AWO Mitteilungen Ausgabe April 2012 - AWO Karlsruhe
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ung der Situation. Belastungen im Alltag sind schwer zu bewältigen<br />
und können zur Demoralisierung und zu psychischen Erkrankungen<br />
führen. Hier gilt es anzusetzen, wenn es um Problemlösungen<br />
geht.<br />
Soziale Integration und Gesundheit sind neben der finanziellen<br />
Situation entscheidende Bereiche, wie prägend Armut erlebt<br />
wird und was zur Bewältigung der Situation erforderlich ist.<br />
Solange wie möglich in der eigenen Wohnung zu bleiben,<br />
überhaupt geeigneten Wohnraum, eine gute Alltagsversorgung erfordern<br />
ein gutes Netzwerk und soziale Unterstützung. Diese Voraussetzungen<br />
sind in prekärer Lage nicht selbstverständlich gegeben<br />
und erfordern ein entsprechend strukturstarkes Wohnumfeld.<br />
Weitere Risiken liegen im Bereich Gesundheit, z. B. durch<br />
Zuzahlungen, Praxisgebühren, Kosten für Hilfs- und Teilmittel<br />
und nicht verschreibungspflichtige Medikamente - allesamt Folgen<br />
der Gesundheitsreform. Vielfach ist dies für ältere Menschen<br />
mit hohen finanziellen Belastungen verbunden, die durch Ausnahmeregelungen,<br />
wie die so genannte Chronikerregelung nicht<br />
ausreichend aufgefangen werden. Auch Dienstleitungen, die wegen<br />
eines kleiner werdenden sozialen Netzwerkes und zunehmender<br />
Beeinträchtigungen eingekauft werden müssen, treiben<br />
die monatlichen <strong>Ausgabe</strong>n in die Höhe.<br />
Pflegebedürftigkeit als besonderes Armutsrisiko<br />
Pflegebedürftigkeit stellt ein besonders hohes Armutsrisiko<br />
dar. Insbesondere Menschen, bei denen im Alter ein zunehmender<br />
Hilfebedarf entsteht sind häufig davon betroffen. Besonders<br />
hart trifft dies allein lebende Menschen, wenn kein ausreichendes<br />
soziales Unterstützungsnetz verfügbar ist und Pflege durch<br />
ambulante Pflegedienste oder haushaltsnahe Dienstleistungen<br />
erbracht werden muss. Bei Menschen in prekären Lagen reicht<br />
das Einkommen, solange keine weiteren Rücklagen vorhanden<br />
sind, trotz der Bezüge durch die Pflegeversicherung häufig nicht<br />
aus, um die anfallenden Kosten zu decken.<br />
Damit trifft die Verarmung häufig auch die pflegenden Angehörigen,<br />
die durch die Pflege in ihrer Erwerbstätigkeit wie auch<br />
in vielen anderen Bereichen eingeschränkt sind. Hinzu kommt,<br />
dass viele ältere Menschen und hier vor allem sozial Benachteiligte<br />
nicht ausreichend über ihre Rechte aufgeklärt sind oder nicht<br />
über die notwendigen Informationen und Kompetenzen verfü-<br />
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IM BLICKPUNKT<br />
gen, um im Pflegefall adäquate Hilfe zu organisieren. Daher werden<br />
Unterstützungsleistungen zum Teil gar nicht oder erst sehr<br />
spät in Anspruch genommen. Dies betrifft neben der allgemeinen<br />
Beantragung von Pflegegeld im Bereich der häuslichen Pflege<br />
auch die zusätzlichen Sachleistungen z. B. im Bereich der<br />
Wohnraumanpassung, die zu einer Verbesserung der Lebensqualität<br />
und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erheblich<br />
beitragen können.<br />
Armutsprävention und Gesundheitsförderung<br />
Um Gesundheit und Selbstständigkeit für ältere Menschen<br />
zu erhalten bzw. Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich hinauszuzögern,<br />
ist der Ausbau präventiver und rehabilitativer Ansätze<br />
dringend erforderlich. Hieraus ergeben sich besondere Herausforderungen<br />
im kommunalen Bereich. Die Kommunen müssen<br />
zum einen die bestehende Infrastruktur in der medizinischen<br />
und pflegerischen Versorgung überdenken und anpassen und/<br />
oder Beratungs-, Fahrdienste, mobile Einkaufsmöglichkeiten sowie<br />
haushaltsnahe Dienstleistungen in einem Umfang initiieren,<br />
der weit über das Bestehende hinausgeht. Zum anderen gilt es<br />
aber ein Konzept zu entwickeln, das auch ältere Menschen in<br />
prekären Lagen erreicht und sicherstellt, dass die soziale Teilhabe<br />
des Einzelnen verbessert wird.<br />
Es muss nach Wegen für die persönliche Ansprache gesucht<br />
werden, um Ältere aus der Vereinsamung zu holen. Speziell für<br />
Ältere in prekären Lagen, wie auch für Migrantinnen und Migranten<br />
sollte ein Konzept, wie das des präventiven Hausbesuches<br />
mit dem Quartiersmanagement der sozialen Stadt in benachteiligten<br />
Nachbarschaften umgesetzt werden.<br />
Konkrete Ansätze zur Intervention und Prävention müssen<br />
überwiegend auf kommunaler Ebene verankert werden, wobei<br />
diese Aufgabe nicht alleine den Kommunen überlassen werden<br />
darf. Es geht hier um grundlegende politische Entscheidungen,<br />
die diesen Prozess mittragen und ebenso konkrete Unterstützung<br />
liefern müssen. Altersarmut ist kein Nischenproblem, sondern<br />
betrifft uns alle. Es ist also höchste Zeit über Altersarmut zu<br />
sprechen.<br />
Clarissa Simon<br />
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