07.01.2014 Aufrufe

BADEN-WÜRTTEMBERG - Hartmannbund

BADEN-WÜRTTEMBERG - Hartmannbund

BADEN-WÜRTTEMBERG - Hartmannbund

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

10<br />

Das neue Patientenrechtegesetz: Wesentliche<br />

Aspekte zur Umsetzung in der täglichen Praxis<br />

Im Februar 2013 ist das sog. Patientenrechtegesetz in Kraft<br />

getreten. Damit wurden die neuen §§ 630a bis 630g im Bürgerlichen<br />

Gesetzbuch BGB eingeführt. Darüber wurde in den<br />

Medien in der Vergangenheit bereits ausführlich geschrieben;<br />

es stellt sich aber nun die Frage, was die neuen Gesetzesvorgaben<br />

für die tägliche Arbeit in der Praxis bedeuten, besonders<br />

unter den Aspekten der Dokumentation der Behandlung,<br />

des Rechts auf Einsichtnahme in Patientenakten etc.<br />

Diese Themen sollen durch den folgenden Artikel näher beleuchtet<br />

werden, um dadurch eine Orientierungshilfe für das<br />

Verhalten in der Arztpraxis in Übereinstimmung mit dem<br />

Patientenrechtegesetz zu geben.<br />

Dokumentation der Behandlung<br />

Der § 630f Abs. 1 BGB verpflichtet den Behandelnden zur<br />

Dokumentation in einer Patientenakte in unmittelbarem zeitlichen<br />

Zusammenhang mit der Behandlung. Dieses kann in<br />

elektronischer oder Papierform geführt werden. Sicherzustellen<br />

ist aber, dass Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen<br />

in der Patientenakte sichtbar und nachvollziehbar<br />

sein müssen. Auch das Datum, wann Änderungen vorgenommen<br />

worden sind, muss erkennbar sein. Diese sog. Veränderungsfestigkeit<br />

ist sowohl in Papierform als auch für die<br />

elektronisch geführte Patientenakte sicherzustellen. Der sog.<br />

unmittelbare zeitliche Zusammenhang der Dokumentation zur<br />

Behandlung ist dann gewährleistet, wenn die Dokumentation<br />

noch am Tag der Behandlung erfolgt.<br />

1. Das Recht auf Einsichtnahme in die Patientenakten<br />

Hierzu formuliert der § 630g BGB in seinen Abs. 1 und 2<br />

folgendes:<br />

„1. Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in<br />

die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren,<br />

soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische<br />

Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen.<br />

Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen …“<br />

„2. Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der<br />

Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen<br />

Kosten zu erstatten.“<br />

Die somit gesetzlich geregelte unverzügliche Einsichtnahme<br />

bedeutet zwar die Grundlage für das Patientenrecht, die<br />

Patientenunterlagen einzusehen; gewährt werden muss dieses<br />

Recht aber nur in dem Maß und Umfang, wie es der<br />

Praxisablauf gestattet. So ist der Patient zur Einsichtnahme<br />

bspw. an die Sprechzeiten der Praxis gebunden; die mitternächtliche<br />

akute Einsichtnahme in Patientenakten zur Unzeit<br />

fällt somit nicht an. Für die Umsetzung in der Praxis kann hier<br />

empfohlen werden, bspw. mit dem Patienten einen Termin zu<br />

vereinbaren, an dem eine Einsichtnahme in seine Unterlagen<br />

machbar ist.<br />

Auch die Art der Einsichtnahme kann seitens des Praxisinhabers<br />

bestimmt werden. Bestehen aus seiner Sicht – etwa aus<br />

Datenschutzgründen – berechtigte Bedenken dagegen, eine<br />

Einsichtnahme am Praxis-PC zu ermöglichen, so sind dem<br />

Patienten auch Ausdrucke seiner Unterlagen oder eine Übertragung<br />

seiner Daten auf CD anzubieten. Durch das neue<br />

Patientenrechtegesetz ist<br />

kein Anspruch des Patienten<br />

begründet, Originaldokumentationen<br />

mitzunehmen.<br />

Hierbei dürfen Ausdrucke<br />

und Kopien bzw. Datenübertragungen<br />

dem Patienten<br />

in Rechnung gestellt<br />

werden. Die Rechnungsstellung<br />

umfasst sowohl die<br />

Sach- als auch die Personalkosten.<br />

Die Abrechnung<br />

dieser Kosten ist als privatärztliche<br />

Leistung einzustufen.<br />

Da Kopierkosten in der Gebührenordnung für Ärzte nicht<br />

enthalten sind, empfiehlt sich die Orientierung am Gerichtskostengesetz,<br />

das vergleichbare Kostensätze vorsieht. Hiernach<br />

sind für die ersten 50 gedruckten bzw. kopierten Seiten<br />

50 Cent pro Seite zulässig; für jede weitere Seite können 15<br />

Cent in Rechnung gestellt werden.<br />

Sollten Patienten eigene Datenträger mitbringen, um sich<br />

darauf Teile ihrer Patientendokumentation zu ziehen und<br />

abzuspeichern, ist das Sicherheitsrisiko für die Praxis-EDV<br />

zu bedenken. Daher sollte eine Übertragung auf Datenträger<br />

immer auf ein von der Praxis selbst gekauftes Medium erfolgen;<br />

die entsprechenden Kosten sind ebenfalls vom Patienten<br />

zu erstatten. Prinzipiell ist die Datenweitergabe an Patienten<br />

auch per E-Mail möglich, wenn auch bei dieser Versandform<br />

ein höheres Datensicherheitsrisiko besteht. Daher sollte<br />

vor Versand vertraulicher Unterlagen per E-Mail eine ausdrückliche<br />

vorherige Einwilligung des Patienten eingeholt<br />

werden.<br />

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf Einsichtnahme<br />

in die Patientenakte ausschließlich der betreffende<br />

Patient selbst hat. Angehörige, wie bspw. Eltern von volljährigen<br />

Kindern, haben kein Einsichtnahmerecht. Bei nicht<br />

volljährigen Kindern, die aber bereits einwilligungsfähig sind,<br />

ist das Recht der Eltern auf Einsichtnahme ebenfalls nicht<br />

vorhanden.<br />

2. Recht auf Einsichtnahme nach dem Tod<br />

Nach § 630g Abs. 3 BGB stehen im Falle des Todes des<br />

Patienten die Rechte auf Einsichtnahme in Patientenakten<br />

wie unter 2. aufgeführt seinen Erben zu. Dies soll diese<br />

bspw. im Rahmen der Wahrnehmung ihrer vermögensrechtlichen<br />

Interessen unterstützen. Allerdings sind diese Rechte<br />

ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche<br />

oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.<br />

Um in der Praxis sicherzustellen, dass tatsächlich die Erben<br />

des verstorbenen Patienten Ansprüche auf die Einsichtnahme<br />

in die Patientenakten geltend machen, sollte man sich<br />

den Erbschein zeigen lassen. Neben den Erben können auch<br />

sog. nächste Angehörige einen Anspruch auf Einsicht in die<br />

Patientenunterlagen haben, wenn sie immaterielle Interessen<br />

geltend machen können. Über all diesen Angehörigenrechten

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!