02.01.2014 Aufrufe

september – november 2006

september – november 2006

september – november 2006

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

act<br />

3 | SEPTEMBER <strong>–</strong> NOVEMBER <strong>2006</strong><br />

Fluchtgrund<br />

Klimawandel<br />

Die „Rainbow<br />

Warrior“<br />

im Libanon<br />

Nationalpark<br />

Donauauen<br />

AktivistInnen im Portrait<br />

Verlagspostamt 1050 Wien • P.b.b.<br />

DVR. Nr. 0462276 • Zulassungsnr. 02Z033302M


Internationale Greenpeace Aktionen<br />

actintro<br />

Editorial<br />

Inhalt<br />

Weltweit für den Klimaschutz<br />

Neurath, Deutschland, 13. 6. <strong>2006</strong><br />

actintro<br />

Kohle ist in Zeiten des Klimawandels neben<br />

Atomkraft die wohl dümmste Art Energie zu<br />

erzeugen. Leider hat sich das zu einigen Europäischen<br />

Regierungen noch immer nicht<br />

durchgesprochen. Aus diesem Grund projiziert<br />

Greenpeace „CO 2 kills!“ auf den Kühlturm des<br />

Kohlekraftwerks Neurath. Es wird langsam Zeit,<br />

den Ausbau der erneuerbare Energien Sonne,<br />

Wind und Biomasse zur Priorität zu erklären.<br />

Foto: Greenpeace<br />

02 INTERNATIONALE AKTIONEN<br />

03 EDITORIAL<br />

action<br />

04 FÜR MENSCHEN UND MEERE<br />

Ein Greenpeace-Schiff segelt im Mittelmeer<br />

für Umwelt und Frieden.<br />

Foto: Bernd Arnold / VISUM /GP<br />

Rotterdam, Niederlanden, 13. 6. <strong>2006</strong><br />

„Smoking kills“ malen AktivistInnen in<br />

riesigen Buchstaben auf ein Gebäude des<br />

Energieversorgers E.O.N. nahe Rotterdam.<br />

Der Slogan ist von der Zigarettenwerbung<br />

geklaut, und tatsächlich sind die Emissionen<br />

von Kohlekraftwerken ähnlich schädlich <strong>–</strong><br />

nur dass man ihnen nicht entkommt.<br />

Nur ein stillgelegtes Kohlekraftwerk ist<br />

ein gutes Kraftwerk.<br />

Foto: GP/ Philip Reynaers<br />

Zürich, Schweiz, 21. 6. <strong>2006</strong><br />

Manila, Philippinen, 21. 7. <strong>2006</strong><br />

Eine Aktion der anderen Art: Neun von<br />

Luftverschmutzung betroffene SchweizerInnen<br />

klagen die Behörden auf saubere Luft. Oder<br />

genauer: dass diese ihrer Schutzverpflichtung<br />

nachkommen. Greenpeace unterstützt die<br />

KlägerInnen, die bis zum Europäischen<br />

Gerichtshof für Menschenrechte gehen wollen.<br />

Im Bild: Der Schweizer Verkehrskampagner,<br />

eine Klägerin und der langjährige Leiter der<br />

USZ-Allergiestation. Foto: GP/ Grasser<br />

Mit Schwimmreifen stehen AktivistInnen<br />

vor dem Energie-Department in Manila.<br />

Eine ähnliche Aktion findet zeitgleich in<br />

Bangkok, Thailand, statt. Es ist ein Appell an<br />

die beiden Regierungen, dem zunehmend<br />

spürbareren Klimawandel etwas entgegenzusetzen<br />

und auch die ASEAN (Association of<br />

South-East Asian Nations) in diese Richtung zu<br />

drängen.<br />

Foto: GP/ Alex Baluyot<br />

Liebe Greenpeace-UnterstützerInnen,<br />

Seit fünf Jahren begrüße ich Sie an dieser Stelle mit<br />

einem aktuellen Thema und ersuche um Ihre tatkräftige<br />

Hilfe. In meinem 21. Editorial nehme ich nun<br />

Abschied von der Tätigkeit als Geschäftsführer bei<br />

Greenpeace Zentral- und Osteuropa. Allerdings nur,<br />

um mich ab September als „Development- and<br />

Fundraising-Director“ bei Greenpeace International<br />

einer noch größeren Verantwortung zu stellen.<br />

Wir haben in den vergangenen fünf Jahren viel<br />

erreicht. Unsere zentrale Vision, der Aufbau der<br />

Umweltarbeit in Osteuropa, ist umgesetzt: Von der<br />

Ostsee bis zum Schwarzen Meer begegnen wir der<br />

Umweltverschmutzung mit starken Teams, in Polen,<br />

der Slowakei, Ungarn und Rumänien. Die Erfolge<br />

können sich sehen lassen: So sind einige Länder aus<br />

der Gentechnik ausgestiegen. Mit der Schiffstour<br />

2005 durch acht Donaustaaten konnten wir auf viele<br />

Energieprobleme hinweisen. Das Ende einiger zerstörerischer<br />

Projekte wie eines Goldbergwerks in<br />

Rumänien oder eines Straßenprojekts durch einige<br />

der wertvollsten Naturgebiete Polens steht bevor.<br />

Und auch in Österreich waren wir mit unseren<br />

Kampagnen gegen die Auswüchse des Straßenverkehrs,<br />

gegen Gifte und Gentechnik in Lebensmitteln<br />

oder für eine nachhaltige Fischeinkaufspolitik der<br />

Supermärkte erfolgreich.<br />

Mein Nachfolger Klaus Hochkogler beginnt am 1.<br />

Oktober. Er wird sich in der nächsten ACT-Ausgabe<br />

bei Ihnen vorstellen. Meine Bitte an Sie: Unterstützen<br />

Sie uns auch in Zukunft weiterhin, damit wir unseren<br />

Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen.<br />

Dr. Bernhard Drumel<br />

Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa<br />

actreport<br />

06 FLUCHTGRUND KLIMAWANDEL:<br />

Der Klimawandel zwingt immer mehr Afrikaner,<br />

die Flucht nach Europa anzutreten.<br />

facts<br />

10 DAS KLIMA UND DU<br />

Wir alle sind Verursacher des Klimawandels: Mit ein paar<br />

einfachen Tricks lässt sich der CO 2 -Ausstoß reduzieren.<br />

11 ERFOLGE<br />

12 GENTECHNIK AUF DEM PRÜFSTAND<br />

Mit der EFSA bestimmt in der EU eine äußerst<br />

dubiose Organisation, ob eine Gentech-Pflanze<br />

gefährlich ist oder nicht.<br />

14 WENIG GRUND ZUM FEIERN<br />

Das Beispiel Nationalpark Donauauen zeigt,<br />

es gibt nur wenig Grund, „25 Jahre Nationalparks“<br />

in Österreich zu feiern.<br />

acteure<br />

16 „ENTSCHEIDEND IST DAS WACHSTUM“<br />

Interview mit Alexander Egit, der beim<br />

Aufbau der Greenpeace-Büros in China dabei ist.<br />

18 „DU STEHST ALS PERSON DA“<br />

Vier Greenpeace-AktivistInnen im Portrait.<br />

interaction<br />

22 GREENPEACE SUCHT EIN NEUES ZUHAUSE<br />

Hat wer zufällig ein großes Büro übrig?<br />

„EINEN POSITIVEN BEITRAG<br />

ZUM ERHALT UNSERES PLANETEN LEISTEN“<br />

Interview mit einem langjährigen Greenpeace-Spender<br />

zum Thema „Spenden statt Geschenke“<br />

IMPRESSUM<br />

23 DAS GREENPEACE-BILD<br />

FILMTIPP: „An Inconvenient Truth“<br />

24 CARTOON VON GERHARD HADERER<br />

02<br />

03


FÜR MENSCHEN UND MEERE<br />

Ein Greenpeace-Schiff segelt im Mittelmeer für Umwelt und Frieden von Antje Helms, Meereskampagnerin<br />

Eigentlich sollte das Greenpeace-<br />

Flaggschiff „Rainbow Warrior“ drei<br />

Monate lang den Greenpeace-Büros rund<br />

ums Mittelmeer helfen, ihre gemeinsame<br />

Meeres-Kampagne neu durchzustarten:<br />

„Defending Our Mediterranean“, lautete<br />

das Motto in Italien, Griechenland, der<br />

Türkei, Israel, Malta, Spanien, Frankreich<br />

„Das Töten der Bomben ist<br />

genauso ein Akt der Gewalt<br />

wie die Zerstörung der Umwelt.“<br />

und im Libanon <strong>–</strong> mit einem gemeinsamen<br />

Ziel: Ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten.<br />

Wie geplant verlässt die „Rainbow<br />

Warrior“ am 19. Juni den Hafen von<br />

actreport<br />

Genua <strong>–</strong> als Fischereipatrouille. Vor<br />

Sizilien konfiszieren die Aktivisten an<br />

Bord mehrere illegale Treibnetze. Drei<br />

Wochen lang sammelt die Greenpeace-<br />

Crew zahlreiche Beweise für das erschreckende<br />

Ausmaß der illegalen Fischerei<br />

mit den Treibnetzen. Sofia, griechische<br />

Meereskampagnerin, zeichnet bei einer<br />

Pressekonferenz im Hafen von Athen ein<br />

deutliches Bild: „Jede Nacht werden so<br />

viele solche Netze ausgelegt, dass sie<br />

aneinandergereiht das Mittelmeer<br />

zweimal durchziehen könnten.“<br />

Am 16. Juli erreicht die „Rainbow<br />

Warrior“ Istanbul <strong>–</strong> und verwandelt sich<br />

in ein Forschungsschiff. Auf dem Weg<br />

nach Süden sollen Zählungen von Walen<br />

und Delfinen WissenschaftlerInnen aus<br />

der Türkei und Israel helfen, mehr über<br />

das Vorkommen von Meeressäugern im<br />

östlichen Mittelmeer herauszufinden.<br />

Danach sind Hafenbesuche in Beirut und<br />

in Haifa geplant. Doch es kommt anders.<br />

Plötzlich tauchen die Namen dieser<br />

Städte in den Nachrichten auf. Das<br />

Ostmittelmeer hat sich innerhalb weniger<br />

Tage zum akuten Krisengebiet entwickelt.<br />

Basma, Greenpeace-Pressesprecherin<br />

im Libanon, schreibt mir aus<br />

Beirut: „Wir werden morgen versuchen<br />

über die syrische Grenze das Land zu<br />

verlassen. Betet für uns und für den<br />

Frieden.“ Während Greenpeace-Mitarbeiter<br />

in Beirut vor den Bomben flüchten,<br />

verlässt die „Rainbow Warrior“ den<br />

Hafen von Istanbul mit einem großen<br />

Transparent zwischen den Masten:<br />

„Frieden jetzt!“ Es wird klar, dass<br />

die Schiffsroute geändert werden<br />

muss. Hibsy, israelische Internetredakteurin<br />

an Bord der „Rainbow<br />

Warrior“, schreibt im Logbuch: „Wir<br />

kämpfen für den Schutz des Mittelmeeres<br />

in einer sehr schwierigen<br />

Zeit. Das Töten der Bomben ist<br />

genauso ein Akt der Gewalt wie die<br />

Zerstörung der Umwelt.“<br />

Währenddessen bahnt sich für das<br />

ganze östliche Mittelmeer neben der<br />

humanitären auch eine ökologische<br />

Katastrophe an: Aus den zerbombten<br />

Tanks eines libanesischen Kraftwerkes<br />

strömen 35.000 Tonnen<br />

Schweröl ins Meer. Binnen weniger<br />

Tage breitet sich der Ölteppich über<br />

100 Kilometer weit aus. Doch wegen<br />

der anhaltenden Kämpfe kann nichts<br />

unternommen werden, um das<br />

Ausmaß der Ölkatastrophe einzudämmen.<br />

Auch die Crew der<br />

„Rainbow Warrior“ muss tatenlos<br />

abwarten.<br />

Anfang August wird das Greenpeace-Schiff<br />

zu dem, was es eigentlich<br />

am allerwenigsten ist <strong>–</strong> ein<br />

Transportschiff. Für „Ärzte ohne<br />

Grenzen“ pendelt es mit wichtigen<br />

medizinischen Hilfsgütern zwischen<br />

Zypern und Beirut hin und her, denn<br />

wegen des schwelenden Konflikts<br />

finden sich kaum andere Transportmöglichkeiten.<br />

Um das Sicherheitsrisiko<br />

zu begrenzen, werden die<br />

israelischen und libanesischen<br />

Behörden vor jeder Überfahrt<br />

informiert.<br />

Canan, meine Kollegin von Greenpeace<br />

Istanbul, spricht mir aus dem<br />

Herzen: „Als Meereskampagnerin<br />

hoffe ich, dass diese Schiffstour dazu<br />

beitragen kann, dass die Länder<br />

rund ums Mittelmeer besser zusammenarbeiten<br />

<strong>–</strong> und ihre Konflikte<br />

endlich der Vergangenheit angehören.“<br />

Auf der „Rainbow Warrior“<br />

arbeiten Menschen aus dreizehn<br />

Nationen friedvoll zusammen. Wie<br />

Sofia, Basma, Canan und Hibsy<br />

zeigen sie mir auf beeindruckende<br />

Weise, was für eine friedvolle<br />

Zusammenarbeit so entscheidend ist:<br />

Energie, Hoffnung, Mut, Gewaltfreiheit<br />

und Zusammenhalt über<br />

Grenzen hinaus. <br />

Fotos: Seite 4: GP/ Roger Grace •<br />

Seite 5 (von oben): GP/ Roger Grace • GP/ Nick Cobbing •<br />

GP/ Roger Grace • GP/ Christine Wurnig<br />

Das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“<br />

mit der Friedensbotschaft Richtung Krisengebiete...<br />

... war eigentlich als Fischereipatrouille und Forschungsschiff<br />

für Wale zum Schutz des Mittelmeeres unterwegs.<br />

Greenpeace-Aktion für den Verzicht bedrohter<br />

Fischarten vor Österreichs Supermärkten.<br />

ÖSTERREICH IST (FAST) HAIFREI<br />

Greenpeace versucht, Österreichs Superund<br />

Großmärkte durch Gespräche und<br />

Protestaktionen von einer ökologischen<br />

Fischeinkaufspolitik und vom Verzicht auf<br />

bedrohte Fischarten zu überzeugen.<br />

Die gute Nachricht zuerst: In Österreichs Super- und<br />

Großmärkten werden bald keine Haiprodukte mehr<br />

verkauft. Als Reaktion auf den Ende Mai veröffentlichten<br />

Greenpeace-Report „Ausverkauf der Meere <strong>–</strong> Bedrohter<br />

Fisch in Österreichs Supermärkten“ haben sechs<br />

österreichische Handelsketten beschlossen, den selten<br />

gewordenen Raubfisch auszulisten.<br />

Zahlreiche Unternehmen hatten infolge des Greenpeace-<br />

Drucks mitgeteilt, zukünftig auf bestimmte Fischarten zu<br />

verzichten. Der Waldviertler Nah&Frisch-Zulieferer Kastner<br />

auf Hai und tropische Shrimps, das westösterreichische<br />

Unternehmen Wedl auf Hai und Rochen. Die Tiroler Kette<br />

MPreis wird den Tiefseefisch Hoki aus dem Regal<br />

neh men, der Nah&Frisch-Zulieferer Kiennast Hai und<br />

Schwertfisch.<br />

Doch das kann nicht alles gewesen sein, findet Nina<br />

Thüllen, Greenpeace-Meeresexpertin: „Es ist bedauerlich,<br />

dass Unternehmen wie Spar, Rewe (Billa, Merkur, Penny)<br />

und Metro, die schon seit längerem auf Hai verzichten,<br />

meinen, damit ihre Schuldigkeit getan zu haben.“<br />

Andere agieren vorbildlich: Bereits im Mai bzw. Juli hatten<br />

Lidl und ADEG weitreichende Schritte in Richtung eines<br />

nachhaltigen Fischeinkaufs gesetzt. Beide Unternehmen<br />

hatten mehrere Fisch- bzw. Krustentierarten ausgelistet.<br />

ADEG analysiert nun sein Sortiment und erarbeitet<br />

Alternativen.<br />

Die Situation drängt zum Handeln. Die Welternährungsorganisation<br />

der Vereinten Nationen bezeichnet 76 Prozent<br />

der wirtschaftlich wichtigen Fischbestände als „komplett<br />

ausgebeutet“, „überfischt“ oder „erschöpft“. Die Bestände<br />

großer Raubfischarten wie Dorsch, Tunfisch und Schwert -<br />

f isch sind bereits um bis zu 90 Prozent zurückgegangen.<br />

your acts<br />

PROTESTMAIL AN<br />

SÄUMIGE SUPERMARKTKETTEN:<br />

http://marktcheck.greenpeace.at/3514.html<br />

TIPPS FÜR KRITISCHE<br />

FISCH-KONSUMENTINNEN:<br />

http://marktcheck.greenpeace.at/3436.html<br />

Die Fischreports gibt es unter:<br />

http://marktcheck.greenpeace.at/fischfuehrer.html<br />

und<br />

http://marktcheck.greenpeace.at/3430.html<br />

Eine Bewertung von über 150 Fischprodukten:<br />

http://marktcheck.greenpeace.at/fischprodukte.html<br />

04 05


actreport<br />

FLUCHTGRUND<br />

WANDEL<br />

Immer mehr Afrikaner machen sich<br />

auf den Weg, ihr Heil in Europa zu suchen.<br />

Viele werden von den Folgen des Klima wandels<br />

dazu gezwungen. Europa sieht sich mit einem<br />

Problem konfrontiert, das es mit verursacht hat.<br />

von Corinna Milborn<br />

Wer seinen Urlaub heuer an<br />

spanischen Küsten verbringt, läuft<br />

Gefahr, auf besonders drastische Weise<br />

mit den Folgen des globalen Klimawandels<br />

konfrontiert zu werden. Da ist nicht<br />

nur die seit drei Jahren anhaltende Dürre,<br />

die in billigeren Unterkünften die<br />

Duschen tröpfeln lässt. Es kann auch<br />

passieren, dass man in der Früh am<br />

Strand auf die angeschwemmte Leiche<br />

eines Afrikaners stößt. Oder dass zwischen<br />

den Schlauchbooten der Kinder ein<br />

überladenes Fischerboot voll verdurstender<br />

Flüchtlinge an den Strand treibt.<br />

Aus Westafrika ist die größte Flüchtlingswelle<br />

aller Zeiten nach Europa unterwegs:<br />

Allein auf den kanarischen Inseln<br />

kamen im ersten Halbjahr <strong>2006</strong> mehr als<br />

doppelt so viele Auswanderer als im<br />

ganzen Jahr zuvor <strong>–</strong> 11.000 wurden bis<br />

Ende Juni aufgegriffen, bis zu 500 am Tag<br />

schaffen die gefährliche Überfahrt aus<br />

Marokko, Mauretanien oder dem Senegal.<br />

In Mauretanien sollen weitere<br />

500.000 auf eine Gelegenheit zur Überfahrt<br />

warten, in Libyen sollen es <strong>–</strong> sagt<br />

das dortige Innenministerium <strong>–</strong> gar zwei<br />

Millionen sein, auf der Route von Marokko<br />

über das Mittelmeer nach Spanien<br />

sind etwa 50.000 Menschen unterwegs.<br />

Die meisten von ihnen kommen aus<br />

Westafrika, viele aus der Sahelzone. Ein<br />

Drittel bis die Hälfte, schätzt das Rote<br />

Kreuz, überlebt die Reise nicht. Warum<br />

tun sich Menschen solche Strapazen an?<br />

Ceuta. Grenze Afrik <strong>–</strong> Europa.<br />

„Wir sind hier, weil wir keine andere<br />

Wahl haben“, sagt dazu Mahouda aus <br />

06 07


FLUCHTGRUND<br />

KLIMAWANDEL<br />

Aus Westafrika ist die größte Flüchtlingswelle<br />

aller Zeiten nach Europa unterwegs.<br />

Ein Drittel bis die Hälfte, überlebt<br />

die Strapazen der Reise nicht.<br />

08<br />

Die Sahelzone trocknet aus.<br />

Keine andere Region der Erde ist vom<br />

Klimawandel so massiv betroffen.<br />

Mali. Er ist vor drei Jahren aus seinem Dorf in<br />

der Sahelzone aufgebrochen, um nach Europa<br />

zu fliehen, und steckt nun seit Monaten in<br />

Ceuta fest, der kleinen spanischen Exklave auf<br />

afrikanischem Boden. Bei einem der Massenanstürme<br />

auf den sechs Meter hohen Zaun, der<br />

Europa von Afrika trennt, hat er es über die<br />

Grenze geschafft und sich dabei einen Fuß<br />

gebrochen. „Was ist schon ein gebrochener<br />

Fuß gegen Europa?“ lacht er darüber. Tatsächlich<br />

musste er auf der Reise Schlimmeres<br />

durchmachen: Mit einer Flüchtlingsgruppe<br />

ging er den Großteil des Weges zu Fuß <strong>–</strong> quer<br />

durch die Sahara. Viele sind auf diesem Weg<br />

gestorben, sagt er.<br />

Andere haben Überfälle in Marokko nicht<br />

überlebt oder haben ihr Geld einem Schlepper<br />

und sich selbst einem Fischerboot anvertraut<br />

und wurden nie wieder gesehen. „Jeder von<br />

uns weiß, dass er auf der Fahrt sterben kann“,<br />

sagt Mahouda. „Aber im Sahel kann man nicht<br />

mehr leben, seit der Regen ausbleibt. Wir<br />

müssen für unsere Familien sorgen, die<br />

verhungern sonst. Für uns heißt es: Europa <strong>–</strong><br />

oder der Tod.“<br />

Ouahigouya, Sahel, Burkina Faso.<br />

Krieg, Armut, falsche Hoffnungen <strong>–</strong> das sind<br />

Gründe, die für die Fluchtwelle nach Europa<br />

aufgezählt werden. Doch ein Lokalaugenschein<br />

in der Sahelzone zeigt: Es gibt noch<br />

einen gravierenderen Grund, unausweichbarer<br />

als ein Krieg, und langfristig gnadenloser: Die<br />

Sahelzone trocknet aus. Keine andere Region<br />

der Erde ist vom Klimawandel so massiv<br />

betroffen. „Die Regenmenge hat sich nicht<br />

geändert, doch der Regen bringt nicht mehr<br />

Leben, sondern den Tod: Die Regenfälle<br />

kommen viel zu spät, dann dafür kurz und<br />

heftig, und dabei reißen sie alles mit“, erklärt<br />

Bernard Ledea Ouedraogo, Träger des Alternativen<br />

Nobelpreises, der im Norden von Burkina<br />

Faso seit 30 Jahren gegen den Hunger kämpft.<br />

Hunderte Dörfer haben unter seiner Anleitung<br />

Kooperativen aufgebaut, die gemeinsam Hirse<br />

lagern und in der Trockenzeit Gemüse anbauen.<br />

„Wir haben viel geschafft, aber wir haben<br />

zwei große Probleme: die Geburtenrate und<br />

den Klimawandel. Gegen die Bevölkerungsexplosion<br />

können wir etwas tun. Aber was<br />

machen wir gegen die Dürre?“<br />

Dorf Tolo, Sahel, Burkina Faso.<br />

In Tolo hat der Regen im vergangenen Jahr<br />

den Damm mitgerissen. Es ist ein kleines Dorf<br />

mitten im Sahel, nahe an der Grenze zu Mali,<br />

mit etwa 5.000 Einwohnern. Hier<br />

wird auch in guten Zeiten nur einmal<br />

am Tag gegessen: Am Abend gibt es<br />

Hirsebrei. Bis zur Ernte sind es noch<br />

acht Monate, die Vorräte sind jetzt<br />

schon knapp. Bis 2004 konnten die<br />

Dorfbewohner zusätzlich Gemüse<br />

anbauen. Ein Bewässerungsdamm<br />

aus rohen Steinquadern, gebaut in<br />

den 70er Jahren, staute die Weiße<br />

Volta, das Wasser versorgte die<br />

Felder und die Tiere. Dann kam<br />

eines der heftigen Gewitter, der<br />

Damm brach. Das ganze Dorf<br />

begleitet uns über die zersprungene<br />

Erde zum kläglichen Rest des Sees,<br />

einer schlammigen Lacke. Hunderte<br />

Kinder laufen mit, ihre Bäuche sind<br />

aufgebläht und von Krätzespuren<br />

übersät. Zwei, drei Wochen wird das<br />

Weltweit könnte die Zahl der Klimaflüchtlinge<br />

im Jahr 2010 bereits 50<br />

Millionen betragen, schätzt die UNO.<br />

Wasser vielleicht noch reichen.<br />

Dann kommt der Hunger. „Unsere<br />

einzige Chance ist, dass die Jungen<br />

auswandern“, erklärt einer der<br />

alten Männer.<br />

Die Zuwendungen der Auswanderer<br />

machen für die Länder der Sahelzone<br />

mittlerweile den größten Posten<br />

im Bruttonationalprodukt aus. Für<br />

Dörfer wie Tolo bedeuten sie das<br />

nackte Überleben.<br />

Rabat, Marokko,<br />

EU-Afrika-Konferenz.<br />

Der Klimawandel wird nicht dort<br />

gemacht, wo er seine tödlichen<br />

Folgen zeigt: Europa ist für 20,8<br />

Prozent des weltweiten Energieverbrauchs<br />

verantwortlich, Afrika für<br />

nur knapp über drei Prozent. Doch<br />

die Folgen kommen nun in kleinen<br />

Booten auch in Europa an. Weltweit<br />

könnte die Zahl der Klimaflüchtlinge<br />

im Jahr 2010 bereits 50 Millionen<br />

betragen, schätzt die UNO.<br />

Auf der Konferenz der EU und<br />

Afrika zu illegaler Migration im Juli<br />

<strong>2006</strong> ist das allerdings kein Thema.<br />

Die EU will nur eines besprechen:<br />

Wie die Masse der Auswanderer<br />

gestoppt werden kann, bevor sie<br />

europäischen Boden erreicht. 40<br />

Millionen Euro hat allein Marokko<br />

im vergangenen Jahr erhalten, um<br />

Flüchtlinge abzufangen und zurückzuschicken.<br />

In Libyen finanziert<br />

Italien große Lager, in die Bootsflüchtlinge<br />

abgeschoben werden. In<br />

Mauretanien kontrolliert die EU die<br />

Häfen und finanziert Auffanglager.<br />

Mit Mali, dem Senegal und Ghana<br />

wird über Massenabschiebungen<br />

verhandelt. Die Meerengen zwischen<br />

Europa und Afrika werden<br />

von Land, Wasser und Luft aus<br />

kontrolliert, und nun sogar vom<br />

Weltraum aus: Fünf Satelliten<br />

beobachten seit Juni Fluchtbewegungen<br />

in der Sahelzone bis hin in<br />

den Niger. Fluchtgründe waren auf<br />

der Konferenz kaum ein Thema.<br />

Im Sahel hat unterdessen die<br />

Regenzeit noch immer nicht eingesetzt.<br />

Mitte Juli und die Sonne<br />

brennt vom Himmel. „Wir machen<br />

uns auf eine neue Hungersnot<br />

gefasst“, sagt Moussa aus<br />

Ouahigouya. Er hat mich vorgestern<br />

angerufen <strong>–</strong> seine ganze Familie<br />

habe zusammengelegt, um ihm die<br />

Reise nach Europa zu finanzieren.<br />

Er will sich hier durchschlagen und<br />

Geld verdienen. „Ich will nicht<br />

weg“, sagt er. „Aber es ist die<br />

einzige Chance.“ <br />

Fotos: Seite 6+7: EPA / Carlos De Saa •<br />

Seite 8: EPA / Carlos De Saa • EPA / Juan Medina<br />

Seite 9: Alexandra Haager<br />

your acts<br />

BUCHTIPP<br />

Milborn, Corinna: „Gestürmte Festung Europa.<br />

Einwanderung zwischen Stacheldraht und<br />

Ghetto.“ Styria: Wien-Graz-Klagenfurt <strong>2006</strong>.<br />

www.festungeuropa.net<br />

Follow up<br />

Glück gehabt: Wale<br />

Bei der diesjährigen<br />

Tagung der<br />

Internationalen<br />

Walfangkommission<br />

(IWC) in St.<br />

Kitts und Nevis,<br />

Japan, sind die<br />

seltenen Meeressäuger<br />

gerade<br />

noch mit einem<br />

Blauwalauge davon gekommen. Allerdings: Mit<br />

32 zu 30 Stimmen haben sich die Wale-schützenden<br />

Nationen nur mehr denkbar knapp<br />

durchgesetzt. Japans Strategie, sich immer mehr<br />

kleine Länder mit „Hilfsgeldern“ einzukaufen,<br />

hat Erfolg. Das Walfangmoratorium selbst kann<br />

zwar nur eine Dreiviertelmehrheit zu Fall bringen,<br />

aber schon nächstes Jahr könnten einige<br />

kleinere und doch wichtige Entscheidungen zu<br />

Ungunsten der Wale ausgehen. Greenpeace<br />

wird jedenfalls Anfang nächsten Jahres wieder<br />

im Südpolarmeer sein, um sich den japanischen<br />

Walfängern entgegenzustellen. <br />

Glück gehabt: AKW Forsmark<br />

Das war knapp:<br />

Das schwedische<br />

Atomkraftwerk<br />

Forsmark ist Anfang<br />

August nur<br />

wenige Minuten<br />

und eher zufällig<br />

einer Kernschmelze<br />

entkommen.<br />

Ein Kurzschluss,<br />

ein Konstruktionsfehler und Personal, das auf<br />

dieses Szenario nicht vorbereitet war. Nach Aussage<br />

des früheren Direktors des AKW sei es „pures<br />

Glück gewesen, dass es nicht zu einer Kernschmelze<br />

gekommen ist“. Die schwedische<br />

Atomaufsichtsbehörde sieht das ähnlich.<br />

Das sei allen ins Stammbuch geschrieben, die<br />

meinen, ein Unfall wie in Tschernobyl sei in einem<br />

westlichen Hochtechnologieland nicht<br />

möglich: Es gibt kein sicheres Atomkraftwerk<br />

und daher weltweit genau 443 AKW zuviel. <br />

Fotos: (von oben) GP/ Dank Ngo • Greenpeace<br />

09


Das KLIMA und DU<br />

facts<br />

Greenpeace appelliert seit vielen Jahren an Industrie und Politik, wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel zu<br />

setzen. Doch rund ein Drittel des Energieverbrauchs entfällt in Österreich auf die privaten Haushalte. Wir zeigen mit<br />

einfachen Tipps, wie jede/r dazu beitragen kann, unser Klima zu schützen. von Hagen Schönherr und Claudia Sprinz<br />

Rund 30 Prozent des Stromverbrauchs<br />

und mehr als ein Drittel der<br />

Kohlendioxidemissionen in Österreich<br />

werden von den privaten Haushalten<br />

verursacht. Wer also glaubt, dass nur<br />

Industrie, Energieversorger und Politik<br />

schuld am Klimawandel sind, irrt. Wir alle<br />

teilen die Verantwortung, unsere knappen<br />

Ressourcen zu bewahren und den<br />

Umstieg auf klimaschonende Energieträger<br />

voranzutreiben. Dabei können schon<br />

mit kleinem Aufwand beachtliche Erfolge<br />

erzielt werden, die sogar den eigenen<br />

Geldbeutel entlasten.<br />

Klimaschutz unterwegs<br />

Sparen statt Fahren: Strecken unter fünf<br />

Kilometern kann jede/r leicht zu Fuß oder<br />

mit dem Fahrrad zurücklegen. Für den<br />

kleinen Einkauf also das Auto stehen<br />

lassen und auf alternative Verkehrsmittel<br />

umsteigen (Rad, Busse und Bahnen). Für<br />

den Weg zur Arbeit bieten sich Fahrgemeinschaften<br />

an <strong>–</strong> das spart nebenbei<br />

noch Geld. Wer auf den Großeinkauf<br />

nicht verzichten will, kann sich Lebensmittel<br />

auch zustellen lassen.<br />

Sparsam fahren: Wer trotzdem nicht auf<br />

das Auto verzichten kann oder will sollte<br />

bereits beim Kauf darauf achten ein<br />

sparsames Modell zu wählen <strong>–</strong> das<br />

funktioniert aber nur, wenn man auch<br />

spritsparend fährt. Wichtig sind zum<br />

Beispiel frühzeitiges Hochschalten,<br />

Motorbremse statt Fußbremse und das<br />

Abschalten des Motors auch bei kurzen<br />

Ampelstehzeiten.<br />

Ab in den Urlaub: Mit der Bahn reist<br />

man nicht nur entspannter, sondern<br />

schont auch die Umwelt <strong>–</strong> denn die Bahn<br />

hat beim Klimaschutz die Nase vorn.<br />

Wer auf günstige Aktionen achtet und<br />

früh bucht, kommt nebenbei günstiger<br />

weg. Fliegen schadet dem Klima weit<br />

mehr als alles andere, ist also für Klimabewusste<br />

nur vertretbar, wenn’s gar<br />

nicht anders geht.<br />

Wohnen und Leben<br />

Stromverbrauch senken: Stand-by-<br />

Schaltungen bei Fernseher, Radio und<br />

andere elektrische Geräte sind verantwortlich<br />

für bis zu acht Prozent des<br />

gesamten Stromverbrauchs. Also abschalten.<br />

Auch Haushaltsgeräte können wahre<br />

Energiefresser sein, beim Kauf auf einen<br />

günstigen Verbrauch (erkennbar durch<br />

die Energieeffizienzklasse) achten.<br />

Handyladegeräte nach Gebrauch<br />

ausstecken.<br />

Hausbau: Investitionen in eine gute<br />

Wärmedämmung machen sich schnell<br />

bezahlt. Solaranlagen auf dem Dach<br />

produzieren zudem Strom und Warmwasser<br />

ohne die Umwelt zu sehr zu belasten.<br />

Im Winter liegt die ideale Raumtemperatur<br />

bei höchstens 21 Grad, mehr ist weder<br />

gesund noch umweltfreundlich. Wer<br />

morgens lüftet und sonst an heißen Tagen<br />

die Türen und Fenster geschlossen lässt,<br />

hat es im Sommer angenehm kühl. Klima-<br />

anlagen sind dagegen richtige Stromfresser, alte Geräte enthalten<br />

sogar klimaschädliche Kohlenwasserstoffe.<br />

Öko- statt Atomstrom: Damit fördern Sie die Investition in<br />

erneuerbare Energieträger <strong>–</strong> jetzt den Stromanbieter wechseln!<br />

Ökostrom (www.oekostrom.at) und die Alpen Adria Naturstrom<br />

AG (www.aae-energy.com) bieten klimafreundliche Alternativen.<br />

Bio statt billig: Saisonale, möglichst unverarbeitete Bio-Lebensmittel<br />

aus der Region sind nicht nur gesünder und in der Regel<br />

auch ressourcenschonender hergestellt, sondern stärken auch die<br />

heimische Landwirtschaft.<br />

Verpackung: Es zählt, was drin ist, die Ver packung wird ohnedies<br />

weggeworfen. Eine weniger voluminöse und sparsame Verpackung<br />

schont die Umwelt. Mehrwegver packungen reduzieren<br />

die Müllberge, und Emissionen bei der Entsorgung werden<br />

vermieden.<br />

Natur im Garten: Statt aufwändigem Rasen lieber eine pflegeleichte<br />

Blumenwiese <strong>–</strong> mit weniger Energiebedarf für Pflege und<br />

Be wässerung und außerdem ohne Einsatz von giftigem Dünger<br />

und Spritzmitteln.<br />

Brauche ich das wirklich? Schlaue Umwelt- und Klimaschützer<br />

lassen sich nicht vom Konsumdruck manipulieren. Kaufen Sie<br />

nur, was Sie wirklich brauchen! <br />

Foto: Seite 10: GP/ Teresa Novotny<br />

your acts<br />

VIELE WEITERE TIPPS für einen ökologischen Lebensstil und eine<br />

Datenbank mit mehr als 2.500 bewerteten Lebensmitteln, Getränken und<br />

Kosmetika finden sich auf www.marktcheck.at, einer Website für bewusste<br />

KonsumentInnen von Greenpeace und anderen Umwelt-, Tierschutz- und<br />

Sozialorganisationen.<br />

AUCH „LEBENSART“, das Magazin der Umweltberatung und BioAustria, ist<br />

voll mit aktuellen Anregungen für eine nachhaltige Lebenskultur in Österreich.<br />

Das acht mal im Jahr erscheinende Heft informiert über nachhaltige Entwicklungen<br />

in den Bereichen Bauen & Wohnen, Biolandbau & Garten, Chemie, Energie,<br />

Entwicklungspolitik, Ernährung, Gesundheit, Gesellschaft, Kultur, Mobilität und<br />

Ressourcen. Kostenlose Probeexemplare zum Kennenlernen oder ein<br />

Jahresabo um 22 Euro gibt es unter: Tel.: 02742/708 55, Fax: DW: 20,<br />

Mail: tamara.graf@lebensart.at, www.lebensart.at<br />

Erfolge<br />

Computer ohne Schadstoffe<br />

Wieder ein Erfolg im<br />

Kampf gegen Giftstoffe in<br />

Elektrogeräten: Der Computer-Gigant<br />

Dell hat<br />

Greenpeace Ende Juni<br />

zugesichert, in Zukunft<br />

auf die gefährlichsten<br />

Substanzen in seinen<br />

Laptops und anderen<br />

elektronischen Produkten<br />

zu verzichten. Damit reiht sich das Unternehmen in eine<br />

beachtliche Liste von Konzernen, die Greenpeace mit seiner<br />

internationalen Chemie-Kampagne bereits auf die Seite der<br />

Guten gezogen hat. <br />

Philippinen ohne Kohlekraftwerk<br />

Die wachsende Widerstandsbewegung<br />

gegen<br />

weitere Kohlekraftwerke<br />

auf den Philippinen darf<br />

sich freuen. Die „Philippine<br />

National Oil Com -<br />

pany“ (PNOC) hat Mitte<br />

Juli zugesagt, auf ein geplantes<br />

Kohlekraftwerk<br />

bei Isabela zu verzichten.<br />

Erst zwei Wochen zuvor hatte Greenpeace gemeinsam mit<br />

GemeindevertreterInnen aus den umliegenden Ortschaften<br />

vor dem Gelände von PNOC protestiert. 15.000 Unterschriften<br />

konnten übergeben werden, ein klares Zeugnis für das<br />

Unbehagen der lokalen Bevölkerung gegen diese für Umwelt<br />

und Gesundheit schädliche Form der Energiegewinnung. <br />

Urwald ohne Soja<br />

Ein Etappensieg im Kampf<br />

um die Rettung der letzten<br />

Urwälder Brasiliens:<br />

Die weltweit führenden<br />

Agrarfirmen und Soja-<br />

Händler Cargill, Bunge,<br />

ADM und A.Maggi stimmten<br />

Ende Juli einem zweijährigen<br />

Moratorium für<br />

brasilianische Urwald-<br />

Soja zu. Die Unternehmen werden in dieser Zeit auf den<br />

Kauf von Soja von neu angelegten Feldern innerhalb<br />

des Amazonas-Regenwaldes verzichten. Die Entscheidung<br />

der Agrar-Riesen ist das Ergebnis einer internationalen Kampagne<br />

von Greenpeace unter dem Motto „Der Regenwald<br />

brennt für unser Essen“. <br />

Fotos: (von oben) GP/ Natalie Behring • GP/ Luis Liwanag • GP/ Daniel Beltra<br />

10 11


Gentechnik auf dem Prüfstand<br />

Wer entscheidet eigentlich in Europa, ob eine Gentech-Pflanze gefährlich ist oder nicht? Ein Blick hinter die Kulissen<br />

der umstrittenen Europäischen Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA. von Steffen Nichtenberger<br />

Im September <strong>2006</strong> feiern Gentechnik-Befürworter<br />

ein fragwürdiges<br />

Jubiläum. Genau vor zehn Jahre wurde<br />

Monsantos herbizidresistente Roundup-<br />

Ready-Sojabohne als erste gentechnisch<br />

veränderte Pflanze in der EU zugelassen.<br />

Ginge es nach dem Willen der EuropäerInnen,<br />

hätte keine einzige gentechnisch<br />

veränderte Pflanze die Marktzulassung.<br />

Erst im Juni <strong>2006</strong> sprachen sich im<br />

Rahmen einer Eurobarometer-Umfrage 58<br />

Prozent der EuropäerInnen gegen<br />

Genfood aus.<br />

Trotzdem beugt sich die EU-Kommission<br />

den Interessen einiger mächtiger Agromultis<br />

wie Monsanto, Syngenta oder<br />

„Die EU stellt die Interessen<br />

der Gentech-Industrie<br />

vor jene ihrer BürgerInnen“<br />

Bayer und lässt Gentech-Pflanzen zum<br />

Anbau, zur Verfütterung oder sogar zum<br />

Verzehr in Europa zu. Die wissenschaftliche<br />

Unbedenklichkeitserklärung dazu<br />

12<br />

liefert die umstrittene Europäische<br />

Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA<br />

(European Food Safety Authority).<br />

Krank machender Gentech-Mais<br />

Wie so oft bedurfte es erst eines handfesten<br />

Skandals, um ihre seltsame Rolle<br />

zu einem öffentlichen Thema zu machen:<br />

Im Rahmen einer Fütterungsstudie mit<br />

Monsantos Gentech-Mais MON 863<br />

wiesen Ratten massive Störungen im<br />

Blutbild auf. Zusätzlich wurden eine<br />

Erhöhung des Blutzuckers bei weiblichen<br />

und die Zunahme von Nieren-Entzündungen<br />

bei männlichen Tieren festgestellt.<br />

Die französischen Behörden informierten<br />

die EFSA umgehend. Doch diese ignorierte<br />

die Studie und gab grünes Licht für<br />

die EU-Zulassung von MON 863 als<br />

Futter- und sogar als Lebensmittel. Die<br />

französische Tageszeitung „Le Monde“<br />

berichtete über den Vorfall und zerrte die<br />

EFSA erstmals ins Rampenlicht der<br />

Medienöffentlichkeit. Zwar versuchte<br />

Monsanto die Studienergebnisse im<br />

facts<br />

Nachhinein statistisch zu verwässern,<br />

Greenpeace konnte den Betrugsversuch<br />

aber gemeinsam mit dem französischen<br />

Gentechnik-Forscher Gilles-Eric Seralini<br />

aufdecken.<br />

Wer sind denn nun die „ExpertInnen“ in<br />

der EFSA, die bis dato keiner einzigen<br />

Gentech-Pflanze einen negativen Bescheid<br />

ausgestellt haben? Die Umweltgruppe<br />

Friends of the Earth ging der<br />

Frage nach, und die Ergebnisse versetzen<br />

selbst hartgesottene Verschwörungstheoretiker<br />

in Staunen. Zahlreiche WissenschaftlerInnen,<br />

die für die EFSA Beurteilungen<br />

durchführen, finden sich auf<br />

gesponserten Kongressen und sogar in<br />

einem Video der Biotech-Industrie<br />

wieder. So gerieten vor allem die deutschen<br />

Gremiumsmitglieder Detlef Bartsch<br />

und Hans-Jörg Buhk ins Zentrum der<br />

Kritik. Leider scheinen derartige Verstrickungen<br />

alltäglich zu sein. Auch die<br />

staatliche österreichische Lebensmittelsicherheitsagentur<br />

AGES ist in der<br />

Vergangenheit regelmäßig gemeinsam<br />

mit VertreterInnen aus der Pestizid- und<br />

Gentech-Industrie öffentlich aufgetreten.<br />

Voreingenommene<br />

WissenschafterInnen<br />

Die WissenschafterInnen der EFSA sind<br />

also zum Teil befangen, aber greifen sie<br />

bei der Risikobewertung von Gentech-<br />

Pflanzen nicht auf objektive Daten<br />

zurück? Die beiden Greenpeace-Experten<br />

Eric Gall und Christoph Then haben sich<br />

das näher angesehen, und auch hier sind<br />

die Ergebnisse schockierend. Die Daten<br />

und Studien stammen fast ausschließlich<br />

von den Firmen, die um die jeweilige<br />

Zulassung angesucht haben. Eric Gall<br />

bringt die Kritik auf den Punkt: „ Es ist<br />

absurd, dass die Gentech-Multis mit Hilfe<br />

der EFSA selbst darüber entscheiden<br />

dürfen, ob ihre Pflanzen ein Risiko für<br />

Mensch und Umwelt darstellen oder<br />

nicht. Obwohl die EFSA per EU-Recht<br />

dazu verpflichtet ist, auch andere Studien<br />

in ihre Risikobewertung einzubinden,<br />

werden kritische wissenschaftliche<br />

Kommentare von Mitgliedsländern<br />

konstant ignoriert.“ Langzeitstudien?<br />

Vorsorgeprinzip? Selbstverständlichkeiten<br />

bei einer ordentlichen Risikobewertung,<br />

aber für die EFSA kein Thema.<br />

Christoph Then, Gentechnik-Experte und<br />

Tierarzt, vermisst zusätzlich die notwendige<br />

Transparenz: „Die EU stellt die<br />

Interessen der Gentech-Industrie vor jene<br />

ihrer BürgerInnen. Unter dem Vorwand<br />

der Vertraulichkeit werden viele Studien<br />

zu Gentech-Pflanzen von der EFSA unter<br />

Verschluss gehalten. Der Verdacht liegt<br />

nahe, dass hier unangenehme Forschungsergebnisse<br />

vertuscht werden<br />

sollen.“ Immerhin, im Fall des oben<br />

erwähnten Gentech-Mais MON 863<br />

konnte Greenpeace Monsanto per<br />

Gerichtsbeschluss zur Offenlegung der<br />

Forschungsdaten zwingen.<br />

Trotzdem sind die Kompetenzen der<br />

EFSA damit noch lange nicht erschöpft.<br />

Auch in der Frage der nationalen Anbauverbote<br />

für in der EU zugelassene<br />

Gentech-Pflanzen vertraut die Europäische<br />

Kommission auf die Meinung<br />

ihrer Agentur. Diese Anbauverbote sind<br />

derzeit Gegenstand einer WTO-Klage,<br />

das endgültige Urteil des Schiedsgerichts<br />

soll im September veröffentlicht werden.<br />

Doch schon jetzt scheint entschieden,<br />

dass die EU-Kommission erneut im<br />

Umweltministerrat im Oktober über<br />

besagte Anbauverbote abstimmen lassen<br />

will. Und das, obwohl sich bereits im Juni<br />

2005 im selben Gremium mehr als die<br />

notwendigen zwei Drittel der EU-<br />

UmweltministerInnen für die Beibehaltung<br />

der Importverbote ausgesprochen<br />

haben. Die fragwürdige rechtliche<br />

Grundlage für das erneute Votum liefert,<br />

wie könnte es anders sein, ein Gutachten<br />

der EFSA.<br />

Zu guter Letzt hat die EFSA auch noch<br />

die Gentechnik-Vorsorgegesetze der<br />

österreichischen Bundesländer im Visier.<br />

Was die Landwirtschaft vor Schäden<br />

durch Gentechnik-Anbau schützen soll,<br />

ist der EU-Kommission ein lästiges<br />

Hindernis.<br />

Wachsende Kritik<br />

Aber auch das Positive soll nicht zu kurz<br />

kommen: Österreich ist nicht allein mit<br />

seinem gentechnikkritischen Kurs. Selbst<br />

die EU-Kommission scheint gespalten. So<br />

hat der aus Griechenland stammende EU-<br />

Umweltkommissär Stavros Dimas zum<br />

Ärger seiner AmtskollegInnen öffentlich<br />

die derzeitige Risikobewertung von<br />

Gentech-Pflanzen kritisiert und eine<br />

Reform der EFSA gefordert.<br />

Ähnlich die EU-UmweltministerInnen:<br />

Bei den Umweltministerräten unter<br />

Ratspräsident Pröll haben sich über 20<br />

Mitgliedsländer gegen die gängige<br />

Gentechnik-Zulassungspraxis durch<br />

Kommission und EFSA und für neue,<br />

rechtlich verbindliche Vorschriften<br />

ausgesprochen. Einen konkreten Beschluss<br />

darüber, ob und wie die EFSA<br />

reformiert wird, steht zwar noch aus, aber<br />

Österreich hat die Weichen gestellt. Jetzt<br />

liegt es an der finnischen EU-Präsidentschaft,<br />

Nägel mit Köpfen zu machen und<br />

den Gentechnik-BefürworterInnen das<br />

Jubiläum zu verderben. <br />

Fotos: Seite 12: GP/ Eric de Mildt •<br />

Seite 13 (von oben): GP/ Gabriel Paun • GP/ Dott •<br />

GP/ Eric de Mildt • GP/ Gabriel Paun<br />

your acts<br />

MEHR INFORMATIONEN<br />

FOE-Studie zu EFSA:<br />

www.foeeurope.org/GMOs/publications/<br />

EFSAreport.pdf<br />

Greenpeace-EU-Büro:<br />

eu.greenpeace.org/issues/news.html<br />

Die EU-Kommission beugt sich den Interessen<br />

einiger mächtiger Agromultis und lässt<br />

Gentech-Pflanzen zum Anbau, zur Verfütterung<br />

oder sogar zum Verzehr in Europa zu.<br />

Greenpeace-Aktion mit Freiheitsstatuen:<br />

stellvertretend für die 25 Mitgliedsstaaten<br />

und ein gentechnikfreies Europa.<br />

13


WENIG Grund zum FEIERN<br />

facts<br />

Österreich feiert „25 Jahre Nationalparks“.<br />

Aber Moment noch mit der<br />

Torte. Ein kritischer Blick auf das<br />

Fallbeispiel Nationalpark Donauauen.<br />

von Nina Thüllen und Jurrien Westerhof<br />

1871 brachen der Geologe<br />

Ferdinand Vandiveer Hayden, ein<br />

Fotograf und ein Maler auf, das Yellowstone-Gebiet<br />

zu bereisen. Was sie mitbrachten,<br />

faszinierte und überzeugte den<br />

US-Kongress, ein Jahr später mit dem<br />

Yellowstone den ersten Nationalpark der<br />

Welt einzurichten.<br />

Auch Österreich weist heute sechs<br />

Nationalparks auf. Die Vereinbarung, mit<br />

den Hohen Tauern den ersten Nationalpark<br />

Österreichs zu schaffen, wurde 100<br />

Jahren nach Haydens Expedition getroffen.<br />

Zehn Jahre später nominierte<br />

Kärnten 1981 als erstes Bundesland seine<br />

Anteilsfläche. Daher blickt Österreich<br />

heuer auf „25 Jahre Nationalparks in<br />

Österreich“ zurück.<br />

Umweltminister Pröll weist anlässlich des<br />

Jubiläums auf die „besondere Bedeutung<br />

und die Leistungen“ dieser „Vorzeigeprojekte<br />

im Naturschutz“ hin. Er freut sich,<br />

dass 6,5 Prozent aller Sommernächtigungen<br />

Österreichs in die Nationalparkgemeinden<br />

fallen und dass dort 247 Mio.<br />

Euro an Wertschöpfung erzeugt werden.<br />

Nationalpark Donauauen<br />

Doch in den Stolz mischen sich Zweifel.<br />

Nehmen wir als Beispiel den Nationalpark<br />

Donauauen. Bei seiner Gründung<br />

1996 wurden 11.500 Hektar als Zielfläche<br />

bestimmt. Die ursprünglich festgelegte<br />

Fläche von 9.300 Hektar ist jedoch nie<br />

angewachsen. Im Gegenteil: Anstatt das<br />

Gebiet zu vergrößern, wird es in ein<br />

enger werdendes Korsett von Infrastrukturprojekten<br />

gezwängt. Die schlauchartige<br />

Form macht es zusätzlich offen für<br />

Außeneinflüsse. Die wichtigsten Bedrohungen<br />

sind hier aufgezählt.<br />

Der Nationalpark trocknet aus<br />

Als Folge der Donauregulierung im 19.<br />

Jahrhundert und vor allem des Baus von<br />

Staudämmen seit Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

tieft sich die Donau ein. Der Wasserspiegel<br />

in den Altarmen und der Grundwasserspiegel<br />

im Au-Boden sinken<br />

ständig ab. Dämme verhindern das<br />

Einströmen der Donau. Die Au verlandet<br />

stellenweise und verändert dort langfristig<br />

ihren Charakter in Richtung eines<br />

Mischwaldes.<br />

Nationalpark oder Verkehrsinsel?<br />

Östlich und nördlich von Wien entsteht<br />

ein riesiges Autobahnnetzwerk. Ein Teil<br />

davon ist ein geplanter zweiröhriger<br />

Autobahntunnel unter der Lobau, ein<br />

anderer die Marchfeldautobahn Wien <strong>–</strong><br />

Bratislava. Der Tunnelausgang und die<br />

Entlüftungsschächte des Lobautunnels<br />

werden direkt an den Parkgrenzen<br />

liegen, die Marchfeldautobahn durchschneidet<br />

Marchfeld und Marchauen.<br />

Und das, obwohl es 15 km südlich bereits<br />

eine Autobahn gibt. Es sollen „leistungsfähige“<br />

Verbindungen in den Osten<br />

geschaffen werden, die Wien und<br />

Niederösterreich angeblich für ihre<br />

wirtschaftliche Entwicklung brauchen.<br />

Die Zugverbindung durchs Marchfeld<br />

nach Bratislava besteht jedoch immer<br />

noch aus einer einspurigen Dieselverbindung,<br />

alle zwei Stunden zuckelt ein Zug<br />

vorbei. Werden all diese Straßenpläne<br />

umgesetzt, so rollt die Transitlawine bald<br />

auch im Osten Österreichs. Profitieren<br />

werden multinationale Konzerne, die ihre<br />

Fracht noch billiger per LKW durch<br />

Europa transportieren lassen können.<br />

Unser Vorteil: Das polnische Fruchtjoghurt<br />

könnte ein oder zwei Cent billiger<br />

werden.<br />

Sand- und Kiesgewinnung<br />

Direkt am Südufer der Donau werden<br />

Sand und Kies abgebaut. Die Folgen: bis<br />

in den Nationalpark vordringender Staub<br />

und Lärm, aber auch die Veränderung<br />

des für die Au so wichtigen Grundwasserhaushalts.<br />

Die entstehenden Gruben<br />

werden als Deponien für Bauschutt,<br />

Betonaufbruch, Asphaltaufbruch und<br />

anderes genutzt.<br />

Ostautobahn<br />

Trotz massivem Widerstand von Umweltorganisationen<br />

wurde 1994 die Ostautobahn<br />

fertig gebaut. Stellenweise wird sie<br />

derzeit sogar um eine dritte Spur erweitert.<br />

Die tägliche Frequenz liegt bei<br />

65.000 Fahrzeugen, für das Jahr 2020<br />

werden 110.000 prognostiziert.<br />

Donauvertiefung<br />

Derzeit ist die Donau im Bereich des<br />

Nationalparks zwei bis 2,20 Meter tief.<br />

Doch es wird geplant, sie endgültig zur<br />

Schiffsautobahn auszubauen und den<br />

Wasserspiegel auf 2,80 m zu erhöhen.<br />

Nachvollziehbar ist das nicht, weil die<br />

Empfehlung der Donaukommission bei<br />

2,50 m liegt. Selbst der Geschäftsführer<br />

der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft<br />

Cargo, Marktführer beim Transport von<br />

Gütern auf der österreichischen Donau,<br />

hält eine Tiefe von 2,50 m für ausreichend.<br />

Der WWF befürchtet, dass mit<br />

dem Projekt ein Impuls für die Vertiefung<br />

der Donau auf der gesamten befahrbaren<br />

Strecke von 2.500 km gegeben wird. Nur<br />

wenn die Donau gleichmäßig tief ist,<br />

können größere Schiffe sie befahren. Man<br />

passt den Fluss den Schiffen an, anstatt<br />

die Schiffe dem Fluss.<br />

Das Verkehrsministerium versucht den<br />

Ausbau mit dringend benötigten Ausgleichsmaßnahmen<br />

für den Nationalpark<br />

zu erkaufen: So sollen Altarme, die den<br />

Zufluss von Donauwasser in den Park<br />

versperren, wieder geöffnet werden. Dass<br />

dieses Projekt das Ticket für die Vertiefung<br />

der gesamten Donau sein könnte,<br />

mit katastrophalen ökologischen Auswirkungen<br />

auf bislang unberührte Gebiete<br />

in Ländern wie Rumänien, Bulgarien<br />

und Kroatien, wird dabei verschwiegen.<br />

Flugzeuge ziehen ihre Bahnen<br />

Sämtliche Landungen auf der Piste 16<br />

bzw. Starts auf der Piste 34 des Flughafens<br />

Schwechat kreuzen die Donauauen<br />

in der Höhe von Mühlleiten. Im Jahr 2005<br />

macht das in Summe 36.260 Flugbewegungen<br />

(An- und Abflüge, ohne Warteschleifen).<br />

Dabei wird nicht nur großer<br />

Lärm erzeugt, sondern vermutlich auch<br />

überschüssiges Kerosin abgelassen. Für<br />

die Zukunft ist eine Zunahme des<br />

Flugverkehrs zu erwarten, es gibt sogar<br />

Pläne, eine dritte Piste am Flughafen<br />

Schwechat zu errichten. <br />

Fotos: Seite 14+15: GP/ Nina Thuellen<br />

NATIONALPARK DONAUAUEN<br />

Wo: Entlang der Donau von Wien/Lobau bis zur<br />

österreichisch-slowakischen Grenze.<br />

Fläche: 9.300 ha, Länge: ca. 36 km,<br />

Eröffnung: 1996<br />

Bewohner: ca. 800 höhere Pflanzenarten,<br />

über 30 Säugetier- und 100 Brutvogelarten,<br />

acht Reptilien-, 13 Amphibien-,<br />

60 Fisch- und Tausende Insektenarten.<br />

your acts<br />

LINKS zum Thema „bedrohte Lobau“ gibt’s<br />

unter: http://www.lobau.org/index.php?mode=10<br />

Der Nationalpark Donauauen:<br />

Außeneinflüsse wie Staudämme führen<br />

bereits teilweise zum Austrocknen der Au.<br />

Infrastrukturprojekte, riesige Autobahnnetze,<br />

Sand- und Kiesgewinnung verschmutzen<br />

Luft und Wasser.<br />

14<br />

15


acteure<br />

Fotos: GP/Teresa Novotny<br />

„Entscheidend ist das Wachstum“<br />

INTERVIEW mit Alexander Egit,<br />

44, über Greenpeace in China.<br />

Der studierte Politikwissenschafter<br />

arbeitet seit über zwei Jahrzehnten<br />

in der Umweltszene.<br />

Seit 1996 ist er bei Greenpeace in<br />

Zentral- und Osteuropa angestellt,<br />

davon acht Jahre als Kampagnenleiter,<br />

und war maßgeblich am Aufbau<br />

der osteuropäischen Büros beteiligt.<br />

Die vergangenen beiden Jahre<br />

pendelt er als strategischer Berater für<br />

die chinesischen Büros zwischen<br />

Peking, Hongkong und Wien.<br />

Was hat dich nach China gebracht?<br />

Greenpeace International hat China zur<br />

Priorität erklärt und Büros in Hongkong,<br />

Peking und Guangzhou eingerichtet. Ich<br />

bin dort, um strategisch zu beraten und mit<br />

einem Team einen Mehrjahresplan zu erarbeiten,<br />

aber auch um die Mitarbeiter vor<br />

Ort zu trainieren.<br />

Warum China und nicht Indien oder Afrika?<br />

China hat die höchste Wachstumsdynamik;<br />

was in China passiert, hat die größte globale<br />

Auswirkung. Man denke nur an den<br />

Klimawandel. Auch die kaufkräftige KonsumentInnenenschicht<br />

wächst in China rasant,<br />

sodass sie im überregionalen Maßstab<br />

zur Umweltzerstörung beiträgt.<br />

Man kann wohl nicht einfach als westliche<br />

Organisation in China aufkreuzen und<br />

seine Arbeit verrichten. Wo liegen die<br />

Unterschiede?<br />

Natürlich ist das Regime in China nicht zu<br />

vergleichen mit einer europäischen Demokratie.<br />

Es ist ein Einparteien-System, es<br />

gibt Medienzensur. Andererseits besteht<br />

für Umweltthemen insgesamt ein offenes<br />

Ohr. Die Chinesen sehen, dass ihr Wirtschaftswachstum<br />

von den Umweltfolgekosten<br />

aufgefressen wird. Die Gesundheitskosten<br />

durch die Luftverschmutzung<br />

und den Pestizideinsatz oder der Verlust<br />

fruchtbarer Flächen oder Trinkwasserressourcen<br />

sind gewaltige Probleme. Die sind<br />

der chinesischen Regierung bewusst. Außerdem<br />

verursachen Umweltprobleme oft<br />

soziale Unruhen. Wenn es kein Trinkwasser<br />

mehr gibt oder Felder nicht mehr bewässert<br />

werden können, weil ein Fluss verseucht<br />

wurde, wehren sich die Menschen.<br />

Also duldet die Regierung NGOs?<br />

Sie unterstützt sie sogar, solange man von<br />

bestimmten Themen die Finger lässt, etwa<br />

dem Drei-Schluchten-Staudamm oder<br />

Atomkraft. Es ist übrigens nicht so, dass die<br />

JournalistInnen in China, die über Umweltthemen<br />

schreiben, zensuriert werden,<br />

sondern sie wissen selbst, was sie schreiben<br />

können und was nicht. Aber der Hunger<br />

nach Umweltinformationen ist in China<br />

enorm hoch.<br />

Welche Themen werden am ehesten aufgegriffen?<br />

Themen rund um Gentechnik und Ernährung<br />

zum Beispiel. Wir haben gerade sehr<br />

erfolgreich auf Pestizide in Lebensmitteln<br />

hingewiesen. Bei der Gentechnikkampagne<br />

geht es uns um Produkte, die gentechnisch<br />

veränderte Organismen enthalten,<br />

aber auch um Freisetzungen. Seit zwei<br />

Jahren ist die Aussaat von gentechnisch<br />

verändertem Reis gestoppt.<br />

Die chinesische Regierung fürchtet sich davor,<br />

Exportmärkte für ihre Reisprodukte zu<br />

verlieren, aber auch vor der Abhängigkeit<br />

von multinationalen Konzernen. Sie wollen<br />

zwar Multis reinholen, ihnen auf der anderen<br />

Seite aber nicht zu viel Macht geben.<br />

Was sie vor allem ablehnen, ist, dass<br />

Chinesen schlechter behandelt werden<br />

oder eine problematischere Nahrung zu<br />

sich nehmen als z. B. Europäer.<br />

Das klingt, als wäre die chinesische Regierung<br />

in einigen Dingen sehr weitsichtig?<br />

Die wirklich machtvollen PolitikerInnen<br />

sind noch sehr stark auf dieser Wachstumsschiene.<br />

Darunter gibt es schon PolitikerInnen,<br />

die verstehen, dass es so nicht weitergehen<br />

kann. Man versucht in China mit<br />

diversen Maßnahmen, ein bisschen zu ökologisieren,<br />

aber entscheidend ist das<br />

Wachstum. Es geht einfach zu schnell. Und<br />

weil China so ein riesengroßes Land ist,<br />

geht es hier auch um die globale Zukunft.<br />

Wie effizient auch immer die Autos oder<br />

die elektrischen Geräte in China sind, bei<br />

der momentanen Zunahme reicht das<br />

einfach nicht.<br />

Zu welchen Themen arbeitet Greenpeace<br />

noch in China?<br />

Energie ist ein wichtiges Thema, das massive<br />

Wachstum im Verkehrs- und im Kraftwerksbereich.<br />

Greenpeace fokussiert sich<br />

auf die Energieproduktion, vor allem auf<br />

kalorische Kraftwerke. Wir versuchen<br />

„China Light and Power“ (CLP), einen der<br />

weltgrößten Energiekonzerne, dazu zu<br />

bewegen, auf erneuerbare Energien umzustellen.<br />

Man darf China nicht unterschätzen, es<br />

passiert viel. China hat die weltweit größte<br />

Fläche an thermischen Solaranlagen installiert<br />

und ist in absehbarer Zeit wohl<br />

auch einer der größten Windenergieproduzenten.<br />

Aber auch hier: Das Wachstum<br />

saugt alles auf.<br />

Weitere Themen?<br />

China importiert Holz oft aus illegalen<br />

Quellen, z. B. aus Papua-Neuguinea, exportiert<br />

es dann in verarbeiteter Form nach<br />

Europa und profitiert von der Wertschöpfung.<br />

Wir arbeiten daran, dass China nicht<br />

länger auf diese Art die illegale Abholzung<br />

tropischer Regenwälder unterstützt.<br />

Ein anderes Thema: elektronischer Müll,<br />

der nach China gebracht und von den<br />

Menschen unter fürchterlichen Bedingungen<br />

zerlegt wird. Wir versuchen, das Thema<br />

bei der Wurzel zu packen und Computerkonzerne<br />

oder Mobiltelefonhersteller<br />

dazu zu bringen, von vornherein auf<br />

giftige Substanzen in den Produkten zu<br />

verzichten.<br />

Waren deine in Europa gesammelten<br />

Erfahrungen mit Kampagnen auf China<br />

übertragbar?<br />

Nein, aber ich habe viel mit Osteuropa gearbeitet,<br />

jetzt bei Greenpeace und vorher<br />

bei Global 2000, auch schon zu kommunistischen<br />

Zeiten. Die Bedingungen waren<br />

in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Natürlich<br />

ist es anders, zum Beispiel weil es in<br />

China keine Oppositionsparteien gibt. Es<br />

geht einem Politiker in China nicht darum,<br />

bei den nächsten Wahlen zu gewinnen, es<br />

geht ihm nicht einmal besonders um sein<br />

Image. Das hat Vor- und Nachteile. Er hat<br />

nicht viel zu verlieren, aber dafür kann er<br />

von einer höheren Warte aus agieren.<br />

Die Umsetzungschancen sind in China<br />

höher, weil Dinge zum Teil ohne Rücksicht<br />

auf Verluste passieren. Im negativen Sinn<br />

etwa beim Drei-Schluchten-Staudamm:<br />

Der Energiehunger ist groß, also werden<br />

eine Million Menschen, auch gegen<br />

ihren Willen, abgesiedelt. Umgekehrt<br />

können sie ein notwendiges Umweltprogramm<br />

in einem unglaublichen Tempo<br />

durchziehen.<br />

Und auf Unternehmensseite?<br />

Da sind die Unterschiede nicht so groß.<br />

Für Greenpeace macht es natürlich einen<br />

Unterschied, dass wir keine direkten Aktionen<br />

machen können, außer in Hongkong.<br />

Wir können uns im Grunde nicht<br />

einmal mit einem Transparent auf einen<br />

Platz stellen. Ein sich spontan formierender<br />

Protest ist für die Regierung in China<br />

schwer handhabbar. Sie wollen die<br />

Kontrolle behalten.<br />

Wie arbeitet Greenpeace, wenn nicht mit<br />

Aktionen?<br />

Es gibt zum Beispiel Mitarbeiter, die als<br />

Bauern verkleidet gentechnisch veränderten<br />

Reis einkaufen gehen. Wenn die zuständigen<br />

Behörden oder die Wissenschaftler<br />

behaupten, den gibt’s nicht,<br />

legen wir den Sack Reis bei einer Pressekonferenz<br />

gemeinsam mit Labor-Gutachten<br />

auf den Tisch.<br />

Ähnlich arbeiten wir bei Pestiziden: Wir<br />

testen Gemüse und präsentieren die Resultate.<br />

Wir versuchen auch, die Einhaltung<br />

bestehender Umweltgesetze einzufordern.<br />

Es gibt viele Provinzen, wo<br />

Umweltgesetzte verletzt werden. Dort informieren<br />

wir die Medien und rütteln damit<br />

die Verantwortlichen auf. Aber eben<br />

nicht durch Bilder, sondern eher durch<br />

den Inhalt.<br />

Wie beurteilst du China als Militärmacht?<br />

Das Verhältnis zu Taiwan oder zu Japan<br />

ist nicht so schlecht, wie es immer dargestellt<br />

wird. Viel bedrohlicher sind die bevorstehenden<br />

Ressourcenkämpfe. Wenn<br />

es China nicht schafft, seine Ressourcenprobleme<br />

zu lösen, der innenpolitische<br />

Druck aber steigt, weil die Menschen in<br />

Richtung Wohlstand unterwegs sind, dann<br />

steigt der Druck zur Ressourcenkolonialisierung,<br />

ähnlich wie bei den USA. Dann<br />

wird die Welt den Preis dafür bezahlen.<br />

Sowohl was das globale Klima als auch<br />

was den Frieden betrifft.<br />

Hast du die Umweltverschmutzung auch<br />

selbst erfahren?<br />

Es gibt Tage, an denen ich die 20 Minuten<br />

Fußmarsch von meiner Unterkunft zum<br />

Büro in Peking mit einer Maske zurücklege,<br />

weil die Staubbelastung so hoch ist.<br />

Man merkt auch, dass die Wüste an Peking<br />

heranrückt, eine Folge des Klimawandels.<br />

Statt, wie bei uns, Schnee und<br />

Hagel liegt manchmal Sand in der Stadt.<br />

Das hat etwas sehr Apokalyptisches. Vielleicht<br />

ist auch deshalb Umwelt ein so großes<br />

Thema: Du spürst die negativen Auswirkungen<br />

jeden Tag in der Hauptstadt.<br />

Kann man da optimistisch bleiben?<br />

Die Frage ist: Wo geht die Reise hin? Der<br />

höhere Wohlstand führt zu mehr Verbrauch,<br />

aber auch zu mehr Bewusstsein.<br />

Dieses höhere Bewusstsein einer Zivilgesellschaft<br />

ist immer ein ganz wichtiger<br />

Motor, nicht nur für ökologische, sondern<br />

auch für politische Veränderungsprozesse.<br />

Es geht in vielerlei Hinsicht in die richtige<br />

Richtung. Aber geht es schnell genug?<br />

Hier sehe ich auch ein bisschen die Rolle<br />

von Greenpeace: Wir müssen Prozesse,<br />

die in die richtige Richtung gehen, beschleunigen.<br />

<br />

Interview: Roman Kellner<br />

16<br />

17


„Du stehst als Person da“<br />

Mal ketten sie sich vor einer Konzernzentrale an, mal seilen sie sich von einem prominenten Gebäude ab, mal verteilen<br />

sie einfach nur Informationen an PassantInnen. Die gelben Jacken anonymisieren, doch darin stecken IndividualistInnen,<br />

die für eine Sache geradestehen. Stellvertretend für viele: Vier<br />

AktivistInnen im Porträt.<br />

von Roman Kellner<br />

„Sie denken mehr nach, sie wollen mehr wissen und mehr tun“<br />

Bianca Müller, 19, Area-Networkerin und Assistenz beim Projekt „Zukunftsfähig“<br />

„Wie beim Fußball“<br />

Tom Trenker, 28, Aktivist und AktivistInnen-Betreuer<br />

acteure<br />

Das Engagement wurde Bianca nicht in<br />

die Wiege gelegt. Ihre Familie ist konservativ,<br />

der Onkel besitzt eine Tankstelle im<br />

ersten Wiener Gemeindebezirk. Wenn<br />

Bianca zu Hause von Umweltthemen anfängt,<br />

führt das regelmäßig zu Streit und<br />

Tränen. Doch da gibt es in der Schule Mag.<br />

Neumann, die Deutschprofessorin. „Sie<br />

hat uns irgendwie zum Denken gezwungen.“ Und die Literatur:<br />

Morton Rhue zum Beispiel, der Autor von „Die Welle“.<br />

Mit 15 beschließt Bianca, aktiv zu werden, stößt auf die Greenpeace-Homepage<br />

und kurz darauf zu den Jugendaktionsgruppen<br />

(JAG). Die Eltern sind dagegen. „Greenpeace nutzt dich nur<br />

aus“, monieren sie. Aber im Grunde, so Bianca, wüsste ihre<br />

Familie gar nicht, was Greenpeace eigentlich tut und bewirkt.<br />

Bei den JAG, Jugendliche<br />

zwischen 14 und 20, fühlt<br />

sich Bianca verstanden: „Unter<br />

denen gibt es viele Freigeister.<br />

Sie sind aufgeklärter,<br />

sie denken mehr nach, sie<br />

wollen mehr wissen und<br />

mehr tun.“ Die JAG dürfen<br />

noch an keinen illegalen Aktionen<br />

teilnehmen. Also fließen<br />

ihre Energien in Infostände,<br />

kleinere Aktionen,<br />

Workshops und neuerdings<br />

auch so genannte Shoppingtouren.<br />

Bei Spaziergängen<br />

durch Einkaufsstraßen erzählen<br />

sie Geschichten oder<br />

stellen Fragen. Bei<br />

McDonald’s ist das Thema,<br />

wie der Burger auf den Teller<br />

kommt, bei H & M die Geschichte<br />

einer Jeans und bei<br />

Tchibo der fehlende Trans-<br />

Fair-Kaffee. „Wir wollen<br />

niemanden vor den Kopf<br />

stoßen. Es geht um Bewusstseinsarbeit.“<br />

Neuerdings tragen Bianca und andere JAG mit dem Workshop<br />

„Einmal Zukunft, bitte“ die Themen Globalisierung und<br />

Nachhaltigkeit an Schulen. Fürchtet sie sich nicht vor einer<br />

Klasse von 14- oder 15-Jährigen? Wenn die Klasse motiviert ist,<br />

antwortet Bianca, sei es nicht so schwer. Man müsse halt gut<br />

informiert sein.<br />

Mittlerweile koordiniert die 19-Jährige als „Area-Networkerin“<br />

die JAG und ist geringfügig bei Greenpeace angestellt. Nachdem<br />

sie vergangenen Sommer die Krankenpflegeschule abgebrochen<br />

hatte, fing sie an, freiwillig im Greenpeace-Büro mitzuarbeiten.<br />

Daraus entwickelte sich ein Assistenzjob beim<br />

Zukunftsprojekt (Näheres unter www.einefueralle.at). Und auch<br />

ihr Leben außerhalb von Greenpeace hat wieder mehr Orientierung<br />

bekommen: Nach einem Aufbaulehrgang für wirtschaftliche<br />

Berufe will sie studieren,<br />

am liebsten Geschichte, Philosophie<br />

und Parapsychologie.<br />

Greenpeace wird sie<br />

freilich die Treue halten.<br />

Noch heuer steht ein<br />

Aktionstraining am Programm,<br />

um in Zukunft auch<br />

bei härteren Aktionen dabei<br />

sein zu können.<br />

Ist Bianca nun die große<br />

Ausnahme ihrer Generation,<br />

eine Außenseiterin der Spaßgesellschaft?<br />

Nein, so hart<br />

geht Bianca mit den Jungen<br />

von heute nicht ins Gericht:<br />

„Viele junge Leute interessieren<br />

sich für Umweltthemen,<br />

aber sie engagieren<br />

sich halt nicht.“ Und wird sie<br />

ihre Familie je überzeugen<br />

können? Nein, das glaube sie<br />

nicht, obwohl sie es immer<br />

wieder versuche. Aber seit<br />

Bianca bei den JAG ist, weiß<br />

sie, dass es vielen so geht.<br />

Das hilft.<br />

Tom ist die Liebenswürdigkeit in Person:<br />

Sanfte Stimme, Tiroler Akzent, geschlechtsneutrale<br />

Formulierungen. Kaum zu glauben,<br />

dass ausgerechnet er, der überzeugte<br />

Veganer, schon bei zwei Aktionen Opfer<br />

von Aggression wurde.<br />

Beim ersten Mal blockiert er mit Greenpeace<br />

den Hintereingang des Umweltministeriums.<br />

Ein enger, dunkler Vorraum, keine Fotografen. Ein<br />

Angestellter des Ministeriums will um jeden Preis in das Gebäude,<br />

packt Tom und stößt ihn zurück. Der Aktivist schlägt hart mit<br />

dem Kopf auf dem Steinboden auf. Der Mann verschwindet im<br />

Gebäude, Tom liegt am Boden, nimmt für kurze Zeit nur eingeschränkt<br />

wahr, was um ihn herum passiert. Sein Resümee:<br />

„Meine schlimmste Erfahrung bisher“. Beim zweiten Mal <strong>–</strong> eine<br />

Aktion im Hauptgebäude<br />

der Atomenergiebehörde<br />

IAEO <strong>–</strong> ist ein Türsteher von<br />

der Situation überfordert<br />

und langt zu. Der Sicherheitsbeamte<br />

entschuldigt<br />

sich später. Es sei kein normaler<br />

Tag für ihn gewesen.<br />

Mittlerweile hat Tom an 25<br />

bis 30 Aktionen teilgenommen,<br />

die positiven Erfahrungen<br />

überwiegen bei<br />

weitem. Die Annäherung an<br />

Greenpeace erfolgte Schritt<br />

für Schritt: Nach einigen<br />

Jahren als einfacher Spender<br />

lernt er in Linz einen<br />

Aktivisten kennen, der sein<br />

Interesse weckt, mehr zu<br />

tun. Doch erst als ihn nach<br />

mehreren Berufsjahren das<br />

Studium der Politikwissenschaften<br />

nach Wien zieht,<br />

ergibt sich die Gelegenheit,<br />

im Greenpeace-Büro vorbeizuschauen<br />

und sich bald<br />

darauf der Gruppe Wien anzuschließen.<br />

„Da waren lässige Leute und eine gute Atmosphäre“,<br />

also bleibt er. Nach dem Basistraining folgt die erste Aktion<br />

bei der OPEC-Konferenz in Wien: „Ich war sehr nervös,<br />

obwohl ich einen 0815-Job gemacht habe. Heute hat die Nervosität<br />

vor den Aktionen nachgelassen, aber dieses gewisse Kribbeln,<br />

der Kick, dieses Nie-sicher-Wissen, was passiert, das gehört<br />

noch immer dazu. „Der Knackpunkt ist meist der Anfang, bis das<br />

Design der Aktion so steht, wie man es geplant hat.“ Der passionierte<br />

Fußballer kennt das Gefühl: „Es ist ähnlich wie beim Fußballspielen.<br />

Man kriegt von der Außenwelt wenig mit. Erst wenn<br />

die Aktion steht, sieht man wieder, was rundherum passiert.“<br />

Auf die Frage, was einen guten Aktivisten, eine gute Aktivistin<br />

ausmacht, fällt Tom, der mittlerweile einige Stunden pro Woche<br />

als AktivistInnen-Betreuer arbeitet, viel ein: Verlässlichkeit. Bekenntnis<br />

zur Gewaltfreiheit.<br />

Hinter dem Thema stehen,<br />

nur so wirke der Protest authentisch.<br />

Technisch brauche<br />

es keine besonderen Fähigkeiten,<br />

weil sich für<br />

jede/n etwas finde. Zettel<br />

verteilen sei schließlich genauso<br />

wichtig wie Klettern.<br />

„Flexibel muss er oder sie<br />

sein“, ergänzt Tom noch,<br />

„und ein gutes Gefühl dafür<br />

haben, wann eine Situationen<br />

zu eskalieren droht.“<br />

Wobei die Polizei das geringste<br />

Problem sei: „Die<br />

machen nur ihren Job. Großteils<br />

interessieren sie sich<br />

bei den Aktionen für die<br />

Themen.“ Toms Vater übrigens<br />

ist Polizist <strong>–</strong> und Greenpeace-Spender.<br />

Fotos: Seite 18: Greenpeace •<br />

Seite 19 (von oben): Rudi Froese / GP •<br />

GP/ Kurt Prinz<br />

18 19


„Du stehst als Person da“<br />

Vier<br />

AktivistInnen im Porträt<br />

„Weniger Haben, mehr Sein“<br />

Annkatrin, 25, Aktivistin<br />

„Das Gefühl, die Welt verbessern zu müssen“<br />

Jutta Matysek, 33, Aktivistin<br />

Nach einer vierwöchigen Diät ist Annkatrin<br />

946 Kilogramm leichter als noch vor<br />

einigen Monaten. Neben den 60 Kilo Eigengewicht<br />

besitzt sie nur noch 40 Kilo Eigentum.<br />

Alles andere wurde vergraben,<br />

verschenkt, in Nachtzüge gesetzt und in<br />

Kaufhäuser zurückgebracht, gestohlen<br />

oder in öffentlichen Gebäuden montiert.<br />

Nichts davon wurde weggeworfen, weil wir leben, wie sie sagt,<br />

in einer Wegwerfgesellschaft. Und nichts wurde verkauft. Denn<br />

Geld, das sei doch wieder nur so eine falsche Sicherheit.<br />

Annkatrin geht es gut mit der neuen Bescheidenheit. Ihr Grafik-<br />

Design-Studium ist abgeschlossen, die Diplomarbeit ein 15-<br />

minütiger Film („Weniger Haben, mehr Sein“) über die vier<br />

Wochen des Loslassens. „Ich wollte zeigen, dass Gestaltung auch<br />

bedeuten kann, etwas abzuschaffen. Es wird an etwas gearbeitet,<br />

von dem am Ende nichts übrig bleibt.“ Natürlich ist der witzige<br />

und kluge Film auch eine Auseinandersetzung mit dem<br />

Konsumwahn. Annkatrin entstammt einem grün-alternativen<br />

Elternhaus. Sie wächst in<br />

einer Künstler-WG auf, wo<br />

„den ganzen Tag gesägt,<br />

geschraubt und fotografiert<br />

wurde.“ Wahrscheinlich<br />

kommt daher ihr „extremes<br />

Gestaltungsbedürfnis“. Sie<br />

beginnt im norddeutschen<br />

Braunschweig Grafik-Design<br />

zu studieren, das Studium<br />

führt sie schließlich nach<br />

Wien.<br />

Nach einem Jahr zweifelt sie<br />

an der Oberflächlichkeit von<br />

Design, will etwas völlig anderes<br />

machen und nimmt<br />

Kontakt mit Greenpeace auf.<br />

„Mit sieben oder acht war ich<br />

schon begeistert von Greenpeace<br />

und habe Bücher darüber<br />

gelesen. Ich dachte aber<br />

immer, das ist so eine verschworene<br />

Gemeinschaft von<br />

bärtigen Elite-Aktivisten.“<br />

Annkatrin besucht den Info-<br />

Abend und wird eines Besseren<br />

belehrt. Kurz darauf ist<br />

sie bei Aktionen der Gruppe Wien dabei. Aktionen entsprechen<br />

ihr, sie sind kreativ, bildhaft und plakativ. Zeichensprache funktioniere<br />

emotionaler und darum besser. Im Sommer 2005 beginnt<br />

die „Energy Revolution Tour 2005“. Annkatrin bereist drei<br />

Wochen lang mit dem Greenpeace-Schiff „Anna“ auf der Donau<br />

die Slowakei, Ungarn und Kroatien, nimmt an einigen Anti-<br />

Atom-Aktionen teil und wird wohl so etwas wie eine Elite-<br />

Aktivistin. Nur ohne Bart.<br />

Annkatrin lebt, was sie sagt. Und was sie sagt, klingt ziemlich<br />

weise. „Merkwürdig, dass Sachen nur wertvoll sind, wenn sie<br />

besessen werden. Dass Reichtum auch eine intakte Natur sein<br />

kann, ist kaum verankert.“<br />

Wer Reichtum so definiert, braucht nicht viel Materielles. Hauptsächlich<br />

funktionelle Dinge sind ihr geblieben, die Foto- und<br />

Videoausrüstung zum Beispiel oder die Kletterschuhe. Dafür nur<br />

sehr wenige Erinnerungsstücke, denn die wirklich wichtigen<br />

Erinnerungen seien im Kopf. Dafür werde das Loslassen von<br />

Vergangenem mit Leichtigkeit, Freiheit, der Möglichkeit, sich<br />

wesentlichen Dingen hinzuwenden<br />

und mehr Mobilität<br />

belohnt. Die will Annkatrin<br />

nun auch nutzen und mit ihrem<br />

Rucksack nach Hamburg<br />

ziehen, um dort ein<br />

Praktikum bei Greenpeace<br />

Deutschland zu machen. Dort<br />

lebt auch ihr Freund, der<br />

ähnlich gesinnt ist. Ob sie bei<br />

der Grafik bleibt, weiß sie<br />

noch nicht. Sie will mehr mit<br />

Menschen machen und weniger<br />

mit Computern, jedenfalls<br />

für den Moment leben.<br />

Zukunftsängste plagen sie<br />

nicht, denn wer ein gesundes<br />

Urvertrauen in sich selbst<br />

und in das Ungewisse habe,<br />

der brauche keine Sicherheitspolster.<br />

Fotos: Seite 20 (von oben):<br />

GP/ Teresa Novotny • Greenpeace<br />

Seite 21 (von oben):<br />

GP/ Ingrid Fankhauser • GP/ Kurt Prinz<br />

Jutta Matysek hat dreckige Schuhe.<br />

Pferdemist und Strohreste. Jutta ist Reitlehrerin.<br />

Dazu Pferdeführerin bei der<br />

Hippotherapie und Voltigier-Lehrerin. Und<br />

sie ist eine von Österreichs umtriebigsten<br />

AktivistInnen.<br />

Wann Juttas Engagement begonnen hat,<br />

ist schwer zu sagen. Einen Großvater, eine Urgroßmutter und<br />

eine Tante brachte ihr politisches Engagement gegen Hitler nach<br />

Buchenwald und Ravensbrück. Die Mutter engagiert sich in der<br />

Friedensbewegung, also geht Klein-Jutta schon als Kind auf Friedensdemos,<br />

malt Transparente und übernachtet mit zwölf in<br />

Hainburg. „Die Au-Besetzung war sicher ein Wendepunkt, da<br />

habe ich begonnen, politisch zu denken.“ Seither hat sie an unzähligen<br />

Aktionen teilgenommen. Menschenrechte, Tierschutz,<br />

Umweltschutz <strong>–</strong> das alles sei ohnedies nicht zu trennen. Man<br />

kennt Jutta in der Szene: Sie war mit Global 2000 aktiv, mit Virus,<br />

mit der Verkehrsinitiative LENA, mit der Botschaft der Besorgten<br />

Bürger und natürlich mit Greenpeace.<br />

Ihre erste Aktion als Rainbow<br />

Warrior war gegen das<br />

slowakische Atomkraftwerk<br />

Mochovce gerichtet. Vergangenes<br />

Jahr verhinderte<br />

sie mit Greenpeace in Südkorea<br />

die Errichtung einer<br />

Walfleischfabrik. Eine spannende<br />

Erfahrung sei das gewesen.<br />

Sie habe halt das Gefühl,<br />

die Welt verbessern zu müssen.<br />

Und das tue sie auch.<br />

Außerdem komme sie so<br />

viel herum und lerne interessante<br />

Leute kennen.<br />

„Was“, fragt sie, „soll ich<br />

denn sonst tun? Fernsehen?“<br />

Natürlich, manchmal<br />

nerve es schon, wenn sie<br />

zum Hundertsten Mal angepöbelt<br />

werde: „Geh wos<br />

oarbeiten.“ Aber das hat ihren<br />

Glauben an die eigene<br />

Mission nie erschüttern<br />

können: „Ich denke, dass<br />

jede Generation sich Rechte neu erkämpfen muss. Früher waren<br />

es soziale Rechte und jetzt muss man halt um das Recht auf eine<br />

gesunde Umwelt kämpfen.“<br />

Nebenbei ist Jutta noch Obfrau der Bürgerinitiative „Rettet die<br />

Lobau“. Und an dem Thema ist sie wirklich nahe dran. Wortwörtlich.<br />

Liegt ihr Arbeitsplatz, das Reit- und Therapiezentrum<br />

Donaustadt, doch genau auf der Trasse der geplanten Lobau-<br />

Autobahn. „Schau mal“, sagt sie und zeigt mit dem Finger auf<br />

ein nahes Waldstück, „dort beginnt die Lobau und da vorne ist<br />

einer der beiden Entlüftungsschlote geplant.“ Schon einmal hat<br />

das Reittherapiezentrum der Verlängerung der Südosttangente<br />

weichen müssen, nun droht es abermals einer Autobahn geopfert<br />

zu werden.<br />

Wenn es um die Lobau geht, ist Jutta nicht mehr zu stoppen:<br />

Dann referiert sie über Transportwahn und Täuschungsmanöver,<br />

über Fehlinformation und Feinstaubopfer, über Straßenpläne<br />

und Sachzwänge. Und sie weist auf die vielen behinderten<br />

Menschen hin, die hier mit Hilfe der Pferde Besserung suchen:<br />

„Keinem von denen ist bewusst, dass sie auch Feinstaub-Opfer<br />

sein können.“<br />

Optimismus und Kampfgeist<br />

tankt Jutta bei Spaziergängen<br />

im Wald auf, durch positive<br />

Rückmeldungen und<br />

durch ihr eigenes Pferd.<br />

Aber wenn jemand selbst so<br />

engagiert ist, erwartet er<br />

dann nicht dasselbe von den<br />

anderen? Jutta lässt Rosa<br />

Luxemburg antworten:<br />

„Niemand ist verpflichtet,<br />

mehr zu tun, als er kann“.<br />

Das sei ein guter Satz. Gewisse<br />

Dinge seien halt einfach<br />

nicht möglich. Und in<br />

die Richtung der Engagierten:<br />

„Man darf sich nicht nur<br />

daran messen, was man verhindert<br />

hat, sondern auch<br />

daran, was erst gar nicht<br />

versucht wurde, weil sie<br />

wussten, dass es Widerstand<br />

geben wird.“ <br />

Initiative „Rettet die<br />

Lobau <strong>–</strong> Natur statt Beton“:<br />

http://www.lobau.org<br />

20 21


Greenpeace sucht ein neues Zuhause<br />

Greenpeace in Zentral- und Osteuropa sucht ein neues Büro.<br />

interacttion<br />

Eine unbequeme Wahrheit<br />

FILMTIPP zum Klimawandel: „An inconvenient truth“<br />

Wir brauchen mindestens 1.400 m 2 Fläche (davon rund 500 m 2<br />

Lager) in Wien. Preisgünstig muss der neue Greenpeace-Sitz sein<br />

und öko logischen Mindeststandards entsprechen. Außerdem soll<br />

er öffentlich gut erreichbar sein und irgendwie sympathisch.<br />

Und weil das alles bereits wie ein Brief ans Christkind klingt,<br />

gleich noch ein paar verwegene Fragen:<br />

Sind Sie stolze/r ImmobilienbesitzerIn und wollen ein Ge -<br />

bäude, das diesen Kriterien entspricht, zu einem karitativen<br />

Zweck verschenken?<br />

Sind Sie BauherrIn und haben ein passendes Büro, mit dem Sie<br />

Greenpeace unterstützen wollen?<br />

Sind Sie ArchitektIn und wissen von einem ökologischen Bauvorhaben,<br />

in dem ein günstiger Teil wie geschaffen für unsere<br />

Bedürfnisse ist?<br />

Wissen Sie von einer charismatischen Immobilie, vielleicht einer<br />

alten Fabrik, die man günstig für unsere Zwecke umbauen könnte?<br />

WENN SIE SICH ANGESPROCHEN FÜHLEN oder uns sonst irgendwie helfen können,<br />

dann melden Sie sich doch bei Simone Roth unter Tel.: (01) 545 45 80-20 oder senden Sie eine E-Mail an simone.roth@greenpeace.at<br />

Zeichnung: Mimi, 5 Jahre<br />

Zeichnung: Leena, 5 Jahre<br />

„Wenn ein Frosch in einen Topf mit kochendem Wasser springt,<br />

hüpft er gleich wieder heraus. Wenn Sie den Frosch in kaltes<br />

Wasser setzen und dieses langsam erwärmen, wird er sitzen<br />

bleiben, bis es zu spät ist. In dieser Situation sind wir!“ Al Gore<br />

Es ist ein Horrorfilm. Aber es kommen keine finsteren Gestalten<br />

darin vor, keine Ungeheuer und schon gar keine Aliens. Im Gegenteil:<br />

Er spielt im Hier und Jetzt und es geht um die Erde. Und<br />

um uns alle.<br />

Der Film „An inconvenient truth“ (dt.: „Eine unbequeme Wahrheit“)<br />

von Regisseur Davis Guggenheim behandelt zwei Themen:<br />

Al Gore und das globale Klima. Die beiden sind kaum zu trennen.<br />

Al Gore, unter Bill Clinton US-Vizepräsident und im US-Wahlkampf<br />

2000 unter seltsamen Umständen der schlechtesten aller Alternativen<br />

George W. Bush unterlegen, war es, der das Klima-<br />

Protokoll von Kyoto mitverhandelt hatte. Dass es die USA bis heute<br />

nicht unterzeichnet haben, dafür kann er nichts. Ginge es nach<br />

ihm, dann würde die Welt schleunigst handeln, denn der Klimawandel,<br />

das hat er erkannt, ist die größte Aufgabe, vor der die<br />

Menschheit je gestanden hat. Seit Jahren zieht Gore, der viel eher<br />

an einen Professor als an einen Politiker erinnert, um die Welt und<br />

mahnt mit einer Multimedia-<br />

Show vor den Folgen des CO 2 -<br />

Ausstoßes.<br />

Nun gibt es diesen Film über<br />

Gore, aber eigentlich eher<br />

über sein Anliegen, das<br />

Weltklima. Es geht um<br />

schmelzendes Polareis und<br />

verschwindende Gletscher,<br />

um sich erwärmende Ozeane<br />

und um ein Anwachsen<br />

der Zahl und Stärke von<br />

Hurrikans. Wie gesagt, es ist ein Horrorfilm, und der Schrecken<br />

ergibt sich aus dem Wissen um den realen Hintergrund. Und für<br />

all jene, die sich prinzipiell keine Dokumentationen anschauen:<br />

Der Film ist kurzweilig und stellenweise sogar ein klein wenig<br />

witzig <strong>–</strong> wenn einem das Lachen nicht im Hals stecken bleibt.<br />

AB 13. OKTOBER <strong>2006</strong> ÖSTERREICHWEIT IM KINO.<br />

Mehr Infos unter: http://www.climatecrisis.net/<br />

„Einen positiven Beitrag zum Erhalt unseres Planeten leisten“<br />

Herr Bartelmuss, Sie haben beim Fest zu<br />

Ihrem 50. Geburtstag die Gäste gebeten, für<br />

Greenpeace zu spenden anstatt Geschenke<br />

mitzubringen? Warum?<br />

Ich habe keine unmittelbaren materiellen<br />

Wünsche und war nicht interessiert, eine<br />

Unzahl neuer Geschenke zu bekommen. Andererseits<br />

wollte ich einen positiven Beitrag zum Erhalt unseres<br />

Planeten leisten und einen Anreiz für andere geben zu spenden.<br />

Wie viel ist da zusammengekommen?<br />

Knapp 3.000 Euro.<br />

INTERVIEW mit Heinz Bartelmuss, 50, Unternehmer und seit ca. 15 Jahren Greenpeace-Spender<br />

Hat das Ergebnis Ihren Erwartungen entsprochen?<br />

Meine Erwartungen wurden sogar übertroffen.<br />

mit dem Greenpeace-Gedanken identifizieren wollten. Deshalb<br />

gab es auch die Spendenmöglichkeit für SOS Kinderdorf.<br />

Sind Sie trotzdem auch noch beschenkt worden?<br />

Ja, von manchen Gästen.<br />

Also würden Sie die Idee zur Nachahmung empfehlen?<br />

Ja, durchaus.<br />

Was schätzen Sie an Greenpeace?<br />

Das mutige, oft unkonventionelle Eintreten für Umweltziele auch<br />

gegenüber großen Organisationen und Konzernen.<br />

Würden Sie sich etwas von Greenpeace wünschen?<br />

Dass es sich nie für politische Zwecke einspannen lässt.<br />

Greenpeace im Bild<br />

Gentechnisch ver änderter Mais, davon<br />

hat man gehört, auch von manipulierter<br />

Soja oder Baumwolle. Aber Gentech-<br />

Papayas? In Thailand werden genau die<br />

zum Problem, vor allem weil es vor der<br />

Zulassung keine ausreichenden Tests<br />

gibt. Greenpeace informierte beim<br />

traditionellen Somtam (Papaya-Salat)-<br />

Festival in Bangkok die Besucher über<br />

die falsche Entwicklung.<br />

Wie haben die Gäste reagiert?<br />

Großteils positiv. Manche aber auch negativ, weil sich nicht alle<br />

Gibt es ein Thema, das Ihnen ganz besonders am Herzen liegt?<br />

Der Schutz des Regenwaldes am Amazonas, aber auch überall sonst.<br />

Foto: Greenpeace / Vinai Dithajohn<br />

Impressum<br />

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Greenpeace in Zentral- und Osteuropa,<br />

Siebenbrunnengasse 44, 1050 Wien, Tel.: 01 / 54 54 580 - 0,<br />

net: www.greenpeace.at/, e-mail: office@greenpeace.at,<br />

Spendenkonto: P.S.K. 7.707.100 • www.greenpeace.at/spenden<br />

Chefredaktion: Roman Kellner<br />

Mitarbeit: Antje Helms, Corinna Milborn, Steffen Nichtenberger, Ilona Pertl, Hagen Schönherr,<br />

Claudia Sprinz, Nina Thüllen, Jurrien Westerhof • Korrektur: Elisabeth Gräf<br />

Bildredaktion: Teresa Novotny<br />

Grafische Gestaltung: www.hundundkatz.at<br />

Cartoon: Gerhard Haderer • Coversujet: Greenpeace / Kurt Prinz<br />

Druck: Niederösterreichisches Pressehaus<br />

ACT erscheint viermal jährlich auf 100 % Recyclingpapier.<br />

Ab einer Jahresspende von • 40,- wird das ACT gratis zugesandt.<br />

Das nächste ACT erhalten Sie im Dezember <strong>2006</strong>.<br />

Siebenbrunnengasse 44 • A-1050 Wien • Tel.: 01/545 45 80 • Fax: 01/545 45 98<br />

Wenn es um Greenpeace allgemein geht: office@greenpeace.at<br />

Wenn es ums ACT geht: ACT@greenpeace.at<br />

Wenn es um Spenden geht: spenden@greenpeace.at<br />

Spendenkonto: P.S.K. 7.707.100 • www.greenpeace.at/spenden<br />

22 23


Cartoon Haderer<br />

<br />

www.greenpeace.at<br />

Spendenkonto: P.S.K. 7.707.100<br />

www.greenpeace.at/spenden

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!