Nr. 213, Juli 2008 - Bündnis 90/Die Grünen Kreisverband Köln
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LSBT-Rechte ignoriert werden und<br />
wo jegliche europäische oder internationale<br />
Entwicklung als mit der<br />
griechischen Gesellschaft unvereinbar<br />
betrachtet wurde, die Reaktionen<br />
heftig ausfallen. Es gab Befürworter,<br />
die Bewunderung für die gewaltfreie<br />
Eigeninitiative und den Mut zur Provokation<br />
äußerten. Aber auch heftigen<br />
Unmut von Seiten der Ultrarechten<br />
und konservativen Kreise. <strong>Die</strong> Kirchen<br />
sahen die orthodoxen Grundfeste bedroht.<br />
Sie befanden, dass Sodom und<br />
Gomorra Realität wurden und dass<br />
es Schande über Griechenland bringen<br />
würde. . Der Unmut wurde aber auch<br />
persönlich: Lesben und Schwule seien<br />
widernatürliche und psychisch kranke<br />
Menschen und würden lediglich aus<br />
Mitleid für ihre krankhafte Lust geduldet.<br />
Deshalb sollten sie nicht provozieren.<br />
Durch die Öffentlichmachung<br />
ihrer sexuellen Neigungen liefen Kinder<br />
Gefahr, angesteckt zu werden. So<br />
und ähnlich lauteten die Kommentare.<br />
Ein weiteres Ereignis, das zur Erhitzung<br />
der Gemüter führte, war die Klage<br />
dreier BewohnerInnen der Insel Lesbos<br />
gegen die OLKE. Nach deren Willen<br />
soll dem Verband gerichtlich untersagt<br />
werden, den Begriff Lesben zu benutzen.<br />
Anders könne man sie nicht davor<br />
bewahren, fälschlicherweise mit der<br />
als lesbisch bezeichneten homosexuellen<br />
Neigung in Verbindung gebracht<br />
zu werden. Der Begriff Lesbe bringe<br />
nur Schande und Schmähungen mit<br />
sich, befanden sie in ihrer Begründung.<br />
<strong>Die</strong>se Ereignisse führten dazu, dass<br />
zum ersten Mal seit der Entstehung<br />
der Athens Pride die Medien aufmerksam<br />
auf die Belange der LSBT wurden<br />
und Interesse zeigten. <strong>Die</strong> Stände auf<br />
dem Klauthmonos-Platz im Zentrum<br />
Athens wurden regelrecht belagert<br />
von Fernsehteams. Nicht alle hatten<br />
Gutes im Sinn. Satirische Sendungen<br />
brauchten genauso Futter wie seriöse.<br />
Anfangs ging es nur zögerlich voran,<br />
doch nach und nach sammelte sich eine<br />
große Menge Menschen auf dem Platz.<br />
Nach den Begrüßungen u.a. von Volker<br />
Beck der leider verhindert war und<br />
dessen Rede von ERMIS Sprecher Nikos<br />
Delveroudis vorgetragen wurde –,<br />
die sehr positiv aufgenommen wurde,<br />
zog man zur Pride Parade. <strong>Die</strong>smal war<br />
man sich schnell einig, die Zahl der DemonstrantInnen<br />
war viel größer als in<br />
den Jahren davor: nämlich stolze 2500.<br />
Auch der Demo-Paradeweg war länger.<br />
Man wollte vor dem Athener Rathaus<br />
halt machen, wo die Paare aus Tilos ihren<br />
Auftritt hatten. Der Athener Bürgermeister,<br />
Nikitas Kaklamanis, hat niemals<br />
bestätigt, dass er schwul ist, aber hat es<br />
auch niemals dementiert. Seine zaghafte<br />
Haltung zu diesem Thema empfinden<br />
die Lesben und Schwulen als Verrat.<br />
<strong>Die</strong> Demonstration verlief im Großen<br />
und Ganzen friedlich und ohne Zwischenfälle.<br />
Doch kurz vor Ende (Omonoia)<br />
ließ uns die Polizei halten. Etwa<br />
50 Rechtsradikale aus der Gruppe<br />
„Chrysavgites“ wollten die Pride-Parade<br />
stürmen. Sie hatten sich Zugang<br />
auf das Flachdach eines hohen Bürogebäudes<br />
verschafft. Von dort aus haben<br />
sie die Demonstranten mit Joghurt,<br />
Eiern und Mehl begrüßen wollen. <strong>Die</strong><br />
Wurfgeschosse haben ihr Ziel verfehlt:<br />
die Polizei hatte die Straße abgeriegelt<br />
und uns eine neue Route zugewiesen.<br />
Es machte sich Beklemmung und Unbehagen<br />
breit. <strong>Die</strong> Reaktion dieser<br />
politischen Randgruppe bringt ins Bewusstsein,<br />
wie schnell die gesellschaftliche<br />
Stimmung gegenüber Minderheiten<br />
umkippen kann. In Griechenland<br />
herrschen nicht russische Verhältnisse.<br />
Blindtext Blindtext Blindtext Blindtext Blindtext Blindtext Blindtext<br />
Dennoch: <strong>Die</strong> Gewaltbereitschaft<br />
mancher Gruppen ist Ausdruck der<br />
gesellschaftlichen Stimmung in Griechenland.<br />
Ihre politische Stütze findet<br />
Chrysavgi in der LA.OS Partei. <strong>Die</strong>se<br />
hetzt unermüdlich gegen die LGBT<br />
Positiv dagegen ist, dass erstmalig der<br />
griechische Star, Sänger und Songschreiber<br />
Dantis auf dem Athens Pride<br />
gesungen hat. Auf der Bühne sagte<br />
er unter anderem: “Ich mach mal den<br />
Anfang, hoffen wir, dass viele nachkommen“.<br />
Es wurden noch andere<br />
Persönlichkeiten aus dem öffentlichem<br />
Leben auf dem Platz gesichtet.<br />
Wir <strong>Grünen</strong> aus Deutschland werden<br />
Griechenland weiterhin beobachten und<br />
allen Einfluss geltend machen, der uns<br />
auf europäischer oder außenpolitischer<br />
Ebene zur Verfügung steht, damit die<br />
griechischen Lesben und Schwule endlich<br />
zu ihren „natürlichen“ Rechten<br />
kommen. LSBT-Rechte sind Menschenrechte.<br />
Der Entwicklungsstand einer<br />
Demokratie lässt sich daran messen,<br />
wie sie die Rechte ihrer Minderheiten<br />
schützt. <strong>Die</strong> Ungleichheit<br />
der LSBT auf europäischer<br />
Ebene muss aufhören.<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>213</strong> • <strong>Juli</strong> <strong>2008</strong>