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#124 / 11.10 21<br />

reader‘s finest<br />

Die Sportzigarette danach<br />

Text: Sadhu van Hemp<br />

Jährlich werden unzählige Sportlerkarrieren vorzeitig beendet,<br />

und das wegen angeblichen Dopings mit Tetrahydrocannabinol.<br />

Die Richtlinien der internationalen Sportverbände sind eindeutig:<br />

Cannabiskonsum hat im Sport keinen Platz – und dazu zählt auch der<br />

Après-Joint nach der Turnstunde.<br />

Welcher Sportfreund kennt es nicht, das Bierchen danach?<br />

Für viele Turnbrüder und Turnschwestern ist die dritte Halbzeit<br />

die schönste, wenn man im Schweiße seines Angesichts<br />

und von körpereigenen Endorphinen durchflutet im Kreise<br />

seiner Mannschaftskollegen sitzt und die Seele baumeln lässt.<br />

In vielen deutschen Fußballteams ist nicht der der wichtigste<br />

Mann, der die Tore schießt, sondern der, der den Bierkasten<br />

trägt. Bei den Bayern aus München ist es sogar gute alte Tradition,<br />

mit Gerstensaft zu duschen.<br />

Nun würde kein Sportverband der Welt auf die Idee kommen,<br />

das Genussmittel Bier auf die Dopingliste zu setzen und<br />

die Konsumenten als unsportliche Betrüger zu ächten, obwohl<br />

das Betäubungsmittel Alkohol erwiesenermaßen im Wettkampf<br />

eingesetzt zu Schwankungen in der Leistung, Motivation<br />

und Konzentration führt. Insbesondere Sonntag morgens auf<br />

deutschen Fußballplätzen um die Ecke wird dieses Phänomen<br />

sichtbar, wenn sich restalkoholisierte Freizeitkicker ohne Sinn<br />

und Verstand gegenseitig in die Knochen treten, und das vor<br />

den blutunterlaufenen Augen des Schiedsrichters, der es noch<br />

gerade so vom Tresen in den Mittelkreis des Schlackeplatzes<br />

geschafft hat.<br />

Ganz anders verhält es sich jedoch, wenn der Sportler nach<br />

dem Training ein bisschen Cannabis oder Haschisch inhaliert,<br />

um zur Ruhe zu kommen. Im Amateur- und Profibereich unserer<br />

Sportvereine gilt nämlich der Grundsatz des absoluten<br />

Cannabis-Verbots, das das Deutsche Sportgericht in unzähligen<br />

Schuldsprüchen in Stein gemeißelt hat: „Spieler unter<br />

THC-Einfluss erleben eine Distanz zur aktuellen Spielsituation,<br />

sind risikobereiter und können daher für Mitspieler eine<br />

erhöhte potenzielle Verletzungsgefahr darstellen.“<br />

Diese Argumentation offenbart den geistigen Kleinwuchs<br />

der Sportfunktionäre, die mal eben die Wirkung<br />

des Alkohols dem Hanf andichten und mit dieser Lüge<br />

schamlos zu Felde ziehen. Dass die Sportverbände dabei<br />

gegen das vom Bundesverfassungsgericht 1994 bestätigte<br />

Recht auf Rausch hinsichtlich des Cannabisgenusses<br />

verstoßen, wird völlig ausgeblendet – offensichtlich sind<br />

im Anti-Doping-Krieg Kollateralschäden zulässig, wenn<br />

es um den Endsieg geht. Dass es bis heute kein Athlet gewagt<br />

hat, sein Grundrecht auf Rausch einzuklagen, zeigt,<br />

dass Angst vor Repressionen die Seele auffrisst, auch die<br />

der kiffenden Sportskanone. Die Spritköppe der großen<br />

deutschen Sportverbände stoßen auf keinen nennenswerten<br />

Widerstand, was das THC-Verbot betrifft, und<br />

der unselige Slogan „KEINE MACHT DEN DROGEN“<br />

ist nach wie vor die Parole, wenn es darum geht, Kinder<br />

und Jugendliche frühzeitig auf den Konsum einer der<br />

härtesten Drogen der Welt zu trainieren – den Alkohol.<br />

Diese kleine Freizeit-Ethik der Sportfunktionäre ist dann<br />

auch die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, besonders<br />

im Juniorenbereich, wo ein Joint genügt, um sich<br />

die Karriere im Leistungssport zu verbauen. Statt jungen<br />

Erwachsenen, die wie alle in diesem Alter noch auf der<br />

Suche sind, einen lebensnahen und offenen Hort zu bieten,<br />

vergrault man die Talente, schneidet ihnen wegen<br />

Missachtung des Grundsatzes „Saufen ja – Kiffen nein!“<br />

die Ehre ab.<br />

die nötige Brisanz verlieh und dem sportiven Dreadlock-Träger<br />

eine Nacht hinter Gittern und eine Schlagzeile im amerikanischen<br />

Blätterwald einbrachte. Der Manager der Chicago<br />

Bulls brachte es schließlich auf den Punkt: „Hätte er mal den<br />

Hennessy weggelassen.“ Die Strafe betrug satte 406 Dollar, die<br />

der NBA-Superstar wohl aus der Tagesportokasse bezahlt hat,<br />

wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Haschbruder der<br />

Bulls gerade einen Fünf-Jahres-Vertrag über 60 Millionen Dollar<br />

abgeschlossen hat.<br />

Auch in Deutschland fliegen regelmäßig THC-gedopte Basketballer<br />

von Korb zu Korb, gerade so als wäre diese Leibesübung<br />

extra für Kiffer erfunden worden. Kaum hat die BBL-<br />

Saison begonnen, kann man die Uhr danach stellen, bis der<br />

erste Dribbelkünstler den Doping-Kontrolleuren ins Netz geht.<br />

Auch die deutsche Rangliste ertappter Korbballer hat Rang<br />

und Namen: Vorneweg Heiko Schaffartzik. Der aktuelle Guard<br />

der Nationalmannschaft wurde 2005 des THC-Dopings überführt,<br />

genauso wie Nate Fox, der 2008 erwischt wurde und für<br />

den Sponsor seines Clubs, die Pharmabude Bayer-Schering,<br />

schlechte, sehr schlechte Reklame machte. Selbst in der 2. Basketballbundesliga<br />

finden sich Spieler, die fleißig THC-Abbauprodukte<br />

ins Röhrchen machen, wie z.B. Ermen Reyes-Napoles<br />

von Science City Jena.<br />

Endlos ist die Liste der Schuldigen, und sie wird mit jedem<br />

Wettkampf länger. In Fachkreisen wird gemunkelt, dass ca.<br />

15 Prozent der in Deutschland ermittelten positiven Dopingproben<br />

mit den Abbauprodukten des gemeinen Hanfes kontaminiert<br />

sind. Kiffer gehören demnach zur größten Sünderfraktion<br />

der dopenden Athleten. In die Schlagzeilen kommt<br />

aber nicht jeder kiffende Leistungssportler, denn letztlich gehört<br />

dem Champion die ganz große Aufmerksamkeit, und der<br />

wird sich hüten, ausgerechnet durch die lächerliche Substanz<br />

THC aufzufliegen. Hasch-Doper aus dem zweiten und dritten<br />

Glied und Semiprofis einer Randsportart werden still und leise<br />

bestraft und suspendiert. Die große Medienshow bleibt den<br />

Hardcorejunkies aus der Radsportszene wie Alberto Contador<br />

oder Jan Ullrich vorbehalten, es sei denn, man schwimmt Weltrekorde<br />

und heißt Michael Phelps. Ausgerechnet dieser Prototyp<br />

eines amerikanischen Traumschwiegersohnes brüskiert die<br />

Weltöffentlichkeit, indem er, der vierzehnfache Olympiasieger,<br />

ungeniert an der Wasserpfeife saugt, anstatt in Milch schwimmende<br />

Cornflakes zu schlabbern. Leider zeigte die kraulende<br />

Werbe-Ikone kein Rückgrat. Brav hat er den Schwanz eingezogen,<br />

alles bereut – und vom Teufelskraut abgeschworen.<br />

Die Frage, wer die Macht hat, Cannabis von der Dopingliste<br />

zu nehmen, ist daher nicht so einfach zu beantworten. Den<br />

Bonzen der Sportdachverbände fehlt die nötige Unabhängigkeit<br />

von den politischen Entscheidungsträgern, die ihrerseits<br />

nur Vasallen des Großkapitals sind. Nicht von ungefähr tragen<br />

die Bundesligaspieler aus Leverkusen den Namen eines Pharmakonzerns<br />

im Vereinswappen, und die Balljungen in der Veltins-Arena<br />

sind die Biertrinker von morgen. Die einzigen, die<br />

wirklich etwas bewegen können, sind die Sportler selbst. Ein<br />

leises Aufbegehren zeigte letztes Jahr die internationale Spielervereinigung<br />

der Profifußballer Fifpro. Usbekistan und die Niederlande<br />

(wer sonst?) haben eine mutige Initiative gestartet, die<br />

für eine Legalisierung von Cannabis eintritt. Die Spielervereinigung<br />

argumentiert u.a. damit, dass bislang kein Nachweis auf<br />

eine bessere oder außergewöhnliche Leistung bei Sportlern unter<br />

Cannabiseinfluss erbracht wurde. Übrigens: Der Deutsche<br />

Fußballbund (DFB), mit sechs Millionen Mitgliedern der größte<br />

Sportverband der Welt, gehört der Fifpro nicht an – wer sonst!<br />

Die NBA-Korbjäger lachen hingegen über die Dopingrichtlinien<br />

des Deutschen Sportbundes, denn wie die<br />

New York Times zu berichten weiß, rauchen 70% der<br />

Basketballprofis regelmäßig Pot – und die Sportfunktionäre<br />

gucken weg, schließlich sind die hochbezahlten<br />

Ballkünstler das lebende Kapital der Clubeigentümer. Da<br />

hat es keinen Schnüffler der World Anti-Doping Agency<br />

(WADA) zu interessieren, ob die Kunst stoned ausgeübt<br />

wird oder nicht. Dem Publikum ist es sowieso schnurz,<br />

Hauptsache schnelle Dribblings, scharfe No-Look-Pässe<br />

und präzise Dreierwürfe sorgen für Kurzweil. Die ewige<br />

Bestenliste der kiffenden Riesen führt große Namen<br />

auf, darunter lebende Legenden wie Charles Barkley,<br />

Dennis Rodman oder Damon Stoudamire, die längst keinen<br />

Hehl mehr daraus machen, dass Hanf als homöopathisches<br />

Hausmittelchen gegen den Stress der Liga mit<br />

über 82 Spielen bestens geeignet ist.<br />

Der Umgang mit kiffenden Sportlern ist aber auch in<br />

den USA verlogen und treibt so manche Blüte. Zum Beispiel<br />

die des Forward der Chicago Bulls Joakim Noah.<br />

Das Söhnchen des einstigen French-Open-Siegers und<br />

heutigen Popsängers Yannik Noah wurde 2008 während<br />

der Off-Season nach einer durchzechten Nacht in Florida<br />

von einer Polizeistreife aufgegriffen, nachdem man<br />

ihn mit einer Plastikflasche angetroffen hatte, in der eine<br />

gold-gelbe Flüssigkeit glänzte. Nein, er trug nicht seine<br />

Notdurft mit sich herum, auch nicht öffentliches Kiffen<br />

wurde dem Zwei-Meter-Hünen zum Verhängnis, sondern<br />

der niedliche Umstand, dass das Durststillen in der<br />

Öffentlichkeit mit Cognac verboten ist. Auf dem Revier<br />

fand sich dann aber noch eine Marihuana-Zigarette an,<br />

die der Strafanzeige wegen öffentlichen Komasaufens<br />

Illu: marker<br />

„Spieler unter THC-Einfluss erleben eine Distanz zur aktuellen Spielsituation,<br />

sind risikobereiter und können daher für Mitspieler eine erhöhte<br />

potenzielle Verletzungsgefahr darstellen.“<br />

Das Deutsche Sportgericht

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