BADEN-WÜRTTEMBERG - Hartmannbund
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Das neue Patientenrechtegesetz: Wesentliche<br />
Aspekte zur Umsetzung in der täglichen Praxis<br />
Im Februar 2013 ist das sog. Patientenrechtegesetz in Kraft<br />
getreten. Damit wurden die neuen §§ 630a bis 630g im Bürgerlichen<br />
Gesetzbuch BGB eingeführt. Darüber wurde in den<br />
Medien in der Vergangenheit bereits ausführlich geschrieben;<br />
es stellt sich aber nun die Frage, was die neuen Gesetzesvorgaben<br />
für die tägliche Arbeit in der Praxis bedeuten, besonders<br />
unter den Aspekten der Dokumentation der Behandlung,<br />
des Rechts auf Einsichtnahme in Patientenakten etc.<br />
Diese Themen sollen durch den folgenden Artikel näher beleuchtet<br />
werden, um dadurch eine Orientierungshilfe für das<br />
Verhalten in der Arztpraxis in Übereinstimmung mit dem<br />
Patientenrechtegesetz zu geben.<br />
Dokumentation der Behandlung<br />
Der § 630f Abs. 1 BGB verpflichtet den Behandelnden zur<br />
Dokumentation in einer Patientenakte in unmittelbarem zeitlichen<br />
Zusammenhang mit der Behandlung. Dieses kann in<br />
elektronischer oder Papierform geführt werden. Sicherzustellen<br />
ist aber, dass Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen<br />
in der Patientenakte sichtbar und nachvollziehbar<br />
sein müssen. Auch das Datum, wann Änderungen vorgenommen<br />
worden sind, muss erkennbar sein. Diese sog. Veränderungsfestigkeit<br />
ist sowohl in Papierform als auch für die<br />
elektronisch geführte Patientenakte sicherzustellen. Der sog.<br />
unmittelbare zeitliche Zusammenhang der Dokumentation zur<br />
Behandlung ist dann gewährleistet, wenn die Dokumentation<br />
noch am Tag der Behandlung erfolgt.<br />
1. Das Recht auf Einsichtnahme in die Patientenakten<br />
Hierzu formuliert der § 630g BGB in seinen Abs. 1 und 2<br />
folgendes:<br />
„1. Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in<br />
die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren,<br />
soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische<br />
Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen.<br />
Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen …“<br />
„2. Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der<br />
Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen<br />
Kosten zu erstatten.“<br />
Die somit gesetzlich geregelte unverzügliche Einsichtnahme<br />
bedeutet zwar die Grundlage für das Patientenrecht, die<br />
Patientenunterlagen einzusehen; gewährt werden muss dieses<br />
Recht aber nur in dem Maß und Umfang, wie es der<br />
Praxisablauf gestattet. So ist der Patient zur Einsichtnahme<br />
bspw. an die Sprechzeiten der Praxis gebunden; die mitternächtliche<br />
akute Einsichtnahme in Patientenakten zur Unzeit<br />
fällt somit nicht an. Für die Umsetzung in der Praxis kann hier<br />
empfohlen werden, bspw. mit dem Patienten einen Termin zu<br />
vereinbaren, an dem eine Einsichtnahme in seine Unterlagen<br />
machbar ist.<br />
Auch die Art der Einsichtnahme kann seitens des Praxisinhabers<br />
bestimmt werden. Bestehen aus seiner Sicht – etwa aus<br />
Datenschutzgründen – berechtigte Bedenken dagegen, eine<br />
Einsichtnahme am Praxis-PC zu ermöglichen, so sind dem<br />
Patienten auch Ausdrucke seiner Unterlagen oder eine Übertragung<br />
seiner Daten auf CD anzubieten. Durch das neue<br />
Patientenrechtegesetz ist<br />
kein Anspruch des Patienten<br />
begründet, Originaldokumentationen<br />
mitzunehmen.<br />
Hierbei dürfen Ausdrucke<br />
und Kopien bzw. Datenübertragungen<br />
dem Patienten<br />
in Rechnung gestellt<br />
werden. Die Rechnungsstellung<br />
umfasst sowohl die<br />
Sach- als auch die Personalkosten.<br />
Die Abrechnung<br />
dieser Kosten ist als privatärztliche<br />
Leistung einzustufen.<br />
Da Kopierkosten in der Gebührenordnung für Ärzte nicht<br />
enthalten sind, empfiehlt sich die Orientierung am Gerichtskostengesetz,<br />
das vergleichbare Kostensätze vorsieht. Hiernach<br />
sind für die ersten 50 gedruckten bzw. kopierten Seiten<br />
50 Cent pro Seite zulässig; für jede weitere Seite können 15<br />
Cent in Rechnung gestellt werden.<br />
Sollten Patienten eigene Datenträger mitbringen, um sich<br />
darauf Teile ihrer Patientendokumentation zu ziehen und<br />
abzuspeichern, ist das Sicherheitsrisiko für die Praxis-EDV<br />
zu bedenken. Daher sollte eine Übertragung auf Datenträger<br />
immer auf ein von der Praxis selbst gekauftes Medium erfolgen;<br />
die entsprechenden Kosten sind ebenfalls vom Patienten<br />
zu erstatten. Prinzipiell ist die Datenweitergabe an Patienten<br />
auch per E-Mail möglich, wenn auch bei dieser Versandform<br />
ein höheres Datensicherheitsrisiko besteht. Daher sollte<br />
vor Versand vertraulicher Unterlagen per E-Mail eine ausdrückliche<br />
vorherige Einwilligung des Patienten eingeholt<br />
werden.<br />
Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf Einsichtnahme<br />
in die Patientenakte ausschließlich der betreffende<br />
Patient selbst hat. Angehörige, wie bspw. Eltern von volljährigen<br />
Kindern, haben kein Einsichtnahmerecht. Bei nicht<br />
volljährigen Kindern, die aber bereits einwilligungsfähig sind,<br />
ist das Recht der Eltern auf Einsichtnahme ebenfalls nicht<br />
vorhanden.<br />
2. Recht auf Einsichtnahme nach dem Tod<br />
Nach § 630g Abs. 3 BGB stehen im Falle des Todes des<br />
Patienten die Rechte auf Einsichtnahme in Patientenakten<br />
wie unter 2. aufgeführt seinen Erben zu. Dies soll diese<br />
bspw. im Rahmen der Wahrnehmung ihrer vermögensrechtlichen<br />
Interessen unterstützen. Allerdings sind diese Rechte<br />
ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche<br />
oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.<br />
Um in der Praxis sicherzustellen, dass tatsächlich die Erben<br />
des verstorbenen Patienten Ansprüche auf die Einsichtnahme<br />
in die Patientenakten geltend machen, sollte man sich<br />
den Erbschein zeigen lassen. Neben den Erben können auch<br />
sog. nächste Angehörige einen Anspruch auf Einsicht in die<br />
Patientenunterlagen haben, wenn sie immaterielle Interessen<br />
geltend machen können. Über all diesen Angehörigenrechten