strong>–</strong> eine<br />
Aktion im Hauptgebäude<br />
der Atomenergiebehörde<br />
IAEO <strong>–</strong> ist ein Türsteher von<br />
der Situation überfordert<br />
und langt zu. Der Sicherheitsbeamte<br />
entschuldigt<br />
sich später. Es sei kein normaler<br />
Tag für ihn gewesen.<br />
Mittlerweile hat Tom an 25<br />
bis 30 Aktionen teilgenommen,<br />
die positiven Erfahrungen<br />
überwiegen bei<br />
weitem. Die Annäherung an<br />
Greenpeace erfolgte Schritt<br />
für Schritt: Nach einigen<br />
Jahren als einfacher Spender<br />
lernt er in Linz einen<br />
Aktivisten kennen, der sein<br />
Interesse weckt, mehr zu<br />
tun. Doch erst als ihn nach<br />
mehreren Berufsjahren das<br />
Studium der Politikwissenschaften<br />
nach Wien zieht,<br />
ergibt sich die Gelegenheit,<br />
im Greenpeace-Büro vorbeizuschauen<br />
und sich bald<br />
darauf der Gruppe Wien anzuschließen.<br />
„Da waren lässige Leute und eine gute Atmosphäre“,<br />
also bleibt er. Nach dem Basistraining folgt die erste Aktion<br />
bei der OPEC-Konferenz in Wien: „Ich war sehr nervös,<br />
obwohl ich einen 0815-Job gemacht habe. Heute hat die Nervosität<br />
vor den Aktionen nachgelassen, aber dieses gewisse Kribbeln,<br />
der Kick, dieses Nie-sicher-Wissen, was passiert, das gehört<br />
noch immer dazu. „Der Knackpunkt ist meist der Anfang, bis das<br />
Design der Aktion so steht, wie man es geplant hat.“ Der passionierte<br />
Fußballer kennt das Gefühl: „Es ist ähnlich wie beim Fußballspielen.<br />
Man kriegt von der Außenwelt wenig mit. Erst wenn<br />
die Aktion steht, sieht man wieder, was rundherum passiert.“<br />
Auf die Frage, was einen guten Aktivisten, eine gute Aktivistin<br />
ausmacht, fällt Tom, der mittlerweile einige Stunden pro Woche<br />
als AktivistInnen-Betreuer arbeitet, viel ein: Verlässlichkeit. Bekenntnis<br />
zur Gewaltfreiheit.<br />
Hinter dem Thema stehen,<br />
nur so wirke der Protest authentisch.<br />
Technisch brauche<br />
es keine besonderen Fähigkeiten,<br />
weil sich für<br />
jede/n etwas finde. Zettel<br />
verteilen sei schließlich genauso<br />
wichtig wie Klettern.<br />
„Flexibel muss er oder sie<br />
sein“, ergänzt Tom noch,<br />
„und ein gutes Gefühl dafür<br />
haben, wann eine Situationen<br />
zu eskalieren droht.“<br />
Wobei die Polizei das geringste<br />
Problem sei: „Die<br />
machen nur ihren Job. Großteils<br />
interessieren sie sich<br />
bei den Aktionen für die<br />
Themen.“ Toms Vater übrigens<br />
ist Polizist <strong>–</strong> und Greenpeace-Spender.<br />
Fotos: Seite 18: Greenpeace •<br />
Seite 19 (von oben): Rudi Froese / GP •<br />
GP/ Kurt Prinz<br />
18 19
„Du stehst als Person da“<br />
Vier<br />
AktivistInnen im Porträt<br />
„Weniger Haben, mehr Sein“<br />
Annkatrin, 25, Aktivistin<br />
„Das Gefühl, die Welt verbessern zu müssen“<br />
Jutta Matysek, 33, Aktivistin<br />
Nach einer vierwöchigen Diät ist Annkatrin<br />
946 Kilogramm leichter als noch vor<br />
einigen Monaten. Neben den 60 Kilo Eigengewicht<br />
besitzt sie nur noch 40 Kilo Eigentum.<br />
Alles andere wurde vergraben,<br />
verschenkt, in Nachtzüge gesetzt und in<br />
Kaufhäuser zurückgebracht, gestohlen<br />
oder in öffentlichen Gebäuden montiert.<br />
Nichts davon wurde weggeworfen, weil wir leben, wie sie sagt,<br />
in einer Wegwerfgesellschaft. Und nichts wurde verkauft. Denn<br />
Geld, das sei doch wieder nur so eine falsche Sicherheit.<br />
Annkatrin geht es gut mit der neuen Bescheidenheit. Ihr Grafik-<br />
Design-Studium ist abgeschlossen, die Diplomarbeit ein 15-<br />
minütiger Film („Weniger Haben, mehr Sein“) über die vier<br />
Wochen des Loslassens. „Ich wollte zeigen, dass Gestaltung auch<br />
bedeuten kann, etwas abzuschaffen. Es wird an etwas gearbeitet,<br />
von dem am Ende nichts übrig bleibt.“ Natürlich ist der witzige<br />
und kluge Film auch eine Auseinandersetzung mit dem<br />
Konsumwahn. Annkatrin entstammt einem grün-alternativen<br />
Elternhaus. Sie wächst in<br />
einer Künstler-WG auf, wo<br />
„den ganzen Tag gesägt,<br />
geschraubt und fotografiert<br />
wurde.“ Wahrscheinlich<br />
kommt daher ihr „extremes<br />
Gestaltungsbedürfnis“. Sie<br />
beginnt im norddeutschen<br />
Braunschweig Grafik-Design<br />
zu studieren, das Studium<br />
führt sie schließlich nach<br />
Wien.<br />
Nach einem Jahr zweifelt sie<br />
an der Oberflächlichkeit von<br />
Design, will etwas völlig anderes<br />
machen und nimmt<br />
Kontakt mit Greenpeace auf.<br />
„Mit sieben oder acht war ich<br />
schon begeistert von Greenpeace<br />
und habe Bücher darüber<br />
gelesen. Ich dachte aber<br />
immer, das ist so eine verschworene<br />
Gemeinschaft von<br />
bärtigen Elite-Aktivisten.“<br />
Annkatrin besucht den Info-<br />
Abend und wird eines Besseren<br />
belehrt. Kurz darauf ist<br />
sie bei Aktionen der Gruppe Wien dabei. Aktionen entsprechen<br />
ihr, sie sind kreativ, bildhaft und plakativ. Zeichensprache funktioniere<br />
emotionaler und darum besser. Im Sommer 2005 beginnt<br />
die „Energy Revolution Tour 2005“. Annkatrin bereist drei<br />
Wochen lang mit dem Greenpeace-Schiff „Anna“ auf der Donau<br />
die Slowakei, Ungarn und Kroatien, nimmt an einigen Anti-<br />
Atom-Aktionen teil und wird wohl so etwas wie eine Elite-<br />
Aktivistin. Nur ohne Bart.<br />
Annkatrin lebt, was sie sagt. Und was sie sagt, klingt ziemlich<br />
weise. „Merkwürdig, dass Sachen nur wertvoll sind, wenn sie<br />
besessen werden. Dass Reichtum auch eine intakte Natur sein<br />
kann, ist kaum verankert.“<br />
Wer Reichtum so definiert, braucht nicht viel Materielles. Hauptsächlich<br />
funktionelle Dinge sind ihr geblieben, die Foto- und<br />
Videoausrüstung zum Beispiel oder die Kletterschuhe. Dafür nur<br />
sehr wenige Erinnerungsstücke, denn die wirklich wichtigen<br />
Erinnerungen seien im Kopf. Dafür werde das Loslassen von<br />
Vergangenem mit Leichtigkeit, Freiheit, der Möglichkeit, sich<br />
wesentlichen Dingen hinzuwenden<br />
und mehr Mobilität<br />
belohnt. Die will Annkatrin<br />
nun auch nutzen und mit ihrem<br />
Rucksack nach Hamburg<br />
ziehen, um dort ein<br />
Praktikum bei Greenpeace<br />
Deutschland zu machen. Dort<br />
lebt auch ihr Freund, der<br />
ähnlich gesinnt ist. Ob sie bei<br />
der Grafik bleibt, weiß sie<br />
noch nicht. Sie will mehr mit<br />
Menschen machen und weniger<br />
mit Computern, jedenfalls<br />
für den Moment leben.<br />
Zukunftsängste plagen sie<br />
nicht, denn wer ein gesundes<br />
Urvertrauen in sich selbst<br />
und in das Ungewisse habe,<br />
der brauche keine Sicherheitspolster.<br />
Fotos: Seite 20 (von oben):<br />
GP/ Teresa Novotny • Greenpeace<br />
Seite 21 (von oben):<br />
GP/ Ingrid Fankhauser • GP/ Kurt Prinz<br />
Jutta Matysek hat dreckige Schuhe.<br />
Pferdemist und Strohreste. Jutta ist Reitlehrerin.<br />
Dazu Pferdeführerin bei der<br />
Hippotherapie und Voltigier-Lehrerin. Und<br />
sie ist eine von Österreichs umtriebigsten<br />
AktivistInnen.<br />
Wann Juttas Engagement begonnen hat,<br />
ist schwer zu sagen. Einen Großvater, eine Urgroßmutter und<br />
eine Tante brachte ihr politisches Engagement gegen Hitler nach<br />
Buchenwald und Ravensbrück. Die Mutter engagiert sich in der<br />
Friedensbewegung, also geht Klein-Jutta schon als Kind auf Friedensdemos,<br />
malt Transparente und übernachtet mit zwölf in<br />
Hainburg. „Die Au-Besetzung war sicher ein Wendepunkt, da<br />
habe ich begonnen, politisch zu denken.“ Seither hat sie an unzähligen<br />
Aktionen teilgenommen. Menschenrechte, Tierschutz,<br />
Umweltschutz <strong>–</strong> das alles sei ohnedies nicht zu trennen. Man<br />
kennt Jutta in der Szene: Sie war mit Global 2000 aktiv, mit Virus,<br />
mit der Verkehrsinitiative LENA, mit der Botschaft der Besorgten<br />
Bürger und natürlich mit Greenpeace.<br />
Ihre erste Aktion als Rainbow<br />
Warrior war gegen das<br />
slowakische Atomkraftwerk<br />
Mochovce gerichtet. Vergangenes<br />
Jahr verhinderte<br />
sie mit Greenpeace in Südkorea<br />
die Errichtung einer<br />
Walfleischfabrik. Eine spannende<br />
Erfahrung sei das gewesen.<br />
Sie habe halt das Gefühl,<br />
die Welt verbessern zu müssen.<br />
Und das tue sie auch.<br />
Außerdem komme sie so<br />
viel herum und lerne interessante<br />
Leute kennen.<br />
„Was“, fragt sie, „soll ich<br />
denn sonst tun? Fernsehen?“<br />
Natürlich, manchmal<br />
nerve es schon, wenn sie<br />
zum Hundertsten Mal angepöbelt<br />
werde: „Geh wos<br />
oarbeiten.“ Aber das hat ihren<br />
Glauben an die eigene<br />
Mission nie erschüttern<br />
können: „Ich denke, dass<br />
jede Generation sich Rechte neu erkämpfen muss. Früher waren<br />
es soziale Rechte und jetzt muss man halt um das Recht auf eine<br />
gesunde Umwelt kämpfen.“<br />
Nebenbei ist Jutta noch Obfrau der Bürgerinitiative „Rettet die<br />
Lobau“. Und an dem Thema ist sie wirklich nahe dran. Wortwörtlich.<br />
Liegt ihr Arbeitsplatz, das Reit- und Therapiezentrum<br />
Donaustadt, doch genau auf der Trasse der geplanten Lobau-<br />
Autobahn. „Schau mal“, sagt sie und zeigt mit dem Finger auf<br />
ein nahes Waldstück, „dort beginnt die Lobau und da vorne ist<br />
einer der beiden Entlüftungsschlote geplant.“ Schon einmal hat<br />
das Reittherapiezentrum der Verlängerung der Südosttangente<br />
weichen müssen, nun droht es abermals einer Autobahn geopfert<br />
zu werden.<br />
Wenn es um die Lobau geht, ist Jutta nicht mehr zu stoppen:<br />
Dann referiert sie über Transportwahn und Täuschungsmanöver,<br />
über Fehlinformation und Feinstaubopfer, über Straßenpläne<br />
und Sachzwänge. Und sie weist auf die vielen behinderten<br />
Menschen hin, die hier mit Hilfe der Pferde Besserung suchen:<br />
„Keinem von denen ist bewusst, dass sie auch Feinstaub-Opfer<br />
sein können.“<br />
Optimismus und Kampfgeist<br />
tankt Jutta bei Spaziergängen<br />
im Wald auf, durch positive<br />
Rückmeldungen und<br />
durch ihr eigenes Pferd.<br />
Aber wenn jemand selbst so<br />
engagiert ist, erwartet er<br />
dann nicht dasselbe von den<br />
anderen? Jutta lässt Rosa<br />
Luxemburg antworten:<br />
„Niemand ist verpflichtet,<br />
mehr zu tun, als er kann“.<br />
Das sei ein guter Satz. Gewisse<br />
Dinge seien halt einfach<br />
nicht möglich. Und in<br />
die Richtung der Engagierten:<br />
„Man darf sich nicht nur<br />
daran messen, was man verhindert<br />
hat, sondern auch<br />
daran, was erst gar nicht<br />
versucht wurde, weil sie<br />
wussten, dass es Widerstand<br />
geben wird.“ <br />
Initiative „Rettet die<br />
Lobau <strong>–</strong> Natur statt Beton“:<br />
http://www.lobau.org<br />
20 21
Greenpeace sucht ein neues Zuhause<br />
Greenpeace in Zentral- und Osteuropa sucht ein neues Büro.<br />
interacttion<br />
Eine unbequeme Wahrheit<br />
FILMTIPP zum Klimawandel: „An inconvenient truth“<br />
Wir brauchen mindestens 1.400 m 2 Fläche (davon rund 500 m 2<br />
Lager) in Wien. Preisgünstig muss der neue Greenpeace-Sitz sein<br />
und öko logischen Mindeststandards entsprechen. Außerdem soll<br />
er öffentlich gut erreichbar sein und irgendwie sympathisch.<br />
Und weil das alles bereits wie ein Brief ans Christkind klingt,<br />
gleich noch ein paar verwegene Fragen:<br />
Sind Sie stolze/r ImmobilienbesitzerIn und wollen ein Ge -<br />
bäude, das diesen Kriterien entspricht, zu einem karitativen<br />
Zweck verschenken?<br />
Sind Sie BauherrIn und haben ein passendes Büro, mit dem Sie<br />
Greenpeace unterstützen wollen?<br />
Sind Sie ArchitektIn und wissen von einem ökologischen Bauvorhaben,<br />
in dem ein günstiger Teil wie geschaffen für unsere<br />
Bedürfnisse ist?<br />
Wissen Sie von einer charismatischen Immobilie, vielleicht einer<br />
alten Fabrik, die man günstig für unsere Zwecke umbauen könnte?<br />
WENN SIE SICH ANGESPROCHEN FÜHLEN oder uns sonst irgendwie helfen können,<br />
dann melden Sie sich doch bei Simone Roth unter Tel.: (01) 545 45 80-20 oder senden Sie eine E-Mail an simone.roth@greenpeace.at<br />
Zeichnung: Mimi, 5 Jahre<br />
Zeichnung: Leena, 5 Jahre<br />
„Wenn ein Frosch in einen Topf mit kochendem Wasser springt,<br />
hüpft er gleich wieder heraus. Wenn Sie den Frosch in kaltes<br />
Wasser setzen und dieses langsam erwärmen, wird er sitzen<br />
bleiben, bis es zu spät ist. In dieser Situation sind wir!“ Al Gore<br />
Es ist ein Horrorfilm. Aber es kommen keine finsteren Gestalten<br />
darin vor, keine Ungeheuer und schon gar keine Aliens. Im Gegenteil:<br />
Er spielt im Hier und Jetzt und es geht um die Erde. Und<br />
um uns alle.<br />
Der Film „An inconvenient truth“ (dt.: „Eine unbequeme Wahrheit“)<br />
von Regisseur Davis Guggenheim behandelt zwei Themen:<br />
Al Gore und das globale Klima. Die beiden sind kaum zu trennen.<br />
Al Gore, unter Bill Clinton US-Vizepräsident und im US-Wahlkampf<br />
2000 unter seltsamen Umständen der schlechtesten aller Alternativen<br />
George W. Bush unterlegen, war es, der das Klima-<br />
Protokoll von Kyoto mitverhandelt hatte. Dass es die USA bis heute<br />
nicht unterzeichnet haben, dafür kann er nichts. Ginge es nach<br />
ihm, dann würde die Welt schleunigst handeln, denn der Klimawandel,<br />
das hat er erkannt, ist die größte Aufgabe, vor der die<br />
Menschheit je gestanden hat. Seit Jahren zieht Gore, der viel eher<br />
an einen Professor als an einen Politiker erinnert, um die Welt und<br />
mahnt mit einer Multimedia-<br />
Show vor den Folgen des CO 2 -<br />
Ausstoßes.<br />
Nun gibt es diesen Film über<br />
Gore, aber eigentlich eher<br />
über sein Anliegen, das<br />
Weltklima. Es geht um<br />
schmelzendes Polareis und<br />
verschwindende Gletscher,<br />
um sich erwärmende Ozeane<br />
und um ein Anwachsen<br />
der Zahl und Stärke von<br />
Hurrikans. Wie gesagt, es ist ein Horrorfilm, und der Schrecken<br />
ergibt sich aus dem Wissen um den realen Hintergrund. Und für<br />
all jene, die sich prinzipiell keine Dokumentationen anschauen:<br />
Der Film ist kurzweilig und stellenweise sogar ein klein wenig<br />
witzig <strong>–</strong> wenn einem das Lachen nicht im Hals stecken bleibt.<br />
AB 13. OKTOBER <strong>2006</strong> ÖSTERREICHWEIT IM KINO.<br />
Mehr Infos unter: http://www.climatecrisis.net/<br />
„Einen positiven Beitrag zum Erhalt unseres Planeten leisten“<br />
Herr Bartelmuss, Sie haben beim Fest zu<br />
Ihrem 50. Geburtstag die Gäste gebeten, für<br />
Greenpeace zu spenden anstatt Geschenke<br />
mitzubringen? Warum?<br />
Ich habe keine unmittelbaren materiellen<br />
Wünsche und war nicht interessiert, eine<br />
Unzahl neuer Geschenke zu bekommen. Andererseits<br />
wollte ich einen positiven Beitrag zum Erhalt unseres<br />
Planeten leisten und einen Anreiz für andere geben zu spenden.<br />
Wie viel ist da zusammengekommen?<br />
Knapp 3.000 Euro.<br />
INTERVIEW mit Heinz Bartelmuss, 50, Unternehmer und seit ca. 15 Jahren Greenpeace-Spender<br />
Hat das Ergebnis Ihren Erwartungen entsprochen?<br />
Meine Erwartungen wurden sogar übertroffen.<br />
mit dem Greenpeace-Gedanken identifizieren wollten. Deshalb<br />
gab es auch die Spendenmöglichkeit für SOS Kinderdorf.<br />
Sind Sie trotzdem auch noch beschenkt worden?<br />
Ja, von manchen Gästen.<br />
Also würden Sie die Idee zur Nachahmung empfehlen?<br />
Ja, durchaus.<br />
Was schätzen Sie an Greenpeace?<br />
Das mutige, oft unkonventionelle Eintreten für Umweltziele auch<br />
gegenüber großen Organisationen und Konzernen.<br />
Würden Sie sich etwas von Greenpeace wünschen?<br />
Dass es sich nie für politische Zwecke einspannen lässt.<br />
Greenpeace im Bild<br />
Gentechnisch ver änderter Mais, davon<br />
hat man gehört, auch von manipulierter<br />
Soja oder Baumwolle. Aber Gentech-<br />
Papayas? In Thailand werden genau die<br />
zum Problem, vor allem weil es vor der<br />
Zulassung keine ausreichenden Tests<br />
gibt. Greenpeace informierte beim<br />
traditionellen Somtam (Papaya-Salat)-<br />
Festival in Bangkok die Besucher über<br />
die falsche Entwicklung.<br />
Wie haben die Gäste reagiert?<br />
Großteils positiv. Manche aber auch negativ, weil sich nicht alle<br />
Gibt es ein Thema, das Ihnen ganz besonders am Herzen liegt?<br />
Der Schutz des Regenwaldes am Amazonas, aber auch überall sonst.<br />
Foto: Greenpeace / Vinai Dithajohn<br />
Impressum<br />
Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Greenpeace in Zentral- und Osteuropa,<br />
Siebenbrunnengasse 44, 1050 Wien, Tel.: 01 / 54 54 580 - 0,<br />
net: www.greenpeace.at/, e-mail: office@greenpeace.at,<br />
Spendenkonto: P.S.K. 7.707.100 • www.greenpeace.at/spenden<br />
Chefredaktion: Roman Kellner<br />
Mitarbeit: Antje Helms, Corinna Milborn, Steffen Nichtenberger, Ilona Pertl, Hagen Schönherr,<br />
Claudia Sprinz, Nina Thüllen, Jurrien Westerhof • Korrektur: Elisabeth Gräf<br />
Bildredaktion: Teresa Novotny<br />
Grafische Gestaltung: www.hundundkatz.at<br />
Cartoon: Gerhard Haderer • Coversujet: Greenpeace / Kurt Prinz<br />
Druck: Niederösterreichisches Pressehaus<br />
ACT erscheint viermal jährlich auf 100 % Recyclingpapier.<br />
Ab einer Jahresspende von • 40,- wird das ACT gratis zugesandt.<br />
Das nächste ACT erhalten Sie im Dezember <strong>2006</strong>.<br />
Siebenbrunnengasse 44 • A-1050 Wien • Tel.: 01/545 45 80 • Fax: 01/545 45 98<br />
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